Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2009 - I ZR 103/07

bei uns veröffentlicht am17.09.2009
vorgehend
Landgericht Lüneburg, 7 O 99/00, 03.05.2001
Oberlandesgericht Celle, 13 U 137/01, 21.06.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 103/07 Verkündet am:
17. September 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Quersubventionierung von Laborgemeinschaften II
Wird eine Beweisaufnahme von Amts wegen angeordnet, ist die materiell beweisbelastete
Partei nicht Beweisführer i.S. von § 379 Satz 1 ZPO; die Durchführung
der Beweisaufnahme darf in diesem Fall nicht davon abhängig gemacht
werden, dass die beweisbelastete Partei einen Auslagenvorschuss zahlt.
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - I ZR 103/07 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Ärzte für Laboratoriumsmedizin (im Folgenden: Laborärzte ). Die Kläger betreiben in H. , die Beklagten in Bremerhaven jeweils eine entsprechende Gemeinschaftspraxis. Die Beklagten sind außerdem Mitgesellschafter der Laborgemeinschaft "Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik" , deren Geschäftsführer sie bis zum 1. Oktober 2000 waren. Die Kläger wenden sich gegen ein Schreiben der Beklagten vom 13. April 2000, in dem niedergelassenen Ärzten in U. laborärztliche Leistungen der Laborgemeinschaft angeboten wurden.

2
Ärztliche Laborleistungen werden in der gesetzlichen Krankenversicherung - wie andere ärztliche Leistungen auch - nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet, den die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen vereinbaren (§ 87 SGB V). Abschnitt O des einheitlichen Bewertungsmaßstabs regelt die Laboratoriumsuntersuchungen , und zwar unter I. und II. die allgemeinen und unter III. die speziellen Untersuchungen. Entsprechend werden O-I-, O-II- und O-IIILeistungen unterschieden. O-I- und O-II-Leistungen können auch niedergelassene Ärzte, die nicht Laborärzte sind (im Folgenden: niedergelassene Ärzte), selbst erbringen und mit der Krankenkasse abrechnen; O-III-Leistungen sind Laborärzten vorbehalten und können nur von diesen abgerechnet werden. Soweit niedergelassene Ärzte selbst Laborleistungen erbringen, geschieht dies häufig nicht in der eigenen Praxis. Vielmehr schließen sie sich Laborgemeinschaften an, die regelmäßig bei den Praxen der Laborärzte angesiedelt sind. Die Laborärzte erbringen dann O-I- und O-II-Leistungen für die der Laborgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Ärzte, die letztere in eigenem Namen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab gegenüber den Krankenkassen abrechnen. Sind Untersuchungen der Kategorie O III erforderlich, müssen die niedergelassenen Ärzte die Patienten an einen Laborarzt überweisen.
3
Die Kläger haben in der Versendung des Schreibens durch die Beklagten einen Wettbewerbsverstoß gesehen. Sie haben behauptet, die von den Beklagten angebotenen Preise für O-I- und O-II-Untersuchungen, die die Sätze des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs unterschreiten, lägen unter den Selbstkosten. Der Gewinn, der sich aus dieser Differenz ergebe, solle die niedergelassenen Ärzte dazu bewegen, den Beklagten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen.

4
Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, haben die Kläger zuletzt beantragt, es den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärzten für die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen eine Zuwendung zu gewähren, die darin liegt, dass den niedergelassenen Ärzten durch die von den Beklagten betreute Laborgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik) O-I- und O-II-Untersuchungen zu Preisen angeboten oder gewährt werden, die unter Selbstkosten liegen.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten dagegen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Celle GRUR-RR 2002, 336). Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059 = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I). Das Berufungsgericht hat daraufhin die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Kläger abgewiesen. Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Kläger, mit der sie ihr Klagbegehren weiterverfolgen. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten verneint und zur Begründung ausgeführt:
7
Die Kläger hätten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 1 UWG wegen einer unsachlichen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der niedergelassenen Ärzte nicht bewiesen. Eine unsachliche Beeinflussung setze im Streitfall voraus, dass die von den Beklagten angebotenen Preise für Laborleistungen unter den Selbstkosten lägen und sich niedergelassene Ärzte durch die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen dazu verleiten ließen, den Beklagten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen. Um dies festzustellen, sei es erforderlich gewesen, von Amts wegen ein demoskopisches Sachverständigengutachten einzuholen.
8
Die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der Anlockhandlung (den - unterstellt - nicht kostendeckenden Preisen für O-I- und O-IILeistungen ) und der Anlockwirkung (Überweisung von Patienten für O-IIILeistungen ) obliege den Klägern. Es bestehe keine Vermutung für einen solchen Zusammenhang. Da die Kläger den für die Beweisaufnahme angeforderten Kostenvorschuss nicht geleistet hätten, habe der für einen Erfolg der Klage notwendige Kausalzusammenhang nicht festgestellt werden können.
9
Es bestehe auch kein Anspruch auf Unterlassung aus § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 31 der Berufsordnungen für Ärzte. Die Kläger hätten nicht behauptet, dass die Beklagten die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen jeweils davon abhängig gemacht hätten, dass ihnen Patienten für O-III-Leistungen überwiesen würden.
10
Mangels ausreichenden Vortrags der Kläger scheide ein Anspruch aus § 8 Abs. 1 i.V. mit § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktstörung und i.V. mit § 4 Nr. 10 UWG ebenfalls aus.
11
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung auch des zweiten Berufungsurteils und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist. Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn die beanstandete Verhaltensweise auch schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion).
13
2. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG wettbewerbswidrig ist, wenn die Beklagten die O-I- und O-II-Leistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbstkosten - etwa durch Quersubventionierungen der Laborgemeinschaft - angeboten und dadurch die niedergelassenen Ärzte dazu veranlasst haben, ihnen Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen. Das beanstandete Verhalten verstößt unter diesen Voraussetzungen - auch ohne eine rechtliche Kopplung zwischen Vorteilsgewährung und Patientenüberweisung - gegen das Verbot der Ausübung eines unangemessenen unsachlichen Einflusses auf das Nachfrageverhalten i.S. des § 4 Nr. 1 UWG (BGH, Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059, 1060 = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften

I).


14
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen die Beweislast tragen. Entgegen der Ansicht der Revision besteht keine die Beweislast umkehrende Vermutung dafür, dass die niedergelassenen Ärzte üblicherweise Patienten für O-III-Unter- suchungen stets an diejenigen Laborärzte überweisen, bei denen sie für O-Iund O-II-Leistungen eine Laborgemeinschaft unterhalten. Denn ebenfalls denkbar , wenn auch wenig wahrscheinlich erscheint es, dass die niedergelassenen Ärzte die Entscheidung über die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen unabhängig davon treffen, mit welchem Laborarzt sie in einer Laborgemeinschaft zusammenarbeiten (BGH GRUR 2005, 1059, 1061 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I).
15
4. Entgegen der Ansicht der Revision liegt kein Verfahrensfehler darin, dass das Berufungsgericht mangels eigener Sachkunde von Amts wegen angeordnet hat, ein demoskopisches Sachverständigengutachten einzuholen. Die Beurteilung, ob eine bestimmte Tatsache kraft richterlicher Sachkunde feststellbar ist oder ob diese Feststellung einer Beweisaufnahme bedarf, ist tatrichterlicher Natur und in der Revisionsinstanz nur begrenzt darauf überprüfbar, ob der Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und die Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denk- und Erfahrungssätzen vorgenommen worden ist (BGH, Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, GRUR 1990, 1053, 1054 = WRP 1991, 100 - Versäumte Meinungsumfrage; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe; Bornkamm, WRP 2000, 830, 832 f.). Gehören die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen zwar keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens. Dagegen ist - unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag (§ 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - die Einholung eines Sachverständigengutachtens häufig dann geboten, wenn keiner der erkennenden Richter durch die fragliche Werbung angesprochen wird (BGH, Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245 = WRP 2004, 339 - Marktführerschaft).

16
Im Streitfall bestünden zwar keinerlei Bedenken, wenn sich das Berufungsgericht in freier Würdigung des Parteivorbringens (§ 286 ZPO) und unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung eine Überzeugung darüber gebildet hätte, ob niedergelassene Ärzte Patienten für O-III-Untersuchungen tendenziell eher an Laborärzte verweisen, mit denen sie ohnehin schon in einer Laborgemeinschaft zusammenarbeiten, und ob deswegen eine Quersubventionierung der Laborgemeinschaft geeignet ist, die Entscheidung dieser niedergelassenen Ärzte unsachlich zu beeinflussen. Andererseits ist von Rechts wegen nichts dagegen einzuwenden, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung nach der vergeblichen Anfrage bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine repräsentative Umfrage zugrunde legen und deswegen ein demoskopisches Sachverständigengutachten einholen wollte.
17
5. Die Revision beanstandet jedoch mit Recht, dass das Berufungsgericht die Berufung der Kläger ohne Durchführung einer Beweisaufnahme allein deshalb zurückgewiesen hat, weil die Kläger den ihnen auferlegten Kostenvorschuss nicht eingezahlt haben.
18
a) Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Beschluss vom 19. Februar 2007, in dem das Berufungsgericht die Zahlung des Vorschusses durch die Kläger angeordnet hat, nicht auf § 379 Satz 1, § 402 ZPO gestützt werden kann. Beweisführer i.S. von § 379 Satz 1 ZPO ist nur diejenige Partei, die den Beweis angeboten hat. Die materielle Beweislast bestimmt den Vorschussschuldner nur dann, wenn die Beweisaufnahme von beiden Parteien beantragt worden ist (BGH, Urt. v. 10.11.1999 - I ZR 183/97, NJW 2000, 743, 744 m.w.N.). Da die Kläger kein Sachverständigengutachten beantragt haben, durfte das Berufungsgericht sie auch nicht mit einem Auslagenvorschuss gemäß § 379 Satz 1 ZPO belasten.

19
b) Auch § 17 Abs. 3 GKG rechtfertigt es nicht, die Berufung mangels Vorschusszahlung zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift ist es zwar zulässig, für Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, einen Vorschuss zur Deckung der Auslagen zu erheben. Dies gilt aber nicht für gemäß § 144 Abs. 1 ZPO von Amts wegen angeordnete Beweisaufnahmen (BGH NJW 2000, 743, 744 zu § 68 Abs. 3 GKG a.F.; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/ Zimmermann, GKG, § 17 Rdn. 16; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 17 GKG Rdn. 21; Meyer, GKG, 10. Aufl., § 17 Rdn. 26; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 17 Rdn. 9; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 144 Rdn. 4). Denn es wäre widersprüchlich, die in § 144 Abs. 1 ZPO enthaltene Durchbrechung des Beibringungsgrundsatzes auf der Ebene des Kostenrechts wieder aufzuheben. Bei der Einzahlung eines nach § 17 Abs. 3 GKG verlangten Kostenvorschusses für eine von Amts wegen angeordnete Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten handelt es sich mithin nicht um eine Prozesshandlung, deren Versäumung gemäß § 230 ZPO den Ausschluss der von der Vorschussleistung abhängig gemachten Beweisaufnahme zur Folge hat (BGH NJW 2000, 743, 744). Dahinstehen kann hier, ob Kosten eines von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachtens gegebenenfalls schon nach dessen Vorlage und nicht erst nach der Endentscheidung gemäß oder entsprechend § 17 Abs. 3 GKG erhoben und beigetrieben werden können (vgl. Zimmermann in Binz/Dörndorfer /Petzold/Zimmermann aaO § 17 Rdn. 16). Ihre Zahlung ist jedenfalls nicht Bedingung für die Durchführung der Beweisaufnahme (Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 144 Rdn. 29; MünchKomm.ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 402 Rdn. 3; vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1975 - X ZR 29/75, GRUR 1976, 213, 216 - Brillengestelle , zum Patentnichtigkeitsverfahren).

20
III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da für eine Sachentscheidung erforderliche Feststellungen fehlen.
21
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird es sich empfehlen, zunächst zu prüfen, ob die Beklagten die O-I- und O-II-Leistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbstkosten angeboten haben. Nur wenn das der Fall sein sollte, kommt es nach § 4 Nr. 1 UWG auf die Eignung dieser Preismaßnahme an, niedergelassene Ärzte dazu zu veranlassen, den Beklagten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen. Da im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG die Eignung zur unangemessenen Beeinflussung des Marktverhaltens ausreicht, bedarf es keines Nachweises eines strengen Kausalzusammenhangs zwischen der möglichen Quersubventionierung der Laborgemeinschaft und dem Verweisungsverhalten der an der Laborgemeinschaft beteiligten niedergelassenen Ärzte. Erforderlich, aber auch ausreichend ist die Feststellung, dass die durch das beanstandete Schreiben angesprochenen niedergelassenen Ärzte - wenn sie sich an der Laborgemeinschaft beteiligen - eher geneigt sein werden, ihre Patienten wegen O-III-Untersuchungen an die beklagten Laborärzte zu verweisen. Diese Frage wird der Tatrichter aufgrund der Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der Höhe des finanziellen Vorteils, der den angesprochenen Ärz- ten im Falle einer Quersubventionierung der Laborgemeinschaft durch die Beklagten zufließt, im Allgemeinen auch ohne eine demoskopische Befragung niedergelassener Ärzte beantworten können.

Bornkamm Pokrant Bergmann
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 03.05.2001 - 7 O 99/00 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.06.2007 - 13 U 137/01 -

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Das Gericht kann die Ladung des Zeugen davon abhängig machen, dass der Beweisführer einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Auslagen zahlt, die der Staatskasse durch die Vernehmung des Zeugen erwachsen. Wird der Vorschuss nicht innerhalb der bestimmten Frist gezahlt, so unterbleibt die Ladung, wenn die Zahlung nicht so zeitig nachgeholt wird, dass die Vernehmung durchgeführt werden kann, ohne dass dadurch nach der freien Überzeugung des Gerichts das Verfahren verzögert wird.

(1) Wird die Vornahme einer Handlung, mit der Auslagen verbunden sind, beantragt, hat derjenige, der die Handlung beantragt hat, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen. Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorherigen Zahlung abhängig machen.

(2) Die Herstellung und Überlassung von Dokumenten auf Antrag sowie die Versendung von Akten können von der vorherigen Zahlung eines die Auslagen deckenden Vorschusses abhängig gemacht werden.

(3) Bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, kann ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen erhoben werden.

(4) Absatz 1 gilt nicht in Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, für die Anordnung einer Haft und in Strafsachen nur für den Privatkläger, den Widerkläger sowie für den Nebenkläger, der Berufung oder Revision eingelegt hat. Absatz 2 gilt nicht in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, wenn der Beschuldigte oder sein Beistand Antragsteller ist. Absatz 3 gilt nicht in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sowie in Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan (§ 306 der Insolvenzordnung).

Das Gericht kann die Ladung des Zeugen davon abhängig machen, dass der Beweisführer einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Auslagen zahlt, die der Staatskasse durch die Vernehmung des Zeugen erwachsen. Wird der Vorschuss nicht innerhalb der bestimmten Frist gezahlt, so unterbleibt die Ladung, wenn die Zahlung nicht so zeitig nachgeholt wird, dass die Vernehmung durchgeführt werden kann, ohne dass dadurch nach der freien Überzeugung des Gerichts das Verfahren verzögert wird.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 201/02 Verkündet am:
21. April 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Quersubventionierung von Laborgemeinschaften
UWG §§ 3, 4 Nr. 1; MBO-Ä 1997 Kap. B § 31
Ein Laborarzt handelt unlauter i.S. von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, wenn er niedergelassenen
Ärzten die Durchführung von Laboruntersuchungen, di e diese selbst gegenüber
der Kasse abrechnen können, unter Selbstkosten in der Erwartung anbietet
, dass die niedergelassenen Ärzte ihm im Gegenzug Pati enten für Untersuchungen
überweisen, die nur von einem Laborarzt vorgenommen werden können.
Einem solchem Angebot unter Selbstkosten steht es gleich, wenn die günstigen
Preise für die von den niedergelassenen Ärzten abzurechnen den Laboruntersuchungen
dadurch ermöglicht werden, dass der Laborarzt einer von ihm betreuten
Laborgemeinschaft der niedergelassenen Ärzte freie Kapa zitäten seines Labors
unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (im Anschluss an BGH GRUR
1989, 758 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil).
BGH, Urt. v. 21. April 2005 – I ZR 201/02 – OLG Celle
LG Lüneburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Ärzte für Laboratoriumsmedizin (i m Folgenden: Laborärzte ). Die Kläger betreiben in Hamburg, die Beklagten in Bremerhaven jeweils eine entsprechende Gemeinschaftspraxis. Die Kläger wenden sich dagegen, dass sich die Beklagten mit einem Schreiben vom 13. April 2000 an niedergelassene Ärzte in Uelzen gewandt und Leistungen einer Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik zu Preisen angeboten haben, die unter den Sätzen des von den gesetzlichen Krankenkassen zugrunde gelegten einheitlichen Bewertungsmaßstabs und nach Darstellung der Kläger auch unter den Selbstkosten der Beklagten lagen.
Ärztliche Laborleistungen werden in der gesetzlichen Kra nkenversicherung – wie andere ärztliche Leistungen auch – nach einem einheitlichen Bewertungs-
maßstab (EBM) honoriert, den die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse vereinbaren (§ 87 SGB V). Abschnitt O dieses einheitlichen Bewertungsmaßstabs regelt die Laboratoriumsuntersuchungen, und zwar unter I. und II. die allgemeinen und unter III. die speziellen Untersuchungen. Entsprechend wird allgemein nach O-I-, O-IIund O-III-Leistungen unterschieden: O-I- und O-II-Leistungen können auch niedergelassene Ärzte, die nicht Laborärzte sind (im Folgen den: niedergelassene Ärzte), selbst erbringen und gegenüber der Krankenkasse ab rechnen; O-III-Leistungen sind Laborärzten vorbehalten und können nur von diesen abgerechnet werden. Soweit niedergelassene Ärzte eigene Laborleistu ngen erbringen, tun sie dies in der Regel nicht in der eigenen Praxis. Vielmehr schließen sie sich zu Laborgemeinschaften zusammen. Diese Laborgemeinschaften sind häufig bei einer Laborarztpraxis angesiedelt, die für die ihr angeschlossenen niedergelassenen Ärzte die O-I- und O-II-Leistungen zu Selbstkosten erbr ingt. Soweit Untersuchungen der Kategorie O III erforderlich sind, müssen die niedergelassenen Ärzte die Patienten an einen Laborarzt überweisen. Ist bei dieser Laborarztpraxis eine Laborgemeinschaft angesiedelt, wird der Laborarzt in zwei Funktionen tätig: Zum einen erbringt er O-III-Leistungen aufgrund von Überweisungen von niedergelassenen Ärzten; zum zweiten betreibt er für die Laborgeme inschaft niedergelassener Ärzte das Labor, in dem die O-I- und O-II-Leistungen e rbracht werden. Auch bei der Gemeinschaftspraxis der Beklagten ist eine solche Laborgemeinschaft, die oben genannte Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik, angesiedelt. Die Beklagten sind – wie die ihr angehörenden niedergelassenen Ärzte – Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts; in der Zeit, als das beanstandete Schreiben versandt wurde, waren sie auch deren Geschäftsführer.
Zwischen Laborärzten herrscht hinsichtlich der O-III-Leistungen ein reger Wettbewerb, der nicht zuletzt dadurch gefördert wird, dass viele Laborärzte ihre Leistungen nicht nur lokal, sondern regional oder gar überregional anbieten. Üblich ist, dass die Laborärzte die zu untersuchenden Proben bei den niedergelassenen Ärzten abholen lassen, ohne hierfür Kosten in Rechn ung zu stellen.
Die Kläger haben in der Versendung des Schreibens vom 13. April 2000 durch die Beklagten einen Wettbewerbsverstoß gesehen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens, der allgemeinen Marktstörung und des Rechtsbruchs. Bei dem Vorwurf des Rechtsbruchs geht es um das in allen ärztlichen Berufsordnungen enthaltene Provisionsverbot; danach dürfen Ärzte für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial weder eine Gegenleistung gewähren noch sich selbst eine solche Gegenleistung gewähren lassen (vgl. die gleich lautenden Bestimmungen in § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, in § 31 der Berufsordnung für Ärztinnen u nd Ärzte im Lande Bremen und in § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung der Beschlüsse des 100. Deutschen Ärztetages 1 997 in Eisenach – MBO-Ä 1997 –).
Die Kläger haben behauptet, die von den Beklagten angebotenen, die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabs unterschreitenden Preise für O-I- und O-IIUntersuchungen lägen unter den Selbstkosten. Der den niedergelassenen Ärzten hierdurch entstehende Gewinn – die der Laborgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Ärzte werden für diese Leistungen von de n Krankenkassen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab honoriert – werde den niedergelassenen Ärzten als verdeckter Vorteil zugewendet, um sie dazu zu bewegen, ihnen Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen.
Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, haben die Kläger beantragt , es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärzten entweder selbst oder unter der Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik“ Laboruntersuchungen der Bereiche O I und O II zu Preisen anzubieten, die unterhalb der Honorarsätze für technische Laborleistungen der EBM liegen, und/oder für derartige Laboruntersuchungen Preise zu berechnen, die unterhalb der vorbezeichneten Honorarsätze liegen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten dagegen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Celle GRUR-RR 2002, 336). Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten der beklagten Laborärzte ein übertriebenes Anlocken nach § 1 UWG (a.F.) gesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das Angebot einzelner Waren oder Leistungen unter Einstandspreis sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sittenwidrig sei ein solches Verhalten erst, wenn besondere Umstände hinzuträten. Mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs unvereinbar sei es, Nachfrager mit leistungsfremden Mitteln unzulässig zu beeinflussen. Wer Kunden durch übermäßige Kaufanreize anlocke und sie auf diese Weise davon abhalte, das gesamte Angebot sachgerecht und kritisch zu prüfen, handele wettbewerbswidrig. Dieser Tatbestand sei im Streitfall erfüllt. Der Kern des beanstandeten Verhaltens sei nicht die Preisunterbietung an sich, sondern das Unterbieten mit Hilfe von Quersubventionen, durch die die Nachfrage nach O-III-Leistungen angeregt werden solle. In den die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabes erheblich unterschreitenden Preisen der Beklagten liege ein starker Anreiz für die niedergelassenen Ärzte, Labo rleistungen der Kategorien O I und O II von der bei den Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft ausführen zu lassen. Es liege nahe, dass viele Ärzte dann auch g leich Untersuchungen der Kategorie O III durch die in denselben Räumen beheimatete Gemeinschaftspraxis der Beklagten ausführen ließen, ohne weitere Angebote für solche Leistungen zu prüfen. Das gelte umso mehr, als Arbeitsgemeinschaft und Gemein-
schaftspraxis das Untersuchungsmaterial durch denselben für die Ärzte kostenlosen Fahrdienst abholen ließen.
Dass die von den Beklagten für O-I- und O-II-Leistungen verlangten Preise nicht leistungsgerecht seien, ergebe sich aus dem Vortrag der Kläger. Danach sei die Arbeitsgemeinschaft nur deswegen in der Lage, die – auf Selbstkostenbasis kalkulierten – Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs zu unterschreiten, weil sie von den Beklagten subventioniert werde. Dieses Vorbringen sei von den Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestritten worden. Das von ihnen vorgelegte , ein ausgeglichenes Ergebnis bescheinigende Wirtschaftsprüfertestat sei unzureichend, weil das zugrunde liegende Zahlenwerk nicht im Einzelnen offen gelegt sei. Der Aufforderung, das Zahlenwerk darzustellen, seien die Beklagten in der hierfür gesetzten Frist nicht nachgekommen. In der anschließenden mündlichen Verhandlung hätten sie sich darauf berufen, es sei ihnen nicht zuzumuten, ihre Kalkulationsgrundlagen gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Klägern zu offenbaren; deshalb komme nur die Offenlegung gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen in Betracht. Das Zahlenwerk hätten sie aber im Termin nicht bereitgehalten. Unter diesen Umständen sei eine Vertagung nicht in Betracht gekommen. Auch wenn die Beklagten schon in erster Instanz darauf hingewiesen hätten, dass sie das entsprechende Zahlenwerk nur gegenüber einem vom Gericht bestimmten Sachverständigen offenbaren könnten, sei es nicht Sache des Gerichts gewesen, entsprechende Maßnahmen anzuordnen ; vielmehr hätten die Beklagten rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zur Geheimhaltung des Zahlenwerks beantragen müssen.
Die Beklagten seien auch passivlegitimiert, weil sie als geschäftsführende Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik deren Preisgestaltung maßgeblich beeinflusst hätten. Durch ihre Abberufung als Geschäftsführer sei die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Beurteilung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (vgl. BGHZ 158, 236, 245 – Internet-Versteigerung; BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 213/01, GRUR 2005, 353, 354 – Testamentsvollstreckung durch Banken). Es sind daher die Bestimmungen des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) anzuwenden. Allerdings kann ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn sich das beanstandete Verhalten als wettbewerbswidrig erweist. Für die Bejahung der Passivlegitimation bedarf es freilich nicht des Rückgriffs auf die Störerhaftung. Denn das beanstandete Schreiben ist von den Beklagten als den Geschäftsführern der Arbeitsgemeinschaft veranlasst worden. Daher steht ihre täterschaftliche Haftung in Rede.
3. Der Vorwurf, den die Kläger gegen die Beklagten erheben, richtet sich im Kern dagegen, dass die Beklagten den niedergelassenen Ä rzten für die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen eine Zuwendung gewähren, die darin liegt, dass den niedergelassenen Ärzten durch die vo n den Beklagten betreute Laborgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik) O-I- und OII -Untersuchungen zu Preisen angeboten werden, die unter den Selbstkosten liegen. Allerdings kommt dieser Vorwurf, insbesondere der Bezug zu der Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen, in dem Unterlassungsantrag nur unvollkommen zum Ausdruck. Dem ergänzend zur Auslegung des Klageantrags
heranzuziehenden Klagevorbringen lässt sich indessen das mit der Klage verfolgte Begehren unzweifelhaft entnehmen.
4. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig ist, wenn die Beklagten die O-I- und O-IILeistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbstkosten – etwa durch Quersubventionierung der Laborgemeinschaft – angeboten und dadurch die niedergelassenen Ärzte veranlasst haben, ihnen Patienten für O-III-Unter suchungen zu überweisen (dazu a). Die Feststellung, dass die angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht jedoch – wie die Revision mit Erfolg rügt – verfahrensfehlerhaft getroffen (dazu b). Im Übrigen enthält das Berufungsurteil keine hinreichenden Feststellungen dazu, dass sich niedergelassene Ärzte durch die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen dazu verleiten lassen, den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Laborfachärzten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen (dazu c).

a) Unter der Voraussetzung eines Angebots von Preisen, die unter den Selbstkosten liegen, und unter der weiteren Voraussetzung eines dadurch bewirkten Einflusses auf das Überweisungsverhalten der niedergelassenen Ärzte hinsichtlich von O-III-Untersuchungen verstößt das beanstandete Verhalten gegen das Verbot der Ausübung eines unangemessenen unsachlichen Einflusses auf das Nachfrageverhalten anderer Marktteilnehmer (§ 4 Nr. 1 UWG).
aa) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass eine unsachliche Beeinflussung der niedergelassenen Ärzte durch beso nders günstige Sätze für O-I- und O-II-Untersuchungen nur insoweit in Betracht zu ziehen ist, als es um die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen geht. Dagegen scheidet eine unsachliche Beeinflussung der Nachfrageentscheidung der niedergelassenen Ärzten nach O-I- und O-II-Leistungen schon desh alb aus, weil die Anlockwirkung, die von einem besonders günstigen Angebot ausgeht, niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs ist (vgl.
BGHZ 151, 84, 87 – Kopplungsangebot I). Das besonders günstige Angebot einer Ware oder Leistung kann lediglich ausnahmsweise eine unsachliche Beeinflussung begründen, wenn die Abgabe der besonders günstigen Ware oder Leistung rechtlich oder faktisch an die Abnahme eines anderen Produkts gekoppelt ist.
bb) Ebenfalls mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Angebot von Waren oder Leistungen unter den Selbstkosten für sich genommen nicht wettbewerbswidrig ist. Auch der Einsatz von Preisen unter den Selbstkosten zur Förderung des Absatzes anderer, auskömmlich kalkulierter Produkte ist wettbewerbsrechtlich nicht generell untersagt. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher durch das Angebot einzelner Waren oder Leistungen zu einem besonders günstigen Preis dazu verleitet wird, auf andere Angebote desselben Anbieters ungeprüft einzugehen (dazu Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 Rdn. 1.36 m.w.N.).
cc) Im Streitfall werden von der beanstandeten Werbung niedergelassene Ärzte angesprochen, bei denen die Gefahr einer irratio nalen, nicht von sachlichen Kriterien getragenen Nachfrageentscheidung noch weniger wahrscheinlich ist. Allerdings sind Ärzte gehalten, die Entscheidung darüb er, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Ihre Nachfrageentscheidung darf nicht nach den eigenen Interessen des Arztes als Nachfrager oder Nachfragedisponent des Patienten getroffen werden, insbesondere darf der Arzt die Entscheidung, an welchen Facharzt er einen Patienten überweist, nicht davon abhängig machen, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht. Dieser Gesichtspunkt kommt in dem für Ärzte gelte nden berufsrechtlichen Verbot zum Ausdruck, sich für die Zuweisung von Patienten oder für die Zuweisung von Untersuchungsmaterial eine Gegenleistung gewähren zu lassen oder selbst eine solche Gegenleistung zu gewähren (vgl. § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, § 31 der Berufsordnung für Är ztinnen und Ärzte im
Lande Bremen und § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte; ferner BGH, Urt. v. 22.6.1989 – I ZR 120/8 7, GRUR 1989, 758, 760 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil). Ein ähnlicher Zweck liegt dem heilmittelwerberechtlichen Zugabeverbot zugrunde, das auch nach dem Wegfall der Zugabeverordnung das Gewähren oder Annehmen von Zugaben untersagt, weil Ärzte und Apotheker die Entscheidung darüber, welches Medikament sie verschreiben oder empfehlen, allein im Interesse des Patienten treffen sollen und sich dabei nicht davon leiten lassen sollen, ob ihnen bei der Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten Präparats ein persönlicher Vorteil zufließt (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 – I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886 – Kleidersack; Köhler in Baumbach/Hefermehl aaO § 4 Rdn. 1.84).
Ob der Verbotstatbestand des § 31 der ärztlichen Berufsordnung im Streitfall eingreift, ist allerdings nicht nur wegen der Frage, ob wirklich unter Selbstkosten angeboten worden ist, sondern auch deswegen zweifelhaft, weil die Beklagten die Gewährung der günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen nicht von der Zuwendung von Patienten oder von Untersuchungsmaterial abhängig gemacht haben. Jedenfalls im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG kommt es auf eine rechtliche Kopplung nicht an. Ein unangemessener unsachlicher Einfluss kann vielmehr schon dann zu bejahen sein, wenn die niedergelassenen Ärzt e, die sich im Hinblick auf die günstigen, unter dem einheitlichen Bewertungsmaßstab liegenden Preise für O-I- und O-II-Leistungen der bei der Laborarztpraxis der Beklagten angesiedelten Laborgemeinschaft anschließen, sich auch ohne rechtliche Kopplung veranlasst sehen, dieser Laborarztpraxis die Patienten zu überweisen, für die O-III-Leistungen zu erbringen sind.

b) Die Feststellung, dass die von den Beklagten angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft getroffen. Für das Merkmal eines Angebots unter den Selbstkosten sind im Streitfall grundsätzlich die Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Sie sind ihrer Darlegungslast – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – dadurch nachgekom-
men, dass sie sich auf Untersuchungen einer Unternehmensberatung berufen haben, wonach die Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs auf Selbstkostenbasis berechnet worden seien. Dieses Vorbringen ist ausreichend, weil die Kläger nähere Angaben zur Kalkulation der bei der Praxis der Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft naturgemäß nicht machen können. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagten könnten die Behauptung der Kläger nur durch Vorlage ihrer Kalkulationsgrundlagen substantiiert bestreiten. An diesen Unterlagen besteht – was keiner näheren Ausführung bedarf – ein erhebliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten. Dieses schützenswerte Interesse führt dazu, dass die Beklagten den Klägervortrag auch ohne detaillierte Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen bestreiten konnten. Ohne Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht daher nicht von einem Angebot unter Selbstkosten ausgehen dürfen.
Im Rahmen einer Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht den Beklagten aufgeben können, einem zu bestimmenden Sachverständigen die Kalkulationsgrundlagen vorzulegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Beklagten hätte dabei in der Weise Rechnung getragen werden können, dass der Sachverständige sich auf die Beantwortung der Frage beschränkt, ob eine Quersubventionierung der Laborgemeinschaft durch die Beklagten – sei es in der Form direkter Zahlungen oder sei es in der Form der Überlassung vorhandener freier Kapazitäten (Personal, Laborräume, Laboreinrichtung) – stattgefunden hat.

c) Wie bereits dargelegt, stellt es ein unlauteres Wettbewerbsverhalten nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG dar, wenn die Beklagten niedergelassene Ärzte dadurch zu einer Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen veranlassen, dass sie ihnen – über die Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik – O-I- und O-IILeistungen unter Selbstkosten anbieten. Im Streitfall kann eine Verbindung der beiden Vorgänge nicht geleugnet werden, wenn die niedergelassenen Ärzte üblicherweise die Patienten für O-III-Untersuchungen stets an diejenigen Laborärzte
überweisen, bei denen sie für O-I- und O-II-Leistungen eine Laborgemeinschaft unterhalten. Dies mag – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nahe liegen. Hierin liegt jedoch zunächst nicht mehr als eine Vermutung. Ebenfalls denkbar , wenn auch weniger wahrscheinlich erscheint es, dass die niedergelassenen Ärzte die Entscheidung über die Überweisung von Patient en für O-III-Untersuchungen unabhängig davon treffen, mit welchem Laborarzt sie in einer Laborgemeinschaft zusammenarbeiten. Auch in diesem Punkt bedarf es daher noch zusätzlicher Feststellungen.
III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren kann der streitige Sachverhalt gegebenenfalls durch das Gutachten eines Sachverständigen geklärt werden, dem die Kalkulationsunterlagen der Beklagten zur Verfügung gestellt werden, wobei berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Beklagten gewahrt bleiben müssen. Zur Frage der Verbindung der beiden Vorgänge – O-I- und O-II-Leistungen einerseits und O-III-Leistungen andererseits – können die Parteien ergänzend vortragen.
Ullmann Bornkamm Herr RiBGH Pokrant ist in Kur und verhindert zu unterschreiben. Ullmann Büscher Bergmann

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 96/02 Verkündet am:
20. Januar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Direkt ab Werk
Die Werbung eines Einzelhändlers mit den Angaben "Direkt ab Werk! Kein Zwischenhandel
! Garantierter Tief-Preis" ist irreführend, wenn sie bei den angesprochenen
Verbrauchern den Eindruck erweckt, die so beworbene Ware werde
zu den Abgabepreisen des Herstellers vertrieben, der Werbende in die von
ihm verlangten Preise jedoch seine Gewinnspanne eingerechnet hat.
BGH, Urt. v. 20. Januar 2005 - I ZR 96/02 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Fahrradeinzelhändler. Die Beklagte bewarb im Jahr 2000 in einem achtseitigen Werbefaltblatt die Fahrradmodelle "K. " und "C. " mit der Angabe:

Die Beklagte erwirbt die so beworbenen Fahrräder vom Hersteller und veräußert sie in eigenem Namen zu Preisen, in denen ihre Handelsspanne enthalten ist, an Endverbraucher.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte erwecke den unzutreffenden Eindruck, sie stelle die Fahrräder selbst her und biete einen Werksverkauf an. Die Angabe "garantierter Tief-Preis" verstärke den sich daran anschließenden Eindruck eines Preisvorteils durch Wegfall jeden Zwischenhandels.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung im einzelnen bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs die Behauptung aufzustellen, der Verkauf von Fahrrädern, insbesondere unter der Bezeichnung "K. " und "C. ", finde zu "garantierten Tiefpreisen, kein Zwischenhandel, direkt ab Werk" statt, insbesondere wenn dies wie mit der nachstehenden Abbildung erfolge:

Ferner hat er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, die Werbung entspreche den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Verkehr verstehe sie dahin, daß zwischen dem Hersteller und der Beklagten kein Zwischenhändler eingeschaltet sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich diese mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbung der Beklagten verstoße gegen § 3 UWG (a.F.). Zur Begründung hat es ausgeführt :
Ein am Erwerb eines Fahrrads interessierter Verbraucher werde dem beanstandeten Text entnehmen, daß der Letztverbraucher die so beworbenen Fahrräder ohne jeden Zwischenhandel vom Hersteller unmittelbar erwerben könne. Er werde dabei nicht vermuten, daß sich die Verkaufsstelle in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang mit dem Herstellungsbetrieb befinde, sondern er werde nur annehmen, daß der Kaufvertrag unmittelbar zwischen ihm und dem Hersteller geschlossen werde. Dieses aus den Angaben "Direkt ab Werk!" und "kein Zwischenhandel!" folgende Verständnis werde der Verbraucher dann bei näherem Nachdenken über den Sinn der Angaben durch die Worte "garantierter Tief-Preis" weiter vertiefen können, weil der Tief-Preis ihm als unmittelbare Folge des direkten Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels erscheine. Der durchschnittlich verständige Verbraucher werde annehmen, daß der Werbende ihm nur deshalb einen außergewöhnlich günstigen Preis bieten könne, weil bei der Preisbildung nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines Zwischenhändlers berücksichtigt worden sei.
Der weitere Inhalt des Werbeprospekts sei nicht geeignet, den durch die beanstandeten Angaben hervorgerufenen falschen Eindruck zu korrigieren. Letztlich würden auch diejenigen Verbraucher irregeführt, welchen die Beklagte bereits als Einzelhändlerin bekannt sei. Denn auch ein überwiegender Teil die-
ses Personenkreises werde aufgrund der beanstandeten Werbung annehmen, daß jedenfalls hinsichtlich der mit dem beanstandeten Slogan herausgehoben beworbenen Fahrradmodelle besondere Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und dem Hersteller bestünden, die es erlaubten, den Abgabepreis des Herstellers an den Letztverbraucher weiterzugeben. Dieser durch die angegriffene Werbung beim Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein. Die so beworbenen Fahrradmodelle könnten bei der Beklagten nicht vom Hersteller und nicht zu dessen Abgabepreisen erworben werden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Der im Streitfall auf eine Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war. Auf diesen Zeitpunkt kommt es auch für den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten und den diesen vorbereitenden Anspruch auf Auskunftserteilung an.
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung der Beklagten mit den Angaben "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter Tief-Preis" sei irreführend und deshalb unlauter, hält sowohl nach altem (§ 3 UWG a.F.) als auch nach neuem Unlauterkeitsrecht (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG) im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Eine Werbung ist irreführend i.S. von § 5 Abs. 1 UWG3 UWG a.F.), wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen, an die sie sich richtet,
erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 27.4.1995 - I ZR 116/93, GRUR 1995, 612, 614 = WRP 1995, 701 - Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 913 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung, m.w.N.; vgl. ferner Piper in: Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 UWG Rdn. 106; Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.65; Harte/Henning/ Dreyer, UWG, § 5 Rdn. 151). Für die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, ist ihr Gesamteindruck maßgeblich (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 - Sparvorwahl); es sind alle ihre Bestandteile zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 UWG).

b) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe über die Bezugsart (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 6.13 ff.) der beworbenen Fahrradmodelle die irreführende Angabe gemacht , der Endverbraucher könne die Fahrräder unmittelbar vom Hersteller erwerben, erhebt die Revision die Rüge, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend den Gesamteindruck berücksichtigt, den der Inhalt des Werbeprospekts der Beklagten hervorrufe. Ob die Angriffe der Revision durchgreifen, kann dahinstehen, weil das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 3 UWG a.F. jedenfalls zu Recht darin gesehen hat, daß die Beklagte irreführende Angaben über die Preisbemessung der von ihr beworbenen Fahrradmodelle gemacht hat. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde irregeführt, weil er aufgrund der beanstandeten Werbeaussagen annehme, bei der Preisbildung sei nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines Zwischenhändlers berücksichtigt worden. Dieser durch die angegriffene Werbung beim angesprochenen Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein, weil die beworbenen Fahrradmodelle nicht zu den Abgabepreisen des Herstellers erworben werden könnten.


c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den irreführenden Eindruck erweckt, sie gebe die beworbenen Fahrräder "K. " und "C. " zu den Preisen des Herstellers ab, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
aa) Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Werbeaussage "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter Tief-Preis" dahin verstehen, die so beworbenen Fahrräder könnten unmittelbar vom Hersteller erworben werden, oder ihr, wie die Beklagte geltend gemacht hat, lediglich entnehmen, daß zwischen dem Hersteller und der Beklagten kein Zwischenhändler eingeschaltet ist. Selbst wenn von letzterem Verkehrsverständnis auszugehen wäre, änderte dies nichts daran, daß die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung der Beklagten dahin verstehen, sie biete die von ihr so beworbenen Fahrräder zu den Abgabepreisen der Hersteller ohne weitere Aufschläge an. Denn in der beanstandeten Werbeaussage wird nicht nur auf den Bezugsweg ("Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!") hingewiesen, sondern durch die damit in Verbindung stehende Angabe "garantierter Tief-Preis" wird auch ein besonderer Preisvorteil herausgestellt. Die Auffassung des Berufungsgerichts , der "garantierte Tief-Preis" erscheine dem Verbraucher als unmittelbare Folge des Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels, trifft auch dann zu, wenn der Verbraucher entgegen der weiteren Annahme des Berufungsgerichts nicht von einem direkten Verkauf durch den Hersteller, sondern von einem Erwerb von der Beklagten ausgeht.
bb) Soweit die Revision dem entgegenhält, der Verbraucher, der die Beklagte als Einzelhändlerin kenne und der deshalb nicht annehme, daß er unmittelbar vom Hersteller erwerbe, werde die beanstandete Werbung dahin verste-
hen, daß die Beklagte die Waren unter Aussparung des Zwischenhändlers direkt beim Hersteller kaufe und somit (nur) die Gewinnspanne eines Zwischenhändlers , nicht aber diejenige der Beklagten als Einzelhändlerin entfalle, berücksichtigt sie nicht hinreichend, daß die Beklagte nicht bloß den Anschein irgendeines Preisvorteils erweckt. Sie wirbt vielmehr unter Bezugnahme auf die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" mit einem "garantierten TiefPreis". Ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird in der Werbung einen Hinweis auch auf das Ausmaß des infolge des Direktbezugs vom Hersteller zu erzielenden Preisvorteils sehen und die Bewerbung eines "garantierten Tief-"Preises dahin verstehen, daß die Beklagte die so beworbenen Waren zu einem Preis im unteren Bereich des durch die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" umschriebenen Preisniveaus anbietet (zur Werbung mit Tief-Preisen vgl. Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 7.134). Bei einem Direktbezug "ab Werk", d.h. vom Hersteller, ist das aber dessen Abgabepreis ohne weitere Zuschläge wie die Gewinnspanne des Wiederverkäufers oder dessen Vertriebs-, Lager- und Werbekosten. Der Umstand, daß die Beklagte lediglich einzelne der in ihrem Werbeprospekt beworbenen Fahrräder mit dem beanstandeten Zusatz angeboten hat, wirkt der Irreführungsgefahr entgegen der Ansicht der Revision nicht entgegen. Denn dadurch wird allenfalls der durch die Angabe "garantierter Tief-Preis" hervorgerufene und durch die blickfangmäßige Herausstellung des "Tief-Preises" bei der konkreten Verletzungsform zusätzlich betonte Eindruck verstärkt, die so beworbenen Waren würden zu einem noch günstigeren Preis als die anderen beworbenen Fahrräder angeboten. Dafür spricht auch der Umstand, daß bei sämtlichen beworbenen Waren dem von der Beklagten verlangten Preis die "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" gegenübergestellt wird und der Verkehr die beanstandete Werbeangabe daher als Anpreisung einer über diesen Preisvorteil noch hinausgehenden Vergünstigung ansehen wird.


d) Die Irreführung über die Günstigkeit des Preises der beworbenen Fahrräder ist für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verbraucher von maßgeblicher Bedeutung und somit wettbewerbsrechtlich relevant.
3. Die Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf Auskunftserteilung folgen aus §§ 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UWG a.F., § 242 BGB.
III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 153/04 Verkündet am:
28. Juni 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Telefonaktion

a) Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Bagatellgrenze des § 3
UWG überschritten ist, wenn die durch unrichtige Angaben hervorgerufene
Fehlvorstellung des Verkehrs geeignet ist, das Marktverhalten der Gegenseite
zu beeinflussen.

b) § 18 StBerG, der eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene
Schutzfunktion hat, begründet kein generelles Gebot, bei Werbemaßnahmen
die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" zu führen oder den vollen
Vereinsnamen anzugeben.
BGH, Urt. v. 28. Juni 2007 - I ZR 153/04 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. August 2004 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Klage mit dem Antrag zu 1 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind bundesweit tätige Lohnsteuerhilfevereine.
2
In der Ausgabe der Zeitung "W. " vom 29. Januar 2003 erschien in der Rubrik "Ratgeber Geld" der nachstehend wiedergegebene Zeitungsartikel mit der Ankündigung einer Telefonaktion, bei der drei Mitarbeiter des Beklagten als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Leser Antworten auf steuerliche Fragen erhalten sollten:
3
Der Kläger hat in dem Artikel einen Verstoß des Beklagten gegen das Steuerberatungsgesetz gesehen und diesen als wettbewerbswidrig beanstandet. Er hat geltend gemacht, der Beklagte habe den Zeitungsartikel, bei dem es sich nicht um eine redaktionelle Berichterstattung, sondern um Werbung gehandelt habe, veranlasst. In dem Artikel werde der unrichtige Eindruck hervorgerufen , jedermann könne von dem Beklagten beraten werden. Dem Beklagten sei es aber nur gestattet, seine Mitglieder zu beraten. Es fehle ein Hinweis auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten nach dem Steuerberatergesetz. Bei der Nennung des Vereinsnamens sei außerdem der Zusatz "Lohnsteuerhilfeverein" erforderlich.
4
Der Kläger hat beantragt, dem Beklagten zu untersagen, 1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen in Printmedien mit einer Telefonaktion zur Einkommensteuererklärung zu werben, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass die Beratung durch einen Lohnsteuerhilfeverein nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erfolgen darf, sowie dass die Hilfeleistung in Steuersachen nur dann erfolgen darf, wenn die Einkünfte die eingeschränkte Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine nach § 4 Nr. 11 StBerG nicht überschreiten; 2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen in Printmedien mit dem Vereinsnamen "Lohnsteuerhilfe B. e.V." zu werben, ohne den erforderlichen Namenszusatz "Lohnsteuerhilfeverein" hinzuzusetzen.
5
Der Beklagte hat sich darauf berufen, der Text des Zeitungsartikels sei von einer Redakteurin der "W. " verfasst worden. Die Telefonaktion sei zwischen der Presseagentur M. und der Zeitung abgesprochen gewesen. Diese Presseagentur vermittele dem Beklagten nur Kontakte zu Zeitungen, ohne beauftragt zu sein, Erklärungen an die Presse zu geben.

Dem Verkehr sei die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins bekannt, weshalb ein ausdrücklicher Hinweis in dem Artikel nicht erforderlich gewesen sei.
6
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.
7
Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
8
Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht das zwischen den Parteien ergangene rechtskräftige Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Januar 2001 entgegen. Dieses Urteil betreffe keine im Kern gleiche Verletzungshandlung.
11
Dem Kläger stehe jedoch der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu. Der in Rede stehende Zeitungsartikel sei nicht geeignet, den Wettbewerb i.S. von § 3 UWG nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Bei dem Zeitungsartikel handele es sich um Werbung, die dem Beklagten zuzurechnen sei. Die dort wiedergegebenen Namen und Fotos könnten nur unmittelbar oder mittelbar über die eingeschaltete Presseagentur vom Beklagten stammen. Der fehlende Hinweis darauf, dass Beratungsleistungen nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erbracht werden dürften, stelle jedoch eine nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs i.S. von § 3 UWG dar. Entsprechendes gelte für den fehlenden Hinweis auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten. Auch hier sei davon auszugehen, dass die Anrufer, soweit sie weitergehende Fragen hätten, in dem Telefonat über die nur beschränkte Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins aufgeklärt würden.
12
Der fehlende Zusatz "Lohnsteuerhilfeverein" bei der Angabe der Bezeichnung des Beklagten sei ebenfalls keine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung. Der Angabe "Lohnsteuerhilfe B. e.V." im Zeitungsartikel sei ohne Weiteres zu entnehmen, dass es sich um einen Lohnsteuerhilfeverein handele.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Sie führen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels hinsichtlich des Klageantrags zu 1 zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Klage mit dem Antrag zu 1 in vollem Umfang zulässig ist. Dem Unterlassungsantrag zu 1 steht nicht der Einwand der Rechtskraft im Hinblick auf das zwischen den Parteien ergangene Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Januar 2001 - - entgegen.

15
Der Umfang der materiellen Rechtskraft ist beschränkt auf den Streitgegenstand , über den im Erstprozess entschieden worden ist (BGHZ 85, 367, 374; 93, 287, 288 f.; BGH, Urt. v. 26.6.2003 - I ZR 269/00, NJW 2003, 3058, 3059). Der Streitgegenstand bestimmt sich auch bei der Unterlassungsklage nach dem Antrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt. Von einem einheitlichen Lebenssachverhalt ist ungeachtet weiterer Erläuterungen , Berichtigungen und neuen Tatsachenvortrags auszugehen, wenn der Kern des in der Klage angeführten Sachverhalts unverändert bleibt (BGHZ 166, 253 Tz. 26 - Markenparfümverkäufe; BGH, Beschl. v. 11.10.2006 - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 Tz. 10 = WRP 2007, 81 - Lesezirkel II; Urt. v. 7.12.2006 - I ZR 166/03, GRUR 2007, 605 Tz. 25 = WRP 2007, 772 - Umsatzzuwachs).
16
Nach diesen Maßstäben liegt dem vorliegenden Rechtsstreit und dem Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth nicht derselbe Streitgegenstand zugrunde. Das Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth war auf ein Verbot gerichtet, Zeitungsanzeigen zu schalten, in denen nicht darauf hingewiesen wird, dass der Beklagte seine Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten ausschließlich im Rahmen einer Mitgliedschaft erbringen darf. Davon unterscheidet sich der Streitfall, in dem der Unterlassungsantrag gegen Werbeanzeigen mit einer Telefonaktion zur Einkommensteuererklärung gerichtet ist. Im Hinblick auf den Unterschied zwischen der Schaltung einer Zeitungsanzeige und der werblichen Ankündigung einer Telefonaktion ist die in Rede stehende Verletzungshandlung nicht mit derjenigen gleichartig, die dem im Vorprozess rechtskräftig ausgesprochenen Verbot zugrunde liegt.
17
2. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass auf der Grundlage der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ein solcher Anspruch begründet ist. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
18
3. Das Berufungsgericht hat den mit dem Klageantrag zu 1 verfolgten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG, den der Kläger auf eine irreführende Werbung nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG gestützt hat, verneint. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
19
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte für den vom Kläger mit dem Unterlassungsantrag zu 1 als wettbewerbswidrig beanstandeten Inhalt des Zeitungsartikels (kein Hinweis auf die für eine Beratung erforderliche Mitgliedschaft und auf eine eingeschränkte Beratungsbefugnis ) einzustehen hat. Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die für die Beteiligung seiner Mitarbeiter notwendigen Informationen entweder selbst oder unter Einschaltung einer Presseagentur an die Zeitung weitergegeben.
20
aa) Falls der Beklagte die Namen und Fotos der Mitarbeiter an die Zeitung weitergegeben hat, ist er als Verletzer für eine etwaige in der Ankündigung der Telefonaktion liegende unlautere Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG verantwortlich.
21
Die Mitwirkung des Beklagten an der Ankündigung der Telefonaktion in dem Zeitungsartikel war eine Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Sie war darauf gerichtet, die Erbringung der Dienstleistungen dadurch zu för- dern, dass der Beklagte und seine Tätigkeit in der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. Aufgrund seiner Mitwirkung an der Ankündigung der Telefonaktion durch die "W. " traf den Beklagten aus vorangegangenem gefährdenden Verhalten eine Pflicht, ein durch seine Beteiligung gefördertes unlauteres Werbeverhalten zu verhindern (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I). Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Telefonaktion in einem redaktionellen Beitrag der "W. " angekündigt war, dessen Inhalt der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG unterlag. Dass die Zeitung für ihre Berichterstattung den Grundrechtsschutz der Pressefreiheit für sich in Anspruch nehmen kann, enthebt den Beklagten nicht von der Verantwortung für sein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten.
22
bb) Geht die Beteiligung des Beklagten an der Telefonaktion auf die Tätigkeit der von ihm eingeschalteten Presseagentur zurück, haftet er für einen etwaigen Wettbewerbsverstoß gemäß § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG, die inhaltlich der Bestimmung des § 13 Abs. 4 UWG a.F. entspricht, werden dem Inhaber des Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation seines Unternehmens die Verantwortung für das Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber , dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten zugute kommen, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können (BGH, Urt. v. 19.12.2002 - I ZR 119/00, GRUR 2003, 453, 454 = WRP 2003, 642 - Verwertung von Kundenlisten).

23
Die von dem Beklagten eingeschaltete Presseagentur M. ist Beauftragte i.S. von § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 25.4.1991 - I ZR 134/90, GRUR 1991, 772, 774 - Anzeigenrubrik I; BGHZ 124, 230, 237 - Warnhinweis I). Der Umstand, dass der Beklagte die Agentur nach seinen Angaben nur mit der Vermittlung von Pressekontakten und nicht der Weitergabe von Pressenotizen betraut haben will, entlastet ihn nicht. Dadurch wird der für die Anwendung des § 8 Abs. 2 UWG erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Presseagentur und dem Unternehmen des Beklagten nicht aufgehoben (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.1995 - I ZR 133/93, GRUR 1995, 605, 607 - Franchise-Nehmer; Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.47; Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rdn. 179).
24
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der fehlende Hinweis darauf, dass Beratungsleistungen nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erbracht würden und eine eingeschränkte Beratungsbefugnis bestehe, sei keine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Es sei davon auszugehen, dass Verbraucher im Rahmen der Telefonaktion nur eine pauschale Beratung erhielten und anschließend entweder eine Mitgliedschaft anstrebten oder sich an einen Steuerberater wendeten. Dagegen würden interessierte Verbraucher durch den Zeitungsartikel nicht veranlasst, eine Geschäftsstelle des Beklagten aufzusuchen. Von einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs könne auch wegen des fehlenden Hinweises auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten nicht ausgegangen werden. Es sei anzunehmen, dass Anrufer über eine etwa fehlende Beratungsbefugnis informiert und über den Irrtum bereits in dem Telefonat aufgeklärt würden, ohne eine Geschäftsstelle des Beklagten aufzusuchen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen überspannt, die an eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung i.S. von § 3 UWG zu stellen sind.
25
aa) Nach der Begründung zum Regierungsentwurf soll mit dem in § 3 UWG vorgesehenen Erfordernis einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen des geschützten Personenkreises sein muss. Dadurch soll die Verfolgung von Bagatellfällen ausgeschlossen werden, weshalb die Schwelle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht zu hoch anzusetzen ist (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Die Frage, ob es sich um einen Bagatellverstoß handelt oder die Grenze überschritten ist, ist unter umfassender Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, namentlich der Art und Schwere des Verstoßes, anhand der Zielsetzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 210/98, GRUR 2001, 258, 259 = WRP 2001, 146 - Immobilienpreisangaben).
26
bb) Vorliegend steht eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot irreführender Werbung nach §§ 3, 5 UWG in Rede. Unrichtige Angaben verstoßen nur dann gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei ; Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 33/04, GRUR 2007, 247 Tz. 33 = WRP 2007, 303 - Regenwaldprojekt I). Ist die durch die unrichtigen Angaben hervorgerufene Fehlvorstellung des Verkehrs wettbewerbsrechtlich relevant, ist regelmäßig auch davon auszugehen, dass die Bagatellgrenze überschritten ist (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.11 und 2.169).

Nicht anders verhält es sich im Streitfall. Verstößt der Zeitungsartikel wegen irreführender Angaben gegen § 5 UWG, weil die fraglichen Hinweise unterblieben sind, ist der Verstoß nach Art und Schwere auch nicht mehr unerheblich.
27
c) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Beklagte gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen hat, weil der Zeitungsartikel keinen Hinweis darauf enthielt, dass Nichtmitglieder bei der Telefonaktion nicht beraten wurden und nur eine eingeschränkte Beratungsbefugnis bestand.
28
Der Kläger hat vorgetragen, der Verkehr verstehe die Angaben in dem Zeitungsartikel dahin, dass auch Personen, die an der Telefonaktion teilnähmen und nicht Mitglieder bei dem Beklagten seien, beraten werden könnten und dass keine nur auf bestimmte Einkunftsarten beschränkte Beratungsbefugnis bestehe.
29
Das Berufungsgericht wird insoweit zu prüfen haben, wie der Verkehr die Angaben in dem Zeitungsartikel auffasst. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Verkehr die Angaben in dem vom Kläger vorgetragenen Sinn versteht, sind sie irreführend. Nach der Vorschrift des § 4 Nr. 11 StBerG sind Lohnsteuerhilfevereine zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nur gegenüber ihren Mitgliedern und auch nur in den Grenzen des § 4 Nr. 11 lit. a bis c StBerG befugt.
30
Die für ein Verbot gemäß § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG erforderliche wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-MinuteReise ; BGH GRUR 2003, 628, 630 - Klosterbrauerei) kann nicht mit dem Hin- weis darauf verneint werden, Teilnehmer an der Telefonaktion würden in dem Telefonanruf über die nur beschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten aufgeklärt.
31
Unrichtige Angaben sind wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, hier also der Verbraucher, zu beeinflussen. Diese werden, soweit Beratungsbedarf besteht, durch den Zeitungsartikel veranlasst, an der Telefonaktion teilzunehmen. Dadurch kommt es zu einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Beklagten, die dieser für eine Mitgliederwerbung nutzen kann und die durch eine spätere Richtigstellung etwaiger unzutreffender Angaben nicht wieder rückgängig gemacht wird.
32
4. Die Revision hat dagegen keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet , dass das Berufungsgericht den Klageantrag zu 2 abgewiesen hat. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Vereinsnamens des Beklagten in der Werbung ohne den Namenszusatz "Lohnsteuerhilfeverein" nach § 1 UWG a.F., § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 18 StBerG nicht zu.
33
a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt allerdings unlauter i.S. des § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Bestimmung zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den Vorschriften , die im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten von Unternehmen bestimmen, gehört § 18 StBerG. Die Bestimmung verpflichtet Lohnsteuerhilfevereine , die entsprechende Bezeichnung im Vereinsnamen zu führen. Die Vorschrift regelt die Außendarstellung des Vereins und dient dem Schutz der Öffentlichkeit vor einer Irreführung. Sie hat eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion.

34
Für den Zeitraum vor Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 folgt der Unterlassungsanspruch im Falle eines Verstoßes gegen § 18 StBerG aus § 1 UWG a.F.
35
b) Im Streitfall liegt ein Verstoß gegen § 18 StBerG wegen der fehlenden Führung der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" in dem Zeitungsartikel in der "W. " jedoch nicht vor. Die Bestimmung sieht eine Verpflichtung zur Führung der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" im Vereinsnamen vor. Sie begründet aber kein allgemeines Gebot, bei Werbemaßnahmen stets die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" zu führen oder den vollen Vereinsnamen anzugeben (a.A. Nest in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 18 StBerG Rdn. B 3; Gehre/v. Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., § 18 Rdn. 2; Charlier/Peter, Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl., § 18 Rdn. 1). Der Beklagte konnte deshalb ohne Verstoß gegen § 18 StBerG in dem Zeitungsartikel unter der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfe B. e.V." auftreten. Die Grenze zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten ist erst überschritten, wenn die Bezeichnung, unter der der Beklagte werbend auftritt, gegen das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 UWG verstößt. Hierfür ist bei der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfe B. e.V.", in der sich die Begriffe "Lohnsteuerhilfe" und "e.V." finden, vom Kläger nichts geltend gemacht und auch sonst nichts ersichtlich.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Schaffert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 21.08.2003 - 17 HKO 7047/03 -
OLG München, Entscheidung vom 26.08.2004 - 6 U 4775/03 -

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 201/02 Verkündet am:
21. April 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Quersubventionierung von Laborgemeinschaften
UWG §§ 3, 4 Nr. 1; MBO-Ä 1997 Kap. B § 31
Ein Laborarzt handelt unlauter i.S. von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, wenn er niedergelassenen
Ärzten die Durchführung von Laboruntersuchungen, di e diese selbst gegenüber
der Kasse abrechnen können, unter Selbstkosten in der Erwartung anbietet
, dass die niedergelassenen Ärzte ihm im Gegenzug Pati enten für Untersuchungen
überweisen, die nur von einem Laborarzt vorgenommen werden können.
Einem solchem Angebot unter Selbstkosten steht es gleich, wenn die günstigen
Preise für die von den niedergelassenen Ärzten abzurechnen den Laboruntersuchungen
dadurch ermöglicht werden, dass der Laborarzt einer von ihm betreuten
Laborgemeinschaft der niedergelassenen Ärzte freie Kapa zitäten seines Labors
unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (im Anschluss an BGH GRUR
1989, 758 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil).
BGH, Urt. v. 21. April 2005 – I ZR 201/02 – OLG Celle
LG Lüneburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Ärzte für Laboratoriumsmedizin (i m Folgenden: Laborärzte ). Die Kläger betreiben in Hamburg, die Beklagten in Bremerhaven jeweils eine entsprechende Gemeinschaftspraxis. Die Kläger wenden sich dagegen, dass sich die Beklagten mit einem Schreiben vom 13. April 2000 an niedergelassene Ärzte in Uelzen gewandt und Leistungen einer Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik zu Preisen angeboten haben, die unter den Sätzen des von den gesetzlichen Krankenkassen zugrunde gelegten einheitlichen Bewertungsmaßstabs und nach Darstellung der Kläger auch unter den Selbstkosten der Beklagten lagen.
Ärztliche Laborleistungen werden in der gesetzlichen Kra nkenversicherung – wie andere ärztliche Leistungen auch – nach einem einheitlichen Bewertungs-
maßstab (EBM) honoriert, den die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse vereinbaren (§ 87 SGB V). Abschnitt O dieses einheitlichen Bewertungsmaßstabs regelt die Laboratoriumsuntersuchungen, und zwar unter I. und II. die allgemeinen und unter III. die speziellen Untersuchungen. Entsprechend wird allgemein nach O-I-, O-IIund O-III-Leistungen unterschieden: O-I- und O-II-Leistungen können auch niedergelassene Ärzte, die nicht Laborärzte sind (im Folgen den: niedergelassene Ärzte), selbst erbringen und gegenüber der Krankenkasse ab rechnen; O-III-Leistungen sind Laborärzten vorbehalten und können nur von diesen abgerechnet werden. Soweit niedergelassene Ärzte eigene Laborleistu ngen erbringen, tun sie dies in der Regel nicht in der eigenen Praxis. Vielmehr schließen sie sich zu Laborgemeinschaften zusammen. Diese Laborgemeinschaften sind häufig bei einer Laborarztpraxis angesiedelt, die für die ihr angeschlossenen niedergelassenen Ärzte die O-I- und O-II-Leistungen zu Selbstkosten erbr ingt. Soweit Untersuchungen der Kategorie O III erforderlich sind, müssen die niedergelassenen Ärzte die Patienten an einen Laborarzt überweisen. Ist bei dieser Laborarztpraxis eine Laborgemeinschaft angesiedelt, wird der Laborarzt in zwei Funktionen tätig: Zum einen erbringt er O-III-Leistungen aufgrund von Überweisungen von niedergelassenen Ärzten; zum zweiten betreibt er für die Laborgeme inschaft niedergelassener Ärzte das Labor, in dem die O-I- und O-II-Leistungen e rbracht werden. Auch bei der Gemeinschaftspraxis der Beklagten ist eine solche Laborgemeinschaft, die oben genannte Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik, angesiedelt. Die Beklagten sind – wie die ihr angehörenden niedergelassenen Ärzte – Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts; in der Zeit, als das beanstandete Schreiben versandt wurde, waren sie auch deren Geschäftsführer.
Zwischen Laborärzten herrscht hinsichtlich der O-III-Leistungen ein reger Wettbewerb, der nicht zuletzt dadurch gefördert wird, dass viele Laborärzte ihre Leistungen nicht nur lokal, sondern regional oder gar überregional anbieten. Üblich ist, dass die Laborärzte die zu untersuchenden Proben bei den niedergelassenen Ärzten abholen lassen, ohne hierfür Kosten in Rechn ung zu stellen.
Die Kläger haben in der Versendung des Schreibens vom 13. April 2000 durch die Beklagten einen Wettbewerbsverstoß gesehen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens, der allgemeinen Marktstörung und des Rechtsbruchs. Bei dem Vorwurf des Rechtsbruchs geht es um das in allen ärztlichen Berufsordnungen enthaltene Provisionsverbot; danach dürfen Ärzte für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial weder eine Gegenleistung gewähren noch sich selbst eine solche Gegenleistung gewähren lassen (vgl. die gleich lautenden Bestimmungen in § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, in § 31 der Berufsordnung für Ärztinnen u nd Ärzte im Lande Bremen und in § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung der Beschlüsse des 100. Deutschen Ärztetages 1 997 in Eisenach – MBO-Ä 1997 –).
Die Kläger haben behauptet, die von den Beklagten angebotenen, die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabs unterschreitenden Preise für O-I- und O-IIUntersuchungen lägen unter den Selbstkosten. Der den niedergelassenen Ärzten hierdurch entstehende Gewinn – die der Laborgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Ärzte werden für diese Leistungen von de n Krankenkassen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab honoriert – werde den niedergelassenen Ärzten als verdeckter Vorteil zugewendet, um sie dazu zu bewegen, ihnen Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen.
Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, haben die Kläger beantragt , es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärzten entweder selbst oder unter der Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik“ Laboruntersuchungen der Bereiche O I und O II zu Preisen anzubieten, die unterhalb der Honorarsätze für technische Laborleistungen der EBM liegen, und/oder für derartige Laboruntersuchungen Preise zu berechnen, die unterhalb der vorbezeichneten Honorarsätze liegen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten dagegen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Celle GRUR-RR 2002, 336). Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten der beklagten Laborärzte ein übertriebenes Anlocken nach § 1 UWG (a.F.) gesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das Angebot einzelner Waren oder Leistungen unter Einstandspreis sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sittenwidrig sei ein solches Verhalten erst, wenn besondere Umstände hinzuträten. Mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs unvereinbar sei es, Nachfrager mit leistungsfremden Mitteln unzulässig zu beeinflussen. Wer Kunden durch übermäßige Kaufanreize anlocke und sie auf diese Weise davon abhalte, das gesamte Angebot sachgerecht und kritisch zu prüfen, handele wettbewerbswidrig. Dieser Tatbestand sei im Streitfall erfüllt. Der Kern des beanstandeten Verhaltens sei nicht die Preisunterbietung an sich, sondern das Unterbieten mit Hilfe von Quersubventionen, durch die die Nachfrage nach O-III-Leistungen angeregt werden solle. In den die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabes erheblich unterschreitenden Preisen der Beklagten liege ein starker Anreiz für die niedergelassenen Ärzte, Labo rleistungen der Kategorien O I und O II von der bei den Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft ausführen zu lassen. Es liege nahe, dass viele Ärzte dann auch g leich Untersuchungen der Kategorie O III durch die in denselben Räumen beheimatete Gemeinschaftspraxis der Beklagten ausführen ließen, ohne weitere Angebote für solche Leistungen zu prüfen. Das gelte umso mehr, als Arbeitsgemeinschaft und Gemein-
schaftspraxis das Untersuchungsmaterial durch denselben für die Ärzte kostenlosen Fahrdienst abholen ließen.
Dass die von den Beklagten für O-I- und O-II-Leistungen verlangten Preise nicht leistungsgerecht seien, ergebe sich aus dem Vortrag der Kläger. Danach sei die Arbeitsgemeinschaft nur deswegen in der Lage, die – auf Selbstkostenbasis kalkulierten – Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs zu unterschreiten, weil sie von den Beklagten subventioniert werde. Dieses Vorbringen sei von den Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestritten worden. Das von ihnen vorgelegte , ein ausgeglichenes Ergebnis bescheinigende Wirtschaftsprüfertestat sei unzureichend, weil das zugrunde liegende Zahlenwerk nicht im Einzelnen offen gelegt sei. Der Aufforderung, das Zahlenwerk darzustellen, seien die Beklagten in der hierfür gesetzten Frist nicht nachgekommen. In der anschließenden mündlichen Verhandlung hätten sie sich darauf berufen, es sei ihnen nicht zuzumuten, ihre Kalkulationsgrundlagen gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Klägern zu offenbaren; deshalb komme nur die Offenlegung gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen in Betracht. Das Zahlenwerk hätten sie aber im Termin nicht bereitgehalten. Unter diesen Umständen sei eine Vertagung nicht in Betracht gekommen. Auch wenn die Beklagten schon in erster Instanz darauf hingewiesen hätten, dass sie das entsprechende Zahlenwerk nur gegenüber einem vom Gericht bestimmten Sachverständigen offenbaren könnten, sei es nicht Sache des Gerichts gewesen, entsprechende Maßnahmen anzuordnen ; vielmehr hätten die Beklagten rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zur Geheimhaltung des Zahlenwerks beantragen müssen.
Die Beklagten seien auch passivlegitimiert, weil sie als geschäftsführende Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik deren Preisgestaltung maßgeblich beeinflusst hätten. Durch ihre Abberufung als Geschäftsführer sei die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Beurteilung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (vgl. BGHZ 158, 236, 245 – Internet-Versteigerung; BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 213/01, GRUR 2005, 353, 354 – Testamentsvollstreckung durch Banken). Es sind daher die Bestimmungen des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) anzuwenden. Allerdings kann ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn sich das beanstandete Verhalten als wettbewerbswidrig erweist. Für die Bejahung der Passivlegitimation bedarf es freilich nicht des Rückgriffs auf die Störerhaftung. Denn das beanstandete Schreiben ist von den Beklagten als den Geschäftsführern der Arbeitsgemeinschaft veranlasst worden. Daher steht ihre täterschaftliche Haftung in Rede.
3. Der Vorwurf, den die Kläger gegen die Beklagten erheben, richtet sich im Kern dagegen, dass die Beklagten den niedergelassenen Ä rzten für die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen eine Zuwendung gewähren, die darin liegt, dass den niedergelassenen Ärzten durch die vo n den Beklagten betreute Laborgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik) O-I- und OII -Untersuchungen zu Preisen angeboten werden, die unter den Selbstkosten liegen. Allerdings kommt dieser Vorwurf, insbesondere der Bezug zu der Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen, in dem Unterlassungsantrag nur unvollkommen zum Ausdruck. Dem ergänzend zur Auslegung des Klageantrags
heranzuziehenden Klagevorbringen lässt sich indessen das mit der Klage verfolgte Begehren unzweifelhaft entnehmen.
4. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig ist, wenn die Beklagten die O-I- und O-IILeistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbstkosten – etwa durch Quersubventionierung der Laborgemeinschaft – angeboten und dadurch die niedergelassenen Ärzte veranlasst haben, ihnen Patienten für O-III-Unter suchungen zu überweisen (dazu a). Die Feststellung, dass die angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht jedoch – wie die Revision mit Erfolg rügt – verfahrensfehlerhaft getroffen (dazu b). Im Übrigen enthält das Berufungsurteil keine hinreichenden Feststellungen dazu, dass sich niedergelassene Ärzte durch die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen dazu verleiten lassen, den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Laborfachärzten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen (dazu c).

a) Unter der Voraussetzung eines Angebots von Preisen, die unter den Selbstkosten liegen, und unter der weiteren Voraussetzung eines dadurch bewirkten Einflusses auf das Überweisungsverhalten der niedergelassenen Ärzte hinsichtlich von O-III-Untersuchungen verstößt das beanstandete Verhalten gegen das Verbot der Ausübung eines unangemessenen unsachlichen Einflusses auf das Nachfrageverhalten anderer Marktteilnehmer (§ 4 Nr. 1 UWG).
aa) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass eine unsachliche Beeinflussung der niedergelassenen Ärzte durch beso nders günstige Sätze für O-I- und O-II-Untersuchungen nur insoweit in Betracht zu ziehen ist, als es um die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen geht. Dagegen scheidet eine unsachliche Beeinflussung der Nachfrageentscheidung der niedergelassenen Ärzten nach O-I- und O-II-Leistungen schon desh alb aus, weil die Anlockwirkung, die von einem besonders günstigen Angebot ausgeht, niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs ist (vgl.
BGHZ 151, 84, 87 – Kopplungsangebot I). Das besonders günstige Angebot einer Ware oder Leistung kann lediglich ausnahmsweise eine unsachliche Beeinflussung begründen, wenn die Abgabe der besonders günstigen Ware oder Leistung rechtlich oder faktisch an die Abnahme eines anderen Produkts gekoppelt ist.
bb) Ebenfalls mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Angebot von Waren oder Leistungen unter den Selbstkosten für sich genommen nicht wettbewerbswidrig ist. Auch der Einsatz von Preisen unter den Selbstkosten zur Förderung des Absatzes anderer, auskömmlich kalkulierter Produkte ist wettbewerbsrechtlich nicht generell untersagt. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher durch das Angebot einzelner Waren oder Leistungen zu einem besonders günstigen Preis dazu verleitet wird, auf andere Angebote desselben Anbieters ungeprüft einzugehen (dazu Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 Rdn. 1.36 m.w.N.).
cc) Im Streitfall werden von der beanstandeten Werbung niedergelassene Ärzte angesprochen, bei denen die Gefahr einer irratio nalen, nicht von sachlichen Kriterien getragenen Nachfrageentscheidung noch weniger wahrscheinlich ist. Allerdings sind Ärzte gehalten, die Entscheidung darüb er, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Ihre Nachfrageentscheidung darf nicht nach den eigenen Interessen des Arztes als Nachfrager oder Nachfragedisponent des Patienten getroffen werden, insbesondere darf der Arzt die Entscheidung, an welchen Facharzt er einen Patienten überweist, nicht davon abhängig machen, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht. Dieser Gesichtspunkt kommt in dem für Ärzte gelte nden berufsrechtlichen Verbot zum Ausdruck, sich für die Zuweisung von Patienten oder für die Zuweisung von Untersuchungsmaterial eine Gegenleistung gewähren zu lassen oder selbst eine solche Gegenleistung zu gewähren (vgl. § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, § 31 der Berufsordnung für Är ztinnen und Ärzte im
Lande Bremen und § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte; ferner BGH, Urt. v. 22.6.1989 – I ZR 120/8 7, GRUR 1989, 758, 760 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil). Ein ähnlicher Zweck liegt dem heilmittelwerberechtlichen Zugabeverbot zugrunde, das auch nach dem Wegfall der Zugabeverordnung das Gewähren oder Annehmen von Zugaben untersagt, weil Ärzte und Apotheker die Entscheidung darüber, welches Medikament sie verschreiben oder empfehlen, allein im Interesse des Patienten treffen sollen und sich dabei nicht davon leiten lassen sollen, ob ihnen bei der Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten Präparats ein persönlicher Vorteil zufließt (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 – I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886 – Kleidersack; Köhler in Baumbach/Hefermehl aaO § 4 Rdn. 1.84).
Ob der Verbotstatbestand des § 31 der ärztlichen Berufsordnung im Streitfall eingreift, ist allerdings nicht nur wegen der Frage, ob wirklich unter Selbstkosten angeboten worden ist, sondern auch deswegen zweifelhaft, weil die Beklagten die Gewährung der günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen nicht von der Zuwendung von Patienten oder von Untersuchungsmaterial abhängig gemacht haben. Jedenfalls im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG kommt es auf eine rechtliche Kopplung nicht an. Ein unangemessener unsachlicher Einfluss kann vielmehr schon dann zu bejahen sein, wenn die niedergelassenen Ärzt e, die sich im Hinblick auf die günstigen, unter dem einheitlichen Bewertungsmaßstab liegenden Preise für O-I- und O-II-Leistungen der bei der Laborarztpraxis der Beklagten angesiedelten Laborgemeinschaft anschließen, sich auch ohne rechtliche Kopplung veranlasst sehen, dieser Laborarztpraxis die Patienten zu überweisen, für die O-III-Leistungen zu erbringen sind.

b) Die Feststellung, dass die von den Beklagten angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft getroffen. Für das Merkmal eines Angebots unter den Selbstkosten sind im Streitfall grundsätzlich die Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Sie sind ihrer Darlegungslast – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – dadurch nachgekom-
men, dass sie sich auf Untersuchungen einer Unternehmensberatung berufen haben, wonach die Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs auf Selbstkostenbasis berechnet worden seien. Dieses Vorbringen ist ausreichend, weil die Kläger nähere Angaben zur Kalkulation der bei der Praxis der Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft naturgemäß nicht machen können. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagten könnten die Behauptung der Kläger nur durch Vorlage ihrer Kalkulationsgrundlagen substantiiert bestreiten. An diesen Unterlagen besteht – was keiner näheren Ausführung bedarf – ein erhebliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten. Dieses schützenswerte Interesse führt dazu, dass die Beklagten den Klägervortrag auch ohne detaillierte Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen bestreiten konnten. Ohne Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht daher nicht von einem Angebot unter Selbstkosten ausgehen dürfen.
Im Rahmen einer Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht den Beklagten aufgeben können, einem zu bestimmenden Sachverständigen die Kalkulationsgrundlagen vorzulegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Beklagten hätte dabei in der Weise Rechnung getragen werden können, dass der Sachverständige sich auf die Beantwortung der Frage beschränkt, ob eine Quersubventionierung der Laborgemeinschaft durch die Beklagten – sei es in der Form direkter Zahlungen oder sei es in der Form der Überlassung vorhandener freier Kapazitäten (Personal, Laborräume, Laboreinrichtung) – stattgefunden hat.

c) Wie bereits dargelegt, stellt es ein unlauteres Wettbewerbsverhalten nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG dar, wenn die Beklagten niedergelassene Ärzte dadurch zu einer Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen veranlassen, dass sie ihnen – über die Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik – O-I- und O-IILeistungen unter Selbstkosten anbieten. Im Streitfall kann eine Verbindung der beiden Vorgänge nicht geleugnet werden, wenn die niedergelassenen Ärzte üblicherweise die Patienten für O-III-Untersuchungen stets an diejenigen Laborärzte
überweisen, bei denen sie für O-I- und O-II-Leistungen eine Laborgemeinschaft unterhalten. Dies mag – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nahe liegen. Hierin liegt jedoch zunächst nicht mehr als eine Vermutung. Ebenfalls denkbar , wenn auch weniger wahrscheinlich erscheint es, dass die niedergelassenen Ärzte die Entscheidung über die Überweisung von Patient en für O-III-Untersuchungen unabhängig davon treffen, mit welchem Laborarzt sie in einer Laborgemeinschaft zusammenarbeiten. Auch in diesem Punkt bedarf es daher noch zusätzlicher Feststellungen.
III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren kann der streitige Sachverhalt gegebenenfalls durch das Gutachten eines Sachverständigen geklärt werden, dem die Kalkulationsunterlagen der Beklagten zur Verfügung gestellt werden, wobei berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Beklagten gewahrt bleiben müssen. Zur Frage der Verbindung der beiden Vorgänge – O-I- und O-II-Leistungen einerseits und O-III-Leistungen andererseits – können die Parteien ergänzend vortragen.
Ullmann Bornkamm Herr RiBGH Pokrant ist in Kur und verhindert zu unterschreiben. Ullmann Büscher Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 193/99 Verkündet am:
18. Oktober 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elternbriefe

a) Bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses macht es grundsätzlich keinen
Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung
zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen
möchte.

b) In der Verwendung amtlich erlangter Informationen zu dem Zweck, unter
Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern
, kann eine nach § 1 UWG unlautere Randnutzung einer öffentlichen
Einrichtung liegen (hier: gemeinsame Versendung sog. Elternbriefe einer
staatlichen Stelle und Werbematerial einer Landesbausparkasse gegen
Übernahme der Portokosten).
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2001 - I ZR 193/99 - OLG Bremen
LG Bremen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 24. Juni 1999 aufgehoben.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 8. Oktober 1998 abgeändert: 1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es zu unterlassen, Werbematerial ihres Unternehmensbereiches Landesbausparkasse Bremen, insbesondere solches, welches schlagwortartig mit der Bezeichnung "Elterninfo" überschrieben ist, zusammen mit "Elternbriefen" der Beklagten zu 2 durch diese und/oder durch von dieser eingeschaltete Dritte in Briefumschlägen versenden zu lassen, welche mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste der Freien Hansestadt Bremen versehen sind.
2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, es zu unterlassen, das unter vorstehender Ziffer 1 bezeichnete Werbematerial zusammen mit ihren "Elternbriefen" in Briefumschlägen zu versenden und/oder versenden zu lassen, welche eine Absenderangabe nach vorstehender Ziffer 1 aufweisen.
3. Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM angedroht.
4. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über den Umfang von Handlungen gemäß vorstehenden Ziffern 1 und 2 Auskunft zu erteilen.
5. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den Handlungen gemäß vorstehenden Ziffern 1 und 2 entstanden sind und künftig entstehen werden.
III.Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 2, die Freie Hansestadt Bremen, versendet seit Juni 1971 durch ihr Amt für Soziale Dienste sogenannte Elternbriefe an die Eltern in Bremen lebender Kinder. Diese während der ersten acht Lebensjahre der Kin-
der in regelmäûigen Zeitabständen übersandten Schriften behandeln pädagogische Probleme, die in dem jeweiligen Lebensalter des Kindes auftreten können. Seit Mai 1982 legt die Beklagte zu 2 den Elternbriefen sogenannte Elterninfos der Beklagten zu 1, der Sparkasse in Bremen, bei, mit denen diese für die Leistungen ihres Unternehmensbereichs Landesbausparkasse Bremen wirbt. Als Gegenleistung erstattet die Beklagte zu 1 der Beklagten zu 2 die Portokosten der Sendungen. Als deren Absender geht aus dem Freistempleraufdruck auf den Briefumschlägen das Amt für Soziale Dienste hervor.
Die Klägerin, eine Bausparkasse, die mit der Beklagten zu 1 in Wettbewerb steht, hält diese Form der Werbung für wettbewerbswidrig und irreführend. Sie ist der Auffassung, die Beklagte zu 1 nutze die besondere staatliche Funktion der Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise aus. Aufgrund der Absenderangabe auf den Briefumschlägen würden die Sendungen als Behördenpost durchweg geöffnet und ihr Inhalt zur Kenntnis genommen. Dadurch erfahre auch die Werbebeilage der Beklagten zu 1 im Unterschied zu gewöhnlichen Werbebriefen, die groûenteils ungelesen weggeworfen würden, eine besondere Aufmerksamkeit, weil der Behördenpostempfänger zunächst einmal erkennen müsse, was staatliche oder private Information sei. Durch die Verwendung der Überschrift "Elterninfo" und die Erwähnung der "Landesbausparkasse" stelle die Beklagte zu 1 eine Verbindung zum "Elternbrief" der Beklagten zu 2 und zum Staat her, zumal Sparkassen grundsätzlich öffentlich-rechtlich organisiert seien. Die gemeinsame Versendung der Elterninfos mit den Elternbriefen und die Anlehnung an die staatliche Autorität täusche den Verkehr zugleich über Inhalt und Herkunft der Sendung.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu 1 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, Werbematerial ihres Unternehmensbereiches Landesbausparkasse Bremen, insbesondere solches, welches schlagwortartig mit der Bezeichnung "Elterninfo" überschrieben ist, durch die Beklagte zu 2 und/oder durch von der Beklagten zu 2 eingeschaltete Dritte in Briefumschlägen versenden zu lassen, welche mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste der Freien Hansestadt Bremen versehen sind; 2. die Beklagte zu 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, das unter vorstehender Ziffer 1. bezeichnete Werbematerial in Briefumschlägen zu versenden und/ oder versenden zu lassen, welche eine Absenderangabe nach vorstehender Ziffer 1. aufweisen; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang von Handlungen gemäû vorstehenden Ziffern 1. und 2.; 4. festzustellen, daû die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den Handlungen gemäû vorstehenden Ziffern 1. und 2. entstanden sind und künftig entstehen werden. Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, es liege keine Ausnutzung staatlicher Autorität und auch keine unsachliche Einfluûnahme auf die Empfänger der Briefsendungen vor. Diese seien daran gewöhnt, daû staatliche Stellen sich zur Einsparung von Haushaltsmitteln der Unterstützung privater Unternehmen bedienten und dafür deren Werbung als Randnutzung öffentlicher Einrichtungen zulieûen. Sie unterschieden deshalb ohne weiteres zwischen der staatlichen Information und der gestatteten Werbung Dritter und hielten diese nicht für eine staatliche Empfehlung. Die Beklagte zu 2 hat darüber hinaus geltend gemacht, sie handele nicht in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern wolle ausschlieûlich
die weitere Versendung der Elternbriefe sicherstellen, die ohne die finanzielle Unterstützung der Beklagten zu 1 wegen fehlender Haushaltsmittel eingestellt werden müûte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Bremen WRP 1999, 945).
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat gemeint, das Verhalten der Beklagten verstoûe weder gegen § 1 UWG noch gegen § 3 UWG. Dazu hat es ausgeführt:
Ein Miûbrauch des der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen entgegengebrachten Vertrauens durch das Empfehlen der Leistungen der Beklagten zu 1 seitens der Beklagten zu 2 liege nicht vor. Daû den Elternbriefen über Jahre hinweg kommentarlos die Werbebeilage beigefügt werde, erwecke nicht den Eindruck einer Empfehlung, weil für den Empfänger offenkundig sei, daû es in den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung pädagogischer Probleme gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 das rein kommerzielle Interesse erkennen lasse, Kunden für die Landesbausparkasse anzuwerben. Erst recht liege unter diesen Umständen kein Miûbrauch staatlicher Autorität dahingehend vor, daû die Wahrnehmung des Angebots
eines privaten Leistungsanbieters im Interesse amtlich vertretener Belange erwünscht sei.
Die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke durch die Gestattung von Werbung privater Unternehmen zur Erzielung von Einnahmen und Entlastung der öffentlichen Haushalte sei wettbewerbsrechtlich zulässig, wenn dabei - wie im Streitfall - der Bereich öffentlicher und privater Tätigkeit deutlich getrennt und der Eindruck vermieden werde, daû eine erwerbswirtschaftliche Betätigung zugleich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben diene. Die mittelbare Nutzung des bei der Beklagten zu 2 vorhandenen Datenmaterials und der erhöhten Aufmerksamkeit, die behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern allgemein entgegengebracht werde , sei danach als unbedenklich anzusehen.
Der Umstand, daû die Werbebeilage der Beklagten zu 1 sich in einem Umschlag befinde, der als Absender die Beklagte zu 2 angebe, führe einen verständigen, durchschnittlich aufmerksamen und informierten Empfänger der Sendung nicht zu der Annahme, daû auch die Werbebeilage selbst von der Beklagten zu 2 stamme; denn nach Inhalt und Aufmachung der Beilage sei klar erkennbar, daû es sich um eine Werbung der Beklagten zu 1 handele.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Zwar hat das Berufungsgericht mit Recht eine amtliche Empfehlung verneint (1.). Auch einen Autoritätsmiûbrauch hat es zutreffend abgelehnt (2.). Das Verhalten der Beklagten ist jedoch deswegen als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig anzusehen, weil in der mittelbaren Nutzung des amtlichen Datenmaterials für kommerzielle Zwecke eine unzulässige Randnutzung einer öffent-
lichen Einrichtung zu sehen ist (3.). Die Revision führt daher zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verurteilung der beiden Beklagten gemäû den Klageanträgen.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû kein Miûbrauch des der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen entgegengebrachten Vertrauens durch Empfehlung der Leistungen der Beklagten zu 1 seitens der Beklagten zu 2 vorliegt.
Das Empfehlen der Leistungen eines privaten Unternehmens durch eine staatliche Stelle verstöût gegen § 1 UWG, wenn dadurch das der öffentlichen Verwaltung entgegengebrachte Vertrauen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung miûbraucht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Empfehlung nicht das Ergebnis einer sachlichen und unparteiischen Wertung ist, sondern von geschäftlichen Interessen bestimmt wird und die Gleichbehandlung von Mitbewerbern beeinträchtigt (vgl. BGHZ 19, 299, 304 ff. - Bad Ems; BGH, Urt. v. 30.10.1963 - Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 213 = WRP 1964, 85 - Landwirtschaftsausstellung; Urt. v. 4.4.1984 - I ZR 9/82, GRUR 1984, 665, 667 = WRP 1984, 399 - Werbung in Schulen; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 53/84, GRUR 1987, 119, 121 f. = WRP 1987, 25 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb II; Urt. v. 24.2.1994 - I ZR 59/92, GRUR 1994, 516, 517 = WRP 1994, 506 - Auskunft über Notdienste).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt jedoch schon deshalb nicht als wettbewerbswidrig anzusehen, weil es nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht den Eindruck einer Empfehlung erweckt. Die Revision rügt ohne Erfolg, es sei
verfahrensfehlerhaft, daû das Berufungsgericht den empfehlenden Charakter der jahrelangen gemeinsamen Versendung von Elternbrief und Elterninfo verneint habe, ohne das von der Klägerin zum Beweis einer abweichenden Verkehrsauffassung beantragte demoskopische Gutachten einzuholen.

a) Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht nicht davon ausgegangen, daû die von ihm festgestellte Verkehrsauffassung wegen Offenkundigkeit im Sinne von § 291 ZPO nicht beweisbedürftig sei. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei für den Empfänger offenkundig, daû es bei den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung von pädagogischen Problemen gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 lediglich das rein kommerzielle Interesse erkennen lasse, Kunden für die Landesbausparkasse anzuwerben. Demnach hat das Berufungsgericht lediglich angenommen , es sei für den Empfänger der Briefsendung offenkundig im sprachlichen Sinne, inwiefern Elternbriefe und Werbebeilagen sich voneinander unterschieden ; dagegen hat es nicht gemeint, es sei im Sinne des § 291 ZPO offenkundig , wie der Empfänger der Briefsendung diese verstehe.

b) Da andere Feststellungsgrundlagen nicht ersichtlich sind, ist davon auszugehen, daû das Berufungsgericht seine Feststellungen - unausgesprochen - aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung getroffen hat. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht sei nicht in der Lage gewesen, die Anschauungen der angesprochenen Personenkreise aufgrund eigener Sachkunde wiederzugeben, weil es nur einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise repräsentiere.
Die Briefsendungen sind an die Eltern in Bremen lebender Kinder bis zum achten Lebensjahr gerichtet. Daû sie von diesen Eltern anders als von anderen Personen verstanden werden könnten, macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Die Briefe sind daher nicht anders zu beurteilen als Schreiben, die sich an die Allgemeinheit wenden. Zur Feststellung der Verkehrsauffassung der Allgemeinheit ist der Tatrichter als Teil dieser Allgemeinheit regelmäûig ohne weiteres in der Lage. Dies bedurfte - anders als die Revision meint - keiner näheren Darlegungen im Berufungsurteil.

c) Entgegen der Ansicht der Revision sind an die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener Sachkunde und Lebenserfahrung nicht deshalb höhere Anforderungen zu stellen, weil das Berufungsgericht den empfehlenden Charakter des Verhaltens der Beklagten verneint hat. Es gelten grundsätzlich keine unterschiedlichen Anforderungen einerseits für die Bejahung und andererseits für die Verneinung einer bestimmten Verkehrsauffassung.
Der Senat hat allerdings in früheren Entscheidungen, in denen zu prüfen war, ob nach der Verkehrsauffassung eine Irreführungsgefahr bestand, ausgesprochen , daû eine Feststellung aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu dem angesprochenen Verkehrskreis eher in Betracht komme, wenn es um die Bejahung einer Irreführungsgefahr gehe, als dann, wenn diese verneint werden solle (BGH, Urt. v. 20.2.1992 - I ZR 32/90, GRUR 1992, 406, 407 = WRP 1992, 469 - Beschädigte Verpakkung I, m.w.N.). Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daû hinsichtlich der Vorstellungen einer Minderheit, auf die es für die Bejahung einer Irreführungsgefahr ankommt, weil dafür die Feststellung ausreicht, daû ein nicht ganz unerheblicher Teil des Verkehrs irregeführt werden kann, verläûli-
che Feststellungen aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung eher getroffen werden können als hinsichtlich der Anschauungen einer Mehrheit, auf die bei der Verneinung der Irreführungsgefahr abzustellen ist; denn diese Verneinung erfordert die Feststellung, daû ein weit überwiegender Teil des Verkehrs nicht irregeführt werden kann.
Diese Erwägung beruhte ihrerseits auf der Annahme, daû die Verkehrsauffassung - insbesondere wenn der angesprochene Verkehr aus einem weitgespannten und vielschichtigen Personenkreis besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.1962 - I ZR 43/61, GRUR 1963, 270, 273 = WRP 1962, 404 - Bärenfang; Urt. v. 7.7.1978 - I ZR 38/77, GRUR 1978, 652, 653 = WRP 1978, 656 - miniPreis ) - uneinheitlich ist, weil sie davon abhängt, wie aufmerksam, informiert und verständig die einzelnen Verbraucher sind. Unter dieser Voraussetzung besagte die Verneinung der Irreführungsgefahr durch den Richter nicht stets, daû auch für eine nicht ganz unerhebliche Minderheit von Verbrauchern keine Irreführungsgefahr bestand.
Der Senat geht in seiner neueren Rechtsprechung jedoch davon aus, daû bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher abzustellen ist (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity PeepShow ; Urt. v. 5.7.2001 - I ZR 104/99, Umdruck S. 10 - Fernflugpreise). Ist aber die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maûgeblich und kommt es demnach nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an, so macht
es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (vgl. Bornkamm, WRP 2000, 830, 832 f., 834).

d) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die Verkehrsauffassung auch deshalb nicht aufgrund eigener Sachkunde ohne Einholung des beantragten demoskopischen Gutachtens feststellen dürfen, weil - was das Berufungsgericht auûer acht gelassen habe - verschiedene gewichtige Indizien dafür sprächen, daû die beteiligten Verkehrskreise in der Beifügung der Werbebeilage der Beklagten zu 1 eine Empfehlung durch die Beklagte zu 2 sähen.
Die Beurteilung, ob die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener richterlicher Sachkunde möglich ist oder eine Beweisaufnahme erfordert, ist tatrichterlicher Natur. Sie ist daher in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und ihre Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, GRUR 1990, 1053, 1054 = WRP 1991, 100 - Versäumte Meinungsumfrage). Eine Beweiserhebung kann danach insbesondere dann geboten sein, wenn Umstände vorliegen, die eine bestimmte Auffassung als bedenklich erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 10.2.1982 - I ZR 65/80, GRUR 1982, 491, 492 = WRP 1982, 409 - Möbel-Haus, m.w.N.). Ein entsprechender Rechtsfehler ist im Berufungsurteil jedoch nicht zu erkennen.
Das Berufungsgericht hat die nach der Ansicht der Revision auûer acht gelassenen Gesichtspunkte durchaus berücksichtigt. Es hat in seine Erwägungen einbezogen, daû die Beklagte zu 2 über viele Jahre hinweg regelmäûig ausschlieûlich Werbematerial der Beklagten zu 1 ohne Hinweis auf die ihr dafür geleistete finanzielle Unterstützung beigefügt hat, und hat sich ferner hinreichend damit auseinandergesetzt, daû zwischen den Elterninfos der Beklagten zu 1 und den Elternbriefen der Beklagten zu 2 in Titel, Stil, Aufmachung, Gestaltung und Inhalt gewisse Übereinstimmungen oder jedenfalls Ähnlichkeiten bestanden.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die beteiligten Verkehrskreise sähen unter Berücksichtigung dieser Umstände in der Beifügung der Werbebeilage der Beklagten zu 1 gleichwohl keine Empfehlung durch die Beklagte zu 2, widerspricht auch nicht der Lebenserfahrung. Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, die über Jahre hinweg erfolgende kommentarlose Beifügung der Werbebeilage erwecke nicht den Eindruck einer Empfehlung, weil für den Empfänger offenkundig sei, daû es bei den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung von pädagogischen Problemen gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 allein das rein kommerzielle Interesse der Kundenwerbung erkennen lasse, ist dies ebensowenig erfahrungswidrig wie seine Annahme, die Beklagte zu 1 habe durch die Bezeichnung "Elterninfo" und die Anrede "Liebe Eltern" keine inhaltliche Beziehung zu den durch die Elternbriefe vermittelten pädagogischen Anliegen hergestellt, sondern lediglich eine persönlich gehaltene Ansprache gewählt, die den Blick auf den kommerziellen Charakter der Werbebeilage nicht verstellt habe (vgl. OLG Köln GRUR 1995, 433, 434 zu einer Fallgestaltung, bei der eine Werbebeilage nicht nur beigefügt, sondern auf sie ausdrücklich Bezug genommen wurde). Angesichts
der rechtsfehlerfrei festgestellten deutlichen Unterschiede zwischen den Elternbriefen und der Werbebeilage brauchte das Berufungsgericht demnach auch mit Blick auf die von der Revision hervorgehobenen Umstände keine Zweifel daran zu hegen, daû die Empfänger der Briefsendung nicht annahmen, die Beklagte zu 2 empfehle die in der Werbebeilage genannten Leistungen der Beklagten zu 1.
2. Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoû einen Autoritätsmiûbrauch im Sinne der bisher ergangenen Rechtsprechung verneint.
Allerdings ist nach den vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen davon auszugehen, daû behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern im allgemeinen eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Da sich die Werbebeilage der Beklagten zu 1 in einem Briefumschlag befindet, dessen Freistempleraufdruck das Amt für Soziale Dienste der Beklagten zu 2 als Absender ausweist, wird ihr demnach besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Entgegen der Ansicht der Revision ist jedoch allein in dem bloûen Erwecken von Aufmerksamkeit kein Miûbrauch amtlicher Autorität zu sehen. Ein solcher Miûbrauch kann zwar anzunehmen sein, wenn eine psychische Zwangslage herbeigeführt oder sonst ein sachwidriger Druck ausgeübt wird, um auf eine bestimmte Entscheidung hinzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.1972 - I ZR 73/71, GRUR 1973, 530, 531 - Crailsheimer Stadtblatt; Urt. v. 3.11.1978 - I ZR 90/77, GRUR 1979, 157, 158 = WRP 1979, 117 - Kindergarten-Malwettbewerb ; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 467). Davon kann aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unter den im Streitfall gegebe-
nen Umständen, nach denen das gemeinsame Versenden von Elternbrief und Elterninfo von den Empfängern der Briefsendungen noch nicht einmal als Empfehlung aufgefaût wird, nicht ausgegangen werden.
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch in der mittelbaren Nutzung des bei der Beklagten zu 2 vorhandenen Datenmaterials und in der erhöhten Aufmerksamkeit, die behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern allgemein entgegengebracht wird, eine unbedenkliche Randnutzung einer öffentlichen Einrichtung gesehen. Die Ausnutzung der amtlich erlangten Informationen über Namen und Adressen aller Eltern von Kindern unter acht Jahren in Bremen unter gleichzeitiger Ausnutzung staatlicher Autorität durch die gemeinsame Versendung von Elternbrief und Elterninfo in Briefumschlägen, die mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehen sind, ist wettbewerbswidrig.
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig ist, wenn die öffentliche Tätigkeit deutlich von der privaten getrennt und der Eindruck vermieden wird, die erwerbswirtschaftliche Betätigung sei noch Teil der hoheitlichen Aufgabenerfüllung (vgl. GroûKomm.UWG/Köhler, § 1 Rdn. E 43; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 472 m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen ist es als zulässig angesehen worden, daû die öffentliche Hand Werbung privater Unternehmen zuläût (H. Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl. 1987, S. 187 f. und 224, m.w.N.) und beispielsweise amtliche Veröffentlichungen durch die entgeltliche Aufnahme privater Werbeanzeigen wirtschaftlich ausnutzt, um die so erzielten Mittel für die Erfüllung öffentli-
cher Aufgaben zu verwenden (BGH, Urt. v. 4.12.1970 - I ZR 96/69, GRUR 1971, 168, 170 = WRP 1971, 219 - Ärztekammer; BGH GRUR 1973, 530, 531 - Crailsheimer Stadtblatt). In gleicher Weise ist auch die Randnutzung amtlich erlangter Informationen oder Beziehungen im Wettbewerb regelmäûig nicht bereits deshalb unlauter, weil die Verwaltung damit von Möglichkeiten Gebrauch macht, über die sie nur aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung verfügt.
Die Unlauterkeit einer Nutzung solcher Mittel kann sich jedoch aus dem Verwendungszweck ergeben. So ist es als unlauter anzusehen, wenn die öffentliche Hand amtlich erlangte Informationen oder Beziehungen dazu ausnutzt , sich oder Dritten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor Mitbewerbern zu verschaffen, denen diese Informationen und Beziehungen nicht ohne weiteres in gleicher Weise zugänglich sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 604 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1071 f.; OLG Köln WRP 1991, 259, 262 f.; H. Schricker aaO S. 204 f., m.w.N.; GroûKomm.UWG/Köhler § 1 Rdn. E 40; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 470). Das Verhalten der Beklagten ist unter diesem Gesichtspunkt allerdings nicht zu beanstanden. Weder hat die Klägerin geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, daû sich die Beklagte zu 2 geweigert hätte, interessierten Mitbewerbern in gleicher Weise wie der Beklagten zu 1 die Nutzung der Daten zu ermöglichen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 2 der Klägerin vielmehr angeboten, sich mit ihr
"zwecks Vereinbarung einer eventuellen wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Form eines Werbeengagements in Verbindung zu setzen", weil ihr "nicht an der einseitigen Bevorzugung eines Kreditinstitutes bzw. einer Bausparkasse gelegen sei".
Als unlauter ist es aber auch zu erachten, wenn amtlich erlangte Informationen dazu verwendet werden, um unter Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. So liegt es im Streitfall. Dadurch , daû das Elterninfo der Beklagten zu 1 zusammen mit dem Elternbrief der Beklagten zu 2 in einem das Amt für Soziale Dienste als Absender ausweisenden Briefumschlag versandt wird, wird der Werbebeilage nach der allgemeinen Lebenserfahrung die durch die amtliche Briefsendung geweckte Erwartung besonderer Seriosität zuteil. Die Empfänger der Briefsendung werden erfahrungsgemäû annehmen, daû eine staatliche Behörde ihren amtlichen Briefen jedenfalls keine Werbung für unseriöse Produkte beifügt. Diese durch die gemeinsame Versendung beider Schreiben bewirkte Anlehnung an die staatliche Autorität mag für sich genommen nicht ohne weiteres zu beanstanden sein. Sie gewinnt im Streitfall aber deshalb den Charakter einer wettbewerbswidrigen Ausnutzung amtlicher Autorität, weil die von den Beklagten mit den Schreiben jeweils verfolgten Interessen - mögen diese auch, wie das Berufungsgericht angenommen hat, klar voneinander unterscheidbar bleiben - dieselbe Zielrichtung haben. Dadurch, daû die Elterninfos der Beklagten zu 1 sich jedenfalls insofern inhaltlich an die Elternbriefe der Beklagten zu 2 anhängen , als sie ebenso wie diese an die Verantwortung der angeschriebenen Eltern für die Zukunft ihrer Kinder appellieren, nutzen sie unter Verwendung amtlichen Datenmaterials die Autorität der Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise für die Absatzwerbung der Beklagten zu 1 aus. In dieser Verknüpfung staatli-
cher Autorität mit einer mittelbaren Nutzung der amtlich erlangten Informationen für kommerzielle Zwecke ist hier eine unlautere Randnutzung einer öffentlichen Einrichtung zu sehen.
4. Für diesen Wettbewerbsverstoû sind beide Beklagte in gleicher Weise verantwortlich. Die Beklagte zu 2 bedient sich der amtlich erlangten Anschriften , um das Elterninfo zusammen mit dem Elternbrief in einem mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehenen Briefumschlag an alle Eltern von Kindern unter acht Jahren in Bremen zu versenden. Die Beklagte zu 1 wirkt hierauf durch den Abschluû der Vereinbarung hin, nach der sie für das Beifügen der Werbebeilage die Portokosten der Beklagen zu 2 übernimmt. Sie macht sich das zu beanstandende Verhalten darüber hinaus für eigene Wettbewerbszwecke zunutze. Für den schuldhaft begangenen Wettbewerbsverstoû haften beide Beklagte der Klägerin daher als Mittäter auf Unterlassung , Auskunftserteilung und Schadensersatz.
5. Die Beklagte zu 2 wendet ohne Erfolg ein, sie handele nicht in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern wolle ausschlieûlich die weitere Versendung der Elternbriefe sicherstellen, die ohne die finanzielle Unterstützung der Beklagten zu 1 wegen fehlender Haushaltsmittel eingestellt werden müûte.
Allerdings besteht bei Kommunalgemeinden, soweit sie - wie im Streitfall - auûerhalb des erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs handeln, anders als bei Gewerbetreibenden und Wirtschaftsverbänden, keine auf entsprechender Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung, daû eine objektiv den Wettbewerb eines anderen fördernde Handlung auch in Wettbewerbsabsicht
erfolgt sei. Handlungen von Gemeindeverwaltungen auûerhalb des erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs verfolgen im allgemeinen nicht das Ziel, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern dienen regelmäûig der Wahrnehmung der diesen im öffentlichen Interesse übertragenen Aufgaben. Das schlieût jedoch das Bestehen einer Wettbewerbsabsicht im Einzelfall nicht aus. Diese kann insbesondere dann gegeben sein, wenn eine Gemeinde an dem wirtschaftlichen Erfolg eines Gewerbetreibenden, dessen Wettbewerb zu fördern ihr Handeln geeignet ist, ein Interesse hat, weil sie davon aufgrund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen profitiert (BGH, Urt. v. 21.9.1989 - I ZR 27/88, GRUR 1990, 463, 464 = WRP 1990, 254 - Firmenrufnummer, m.w.N.). So liegt es im Streitfall.
Die Beklagte zu 1 übernimmt für das Beifügen der Werbebeilage die Portokosten der Beklagten zu 2. Die Förderung des Wettbewerbs der Beklagten zu 1 liegt damit zugleich im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Beklagten zu 2. Der Annahme eines Handelns mit Wettbewerbsförderungsabsicht steht nicht entgegen, daû die Beklagte zu 2 die damit erzielten finanziellen Mittel für die Versendung der Elternbriefe und damit zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe verwendet. Es genügt, wenn die Verfolgung des Wettbewerbszweckes nur das Mittel für die Erreichung des darüber hinaus verfolgten Endzweckes ist, sofern - wie im Streitfall - die Wettbewerbsabsicht nicht völlig hinter dem anderen Beweggrund zurücktritt (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.1990 - I ZR 78/88, GRUR 1990, 611, 613 = WRP 1990, 626 - Werbung im Programm, insoweit nicht in BGHZ 110, 278 abgedruckt; GRUR 1964, 210, 212 - Landwirtschaftsausstellung ; Urt. v. 7.3.1969 - I ZR 116/67, GRUR 1969, 418, 419 f. - Standesbeamte).
6. Die Revisionserwiderung der Beklagten zu 2 macht ohne Erfolg geltend , einer Verfolgung der behaupteten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche stehe jedenfalls der Einwand der Verwirkung entgegen; denn die Klägerin sei, nachdem die Beklagte zu 1 ihre Ansprüche bereits mit Schreiben vom 18. Januar 1995 zurückgewiesen habe, erst mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 an die Beklagten mit der Aufforderung herangetreten, entsprechende Unterlassungs - und Verpflichtungserklärungen abzugeben, und habe so durch ihr fast drei Jahre währendes Zuwarten in zurechenbarer Weise einen Duldungsanschein erweckt. Ansprüche, deren Durchsetzung auch im Allgemeininteresse liegt, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich unverwirkbar (BGH, Urt. v. 14.3.1985 - I ZR 66/83, GRUR 1985, 930, 931 - JUSSteuerberatungsgesellschaft , m.w.N.). Im Streitfall kommt eine Verwirkung demnach schon deshalb nicht in Betracht, weil die Durchsetzung der Ansprüche dem Schutz der Allgemeinheit vor einer Ausnutzung amtlich erlangter Informationen und amtlicher Autorität dient.
III. Der Klage war danach den Klageanträgen entsprechend stattzugeben. Die Klageanträge zu den Ziffern 1 und 2 gehen entgegen dem Vorbringen der Beklagten zu 2 in der mündlichen Revisionsverhandlung nicht zu weit. Aus der Klagebegründung, die zur Auslegung der Klageanträge und des Urteilsausspruchs heranzuziehen ist, ergibt sich zweifelsfrei, daû den Beklagten lediglich untersagt sein soll, zusammen mit den "Elternbriefen" der Beklagten zu 2 Werbematerial, insbesondere "Elterninfos" der Beklagten zu 1 in Briefumschlägen zu versenden, die mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehen sind. Zur Klarstellung war der Urteilsausspruch entsprechend zu fassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 150/01 Verkündet am:
2. Oktober 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Marktführerschaft

a) Die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine bestimmte Werbung
verstehen, kann nicht i.S. von § 291 ZPO offenkundig sein, weil sich die Feststellung
der Verkehrsauffassung auf Erfahrungswissen stützt, § 291 ZPO indessen
nur Tatsachen und nicht Erfahrungssätze betrifft (Aufgabe von BGH,
Urt. v. 29.3.1990 – I ZR 74/88, GRUR 1990, 607 = WRP 1990, 699 – Meister
-Kaffee).

b) Der Richter kann das Verkehrsverständnis ohne sachverständige Hilfe beurteilen
, wenn er aufgrund seines Erfahrungswissens selbst über die erforderliche
Sachkunde verfügt. Dies wird im allgemeinen der Fall sein, wenn er selbst
zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt, ist aber auch denkbar, wenn
er durch die fragliche Werbung nicht angesprochen wird (Klarstellung gegenüber
BGH, Urt. v. 20.2.1992 – I ZR 32/90, GRUR 1992, 406 = WRP 1992, 469
– Beschädigte Verpackung I).

c) Zur Frage der Irreführung einer Werbung mit dem Begriff „Marktführerschaft“
für ein Nachrichtenmagazin, das die Konkurrenz in der Reichweite leicht über-
trifft, die verkaufte Auflage des Konkurrenzblattes jedoch bei weitem nicht erreicht.
BGH, Urt. v. 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Oktober 2003 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck,
Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 29. März 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlegt das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“, die Beklagte das konkurrierende Magazin „FOCUS“.
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29. Juli 1999 veröffentlichte die Beklagte eine ganzseitige Anzeige, in der sie in der oberen Hälfte die Reichweiten von FOCUS und SPIEGEL unter Angabe von Zahlen aus der Media-Analyse (MA) 1999/II in einem Säulendiagramm gegenüberstellte (für „FOCUS 9,1 % – 5,80 Mio“ und für den SPIEGEL „8,9 % – 5,64 Mio“). In der unteren Hälfte heißt es unter der Schlagzeile „MA ’99 II bestätigt die Marktführerschaft von FOCUS“:
Im Lesermarkt der Nachrichtenmagazine behält FOCUS die führende Position und gewinnt 100.000 neue Leser. Das bestätigt die Media-Analyse ’99 Pressemedien II. FOCUS erreicht Woche für Woche durchschnittlich 5,80 Mio. Leser. Für sie ist jeder Montag FOCUS Tag. Bei allen Lesern, Werbungtreibenden und Agenturen, die jeden Montag auf Fakten setzen, möchten wir uns herzlich bedanken.
Die Anzeige ist nachstehend verkleinert wiedergegeben.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat die Werbung als irreführend beanstandet. Die Behauptung einer Marktführerschaft sei unzutreffend; insbesondere habe sich keine Marktführerschaft „bestätigt“. Für die reklamierte Spitzenstellung als Marktführer sei in erster Linie die verkaufte Auflage maßgebend, während sich die tatsächliche Reichweite nur schwer aussagekräftig ermitteln lasse. Bei den Verkaufszahlen sei der SPIEGEL dem FOCUS deutlich überlegen. Die Zahlen aus der Media-Analyse (MA ’99 II) seien zwar zutreffend wiedergegeben, der dabei festgestellte Vorsprung in der Reichweite sei aber weder dauerhaft noch deutlich. Eine andere, ebenfalls anerkannte Analyse komme für denselben Zeitraum zu einem gegenteiligen Ergebnis. Außerdem sei die graphische Darstellung der Reichweiten im Säulendiagramm deutlich zugunsten der Beklagten verzerrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die beanstandeten Angaben als zutreffend verteidigt. Jedem werde anhand des Fließtextes klar, daß es allein um die Darstellung der aktuellen „Media-Analyse“-Zahlen gehe, die nur etwas über die Reichweite aussagten und nichts mit der verkauften Auflage zu tun hätten. Der ausgewiesene Vorsprung lasse eine klare Aussage zu, da die MediaAnalyse der allgemein anerkannte Maßstab für die Reichweite, also für den Lesermarkt , sei. In der Branche werde von Marktführerschaft bereits dann gesprochen , wenn ein Medium nach dem entsprechenden Kriterium die Wettbewerber in dem fraglichen Zeitraum übertroffen habe. Die Anzeige werde daher vom Verkehr zutreffend so verstanden, daß FOCUS gegenüber dem SPIEGEL im Lesermarkt einen Vorsprung aufweise und deswegen im Markt der Nachrichtenmagazine führend sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg ZUM-RD 2001, 557 = OLG-Rep 2001, 435).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageab- weisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsantrag der Klägerin aus § 3 UWG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Senat sei in der Lage, die erforderlichen Feststellungen zur Verkehrsauffassung selbst zu treffen, weil sich die Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an die breite Öffentlichkeit und damit auch an die Senatsmitglieder als (potentielle) FOCUS-Leser richte. Die beanstandete Anzeige sei irreführend, weil erhebliche Teile des angesprochenen Publikums ihr eine Aussage entnähmen, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspreche. Die blickfangmäßig herausgestellte Schlagzeile „MA ’99 II bestätigt die Marktführerschaft von FOCUS“ bedeute nach normalem Sprachverständnis, daß FOCUS bereits Marktführer gewesen sei und die Ergebnisse der Media-Analyse 1999/II diese Stellung bestätigt hätten. Bezeichne sich ein Magazin als Marktführer, werde das naheliegend und sprachüblich so verstanden, daß dieses Magazin in den für eine Marktführung maßgeblichen Punkten die übrige Konkurrenz übertreffe. Der umfassende Begriff des Marktführers signalisiere eine hervorgehobene, ganz besondere Marktstellung. Hierzu zähle in erster Linie die Stellung des Magazins nach seinen Verkaufszahlen.
Der Leser der Anzeige habe keine Veranlassung, die behauptete Marktführerschaft von FOCUS allein auf die in der Media-Analyse 1999/II festgehaltenen Er-
gebnisse zu beziehen. Selbst Leser, denen bekannt sei, daß sich die fraglichen Zahlen der Media-Analyse nur auf Reichweiten, also darauf bezögen, wie viele Leser eine Ausgabe des fraglichen Magazins durchschnittlich erreiche, verstünden die Schlagzeile so, daß die Marktführerschaft von FOCUS auch durch die Reichweite bestätigt werde. Zwar sei dem Säulendiagramm sowie dem Fließtext zu entnehmen , daß die dort gemachten Angaben die Reichweite bzw. den Lesermarkt beträfen. Dies schließe aber das Verständnis keineswegs aus, daß sich die Marktführerschaft nicht nur auf die Verkaufszahlen, sondern auch auf die Reichweite beziehe. Insofern sei die beanstandete Anzeige unrichtig. FOCUS sei bei den Verkaufszahlen nicht Marktführer, sondern liege – was unstreitig sei – deutlich hinter dem SPIEGEL. Soweit die Klägerin auch das einen deutlichen Vorsprung signalisierende Säulendiagramm beanstande, sei ihr dagegen nicht zu folgen. Der verständige und aufmerksame Betrachter erkenne unschwer, daß das Verhältnis der beiden Säulen zugunsten von FOCUS übersteigert dargestellt sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine irreführende Werbung nach § 3 UWG zu Recht bejaht. Die Feststellung der Verkehrsauffassung, die Aufgabe des Tatrichters ist und in der Revisionsinstanz daher nur eingeschränkt überprüft werden kann, läßt keinen Rechts- oder Verfahrensfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend und von der Revision unbeanstandet auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Lesers abgestellt. Zwar handelt es sich bei der Reichweite einer Publikation – also bei der von der Zahl der Käufer zu unterscheidenden Zahl der Leser – um eine Information, die vor allem potentielle Inserenten interessiert. Auch die als Blickfang eingesetzte, lediglich im Fließtext als Quelle etwas näher erläuterte Angabe „MA ’99/II“ mag zunächst den Eindruck erwecken, als richte sich die
Anzeige vor allem an ein Fachpublikum, dem sich die Bedeutung dieser Abkürzung ohne weiteres erschließe. Die Plazierung der Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung macht jedoch deutlich, daß sie sich nicht lediglich an potentielle Inserenten, sondern auch an die allgemeine Leserschaft richtet. Dies wird – worauf das Berufungsgericht zutreffend abgestellt hat – nicht zuletzt durch den Text unterstrichen, in dem „Leser, Werbungtreibende und Agenturen“ ausdrücklich angesprochen werden.
Der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers ist indessen nicht stets der gleiche, sondern hängt vom Gegenstand der Betrachtung ab. Maßgeblich ist daher das Verständnis eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2003 – I ZR 212/00, GRUR 2003, 626 = WRP 2003, 742 – Umgekehrte Versteigerung II; Urt. v. 24.10.2002 – I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 – Sparvorwahl, m.w.N.). Bei einer Zeitungsanzeige, die die Leser im allgemeinen eher beiläufig zur Kenntnis nehmen, kann daher eine Irreführung auch dann anzunehmen sein, wenn nach vollständiger Lektüre des gesamten – auch des kleiner gedruckten – Textes und nach einigem Nachdenken eine Fehlvorstellung vermieden werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 716 = WRP 2002, 977 – Scanner-Werbung).
2. Entgegen der Auffassung der Revision liegt kein Verfahrensfehler darin, daß das Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde beurteilt hat, wie die angesprochenen Leser die beanstandete Anzeige verstehen.

a) Die Revision bringt ohne Erfolg vor, es sei dem Berufungsgericht verwehrt gewesen, ein die Irreführung begründendes Verkehrsverständnis als gerichtskundig zugrunde zu legen, nachdem die Beklagte ein abweichendes Verständnis unter Beweisantritt vorgetragen habe. Zwar bedürften gerichtskundige
Tatsachen nach § 291 ZPO keines Beweises; der Gegenbeweis werde aber dadurch nicht ausgeschlossen.
Dem kann nicht beigetreten werden. Allerdings trifft es zu, daß offenkundige Tatsachen dem Gegenbeweis zugänglich sind. Eine offenkundige Tatsache ist nicht anders zu behandeln als eine Tatsache, für die bereits ein Beweis erbracht ist und die daher keines (weiteren) Beweises bedarf; in dem einen wie in dem anderen Fall kann die Überzeugung, die sich aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme bzw. aufgrund der (vermeintlichen) Offenkundigkeit gebildet hat, durch einen Gegenbeweis erschüttert werden (vgl. Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 291 Rdn. 7; Prütting in MünchKomm.ZPO, 2. Aufl., § 291 Rdn. 19; Musielak/Huber , ZPO, 3. Aufl., § 291 Rdn. 3; Bornkamm, WRP 2000, 830, 833; a.A. Pantle, MDR 1993, 1166 ff.; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 291 Rdn. 4).
Entgegen der Annahme der Revision kann jedoch die Verkehrsauffassung nicht i.S. von § 291 ZPO offenkundig sein. Die Vorschrift des § 291 ZPO betrifft nur Tatsachen, nicht dagegen Erfahrungssätze (vgl. Prütting in MünchKomm.ZPO aaO § 291 Rdn. 3; Musielak/Huber aaO § 291 Rdn. 1; Lindacher, BB 1991, 1524). Die Feststellung der Verkehrsauffassung stützt sich jedoch auf Erfahrungswissen, das nicht durch Zeugenbeweis, sondern gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.3.1993 – IX ZR 198/92, NJW 1993, 1796, 1797), wobei sich der Sachverständige das erforderliche Fachwissen durch eine Meinungsumfrage verschafft (vgl. Zöller/Greger aaO § 286 Rdn. 11). Ermittelt der Richter das Verständnis des Verkehrs ohne sachverständige Hilfe, dann tut er dies nicht, weil die Verkehrsauffassung offenkundig wäre und deswegen keines Beweises bedürfte, sondern weil er davon ausgeht, aufgrund eigenen Erfahrungswissens selbst über die erforderliche Sachkunde zu verfügen. Ob diese Beurteilung zutrifft, bestimmt sich grundsätzlich nach den Regeln, die auch sonst bei Beantwortung der Frage gelten, ob ein Gericht auf die Einholung eines Sachver-
ständigengutachtens verzichten und statt dessen aufgrund eigener Sachkunde entscheiden kann (vgl. Lindacher, BB 1991, 1524; ders. in Großkomm.UWG, § 3 Rdn. 997; Bähr in Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 32 Rdn. 13; Bornkamm, WRP 2000, 830, 834). Soweit den Senatsentscheidungen „Meister-Kaffee“ (Urt. v. 29.3.1990 – I ZR 74/88, GRUR 1990, 607, 608 = WRP 1990, 699) und „Beschädigte Verpackung I“ (Urt. v. 20.2.1992 – I ZR 32/90, GRUR 1992, 406, 407 = WRP 1992, 469; vgl. auch BGH, Urt. v. 1.4.1993 – I ZR 136/91, GRUR 1993, 677, 678 = WRP 1993, 480 – Bedingte Unterwerfung) eine andere Auffassung entnommen werden kann, wird an ihr nicht festgehalten.

b) Hat das Berufungsgericht das Verständnis des Verkehrs ohne Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe beurteilt, obwohl es selbst nicht hinreichend sachkundig ist, oder hat es eine mögliche, aber keineswegs selbstverständliche eigene Sachkunde nicht dargelegt, handelt es sich um einen Verfahrensfehler nach § 286 ZPO, der im Revisionsverfahren uneingeschränkt gerügt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.2000 – VI ZR 158/99, NJW 2000, 1946, 1947; ferner BGH, Urt. v. 19.1.1995 – I ZR 197/92, GRUR 1995, 354, 357 = WRP 1995, 398 – Rügenwalder Teewurst II, m.w.N.). Im Streitfall liegt ein solcher Verfahrensfehler nicht vor.
Gehören die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen , bedarf es im allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln (vgl. BGHZ 53, 339, 341 – Euro-Spirituosen; Lindacher in Großkomm.UWG , § 3 Rdn. 988 ff. m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, ob das Gericht im konkreten Fall eine Irreführung aufgrund eigener Sachkunde bejahen oder verneinen möchte (BGH, Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 – Elternbriefe). Dagegen ist – unabhängig davon, ob ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO) – die Einho-
lung eines Sachverständigengutachtens oder ein anderer Weg zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses (näher dazu BGH, Urt. v. 16.1.1997 – I ZR 225/94, GRUR 1997, 669, 670 = WRP 1997, 731 – Euromint) häufig dann geboten, wenn keiner der erkennenden Richter durch die fragliche Werbung angesprochen wird (vgl. BGH GRUR 1995, 354, 357 – Rügenwalder Teewurst II). Es läßt sich jedoch kein Rechtssatz des Inhalts aufstellen, daß eine beantragte Beweiserhebung stets geboten ist, wenn die Richter von der in Rede stehenden Werbung selbst nicht angesprochen werden. Denn zuweilen läßt sich die Frage der Irreführung – beispielsweise der Irreführung über den geforderten Preis eines Konsumartikels – auch von demjenigen beurteilen, der den in Rede stehenden Artikel im allgemeinen nicht nachfragt. In anderen Fällen ist nicht ersichtlich, daß die Fachkreise für die Beurteilung einer Werbeangabe über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügen (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2001 – I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 79 = WRP 2002, 85 – Rechenzentrum). Schließlich können sich Gerichte, die ständig mit Wettbewerbssachen befaßt sind, aufgrund ihrer besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben haben, um eigenständig beurteilen zu können, wie Fachkreise eine bestimmte Werbeaussage verstehen.
3. Auch in der Sache begegnet die Beurteilung der Verkehrsauffassung durch das Berufungsgericht keinen rechtlichen Bedenken. Sie erweist sich insbesondere nicht als erfahrungswidrig.
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Annahme des Berufungsgerichts naheliegend, nicht nur der durchschnittliche Zeitungsleser, sondern auch der potentielle Inserent beziehe den in der beanstandeten Anzeige verwendeten Begriff der Marktführerschaft in erster Linie oder doch zumindest auch auf die verkaufte Auflage und werde von diesem Verständnis weder durch den für den Durchschnittsleser zunächst unverständlichen Hinweis „MA ’99/II“ noch durch den als Überschrift des Säulendiagramms verwendeten Begriff der Reichweite noch durch
die Erwähnung des Lesermarktes und der „Media-Analyse ’99“ im Fließtext abgebracht. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts wird durch den Text der Anzeige gestützt, in der es heißt, „die Marktführerschaft von FOCUS“ sei „bestätigt“ worden, was – wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt – selbst von demjenigen, der bei dem Erfolg eines Magazins zwischen verkaufter Auflage und Reichweite unterscheidet und erkennt, daß die in der Anzeige herausgestellten Leistungsmerkmale nicht die verkaufte Auflage, sondern den Lesermarkt betreffen, zwanglos so verstanden wird, daß FOCUS nunmehr auch hinsichtlich der Reichweite die Marktführerschaft übernommen habe.
Im übrigen hängt der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht von einer Irreführung der Fachkreise ab. Vielmehr reicht es aus, daß durch die beanstandete Anzeige die ebenfalls angesprochene allgemeine Leserschaft irregeführt wird. Der durchschnittliche Zeitungsleser wird sich aber häufig nicht darüber im klaren sein, daß der Erfolg eines Nachrichtenmagazins noch auf andere Weise als in der verkauften Auflage gemessen werden kann und wird daher noch stärker als der potentielle Inserent mit dem Begriff der Marktführerschaft den die Wertschätzung der Leser ausdrückenden Verkaufserfolg verbinden. Selbst wenn er die beiden Erfolgsparameter unterscheidet, wird er sich nicht darüber im klaren sein, daß die Reichweite und die Höhe der Auflage von zwei Nachrichtenmagazinen derart deutlich auseinanderfallen können wie im Streitfall, in dem FOCUS zwar ausweislich der zitierten Marktanalyse im fraglichen Zeitraum etwas mehr Leser erreicht hat als der SPIEGEL, im Verkaufserfolg aber mit etwa drei Vierteln der verkauften Auflage des SPIEGEL deutlich zurücklag.
III. Danach ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Das Gericht kann die Ladung des Zeugen davon abhängig machen, dass der Beweisführer einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Auslagen zahlt, die der Staatskasse durch die Vernehmung des Zeugen erwachsen. Wird der Vorschuss nicht innerhalb der bestimmten Frist gezahlt, so unterbleibt die Ladung, wenn die Zahlung nicht so zeitig nachgeholt wird, dass die Vernehmung durchgeführt werden kann, ohne dass dadurch nach der freien Überzeugung des Gerichts das Verfahren verzögert wird.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

Das Gericht kann die Ladung des Zeugen davon abhängig machen, dass der Beweisführer einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Auslagen zahlt, die der Staatskasse durch die Vernehmung des Zeugen erwachsen. Wird der Vorschuss nicht innerhalb der bestimmten Frist gezahlt, so unterbleibt die Ladung, wenn die Zahlung nicht so zeitig nachgeholt wird, dass die Vernehmung durchgeführt werden kann, ohne dass dadurch nach der freien Überzeugung des Gerichts das Verfahren verzögert wird.

(1) Wird die Vornahme einer Handlung, mit der Auslagen verbunden sind, beantragt, hat derjenige, der die Handlung beantragt hat, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen. Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorherigen Zahlung abhängig machen.

(2) Die Herstellung und Überlassung von Dokumenten auf Antrag sowie die Versendung von Akten können von der vorherigen Zahlung eines die Auslagen deckenden Vorschusses abhängig gemacht werden.

(3) Bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, kann ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen erhoben werden.

(4) Absatz 1 gilt nicht in Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, für die Anordnung einer Haft und in Strafsachen nur für den Privatkläger, den Widerkläger sowie für den Nebenkläger, der Berufung oder Revision eingelegt hat. Absatz 2 gilt nicht in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, wenn der Beschuldigte oder sein Beistand Antragsteller ist. Absatz 3 gilt nicht in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sowie in Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan (§ 306 der Insolvenzordnung).

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wird die Vornahme einer Handlung, mit der Auslagen verbunden sind, beantragt, hat derjenige, der die Handlung beantragt hat, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen. Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorherigen Zahlung abhängig machen.

(2) Die Herstellung und Überlassung von Dokumenten auf Antrag sowie die Versendung von Akten können von der vorherigen Zahlung eines die Auslagen deckenden Vorschusses abhängig gemacht werden.

(3) Bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, kann ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen erhoben werden.

(4) Absatz 1 gilt nicht in Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, für die Anordnung einer Haft und in Strafsachen nur für den Privatkläger, den Widerkläger sowie für den Nebenkläger, der Berufung oder Revision eingelegt hat. Absatz 2 gilt nicht in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, wenn der Beschuldigte oder sein Beistand Antragsteller ist. Absatz 3 gilt nicht in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sowie in Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan (§ 306 der Insolvenzordnung).

Die Versäumung einer Prozesshandlung hat zur allgemeinen Folge, dass die Partei mit der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen wird.

(1) Wird die Vornahme einer Handlung, mit der Auslagen verbunden sind, beantragt, hat derjenige, der die Handlung beantragt hat, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen. Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorherigen Zahlung abhängig machen.

(2) Die Herstellung und Überlassung von Dokumenten auf Antrag sowie die Versendung von Akten können von der vorherigen Zahlung eines die Auslagen deckenden Vorschusses abhängig gemacht werden.

(3) Bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, kann ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen erhoben werden.

(4) Absatz 1 gilt nicht in Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, für die Anordnung einer Haft und in Strafsachen nur für den Privatkläger, den Widerkläger sowie für den Nebenkläger, der Berufung oder Revision eingelegt hat. Absatz 2 gilt nicht in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, wenn der Beschuldigte oder sein Beistand Antragsteller ist. Absatz 3 gilt nicht in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sowie in Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan (§ 306 der Insolvenzordnung).

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.