Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 17/05

bei uns veröffentlicht am22.04.2010
vorgehend
Landgericht Köln, 84 O 46/03, 18.03.2004
Oberlandesgericht Köln, 6 U 83/04, 10.12.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 17/05 Verkündet am:
22. April 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Pralinenform II

a) Stellt ein Unternehmen ein Erzeugnis im Inland auf einer Messe aus, liegt
eine Benutzung der Produktform im geschäftlichen Verkehr im Inland zu
Werbezwecken vor, ohne dass es darauf ankommt, ob das Produkt in verpacktem
oder unverpacktem Zustand ausgestellt wird.

b) Durch ein solches Ausstellen im Inland wird noch keine Vermutung für ein
Anbieten oder Inverkehrbringen dieses Produktes im Inland begründet.
BGH, Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 17/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Dezember 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt eine Praline in Kugelform, die mit Nusssplittern und brauner Schokolade umhüllt ist. Die Praline verkauft die Klägerin in Goldfolie verpackt und in eine gold-braune Napfmanschette eingesetzt. Auf der Verpackungsfolie findet sich ein Aufkleber mit der Bezeichnung "Rocher". Mit dem Produkt erzielt die Klägerin seit 1996/97 Umsätze von mehr als 50 Mio. € im Jahr.
2
Die Klägerin ist Inhaberin der nachfolgend abgebildeten farbigen (hellund dunkelbraun) dreidimensionalen Marke Nr. 397 35 468:
3
Die Marke ist mit Priorität vom 26. Juli 1997 aufgrund Verkehrsdurchsetzung für die Ware Pralinen eingetragen. Ein von der Beklagten gegen die Marke eingeleitetes Löschungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Der Senat hat die Beschwerdeentscheidung des Bundespatentgerichts aufgehoben, mit der die Löschung der Marke angeordnet worden war (BGH, Beschl. v. 9.7.2009 - I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 = WRP 2010, 260 - ROCHER-Kugel).
4
Die Beklagte stellte auf der Süßwarenmesse 2002 in Köln die im Klageantrag abgebildete Praline " K. T. " aus. Diese ist im oberen Teil gerundet und hat eine glatte Standfläche. Die Praline ist außen von Nusssplittern und einer Schokoladenschicht überzogen. Die Folienverpackung der Praline ist in der Grundfarbe Rot sowie in einem Goldton im oberen Bereich gehalten und mit der Bezeichnung " K. T. " gekennzeichnet. Im Rahmen ihres Internetauftritts in türkischer Sprache zeigte die Beklagte eine Abbildung der unverpackten Praline.
5
Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung ihres Markenrechts in Anspruch genommen und - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen,
a) es zu unterlassen, Haselnuss-Pralinen " K. T. " wie nächstehend wiedergegeben anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in Verkehr zu bringen:
b) der Klägerin Auskunft zu erteilen, aa) welche Stück- und Betragsumsätze sie mit dem von Ziffer 1 a) erfassten Produkt in Deutschland getätigt und bb) welche Werbemaßnahmen einschließlich ihrer Auftritte im Internet sie in Deutschland für dieses Produkt getätigt hat; 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, den diese durch die in Ziffer 1 a) aufgeführten Verletzungshandlungen erlitten hat; 3. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehend unter 1 a) beantragte Verbot ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten anzudrohen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, ihre Pralinen würden ausschließlich in der Folienverpackung angeboten und in Verkehr gebracht. Durch die von der Kugelform abweichende Ausführung ihrer Pralinen und die unterschiedliche Verpackung werde eine Verwechslungsgefahr mit der Klagemarke ausgeschlossen.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte im Wesentlichen nach den vorstehend wiedergegebenen Klageanträgen verurteilt. Es hat lediglich die Verurtei- lung zur Auskunftserteilung und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung auf den Zeitraum seit Januar 2003 beschränkt.
8
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der Senat hat das vorliegende Verfahren im Anschluss an die Löschungsanordnung des Bundespatentgerichts ausgesetzt. Nach Aufhebung der Entscheidung, mit der das Bundespatentgericht die Löschung der Klagemarke angeordnet hatte, hat der Senat die Fortsetzung der Verhandlung angeordnet.

Entscheidungsgründe:


9
A. Das Berufungsgericht hat die Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 und 6 MarkenG, § 242 BGB bejaht und zur Begründung ausgeführt:
10
Die Beklagte verwende die beanstandete Pralinenform im geschäftlichen Verkehr, auch wenn die Praline in einer undurchsichtigen Verpackung vertrieben werde. Die Beklagte habe die Praline im Rahmen ihres Internetauftritts unverpackt abgebildet. Den Verbrauchern, die die Praline der Beklagten schon einmal verzehrt hätten, sei die Pralinenform bei dem späteren Erwerb bekannt.
11
Die Beklagte verwende die Pralinenform markenmäßig. Dem Durchschnittsverbraucher stelle sich die äußere Gestaltung der Praline der Beklagten als Kugelform dar. Die Abweichungen von der Kugelform riefen nur den Eindruck hervor, der Versuch, eine runde Form zu erreichen, sei nicht bei allen Exemplaren gelungen. Aufgrund der erheblichen Verkehrsbekanntheit der Mar- ke der Klägerin verbinde der Verkehr mit der äußeren Form der unverpackten Praline der Beklagten Herkunftsvorstellungen.
12
Die Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG seien ebenfalls gegeben. Die als verkehrsdurchgesetzt eingetragene Marke verfüge über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Bei bestehender Warenidentität, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und normaler Zeichenähnlichkeit sei von einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszugehen. Die Annexansprüche seien ebenfalls gegeben. Die Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Die Ansprüche seien allerdings auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verletzungshandlung zu beschränken.
13
B. Die gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit dieses zu Lasten der Beklagten entschieden hat.
14
I. Die Revision ist zulässig.
15
Das Berufungsgericht hat die Revision jedenfalls zugunsten der Beklagten zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (BGH, Urt. v. 16.9.2009 - VIII ZR 243/08, NJW 2010, 148 Tz. 11). Dies muss jedoch zweifelsfrei geschehen. Die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht grundsätzlich nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung der Revision auszugehen (BGH, Urt. v. 18.12.2008 - I ZR 63/06, GRUR 2009, 515 Tz. 17 = WRP 2009, 445 - Motorradreiniger; Urt. v. 18.3.2010 - I ZR 158/07, GRUR 2010, 536 Tz. 17 = WRP 2010, 750 - Modulgerüst II).
16
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich aus den Gründen des Berufungsurteils keine Beschränkung der Zulassung der Revision zu Lasten der Beklagten. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage des Schutzes einer Marke, die aus der Form einer unverpackten Praline bestehe, gegen eine undurchsichtig verpackte Praline, bei der im verpackten Zustand die Ähnlichkeit mit der Marke nicht erkennbar sei, noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen sei. Die Zulassungsfrage betrifft - jedenfalls auch - die vom Berufungsgericht zuerkannten markenrechtlichen Ansprüche der Klägerin, gegen die die Revision der Beklagten gerichtet ist.
17
II. Die Revision ist auch begründet.
18
1. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG nicht bejaht werden.
19
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es als Verletzungsgericht an die Eintragung der Klagemarke gebunden ist. Die Marke steht nach wie vor in Kraft. Das gegen die Marke eingeleitete Löschungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Solange die Löschungsanordnung nicht rechtskräftig ist, besteht die Schutzrechtslage und damit die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke unverändert fort (BGH, Urt. v. 5.6.2008 - I ZR 169/05, GRUR 2008, 798 Tz. 14 = WRP 2008, 1202 - POST I).
20
b) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte die angegriffene Form der unverpackten Praline im geschäftlichen Verkehr in der Werbung benutzt hat. Ein Zeichen wird im geschäftlichen Verkehr benutzt, wenn die Verwendung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten gewerblichen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt (vgl. EuGH, Urt. v. 23.3.2010 - C-236-238/08, GRUR 2010, 445 Tz. 50 - Google/Vuitton; BGH, Urt. v. 4.12.2008 - I ZR 3/06, GRUR 2009, 871 Tz. 23 = WRP 2009, 967 - Ohrclips). Davon ist vorliegend schon deshalb auszugehen , weil die Beklagte ihre Praline auf einer Süßwarenmesse in Köln ausgestellt und die beanstandete Produktform damit im Inland im Rahmen ihrer kommerziellen Tätigkeit benutzt hat. Die Beklagte hat dadurch die beanstandete Praline im Inland beworben. Auf die Frage, ob die Beklagte die Praline auf dieser Messe in verpacktem oder unverpacktem Zustand ausgestellt hat, kommt es nicht an. Auch wenn die Beklagte die Praline in verpacktem Zustand dargeboten hat, ist damit auch die in der Verpackung enthaltene Praline Gegenstand der Werbung geworden. Ob darüber hinaus - wie das Berufungsgericht angenommen und die Revision als rechtsfehlerhaft beanstandet hat - auch der Internetauftritt der Beklagten in türkischer Sprache unter einer türkischen Top-Level-Domain ein Handeln im geschäftlichen Verkehr im Inland begründet, kann danach offenbleiben.
21
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht der Beklagten verboten hat, die Pralinen " K. T. " anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
22
aa) Ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch scheidet aus, weil das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen dazu getroffen hat, dass die Beklagte die beanstandeten Pralinen im Inland angeboten oder in Verkehr gebracht hat. Zwar ist das Anbieten i.S. des § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG in einem wirtschaftlichen Sinn zu verstehen; Werbemaßnahmen, bei denen zum Erwerb der beworbenen Produkte aufgefordert wird, können die Anforderungen an das Anbieten erfüllen (vgl. zu § 17 Abs. 1 UrhG BGHZ 171, 151 Tz. 27 - Wagenfeld-Leuchte; zu § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht , § 14 MarkenG Rdn. 468). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt , dass die Beklagte auf der Süßwarenmesse in Köln oder im Rahmen ihres Internetauftritts zum Erwerb der Pralinen im Inland aufgefordert hat. Auch ein Inverkehrbringen der Pralinen im Inland hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
23
bb) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch kommt auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht in Betracht. Dieser setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Tz. 17 = WRP 2008, 1353 - Metrosex; Urt. v. 29.10.2009 - I ZR 180/07 Tz. 25 - Stumme Verkäufer II). Davon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, die Beklagte werde in naher Zukunft die beanstandeten Pralinen im Inland anbieten oder in Verkehr bringen. Das Berufungsurteil kann daher hinsichtlich des Verbots des Anbietens und des Inverkehrbringens nicht aufrechterhalten werden. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren die erforderlichen Feststellungen dazu zu treffen ha- ben, ob eine Begehungsgefahr für ein Anbieten oder Inverkehrbringen im Inland vorliegt.
24
d) Die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung kann - ungeachtet der bislang fehlenden Feststellungen zu einer Begehungsgefahr für ein Anbieten und Inverkehrbringen der Pralinen im Inland - hinsichtlich sämtlicher beanstandeten Verhaltensweisen (Anbieten, Bewerben, Inverkehrbringen) nicht aufrechterhalten werden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Form der " K. T. "-Praline markenmäßig verwandt, ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
25
aa) Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung markenmäßig verwendet wird. Eine markenmäßige Benutzung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 51 ff. - Arsenal Football Club; BGH, Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 123/05, GRUR 2008, 793 Tz. 16 = WRP 2008, 1196 - Rillenkoffer). Die Rechte aus der Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, dessen Anwendung das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr voraussetzt, sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (zu Art. 5 Abs. 1 lit. b MarkenRL EuGH, Urt. v. 12.6.2008 - C-533/06, Slg. 2008, I-4231 = GRUR 2008, 698 Tz. 57 - O2/Hutchison; Urt. v. 18.6.2009 - C-487/07, GRUR 2009, 756 Tz. 59 = WRP 2009, 930 - L'Oréal/ Bellure; zu § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGHZ 171, 89 Tz. 22 - Pralinenform I; BGH, Urt. v. 5.2.2009 - I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Tz. 60 = WRP 2009, 616 - METROBUS).
26
bb) Die Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 415 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck ). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte verwende die beanstandete Pralinenform markenmäßig, hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand.
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(1) Das Berufungsgericht hat bei der Annahme, die beanstandete Pralinenform werde markenmäßig benutzt, auch darauf abgestellt, dass die Klagemarke eingetragen ist. Es hat daraus gefolgert, damit stehe für das Verletzungsverfahren bindend fest, dass die besondere äußere Form der unverpackten Praline Herkunftsfunktion aufweise. Dem kann nicht beigetreten werden.
28
Nach der Senatsrechtsprechung folgt aus der Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Klagemarke nicht, dass eine mit der geschützten Klagemarke identische Bezeichnung oder Gestaltung in der konkreten Verletzungsform vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck; Bergmann, GRUR 2006, 793, 796). Wie der Senat in einem mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall entschieden hat, in dem die Klägerin aus derselben Marke gegen eine Pralinenform vorgegangen ist, kann aus der Eintragung der Klagemarke nicht auf eine Funktion der beanstandeten Form als Herkunftshinweis geschlossen werden (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 24 - Pralinenform I).
29
(2) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die beanstandete Pralinenform herkunftshinweisend und damit markenmäßig be- nutzt sein kann, obwohl sie für den Verkehr nicht bereits im Zeitpunkt der Kaufentscheidung wahrnehmbar ist. Die Marke entfaltet ihre Herkunftsfunktion auch gegenüber denen, die das gekennzeichnete Produkt bestimmungsgemäß verwenden. Das aus der Eintragung folgende Markenrecht kann deshalb auch gegen verwechslungsfähige Zeichen, die erst im Stadium des Verbrauchs der Ware wahrgenommen werden, zu schützen sein (vgl. EuGH, Urt. v. 12.1.2006 - C-361/04 P, Slg. 2006, I-643 = GRUR 2006, 237 Tz. 46 - PICASSO/PICARO; Urt. v. 22.6.2006 - C-24/05 P, Slg. 2006, I-5677 = GRUR Int. 2006, 842 Tz. 71 - Storck/HABM; BGHZ 164, 139, 147 f. - Dentale Abformmasse; 171, 89 Tz. 25 - Pralinenform I).
30
(3) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung, ob die Beklagte die angegriffene Pralinenform markenmäßig benutzt, zutreffend auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers abgestellt. Es hat jedoch nicht berücksichtigt , dass der Verkehr nach der Lebenserfahrung die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht. Auch eine besondere Gestaltung der Ware selbst wird danach eher diesem Umstand zugeschrieben werden als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (vgl. BGHZ 153, 131, 140 - Abschlussstück; 171, 89 Tz. 26 - Pralinenform I).
31
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass im Warenbereich der Pralinen Abweichendes gilt, insbesondere dass sich in diesem Bereich eine dem Verkehr bekannte Gewohnheit entwickelt hat, die Form der Waren herkunftshinweisend zu gestalten (vgl. BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck; GRUR 2010, 138 Tz. 26 f. - ROCHER-Kugel). Es hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Form der von der Beklagten vertriebenen Praline in irgendeiner Weise erheblich vom Branchenüblichen abweicht und ihr aus diesem Grund eine herkunftshinweisende Funktion beigemessen werden kann (vgl. EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 25 f. - Storck/HABM).
32
Bei der Beurteilung, ob die Beklagte die beanstandete Pralinenform markenmäßig benutzt, sind zudem die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Verbraucher diese Form wahrnehmen. Die Beklagte bietet ihre Praline nur in verpackter Form unter eigenem Kennzeichen zum Verkauf an. Der Verbraucher hat deshalb in aller Regel nur in der kurzen Zeit zwischen Auspacken und Verzehr der Praline Gelegenheit, die Pralinenform als solche wahrzunehmen. Unter solchen Umständen liegt es im Allgemeinen nicht nahe anzunehmen, dass der Verbraucher allein der Erscheinungsform der Ware - unabhängig von deren Verpackung, Bezeichnung und Bewerbung - einen Herkunftshinweis entnimmt (vgl. BGHZ 164, 139, 148 - Dentale Abformmasse; 171, 89 Tz. 29 - Pralinenform I).
33
(4) Bei seiner Beurteilung, ob die Beklagte die beanstandete Pralinenform markenmäßig benutzt, hat das Berufungsgericht allerdings zutreffend geprüft , welche Kennzeichnungskraft die Klagemarke erreicht hat. Denn der Grad der Kennzeichnungskraft einer dreidimensionalen Marke hat Auswirkungen darauf , ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis entnimmt, wenn er ihr als Form einer Ware begegnet (vgl. dazu auch BGHZ 156, 126, 137 f. - Farbmarkenverletzung I; BGH, Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 f. = WRP 2005, 616 - Lila-Schokolade). Ungeachtet der Bedenken, die gegen die Fragestellung der von der Klägerin vorgelegten GfK-Umfrage bestehen könnten (vgl. dazu die Entscheidungen BGHZ 171, 89 Tz. 37 - Pralinenform I und BGH GRUR 2010, 138 Tz. 49 ff. - ROCHER-Kugel, in denen es um dieselbe GfK-Umfrage geht), kann deren Ergebnis ein wesentlicher Hinweis auf die Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu entnehmen sein. Dies gilt umso mehr, als sich die Umfrage gerade auf die Benutzung der als Marke geschützten Form als Warenform bezogen hat.
34
In diesem Zusammenhang wendet sich die Revisionserwiderung zu Recht dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die Kennzeichnungskraft der aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Klagemarke gesteigert ist, allein auf diejenigen Verkehrskreise abgestellt hat, die den Hersteller der durch die Klagemarke abgebildeten Pralinenform zutreffend angegeben haben. Bei der Feststellung des Umfangs der Kennzeichnungskraft sind auch diejenigen Verkehrskreise zu berücksichtigen, die die Klagemarke zwar als Hinweis auf ein Unternehmen auffassen, es aber keinem namentlich bestimmten Unternehmen zuordnen (vgl. BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Tz. 30 = WRP 2007, 1461 - Kinder II; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 14 MarkenG Rdn. 214; Hacker in Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdn. 397; allgemein Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 Rdn. 358).
35
(5) Das Berufungsgericht hat weiterhin dem Umstand keine ausreichende Bedeutung beigemessen, dass sich die vorgelegte GfK-Umfrage nur auf die Frage bezogen hat, ob der Verkehr einer Pralinenform, die der Klagemarke genau entspricht, einen Herkunftshinweis entnimmt. Die beanstandete Pralinenform weicht von dieser Form nicht unerheblich ab. Das Berufungsgericht ist zwar davon ausgegangen, die beanstandete Pralinenform unterscheide sich nur geringfügig von einer Kugelform. Dem Durchschnittsverbraucher werde diese Abweichung kaum auffallen. Diese Annahme erweist sich jedoch als erfahrungswidrig. Die im Rechtsstreit vorgelegten Pralinen der Beklagten haben unübersehbar eine glatte Bodenfläche. Diese Abweichung von der Kugelform ist zwar bei der im Klageantrag abgebildeten Praline nicht mit derselben Deutlichkeit zu erkennen, weil diese Praline schräg von oben aufgenommen worden ist.
Dass die glatte Bodenfläche fehlen würde, lässt sich der Abbildung aber ebenfalls nicht entnehmen. Es war deshalb rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht die der Umfrage zu entnehmenden Ergebnisse, inwieweit die als Marke geschützte Form herkunftshinweisend ist, uneingeschränkt auch der Beurteilung zugrunde gelegt hat, ob die beanstandete Pralinenform unter den Umständen , unter denen sie wahrgenommen wird, als herkunftshinweisend aufgefasst wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr bei Pralinen an eine Vielzahl von Gestaltungen - gerade auch in Kugelform - gewöhnt ist und schon aus diesem Grund Abweichungen von der als Marke geschützten Form, die unübersehbar sind, leicht aus dem Schutzbereich der Marke herausführen.
36
e) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen der Klagemarke und der beanstandeten Pralinenform bestehe Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, beruht ebenfalls auf Rechtsfehlern.
37
aa) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Frage der Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist und eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren besteht, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 29.7.2009 - I ZR 102/07, GRUR 2010, 235 Tz. 15 = WRP 2010, 381 - AIDA/ AIDU).
38
bb) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht eine Warenidentität angenommen.
39
cc) Den Grad der Kennzeichnungskraft der Klagemarke wird das Berufungsgericht jedoch erneut zu prüfen haben.
40
(1) Die Eintragung einer Marke als durchgesetztes Zeichen bedeutet nicht, dass der Marke im Verletzungsverfahren in jedem Fall zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke hat nur zur Folge, dass er der Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf. Dementsprechend hat der Verletzungsrichter den Grad der Kennzeichnungskraft im Verletzungsverfahren selbständig zu bestimmen. Dies gilt auch für Marken, die aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind. Allerdings wird bei diesen regelmäßig von einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden können (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 35 - Pralinenform I). Diese Maßstäbe hat auch das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Die Begründung, mit der es eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft angenommen hat, hält jedoch nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
41
(2) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, die Marke sei an sich schutzunfähig, weil die äußere Gestaltung der Warenform i.S. von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG technisch bedingt sei. Deshalb sei der Schutzbereich der Klagemarke im Verletzungsverfahren an der untersten Grenze anzusiedeln.
42
Der Senat hat die Frage, ob die Klagemarke ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, bereits im Löschungsverfahren verneint (vgl. BGH GRUR 2010, 138 Tz. 16 ff.
- ROCHER-Kugel). Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten.
43
Anders als die Revision meint, ist von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft auch nicht deshalb auszugehen, weil nur 23,5% der angesprochenen Verkehrskreise die Klägerin als Markeninhaberin namentlich bezeichnen konnten. Für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft ist nicht erforderlich , dass das angesprochene Publikum den Markeninhaber namentlich angeben kann. Außer Betracht zu lassen sind lediglich diejenigen Teile des Verkehrs , die das Zeichen einem anderen, ausdrücklich benannten Unternehmen zuordnen (vgl. BGH GRUR 2010, 138 Tz. 53 - ROCHER-Kugel).
44
Schließlich sind von dem Ergebnis des vom Berufungsgericht für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft herangezogenen GfK-Gutachtens von Juli 1997 - anders als die Revision meint - nicht deshalb Abzüge zu Lasten der Klägerin vorzunehmen, weil sie nach Darstellung der Beklagten zu diesem Zeitpunkt die einzige Anbieterin einer kugelförmigen Haselnusspraline gewesen ist. Aus diesem Umstand ergibt sich im Streitfall kein Anhaltspunkt dafür, dass die Zuordnung der Klagemarke nur zu einem bestimmten Unternehmen nicht auf der Verwendung der Pralinenform als Marke beruhte.
45
(3) Gegen die Fragestellung des GfK-Gutachtens von Juli 1997 bestehen jedoch Bedenken, die der Senat bereits in der Entscheidung "Pralinenform I" (BGHZ 171, 89 Tz. 37) angeführt hat. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zudem rechtsfehlerhaft das Ergebnis des Gutachtens der an Pralinen interessierten Verkehrskreise zugrunde gelegt, wonach 83,8% der beteiligten Verkehrskreise der Auffassung waren, die Praline stamme aus einem bestimmten Unternehmen. Da Pralinen zu den Waren des Massenkonsums gehören , ist jedoch auf die Gesamtzahl aller Befragten abzustellen. Von diesen ken- nen 72,9% die der Klagemarke entsprechende Pralinenform und ordnen 74,4% sie einem bestimmten Unternehmen zu. Von diesem Wert hatte das Bundespatentgericht aufgrund methodischer Mängel des Gutachtens im Löschungsverfahren Abzüge vorgenommen und war von einem Kennzeichnungsgrad von 66,5% ausgegangen, von dem es weitere Abzüge aufgrund einer Fehlertoleranztabelle vorgenommen hatte (vgl. BGH GRUR 2010, 138 Tz. 49 ff. - ROCHER-Kugel). Andererseits darf bei der Feststellung der Kennzeichnungskraft nicht zu Lasten der Klägerin berücksichtigt werden, dass ein erheblicher Teil des Publikums das Unternehmen der Klägerin nicht namentlich benannt hat (dazu B II 1 d bb (4)).
46
dd) Auch die Zeichenähnlichkeit wird das Berufungsgericht erneut zu beurteilen haben. Denn es ist nicht auszuschließen, dass es der geraden Bodenfläche der angegriffenen Pralinenform für die Frage der Unterschiedlichkeit der kollidierenden Zeichen eine zu geringe Bedeutung beigemessen hat (dazu B II 1 d bb (5)).
47
2. Die Verurteilung nach den Annexanträgen auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung kann ebenfalls keinen Bestand haben, da das Berufungsgericht eine Verletzung des Markenrechts der Klägerin nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
48
C. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Schaffert
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.03.2004 - 84 O 46/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.12.2004 - 6 U 83/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 17/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 17/05

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Markengesetz - MarkenG | § 14 Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen 1. ein mi

Markengesetz - MarkenG | § 3 Als Marke schutzfähige Zeichen


(1) Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Klänge, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschlie

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 17 Verbreitungsrecht


(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. (2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitu
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 17/05 zitiert 5 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Markengesetz - MarkenG | § 14 Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen 1. ein mi

Markengesetz - MarkenG | § 3 Als Marke schutzfähige Zeichen


(1) Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Klänge, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschlie

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 17 Verbreitungsrecht


(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. (2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitu

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2009 - I ZR 102/07

bei uns veröffentlicht am 29.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 102/07 Verkündet am: 29. Juli 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2009 - VIII ZR 243/08

bei uns veröffentlicht am 16.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 243/08 Verkündet am: 16. September 2009 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07

bei uns veröffentlicht am 29.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 180/07 Verkündet am: 29. Oktober 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2008 - I ZR 63/06

bei uns veröffentlicht am 18.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 63/06 Verkündet am: 18. Dezember 2008 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2007 - I ZR 6/05

bei uns veröffentlicht am 20.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 6/05 Verkündet am: 20. September 2007 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2009 - I ZB 88/07

bei uns veröffentlicht am 09.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 88/07 Verkündet am: 9. Juli 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Marke Nr. 397 35 468 Nachschlagewerk

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Feb. 2009 - I ZR 167/06

bei uns veröffentlicht am 05.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 167/06 Verkündet am: 5. Februar 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2008 - I ZR 151/05

bei uns veröffentlicht am 13.03.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 151/05 Verkündet am: 13. März 2008 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Okt. 2004 - I ZR 91/02

bei uns veröffentlicht am 07.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 91/02 Verkündet am: 7. Oktober 2004 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Apr. 2008 - I ZR 123/05

bei uns veröffentlicht am 30.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 123/05 Verkündet am: 30. April 2008 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 18. März 2010 - I ZR 158/07

bei uns veröffentlicht am 18.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 158/07 Verkündet am: 18. März 2010 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2008 - I ZR 169/05

bei uns veröffentlicht am 05.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 169/05 Verkündet am: 5. Juni 2008 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: j

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2005 - I ZR 45/03

bei uns veröffentlicht am 03.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 45/03 Verkündet am: 3. Februar 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BG
12 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 17/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2013 - I ZR 214/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 214/11 Verkündet am: 11. April 2013 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2012 - I ZR 100/10

bei uns veröffentlicht am 09.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 100/10 Verkündet am: 9. Februar 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2014 - I ZR 228/12

bei uns veröffentlicht am 18.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I Z R 2 2 8 / 1 2 Verkündet am: 18. September 2014 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2011 - I ZR 125/07

bei uns veröffentlicht am 13.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 125/07 Verkündet am: 13. Januar 2011 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Referenzen

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 88/07 Verkündet am:
9. Juli 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 397 35 468
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ROCHER-Kugel

a) Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz
einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr
allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der
Ware sieht.

b) Wird eine Formmarke nie isoliert, sondern nur zusammen mit weiteren Kennzeichen
benutzt, sind die Angaben zur Marktposition, zu Umsätzen und Werbeankündigungen
auf die Zeichenkombination bezogen und deshalb für die
Durchsetzung der reinen Formmarke i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Regelfall
nicht genügend aussagekräftig.

c) An den Durchsetzungsgrad einer Formmarke i.S. des § 8 Abs. 3 MarkenG,
die eine von den typischen Merkmalen der Produkte dieser Warengattung
abweichende Gestaltung aufweist, sind keine besonders hohen Anforderungen
zu stellen.
BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - I ZB 88/07 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 9. Mai 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 7. August 2001 aufgrund Verkehrsdurchsetzung die nachfolgend abgebildete farbige (hell- und dunkelbraun) dreidimensionale Marke Nr. 397 35 468 für die Ware "Pralinen" eingetragen:
2
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, weil diese nicht markenfähig sei und die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen und freihaltebedürftigen Marke nicht vorlägen. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag zurückgewiesen.
3
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und die Löschung der Marke angeordnet (BPatG GRUR 2008, 420).
4
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Antragstellerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
5
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die angegriffene Marke sei nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 MarkenG zu löschen, weil die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG vorlägen und nicht durch Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden seien. Zur Begründung hat es ausgeführt:
6
Die angegriffene Marke sei allerdings nicht unter Verstoß gegen § 3 Abs. 2 MarkenG in das Register eingetragen worden. Die Pralinenform weise keine technische Wirkung oder Funktion i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auf. Die Wirkung der Pralinenform liege in einem ästhetisch-haptischen Empfinden und könne nicht dem Bereich der Technik zugeschrieben werden. Auch der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sei nicht gegeben. Der Praline werde nicht durch die Form, sondern durch ihren Geschmack ein wesentlicher Wert verliehen. Dieser hänge vor allem von der Rezeptur ab und nicht von der Form.
7
Der angegriffenen Marke fehle jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Verkehr bei Pralinen daran gewöhnt sei, mit der Form eine bestimmte Herkunftsvorstellung zu verbinden. Die Marke greife mit der Kugelform auf eine geometrische Grundform zurück. Die raspelige Oberfläche wandele die Grundform nur unwesentlich ab und lasse die streitige Form nur als eine weitere Variante in einem reichlich vorhandenen Formenschatz erscheinen.
8
Die angegriffene Marke unterliege außerdem einem Freihaltebedürfnis i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. In Anbetracht der Einfachheit der Form sei von einem erheblichen Interesse der Allgemeinheit auszugehen, die streitige Form frei benutzen zu dürfen.
9
Die angegriffene Marke habe nicht als durchgesetzte Marke eingetragen werden dürfen. Es sei zwar davon auszugehen, dass die Markeninhaberin die Pralinenform als Marke benutzt habe. Das im Eintragungsverfahren zur Verkehrsdurchsetzung vorgelegte Material sei aber nicht ausreichend gewesen. Das demoskopische Gutachten von Juli 1997 leide an Mängeln, die dazu führten , dass von einer ausreichenden Verkehrsdurchsetzung nicht ausgegangen werden könne. Die maßgeblichen Verkehrskreise seien nicht zutreffend bestimmt worden. Es sei auf die Gesamtbevölkerung abzustellen; nur diejenigen Verkehrskreise seien außer Betracht zu lassen, die der in Rede stehenden Ware gänzlich desinteressiert gegenüberstünden. Die Mängel des demoskopischen Gutachtens gingen zu Lasten der Markeninhaberin, der die Beweislast für die Verkehrsdurchsetzung obliege. Werde auf die Gesamtbevölkerung abgestellt , liege der maßgebliche Zuordnungsgrad bei 65,8%, der um eine Fehlertoleranz von 3,8% zu kürzen sei; es verbleibe ein Zuordnungsgrad von 62%. Bei dreidimensionalen Marken, die lediglich eine Grundform der Ware zum Gegenstand hätten oder nur unwesentlich darüber hinausgingen, sei eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung erforderlich. Diese werde mit einem Zuordnungsgrad von 62% nicht erreicht. Auch die im Löschungsverfahren beigebrachten Unterlagen zur Marktposition, zu Umsätzen und zu Werbeausgaben seien kein hinreichender Beleg zum Nachweis einer einhelligen Verkehrsdurchsetzung.
10
Die Schutzhindernisse seien auch nicht durch eine nachträgliche Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag überwunden gewesen. Dem von der Markeninhaberin vorgelegten Gutachten vom Frühjahr 2005 sei ein Zuordnungsgrad von 71% zu entnehmen. Davon sei eine Fehlertoleranz von 4% abzuziehen. Der maßgebliche Zuordnungsgrad von 67% sei ebenfalls nicht ausreichend.
11
III. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Beurteilung, mit der das Bundespatentgericht die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Formmarke mangels Verkehrsdurchsetzung bejaht hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
1. Das Bundespatentgericht ist - ohne dies ausdrücklich anzuführen - zutreffend davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Zeichen nach § 3 Abs. 1 MarkenG markenfähig ist. Dreidimensionale Gestaltungen, die die Form einer Ware darstellen, sind grundsätzlich abstrakt zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen geeignet. Gegenteiliges ist vorliegend nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
13
2. Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerdeerwiderung darauf, der angegriffenen Marke stünde bereits das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 MarkenG entgegen.
14
a) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist ein Zeichen dem Markenschutz nicht zugänglich, wenn es ausschließlich aus einer Form besteht, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist. Die Form darf also nicht ausschließlich aus Merkmalen bestehen, die für die Warenart wesensnotwendig sind, um ihren Zweck zu erfüllen. Dies kann nur angenommen werden, wenn die Merkmale die Grundform der Warengattung ausmachen, für die Schutz beansprucht wird (BGH, Beschl. v. 20.11.2003 - I ZB 18/98, GRUR 2004, 506, 507 = WRP 2004, 755 - Stabtaschenlampen II; Beschl. v. 25.10.2007 - I ZB 22/04, GRUR 2008, 510 Tz. 16 = WRP 2008, 791 - Milchschnitte). Davon kann bei der angegriffenen Marke, die eine Kugelform mit einer unregelmäßigen raspeligen Oberfläche kombiniert, nicht ausgegangen werden.
15
Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass Pralinen in den verschiedensten Formen angeboten werden, auch wenn die Kugelform vielfach anzutreffen ist. Eine Grundform hat sich danach für die Warengattung "Pralinen" nicht herausgebildet. Zudem zeichnet sich die Marke durch die unregelmäßige Oberflächenstruktur der abgebildeten Praline aus, die sich von einer einfachen Kugelform unterscheidet.
16
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung steht der angegriffenen Marke auch nicht das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Danach ist ein Zeichen dem Markenschutz nicht zugänglich , das ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Dies setzt voraus, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form einer Ware nur einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 83 - Philips/Remington; BGH, Beschl. v. 17.11.2005 - I ZB 12/04, GRUR 2006, 589 Tz. 18 = WRP 2006, 900 - Rasierer mit drei Scherköpfen). Das Bundespatentgericht hat zutreffend festgestellt, dass die wesentlichen Merkmale der beanspruchten Form - die Kugelform und die raspelige Oberfläche - eine ästhetische und eine haptische, jedoch keine technische Wirkung erzeugen.
17
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend, der Ausschlussgrund greife auch dann ein, wenn die Form technisch bedingt sei, um eine Wirkung zu erzielen, die auch auf nichttechnischem Gebiet liegen könne. Die Wirkung der Praline der Markeninhaberin liege in dem Geschmackserlebnis , das durch die äußere Form mit den Merkmalen der Kugelform und der raspeligen Oberfläche mitbestimmt werde. Diese Merkmale seien deshalb funktional. Würde die angegriffene Produktform nicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen, würde der Wettbewerb dauerhaft daran gehindert, Produkte auf den Markt zu bringen, die das gleiche sensorische Erlebnis im Mund auslösten.
18
Mit dieser Erwägung kann der Schutzausschließungsgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG indessen nicht begründet werden. Die fragliche Pralinenform ist nicht deswegen technisch bedingt, weil sich aufgrund der Kugelform und der raspeligen Oberfläche eine bestimmte geschmackliche Wirkung erzielen lässt. Die Form mag damit zur Erreichung einer geschmacklichen, nicht aber einer technischen Wirkung erforderlich sein (vgl. Hacker in Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 3 Rdn. 98). Zutreffend hat das Bundespatentgericht angenommen, dass - schon nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG - nur solche Formgestaltungen vom Markenschutz ausgeschlossen sind, bei denen (auch) die von der Form erzeugte Wirkung technischer Natur ist.
19
c) Das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist ebenfalls nicht gegeben. Die angegriffene Marke besteht nicht ausschließlich aus einer Form, die der Marke einen wesentlichen Wert verleiht. Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht und es deshalb von vornherein als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass der Form neben ihrer ästhetischen Wirkung zumindest auch die Funktion eines Herkunftshinweises zukommen kann (BGH, Beschl. v. 24.5.2007 - I ZB 37/04, GRUR 2008, 71 Tz. 18 = WRP 2008, 107 - Fronthaube; Hacker in Ströbele/ Hacker aaO § 3 Rdn. 107; Koschtial, GRUR Int. 2004, 106, 111). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr bei der beanspruchten Pralinenform gerade in der ästhetischen Formgebung die eigentliche handelbare Ware sieht und andere Gesichtspunkte, wie zum Beispiel der Geschmack der fraglichen Praline, für den Wert der Ware nur eine völlig untergeordnete Rolle spielen. Es kann deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Merkmale der beanspruchten Warenform auch auf die betriebliche Herkunft hinweisen können.
20
Die Form verleiht der Marke auch nicht deshalb einen wesentlichen Wert i.S. von § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, weil durch die in Rede stehende Pralinenform ein Geschmack erzeugt wird, der sich nur durch diese und keine andere Form erzielen lässt.
21
Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts lässt sich der Darstellung der Pralinenform nur entnehmen, dass die Praline mit einer unterschiedlich dicken Schokoladenschicht überzogen ist und ihre Oberfläche aus Raspeln von Kokos, Nuss oder sonstigen Bestandteilen besteht. Daraus hat das Bundespatentgericht gefolgert, dass die geschützte Form keinen sicheren Rückschluss auf den Geschmack einer entsprechend gestalteten Praline erlaubt. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Ohne Erfolg hält die Rechtsbeschwerde ihnen entgegen, dass durch die angegriffene Form ein bestimmtes Geschmackserlebnis erzeugt wird, das sich nur durch diese Form erzielen lässt. Damit setzt die Rechtsbeschwerde lediglich ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
22
3. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, der angegriffenen Marke fehle für die Ware "Pralinen" von Hause aus jegliche Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
23
a) Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber den Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGHZ 167, 278 Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006; BGH, Beschl. v. 24.4.2008 - I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 - Marlene-Dietrich-Bildnis; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 70). Diesem großzügigen Maßstab steht ungeachtet der vom Bundespatentgericht geäußerten Zweifel nicht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften entgegen, wonach sich die Prüfung nicht auf ein Mindestmaß beschränken darf, sondern streng und um- fassend sein muss (EuGH, Urt. v. 6.5.2003 - C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Tz. 59 - Libertel; Urt. v. 12.2.2004 - C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Tz. 123 - Postkantoor; Urt. v. 21.10.2004 - C-64/02, Slg. 2004, I-10031 = GRUR 2004, 1027 Tz. 45 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Dieses Erfordernis besagt nur, dass alle Gesichtspunkte umfassend zu würdigen sind und nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf (BGH, Beschl. v. 22.1.2009 - I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Tz. 11 = WRP 2009, 963 - My World; a.A. Ströbele, GRUR 2005, 93, 96 f.). Es bezieht sich entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts auf den Prüfungsumfang und nicht auf den Prüfungsmaßstab.
24
b) Diese Grundsätze finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken Anwendung, die aus der Form der Ware bestehen. Bei ihnen sind die Kriterien für die Unterscheidungskraft keine anderen als diejenigen, die für die übrigen Markenkategorien gelten (vgl. EuGH, Urt. v. 22.6.2006 - C-24/05, Slg. 2006, I-5677 = GRUR Int. 2006, 842 Tz. 24 - Storck/HABM; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 23 - Fronthaube). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die in Rede stehenden Waren einen Herkunftshinweis sieht. Eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, wird allerdings vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (vgl. EuGH, Urt. v. 7.10.2004 - C-136/02, Slg. 2004, I-9165 = GRUR Int. 2005, 135 Tz. 30 - Maglite; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 25 - Storck/HABM).
25
c) Dementsprechend geht der Senat in seiner Rechtsprechung bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, trotz Anlegung des beschriebenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, dass solchen Marken die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt. Die dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe eines der Gattung nach im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren (vgl. BGHZ 166, 65 Tz. 17 - Porsche Boxster; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 24 - Fronthaube). Bei dreidimensionalen Marken ist danach regelmäßig zu prüfen, ob die Form lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert. Geht die Form darüber hinaus und zeichnet sie sich insbesondere durch besondere Merkmale aus, so ist zu prüfen, ob der Verkehr in ihnen nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht oder sie als Hinweis auf die Herkunft der Waren versteht. Dabei ist zu berücksichtigen , dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form keiner konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (BGHZ 166, 65 Tz. 17 - Porsche Boxster). Hierfür kann es eine Rolle spielen, ob der Verkehr bei der in Rede stehenden Warenart daran gewöhnt ist, dass die Warenform auf die Herkunft hindeutet (vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZB 38/00, GRUR 2004, 329, 330 = WRP 2004, 492 - Käse in Blütenform I).
26
d) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass Pralinen in den verschiedensten Formen angeboten werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkehr auf diesem Warengebiet daran gewöhnt sei, mit der Form der Ware eine bestimmte Herkunftsvorstellung zu verbinden. Der Gesamteindruck der in Rede stehenden Marke werde zum einen durch die Kugelform und zum anderen durch die raspelige Oberfläche bestimmt. Mit der Kugelform greife die Marke eine geometrische Grundform auf, die bei Pralinen vielfach eingesetzt werde. Die Oberflächengestaltung bilde eine naheliegende Variante der Kugelform , die vom Verkehr nicht als herkunftshinweisendes Merkmal aufgefasst werde. Der Verkehr schreibe die raspelige Oberfläche vielmehr allein dem Umstand zu, dass sich unter dem Schokoladenüberzug Nuss- oder Mandelsplitter befänden. Vergleichbare Oberflächenformen seien aus benachbarten Warengebieten allgemein bekannt.
27
e) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, im Lebensmittelbereich liege es nahe, in einer bestimmten Form eines Lebensmittels einen Herkunftshinweis zu sehen. Mit diesen Ausführungen setzt die Rechtsbeschwerde nur ihre eigene Beurteilung an die Stelle der gegenteiligen Feststellung des Bundespatentgerichts, das für die Warenart Pralinen eine Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung der Warenform als Herkunftshinweis verneint hat (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 416 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck; BGHZ 171, 89 Tz. 27 - Pralinenform). Dasselbe gilt für die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Kombination der Kugelform mit der raspeligen Oberfläche auf dem fraglichen Warengebiet einzigartig sei. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts ist die Oberflächengestaltung aufgrund der Zutaten der Praline naheliegend und wird deshalb vom Verkehr nur als Variante der bekannten Grundform angesehen. Varianten handelsüblicher Formen werden jedoch - auch auf dem Süßwarensektor - in der Regel nicht als Herkunftshinweis aufgefasst (vgl. EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 29 f. - Storck/HABM).
28
Das Bundespatentgericht hat - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - auch keinen zu strengen Prüfungsmaßstab angewandt. Es ist von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ausgegangen , wonach einer Marke, die in der Form einer Ware besteht, nur dann Unterscheidungskraft zukommt, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht (vgl. EuGH, Urt. v. 12.1.2006 - C-173/04, Slg. 2006, I-551 = GRUR 2006, 233 Tz. 31 - Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 26 - Storck/HABM). Mit dem Merkmal der erheblichen Abweichung ist jedoch nur gemeint, dass die Besonderheiten, die die beanspruchte Form gegenüber üblichen Gestaltungen aufweist, geeignet sein müssen, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden (vgl. BGHZ 166, 65 Tz. 17 - Porsche Boxster; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 24 - Fronthaube; Bergmann, GRUR 2006, 793, 794). Zusätzliche Kriterien hat auch das Bundespatentgericht nicht aufgestellt. Es ist vielmehr zu dem aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Schluss gelangt, dass sich die angegriffene Marke in den reichlich vorhandenen Formenschatz auf diesem Warengebiet eingliedert und keinen individualisierenden Gehalt aufweist.
29
4. Zu Recht hat das Bundespatentgericht auch die Voraussetzungen des Eintragungshindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Waren dienen können. Da sich die in Rede stehende Marke darin erschöpft, die äußere Form der Ware wiederzugeben, handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, sondern frei verwendet werden können, besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit (vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2003 - I ZB 15/98, GRUR 2004, 502, 505 = WRP 2004, 752 - Gabelstapler II; Beschl. v. 3.4.2008 - I ZB 46/05, GRUR 2008, 1000 Tz. 16 = WRP 2008, 1432 - Käse in Blütenform II). Es besteht die Gefahr, dass Anmelder, die zunächst keine eigene Benutzungsabsicht verfolgen müssen , eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten monopolisieren und so die Gestal- tungsfreiheit auf einem Warengebiet erheblich einschränken (BGHZ 166, 65 Tz. 21 - Porsche Boxster).
30
Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass für die angegriffene Form ein Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung besteht, weil sie nur wenig über die - für Pralinen naheliegende - Form der Kugel hinausgeht. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
31
5. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Bundespatentgericht die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der in Rede stehenden Pralinenform i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Zeitpunkt der Eintragung verneint hat.
32
a) Das Bundespatentgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen , dass die Voraussetzungen einer markenmäßigen Verwendung der Pralinenform erfüllt sind.
33
aa) Eine Verkehrsdurchsetzung als Herkunftshinweis setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke, also eine markenmäßige und damit nicht lediglich eine beschreibende Verwendung voraus. Die Tatsache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen , also einer Benutzung, die dazu dient, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend identifizieren (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Tz. 64 - Philips/ Remington; BGH, Beschl. v. 23.10.2008 - I ZB 48/07, GRUR 2009, 669 Tz. 18 = WRP 2009, 815 - POST II). Bei einer dreidimensionalen Marke ist zu berücksichtigen , dass die Bekanntheit eines Produkts in der Gestalt der Marke nicht notwendig auch bedeutet, dass die Produktaufmachung in gleichem Umfang als Herkunftshinweis aufgefasst wird (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 36 - Pralinenform).
34
bb) Gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, die angegriffene Pralinenform sei als Marke benutzt worden, wendet sich die Rechtsbeschwerdeerwiderung ohne Erfolg. Aus dem Umstand, dass ein erheblicher Teil der Verkehrskreise das dargestellte Produkt nur einem bestimmten Unternehmen zuordnet, kann grundsätzlich auf die Bekanntheit der Warenform auch als Herkunftshinweis geschlossen werden (BGH GRUR 2008, 510 Tz. 25 - Milchschnitte ). Hiervon ist nach dem von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren und im Löschungsverfahren vorgelegten Verkehrsgutachten der GfK Marktforschung von Juli 1997 auszugehen. Aus dem Umstand, dass mehr als 50% der Befragten das dargestellte Produkt nur einem bestimmten Unternehmen zuordneten, ergibt sich, dass die Produktform dem überwiegenden Teil des Publikums nicht nur bekannt war, sondern von diesen Verkehrskreisen auch als Herkunftshinweis aufgefasst wurde.
35
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Praline, deren Gestaltung Gegenstand der angegriffenen Marke ist, verpackt vertrieben wird. Die Marke ist dadurch zwar für den Verkehr zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung nicht wahrnehmbar. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Eine Marke kann auch dann herkunftshinweisend und damit markenmäßig benutzt werden, wenn sie erst im Stadium des Verbrauchs der Ware wahrgenommen wird (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 57 - Arsenal Football Club; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 71 - Storck/HABM; BGHZ 171, 89 Tz. 25 - Pralinenform).
36
b) Das Bundespatentgericht hat angenommen, bei dreidimensionalen Marken, die lediglich die Grundform einer Ware zum Gegenstand haben oder - wie hier - nicht wesentlich über die Grundform hinausgingen, komme eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad als 50% in Betracht. Es sei eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit erforderlich. Insoweit könne nichts anderes gelten als für glatt beschreibende Angaben. Eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit sei durch die von der Markeninhaberin vorgelegten Verkehrsgutachten von Juli 1997 und vom Frühjahr 2005 nicht nachgewiesen. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
37
aa) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings dagegen, dass das Bundespatentgericht bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung maßgeblich auf die Verkehrsgutachten abgestellt hat und den weiteren von der Markeninhaberin vorgelegten Unterlagen keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat.
38
(1) Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz. 54 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 20 = WRP 2006, 1130 - LOTTO). Die Verkehrsbefragung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nur eines von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung. Daneben können auch der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 51 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschl. v. 21.2.2008 - I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Tz. 28 = WRP 2008, 1087 - VISAGE). Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten aufwirft, verbietet es das Gemeinschaftsrecht jedoch nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 53 - Windsurfing Chiemsee).
39
(2) Solche Schwierigkeiten sind insbesondere gegeben, wenn der Markenschutz für ein Gestaltungsmerkmal beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt worden ist. In einem solchen Fall lassen die Umstände, die - wie Umsätze, Marktanteile und Werbeaufwendungen - sonst auf eine Verkehrsdurchsetzung hinweisen können, regelmäßig nur darauf schließen, dass die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung durchgesetzt ist (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Tz. 29 - VISAGE). So verhält es sich im Streitfall. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts wurde die in Rede stehende Formmarke nie isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit weiteren Kennzeichen wie den Wortzeichen "ROCHER" und "FERRERO" benutzt. Die vorgelegten Beweismittel zur Marktposition, zu den Umsätzen und zu den Werbeausgaben sind deshalb für die Durchsetzung der in Rede stehenden Formmarke nicht genügend aussagekräftig.
40
bb) Die Rechtsbeschwerde rügt jedoch mit Erfolg, das Bundespatentgericht habe für die Eintragungsfähigkeit der in Rede stehenden Marke einen zu hohen Durchsetzungsgrad für erforderlich gehalten.
41
(1) Für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads ist nicht von festen Prozentsätzen auszugehen. Entscheidend ist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr nur als beschreibende oder übliche Angabe, sondern zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht. Deshalb kann - sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen - die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50% angesetzt werden (BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 - REICH UND SCHOEN; BGH GRUR 2006, 760 Tz. 20 - LOTTO; GRUR 2008, 710 Tz. 26 - VISAGE). Die Anforderungen sind umso höher, je weniger sich das betreffende Zeichen nach seinem spezifischen Charakter als Herkunftshinweis eignet (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 50 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Urt. v. 25.10.2007 - I ZR 18/05, GRUR 2008, 505 Tz. 28 = WRP 2008, 797 - TUCSalzcracker ; Fezer, WRP 2005, 1, 18; Ströbele, GRUR 2008, 569, 570). Handelt es sich um einen Begriff, der die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ihrer Gattung nach glatt beschreibt, kommen ein Bedeutungswandel und damit eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad in Betracht (vgl. BGH GRUR 2009, 669 Tz. 25 - POST II). Der Senat hat in einzelnen Fällen eine sehr hohe oder eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung für notwendig erachtet (vgl. BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I; BGH GRUR 2006, 760 Tz. 24 - LOTTO). Entsprechend hohe Anforderungen sollen - nach teilweise im Schrifttum vertretener Ansicht - auch bei dreidimensionalen Marken gelten, die nur übliche Warenformen darstellen (vgl. Ströbele, GRUR 2008, 569, 570).
42
(2) Bei der in Rede stehenden Formmarke bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein 60% deutlich übersteigender oder gar ein nahezu einhelliger Durchsetzungsgrad zur Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlich sein könnte.
43
Bei einer Formmarke, die von einer Grundform der Warengattung abweichende Merkmale aufweist, besteht in der Regel kein Anlass, besonders hohe Anforderungen an den Durchsetzungsgrad zu stellen (vgl. BGH GRUR 2008, 510 Tz. 24 - Milchschnitte). Eine durch besondere Merkmale von einer Grundform der Warengattung abweichende Warenform ist nicht in gleicher Weise als Herkunftshinweis ungeeignet wie eine glatt beschreibende Wortangabe.
44
Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts beschränkt sich die in Rede stehende Formmarke nicht ausschließlich auf die für Pralinen typische Kugelform, sondern weist eine besondere, wenn auch naheliegende Oberflächengestaltung auf. Sie stellt eine Variante der Kugelform dar, die ihrerseits nur eine von vielen bei Pralinen denkbaren Formgestaltungen ist. Eine deutliche Steigerung des zur Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlichen Durchsetzungsgrades ist vorliegend daher nicht notwendig.
45
(3) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe reichte selbst der vom Bundespatentgericht ermittelte gesicherte Zuordnungsgrad von 62% für den Zeitpunkt der Eintragung aus.
46
Für die Feststellung des Durchsetzungsgrades ist auf die Gesamtbevölkerung abzustellen, weil sich das Angebot von Waren des Massenkonsums, zu denen Pralinen gehören, an sie richtet und sie daher den maßgeblichen Verkehrskreis bildet (vgl. BGH GRUR 2006, 760 Tz. 22 - LOTTO). Ob hiervon diejenigen Teile der Befragten herauszurechnen sind, die keinerlei Bezug zu Pralinen haben, kann offenbleiben. Die auf die Gesamtbevölkerung bezogenen Werte zum Durchsetzungsgrad der angegriffenen Marke, die sich auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von Juli 1997 ergeben, reichen entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts für eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG aus.
47
(4) Nicht frei von Rechtsfehlern ist bereits der Ausgangspunkt der Überlegungen des Bundespatentgerichts, die Markeninhaberin habe im Löschungsverfahren den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung zu führen; Mängel der im Eintragungsverfahren vorgelegten Beweismittel gingen deshalb zu Lasten der Markeninhaberin.
48
Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 MarkenG trifft den Antragsteller des Löschungsverfahrens. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag (vgl. BGHZ 42, 151, 160 - Rippenstreckmetall II; BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 - POST II). Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens (BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 - POST II, m.w.N.). Daran ändern auch die Überlegungen des Bundespatentgerichts nichts, die es aus seiner Sicht als unbillig erscheinen lassen , die Feststellungslast dem Antragsteller des Löschungsverfahrens aufzubürden. Die aus dem Zeitablauf resultierenden Schwierigkeiten, die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung im Eintragungszeitpunkt zu beurteilen, treffen die Beteiligten des Löschungsverfahrens gleichermaßen. Der Antragsteller hat es jedoch - anders als der Markeninhaber - in der Hand, den Löschungsantrag zeitnah nach der Eintragung der Marke zu stellen. Allerdings dürfen dem Antragsteller keine nahezu unüberwindbaren Beweisanforderungen auferlegt werden. Ihm können daher Beweiserleichterungen zugute kommen. Auch kann das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag unter Umständen Rückschlüsse auf das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Eintragungszeitpunkt zulassen (BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 - POST II).
49
(5) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass das GfK-Gutachten von Juli 1997 an Mängeln leidet, die dazu führen, dass von einer ausreichenden Verkehrsdurchsetzung nicht ausgegangen werden kann. Das von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren vorgelegte Gutachten von Juli 1997 ging von einem Bekanntheitsgrad von 90,3%, einem Kennzeichnungsgrad von 83,8% und einem Zuordnungsgrad von 74,3% der an Pralinen interessierten Verkehrskreise aus. Nach Ansicht des Bundespatentgerichts können dagegen - unter Berücksichtigung von Mängeln des Gutachtens - nur ein Bekanntheitsgrad von 72,9%, ein Kennzeichnungsgrad von 66,5% und ein Zuordnungsgrad von 62% als gesichert angenommen werden.
50
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Bundespatentgericht wegen methodischer Mängel von dem GfK-Gutachten aus dem Juli 1997 Abzüge vorgenommen. Es hat zu Recht angenommen, dass bei Waren des Massenkonsums, zu denen Pralinen gehören, grundsätzlich auf die Gesamtbevölkerung abzustellen ist (vgl. BGH GRUR 2006, 760 Tz. 22 - LOTTO). Es hat deshalb die Ergebnisse des Gutachtens zugrunde gelegt, die sich auf die Gesamtzahl der befragten Personen beziehen und ist davon ausgegangen, dass 72,9% aller Befragten die gezeigte Praline kennen.
51
Ebenfalls keinen Bedenken begegnet, dass das Bundespatentgericht für die Beurteilung der Frage, welcher Anteil der Befragten in der Marke einen Herkunftshinweis sieht, nur diejenigen Befragten berücksichtigt hat, die zuvor die Frage, ob sie das abgebildete Produkt kennen, mit "ja" beantwortet haben (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn. 439 a.E.; Pflüger, Mitt. 2007, 259, 262). Der Anteil derjenigen Befragten, die - obgleich sie zu dem angesprochenen Verkehrskreis zählen - die Pralinenform gar nicht kennen, muss vollständig dem Anteil der Befragten zugerechnet werden, die den Herkunftshinweis verneint haben. Denn wer das fragliche Produkt nicht kennt und gleichwohl auf die Frage nach der Herkunft antwortet, es stamme aus einem bestimmten Unternehmen , hat entweder geraten oder ist von einer originären Unterscheidungskraft ausgegangen. In beiden Fällen sprechen die Antworten nicht für einen höheren Durchsetzungsgrad.
52
Das Bundespatentgericht ist danach bezogen auf die Gesamtheit der Befragten zutreffend von einem Prozentwert von 66,5% ausgegangen, der die in Rede stehende Produktform einem bestimmten Unternehmen zuordnet.
53
Ausgehend von diesem Wert hat das Bundespatentgericht diejenigen Befragten herausgerechnet und in Abzug gebracht, die das Zeichen, dessen Verkehrsdurchsetzung in Rede steht, einem anderen ausdrücklich benannten Unternehmen zuordnen, weil dieser Anteil der Befragten bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung des Zeichens zugunsten eines bestimmten Unternehmens außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Tz. 36 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Büscher in Büscher/ Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rdn. 214).
54
Ob die weiteren Abzüge, die das Bundespatentgericht im Hinblick auf Mehrfachnennungen vorgenommen hat und gegen die sich die Rechtsbeschwerde wendet, ganz oder teilweise berechtigt sind, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Zu Lasten der Markeninhaberin und zugunsten der Antragstellerin kann es bei diesen Abzügen verbleiben, weil auch in diesem Fall vom Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG auszugehen ist. Von dem danach auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von Juli 1997 mit 65,8% ermittelten Durchsetzungsgrad hat das Bundespatentgericht einen Abzug für Fehlertoleranzen vorgenommen. Ausgehend von einer 95%igen Wahrscheinlichkeit und der Stichprobe von 1.248 Befragten hat es unter Heran- ziehung einer Tabelle für den Durchsetzungsgrad eine Fehlertoleranz von 3,8% ermittelt. Nach dieser Tabelle liegt der Durchsetzungsgrad mit 95%iger Wahrscheinlichkeit zwischen 62% und 69,6%. Wegen dieser Fehlertoleranz hat das Bundespatentgericht seiner Beurteilung den unteren Wert von 62% zugrunde gelegt.
55
Gegen den Abzug von Fehlertoleranzen in der genannten Höhe wendet sich die Rechtsbeschwerde mit der Begründung, der ermittelte Wert ohne Abzug der Fehlertoleranz sei der wahrscheinlichste Wert, während der nach Abzug der vollen Fehlertoleranz von 3,8% errechnete untere Wert nur eine Wahrscheinlichkeit von 10% aufweise.
56
Die Frage, ob die Fehlertoleranz durch Abzüge zu berücksichtigen ist, braucht vorliegend ebenfalls nicht entschieden zu werden. Auch bei deren Berücksichtigung verbleibt ein Durchsetzungsgrad von mindestens 62%. Dieser Wert reicht für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG aus (hierzu Abschnitt III 5 b bb (3)).
57
6. Auch das für die Marke bestehende Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist durch Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Hierzu gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
58
7. Da die Löschungsvoraussetzungen bereits im Eintragungszeitpunkt nicht vorlagen, kommt es auf die weitere Frage, ob die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag gegeben waren (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), nicht mehr an.
59
IV. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 MarkenG).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.05.2007 - 32 W(pat) 156/04 -

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 243/08 Verkündet am:
16. September 2009
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Zulassung der Revision kann auf den Grund eines im Rechtsstreit erhobenen
Gegenanspruchs beschränkt werden.

b) Bei Rückabwicklung eines Verbrauchsgüterkaufs steht einem Anspruch des Verkäufers
auf Nutzungswertersatz gemäß § 346 Abs. 1 BGB europäisches Recht
(hier Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08 - LG Hannover
AG Hannover
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 13. August 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin kaufte vom Beklagten, einem Kraftfahrzeughändler, mit Vertrag vom 9. Mai 2005 einen gebrauchten Pkw BMW 316 i mit einer Laufleistung von 174.500 km für 4.100 €. Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis über die C. -Bank und erbrachte an diese Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.126,15 €; ein Betrag von 4.052,54 € ist noch offen.
2
Das Fahrzeug hatte einen Unfallschaden (Rahmenschaden) erlitten und war mit nicht zugelassenen Teilen (Reifen, Felgen und Auspuff) versehen. Nachdem die Klägerin dem Beklagten vergeblich eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, erklärte sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie ist mit dem Fahrzeug 36.000 km gefahren.
3
Die Klägerin hat Zahlung von insgesamt 1.026,15 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs begehrt sowie ferner die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, sie von den Ansprüchen der C. -Bank aus dem zur Finanzierung des Fahrzeugs aufgenommenen Darlehen freizustellen. Das Amtsgericht hat den Beklagten im Wege des Versäumnisurteils entsprechend diesen Anträgen verurteilt. Nach Einspruch des Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil hinsichtlich des Zahlungsantrags insgesamt sowie hinsichtlich des Feststellungsantrags in Höhe eines Betrags von 51,08 € aufrechterhalten und den Beklagten auf die zwischenzeitliche Erweiterung der Klage zur Zahlung weiterer 100 € nebst Zinsen verurteilt; im Übrigen hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
4
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der Anschlussberufung des Beklagten - das Urteil des Amtsgerichts hinsichtlich des Feststellungsantrags teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil insoweit hinsichtlich eines Betrages von 1.129,77 € wiederhergestellt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag im restlichen Umfang - Freistellung in Höhe von 2.922,77 € - weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:
7
Die Klägerin sei wegen der Sachmängel des Fahrzeugs gemäß § 323 Abs. 1 BGB zum Rücktritt berechtigt gewesen. Ihr stehe deshalb gegen den Beklagten aus § 346 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der an die finanzierende Bank erbrachten Zahlungen (1.126,15 €) sowie auf Freistellung von den noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten zu, allerdings gemindert um die Gebrauchsvorteile des Fahrzeugs, die das Amtsgericht zutreffend auf 2.922,77 € (0,08 € je km) bemessen habe.
8
Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 17. April 2008 - Rs. C-404/06 - stehe der Anrechnung der Nutzungsentschädigung nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung widerspreche § 346 BGB nur insoweit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999, als es um Nachbesserung und Austausch eines vertragswidrigen Verbrauchsgutes gehe; eine analoge Anwendung dieser Entscheidung auf den vorliegenden Fall der Vertragsauflösung komme nicht in Betracht.

II.

9
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
10
1. Die Revision ist, soweit sie sich gegen die Höhe des Nutzungswertersatzes wendet, unstatthaft und damit unzulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO), weil die Revision insoweit nicht zugelassen ist.
11
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt - auf den Grund des vom Beklagten geltend gemachten Gegenanspruchs auf Nutzungswertersatz - zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, wohl aber, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreicht (BGHZ 153, 358, 360 f. m.w.N.), aus den Gründen des Urteils. Die Begründung des Berufungsgerichts für die Zulassung der Revision zielt darauf ab, ob § 346 BGB mit Europäischem Recht vereinbar ist, soweit diese Bestimmung im Falle des Rücktritts eines Verbrauchers vom Verbrauchsgüterkauf eine Ersatzpflicht des Verbrauchers für gezogene Nutzungen vorsieht. Dies betrifft lediglich den Grund des Gegenanspruchs, den der Beklagte gegenüber dem von der Klägerin geltend gemachten Freistellungsanspruch erhoben hat. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf den Anspruchsgrund ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglich (Senatsurteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 259/81, NJW 1982, 2380, unter II 2 c; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, unter II 1). Dies gilt, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, auch für einen Gegenanspruch. Auch insoweit ist der Anspruchsgrund ein selbständig anfechtbarer Teil des Streitgegenstands, auf den die Revisionsführerin selbst ihre Revision hätte beschränken können.
12
2. Soweit die Revision zulässig ist, ist sie unbegründet.
13
a) Das Berufungsgericht hat einen Freistellungsanspruch der Klägerin aus § 346 BGB bejaht. Dies unterliegt nicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung , weil die Zulassung der Revision, wie dargelegt, auf den Anspruchsgrund des vom Beklagten geltend gemachten Gegenanspruchs auf Nutzungsersatz beschränkt ist. Die vom Beklagten erhobene Rüge, dass sich ein Freistellungsanspruch der Klägerin nicht aus § 346 BGB, sondern allenfalls aus einem von ihr nicht geltend gemachten Schadensersatzanspruch ergeben könnte, hätte daher nur im Rahmen einer Anschlussrevision berücksichtigt werden können, die der Beklagte nicht eingelegt hat.
14
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Beklagten bei einer Rückabwicklung des Vertrages nach § 346 BGB ein Gegenanspruch auf Wertersatz wegen der Gebrauchsvorteile des Fahrzeugs während der Besitzzeit der Klägerin (36.000 km Laufleistung) zusteht.
15
aa) Entgegen der Auffassung der Revision steht europäisches Recht einem Anspruch auf Nutzungswertersatz im Falle der Rückabwicklung eines Verbrauchsgüterkaufs nicht entgegen. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 17. April 2008 (Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 - Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände ) bezieht sich auf das Recht des Verbrauchers auf Ersatzlieferung, an dessen Geltendmachung dieser nicht durch eine Verpflichtung zu Nutzungswertersatz gehindert werden soll, nicht aber auf eine Rückabwicklung des Vertrages , bei der der Käufer - anders als bei der Nacherfüllung - seinerseits den gezahlten Kaufpreis nebst Zinsen zurückerhält. Zu Recht verweist die Revisionserwiderung auf den 15. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171, S. 12; im Folgenden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie), der es ausdrücklich gestattet, die Benutzung der vertragswidrigen Ware im Falle der Vertragsauflösung zu berücksichtigen; hierauf nimmt auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seiner Entscheidung Bezug (aaO, Tz. 38 f.). Auch in der Literatur wird - soweit ersichtlich - nicht vertreten, dass die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie entgegen ihrem eindeutigen 15. Erwägungsgrund einer Regelung des nationalen Rechts entgegensteht, die - wie § 346 Abs. 1 BGB - den Käufer im Fall des Rücktritts verpflichtet, gezogene Nutzungen herauszugeben oder hierfür Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 BGB zu leisten.
16
bb) Einer Vorlage des Rechtsstreits an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung dieser Frage gemäß Art. 234 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Buchst. b EG bedarf es entgegen der Auffassung der Revision nicht. Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt , wenn die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt ("acte clair", vgl. nur EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - Rs. C-495/03, Slg. 2005, I S. 8151, Rdnr. 33 - Intermodal Transports BV/Staatssecretaris van Financiën; ferner BGHZ 174, 273, Tz. 34; 178, 243, Tz. 31). Letzteres ist hier - wie vorstehend unter aa) dargestellt - der Fall. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 28.11.2007 - 549 C 14966/06 -
LG Hannover, Entscheidung vom 13.08.2008 - 10 S 1/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 63/06 Verkündet am:
18. Dezember 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Motorradreiniger

a) Hat eine Partei, die sowohl Revision als auch vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde
eingelegt hat, mit der Rechtsmittelschrift und weiteren Anträgen
nur um Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
nachgesucht, so kann die Auslegung der Anträge auf Fristverlängerung
anhand der Umstände des Einzelfalls ergeben, dass damit schlüssig
auch um Verlängerung der Frist zur Begründung der Revision nachgesucht
worden ist.

b) Ein Unternehmer, der im Inland Waren mit der Marke des Markeninhabers
in dessen Auftrag versieht, ist nach Eintragung der Marke ohne besonderen
Anlass nicht zu fortlaufenden Markenrecherchen über mögliche Löschungsverfahren
verpflichtet.

c) Wird neben einer GmbH auch deren Geschäftsführer wegen Markenverletzung
unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung auf Herausgabe
in Anspruch genommen, muss der Kläger im Prozess darlegen und
gegebenenfalls beweisen, was der Geschäftsführer in seiner Person i.S.
des § 812 Abs. 1 Satz 1 Altern. 2 BGB erlangt hat.
BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 - I ZR 63/06 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird unter Zurückweisung der Revision der Klägerin und der Revision der Beklagten zu 1 sowie der Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zu 2 verurteilt worden ist, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er Handlungen gemäß Ziffer 1 seit dem 10. August 1996 bis 9. November 2003 und/oder entsprechende Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 begangen hat, und ferner insoweit aufgehoben, als festgestellt worden ist, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet ist, an die Klägerin herauszugeben, was er auf deren Kosten aus Handlungen gemäß Ziffer 1 und/oder aus entsprechenden Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 erlangt hat.
Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten erster Instanz haben die Klägerin 34%, die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 38%, die Beklagte zu 1 weitere 6% und die Beklagte zu 3 22% zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Klägerin tragen die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 38%, die Beklagte zu 1 weitere 6% und die Beklagte zu 3 22%. Die Klägerin trägt von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz 10% derjenigen der Beklagten zu 1, 22% derjenigen des Beklagten zu 2 und 60% derjenigen der Beklagten zu 3.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 35%, die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 40%, die Beklagte zu 1 weitere 10% und die Beklagte zu 3 15% zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Klägerin fallen den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldnern 40%, der Beklagten zu 1 weitere 10% und der Beklagten zu 3 15% zur Last. Die Klägerin trägt von den außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens 25% derjenigen der Beklagten zu 1, 52% derjenigen des Beklagten zu 2 und 20% derjenigen der Beklagten zu 3.
Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 45%, die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 22,5%, die Beklagte zu 1 weitere 22,5% und die Beklagte zu 3 10% zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens der Klägerin tragen die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 21%, die Beklagte zu 1 weitere 21% und die Beklagte zu 3 16% und trägt die Klägerin 25% derjenigen der Beklagten zu 1 und 75% derjenigen des Beklagten zu 2.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine in Deutschland ansässige GmbH, stellt seit 1976 einen Flüssigreiniger für Leichtmetallfelgen und seit 1980 einen Reiniger für Motorräder her. Den Felgenreiniger vertreibt sie im In- und Ausland unter der Bezeichnung "P 21 S", den Motorradreiniger unter der Bezeichnung "S 100". In den USA erfolgte der Vertrieb der Produkte der Klägerin seit 1984 bis zum Ende des Jahres 1991 durch die amerikanische Gesellschaft B. Import Specialities Inc. (im Folgenden: B. Inc.).
2
Die Beklagte zu 1, die ihren Sitz in Deutschland hat, übernahm seit Mai 1992 die Belieferung der B. Inc. mit gleichartigen Reinigungsmitteln. Der Beklagte zu 2 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 1 versah die von ihr produzierten Reinigungsmittel mit den Bezeichnungen "P 21 S" und "S 100" und übergab die versandfertig verpackten Reinigungsmittel einem Spediteur zum Export in die USA.
3
Die Klägerin ist Inhaberin der mit Priorität vom 1. Januar 1995 unter anderem für Rostschutzmittel, insbesondere Felgenschutzmittel und Felgenreiniger eingetragenen Marke Nr. 2912729 "P 21 S" und der mit derselben Priorität für Rost- und Korrosionsschutzmittel, insbesondere für Motorräder, und Putzmittel eingetragenen Marke Nr. 2912728 "S 100". Die B. Inc. meldete ebenfalls in Deutschland die Marken "P 21 S" und "S 100" sowie eine weitere Wort-/Bildmarke "S 100" an, die für sie eingetragen wurden. Die Wortmarken "P 21 S" und "S 100" wurden auf Betreiben der Klägerin wegen bösgläubiger Markenanmeldung inzwischen rechtskräftig gelöscht. Das die Wort-/Bildmarke "S 100" betreffende Löschungsverfahren war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts noch nicht abgeschlossen.
4
Im Anschluss an die rechtskräftige Löschung der Wortmarken der B. Inc. forderte die Klägerin die Beklagten zu 1 und 2 mit Schreiben vom 7. November 2003 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegen der Verwendung der Marken "S 100" und "P 21 S" auf.
5
Die Klägerin hat die Beklagten zu 1 und 2 auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen. Die Beklagten zu 1 und 2 haben während des Rechtsstreits strafbewehrte Unterlassungserklärungen bezogen auf die Marke "P 21 S" abgegeben.
6
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsentscheidung noch von Bedeutung - zuletzt beantragt, 1. die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, es zu unterlassen, chemische Produkte zur Reinigung von Motorrädern in Flaschen, Dosen, Tuben oder sonstige Behältnisse abzufüllen oder abfüllen zu lassen, die mit der Kennzeichnung S 100 versehen sind, und/oder solche Produkte mit Umverpackungen zu versehen, die die Kennzeichnung S 100 aufweisen, und/oder die so gekennzeichneten Produkte in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr zu bringen; 2. … 3. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer 1 seit 10. August 1996 und/oder entsprechende Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 29. März 2004 begangen haben, und zwar unter Vorlage einer chronologisch geordneten Aufstellung, aus der sich ergeben muss der Lieferzeitpunkt, die Liefermenge, das jeweils gelieferte Produkt, der Empfänger der Lieferung und der Verkaufspreis, sowie die Beklagten zu 1 und 2 weiterhin als Gesamtschuldner zu verurteilen, in dem vorbezeichneten Umfang Auskunft zu erteilen über den mit diesen Handlungen erzielten Gewinn , indem dem Umsatz die den Verletzungshandlungen jeweils unmittelbar zurechenbaren Kosten aufgeschlüsselt gegenübergestellt werden; hilfsweise, die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer 1 seit 10. August 1996 und/oder entsprechende Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 29. März 2004 begangen haben, und zwar unter Vorlage einer chronologisch geordneten Aufstellung, aus der sich ergeben muss der Lieferzeitpunkt, die Liefermenge, das jeweils gelieferte Produkt, der Empfänger der Lieferung und der Verkaufspreis; ferner die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über den mit Handlungen gemäß Ziffer 1 seit 10. November 2003 und/oder entsprechenden Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitpunkt vom 10. November 2003 bis 29. März 2004 erzielten Gewinn, indem dem Umsatz die den Verletzungshandlungen jeweils unmittelbar zurechenbaren Kosten aufgeschlüsselt gegenübergestellt werden; 4. … 5. festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1 seit dem 19. Dezember 2000 und/ oder aus entsprechenden Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 19. Dezember 2000 bis 29. März 2004 entstanden ist und noch entstehen wird, und dass sie außerdem verpflichtet sind, an die Klägerin herauszugeben, was sie auf deren Kosten aus Handlungen gemäß Ziffer 1 und/oder aus entsprechenden Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 18. Dezember 2000 erlangt haben; hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1 seit dem 10. November 2003 und/ oder aus entsprechenden Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. November 2003 bis 29. März 2004 entstanden ist und noch entstehen wird, und dass sie außerdem verpflichtet sind, an die Klägerin herauszugeben, was sie auf deren Kosten aus Handlungen gemäß Ziffer 1 und/oder aus entsprechenden Handlungen mit chemischen Produkten zur Reinigung von Leichtmetallfelgen oder Windschutzscheiben unter Benutzung der Kennzeichnung P 21 S im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 erlangt haben.
7
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben vorgetragen, durch die Exporthandlungen sei der Klägerin kein Schaden entstanden.
8
Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 und 2 verboten, die Bezeichnung "S 100" zu verwenden. Es hat die Beklagten zu 1 und 2 weiterhin zur Auskunftserteilung verurteilt und die Schadensersatzverpflichtung festgestellt; die Verurteilung hat es auf Zeiträume nach dem Zugang der Abmahnung beschränkt.
9
Hiergegen haben die Klägerin und die Beklagten zu 1 und 2 Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu 1 und 2 nach den von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträgen zu 3 und 5 verurteilt. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Rechtsmittel der Beklagten zu 1 und 2 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
10
Dagegen richten sich die Revision der Klägerin und die Revision und die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2. Die Klägerin begehrt mit ihrem Rechtsmittel die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 nach den in der Berufungsinstanz gestellten Hauptanträgen zu 3 und 5. Die Beklagten zu 1 und 2 erstreben mit ihrer Revision die vollständige Abweisung des Feststellungs- und Auskunftsantrags für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003. Mit ihrer Anschlussrevision wenden sich die Beklagten zu 1 und 2 gegen ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung und Leistung von Schadensersatz für den Zeitraum vom 10. November 2003 bis 29. März 2004.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Klägerin gegen die Beklagten zu 1 und 2 wegen Verletzung der Rechte an der Marke "S 100" für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Altern. 2 BGB und für die Zeit seit dem 10. November 2003 ein Schadensersatzanspruch nach § 14 Abs. 6 MarkenG (a.F.) zusteht. Wegen der Verletzung der Marke "P 21 S" hat das Berufungsgericht entsprechende Ansprüche der Klägerin bejaht, den Schadensersatzanspruch allerdings auf die Zeit bis 29. März 2004 begrenzt. Die Auskunftsansprüche hat das Berufungsgericht im zuerkannten Umfang nach § 242 BGB für begründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
12
Die Beklagten zu 1 und 2 hätten die Marken "S 100" und "P 21 S" der Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 4 Altern. 2 MarkenG verletzt, indem sie die für den Export in die USA vorgesehenen Produkte mit der Marke der Klägerin versehen hätten. Auf von der B. Inc. abgeleitete Rechte könnten die Beklagten zu 1 und 2 sich nicht berufen. Die Wortmarken "S 100" und "P 21 S" seien rechtskräftig gelöscht. Die Wort-/Bildmarke "S 100" sei von der B. Inc. ebenfalls bösgläubig angemeldet worden. Der Berufung auf diese Marke stehe der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Die Beklagten treffe ein Verschulden aber erst mit Zugang der Abmahnung der Klägerin am 10. November 2003. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten sie davon ausgehen dürfen, dass sie sich auf Markenrechte der B. Inc. berufen könnten.
13
Es sei auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von einem Schaden der Klägerin auszugehen. Der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Marke "P 21 S" sei auf den Zeitpunkt bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung am 29. März 2004 zu begrenzen.
14
Für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 stehe der Klägerin mangels Verschulden der Beklagten zu 1 und 2 nur ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, der in Höhe einer angemessenen und üblichen Lizenzgebühr bestehe. Der Schadensersatzanspruch und der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung seien weder verjährt noch verwirkt. Die Auskunftsansprüche ergäben sich aus § 242 BGB.
15
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten zu 2 hat Erfolg, während die Revisionen der Klägerin und der Beklagten zu 1 sowie die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 zurückzuweisen sind.
16
1. Das Rechtsmittel der Klägerin und die Revision sowie die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 sind zulässig.
17
a) Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine ausdrückliche Beschränkung der Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Eingrenzung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (BGH, Urt. v. 12.11.2003 - XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324). Das muss jedoch zweifelsfrei geschehen; die bloße Angabe des Grunds für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1991 - VI ZR 171/91, NJW 1992, 1039 f.). Im Streitfall ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts nicht mit der notwendigen Sicherheit, dass es die Revision nur beschränkt zulassen wollte.
18
b) Die Revision der Klägerin ist auch rechtzeitig i.S. von § 551 Abs. 2 ZPO begründet worden. Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. April 2006 Nichtzulassungsbeschwerde und Revision eingelegt und in diesem Schriftsatz sowie in weiteren Anträgen jeweils nur um Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nachgesucht. Die Verlängerungsanträge und die daraufhin ergangenen Verlängerungsverfügungen bezogen sich allerdings auch schlüssig auf die Revisionsbegründungsfrist.
19
Die Anträge auf Verlängerung der Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde sind Prozesserklärungen. Für ihre Auslegung sind die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze entsprechend anwendbar. Analog § 133 BGB ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des in der Parteierklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln (vgl. BGH, Beschl. v. 14.2.2001 - XII ZB 192/99, FamRZ 2001, 1703). Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der rechtverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 21/99, GRUR 2001, 1036 = WRP 2001, 1231 - Kauf auf Probe). Mehrere zusammen abgegebene Erklärungen sind auch im Zusammenhang zu würdigen. Da die Klägerin mit ihrer Rechtsmittelschrift sowohl Nichtzulassungsbeschwerde als auch Revision eingelegt hat, bezogen sich die Anträge der Klägerin auf Fristverlängerung nicht allein auf die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern erkennbar auch auf diejenige zur Begründung der Revision. Es handelt sich um ein einheitliches Rechtsschutzbegehren , das nur vorsorglich mit unterschiedlichen Rechtsbehelfen verfolgt worden ist.
20
c) Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 ist ebenfalls zulässig. Allerdings ist eine unselbständige Anschlussrevision unzulässig, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244 Tz. 38). Im Streitfall ist aber ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang gegeben. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 betreffen einheitliche Streitgegenstände. Vorliegend werden die Streitgegenstände bestimmt durch die Klageanträge auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wegen Verletzung der Marken der Klägerin und durch die akzessorischen Auskunftsanträge. Nicht ent- scheidend ist, dass die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 jeweils unterschiedliche Zeiträume der einheitlichen Ansprüche zum Gegenstand haben.
2. Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nach dem Klageantrag zu 5
21
Die Revision der Klägerin, die sich gegen die Abweisung des Hauptantrags zu 5 richtet, und die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2, mit der diese eine vollständige Abweisung des Feststellungsantrags zu 5 für den Zeitraum vom 10. November 2003 bis 29. März 2004 erstreben, bleiben ohne Erfolg.
22
a) Nach Erlass des Berufungsurteils ist das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. 2008 I, S. 1191) in Kraft getreten, durch das die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. Nr. L 195, S. 16) in das deutsche Recht umgesetzt worden ist. Diese Rechtsänderung, die auch den markenrechtlichen Schadensersatzanspruch nach § 14 Abs. 6 MarkenG betrifft, hat vorliegend keine Bedeutung. Das nach seinem Art. 10 mit Ausnahme der hier nicht interessierenden Art. 8a und b am 1. September 2008 in Kraft getretene Durchsetzungsgesetz enthält keine Übergangsbestimmungen. Vielmehr richtet sich die Frage, ob die durch das Durchsetzungsgesetz geänderten oder neu begründeten Ansprüche auch für Rechtsverletzungen gelten, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen worden sind, nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/5048, S. 52). Zu den allgemeinen Grundsätzen über die zeitliche Geltung von Gesetzen rechnet der in Art. 170 EGBGB über das Anwendungsgebiet des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch hinausgehende allgemein anerkannte Grundsatz, dass (vertragliche und gesetzliche) Schuldverhältnisse wegen ihres Inhalts und ihrer Wirkung dem Recht unterstehen, das zur Zeit der Verwirklichung des Entstehungstatbestands gegolten hat (vgl. BGHZ 10, 391, 394; 44, 192, 194; 149, 337, 344; 155, 380, 386). Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zu deren Durchsetzung - Auskunftsansprüche zustehen , richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht. Das vorliegende Verfahren hat in der Revisionsinstanz nur rechtsverletzende Handlungen zum Gegenstand, die die Zeit vom 10. August 1996 bis 29. März 2004 betreffen. Dieser Zeitraum liegt sowohl vor dem Inkrafttreten des Durchsetzungsgesetzes am 1. September 2008 als auch vor dem 29. April 2006, bis zu dem die Durchsetzungsrichtlinie nach ihrem Art. 20 Satz 1 spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war. Auf den in Rede stehenden Schadensersatzanspruch ist danach ausschließlich § 14 Abs. 6 MarkenG a.F. anwendbar.
23
b) Der Klägerin steht für den Zeitraum vom 10. November 2003 bis 29. März 2004 der geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 6 MarkenG a.F. zu.
24
aa) Die Beklagten haben mit den Bezeichnungen "S 100" und "P 21 S" mit den Marken der Klägerin identische Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marken Schutz genießen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 4 Altern. 2 MarkenG).
25
bb) Die Beklagten zu 1 und 2 können der Klägerin nicht einredeweise in entsprechender Anwendung des § 986 BGB ein im Verhältnis zu den Klagemarken prioritätsälteres oder koexistenzberechtigtes Markenrecht der B. Inc. entgegenhalten (dazu BGHZ 122, 71, 73 f. - Decker; 150, 82, 91 f.
- Hotel Adlon; 173, 57 Rdn. 46 - Cambridge Institute). Die Wortmarken "S 100" und "P 21 S" sind rechtskräftig gelöscht worden (zur Marke "S 100": BGH, Beschl. v. 30.10.2003 - I ZB 9/01, GRUR 2004, 510 = WRP 2004, 766 - S100; zur Marke "P 21 S": BGH, Beschl. v. 30.10.2003 - I ZB 8/01, juris).
26
Die Löschungsanordnung des Deutschen Patent- und Markenamts zur weiteren Wort-/Bildmarke "S 100" der B. Inc. war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz zwar noch nicht rechtskräftig. Zu Recht ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen der Löschung auch dieser Marke wegen bösgläubiger Markenanmeldung vorliegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 10, § 50 Abs. 1 MarkenG) und die Klägerin dies den Beklagten zu 1 und 2 nach § 242 BGB entgegenhalten kann. Hiergegen erinnert die Anschlussrevision auch nichts.
27
cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagten zu 1 und 2 nach Zugang der Abmahnung vom 7. November 2003 die Markenrechte der Klägerin zumindest fahrlässig verletzt haben. Bei Anwendung gehöriger Sorgfalt konnten die Beklagten zu diesem Zeitpunkt erkennen, dass sie sich im Verhältnis zur Klägerin nicht mehr mit Erfolg auf Markenrechte der B. Inc. stützen konnten und ihr Verhalten deshalb die Klagemarken verletzte. Die Abmahnung der Klägerin enthielt den Hinweis auf die rechtskräftige Löschung der Wortmarken "S 100" und "P 21 S" und das eingeleitete Löschungsverfahren gegen die Wort-/Bildmarke "S 100". Die Beklagten zu 1 und 2 verfügten danach über die notwendigen Informationen zur Beurteilung der Schutzrechtslage. Sie mussten nach der rechtskräftigen Löschung der Wortmarken in Betracht ziehen, dass auch die Wort-/Bildmarke entgegen § 8 Nr. 10 MarkenG eingetragen war. Die Beklagten mussten deshalb bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erwägen, dass sie durch die Fortsetzung ihres Verhal- tens die Markenrechte der Klägerin verletzten. Dies reicht für ein fahrlässiges Verhalten aus (vgl. BGHZ 131, 308, 318 - Gefärbte Jeans).
28
Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision stand den Beklagten zu 1 und 2 auch keine Überprüfungs- und Überlegungsfrist zu. Zwar kann dem Verletzer nach den Umständen des Einzelfalls eine Überprüfungs- und Überlegungsfrist zuzubilligen sein, etwa wenn sich bei der Beurteilung der Schutzrechtslage schwierige Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Art stellen (vgl. BGH, Urt. v. 16.2.1973 - I ZR 74/71, GRUR 1973, 375, 376 = WRP 1973, 213 - Miss Petite, insoweit in BGHZ 60, 206 nicht abgedruckt; Urt. v. 10.5.1974 - I ZR 80/73, GRUR 1974, 735, 737 = WRP 1974, 403 - Pharmamedan). Von der Notwendigkeit einer weiteren Überprüfungs- und Überlegungsfrist für die Beklagten zu 1 und 2 kann nach der rechtskräftigen Löschung der Wortmarken der B. Inc. aber nicht ausgegangen werden. Für die Bezeichnung "P 21 S" verfügte die B. Inc. über kein Kennzeichenrecht mehr. Dies war für die Beklagten zu 1 und 2 nach der Löschungsentscheidung ohne weiteres ersichtlich. Soweit die Beklagten zu 1 und 2 die Benutzung des Zeichens "S 100" im Hinblick auf die noch nicht gelöschte Wort-/Bildmarke der B. Inc. fortsetzten, bewegten sie sich nach der rechtskräftigen Löschung der gleichlautenden Wortmarke ohne weiteres erkennbar zumindest in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen.
29
dd) Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin sei mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstanden. Der Eintritt eines Schadens durch die festgestellte Verletzung der Marken "S 100" und "P 21 S" der Klägerin folgt daraus, dass sie den Eingriff in ihre Markenrechte als vermögenswerte Rechte nicht hinnehmen muss und Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie beanspruchen kann. Ob im Streitfall eine Lizenzierung in Betracht gekom- men wäre, ist unerheblich (vgl. BGHZ 119, 20, 26 - Tchibo/Rolex II; 166, 253 Tz. 45 - Markenparfümverkäufe). Zulässig ist die Schadensberechnung auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr überall dort, wo die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten zur Benutzung durch Dritte gegen Entgelt rechtlich möglich und verkehrsüblich ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten verkehrsüblich ist, kommt es nicht auf die Verhältnisse in der Branche an, in der die Beteiligten tätig sind, sondern darauf, ob bei einem Ausschließlichkeitsrecht dieser Art ganz allgemein die Erteilung von Lizenzen im Verkehr üblich ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 263/02, GRUR 2006, 143 Tz. 22 f. = WRP 2006, 117 - Catwalk). Das ist bei Markenrechten allgemein der Fall. Auf den vom Berufungsgericht herausgestellten und von der Anschlussrevision angegriffenen Gesichtspunkt, dass von der Beklagten zu 1 hergestellte und mit den Marken der Klägerin versehene Produkte über die B. Inc. und das Unternehmen H. -D. wieder nach Deutschland gelangt sind, kommt es danach für die Bejahung einer gewissen Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bei der Klägerin nicht an.
30
Schließlich steht der Verpflichtung der Beklagten zu 1 und 2 zur Leistung von Schadensersatz auch nicht entgegen, dass die Klägerin davon ausgegangen ist, die Beklagte zu 1 habe ab dem Jahre 2004 keine Lieferungen an die B. Inc. mehr vorgenommen. Die Beklagten zu 1 und 2 haben erst am 29. März 2004 und nur bezogen auf die Marke "P 21 S" eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ist deshalb auch für den vom Berufungsgericht zuerkannten Zeitraum ab 1. Januar 2004 nicht zu verneinen.
31
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin dagegen, dass das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG a.F. gegen die Beklagten zu 1 und 2 für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 verneint hat. Die Beklagten zu 1 und 2 haben während dieses Zeitraums die Markenrechte der Klägerin nicht schuldhaft verletzt.
32
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten zu 1 und 2 hätten vor Erhalt der Abmahnung keine vollständige Kenntnis derjenigen Tatsachen gehabt, die die Bösgläubigkeit der Markenanmeldungen der B. Inc. begründeten. Auch aus den Umständen könne auf eine entsprechende Kenntnis nicht geschlossen werden. Die Klägerin habe in den USA keine Löschung der für die B. Inc. eingetragenen Marken "P 21 S" und "S 100" gerichtlich durchsetzen können. Ein Verfügungsverfahren gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Deutschland aufgrund wettbewerbsrechtlicher Vorschriften sei Anfang der 90er Jahre erfolglos gewesen. Eine Markenrecherche der Beklagten zu 1 und 2 nach Inkrafttreten des Markengesetzes habe ergeben, dass die Wortmarken "P 21 S" und "S 100" der B. Inc. über denselben Zeitrang wie diejenigen der Klägerin verfügt hätten und die Wort-/Bildmarke prioritätsälter gewesen sei. Anlass zu fortlaufenden Recherchen hätten die Beklagten nicht gehabt. Die Löschung der Wort-/Bildmarke sei zudem erst am 5. November 2003 beantragt worden.
33
bb) Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
34
Zwar werden im gewerblichen Rechtsschutz an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsirrtum nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Fahrlässig handelt, wer sich erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 - vossius.de). Im Streitfall geht es entgegen der Ansicht der Revision indessen nicht um eine fehlerhafte Einschätzung der Rechtslage. Das Berufungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagten zu 1 und 2 nicht alle Tatsachen gekannt haben, aus denen sich die Bösgläubigkeit der Markenanmeldungen der B. Inc. ergeben habe. Vor allem hätten sie nicht gewusst, dass die Klägerin über einen wertvollen Besitzstand verfügt habe. Den gegenteiligen Vortrag der Klägerin hätten die Beklagten bestritten.
35
Gegen diese Annahme wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Rüge , aus dem Tatbestand des Urteils des Oberlandesgerichts Koblenz in der wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit mit der Klägerin seien den Beklagten zu 1 und 2 sämtliche Umstände bekannt gewesen, die die Bösgläubigkeit der B. Inc. bei den Markenanmeldungen begründeten.
36
Der Senat hat in den Löschungsverfahren die Bösgläubigkeit der B. Inc. bei der Anmeldung der Wortmarken "S 100" und "P 21 S" daraus gefolgert , dass die Markeninhaberin die Zeichen ohne hinreichenden sachlichen Grund für gleiche Waren hat eintragen lassen und dabei in Kenntnis des wertvollen Besitzstands des Vorbenutzers sowie mit dem Ziel gehandelt hat, den Vorbenutzer in diesem Besitzstand zu stören (BGH GRUR 2004, 510, 511 f. - S100; BGH, Beschl. v. 30.10.2003 - I ZB 8/01, juris). Aus dem Tatbestand des Urteils des Oberlandesgerichts Koblenz in der wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung der Parteien aus dem Jahre 1993 ergab sich entgegen der Annahme der Revision kein wettbewerblich wertvoller Besitzstand der Klägerin. Der Tatbestand enthält zu der hier interessierenden Frage nur allgemeine Angaben zur Dauer des Exports der Reinigungsmittel mit den Bezeichnungen "S 100" und "P 21 S" in die USA. Zu den Umsätzen der Klägerin mit diesen Produkten und jährlich erzielten Umsatzzuwächsen sowie dem Umstand, dass die Klägerin in Deutschland Marktführerin war, auf die der Senat in den Löschungsentscheidungen für den wertvollen Besitzstand der Klägerin maßgeblich abgestellt hat, findet sich nichts im Tatbestand der wettbewerbsrechtlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz, auf die die Revision der Klägerin ihre Rüge gestützt hat.
37
Entgegen der Ansicht der Revision der Klägerin trifft die Beklagten zu 1 und 2 auch nicht der Vorwurf einer zumindest fahrlässig verschuldeten Unkenntnis der maßgeblichen Tatsachen.
38
Vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes war die Klägerin erfolglos gegen die Beklagten zu 1 und 2 aufgrund wettbewerbsrechtlicher Vorschriften vorgegangen. Auch das Löschungsverfahren der Klägerin gegen die amerikanischen Marken der B. Inc. hatte in den USA keinen Erfolg gehabt. Nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes verfügte die B. Inc. über im Verhältnis zu den Marken der Klägerin koexistenzberechtigte oder prioritätsältere Kennzeichenrechte. Dass die Beklagten zu 1 und 2 vor der Abmahnung vom 7. November 2003 von den gegen die Markenanmeldungen der B. Inc. gerichteten Löschungsverfahren Kenntnis hatten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Gegenteiliges macht die Revision der Klägerin auch nicht geltend. Zu einer fortlaufenden Markenrechtsrecherche über mögliche Löschungsverfahren gegen die Eintragung der Marken der B. Inc. waren die Beklagten zu 1 und 2 ohne besonderen Anlass nicht verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 26.2.1971 - I ZR 67/69, GRUR 1971, 251, 253 = WRP 1971, 312 - Oldtimer; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rdn. 516). Die Beklagten zu 1 und 2 hatten zu entsprechenden Markenrecherchen umso weniger Veranlassung, als die Lieferbeziehungen zwischen den Beklagten zu 1 und 2 und der B. Inc.
der Klägerin bekannt waren und diese die Beklagten zu 1 und 2 deshalb ohne weiteres hätte abmahnen können.
3. Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 nach dem Hilfsantrag zu 5
39
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten zu 1 dagegen, dass das Berufungsgericht dem Grunde nach festgestellt hat, die Beklagte zu 1 sei zur Herausgabe desjenigen verpflichtet, was sie im Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 durch die Verwendung der Marken "S 100" und "P 21 S" auf Kosten der Klägerin erlangt hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Altern. 2 BGB).
40
aa) Die Beklagte zu 1 hat während des vorbezeichneten Zeitraums mit den Marken der Klägerin identische Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marken Schutz genießen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 4 Altern. 2 MarkenG).
41
bb) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass der Markeninhaber gegen den schuldlos handelnden Verletzer seines Rechts grundsätzlich einen Anspruch unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Altern. 2 BGB hat (BGHZ 99, 244, 246 - Chanel No. 5; 131, 308, 317 f. - Gefärbte Jeans). Maßgeblich für die Höhe des insoweit zu leistenden Wertersatzes ist der Wert des durch den Gebrauch der Marke Erlangten, der in Form einer angemessenen und üblichen Lizenzgebühr bemessen werden kann (BGH, Urt. v. 15.3.2001 - I ZR 163/98, GRUR 2001, 1156, 1158 = WRP 2001, 1312 - Der Grüne Punkt). Von diesen Grundsätzen ist auch das Beru- fungsgericht ausgegangen, und es hat zu Recht den Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 dem Grunde nach bejaht.
42
Die Revision der Beklagten zu 1 wendet sich dagegen ohne Erfolg mit der Begründung, im Bereich des Markenrechts sei die Vergabe sogenannter Exportlizenzen unüblich; der Gebrauch der Marke für Produkte, die exportiert würden, habe keinen objektiven Wert.
43
Die Berechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zulässig, wenn die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten zur Benutzung durch Dritte rechtlich möglich und verkehrsüblich ist. Zur Annahme der Verkehrsüblichkeit der Überlassung genügt es regelmäßig, dass ein solches Recht seiner Art nach überhaupt durch die Einräumung von Nutzungsrechten genutzt werden kann und genutzt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 143 Tz. 22 f. - Catwalk). Das ist bei Markenrechten allgemein der Fall. Ihre Nutzung stellt daher grundsätzlich einen Eingriff in das Markenrecht dar, dessen Ausgleich der Markeninhaber beanspruchen kann (vgl. BGHZ 166, 253 Tz. 45 - Markenparfümverkäufe). Nichts anderes gilt für Exportlizenzen an Marken, denen unabhängig davon, ob sie in der Praxis erteilt werden, ein Vermögenswert zukommt, der sich auch ermitteln lässt. Dies wird gerade im vorliegenden Fall deutlich, in dem die B. Inc. für den Vertrieb in den USA seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts auf deutsche Hersteller zurückgreift.
44
b) Dagegen hat die Revision des Beklagten zu 2 Erfolg.
45
Der Beklagte zu 2 hat nicht "etwas" i.S. von § 812 Abs. 1 BGB erlangt. Dafür wäre erforderlich, dass sich sein wirtschaftliches Vermögen irgendwie vermehrt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 7.10.1994 - V ZR 4/94, NJW 1995, 53, 54). Zu Recht rügt die Revision des Beklagten zu 2, dass das Berufungsgericht in dieser Hinsicht keine Feststellungen getroffen hat.
46
Der Senat kann im Streitfall auch in der Sache entscheiden und die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage insoweit abweisen. Das Klagevorbringen ist zu einem Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 aus ungerechtfertigter Bereicherung unschlüssig und weiterer Sachvortrag, durch den die Klägerin ihr Vorbringen schlüssig machen könnte, ist nicht zu erwarten (vgl. hierzu BGHZ 33, 398, 401). Es ist nichts dafür ersichtlich und von der Klägerin auch nichts dazu vorgetragen, dass der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer durch die Markenverletzungen der Beklagten zu 1 in seiner Person einen unmittelbaren vermögenswerten Vorteil erlangt hat. Vielmehr stellte die Klägerin - etwa in der Berufungsbegründung, in der sie erstmals die die ungerechtfertigte Bereicherung umfassenden Hilfsanträge formulierte - ausschließlich auf eine Vermögensvermehrung auf Seiten der Beklagten zu 1 ab. Auf eine Abschöpfung des Gewinns der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2, auf die die Revisionserwiderung der Klägerin abhebt, kommt es nicht an, weil es insoweit an einer Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung fehlt. Bei der Nichtleistungskondiktion darf der Kondiktionsgegenstand dem Bereicherungsschuldner nicht auf dem Umweg über das Vermögen eines Dritten zugeflossen sein, sondern muss sich bis zum kondiktionsauslösenden Vorgang im Vermögen des Bereicherungsgläubigers befunden haben (vgl. BGHZ 94, 160, 165; 99, 385, 390; BGH, Urt. v. 9.10.2001 - X ZR 153/99, BauR 2002, 775, 779).
4. Anträge auf Auskunftserteilung zu 3
47
a) Soweit das Berufungsgericht den Beklagten zu 2 verurteilt hat, für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 Auskunft zu erteilen, hat dessen Revision ebenfalls Erfolg. Da der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 für diesen Zeitraum kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 BGB zusteht, besteht auch der akzessorische Auskunftsanspruch nach § 242 BGB nicht.
48
b) Dagegen ist die Revision der Klägerin, mit der sie eine Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 nach dem mit dem Hauptantrag zu 3 verfolgten Auskunftsanspruch erstrebt, nicht begründet. Für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 steht der Klägerin nur ein Anspruch auf Herausgabe aus ungerechtfertigter Bereicherung und kein Schadensersatzanspruch zu. Die Klägerin kann deshalb die weitergehenden, für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen Auskünfte nicht gemäß § 242 BGB verlangen.
49
c) Die gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung für den Zeitraum vom 10. August 1996 bis 9. November 2003 gerichtete Revision der Beklagten zu 1 und die gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung für den Zeitraum ab 10. November 2003 gerichtete Anschlussrevision der Beklagten zu 1 und 2 sind nicht begründet. In diesem Umfang hat das Berufungsgericht die Auskunftsansprüche zur Durchsetzung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 aus ungerechtfertigter Bereicherung und zur Bemessung des Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten zu 1 und 2 zu Recht als gemäß § 242 BGB begründet angesehen.
50
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 und 4, § 516 Abs. 3, § 565 ZPO. Die Beklagte zu 3, die die von ihr eingelegte Revision zurückgenommen hat, ist wegen der Kostenentscheidung noch am Rechtsstreit beteiligt.
Bergmann Pokrant Büscher
Koch Schaffert
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 01.06.2005 - 3 HKO 1/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 16.03.2006 - 6 U 944/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 158/07 Verkündet am:
18. März 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Modulgerüst II
4 Nr. 9 lit. c, § 8 Abs. 1, § 9 Satz 1; ZPO § 139 Abs. 1, § 240

a) Bei einem gegen den Insolvenzschuldner gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch
wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts des
Klägers oder wegen eines Wettbewerbsverstoßes handelt es sich um einen
Passivprozess i.S. des § 86 InsO (Aufgabe von BGH, Urt. v. 21.10.1965
- Ia ZR 144/63, GRUR 1966, 218 - Dia-Rähmchen III). Der durch Insolvenzeröffnung
unterbrochene Rechtsstreit ist in analoger Anwendung des § 86
Abs. 1 Nr. 3 InsO aufzunehmen.

b) Wettbewerbswidrige Handlungen des Insolvenzschuldners, seiner Mitarbeiter
oder Beauftragten begründen in der Person des Insolvenzverwalters
keine Wiederholungsgefahr, auch wenn dieser den Betrieb des Insolvenzschuldners
fortführt.
BGH, Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 158/07 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 31. August 2007 unter Zurückweisung der Revision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt Baugerüste. Zu ihrem Programm gehört das Modulgerüst der Baureihe "L. -Allround". Das Gerüst verfügt über eine Verbindungstechnik, mit der die vertikal aufzurichtenden Ständerrohre (Stiele) mit den horizontal und diagonal anzubringenden Rohren (Riegel) verbunden werden. An den Vertikalstielen sind an dem Gerüst "L. -Allround" in regelmäßigen Abständen Lochscheiben montiert. Diese weisen vier große und vier kleine Aussparungen (Löcher) auf, mit deren Hilfe die Riegel in nahezu be- liebigen Winkeln angebracht werden können. Dieses Befestigungssystem war Gegenstand eines Patents, dessen Schutz im Jahre 1992 abgelaufen ist.
2
Der Beklagte zu 1 (nachfolgend Beklagter) ist Verwalter in dem während des Berufungsverfahrens eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der vormaligen Beklagten zu 1, der p. a. GmbH & Co. KG (fortan Schuldnerin). Diese produzierte und vertrieb ebenfalls Modulgerüste. Zu ihrem Programm gehörte das Modulgerüst "a. -f. ".
3
Die Klägerin hält das Gerüstsystem "a. -f. " für eine Nachahmung ihres Gerüstes "L. -Allround" und macht Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend. Sie hat zudem den Vorwurf des Geheimnisverrats erhoben. Die Klägerin hat zunächst die Schuldnerin auf Unterlassung , Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Unterlassungs- und Annexanträge hinsichtlich der Lochscheibe des Gerüstes "a. -f. " durch rechtskräftiges Teilurteil zurückgewiesen. Gegenstand des Verfahrens sind nunmehr noch die für die Bauteile des Gerüstes "a. -f. " verwandten Köpfe der Gerüstbauteile.
6
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt, 1. den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland ein Gerüst und/oder Bauteile eines Gerüstes anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, bei denen die zur Verbindung der Vertikalstiele mit den Riegeln, Diagonalen und sonstigen Bauteilen des Gerüstes dienenden Köpfe der Riegel und/oder die Köpfe der Diagonalen und/oder die Köpfe sonstiger Bauteile wie aus den nachstehend eingeblendeten Abbildungen ersichtlich ausgebildet sind: am Rundrohrriegel am U-Querriegel an der Diagonale wenn die betreffenden Riegel, Diagonalen und sonstigen Bauteile des Gerüstes mit den Bauteilen des L. -Allroundgerüstes der Klägerin ver- mischt werden können und bei der Produktgestaltung die nachfolgend wiedergegebenen vier Konstruktionszeichnungen benutzt worden sind (es folgen die im Berufungsurteil Seiten 5 bis 8 verkleinert wiedergegebenen Konstruktionszeichnungen ); 2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unter Beifügung gut lesbarer Kopien der Aufträge (Bestellungen), der Lieferscheine und der Rechnungen in Form einer geordneten nach Kalendermonaten gegliederten Aufstellung vollständig Rechnung über Handlungen der Schuldnerin gemäß vorstehender Ziffer 1 seit dem 10. November 1998 zu legen, und zwar beim Inverkehrbringen von Gerüstteilen jeweils unter Angabe des betreffenden Teils mit Artikelnummer, Menge, Lieferzeit, Rechnungswert und Abnehmer mit Firma und Adresse sowie ferner unter Darlegung der Gestehungskosten (Herstellungs- und/oder Beschaffungskosten) und Vertriebskosten, mit der Angabe der einzelnen Kostenfaktoren, soweit diese unmittelbar auf Beschaffung oder Vertrieb der Gerüstteile entfallen, sowie des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten verringert ist, wobei es ihm freigestellt ist, die Angaben über die Abnehmer nicht der Klägerin bekanntzugeben, sondern einem von dieser benannten, zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer, sofern er diesen ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob bestimmte Lieferungen oder bestimmte Abnehmer in der erteilten Auskunft enthalten sind; 3. den Schadensersatzanspruch, der durch Forderungsanmeldung vom 16. Mai 2003 (laufende Nr. 267) zur Insolvenztabelle angemeldet worden ist, dem Grunde nach zur Insolvenztabelle festzustellen; 4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots vom 12. März 2003 bis zum 31. Dezember 2003 durch Handlungen des Beklagten , nach dem 1. Januar 2004 durch Handlungen der A. GmbH gemäß dem Klageantrag zu 1 entstanden ist oder noch entstehen wird.
7
Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und den Schadensersatzanspruch zur Insolvenztabelle festgestellt. Es hat weiter den Rechnungslegungsantrag für die Zeit bis zur Anordnung des Verfügungsverbots gegen die Schuldnerin am 12. März 2003 für begründet erachtet. Den mit dem Klageantrag zu 4 verfolgten Antrag, mit dem die Klägerin eine Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten begehrt, und den weitergehenden Rechnungslegungsantrag hat das Berufungsgericht als unbegründet angesehen (OLG Köln ZIP 2008, 518 = OLG-Rep 2008, 226).
8
Dagegen richten sich die (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revisionen der Klägerin und des Beklagten. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, die uneingeschränkte Verurteilung des Beklagten nach den Klageanträgen zu 2 und 4. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
A. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
10
Das ursprünglich gegen die Schuldnerin gerichtete Verfahren sei infolge der Insolvenz zunächst nach § 240 ZPO unterbrochen, von der Klägerin gegen den Beklagten aber wirksam aufgenommen worden.
11
Der Unterlassungsantrag, dessen Verfahrensaufnahme sich nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO richte, sei zulässig und nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG, § 1 UWG a.F. begründet. Die Köpfe der Riegel, der Diagonalen und der sonstigen Bauteile des Gerüstes "a. -f. " der Schuldnerin stellten Nachahmungen der Teile des Gerüstes "L. -Allround" der Klägerin dar. Die Schuldnerin habe die für die Nachahmung der in Rede stehenden Bauteile erforderlichen Unterlagen unredlich erlangt. Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. stehe fest, dass die Schuldnerin zur Herstellung der angegriffenen Gerüstteile Konstruktionszeichnungen der Klägerin verwandt habe. Diese habe sie auf unlautere Weise erlangt. Die Klägerin habe die von ihr gefertigten Konstruktionszeichnungen ihrer Vorlieferantin, der Gießerei W.-KG, zur Verfügung gestellt. Diese habe die Konstruktionszeichnungen der Schuldnerin überlassen, obwohl die Weitergabe aufgrund eines Vertraulichkeitsvermerks untersagt gewesen sei.
12
Der Klageantrag zu 3, mit dem die Klägerin die Feststellung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Schadensersatzansprüche dem Grunde nach begehre , sei zulässig und begründet. Die Klägerin habe die Feststellung nach § 180 Abs. 2 InsO durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Der Klägerin stehe das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO zu. Der Anspruch sei begründet, weil die Schuldnerin den Wettbewerbsverstoß schuldhaft begangen habe und davon auszugehen sei, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei.
13
Der Klageantrag zu 4, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt habe , dass der Beklagte den Schaden zu ersetzen habe, der durch seine Handlungen im Zeitraum vom 12. März bis 31. Dezember 2003 entstanden sei, sei unbegründet. Der Klägerin stünden Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten nicht zu. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beklagte noch vorhandene Restbestände des Gerüstsystems "a. -f. " weiterveräußert habe. Der Klageantrag zu 4 sei auch nicht begründet, soweit mit ihm Ansprüche für nach dem 1. Januar 2004 durch Handlungen der A. GmbH (nachfolgend A. GmbH), der Erwerberin des Betriebsvermögens der Schuldnerin, entstandene Schäden verfolgt würden. In diesem Zusammenhang könne offenbleiben, ob die A. GmbH die in Rede stehenden Konstruktionspläne für die Herstellung weiterer Gerüste verwendet habe. Es könne jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die Konstruktionspläne dieser Gesellschaft bewusst überlassen habe, damit diese unter Zuhilfenahme der Pläne habe weiterproduzieren können.
14
Das Verfahren sei auch im Hinblick auf den Rechnungslegungsantrag wirksam aufgenommen worden. Der Anspruch sei wegen der wettbewerbsrechtlich unlauteren Nachahmung begründet. In zeitlicher Hinsicht sei er jedoch zu begrenzen, weil nichts dafür ersichtlich sei, dass die Schuldnerin sich nicht an das am 12. März 2003 verhängte Verfügungsverbot gehalten habe.
15
B. Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
16
I. Zulassung der Revision
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Die Rechtsmittel der Parteien sind zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (BGH, Urt. v. 16.9.2009 - VIII ZR 243/08, NJW 2010, 148 Tz. 11). Dies muss jedoch zweifelsfrei geschehen; die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1991 - VI ZR 171/91, NJW 1992, 1039 f., insoweit nicht in BGHZ 116, 104; Urt. v. 18.12.2008 - I ZR 63/06, GRUR 2009, 515 Tz. 17 = WRP 2009, 445 - Motorradreiniger). Im Streitfall ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht mit der notwendigen Sicherheit, dass es die Revision nur beschränkt zulassen wollte.
18
II. Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits
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Der durch die Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 InsO am 12. März 2003 nach § 240 Satz 2 ZPO unterbrochene Rechtsstreit ist von der Klägerin wirksam aufgenommen worden. Die Wirksamkeit der Aufnahme des Rechtsstreits durch die Klägerin folgt für den Klageantrag zu 1 (Unterlassungsantrag) aus einer analogen Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO (dazu B II 1), für den Klageantrag zu 2 (Rechnungslegungsantrag ) bis zur Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots am 12. März 2003 und den Klageantrag zu 3 (Antrag auf Feststellung des Schadensersatzanspruchs zur Insolvenztabelle) aus § 180 Abs. 2 InsO (dazu B II 2 und 3) und für den Antrag zu 4 (Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten) sowie für den Antrag zu 2 (Rechnungslegungsantrag ) ab Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots am 12. März 2003 ebenfalls aus § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO (dazu B II 4).
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1. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs konnte die Klägerin den Rechtsstreit nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO analog aufnehmen.
21
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten betreffe einen Passivprozess. Zu dessen Aufnahme sei die Klägerin nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO berechtigt gewesen, weil der Unterlassungsanspruch ein Aussonderungsrecht zum Gegenstand habe. Setze sich die Klägerin mit ihrer Klage durch, dürften die nachgeahmten Gegenstände nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aufgrund ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes seien den absoluten Rechten stark angenähert.
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b) Die Frage, ob es sich bei einem durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Partei unterbrochenen Rechtsstreit um einen Aktiv- oder einen Passivprozess handelt, ist nicht nach der Parteirolle des Insolvenzschuldners im Prozess zu beantworten. Ein Aktivprozess i.S. des § 85 InsO liegt vielmehr dann vor, wenn in dem Rechtsstreit über die Pflicht zu einer Leistung gestritten wird, die in die Masse zu gelangen hat (BGHZ 36, 258, 264 f.; BGH, Urt. v. 12.2.2004 - V ZR 288/03, NJW-RR 2004, 925). Dagegen richtet sich die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits, der die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse, die abgesonderte Befriedigung oder eine Masseverbindlichkeit betrifft, nach § 86 InsO. Gemäß § 180 Abs. 2, § 184 Abs. 1 Satz 2 InsO sind unterbrochene Passivprozesse aufzunehmen, die eine Insolvenzforderung betreffen.
23
c) In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob es sich bei einem Rechtsstreit über einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder wegen eines Wettbewerbsverstoßes um einen Aktiv- oder einen Passivprozess handelt und nach welchen Vorschriften sich die Aufnahme des Rechtsstreits richtet.
24
aa) Im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts hat der Bundesgerichtshof zu §§ 10, 11 KO entschieden, dass der Rechtsstreit gegen den Gemeinschuldner über einen Unterlassungsanspruch aus einem gewerblichen Schutzrecht ein Aktivprozess ist und seine Aufnahme sich daher nach § 10 KO richtet (BGH, Urt. v. 21.10.1965 - Ia ZR 144/63, GRUR 1966, 218, 219 f. - Dia-Rähmchen III; RGZ 134, 377, 379; vgl. auch BGHZ 155, 371, 379 f.). Davon ist der Bundesgerichtshof auch in einem Rechtsstreit über einen Unterlassungsanspruch aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes ausgegangen (BGH, Urt. v. 19.11.1982 - I ZR 99/80, GRUR 1983, 179, 180 = WRP 1983, 209 - Stapel-Automat). Nach diesem Verständnis richtete sich die Aufnahme unter Geltung der Insolvenzordnung nach § 85 InsO.
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bb) Im Schrifttum wird demgegenüber angenommen, dass es sich bei einem Rechtsstreit über einen gegen den Insolvenzverwalter gerichteten Unterlassungsanspruch um einen Passivprozess handelt (Jaeger/Henckel, Konkursordnung , 9. Aufl., § 10 Rdn. 73; Jaeger/Windel, Insolvenzordnung, 2007, § 86 Rdn. 13; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl. Rdn. 10.52; MünchKomm.InsO/ Schumacher, 2. Aufl., § 86 Rdn. 15; K. Schmidt, ZZP 90 (1977), 38, 45 ff.; ders.
Festschrift für Gerhardt, 2004, S. 903, 921; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 306 ff.; ders., Festschrift für Merz, 1992, S. 563, 570; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 86 Rdn. 7). Ob sich dessen Aufnahme nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 InsO oder nach § 86 Abs. 1 InsO analog richtet, wird nicht einheitlich beurteilt. Teilweise wird angenommen, der auf ein gewerbliches Schutzrecht gestützte Unterlassungsrechtsstreit betreffe einen Aussonderungsfall (K. Schmidt, ZZP 90 (1977), 38, 49 f.; ders., Festschrift für Gerhardt, 2004, S. 903, 921 f.; ebenso MünchKomm.BGB /Baldus, 5. Aufl., § 1004 Rdn. 151) mit der Folge, dass für die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO gelte. Eine andere im Schrifttum vertretene Ansicht differenziert danach, ob der Unterlassungsanspruch auf die Verletzung gewerblicher Schutzrechte gestützt wird oder allgemeine Handlungspflichten betrifft (MünchKomm.InsO/Schumacher aaO § 86 Rdn. 7 und 15; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 306 ff.; ders., Festschrift für Merz 1992, S. 563, 570). Im ersteren Fall soll sich die Aufnahme des Rechtsstreits nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO richten, während im letzteren Fall § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO direkt oder analog anwendbar sein soll. Schließlich wird von einem Teil des Schrifttums angenommen, der Unterlassungsanspruch sei eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Aufnahme des Rechtsstreits richte sich nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO (Jaeger/Windel aaO § 86 Rdn. 13).
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cc) Der Senat schließt sich der Ansicht an, dass es sich bei einer Klage, die einen gegen den Insolvenzschuldner gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder wegen eines Wettbewerbsverstoßes zum Gegenstand hat, um einen Passivprozess i.S. des § 86 InsO handelt. Für diese Ansicht spricht, dass der Rechtsstreit in diesen Fällen gegen den Schuldner anhängig ist und nicht die für einen Aktivprozess typische Pflicht zu einer Leistung betrifft, die in die Masse zu gelangen hat (vgl. hierzu BGHZ 36, 258, 264 f.). Verletzt der Schuldner durch die Herstellung oder den Besitz von Erzeugnissen ein gewerbliches Schutzrecht oder bietet er unter Verstoß gegen § 4 Nr. 9 UWG Nachahmungen von Waren des Gläubigers an, befinden sich die Produkte zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im Regelfall in der Masse. Der Rechtsstreit betrifft typischerweise keine Leistung, die erst noch in die Masse gelangen soll. Entsprechendes gilt, wenn der Gläubiger in dem Rechtsstreit einen nicht auf bestimmte Waren bezogenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen den Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verfolgt. Der X. und der XaZivilsenat haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie an der gegenteiligen Auffassung des Ia-Zivilsenats (Urt. v. 21.10.1965 - Ia ZR 144/63, GRUR 1966, 218 - Dia-Rähmchen III) nicht festhalten (§ 132 Abs. 3 GVG).
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Für die Aufnahme des Passivprozesses, der einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder wegen einer unlauteren geschäftlichen Handlung nach § 8 Abs. 1, § 3 oder § 7 UWG zum Gegenstand hat, gilt § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO analog. Der Unterlassungsanspruch betrifft keine Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse i.S. von § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil er nicht darauf gerichtet ist, dass ein Gegenstand nicht i.S. von § 47 InsO zur Insolvenzmasse gehört. Allerdings kann auch ein Unterlassungsanspruch ein Aussonderungsrecht betreffen, wenn er darauf gerichtet ist, dem Insolvenzverwalter die Verwertung oder Nutzung eines Gegenstandes, der der Aussonderung unterliegt, zu verbieten (vgl. Jaeger/Henckel, Insolvenzordnung, 2004, § 47 Rdn. 14). Dies setzt aber voraus , dass der Gläubiger aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts befugt ist, den nicht zur Masse gehörenden Gegenstand vor dem Zugriff zugunsten der Insolvenzgläubiger zu schützen (vgl. MünchKomm.InsO/Ganter aaO § 47 Rdn. 5). Davon ist bei dem Verbot, unter Verletzung eines Schutzrechts hergestellte oder in wettbewerbswidriger Weise nachgeahmte Produkte anzubieten oder zu vertreiben, nicht auszugehen. Die Verwirklichung eines die- ser Verletzungstatbestände führt nicht dazu, dass die Produkte nicht zur Insolvenzmasse gehören. Bei anderen Ansprüchen - etwa beim Vernichtungsanspruch - mag, worauf der X. Zivilsenat in seiner Stellungnahme hinweist, dagegen eine Anwendung von § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Betracht kommen.
28
Der in Rede stehende gesetzliche Unterlassungsanspruch betrifft zwar auch keine Masseverbindlichkeit i.S. des § 86 Abs. 1 Nr. 3, § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil die Unterlassungspflicht den Insolvenzverwalter persönlich trifft und er sie auch bei Masseunzulänglichkeit zu erfüllen hat (vgl. MünchKomm.InsO/ H. Hefermehl aaO § 55 Rdn. 60; Jaeger/Henckel aaO § 55 Rdn. 19). Auf die Aufnahme des Rechtsstreits ist jedoch § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO analog anzuwenden. Für die Aufnahme des als Passivprozess einzuordnenden Rechtsstreits über einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch besteht eine Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu schließen ist. Denn der Gegner des Insolvenzverwalters hat im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes ein schützenswertes Interesse daran, den Rechtsstreit unabhängig von der Entschließung des Insolvenzverwalters aufnehmen zu können.
29
Richtet sich die Aufnahme des Rechtsstreits vorliegend nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO analog, konnte die Klägerin den Rechtsstreit ohne weiteres aufnehmen.
30
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin den Rechtsstreit über den Klageantrag zu 3 wirksam gegen den Beklagten aufgenommen hat (§§ 179, 180 InsO). Mit diesem Antrag begehrt die Klägerin entsprechend der Forderungsanmeldung Nr. 267, den Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zur Insolvenztabelle festzustellen. Die Aufnahme des Rechtsstreits richtet sich nach § 180 Abs. 2 InsO. Der Klageantrag zu 3 betrifft einen Vermögensanspruch i.S. des § 38 InsO, über den zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit anhängig war. Die zur Tabelle angemeldete Forderung hat der Beklagte bestritten. Die Geltendmachung der Forderung zur Insolvenztabelle war danach durch Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten zu betreiben.
31
3. Der Rechtsstreit über den Klageantrag zu 2 (Rechnungslegungsanspruch ) ist, soweit er den vom Berufungsgericht zuerkannten Zeitraum bis 12. März 2003 (Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots) betrifft, ebenfalls von der Klägerin wirksam gegenüber dem Beklagten aufgenommen worden. Mit diesem Antrag verfolgt die Klägerin für die Zeit bis 12. März 2003 einen Rechnungslegungsanspruch, der als Hilfsanspruch nach § 242 BGB der Durchsetzung des mit dem Klageantrag zu 3 verfolgten Schadensersatzanspruchs dient. Dieser Anspruch kann ebenfalls durch Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten in analoger Anwendung des § 180 Abs. 2 InsO weiterverfolgt werden (vgl. BGHZ 49, 11, 13 ff.; BGH, Urt. v. 2.6.2005 - IX ZR 221/03, NJW-RR 2005, 1714, 1715).
32
4. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin den mit dem Klageantrag zu 4 (Feststellung der Schadensersatzpflicht für die Zeit des Bestehens des Verfügungsverbots) geltend gemachten Anspruch gegen den Beklagten verfolgen konnte. Dieser Anspruch der Klägerin betrifft eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 InsO. Passivlegitimiert für diesen Klageanspruch ist der Beklagte als Insolvenzverwalter (vgl. Jaeger/Henckel aaO § 55 Rdn. 11 und 19). Die Aufnahme des Rechtsstreits richtet sich nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
33
Soweit die Klägerin mit dem Klageantrag zu 2 den Rechnungslegungsanspruch nach Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots am 12. März 2003 gegen den Beklagten verfolgt, ist der Anspruch als Hilfsanspruch zu dem mit dem Klageantrag zu 4 verfolgten Schadensersatzanspruch ebenfalls Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und durch Klage gegen den Beklagten zu verfolgen. Die Aufnahme des Rechtsstreits richtet sich auch insoweit nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
34
III. Revision des Beklagten
35
1. Das Berufungsgericht hat den mit dem Klageantrag zu 1 verfolgten Unterlassungsanspruch für begründet erachtet. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen hält diese Beurteilung den Angriffen der Revision des Beklagten nicht stand.
36
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Unterlassungsantrag zulässig ist. Anders als die Revision des Beklagten meint, fehlt für diesen Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre gegenteilige Ansicht stützt sie darauf, dass das Berufungsgericht keine Wiederholungs - oder Erstbegehungsgefahr für Rechtsverletzungen des Beklagten festgestellt hat und dieser auch nicht für angebliche Rechtsverletzungen der A. GmbH haftet. Dies ist jedoch keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses und damit der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Unterlassungsantrags.
37
b) Nach den vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann ein gegen den Beklagten gerichteter Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die die Annahme einer Begehungsgefahr in der Person des Beklagten rechtfertigen.
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aa) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Beklagte selbst die in Rede stehenden Gerüstteile vertrieben hat.
39
bb) Der Beklagte braucht sich auch nicht eine in der Person der Schuldnerin entstandene Wiederholungsgefahr zurechnen zu lassen.
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Ein unterstellter Wettbewerbsverstoß der Schuldnerin begründet in ihrer Person eine Wiederholungsgefahr. Diese ist jedoch nicht auf den Beklagten als Insolvenzverwalter übergegangen. Die Wiederholungsgefahr ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch Genommenen zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechtsvorgänger die Wiederholungsgefahr durch eigenes Verhalten begründet hat, sondern auch dann, wenn der Wettbewerbsverstoß durch Organe des Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist (BGHZ 172, 165 Tz. 11 - Schuldnachfolge; BGH, Urt. v. 3.4.2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Tz. 39 = WRP 2008, 1434 - Schuhpark). Dieselben Grundsätze gelten auch für den Beklagten als Insolvenzverwalter. Dieser übt als Partei kraft Amtes die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse im eigenen Namen aus (vgl. BGHZ 88, 331, 334; 121, 179, 184; 175, 86 Tz. 11).
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cc) Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen auch nicht erkennen , dass bei dem Beklagten eine Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf zukünftige Verletzungshandlungen besteht. Von einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Unterlassungsanspruch ist nur auszugehen, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Entsprechende Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat vielmehr in anderem Zusammenhang eine Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf drohende Rechtsverletzungen durch den Beklagten verneint.
42
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch für Verletzungshandlungen der Schuldnerin in der Zeit vom 10. November 1998 bis 12. März 2003 entsprechend der Forderungsanmeldung Nr. 267 zur Insolvenztabelle zu. Es ist davon ausgegangen, dass die Köpfe der Riegel, der Diagonalen und der sonstigen Bauteile des Gerüstes "a. -f. " der Schuldnerin eine unlautere Nachahmung der entsprechenden Teile des Gerüstes "L. -Allround" der Klägerin i.S. von §§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG sind. Auch diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
43
Der Klageantrag zu 3 (Feststellungsantrag) ist schon deshalb unzulässig, weil Ansprüche, die eine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach zum Gegenstand haben, als solche nicht in die Insolvenztabelle eingetragen werden können. Sie müssen nach § 174 Abs. 2, § 45 Satz 1 InsO mit einem bezifferten Geldbetrag geltend gemacht werden, der im vorliegenden Fall zu schätzen ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2003 - IX ZR 165/02, NJW-RR 2004, 1050, 1051). Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht der Klägerin nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu einer sachdienlichen Antragstellung geben müssen. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch auf ein faires Verfahren gebieten es in einem solchen Fall, in dem die Frage der Bezifferung des Schadensersatzanspruchs nach dem Klageantrag zu 3 erstmals in der Revisionsinstanz Bedeutung erlangt hat, der Klägerin im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit zur Stellung eines sachdienlichen Antrags zu geben.
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3. Steht danach nicht fest, dass die Schuldnerin für den Zeitraum vom 10. November 1998 bis 12. März 2003 zum Schadensersatz verpflichtet ist, kann auch die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 2 auf Rechnungslegung für diesen Zeitraum keinen Bestand haben.
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4. Das Berufungsurteil kann danach - soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist - nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
46
a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die den Schluss rechtfertigen, dass die für das Unterlassungsbegehren der Klägerin erforderliche Begehungsgefahr zukünftiger Rechtsverletzungen durch den Beklagten fehlt. Es hat zwar bei der Prüfung der Schadensersatzpflicht des Beklagten angenommen, dass das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 16. Juni 2004 keine Erstbegehungsgefahr begründet. Zu Recht macht die Revisionserwiderung der Klägerin aber im Wege einer Gegenrüge geltend, dass die Klägerin darüber hinausgehend zur Gefahr zukünftiger Rechtsverletzungen durch den Beklagten in der Berufungsinstanz vorgetragen hat. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt folgerichtig - noch nicht gewürdigt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich aus diesem Vortrag - seine Richtigkeit unterstellt - die Gefahr zukünftiger Rechtsverletzungen des Beklagten ergibt. Dazu wird das Berufungsgericht die gesamten Geschäftsschreiben des Beklagten und die Werbeaussagen über das Produktangebot und die Fortführung der Produktion nach Insolvenzeröffnung, auf die sich die Klägerin bezogen hat, in seine Beurteilung einzubeziehen haben.
47
b) Für die erneute Verhandlung und Entscheidung über das Schadensersatzbegehren nach dem Klageantrag zu 3 - die Bezifferung des zur Insolvenztabelle angemeldeten Anspruchs unterstellt - und über den hierauf bezogenen Rechnungslegungsanspruch (Klageantrag zu 2 bis zum 12. März 2003) weist der Senat darauf hin, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Grund der Schadensersatzverpflichtung nach § 9 Satz 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG rechtsfehlerhaft ist.
48
aa) Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses kann wettbewerbswidrig sein, wenn es von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart , der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen (BGH, Urt. v. 2.4.2009 - I ZR 199/06, GRUR 2009, 1073 Tz. 10 = WRP 2009, 1372 - Ausbeinmesser).
49
bb) Das Berufungsgericht hat keine ausdrücklichen Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart der Köpfe der Gerüstbauteile der Klägerin getroffen. Es ist jedoch erkennbar von einer wettbewerblichen Eigenart des Produktes der Klägerin ausgegangen. Das Landgericht hat eine wettbewerbliche Eigenart des Gerüstes der Klägerin bejaht. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil in Bezug genommen und insoweit ersichtlich ebenfalls eine wettbewerbliche Eigenart des Erzeugnisses der Klägerin schlüssig bejaht. Hierfür spricht auch der Umstand, dass das Berufungsgericht in dem vorausgegangenen Rechtsstreit zwischen der Klägerin und der Schuldnerin eine wettbewerbliche Eigenart des Gerüstes der Klägerin angenommen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 523 = WRP 2000, 493 - Modulgerüst I). Die Revision des Beklagten macht nicht geltend, dass sich an dieser Beurteilung etwas geändert hat und richtet in diesem Zusammenhang auch keine Rügen gegen das Berufungsurteil.
50
cc) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in Rede stehenden Köpfe der Bauteile des Gerüstes der Schuldnerin eine Nachahmung des Gerüstes der Klägerin sind. Das Berufungsgericht hat insoweit auf seine Feststellungen im vorausgegangenen Rechtsstreit zwischen der Klägerin und der Schuldnerin Bezug genommen. Dass diese tatrichterlichen Feststellungen im vorliegenden Verfahren nicht tragen, macht die Revision des Beklagten nicht geltend.
51
dd) Mit Erfolg wendet sich die Revision des Beklagten aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die für die Nachahmung erforderlichen Unterlagen unredlich erlangt.
52
(1) Unbegründet sind allerdings die Rügen der Revision des Beklagten, die sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richten, die Schuldnerin habe für die Konstruktion der fraglichen Gerüstköpfe die Konstruktionszeichnungen der Klägerin verwendet. Das Berufungsgericht hat seine Überzeugung, dass die Konstruktionszeichnungen der Klägerin von der Schuldnerin für deren Produkte benutzt worden sind, aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S. gewonnen. Nach diesem Gutachten hat der Sachverständige 40 Konstruktionsmerkmale einschließlich des verwendeten Werkstoffs der Kopfstücke untersucht. Bei fünf dieser Konstruktionsmerkmale ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit (mindestens 5:1), dass die betreffenden Merkmale aus den fraglichen Konstruktionszeichnungen stammten. Bei fünf weiteren Konstruktionsmerkmalen hat der Sachverständige angenommen, dass sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (zwischen 5:1 und 2:1) aus den Konstruktionszeichnungen herrührten. Er hat weiter festgestellt, dass die Maße in Grenzen frei wählbar und für eine Kompatibilität der Geräte nicht notwendig seien. Das Berufungsgericht hat daraus - sachverständig beraten - den Schluss gezogen, die Summe der Übereinstimmungen rechtfertige mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Schluss, dass der Produktion der Köpfe der Gerüstbauteile die fraglichen Konstruktionszeich- nungen zugrunde lagen. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
53
Ohne Erfolg macht die Revision des Beklagten geltend, die frei auf dem Markt erhältlichen Bauteile hätten nach Entfernen des Zinkanstrichs mit einer 3D-Koordinatenmessmaschine abgegriffen werden können. Die entsprechende Maschine habe in der Firmengruppe der Schuldnerin zur Verfügung gestanden. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dieser Vortrag nicht die Feststellungen des Sachverständigen erschüttert, weil der Beklagte nicht vorgetragen hat, dass die Maße tatsächlich mit der 3D-Koordinatenmessmaschine ermittelt und nicht aus den Konstruktionszeichnungen übernommen worden sind. Vergeblich rügt die Revision des Beklagten in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Hinweispflicht des Berufungsgerichts nach § 139 ZPO. Zu einem entsprechenden Hinweis hatte das Berufungsgericht keine Veranlassung. Der Beklagte hatte jeweils nur auf die Möglichkeit der maschinellen Übernahme der Maße abgestellt. In ihrer Reaktion auf den Vortrag des Beklagten hat die Klägerin danach unterschieden, ob allein die bloße Möglichkeit der rechtmäßigen Beschaffung der Maße die Schuldnerin entlasten konnte und ob die Übernahme der Maße aus den Konstruktionszeichnungen aufgrund des Sachverständigengutachtens feststand. Danach hatte der Beklagte Veranlassung, nicht nur zu einer Einsatzmöglichkeit der 3D-Koordinatenmessmaschine , sondern auch zu deren Einsatz bei der Konstruktion der Gerüstköpfe vorzutragen, wenn er sich auf einen solchen Einsatz zu seiner Verteidigung berufen wollte. Eines Hinweises des Berufungsgerichts nach § 139 ZPO bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht, weil die Hinweispflicht nicht dazu dient, Lücken im Parteivortrag auszufüllen und eine Partei zu weiterem Verteidigungsvorbringen erst zu veranlassen.
54
(2) Mit Erfolg rügt die Revision des Beklagten jedoch, die Feststellungen des Berufungsgerichts trügen nicht seine Annahme, die Schuldnerin habe die Konstruktionszeichnungen unredlich i.S. von § 4 Nr. 9 lit. c UWG erlangt.
55
Unredlich verschafft hat sich die Schuldnerin die Konstruktionszeichnungen , wenn sie bei deren Erlangung einen Straftatbestand i.S. der §§ 17, 18 UWG verwirklicht oder sich an seiner Verwirklichung beteiligt hat oder wenn die Weitergabe der Konstruktionszeichnungen einen Vertrauensbruch darstellte (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 64/00, GRUR 2003, 356, 357 = WRP 2003, 500 - Präzisionsmessgeräte; Erdmann, Festschrift für Vieregge, 1995, S. 197, 214).
56
Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, Grundlage des Nachbaus der Schuldnerin seien mit einem Vertraulichkeitsvermerk versehene Konstruktionspläne der Klägerin gewesen, die diese der Gießerei W.-KG zur Verfügung gestellt habe, von der die Pläne in den Besitz der Schuldnerin gelangt seien. Diese Feststellungen halten den Angriffen der Revision des Beklagten nicht stand. Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen hat, die Schuldnerin habe keine mit einem Vertraulichkeitsvermerk versehenen Zeichnungen der Klägerin von der Gießerei W.-KG erhalten. Die Gießerei habe die maßgenauen Zeichnungen vielmehr selbst erstellt.
57
Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht mit der Begründung als unbeachtlich angesehen, die Konstruktionszeichnungen, die die Klägerin vorgelegt habe, wiesen ihr Firmenlogo und ihre Anschrift auf. Daraus folgt aber nicht, dass nicht ursprünglich die Gießerei W.-KG die Konstruktionszeichnungen erstellt und sie ohne einen Vertraulichkeitsvermerk und auch ohne Vertrauensbruch gegenüber der Klägerin an die Schuldnerin weitergeben konnte. Das Be- rufungsgericht hätte daher den vom Beklagten angebotenen Beweis erheben müssen, bevor es dessen Vortrag als widerlegt ansah.
58
Die Revision des Beklagten rügt weiter mit Recht, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag des Beklagten auseinandergesetzt, die Schuldnerin habe auch keine Konstruktionszeichnungen von der Gießerei W.-KG erhalten, sondern nur die gießtechnischen Werte mitgeteilt bekommen. Dieser Vortrag ist durch die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht widerlegt. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass dieser Vortrag in Anbetracht der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. ausgeschlossen ist. Danach hätte es den angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen.
59
IV. Revision der Klägerin
60
Das Berufungsgericht hat den auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten gerichteten Klageantrag zu 4 und den hierauf bezogenen Rechnungslegungsanspruch nach dem Klageantrag zu 2 (Zeitraum nach dem 12. März 2003) als unbegründet erachtet. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
61
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe für den Zeitraum von der Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots gegenüber der Schuldnerin am 12. März 2003 bis zum 31. Dezember 2003 kein Schadensersatzanspruch nach § 9 Satz 1 UWG gegen den Beklagten zu. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beklagte unter Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG selbst Teile des Gerüstes "a. -f. " vertrieben habe. Die Klägerin habe sich wegen Vertriebshandlungen des Beklagten nur auf ein Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16. Juni 2004 bezogen. Aus diesem er- gebe sich nicht, dass der Beklagte unlauter nachgeahmte Teile des Gerüstes "a. -f. " vertrieben habe.
62
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision der Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass diese sich für Vertriebshandlungen des Beklagten nicht nur auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 16. Juni 2004 bezogen, sondern in Schriftsätzen vom 31. Mai und 20. September 2005 vorgetragen hat, der Beklagte habe Gerüstteile des Modells "a. -f. " veräußert. Der Beklagte hat jedoch bestritten, selbst Gerüstteile mit den beanstandeten Köpfen vertrieben zu haben, und geltend gemacht, das Gerüstmaterial sei von Gläubigerbanken verwertet worden.
63
Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich nicht, dass der Beklagte die in Rede stehenden Gerüstteile des Modells "a. -f. " ver trieben hat. Dies lässt sich insbesondere dem Veräußerungsvertrag vom 9. Januar 2004 nicht entnehmen, auf den sich die Klägerin zum Beweis ihres Vortrags bezogen hat. Noch weniger ergibt sich aus diesem Vertrag, dass er Gerüstteile zum Gegenstand hatte, die die hier fraglichen Köpfe aufwiesen, oder dass der Beklagte in der Zeit zwischen dem 12. März 2003 und dem Abschluss des Veräußerungsvertrags entsprechende Gerüstteile an Dritte veräußert hat. Auch den weiteren Anlagen, auf die sich die Revision der Klägerin für ihre gegenteilige Ansicht beruft, lässt sich für einen entsprechenden Vertrieb von Seiten des Beklagten nichts entnehmen. Das von dem Beklagten mitunterzeichnete Schreiben der Schuldnerin vom 13. Januar 2003 ist vor dem hier maßgeblichen Zeitraum verfasst worden. Aus ihm ergibt sich auch nur allgemein, dass Produktion und Vertrieb der Schuldnerin fortgesetzt werden sollen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in dem hier in Rede stehenden Zeitraum die beanstandeten Gerüstteile vertrieben hat, finden sich in dem Schreiben nicht.
Gleiches gilt für die weiteren Anlagen, die die Klägerin zum Nachweis von Vertriebshandlungen des Beklagten vorgelegt hat und auf die die Revision der Klägerin abhebt.
64
2. Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzpflicht des Beklagten für die Zeit nach dem 1. Januar 2004 aufgrund von Vertriebshandlungen der A. GmbH nach § 9 Satz 1 UWG i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG verneint. Es hat angenommen, deren geschäftliche Aktivitäten beruhten nicht auf einer Initiative des Beklagten und dieser habe die Konstruktionspläne für die Herstellung der Gerüstköpfe der A. GmbH auch nicht bewusst überlassen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
65
Eine Haftung des Beklagten als Mittäter oder Teilnehmer an einer möglichen Rechtsverletzung der A. GmbH, die vorliegend allein in Betracht kommt, scheidet aus. Mittäterschaft setzt eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraus. Als Teilnehmer an einer rechtswidrigen Verhaltensweise eines anderen haftet nur, wer diese Verhaltensweise zumindest mit bedingtem Vorsatz gefördert oder dazu angestiftet hat. Zum Teilnehmervorsatz gehört dabei neben der Kenntnis der objektiven Tatumstände auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat (vgl. BGHZ 180, 134 Tz. 14 - Halzband). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
66
Aus dem von der Revision der Klägerin als übergangen gerügten Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Hinblick auf mögliche Rechtsverletzungen der Erwerberin des Betriebsvermögens der Schuldnerin, der A. GmbH, mit dem für einen Mittäter oder Teilnehmer erforderlichen Vorsatz gehandelt hat. Der Veräußerungsvertrag vom 9. Januar 2004 (§ 6 Nr. 2) und das Schreiben des Bevollmächtigten der A. GmbH vom 4. März 2004, auf die die Revision der Klägerin abstellt, weisen vielmehr aus, dass der Beklagte die Erwerberin über den schwebenden Rechtsstreit im Einzelnen informiert hat. Dann lässt sich aber nicht annehmen, dass der Beklagte eine rechtswidrige Verhaltensweise der Erwerberin vorsätzlich fördern wollte.
67
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch den Rechnungslegungsanspruch für die Zeit nach dem 12. März 2003 verneint, weil der mit dem Klageantrag zu 4 verfolgte Schadensersatzanspruch nicht gegeben ist.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 22.03.2002 - 91 O 78/99 -
OLG Köln, Entscheidung vom 31.08.2007 - 6 U 80/02 -

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 169/05 Verkündet am:
5. Juni 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
POST

a) Ist eine im patentamtlichen Löschungsverfahren wegen Vorliegens eines
absoluten Schutzhindernisses nach §§ 50, 54 MarkenG ergangene Löschungsanordnung
noch nicht rechtskräftig, ist im Verletzungsrechtsstreit
bis zur Rechtskraft der Entscheidung weiter vom Bestand der Marke auszugehen.

b) Besteht eine Marke aus einem die geschützten Waren oder Dienstleistungen
beschreibenden Begriff (hier: POST), stellt dessen Benutzung durch einen
Dritten als Bestandteil eines Kennzeichens (hier: Die Neue Post) für
entsprechende Waren oder Dienstleistungen keinen Verstoß gegen die guten
Sitten i.S. von § 23 MarkenG dar, wenn der Dritte nach Wegfall des Monopols
des Markeninhabers ein besonderes Interesse an der Verwendung
dieses Begriffs hat. Erforderlich ist allerdings, dass das Drittkennzeichen
sich durch Zusätze vom Markenwort abhebt und sich nicht an weitere
Kennzeichen des Markeninhabers (hier: Posthorn, Farbe Gelb) anlehnt.
BGH, Urt. v. 5. Juni 2008 - I ZR 169/05 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. August 2005 im Kostenpunkt und im Umfang der Zulassung der Revision aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 20. Januar 2005 auch im Umfang der Aufhebung abgeändert.
Die Klage wird mit den Klageanträgen zu 1 a und b (Verbotsanträge "Die Neue Post" und "die-neue-post.de"), den hierauf bezogenen Klageanträgen zu 2 und 4 (Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ) und dem Klageantrag zu 3 (Einwilligung in die Löschung des Domain-Namens) abgewiesen.
Die Kosten erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens fallen der Beklagten und die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens der Klägerin zur Last.
Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die Deutsche Post AG, ist eines der weltweit größten Brief-, Paket- und Kurierdienstleistungsunternehmen. Sie ist Inhaberin der mit Priorität vom 22. Februar 2000 aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Wortmarke Nr. 300 12 966 "POST", die für die Dienstleistungen "Beförderung und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen und Päckchen" Schutz genießt. Sie ist weiterhin Inhaberin zahlreicher Marken, die mit dem Bestandteil "Post" gebildet sind. Zugunsten der Klägerin sind außerdem als Bildmarke ein schwarzes Posthorn und als Farbmarke die Farbe "Gelb" (RAL Nr. 1032) eingetragen.
2
Die Beklagte betreibt seit August 2002 ein Unternehmen für Kurierdienste und Postdienstleistungen für die Bereiche Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg. Sie firmiert unter "Die Neue Post". Bei ihrem in den Klageanträgen wiedergegebenen Internet-Auftritt verwendet sie die Internet-Adresse "die-neuepost.de".
3
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Wortmarke "POST" und ihr Unternehmenskennzeichen würden durch die Verwendung der Bezeichnungen "Die Neue Post" und die Farbe Gelb sowie das stilisierte Posthorn durch die Beklagte verletzt.
4
Sie hat beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr die Kennzeichnungen ,
a) "Die Neue Post" und/oder
b) "die-neue-post.de" und/oder
c) die Farbe "Gelb" und/oder
d) das stilisierte Posthorn wie nachfolgend abgebildet (es folgen acht Internet-Seiten, von denen nachstehend beispielhaft eine wiedergegeben ist): zum Anbieten und/oder Erbringen der folgenden Dienstleistungen und/oder in Geschäftspapieren und/oder zum Bewerben für diese Dienstleistungen zu benutzen und/oder benutzen zu lassen: Auslieferung von Paketen, Briefen und/oder Karten; Austragen (Verteilen) von Zeitungen; Kurierdienste (Nachrichten oder Waren ); Nachrichtenüberbringung (Botendienst); Transport von Wertsachen; Warenauslieferung; Zustellung (Auslieferung) von Versandhandelsware und/oder gewerbsmäßige Beförderung von Briefsendungen.
5
Die Klägerin hat die Beklagte weiter auf Auskunftserteilung und Einwilligung in die Löschung des Domain-Namens in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung begehrt.
6
Das Landgericht hat die Beklagte mit Ausnahme des Klageantrags zu 1 d und der darauf bezogenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche antragsgemäß verurteilt (LG Magdeburg GRUR-RR 2005, 158).
7
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und sie auf die Anschlussberufung der Klägerin auch nach dem Klageantrag zu 1 d und den damit im Zusammenhang stehenden Klageanträgen (Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung) verurteilt (OLG Naumburg GRUR-RR 2006, 256).
8
Der Senat hat die Revision beschränkt auf die Verurteilung nach den Klageanträgen zu 1 a und b, auf die hierauf bezogene Verurteilung zur Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie auf die Verurteilung zur Einwilligung in die Löschung des Domain-Namens zugelassen.
9
Die Beklagte beantragt, die Klage in dem Umfang, in dem die Revision zugelassen worden ist, abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat die mit den Klageanträgen zu 1 a und b, den hierauf bezogenen Klageanträgen auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und dem Klageantrag zu 3 verfolgten Ansprüche aufgrund einer Verletzung der Wortmarke "POST" der Klägerin i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Die Beklagte benutze die angegriffenen Bezeichnungen markenmäßig; die angesprochenen Verkehrskreise sähen in den Bezeichnungen einen Herkunftshinweis und keinen bloßen Sachhinweis. Zwischen der Wortmarke "POST" der Klägerin und den von der Beklagten benutzten Bezeichnungen bestehe Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Parteien böten identische Dienstleistungen unter den Kollisionszeichen an. Die Klagemarke sei als verkehrsdurchgesetztes Zeichen vom Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden. Als kraft Verkehrsdurchsetzung registriert sei die Wortmarke der Klägerin normal kennzeichnungskräftig. Der Grad der Zeichenähnlichkeit zwischen den Kollisionszeichen sei hoch. Der Bestandteil "Post" präge in den angegriffenen Zeichen deren Gesamteindruck, während die weiteren Wortbestandteile "Die Neue" und "die-neue" beschreibend seien und allenfalls mitprägenden Charakter hätten. Die Verwendung der kollidierenden Zeichen sei für die Beklagte auch nicht nach § 23 Nr. 2 MarkenG freigestellt. Vorliegend seien über die Verwechslungsgefahr hinaus zusätzliche, die Unlauterkeit der Annäherung begründende Umstände gegeben. Aus dem Gesamtauftritt der Beklagten ergebe sich, dass diese es darauf angelegt habe, mit der Klägerin auch unternehmensmäßig in Verbindung gebracht zu werden. Die Beklagte verwende mit ihrem in Gelb gehaltenem Internet-Auftritt eine dem klassischen Post-Gelb sehr ähnliche Farbgestaltung.
12
II. Die Revision ist in dem Umfang, in dem der Senat sie zugelassen hat, begründet. Gegenstand des Rechtsstreits sind nur noch die behaupteten Verletzungen der Kennzeichenrechte der Klägerin aufgrund der Verwendung der Bezeichnungen "Die Neue Post" und "die-neue-post.de" durch die Beklagte und die Einwilligung in die Löschung des Domain-Namens.
13
1. Der Klägerin steht der auf ein Verbot der Verwendung der Zeichen "Die Neue Post" und "die-neue-post.de" gerichtete Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG aufgrund der Klagemarke Nr. 300 12 966 "POST" nicht zu.
14
a) Im vorliegenden Verletzungsprozess ist vom Bestand der Klagemarke auszugehen. Der Verletzungsrichter ist grundsätzlich an die Eintragung der Marke gebunden (BGHZ 156, 112, 116 f. - Kinder I; 164, 139, 142 - Dentale Abformmasse). Die Klagemarke steht nach wie vor in Kraft. Sie ist zwar nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Löschungsverfahren vom Deutschen Patent- und Markenamt gelöscht worden, und die hiergegen gerichteten Beschwerden der Klägerin sind vom Bundespatentgericht zurückgewiesen worden (BPatG, Beschl. v. 10.4.2007 - 26 W (pat) 24/06, GRUR 2007, 714 und 26 W (pat) 25-29/06). Eine Veränderung der Schutzrechtslage ist im Markenverletzungsstreit auch noch in der Revisionsinstanz zu beachten (BGH, Beschl. v. 13.3.1997 - I ZB 4/95, GRUR 1997, 634 = WRP 1997, 758 - Turbo II; Urt. v. 24.2.2000 - I ZR 168/97, GRUR 2000, 1028, 1030 = WRP 2000, 1148 - Ballermann ). Die Beschwerdeentscheidungen, mit denen das Bundespatentgericht die Löschungsanordnungen des Deutschen Patent- und Markenamts bestätigt hat, sind jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat gegen die Entschei- dungen des Bundespatentgerichts Rechtsbeschwerde eingelegt. Solange die Löschungsanordnung nach §§ 50, 54 MarkenG nicht rechtskräftig ist, besteht im Verletzungsverfahren keine Änderung der Schutzrechtslage (OLG Dresden NJWE-WettbR 1999, 133, 136; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 71; GRUR-RR 2005, 149; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 14 Rdn. 13; a.A. OLG Köln ZUM RD 2001, 352, 354; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rdn. 16). Die gegenteilige Auffassung berücksichtigt nicht hinreichend die aufschiebende Wirkung des im Löschungsverfahren eingelegten Rechtsmittels (§ 66 Abs. 1 Satz 3, § 83 Abs. 1 Satz 2 MarkenG) und die Aufgabenverteilung zwischen den Eintragungsinstanzen und den Verletzungsgerichten, nach denen nur den ersten eine Zuständigkeit zur Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen zugewiesen ist (BGH, Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 = WRP 2005, 616 - Lila-Schokolade; Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 416 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck). Würde bereits eine nicht rechtskräftige Löschungsanordnung ausreichen, um die Bindungswirkung des Verletzungsrichters an die Markeneintragung zu beseitigen, bestünde die Gefahr widersprechender Entscheidungen zwischen den Eintragungsinstanzen und den Verletzungsgerichten bei der Prüfung der absoluten Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG.
15
b) Ob die Beurteilung des Berufungsgerichts im Ergebnis zutrifft, zwischen der Wortmarke "POST" der Klägerin und den angegriffenen Zeichen "Die Neue Post" und "die-neue-post.de" in Alleinstellung bestehe Verwechslungsgefahr , kann offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls nach § 23 Nr. 2 MarkenG nicht zu.
16
aa) Nach dieser Vorschrift, die Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL umsetzt, gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, ein mit der Marke identisches oder ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale der Dienstleistungen, insbesondere ihre Art oder ihre Beschaffenheit, im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Diese Voraussetzungen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG sind im Streitfall erfüllt.
17
bb) Die Vorschrift unterscheidet nicht nach den verschiedenen Möglichkeiten der Verwendung der in § 23 Nr. 2 MarkenG genannten Angaben (zu Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL: EuGH, Urt. v. 7.1.2004 - C-100/02, Slg. 2004, I-691 = GRUR 2004, 234 Tz. 19 - Gerolsteiner Brunnen). Die Anwendung des § 23 Nr. 2 MarkenG ist deshalb nicht ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einschließlich einer Benutzung des angegriffenen Zeichens als Marke, also zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen , vorliegen (BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, GRUR 2004, 600, 602 = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX; Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 308/01, GRUR 2004, 949, 950 = WRP 2004, 1285 - Regiopost/Regional Post). Entscheidend ist vielmehr, ob die angegriffenen Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften der Dienstleistungen verwendet werden und die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht (Art. 6 MarkenRL ) sowie - was inhaltlich mit der Formulierung der Richtlinienvorschrift übereinstimmt - nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 23 MarkenG).
18
cc) Die Beklagte benutzt den mit der Klagemarke übereinstimmenden Bestandteil "POST" der Kollisionszeichen zur Bezeichnung von Merkmalen ihrer Dienstleistungen. Unter den angegriffenen Zeichen erbringt die Beklagte Kurierdienste und Postdienstleistungen.
19
Der Begriff "POST" bezeichnet in der deutschen Sprache einerseits die Einrichtung, die Briefe, Pakete, Päckchen und andere Waren befördert und zu- stellt, und andererseits die beförderten und zugestellten Güter selbst, z.B. Briefe , Karten, Pakete und Päckchen. Im letzteren Sinn beschreibt der Bestandteil "POST" der angegriffenen Zeichen den Gegenstand, auf den sich die Dienstleistungen der Beklagten beziehen. Er ist daher eine Angabe über ein Merkmal der Dienstleistungen i.S. von § 23 Nr. 2 MarkenG.
20
dd) Die Benutzung der Kollisionszeichen "Die Neue Post" und "die-neuepost.de" durch die Beklagte verstößt auch nicht gegen die guten Sitten i.S. von § 23 MarkenG.
21
(1) Das Tatbestandsmerkmal des Verstoßes gegen die guten Sitten im Sinne dieser Bestimmung ist richtlinienkonform auszulegen. Danach ist von einer Unlauterkeit der Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen auszugehen , wenn die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel nicht entspricht (Art. 6 Abs. 1 MarkenRL). Der Sache nach verpflichtet dies den Dritten, den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderzuhandeln (EuGH GRUR 2004, 234 Tz. 24 - Gerolsteiner Brunnen; Urt. v. 11.9.2007 - C-17/06, GRUR 2007, 971 Tz. 33 und 35 - Céline). Dies erfordert eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (EuGH, Urt. v. 16.11.2004 - C-245/02, Slg. 2004, I-10989 = GRUR 2005, 153 Tz. 82 und 84 - Anheuser Busch; BGH, Urt. v. 1.4.2004 - I ZR 23/02, GRUR 2004, 947, 948 = WRP 2004, 1364 - Gazoz), die Sache der nationalen Gerichte ist (EuGH, Urt. v. 17.3.2005 - C-228/03, Slg. 2005, I-2337 = GRUR 2005, 509 Tz. 52 - Gillette). Diese gebotene umfassende Beurteilung aller Umstände ergibt vorliegend, dass die Benutzung der jetzt noch in Rede stehenden Zeichen durch die Beklagte nicht unlauter ist.
22
(2) Der Senat hat offengelassen, ob zwischen der Klagemarke und den beanstandeten Zeichen der Beklagten eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht. Zugunsten der Klägerin ist deshalb bei der gebotenen Gesamtabwägung vom Vorliegen einer Verwechslungsgefahr auszugehen. Ein erheblicher Teil des Publikums wird danach eine Verbindung zwischen den Dienstleistungen der Parteien herstellen, was der Beklagten hätte bewusst sein müssen. Dies führt jedoch nicht zwangsläufig zur Annahme eines Verstoßes gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel, weil die Schutzschranke des § 23 MarkenG ansonsten leer liefe (vgl. EuGH GRUR 2004, 234 Tz. 25 - Gerolsteiner Brunnen; GRUR 2007, 971 Tz. 36 - Céline; BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 34/02, GRUR 2005, 423, 425 = WRP 2005, 496 - Staubsaugerfiltertüten).
23
Der Annahme eines Verstoßes gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel steht im Streitfall der Umstand entgegen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Deutsche Bundespost, als früheres Monopolunternehmen ausschließlich mit der Postbeförderung in Deutschland betraut war und seit der teilweisen Öffnung des Marktes für Postdienstleistungen auch für private Anbieter in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein besonderes Interesse dieser Unternehmen an der Verwendung des die in Rede stehenden Dienstleistungen beschreibenden Wortes "POST" zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen besteht. Ohne eine entsprechende Beschränkung des Schutzumfangs der Klagemarke würden die erst später auf den Markt eintretenden privaten Wettbewerber von vornherein von der Benutzung des Wortes "POST" ausgeschlossen und ausschließlich auf andere (Fantasie-)Bezeichnungen verwiesen. Da Art. 6 MarkenRL und § 23 MarkenG dazu dienen, die Interessen des Markenschutzes und des freien Warenverkehrs sowie der Dienstleistungsfreiheit in der Weise in Einklang zu bringen, dass das Markenrecht seine Rolle als wesentlicher Teil eines Systems unverfälschten Wettbewerbs spielen kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 234 Tz. 16 - Gerolsteiner Brunnen; GRUR 2005, 509 Tz. 29 - Gillette; Urt. v. 10.4.2008 - C-102/07, GRUR 2008, 503 Tz. 45 - adidas), ist Wettbewerbern, die neu auf einem bisher durch Monopolstrukturen gekennzeichneten Markt auftreten, die Benutzung eines beschreibenden Begriffs wie "POST" auch dann zu gestatten, wenn eine Verwechslungsgefahr mit der gleichlautenden, für die Rechtsnachfolgerin des bisherigen Monopolunternehmens eingetragenen bekannten Wortmarke besteht. Dadurch tritt zwar eine Beschränkung des Schutzumfangs der Klagemarke ein. Diese Beschränkung ist wegen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG im vorliegenden Fall aber im Kern bereits dadurch angelegt, dass eine beschreibende Angabe als Marke verwendet wird. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Beklagte zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen und ihres Unternehmens nicht zwingend auf den Begriff "POST" angewiesen ist, sondern auch andere Bezeichnungen wählen könnte. Die Beschränkung des Schutzumfangs ist allerdings auf ein angemessenes Maß dadurch zu verringern, dass die neu hinzutretenden Wettbewerber sich durch Zusätze von dem in Alleinstellung benutzten Markenwort abgrenzen müssen und nicht durch eine Anlehnung an weitere Kennzeichen der Markeninhaberin (Posthorn, Farbe Gelb) die Verwechslungsgefahr erhöhen dürfen.
24
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte mit den angegriffenen Zeichen, die den Zusatz "Die Neue" in Groß- oder Kleinschreibung tragen, einen ausreichenden Abstand von der Klagemarke gewahrt, um nicht gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zu verstoßen. Anders verhält es sich dagegen, soweit die Beklagte zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen die Farbe "Gelb" oder das beanstandete Posthorn in Verbindung mit den Zeichen "Die Neue Post" und "die-neue-post.de" verwandt hat. Dadurch hat die Beklagte sich der Klagemarke "POST" in einer Weise angenähert, die die Klägerin nicht mehr als anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entsprechend hinnehmen muss.
25
c) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch lässt sich auch nicht auf den Schutz einer bekannten Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG stützen. In diesem Zusammenhang kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Klagemarke die Voraussetzungen einer bekannten Marke erfüllt (hierzu näher Büscher, FS Ullmann, 2006, S. 129, 140 f.).
26
Die Verwendung der angegriffenen Zeichen erfolgt jedoch nicht ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Insoweit gelten dieselben Erwägungen (II 1 b dd), die der Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten i.S. von § 23 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen (vgl. BGH, Urt. v. 14.1.1999 - I ZR 149/96, GRUR 1999, 992, 994 = WRP 1999, 931 - BIG PACK).
27
d) Die auf die Klageanträge zu 1 a und b bezogenen Klageanträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie der Antrag auf Einwilligung in die Löschung des Domain-Namens (§ 14 Abs. 2, 5 und 6, § 19 MarkenG, § 242 BGB) sind ebenfalls nicht begründet, weil die Klagemarke nicht verletzt worden ist.
28
2. Die Klägerin kann die geltend gemachten Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf das Unternehmenskennzeichen "Deutsche Post AG" und das Firmenschlagwort "POST" der vollständigen Firmenbezeichnung stützen.
29
a) Zugunsten der Klägerin kann eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen unterstellt werden. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die Bezeichnungen "Deutsche Post AG" und "Post" die Voraussetzungen erfüllen, die an ein bekanntes Unternehmenskennzeichen nach § 15 Abs. 3 MarkenG zu stellen sind.
30
b) Den aus § 15 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG abgeleiteten Ansprüchen wegen Verwechslungsgefahr steht jedoch die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG entgegen. Hierfür sind dieselben Erwägungen maßgeblich, die zum Ausschluss der markenrechtlichen Ansprüche nach § 23 Nr. 2 MarkenG geführt haben.
31
c) Die aus dem Schutz des bekannten Unternehmenskennzeichens nach § 15 Abs. 3 MarkenG hergeleiteten Ansprüche sind nicht gegeben, weil die Beklagte die Kollisionszeichen nicht ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise verwendet hat. Insoweit gilt nichts anderes als das zum Schutz der Marke "POST" der Klägerin Ausgeführte.
32
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 20.01.2005 - 7 O 2369/04 (061) -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 19.08.2005 - 10 U 9/05 -

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken

1.
von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder
2.
im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 151/05 Verkündet am:
13. März 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Metrosex
Die Anmeldung und die Eintragung eines Zeichens als Marke stellen als solche
noch keine kennzeichenmäßige Benutzung des Zeichens für die in Anspruch
genommenen Waren oder Dienstleistungen dar, so dass darin noch keine Verletzung
eines prioritätsälteren Kennzeichens i.S. von § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2
und 3 MarkenG liegt. Sie können jedoch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr
einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch des Inhabers des
älteren Zeichenrechts begründen.
BGH, Urt. v. 13. März 2008 - I ZR 151/05 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 28. Juli 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte auf die Klage gemäß dem Urteilstenor zu I 1 und I 2 verurteilt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, KfH 16, vom 16. Juli 2004 im Kostenpunkt und im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils abgeändert.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der Metro AG und von dieser ermächtigt worden, deren Kennzeichenrechte an der Unternehmensbezeich- nung "METRO" gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Sie selbst ist Inhaberin der am 15. April 1995 angemeldeten und am 17. November 1995 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 36 und 38 bis 42 eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 395 16 389 mit den gelben Buchstaben "METRO". Aufgrund eines Widerspruchs wurde das Eintragungsverfahren erst am 27. März 2002 abgeschlossen.
2
Die Beklagte handelt mit Baustoffen und Klempnerbedarf und bietet außerdem EDV- und Internetdienstleistungen an. Ein "Tochterunternehmen" der Beklagten, die T. P. GmbH (im Folgenden: T. P. GmbH), hat über 10.000 Domainnamen für sich registrieren lassen. Die T. P. GmbH befasst sich mit E-Commerce und ist als Verwalter von Domainnamen sowie als Portalanbieter und Internet-Dienstleister tätig. Unter der Domainadresse "www.e. .de" bietet sie pornografisches Material und Sexartikel an. Die Beklagte ließ für sich am 9. Juli 2003 die Domainnamen "metrosex.de", "metrosexuality.de" und "metro-sex.de" registrieren, die sie bislang nicht in Benutzung genommen hat. Ferner meldete die Beklagte am 22. Oktober 2004 die Wortmarke "METROSEX" für folgende Waren der Klassen 3, 14 und 18 an: "Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitinstrumente; Reise- und Handkoffer und Handtaschen, Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke". Die Marke wurde am 2. Dezember 2004 eingetragen und aufgrund einer Verzichtserklärung der Beklagten am 13. Mai 2005 wieder gelöscht.
3
Die Klägerin sieht in der Registrierung der Domainnamen der Beklagten eine Verletzung ihrer Kennzeichen- und Namensrechte.

4
Die Klägerin hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, 1. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnungen "metrosex" und/oder "metrosexuality" und/oder "metro-sex", insbesondere die Domainadressen "www.metrosex.de" und/oder "www.metrosexuality.de" und/oder "www.metro-sex.de" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen; 2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der DENIC in die Löschung der Domainadressen "www.metrosex.de", "www.metrosexuality.de" und "www.metrosex.de" einzuwilligen.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
6
Das Landgericht hat die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt.
7
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg MMR 2006, 476).
8
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen und auf Einwilligung in die Löschung der Domainnamen bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen aus dem Unternehmensschlagwort "METRO" sowohl nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG als auch nach § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG zu. Bei "METRO" handele es sich um eine besondere Geschäftsbezeichnung i.S. von § 5 Abs. 2 MarkenG. Die Klägerin könne insoweit ein eigenes und aufgrund der Ermächtigung auch das Kennzeichenrecht ihrer Muttergesellschaft geltend machen. Es bestehe die (Erstbegehungs-)Gefahr, dass die Beklagte die Domainnamen im geschäftlichen Verkehr benutzen werde. Die Veranlassung der Registrierung eines Domainnamens sei zwar als solche noch keine Benutzungshandlung im geschäftlichen Verkehr. Im Streitfall ergebe sich jedoch aus den tatsächlichen Umständen, dass die Beklagte die Domainnamen im geschäftlichen Verkehr nutzen wolle. Zwischen den für die Beklagte registrierten Domainnamen und dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin bestehe Verwechslungsgefahr. Das Unternehmensschlagwort "METRO" sei als bekannte geschäftliche Bezeichnung auch nach § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG geschützt. Die Benutzung der Domainnamen der Beklagten beeinträchtige die Unterscheidungskraft der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin in unlauterer Weise, weil die Verwendung des der geschäftlichen Bezeichnung "METRO" ähnlichen Domainbestandteils "metro" jedenfalls bei einem Teil des Verkehrs eine Zuordnungsverwirrung auslöse. Da die Beklagte nicht in substantiierter Weise dargelegt habe, zu welchem Zweck sie die Domainnamen nutzen wolle, sei der Unterlassungsanspruch nicht nach § 23 Nr. 2 oder 3 MarkenG ausgeschlossen.
11
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei auch aus ihrer Wort-/Bildmarke "METRO" nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG begründet. Zwischen der Marke der Klägerin und den Bezeichnungen der Beklagten bestünden unter Berücksichtigung einer normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarke, der Zeichenähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht und der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Sinne des gedanklichen Inverbindungbringens über ein Serienzeichen sowie eine mittelbare Verwechslungsgefahr.
12
Da die Klägerin im Rahmen der Erstbegehungsgefahr die Beeinträchtigung ihrer durch die §§ 14, 15 MarkenG geschützten Kennzeichenrechte zu befürchten habe, könne sie entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten Einwilligung in die Löschung der Domainnamen verlangen.
13
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen im angefochtenen Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Klageabweisung.
14
1. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die mit Schriftsatz vom 16. August 2004 von der "T. P. GmbH" eingelegte Berufung zulässig ist, obwohl das erstinstanzliche Urteil gegen die P. GmbH als Beklagte ergangen ist. Handelt es sich bei der "T. P. GmbH" nicht um eine selbständige juristische Person, sondern lediglich um eine unselbständige Einrichtung oder Abteilung der Beklagten, wie die Revision unter Bezugnahme auf das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 24. März 2005 geltend macht, ist die Berufung durch die Beklagte eingelegt worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses Vorbringen zutrifft oder ob es sich bei der im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils als "Tochterfirma" der Beklagten bezeichneten "T. P. GmbH" um eine selbständige juristische Person handelt. In diesem Fall läge eine offensichtliche Falschbezeich- nung der Partei vor, die es gleichfalls nicht rechtfertigte, die Berufung als unzulässig zu behandeln. Denn dem Berufungsschriftsatz vom 16. August 2004 war eine Ausfertigung des erstinstanzlichen Urteils beigefügt. Daraus war für das Berufungsgericht und für die Klägerin ohne weiteres erkennbar, dass durch dieses Urteil nur die "P. GmbH" als Beklagte, nicht jedoch deren "Tochterfirma" beschwert war. Da sich somit jedenfalls im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und des beigefügten erstinstanzlichen Urteils hinreichend klar die Beklagte als die Person der Rechtsmittelklägerin ergab, wäre die falsche Bezeichnung der Berufungsklägerin auch bei dieser Sachlage unschädlich (vgl. BGH, Beschl. v. 30.5.2000 - VI ZB 12/00, NJW-RR 2000, 1661, 1662 m.w.N.).
15
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Klägerin stehe aus ihrer Marke sowie aus ihrem Recht an der geschäftlichen Bezeichnung "METRO" - zumindest aufgrund einer Erstbegehungsgefahr - ein (vorbeugender) Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, § 15 Abs. 2 und 4, § 5 Abs. 2 MarkenG zu, die beanstandeten Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr nicht zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.
16
a) Die Registrierung eines Domainnamens stellt, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, noch keine Benutzung dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr und damit auch keine Verletzung eines mit dieser Bezeichnung identischen oder ähnlichen Kennzeichenrechts dar (BGH, Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 207/01, GRUR 2005, 687, 689 = WRP 2005, 893 - weltonline.de ). Die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall lägen jedoch hinsichtlich der Domainnamen Umstände vor, die den konkreten Schluss zuließen, die Beklagte wolle diese Domainnamen im geschäftlichen Verkehr benutzen und verletze dadurch die Marke und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin, findet, wie die Revision mit Recht rügt, in den Feststellungen des Berufungsgerichts und im unstreitigen Vorbringen der Parteien keine hinreichende Grundlage.
17
aa) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf; Urt. v. 14.7.1993 - I ZR 189/91, GRUR 1994, 57, 58 = WRP 1993, 749 - Geld-zurück-Garantie; Urt. v. 15.4.1999 - I ZR 83/97, GRUR 1999, 1097, 1099 = WRP 1999, 1133 - Preissturz ohne Ende; Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe, m.w.N.). Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.1970 - I ZR 48/68, GRUR 1970, 305, 306 - Löscafé; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 8 Rdn. 1.25; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 10 Rdn. 6 m.w.N.).
18
bb) Solche Umstände sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hinsichtlich eines aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, § 15 Abs. 2 und 4, § 5 Abs. 2 MarkenG hergeleiteten Unterlassungsanspruchs der Klägerin aus ihrer Marke und ihrer geschäftlichen Bezeichnung "METRO" nicht gegeben.
19
(1) Aus der Tatsache, dass die Domainnamen von der Beklagten als einem kaufmännischen Unternehmen angemeldet worden sind, kann nicht herge- leitet werden, dass bei einer Verwendung der Domainnamen neben dem Handeln im geschäftlichen Verkehr notwendig auch die weiteren Voraussetzungen der § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG erfüllt sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.7.2007 - I ZR 137/04, GRUR 2007, 888 Tz. 13 = WRP 2007, 1193 - Euro Telekom). Der Schutz dieser Kennzeichen setzt voraus, dass der als Verletzer in Anspruch genommene Dritte die verwechslungsfähige Bezeichnung kennzeichenmäßig verwendet (BGH, Urt. v. 16.12.2004 - I ZR 177/02, GRUR 2005, 419, 422 = WRP 2005, 605 - Räucherkate, m.w.N.). An einer kennzeichenmäßigen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung kann es fehlen, wenn sie vom Verkehr als beschreibende Angabe und nicht als Hinweis auf ein Unternehmen oder auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der im Zusammenhang mit der Bezeichnung angebotenen Produkte verstanden wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 815 = WRP 2002, 987 - Festspielhaus ; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 135/99, GRUR 2002, 812, 813 = WRP 2002, 985 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II).
20
(2) Eine solche nur beschreibende Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen kommt in Betracht, weil der Begriff "metrosexuell" oder "Metrosexualität" , wie die Beklagte dargelegt hat und wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, mit der Bedeutung benutzt werden kann, dass damit ein neuer Männertyp - heterosexuell veranlagt, modisch gekleidet, in Düfte gehüllt und vornehmlich in Metropolen lebend - beschrieben wird. Das Berufungsgericht ist dabei zwar dem Vorbringen der Beklagten nicht gefolgt, die Wortschöpfung "metrosex" sei zu einem Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs geworden. Es hat vielmehr festgestellt, dass sich diese neue Wortschöpfung in Deutschland sprachlich noch nicht allgemein durchgesetzt hat, sondern einem Teil des angesprochenen Verkehrs diese Bedeutung des Begriffs "metrosexuell" nicht bekannt ist. Darin ist jedoch die Feststellung enthalten, dass zumindest ein Teil des Verkehrs bereits jetzt den Begriff "metrosex" in dem von der Beklagten dargelegten Sinne versteht. Auch die Klägerin ist dem Vorbringen der Beklagten lediglich insoweit entgegengetreten, als diese behauptet hat, "metrosex" werde durchweg als Sachhinweis für einen bestimmten Männertyp verstanden. Es handele sich, so die Klägerin, vielmehr um ein Modewort, das letztlich nur einem ganz kleinen trendbewussten Verkehrskreis zugänglich und bekannt sein dürfte.
21
(3) Der Umstand, dass nur ein (bislang noch geringer) Teil des Verkehrs den Begriff "metrosex" in dem von der Beklagten dargelegten Sinne mit einem bestimmten Männertyp verbindet, schließt jedoch nicht aus, dass der Begriff bereits jetzt in einer Art und Weise verwendet werden kann, bei der diese Bedeutung auch von den Teilen des angesprochenen Verkehrs verstanden wird, denen sie bislang noch unbekannt ist. Das reicht für die Verneinung der Erstbegehungsgefahr aus. Es kommt insoweit nicht darauf an, dass schon jetzt ein erheblicher Teil des Verkehrs den von der Beklagten dargelegten beschreibenden Gehalt des Begriffes "metrosex" kennt.
22
Aus denselben Gründen, aus denen das Berufungsgericht eine beschreibende Bedeutung der Zeichenbestandteile "sex" und "sexuality" für die der Markeneintragung der Beklagten zugrunde liegenden Waren sowie für pornografisches Material und Sexartikel angenommen hat, ist ein Verständnis der Gesamtbezeichnungen "metrosex", "metro-sex" und "metrosexuality" als beschreibende Angaben insbesondere im Zusammenhang mit diesen Waren naheliegend , wenn durch die Art und Weise der Verwendung dem Verkehr das Verständnis dieses Begriffs als Umschreibung des genannten neuen Männertyps hinreichend verdeutlicht wird und durch den Bezug zu den betreffenden Produkten etwa zum Ausdruck gebracht wird, dass sie von Männern dieses Typs verwendet werden. Kann den beanstandeten Bezeichnungen aber in bestimmten Zusammenhängen eine beschreibende Bedeutung zukommen, dann lassen sich die Fragen des kennzeichenmäßigen Gebrauchs und auch der Verwechslungsgefahr nur an Hand konkreter Sachverhalte ausreichend beurteilen. Solche konkreten Sachverhalte hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan. Auch der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang weiter angeführte Umstand, dass die Beklagte über verschiedene Unternehmensbereiche verfügt, besagt nichts darüber, ob eine Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen in einem dieser Unternehmensbereiche kennzeichenmäßig oder beschreibend erfolgt.
23
b) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG gegen die Beklagte, die beanstandeten Bezeichnungen nicht zu verwenden, ist auch nicht deshalb begründet, weil die Beklagte die Bezeichnung "METROSEX" als Wortmarke für Waren der Klassen 3, 14 und 18 angemeldet hat und diese sodann eingetragen worden ist.
24
aa) Ein auf Wiederholungsgefahr gegründeter Verletzungsunterlassungsanspruch scheidet aus, weil die bloße Markenanmeldung und -eintragung noch keine kennzeichenmäßige Benutzung darstellt und darin schon deshalb weder eine Verletzung der Marke der Klägerin noch deren Geschäftsbezeichnung gesehen werden kann.
25
(1) Zwar hat das Reichsgericht - beiläufig und ohne nähere Begründung - auch in der bloßen Anmeldung eines verwechslungsfähigen Warenzeichens eine Verletzungshandlung gesehen, gegen die Abwehransprüche (auf Löschung des verwechslungsfähigen Zeichens) begründet seien (RG GRUR 1942, 432, 437 - Liebig). Im Schrifttum zum Warenzeichengesetz ist unter Beru- fung auf diese Entscheidung des Reichsgerichts angenommen worden, dass schon die Anmeldung eines verwechselbaren Zeichens für gleiche oder gleichartige Waren eine Unterlassungsklage nach §§ 15, 24 Abs. 1 WZG rechtfertigen könne, ohne allerdings ausdrücklich klarzustellen, ob der Unterlassungsanspruch aus einer bereits in der Anmeldung liegenden Verletzungshandlung hergeleitet oder ob von einer aufgrund der Anmeldung erst drohenden Verletzungshandlung ausgegangen wird (vgl. etwa Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht , 12. Aufl., § 24 WZG Rdn. 10, 29; Burhenne, GRUR 1955, 74, 75).
26
(2) Der Bundesgerichtshof hat bei der Prüfung, ob bereits die Anmeldung eines verwechslungsfähigen Warenzeichens einen Schaden des Inhabers eines prioritätsälteren Kennzeichens und somit einen Anspruch aus § 24 Abs. 2 WZG auf Rücknahme der Warenzeichenanmeldung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes begründe, die Auffassung des Reichsgerichts schon für die Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz als nicht unzweifelhaft angesehen , weil die Rechtsfolge aus § 24 Abs. 2 WZG lediglich für Benutzungshandlungen i.S. des § 24 Abs. 1 WZG vorgesehen sei, nicht aber auch schon für die Eintragung eines Warenzeichens (BGHZ 121, 242, 246 - TRIANGLE). Die überwiegende Ansicht im Schrifttum zum Warenzeichen- und zum Markengesetz geht in Übereinstimmung damit davon aus, dass die Anmeldung und Eintragung eines Warenzeichens oder einer Marke selbst noch keine Benutzungshandlung darstellen, sie vielmehr allenfalls die Erstbegehungsgefahr einer rechtsverletzenden Benutzung und einen darauf gestützten vorbeugenden Unterlassungsanspruch begründen können (vgl. zum WZG v. Gamm, Warenzeichengesetz , § 24 Rdn. 29; in diesem Sinne wohl auch Busse/Starck, Warenzeichengesetz , 6. Aufl., § 24 Rdn. 22; Bauer, GRUR 1965, 350, 351; Bobsin, GRUR 1954, 290, 292 f.; Zeller, GRUR 1959, 115, 117; zum MarkenG Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 14 Rdn. 109; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rdn. 142; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rdn. 1840; Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht, 2. Aufl., Rdn. 914; Nordemann, Wettbewerbsrecht Markenrecht, 10. Aufl., Rdn. 2884; Schweyer in v. Schultz, Markenrecht, 2. Aufl., § 14 Rdn. 252; a.A. Fezer, Markenrecht , 3. Aufl., § 14 Rdn. 510; Schulz, WRP 2000, 258, 260).
27
(3) Eine Verletzungshandlung i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL) kann in der bloßen Anmeldung und Eintragung eines Zeichens als Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen nicht gesehen werden, weil darin noch keine markenmäßige Benutzungshandlung liegt. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL) ist die Benutzung eines Zeichens für Waren oder Dienstleistungen erforderlich. Eine Benutzung eines Zeichens für Waren oder Dienstleistungen i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL) ist eine Benutzung zur Unterscheidung der Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 11.9.2007 - C-17/06, GRUR 2007, 971 Tz. 20 ff. = WRP 2007, 95 - Céline). Wie die in § 14 Abs. 3 MarkenG (Art. 5 Abs. 3 MarkenRL) beispielhaft aufgeführten Verletzungshandlungen zeigen, erfordert eine Benutzung für Waren oder Dienstleistungen i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG (Art. 5 Abs. 3 MarkenRL) eine Benutzung zur Kennzeichnung bestimmter Waren oder Dienstleistungen. Das Zeichen muss in der Weise benutzt werden, dass eine Verbindung zwischen ihm und den vom Zeichenbenutzer vertriebenen Waren oder den von ihm erbrachten Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. EuGH GRUR 2007, 971 Tz. 23 - Céline). Durch die bloße Benennung der Waren oder Dienstleistungen in dem mit der Anmeldung einzureichenden Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG), das - wie auch im Streitfall - gewöhnlich weit gefasst ist und häufig nur Oberbegriffe von Waren und Dienstleistungen enthält, wird eine solche für eine Benutzungshandlung i.S.

des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL) erforderliche kennzeichnende Verbindung zwischen der Marke und bestimmten Waren oder Dienstleistungen dahingehend, dass der angesprochene Verkehr die angemeldete und eingetragene Marke bereits mit ihrer Anmeldung und Eintragung als Bezeichnung des Ursprungs bestimmter Waren oder Dienstleistungen des Markenanmelders auffasst, noch nicht hergestellt.
28
(4) In der Markenanmeldung und -eintragung als solcher liegt auch keine Benutzung des angemeldeten Zeichens als Unternehmenskennzeichen i.S. des § 15 Abs. 2 MarkenG. Das bloße Begehren markenrechtlichen Schutzes für eine Bezeichnung hinsichtlich bestimmter Waren oder Dienstleistungen stellt keine Inanspruchnahme dieser Bezeichnung als Unternehmenskennzeichen dar (vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.1994 - I ZR 304/91, GRUR 1994, 530, 531 = WRP 1994, 543 - Beta, zur Aufnahme und Benutzung einer Firmenbezeichnung durch Registrierung dieser Bezeichnung als internationale Marke nach Art. 3 MMA). Insofern unterscheidet sich die Anmeldung eines Zeichens als Marke von der Anmeldung und Eintragung einer Bezeichnung als Firma in das Handelsregister. Denn aus der Anmeldung zum Handelsregister ergibt sich nicht nur der Wille des Handelnden, die Bezeichnung in Zukunft als Unternehmenskennzeichen zu benutzen; der Anmelder tut vielmehr bereits damit kund, dass sein Unternehmen diese Bezeichnung führt. Anmeldung und Eintragung im Handelsregister sind deshalb bereits als Gebrauch der Firma anzusehen, wenn der Rechtsträger des Unternehmens im Zeitpunkt der Anmeldung oder Eintragung besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1956 - I ZR 49/54, GRUR 1957, 426, 427 f. - Getränke Industrie).

29
bb) Ein auf die Markenanmeldung der Beklagten gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG ist im Streitfall gleichfalls nicht gegeben.
30
(1) Allerdings ist aufgrund der Anmeldung eines Zeichens als Marke im Regelfall zu vermuten, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, GRUR 2004, 600, 601 = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX, m.w.N.; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 14 Rdn. 109; Lange aaO Rdn. 3156). Die drohende Benutzung für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen kann dann die drohende Gefahr der Verletzung eines mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen Kennzeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 15 Abs. 2 MarkenG begründen. Es bedarf im vorliegenden Fall nicht der Entscheidung, unter welchen Umständen im Einzelnen eine Markenanmeldung hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bietet, dass die Marke in naher Zukunft für bestimmte Waren und Dienstleistungen benutzt werden wird. Denn auch ein aufgrund einer Markenanmeldung oder -eintragung begründeter vorbeugender Unterlassungsanspruch erlischt, wenn die Begehungsgefahr wegfällt. Dabei sind an die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in der Zukunft (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1991 - I ZR 31/90, GRUR 1992, 116, 117 = WRP 1991, 719 - Topfgucker-Scheck; BGH GRUR 2001, 1174, 1176 - Berühmungsaufgabe ). Anders als für die durch eine Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr besteht für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.1989 - I ZR 18/87, GRUR 1989, 432, 434 = WRP 1989, 496 - Kachelofenbauer I). Für die Beseitigung der Erstbegehungs- gefahr genügt daher grundsätzlich ein "actus contrarius", also ein der Begründungshandlung entgegengesetztes Verhalten. Bei der durch eine Markenanmeldung oder -eintragung begründeten Erstbegehungsgefahr führt demnach im Regelfall die Rücknahme der Markenanmeldung oder der Verzicht auf die Eintragung der Marke zum Fortfall der Erstbegehungsgefahr (vgl. Lange aaO Rdn. 1840; Teplitzky aaO Kap. 10 Rdn. 21).
31
(2) Die Beklagte hat hier eine durch die Anmeldung und Eintragung ihrer Marke "METROSEX" (möglicherweise) begründete Erstbegehungsgefahr jedenfalls dadurch beseitigt, dass sie später auf die Eintragung verzichtet hat und die Eintragung der Marke daraufhin gelöscht worden ist. Es kann dahinstehen, ob die Verzichtserklärung der Beklagten dadurch veranlasst worden ist, dass das Berufungsgericht die Beklagte zuvor auf die Bedeutung der Eintragung für die Annahme einer Begehungsgefahr hingewiesen hat. Denn auch in diesem Fall hat die Verzichtserklärung der Beklagten jedenfalls die aufgrund der Eintragung drohende Gefahr beseitigt, dass die Beklagte die Bezeichnung "METROSEX" in Form einer Marke für die angemeldeten Waren benutzen wird. Dass die Beklagte bei ihren Erklärungen während des Verfahrens wiederholt ausdrücklich offengelassen hat, ob und in welcher Weise eine Nutzung der Domainnamen erfolgen soll, begründet demgegenüber nicht die sich konkret abzeichnende , greifbar nahe Gefahr einer kennzeichenmäßigen Verwendung.
32
3. Aus den oben genannten Gründen besteht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch kein Unterlassungsanspruch der Klägerin wegen der Verletzung ihrer Marke und ihres Unternehmenskennzeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5, § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG.

33
a) Die Anmeldung und Eintragung der Marke "METROSEX" stellt insoweit gleichfalls noch keine Benutzung i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG dar. Aufgrund des identischen Benutzungsbegriffs (vgl. dazu BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 159/02, GRUR 2005, 583 f. = WRP 2005, 896 - LilaPostkarte ) gilt für das Erfordernis des markenmäßigen Gebrauchs des Kollisionszeichens beim Verletzungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG insoweit nichts anderes als bei § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG. Auch der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG, der darauf abstellt, ob "die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde", spricht dafür, dass die Eintragung der Marke als solche nach Auffassung des Gesetzgebers noch keine Benutzungshandlung darstellt. Entsprechend ist der Begriff der Benutzung des Unternehmenskennzeichens in § 15 Abs. 2 und 3 MarkenG einheitlich zu verstehen.
34
Allerdings sind in der Rechtsprechung zu § 1 UWG a.F. auf Unterlassung und Löschung gerichtete Ansprüche wegen Rufausbeutung durch Anmeldung eines mit einer älteren Marke identischen Zeichens für ungleichartige Waren unter dem Gesichtspunkt einer bereits erfolgten Verletzung als begründet angesehen worden, sofern bereits die Zeichenanmeldung in der Absicht unlauteren Anhängens an den guten Ruf der älteren Marke erfolgt und deshalb mit dem Makel der Wettbewerbswidrigkeit behaftet war (BGH, Urt. v. 29.11.1984 - I ZR 158/82, GRUR 1985, 550, 553 = WRP 1985, 399 - DIMPLE, insoweit nicht in BGHZ 93, 96). Diese zu § 1 UWG a.F. ergangene Rechtsprechung kann indessen nicht auf den Benutzungsbegriff nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG übertragen werden (a.A. wohl Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 14 Rdn. 110). Derartige Ansprüche werden sich nach neuem Recht aber in der Regel unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr ergeben.

35
b) Auch ein in Betracht kommender vorbeugender Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5, § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG ist aus den oben genannten Gründen nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat eine drohende Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Kennzeichen der Klägerin darin gesehen, dass durch die beabsichtigte Verwendung des mit dem Klagezeichen übereinstimmenden Bestandteils ("metro") der in Rede stehenden Domainnamen jedenfalls bei einem Teil des Verkehrs in unlauterer Weise eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst werde. Eine solche Zuordnungsverwirrung ist jedoch jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Beklagte die für sie registrierten Domainnamen so verwendet, dass der Verkehr sie als beschreibende Angaben versteht. Auch hinsichtlich einer drohenden Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Kennzeichen der Klägerin fehlt es an einer sich konkret abzeichnenden Verletzungshandlung.
36
4. Für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch aus § 12 BGB ist die drohende Gefahr einer Namensanmaßung nicht hinreichend konkret dargetan. Die Frage, ob der Klägerin allein gegen die Registrierung der Domainnamen ein Anspruch aus Namensrecht zusteht (§ 12 BGB), kann dahinstehen. Denn ein solcher Anspruch setzt voraus, dass mit der Registrierung der Domainnamen eine erhebliche Beeinträchtigung der aus dem Kennzeichenrecht fließenden namensrechtlichen Befugnisse verbunden ist (vgl. BGHZ 149, 191, 198, 201 - shell.de; BGH GRUR 2005, 687, 689 - weltonline.de). Dafür bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte. Die Klägerin, deren Internetauftritt über den Domainnamen "metro.de" zugänglich ist, wird nicht dadurch nennenswert behindert , dass die beanstandeten Bezeichnungen für sie als weitere Domainnamen gesperrt sind. Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vorbringen kein Interesse an einer Benutzung der für die Beklagte als Domainnamen registrierten Be- zeichnungen, da sie mit dem Gebiet des "Sex" nicht in Verbindung gebracht werden will.
37
5. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Einwilligung der Beklagten in die Löschung der Domainnamen ist gleichfalls unbegründet. Das bloße Halten der Domainnamen durch die Beklagte ist, auch wenn die Beklagte als juristische Person stets im geschäftlichen Verkehr handelt, nicht schon für sich gesehen eine Rechtsverletzung (vgl. BGH GRUR 2007, 888 Tz. 13 - Euro Telekom). Dass jede Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen eine Verletzung der Kennzeichenrechte der Klägerin darstellt, kann aus den oben dargelegten Gründen nicht angenommen werden.
38
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und das landgerichtliche Urteil abzuändern, soweit die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Bezeichnungen und zur Einwilligung in die Löschung der Domainnamen verurteilt worden ist. Insoweit ist die Klage abzuweisen.

39
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist in Urlaub und Büscher kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.07.2004 - 416 O 300/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 28.07.2005 - 5 U 141/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 180/07 Verkündet am:
29. Oktober 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stumme Verkäufer II
Der Absatz von Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen ("stumme
Verkäufer") ist selbst bei erheblichem Schwund weder unter dem Gesichtspunkt
einer unzulässigen Beeinträchtigung der Kaufinteressenten noch unter dem
Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung wettbewerbswidrig (Aufgabe
von BGH GRUR 1996, 778 - Stumme Verkäufer I).
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. September 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Berliner Zeitungsmarkt, unter anderem auf dem Gebiet der entgeltlichen meinungsbildenden Tageszeitungen. Die Klägerin verlegt die "B. Z. " und den "BE. K. ". Zu den von der Beklagten herausgegebenen Zeitungen gehört seit Mai 2004 die Tageszeitung "W. KO. ", die für 70 Cent im Einzelverkauf oder im Abonnement erhältlich ist. Der Marktanteil aller von der Beklagten verlegten Zeitungen auf dem Berliner Zeitungsmarkt beträgt - bezogen auf die verkauften Exemplare - 50%.
2
Die Beklagte plant, die "W. KO. " auch über ungesicherte Verkaufshilfen , sogenannte "stumme Verkäufer", abzusetzen. In einer ersten Testphase stellte sie solche Verkaufshilfen im Juli und August 2005 vor den Schwimmbädern der Berliner Bäderbetriebe auf.
3
Nach Ansicht der Klägerin ist der Einsatz ungesicherter Verkaufshilfen für den Vertrieb entgeltlicher Tageszeitungen wettbewerbswidrig. Wegen der zu erwartenden Schwundquote laufe diese Vertriebsart auf eine Gratisabgabe hinaus. Darin liege ein übertriebenes Anlocken. Auch führe diese Praxis zu einer allgemeinen Marktbehinderung.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Kaufzeitung "W. KO. " auf dem Berliner Zeitungsmarkt über mechanische Verkaufshilfen (sogenannte "stumme Verkäufer") anzubieten bzw. anbieten zu lassen und/oder zu vertreiben bzw. vertreiben zu lassen, soweit diese Verkaufshilfen nicht gegen kostenlose Entnahme der in ihnen enthaltenen Zeitungsexemplare gesichert sind.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die "W. KO. " spreche andere Leserschichten an als herkömmliche Zeitungsangebote. Der Leser sei mittlerweile auch an kostenlose Informationsangebote zum Beispiel im Internet gewöhnt und werde deshalb durch stumme Verkaufshilfen nicht unsachlich in seiner Kaufentscheidung beeinflusst. Eine konkrete Störung des Berliner Pressemarktes sei nicht ersichtlich.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
7
In der Berufungsverhandlung hat sich die Beklagte unter Versprechen einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 8.000 € verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ungesicherte Verkaufshilfen für den Vertrieb der "W. KO. " in Berlin zu verwenden, ohne dass auf jedem Automaten ein deutlich sichtbarer Hinweis über den Kaufpreis sowie die Angabe "Diebstahl wird verfolgt, Kontrolleure im Einsatz" erfolgt und durch eine Vereinbarung mit dem für die Bestückung der Automaten zuständigen Dienstleister sichergestellt wird, dass durch regelmäßige stichprobenartige Kontrollen der Automaten gewährleistet wird, dass Zeitungen nur gegen Bezahlung entnommen werden.
8
Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (KG GRUR-RR 2008, 171).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch für nicht begründet erachtet und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
11
Ein Unterlassungsanspruch bestehe nicht unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung. Voraussetzung hierfür sei eine konkrete Gefahr , Mitbewerber vom Markt zu drängen. Eine abstrakte Gefährdung des Wettbewerbs reiche nicht aus. Dies gelte nicht nur bei Gratiszeitungen, sondern auch bei Kaufzeitungen. Eine konkrete Gefährdung des Berliner Pressemarktes sei selbst dann nicht anzunehmen, wenn von 3.000 geplanten Verkaufshilfen mit je 25 Exemplaren sowie von einem Schwund von 60% und damit von einem Anteil von 10% der in Berlin verkauften Zeitungen ausgegangen werde. Ob sich die Gefahr einer Marktbehinderung in Zukunft durch Nachahmungshandlungen der Mitbewerber ergeben könne, lasse sich noch nicht hinreichend sicher vorhersehen.
12
Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Wertreklame und des übertriebenen Anlockens nach § 4 Nr. 1 UWG. Zwar seien die Verkaufshilfen der Beklagten bislang so geplant und gestaltet gewesen, dass sie nicht unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs dazu verleiteten, Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Die Verbraucher würden so in ihrer Kaufentscheidung irrational beeinflusst. Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung gewährleiste aber, dass beim Einsatz der Verkaufshilfen ein ausreichender Überwachungsdruck ausgeübt werde, um die Verkehrskreise von der unentgeltlichen Entnahme abzuhalten.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu Recht verneint. Die beanstandete Verhaltensweise der Beklagten ist nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch unangemessenen unsachlichen Einfluss i.S. des § 4 Nr. 1 UWG zu beeinträchtigen (dazu II 1); auch unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung ist sie nicht als wettbewerbswidrig zu beurteilen (dazu II 2).
14
1. Der Klägerin steht der unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Kaufinteressenten (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG) geltend gemachte Anspruch weder als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG noch als vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
15
a) Nach der noch zu § 1 UWG a.F. ergangenen Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" (BGH, Urt. v. 15.2.1996 - I ZR 1/94, GRUR 1996, 778 = WRP 1996, 889) kann die kostenlose Abgabe einer entgeltlichen Zeitung - sofern sie in großem Umfang und über einen langen Zeitraum erfolgt - einen unsachlichen Gewöhnungseffekt erzeugen, so dass die Leser dauerhaft der ihnen durch die kostenlose Abgabe bekannt gewordenen Zeitung den Vorzug geben, auch wenn diese später nicht mehr kostenlos abgegeben wird. Der kostenlosen Abgabe stehe eine Vertriebsmethode gleich, bei der - wie beim Vertrieb von Zeitungen über "stumme Verkäufer", die zu einer Schwundquote von 60% führten - von vornherein mit einer so hohen Diebstahls- oder Schwundquote zu rechnen sei, dass sie im Ergebnis auf eine kostenlose Abgabe hinauslaufe (BGH GRUR 1996, 778, 780 - Stumme Verkäufer).
16
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung am 21. September 2007, der für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung des Verletzungsunterlassungsanspruchs maßgeblich ist (BGH, Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, GRUR 2002, 717, 719 = WRP 2002, 679 - Vertretung der Anwalts-GmbH), lediglich im Juli und August 2005 probeweise vor den Schwimmbädern der Berliner Bäderbetriebe elf Verkaufshilfen aufgestellt hatte. Eine solche zeitlich und räumlich begrenzte Abgabe zu Testzwecken war nach der Lebenserfahrung nicht geeignet, einen unsachlichen Gewöhnungseffekt in dem vorstehend beschriebenen Sinn zu erzeugen.
17
b) Ein auf §§ 3, 4 Nr. 1 UWG gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch scheitert hier jedenfalls daran, dass es insoweit an einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf die Personen fehlt, die sich durch die beanstandete Geschäftsmethode der Beklagten dazu verleiten lassen, die in deren Verkaufshilfen angebotenen Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Die Grenze zur Unlauterkeit ist nach § 4 Nr. 1 UWG erst dann überschritten, wenn eine geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Nachfrageentscheidung der angesprochenen Marktteilnehmer vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 Tz. 13 = WRP 2008, 777 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung, m.w.N.). Unter dem geltenden, die Vorgaben der Richtiline 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken berücksichtigenden Recht kann zudem darauf abgestellt werden, dass eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers i.S. des § 4 Nr. 1 UWG nur dann gegeben ist, wenn der Handelnde diese Freiheit durch Belästigung oder durch unzulässige Beeinflussung i.S.
des Art. 2 lit. j der Richtlinie erheblich beeinträchtigt (Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rdn. 1.7b). Dies ist im Hinblick darauf, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, auch im Streitfall zu berücksichtigen.
18
Nach diesen Grundsätzen kann nicht von einer unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Kunden - gleichgültig, ob sie die entnommene Zeitung ordnungsgemäß bezahlen oder ohne Zahlung mitnehmen - ausgegangen werden. Nach der Lebenserfahrung liegt es fern, dass die Kunden durch die ihnen eröffnete und von ihnen zum Teil auch wahrgenommene Möglichkeit der weithin gefahrlosen Entwendung von Zeitungen nachhaltig beeinflusst werden und in Zukunft beim entgeltlichen Erwerb von Zeitungen nicht mehr rational entscheiden können, welchem Angebot sie den Vorzug geben. Im Übrigen verdient die geschäftliche Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern, die sich selbst nicht marktkonform verhalten, keinen Schutz nach § 4 Nr. 1 UWG.
19
2. Der Klägerin steht der von ihr unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung (§ 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008) geltend gemachte Anspruch aus den oben unter II 1 a genannten und hier entsprechend geltenden Gründen nicht als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG zu. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, insoweit bestehe auch kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
20
a) Die unter der Geltung des § 1 UWG a.F. anerkannte Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung (Marktstörung) ist zwar nicht im Beispielstatbestandskatalog des § 4 UWG 2004 aufgeführt, der seit 30. Dezember 2008 in dem durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) nur geringfügig geän- derten § 4 UWG 2008 fortgilt; sie soll aber nach der Ansicht des Gesetzgebers - entsprechend dem nicht abschließenden Charakter der Beispielstatbestände - gleichwohl unter die Generalklausel des § 3 UWG 20043 Abs. 1 UWG 2008) fallen können (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 10 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). In Übereinstimmung damit ist auch der Senat in seiner Rechtsprechung zum UWG 2004 davon ausgegangen, dass die zu dieser Fallgruppe entwickelten Grundsätze weiter fortgelten (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 144/03, GRUR 2006, 596 Tz. 13 ff. = WRP 2006, 888 - 10% billiger; Urt. v. 2.10.2008 - I ZR 48/06, GRUR 2009, 416 Tz. 24 f. = WRP 2009, 432 - Küchentiefstpreis-Garantie). Dieser Ausgangspunkt entspricht auch der überwiegenden Ansicht im Schrifttum (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.1; MünchKomm.UWG/Heermann, Anh. §§ 1-7 B Rdn. 1 f.; Harte/Henning /Omsels, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rdn. 248; Fezer/Osterrieth, UWG, 2. Aufl., § 4-S1 Rdn. 11; Lux, Der Tatbestand der allgemeinen Marktbehinderung , 2006, S. 346; zweifelnd Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 28; Müller-Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 346; für die Aufgabe der Fallgruppe der allgemeinen Marktstörung Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 10/97). Da die Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung zudem außerhalb des Regelungsanspruchs der Richtlinie 2005/89/EG über unlautere Geschäftspraktiken liegt (Köhler, GRUR 2005, 793, 799), ist auch unter der Geltung des § 3 Abs. 1 UWG 2008 davon auszugehen, dass eine danach unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung unzulässige geschäftliche Handlung gemäß den hierzu bereits unter der Geltung des § 1 UWG a.F. entwickelten Grundsätzen (vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 - ad-hoc-Meldung; BGHZ 157, 55, 61 - 20 Minuten Köln) dann vorliegt, wenn ein für sich genommen zwar nicht unlauteres , aber immerhin bedenkliches Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, dass der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb in erheblichem Maß eingeschränkt wird.
21
b) In den Entscheidungen "20 Minuten Köln" (BGHZ 157, 55) und "Zeitung zum Sonntag" (Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 120/00, WRP 2004, 746) hatte der Senat den kostenlosen Vertrieb von zwei Zeitungen zu beurteilen: einer an Haltestellen ausgelegten und an belebten Stellen im Stadtgebiet verteilten Zeitung mit einem redaktionellen Teil, der etwa zwei Drittel ihres Inhalts ausmachte und neben lokalen Nachrichten Berichte insbesondere aus Politik, Kultur und Sport enthielt ("20 Minuten Köln"), sowie einer Sonntagszeitung, die ihrem Erscheinungsbild nach eine Leserzeitung war und redaktionelle Beiträge zu regionalen und überregionalen Themen, eine umfassende Sportberichterstattung und einen ausführlichen Veranstaltungskalender enthielt ("Zeitung zum Sonntag"). Weil diese Zeitungen im vollen Umfang durch Anzeigen finanziert wurden, lag kein Verschenken geldwerter Leistungen vor; die Rechtsprechung zur massenweisen unentgeltlichen Abgabe von Originalware war deshalb nicht anwendbar (BGH WRP 2004, 746, 747 - Zeitung zum Sonntag; vgl. auch BGHZ 157, 55, 60 - 20 Minuten Köln). Da die Garantie der Pressefreiheit nicht danach unterscheidet , ob sich eine Zeitung mit redaktionellem Textteil allein durch Anzeigen oder daneben auch durch ein vom Leser für den Erwerb zu zahlendes Entgelt finanziert , können entgeltlich vertriebene Zeitungen im Rahmen der wettbewerblichen Beurteilung nicht auf eine höhere Stufe gestellt werden als anzeigenfinanzierte (BGHZ 157, 55, 62 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonntag). Der Umstand, dass bei gratis verteilten Zeitungen eine größere Gefahr der Einflussnahme der Werbetreibenden auf die Arbeit, Ausrichtung und personelle Besetzung der Redaktion bestehen mag, rechtfertigt es ebenfalls nicht, der durch die Leserschaft (mit-)finanzierten Tageszeitung von vornherein einen höheren Schutz vor einer Marktstörung zuzubilligen (BGHZ 157, 55, 63 - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonn- tag). Damit kann weder entgeltlich vertriebenen Zeitungen ein präventiver Schutz zugesprochen noch das unentgeltliche Verteilen von Tageszeitungen unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Wettbewerbsbestands als wettbewerbswidrig angesehen werden (BGHZ 157, 55, 63 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonntag). Da das Wettbewerbsrecht gerade dem freien Spiel der Kräfte des Markts im Rahmen der gesetzten Rechtsordnung Raum gewähren soll, können die konkurrierenden Zeitungen keine Sicherung ihres Bestands beanspruchen. Mögliche Absatzrückgänge bei Kaufzeitungen führen auch nicht dazu, dass die Gratisverteilung wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wäre (BGHZ 157, 55, 64 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 f. - Zeitung zum Sonntag). Wegen der verfestigten Strukturen und der damit extrem hohen Marktzutrittsschranken auf den Pressemärkten können sich neue Anbieter kaum anders als über ausschließlich anzeigenfinanzierte Zeitungen etabliere. Daher führt auch eine Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb zu keiner anderen Beurteilung (BGHZ 157, 55, 65 - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 749 - Zeitung zum Sonntag).
22
c) Diese Erwägungen haben auch für die Beurteilung der im Streitfall gegebenen Abgabe von entgeltlichen Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen zu gelten, die es mit sich bringt, dass ein erheblicher Teil der Zeitungen entwendet und damit - jedenfalls aus der Sicht der Mitbewerber und des Marktes - unentgeltlich abgegeben wird (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.24; MünchKomm.UWG/Heermann, Anh. §§ 1-7 B Rdn. 41 und 51; Müller -Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 357; Köhler , WRP 2005, 645, 652; Lux aaO S. 167 und 429; Fezer/Osterrieth aaO § 4-S1 Rdn. 222). Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass diejenigen Gesichtspunkte, die nach der Senatsrechtsprechung für die grundsätzliche Zulässigkeit der unentgeltlichen Abgabe rein anzeigenfinanzierter Zeitungen spre- chen (vgl. oben unter II 2 b), sämtlich in gleicher oder immerhin vergleichbarer Weise bei der wegen häufiger Entwendungen faktisch teilweise unentgeltlichen Abgabe an sich entgeltlicher Zeitungen vorliegen. Vor allem handelt es sich in beiden Fällen nur bei vordergründiger Betrachtung um eine ganz oder - im Fall der Abgabe über stumme Verkäufer - teilweise unentgeltliche Abgabe; denn tatsächlich erfolgt die Finanzierung im einen Fall ganz über Anzeigen und im anderen Fall teilweise auf diese Weise und im Übrigen über die Zahlungen derjenigen Kunden, die das an den Verkaufshilfen verlangte Entgelt ordnungsgemäß entrichten. Lauterkeitsrechtlich bedenklich werden beide Vertriebssysteme erst dann, wenn sie zu einer dauerhaften Abgabe unter Selbstkosten führen und auf diese Weise den Bestand des Wettbewerbs gefährden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.24). Soweit sich aus der Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" Gegenteiliges ergibt, hält der Senat hieran nicht fest.
23
d) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer Begehungsgefahr für eine allgemeine Marktbehinderung ohne Rechtsfehler verneint.
24
aa) Die für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr stellt eine materielle Anspruchsvoraussetzung dar (BGH, Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 141/98, GRUR 2001, 255 = WRP 2001, 151 - Augenarztanschreiben; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.10 m.w.N.). Da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt (BGHZ 173, 188 Tz. 54 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Bornkamm in Köhler/ Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.11 m.w.N.), liegt die Beweislast hierfür beim Anspruchsteller (MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rdn. 110; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99).
25
bb) Das Drohen einer Rechtsverletzung i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG setzt, soweit eine allgemeine Marktbehinderung in Rede steht, voraus, dass das Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, der auf unternehmerischer Leistung beruhende Wettbewerb werde in erheblichem Maß eingeschränkt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 157, 55, 61 - 20 Minuten Köln, m.w.N.). Von einer solchen Gefahr ist nur dann auszugehen, wenn greifbare Anhaltspunkte für eine wettbewerbsbeschränkende Entwicklung vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 880 = WRP 2004, 1272 - Werbeblocker ; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.7; Müller-Bidinger/ Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 350; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99). Soweit in diesem Zusammenhang eine Nachahmungsgefahr mit berücksichtigt werden soll, müssen zudem auch greifbare Anhaltspunkte für ein entsprechendes Verhalten der Mitbewerber sprechen (Köhler in Köhler/ Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.11 m.w.N.).
26
cc) Die durch das erstmalige Drohen begründete Erstbegehungsgefahr kann - anders als die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr, für deren Bestehen eine tatsächliche Vermutung streitet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2002 - I ZR 137/00, GRUR 2004, 446, 447 = WRP 2003, 509 - Preisempfehlung für Sondermodelle; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.33 m.w.N.) - im Allgemeinen bereits durch ein entgegengesetztes Verhalten und daher, wenn sie - wie im Streitfall - auf Äußerungen beruht, auch schon durch deren Widerruf oder die Erklärung des Unterlassungswillens ausgeräumt werden, sofern mit dieser Äußerung von dem ursprünglichen Vorhaben unmissverständlich und ernstlich Abstand genommen wird (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1176 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe). Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine von der Klägerin nicht hinzunehmende allgemei- ne Marktbehinderung droht, daher mit Recht zugunsten der Beklagten berücksichtigt , dass diese ihre über die aufzustellenden Verkaufshilfen vertriebenen Zeitungen in der Weise gegen Entwendungen schützen will, wie sie es in der von ihr in der Berufungsverhandlung abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung beschrieben hat.
27
dd) Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts vorgenommene Beurteilung, dass danach kein hinreichender Grad der Gefährdung des Wettbewerbsbestandes gegeben ist, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
28
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Beklagte 3.000 Verkaufshilfen aufzustellen beabsichtigt und danach bei einer angenommenen Diebstahlsquote von 60% ein Schwund von 45.000 Zeitungen zu erwarten wäre, wobei dieser Schwund in absoluten Zahlen gesehen dreimal so hoch wäre wie in dem der Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" zugrunde liegenden Fall und 10% der in Berlin insgesamt verkauften Tageszeitungen ausmachen würde. Eine konkrete Gefährdung des Wettbewerbsbestandes wäre damit indessen nicht dargetan. Inwieweit eine solche - unterstellte - Absatzsteigerung der Beklagten zu einem entsprechenden Rückgang des Absatzes anderer Zeitungen führen würde, ist völlig offen. Denn unter denjenigen, die die Möglichkeit zur weithin gefahrlosen Entwendung einer Tageszeitung nutzen, werden nach der Lebenserfahrung nicht wenige sein, die andernfalls entweder gar keine oder eben die Tageszeitung der Beklagten gekauft hätten würden. Im Übrigen könnte auch bei einem Absatzrückgang in der Größenordnung von 10% noch nicht von einer konkreten Bestandsgefährdung ausgegangen werden (vgl. BGHZ 157, 55, 64 f. - 20 Minuten Köln).
29
Unter diesen Umständen stellt sich die vom Senat in der Entscheidung "Stumme Verkäufer I" (BGH GRUR 1996, 778, 780) aufgeworfene Frage nicht, ob sich die Abgabe der Zeitungen über die Verkaufshilfen ausnahmsweise als wettbewerbsrechtlich unbedenklich darstellt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die von der Beklagten zugesagten Sicherungsmaßnahmen die nach den bisherigen Erfahrungen anzunehmende Entwendungsquote von 60% zu senken vermögen.
30
III. Nach allem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 21.11.2006 - 102 O 67/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.09.2007 - 5 U 199/06 -

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 123/05 Verkündet am:
30. April 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rillenkoffer

a) In die Beurteilung der Frage, ob eine angegriffene dreidimensionale Aufmachung
markenmäßig benutzt wird, ist auch die Kennzeichnungskraft der
Klagemarke mit einzubeziehen.

b) Eine Produktpalette kann als Gesamtheit von Erzeugnissen mit Gemeinsamkeiten
in der Zweckbestimmung und Formgestaltung über wettbewerbliche
Eigenart verfügen.

c) Zur Herkunftstäuschung bei einem aus mehreren Produkten zusammengesetzten
Angebot (hier: Koffer mit Kosmetikartikeln).
BGH, Urt. v. 30. April 2008 - I ZR 123/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Juli 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt Koffer. Zu ihrem Sortiment gehören seit 50 Jahren Koffer aus Aluminium, die ein bestimmtes Rillen-Design aufweisen. Diese werden in nahezu jedem Fachgeschäft in Deutschland angeboten und von der Klägerin seit langer Zeit auf einschlägigen Fachmessen und in Fachzeitschriften sowie Prospekten beworben. Die nachfolgend abgebildeten Koffer zeigen aus der Produktpalette der Klägerin die Serie "S. ":
2
Die Klägerin ist Inhaberin der nachstehend wiedergegebenen dreidimensionalen Marke Nr. 396 16 163, die unter anderem für "Reise- und Handkoffer, Kosmetikkoffer (alle aus Aluminium oder Kunststoff)" eingetragen ist, sowie der weiteren dreidimensionalen Marke Nr. 396 16 159:
3
Die Beklagte handelt mit Kosmetika. Sie belieferte die Parfümeriekette D. mit Koffern in der im Klageantrag wiedergegebenen Aufmachung. Diese verfügten über ein Rillen-Design und waren mit Kosmetika befüllt.
4
Die Klägerin sieht den Vertrieb des von der Beklagten angebotenen Koffers als eine Verletzung ihrer Markenrechte und wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung als wettbewerbswidrig an. Sie hat behauptet, das Rillen-Design ihrer Koffermodelle sei im Verkehr sehr bekannt und im Markt nahezu einmalig.
5
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Beauty-Trolleys wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, feilzuhalten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen: 2. Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 23. Dezember 2003 Handlungen gemäß Ziffer I 1 begangen hat, insbesondere
a) welche Umsätze sie mit dem in Ziffer I 1 genannten BeautyTrolley getätigt hat bzw. welche Stückzahlen sie hiervon zu welchen Preisen verkauft hat, und zwar aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten und EUR-Werten;
b) von welchem(n) Lieferanten sie diesen Beauty-Trolley bezogen und an welche gewerblichen Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland sie diese zu welchen Preisen veräußert hat, und zwar unter Angabe der vollen Adressen; II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I 1 bezeichnete Handlung seit dem 23. Dezember 2003 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
6
Die Beklagte ist der Auffassung der Klägerin entgegengetreten, dass das Publikum über die betriebliche Herkunft des von ihr vertriebenen Koffers getäuscht werde. Die Rillenstruktur verkörpere eine gestalterische Grundidee, die nicht zugunsten der Klägerin monopolisiert werden dürfe.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Köln, Urt. v. 16.12.2004 - 31 O 562/04, juris).
8
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln MarkenR 2005, 449 = MD 2006, 90).
9
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung und nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG wegen Verletzung der Marken der Klägerin sowie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Die wettbewerbliche Eigenart der Koffer der Klägerin könne bereits nicht festgestellt werden. Die Klägerin hätte sich auf bestimmte Koffermodelle festle- gen müssen, aus denen sie eine wettbewerbliche Eigenart habe ableiten wollen. Das sei nicht geschehen. Letztlich komme es darauf aber nicht einmal an, weil die Gefahr einer Herkunftstäuschung im Zeitpunkt des Kaufs auszuschließen sei. Der Koffer der Beklagten werde mit Kosmetika geliefert und angeboten. Er wirke daher nur als Verpackung der offen präsentierten Kosmetika. Der Verbraucher, der eine Kosmetikabteilung aufsuche, wolle in erster Linie Kosmetika erwerben und achte nur auf die Kosmetikartikel. Einer Herkunftstäuschung hinsichtlich des Koffers, der nur als Verpackung wirke, könne er nicht unterliegen.
12
Markenrechtliche Ansprüche seien ebenfalls ausgeschlossen. Es fehle jedenfalls in der vorbeschriebenen Vertriebssituation an der für eine Verletzung erforderlichen markenmäßigen Benutzung des Rillen-Designs.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG sei nicht gegeben , weil das Koffermodell der Beklagten nicht markenmäßig benutzt werde, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
15
a) Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG kann allerdings grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig verwendet wird, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 51 ff. = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club; BGHZ 153, 131, 138 - Abschlussstück; 164, 139, 145 - Dentale Abformmasse). Dies hat seinen Grund im Zweck der Rechte des Markeninhabers , die sicherstellen sollen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Diese Rechte sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere deren Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 Tz. 51 f. - Arsenal Football Club; BGH, Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 = WRP 2005, 616 - LilaSchokolade ). Auch bei einer dreidimensionalen Marke richtet sich der Schutz des Markenrechts vor allem gegen die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke und nicht gegen die Übernahme technischer Lösungen, von Gebrauchseigenschaften oder ästhetischer Gestaltungsgedanken durch Mitbewerber für deren Waren (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 78 = WRP 2002, 924 - Philips; BGHZ 171, 89 Tz. 22 - Pralinenform).
16
b) Die Beurteilung, ob eine Warengestaltung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (BGHZ 153, 131, 139 - Abschlussstück; BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 415 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck). Im Revisionsverfahren ist daher nur zu prüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den Feststellungen getragen wird. Die Annahme des Berufungsgerichts , die angegriffene Aufmachung sei nicht markenmäßig verwandt worden, beruht auf Rechtsfehlern.

17
aa) Das Berufungsgericht hat bei der Ablehnung einer markenmäßigen Benutzung entscheidend auf die Vertriebssituation abgestellt. Diese hat das Berufungsgericht primär darin gesehen, dass vorliegend ein Kosmetiksortiment in einem Kosmetikgeschäft oder einer Kosmetikabteilung ausgestellt wurde.
18
bb) Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass in die Beurteilung, ob die Beklagte die angegriffene Aufmachung markenmäßig benutzt, die Kennzeichnungskraft der Klagemarke einzubeziehen ist. Der Kennzeichnungsgrad einer dreidimensionalen Marke hat Auswirkungen darauf, ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis entnimmt , wenn er ihr als Form einer Ware begegnet (BGHZ 171, 89 Tz. 30 - Pralinenform, m.w.N.). Die Klägerin hatte hierzu unbestritten geltend gemacht, sie stelle seit 50 Jahren Koffer mit einem speziellen Oberflächen-Rillen-Design aus Aluminium her, die sich in Deutschland in beinahe jedem Fachgeschäft fänden und die sie umfangreich beworben habe. Die Klägerin hat hieraus gefolgert , dass sich das Rillen-Design innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchgesetzt hat und ihre Aluminiumkoffer bekannte Marken sind. Das Berufungsgericht hat zur originären Unterscheidungskraft der dreidimensionalen Marken der Klägerin und zu einer Steigerung dieser Unterscheidungskraft infolge Benutzung keine Feststellungen getroffen und auch die von der Beklagten vorgelegte Verkehrsbefragung zur Form der Koffer der Klägerin nicht gewürdigt. Für das Revisionsverfahren kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die dreidimensionalen Marken der Klägerin aufgrund hoher Marktpräsenz sowie langjähriger und intensiver Werbung über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügen und dies auch Auswirkungen auf die Frage hat, ob der Verkehr der angegriffenen Aufmachung einen Herkunftshinweis entnimmt.

19
Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsrechtszug zu dem Ergebnis gelangen, dass die Klagemarken über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügen, wird es auch zu berücksichtigen haben, dass die angegriffene Aufmachung nicht genau den Klagemarken entspricht und sich deren Kennzeichnungskraft wegen der Abweichungen nicht ohne Weiteres auf die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Warenform auszuwirken braucht.
20
cc) Bei der Beurteilung, ob die Beklagte die angegriffene Aufmachung des Koffers markenmäßig benutzt hat, hat das Berufungsgericht zudem allein auf den Zeitpunkt der Kaufsituation abgestellt und rechtsfehlerhaft die nachfolgende Verwendung des von der Beklagten mit Kosmetikartikeln vertriebenen Koffers unberücksichtigt gelassen.
21
Die Marke entfaltet zwar ihre Hauptfunktion, die Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher zu gewährleisten, vor allem dann, wenn die mit der Marke versehene Ware beim Verkauf in den Verkehr gebracht wird. Aber auch gegenüber denen, die das gekennzeichnete Produkt bestimmungsgemäß verwenden , kann die Marke herkunftshinweisend wirken. Das aus der Eintragung folgende Markenrecht kann deshalb auch gegen verwechslungsfähige Zeichen, die erst im Stadium der Benutzung oder des Verbrauchs der Ware wahrgenommen werden, zu schützen sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 Tz. 57 - Arsenal Football Club; EuGH, Urt. v. 12.1.2006 - C-361/04, Slg. 2006, I-643 = GRUR 2006, 237 Tz. 46 - PICASSO/PICARO; BGHZ 164, 139, 147 f. - Dentale Abformmasse ; 171, 89 Tz. 25 - Pralinenform).
22
Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang nicht ausgeschlossen , dass Verbraucher, die das Produkt der Beklagten nicht selbst in ei- nem Kosmetikladen gekauft haben und den Koffer später im Einsatz sehen, der Meinung sein könnten, es handele sich dabei um einen von der Klägerin produzierten Koffer. Ein derartiges Verständnis beträfe nicht nur die funktionelle oder ästhetische Gestaltung der Warenform, sondern die angesprochenen Verkehrskreise würden die angegriffene Aufmachung als Herkunftshinweis auffassen. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob beim Durchschnittsverbraucher tatsächlich von einem solchen Verkehrsverständnis auszugehen ist. Diese wird es ebenfalls nachzuholen haben.
23
c) Die Abweisung der auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichteten Klageanträge zu I 2 und II kann ebenfalls keinen Bestand haben, weil markenrechtlich relevante Verletzungshandlungen der Beklagten nicht ausgeschlossen sind.
24
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach §§ 8, 9, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG i.V. mit § 242 BGB, § 1 UWG a.F. nicht zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
25
a) Mit Blick auf das im Laufe des Rechtsstreits in Kraft getretene neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und dem Auskunfts- und Schadensersatzanspruch andererseits zu unterscheiden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt. Demgegenüber kommt es bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung an. Nachdem die Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in § 4 Nr. 9 UWG lediglich die gesetzlichen Grundlagen, nicht aber den Inhalt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geändert hat (BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen; vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/1487, S. 18), ist eine Differenzierung nach neuem und altem Recht nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 11.1.2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 19 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen).
26
b) Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz sind im vorliegenden Fall nicht durch die Vorschriften des Markenrechts ausgeschlossen. Im Anwendungsbereich der Bestimmungen des Markengesetzes ist allerdings für einen lauterkeitsrechtlichen Schutz grundsätzlich kein Raum (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 3.11.2005 - I ZR 29/03, GRUR 2006, 329 Tz. 36 = WRP 2006, 470 - Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem). Die Klägerin begehrt jedoch, soweit sie ihre Ansprüche auf die Grundsätze des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes stützt, keinen Schutz für eine Kennzeichnung , sondern für die Produktpalette ihrer Koffer als konkrete Leistungsergebnisse. Sie begründet dies damit, dass die Beklagte dadurch unlauter gehandelt habe, dass diese die die wettbewerbliche Eigenart der Koffer der Klägerin begründenden Merkmale übernommen und dadurch eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen habe. Dieses Begehren fällt nicht in den Schutzbereich des Markenrechts (vgl. auch BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 23 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern).

27
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH GRUR 2007, 339 Tz. 24 - Stufenleitern; BGH, Urt. v. 24.5.2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 14 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege).
28
d) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe sich mit dem Vorbringen der Klägerin zur wettbewerblichen Eigenart ihrer Produkte nicht auseinandergesetzt. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen mit der Begründung getroffen, es gehe beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung um den Vertrieb von Nachahmungen eines wettbewerblich eigenartigen, real existierenden Produkts. Die Klägerin müsse sich deshalb festlegen, aus welchem Koffermodell oder aus welchen Koffermodellen sie ihre Ansprüche herleiten wolle, was nicht geschehen sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.
29
aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH GRUR 2007, 795 Tz. 25 - Handtaschen). Nach der Rechtsprechung des Senats kann einem Produktprogramm als Gesamtheit von Erzeugnissen mit Gemeinsamkeiten in der Zweckbestimmung und Formgestaltung unter bestimmten Voraussetzungen wettbewerblicher Schutz gewährt werden. Voraussetzung ist dabei nicht, dass jedes einzelne Teil für sich genommen eine wettbewerbliche Eigenart aufweist. Diese kann vielmehr auch in einer wiederkehrenden Formgestaltung mit charakteristischen Besonderheiten bestehen, die bewirken, dass sich die zum Programm gehörenden Gegenstände für den Verkehr deutlich von Waren anderer Hersteller abheben (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1981 - I ZR 62/79, GRUR 1982, 305, 307 - Büromöbelprogramm; Urt. v. 6.2.1986 - I ZR 243/83, GRUR 1986, 673, 675 = WRP 1986, 377 - Beschlagprogramm ; Urt. v. 28.5.1998 - I ZR 275/95, GRUR 1999, 183, 186 = WRP 1998, 1171 - Ha-Ra/HARIVA).
30
bb) Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin weisen die Koffer ihrer Produktpalette jeweils folgende wiederkehrende charakteristische Merkmale auf: Die Koffer verfügen über Rillen, die an der Außenfläche als Rippen hervortreten und eine unterschiedliche Reflexion des Lichts auf der Außenfläche erzeugen; die Rippen sind auf der Breitseite der beiden den Koffer bildenden Schalen und auf den Schmalseiten vorhanden und gleichmäßig verteilt angeordnet; die Rippen verlaufen in Längsrichtung der Ober- und Unterkante des Koffers; sie haben eine im Verhältnis zum Rillenabstand geringere Höhe; zwischen den Rippen sind glatte Flächen mit gleichbleibender Breite vorhanden und an den Ecken ist ein Schutz vorgesehen. Mit diesem Vorbringen hat sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht auseinandergesetzt und nicht geprüft , ob diese Merkmale bei den Kofferserien der Klägerin vorhanden sind und eine wettbewerbliche Eigenart sämtlicher Koffer begründen können.
31
e) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht im Inverkehrbringen des Koffers der Beklagten keine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG gesehen hat.
32
aa) Das Berufungsgericht hat eine Herkunftstäuschung mit der Begründung verneint, ein Verbraucher, der ein Kosmetikgeschäft oder eine Kosmetikabteilung eines Kaufhauses aufsuche, wolle in erster Linie Kosmetika erwerben und achte auf das konkrete Kosmetikangebot. Er richte sein Interesse ausschließlich auf den Erwerb der Kosmetika und nicht auch auf den nur eine Verpackung darstellenden Koffer. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
33
bb) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Senats zu § 4 Nr. 9 lit. a UWG die Herkunftstäuschung spätestens im Zeitpunkt des Kaufs gegeben sein muss und eine erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG begründen kann (BGHZ 161, 204, 211 - Klemmbausteine III; BGH GRUR 2007, 339 Tz. 39 - Stufenleitern). Im vorliegenden Fall braucht nicht entschieden zu werden, ob infolge der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken , die grundsätzlich auch unlautere Geschäftspraktiken nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts erfasst (Art. 3 Abs. 1), eine Änderung dieser Rechtsprechung geboten ist.
34
cc) Denn die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht aufgrund der konkreten Verkaufssituation eine Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft des Koffers, in dem sich die Kosmetikartikel befinden, als schlechterdings ausgeschlossen angesehen hat. Zwar liegt die Feststellung des Berufungsgerichts, die Verbraucher achteten in der konkre- ten Verkaufssituation nur auf die Kosmetikartikel und nicht auch auf den als Verpackung angebotenen Koffer, auf tatrichterlichem Gebiet. Die Feststellung der Verkehrsauffassung ist allerdings in der Revisionsinstanz darauf zu überprüfen , ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat (BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe; Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 Tz. 27 = WRP 2006, 1133 - Ichthyol II). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn das Berufungsgericht hat sich nicht mit den gegenteiligen Feststellungen des Landgerichts auseinandergesetzt. Dieses hatte angenommen, dass beim Vertrieb des aus den Kosmetikartikeln und dem Koffer zusammengesetzten Angebots der Beklagten nicht allein der Kosmetikinhalt im Vordergrund steht, weil der als "Trolley" bezeichnete Koffer auch ohne den Inhalt verwendet werden kann. Trifft diese Feststellung zu und hat der von der Beklagten vertriebene Koffer einen von den Kosmetikartikeln losgelösten Verwendungszweck, ist nicht ausgeschlossen, dass die angesprochenen Verkehrskreise, wenn sie diese Verwendungsmöglichkeit erkennen, sich ungeachtet der Vertriebsmodalitäten Vorstellungen über die betriebliche Herkunft dieses Koffers machen. Dies liegt um so näher, je höher die wettbewerbliche Eigenart der von der Klägerin angebotenen Produktpalette der Koffer und der Grad der Übernahme sind. Die Abnehmerkreise werden dann eher glauben, in dem angebotenen Koffer ein Produkt der Klägerin wiederzuerkennen und sich Vorstellungen über die betriebliche Herkunft des Koffers machen, auch wenn er zusammen mit Kosmetikartikeln angeboten wird. Die erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen haben.
Bergmann Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.12.2004 - 31 O 562/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.07.2005 - 6 U 226/04 -

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 167/06 Verkündet am:
5. Februar 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
METROBUS

a) Ob ein bekanntes Klagekennzeichen (hier: Klagemarke und Firmenschlagwort
„METRO“) in einem zusammengesetzten Zeichen (hier: METROBUS) eine selbständig
kennzeichnende Stellung behält, kann maßgeblich von dem jeweiligen Produktbereich
und Dienstleistungssektor abhängen, in dem das angegriffene Zeichen
benutzt wird.

b) Zwischen einem bekannten Klagekennzeichen und einem zusammengesetzten
Zeichen ist eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens
ausgeschlossen, wenn der Verkehr das angegriffene Zeichen als Gesamtbegriff
mit einem eigenständigen Sinngehalt auffasst und den mit dem Klagekennzeichen
identischen Wortbestandteil in dem zusammengesetzten Zeichen deshalb nicht als
Stammbestandteil einer Zeichenserie ansieht.

c) Zwischen einem Handelsunternehmen und einem produzierenden Unternehmen
kann die für die Annahme einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG
erforderliche Branchennähe gegeben sein, weil der Verbraucher, der eine
dem Unternehmenskennzeichen des Handelsunternehmens entsprechende Marke
auf einem Produkt vorfindet, zu dem Schluss gelangen kann, es bestünden zumindest
wirtschaftliche Verbindungen des Produzenten zu dem Händler.
BGH, Urt. v. 5. Februar 2009 - I ZR 167/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 24. August 2006 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevision der Beklagten zu 2 wird unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussrevision das genannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte zu 2 verurteilt hat, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „HVV MetroBus“ für folgende Waren und Dienstleistungen zu benutzen und insoweit in die Löschung der Marke Nr. 301 10 444 einzuwilligen: Omnibusse; Fahrscheine, Eintrittskarten , Fahrscheinhefte; Fahrpläne; Vermietung von Reklameflächen und Leuchtelementen innerhalb von Bahnhöfen, Haltestellen und Busstationen, innerhalb und außerhalb von Fahrzeugen, besonders städtischen Omnibussen, Waggons, Triebwagen, U-Bahnzügen. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 19. Oktober 2004 zurückgewiesen. Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin 92% und die Beklagte zu 2 8%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 2 8%. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 92% der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Gesellschaft der Metro-Unternehmensgruppe, die zu den weltweit größten Handelsunternehmen gehört. Im Metro-Konzern ist die Klägerin für die Verwaltung und Durchsetzung der Kennzeichenrechte zuständig und von der Metro AG ermächtigt, die Rechte an dem Unternehmenskennzeichen wahrzunehmen.
2
Die Klägerin ist Inhaberin der mit Priorität vom 15. April 1995 unter anderem für „Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen“ eingetragenen farbigen (gelb/schwarz) Wort-/Bildmarke Nr. 395 16 389
3
Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin der Wortmarke Nr. 300 15 432 „METRORAPID“, die mit Priorität vom 1. März 2000 unter anderem für „Transportwesen ; Werbung; Geschäftsführung; Veranstaltung von Reisen“ eingetragen ist, und der gleichlautenden Wortmarke Nr. 301 27 034 (Priorität: 27. April 2001), die Schutz für „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung zu Lande, in der Luft und auf dem Wasser, Werbung; Geschäftsführung; Transportwesen; Veranstaltung von Reisen“ beansprucht.
4
Die Metro-Unternehmensgruppe betreibt sogenannte Cash&CarryMärkte , in denen Gewerbetreibende einkaufen können. In den Märkten wurden früher auch Urlaubsreisen angeboten. Gegenwärtig bietet der Metro-Konzern in Zusammenarbeit mit dem Reiseveranstalter Reisen über Fernabsatzmedien an.
5
Die Beklagte zu 1, eine Aktiengesellschaft, ist im Großraum Hamburg das Unternehmen, das den öffentlichen Personennahverkehr betreibt. Die Beklagte zu 2 erbringt die hierfür erforderlichen Planungs- und Koordinationsleistungen.
6
Die Beklagten bezeichnen seit dem Jahre 2001 Buslinien mit hoher Taktfrequenz als „METROBUS“. Die Bezeichnung befindet sich in gelber Schrift auf schwarzem Grund in den elektronischen Anzeigen an der Frontseite und den Seitenflächen der Busse zusammen mit der Angabe des Fahrziels und der Buslinie. Die Beklagte zu 2 ist Inhaberin der eingetragenen Wortmarke Nr. 301 10 444 „HVV Metrobus“, die mit Priorität vom 16. Februar 2001 für die im Klageantrag zu I 1 bezeichneten Waren und Dienstleistungen Schutz beansprucht. Die Beklagte zu 2 ist zudem Inhaberin der Domain-Namen „metrobus.de“ und „hvv-metrobus.de“.
7
Die Klägerin hat geltend gemacht, die von den Beklagten verwendeten Bezeichnungen, die Marke der Beklagten zu 2 und deren Domain-Namen verletzten ihre Markenrechte und das Unternehmenskennzeichen „Metro“. Die Marke „METRO“ und das gleichlautende Unternehmenskennzeichen seien bekannte Kennzeichen.
8
Die Klägerin hat beantragt, I. 1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Reklame-Metallschilder zu Werbezwecken; Fahrzeugsitze; Gepäckträger ; Gepäcknetze; Omnibusse; Schonbezüge für Fahrzeugsitze; http://www.metrobus.de/ [Link] http://www.hvv-metrobus.de/ - 5 - Drucksachen, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Veröffentlichungen aller Art, Pläne, Ansichtskarten, Fahrscheine, Eintrittskarten, Fahrscheinhefte ; Fahrpläne, Werbeplakate; Schilder zu Werbezwecken, nicht aus Metall; Werbung in Schaufenstern, Vermietung von Reklameflächen und Leuchtelementen innerhalb von Bahnhöfen, Haltestellen und Busstationen, innerhalb und außerhalb von Fahrzeugen , besonders städtischen Omnibussen, Waggons, Triebwagen, U-Bahnzügen; Transportwesen, insbesondere Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen; Auskünfte über Transportangelegenheiten , insbesondere Fahrplaninformationen, die Bezeichnung „HVV MetroBus“ und/oder „MetroBus“ und/oder „METROBUS“ zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, insbesondere als Internetadresse www.metrobus.de und/oder www.hvv-metrobus.de und/oder, wenn dies in der nachfolgend eingeblendeten Form geschieht : 2. die Beklagte zu 2 zu verurteilen,
a) in die vollständige Löschung der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Marke Nr. 301 10 444 „HVV MetroBus“ einzuwilligen;
b) die Domainadressen „www.metrobus.de“ und „www.hvvmetrobus.de“ beim zuständigen Internetprovider löschen zu lassen ; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft unter Angabe der erzielten Umsätze und Werbeausgaben, aufgeschlüsselt nach Vierteljahren, darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die oben unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen haben; II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die im Antrag zu I 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
9
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, der Begriff „Metro“ gehöre zum Grundwortschatz der englischen, französischen, italienischen und spanischen Sprache. Im deutschen Fremdwortschatz stehe er für Untergrundbahnen in Paris, Moskau und New York.
10
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zu 2 verurteilt, die Benutzung der Bezeichnung „HVV MetroBus“ für die im Klageantrag zu I 1 angeführten Waren und Dienstleistungen zu unterlassen mit Ausnahme der Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“. In diesem Umfang hat das Berufungsgericht die Beklagte zu 2 auch zur Einwilligung in die Löschung der entsprechenden Marke verurteilt. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg MD 2007, 136).
11
Dagegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten zu 2. Die Klägerin verfolgt mit ihrem Rechtsmittel, dessen Zurückweisung die Beklagten beantragen, die vollständige Verurteilung nach den Klageanträgen. Die Beklagte zu 2 wendet sich mit ihrer Anschlussrevision gegen die teilweise Verurteilung nach den Klageanträgen zu I 1 und I 2 a. Die Klägerin beantragt, die Anschlussrevision der Beklagten zu 2 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


12
A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nur im Hinblick auf einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der Bezeichnung „HVV MetroBus“ und einen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der gleichlautenden Marke gegen die Beklagte zu 2 aufgrund des Unternehmenskennzeichens der Metro AG gemäß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG mit Ausnahme der Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
13
Es drohe ernsthaft die Benutzung der Marke „HVV MetroBus“ für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen durch die Beklagte zu 2. Die Klägerin könne den Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 2 zwar nicht auf die Marke „METRO“ stützen. Zwischen dieser nur durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Marke und dem angegriffenen Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich jedoch aufgrund des Unternehmenskennzeichens der Metro AG aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG. Die Bekanntheit des Firmenbestandteils „Metro“ für den Betrieb von Cash&Carry-Märkten bei den allgemeinen Verkehrskreisen erfasse - mit Ausnahme der Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ - alle Waren und Dienstleistungen, für die die Marke der Beklagten zu 2 eingetragen sei. Die Bekanntheit des Unternehmenskennzeichens wirke sich auch auf den Eindruck des Verkehrs von dem Kombinationszeichen „HVV MetroBus“ aus, in dem der Verkehr das bekannte Zeichen „Metro“ wiedererkenne. Im Hinblick auf die gesteigerte Kennzeichnungskraft und die bestehende Branchennähe reiche die Zeichenähnlichkeit aus, um eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG zu begründen.
14
Wegen einer beabsichtigten Verwendung der in Rede stehenden Bezeichnung für die Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ stünden der Klägerin keine Ansprüche zu, weil der Bestandteil „Metro“ in der angegriffenen Bezeichnung nicht selbständig kennzeichnend sei. Der Verkehr entnehme der Zeichenkombination , dass ein mit „MetroBus“ bezeichnetes System von Buslinien im HVV-Verkehrsnetz angeboten werde. Eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG bestehe deshalb insoweit nicht.
15
Entsprechendes gelte für die Klagemarken „METRO“ und „METRORAPID“. Die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen reiche nicht, um eine Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und damit einen Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der Bezeichnung „HVV MetroBus“ für die verbliebenen Dienstleistungen i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu begründen.
16
Der Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung für die Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ ergebe sich auch nicht aus dem Schutz des bekannten Unternehmenskennzeichens „Metro AG“ nach § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG. Das Publikum habe keinen Anlass, die Kollisionszeichen auf dem in Rede stehenden Dienstleistungssektor gedanklich miteinander zu verknüpfen.
17
Ein Unterlassungsanspruch gegen die Benutzung der Bezeichnungen „MetroBus“ und „METROBUS“ wegen ihrer Verwendung in Prospekten und auf Fahrzielanzeigern von Bussen bestehe ebenfalls nicht. Es fehle an einer kennzeichenmäßigen Benutzung der angegriffenen Bezeichnungen. Der Verkehr fasse die Begriffe nicht herkunftshinweisend, sondern nur wie Bestellzeichen zur Unterscheidung der verschiedenen Angebote nach der Art der Dienstleistung auf. Im Übrigen sei weder eine Verwechslungsgefahr zwischen den Klagemarken und dem Unternehmenskennzeichen „Metro“ einerseits und den angegriffenen Bezeichnungen gegeben, noch bestehe die Gefahr einer gedanklichen Verknüpfung mit dem bekannten Unternehmenskennzeichen Metro AG.
18
Der Klägerin stünden schließlich auch keine Ansprüche im Hinblick auf die Domain-Namen der Beklagten zu 2 und keine Annexansprüche zu.
19
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist unbegründet , während die Anschlussrevision der Beklagten zu 2 teilweise Erfolg hat.
20
I. Revision der Klägerin
21
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus den Klagekennzeichen nach § 14 Abs. 5 und § 15 Abs. 4 MarkenG wegen der Verwendung der Bezeichnung „HVV MetroBus“ für die Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen sowie für Fahrplaninformationen scheide aus, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
22
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG gegen die Verwendung der Bezeichnung „HVV MetroBus“ für die in Rede stehenden Dienstleis- tungen der Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen sowie Fahrplaninformationen aufgrund der Klagemarke Nr. 395 16 389 „METRO“ verneint. Zwischen den kollidierenden Zeichen besteht keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
23
aa) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Tz. 20 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH, Urt. v. 12.6.2007 - C-334/05, Slg. 2007, I-4529 = GRUR 2007, 700 Tz. 35 - Limoncello; BGH, Urt. v. 3.4.2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Tz. 23 = WRP 2008, 1434 - Schuhpark).
24
bb) Das Berufungsgericht ist bei seiner Prüfung zutreffend von einer Ähnlichkeit der Dienstleistungen ausgegangen, für die die kollidierenden Zeichen Schutz beanspruchen.
25
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren und Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit, die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - C-39/97, Slg. 1998, I-5507 Tz. 15 = GRUR 1998, 922 - Canon; BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 96/03, GRUR 2006, 941 Tz. 13 = WRP 2006, 1235 - TOSCA BLU; Beschl. v. 28.9.2006 - I ZB 100/05, GRUR 2007, 321 Tz. 20 = WRP 2007, 321 - COHIBA).
26
Zwischen der Veranstaltung und der Vermittlung von Reisen sowie der Vermittlung von Verkehrsleistungen, für die die Klagemarke geschützt ist, und der Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen sowie Fahrplaninformationen besteht wegen des gemeinsamen Bezugs zur Personenbeförderung Dienstleistungsähnlichkeit.
27
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Dienstleistungsähnlichkeit nicht deshalb zu verneinen, weil die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr im Gegensatz zu herkömmlichen Reisedienstleistungen nach den Bestimmungen des Personenbeförderungsgeset- zes genehmigungspflichtig ist und eine Leistung der Daseinsvorsorge darstellt. Dies schließt es nicht aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise durch den gemeinsamen Bezug zur Personenbeförderung bei der Verwendung einer einheitlichen Bezeichnung zumindest von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zwischen den Unternehmen ausgehen.
28
cc) Das Berufungsgericht ist von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke „METRO“ ausgegangen und hat angenommen , diese sei weder durch eine umfangreiche Benutzung noch durch die Bekanntheit des Unternehmenskennzeichens der Metro AG gesteigert.
29
Zugunsten der Klägerin kann jedoch - wie von der Revision geltend gemacht - von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke „METRO“ für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das Unternehmenskennzeichen „Metro“ firmenmäßig in erheblichem Umfang für die Vermittlung von Reisen verwendet worden und als bekanntes Zeichen anzusehen ist. Es hat weiter angenommen, dass die infolge der Bekanntheit hohe Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichens für den Betrieb von Kaufhäusern sich auch auf den Bereich der Vermittlung von Reisen auswirkt, weil dem Verkehr bekannt ist, dass Kaufhausunternehmen üblicherweise auch Reiseleistungen vertreiben. Für die Klagemarke hat das Berufungsgericht zwar keine entsprechenden Feststellungen getroffen. Zugunsten der Klägerin kann aber unterstellt werden, dass neben dem Unternehmenskennzeichen auch die Klagemarke „METRO“ für die fraglichen Dienstleistungen infolge der Bekanntheit des Unternehmenskennzeichens über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. Hierfür spricht neben dem vom Berufungsgericht nicht gewürdigten Vortrag, nach dem die Klagemarke „METRO“ von Unternehmen der Metro-Gruppe in erheblichem Umfang für die Vermittlung von Reisen benutzt worden ist, der Umstand, dass das Publikum in der Erinnerung nicht nach der rechtlichen Art der Kennzeichen differenziert (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rdn. 395). Zudem ist der Verkehr bei Dienstleistungen daran gewöhnt, dass diese häufiger als Waren mit dem Unternehmensnamen gekennzeichnet werden (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 - I ZR 162/04, GRUR 2008, 616 Tz. 16 = WRP 2008, 802 - AKZENTA).
30
dd) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke „METRO“ und der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ verneint, die zutreffend in der Schreibweise „HVV Metrobus“ und nicht, wie von der Klägerin angeführt und vom Berufungsgericht übernommen, in der Gestaltung „HVV MetroBus“ eingetragen ist. Auch unter Berücksichtigung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist die Zeichenähnlichkeit zu gering, um die Gefahr einer unmittelbaren Verwechselbarkeit der Zeichen zu begründen.
31
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Gesamteindruck der farbigen Klagemarke von ihrem Wortbestandteil dominiert wird und die angegriffene Marke „HVV Metrobus“ weder von dem Wortbestandteil „Metro“ geprägt wird noch dieser Bestandteil in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, die Klagemarke werde auch durch die graphische Gestaltung und die Farbgebung geprägt; in der angegriffenen Marke habe der Bestandteil „Metro“ eine selbständig kennzeichnende Stellung.
32
(2) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urt. v. 6.10.2005 - C-120/04, Slg. 2005, I-8551 = GRUR 2005, 1042 Tz. 28 f. = WRP 2005, 1505 - THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 22.9.2005 - I ZB 40/03, GRUR 2006, 60 Tz. 17 = WRP 2006, 92 - coccodrillo). Weiterhin ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 - THOMSON LIFE; BGH, Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang). Die Beurteilung des Gesamteindrucks zusammengesetzter Zeichen liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet und kann im Revisionsverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, bestehende Erfahrungssätze angewandt und den Sachvortrag umfassend gewürdigt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2003 - I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 - Telekom).
33
(3) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Gesamteindruck der Klagemarke von ihrem Wortbestandteil geprägt wird. Die Farbgebung (gelb) und die graphische Gestaltung treten in der Wahrnehmung des Verkehrs als lediglich einfache dekorative Elemente zurück. Insoweit gilt der Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr bei einer Wort-/Bildmarke an dem Wortbestandteil orientiert, wenn - wie vorliegend - der Bildbestandteil keine ins Gewicht fallende graphische Gestaltung aufweist (vgl. BGHZ 167, 322 Tz. 30 - Malteserkreuz; BGH GRUR 2008, 258 Tz. 23 - INTERCONNECT/TInterConnect ; vgl. auch Büscher, GRUR 2005, 802, 809). Im Übrigen würde sich die Zeichenähnlichkeit bei einer Einbeziehung der graphischen Gestaltung und Farbgebung der Klagemarke weiter verringern, weil die angegriffene Marke „HVV Metrobus“ eine Wortmarke ist und deshalb keine der Klagemarke vergleichbare graphische und farbliche Gestaltung aufweist.
34
(4) Auch den Gesamteindruck der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bestimmt. Es hat zutreffend angenommen , dass der Bestandteil „Metro“ weder das Gesamtzeichen prägt noch eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat. Zwar ist bei der Beurteilung der Frage, ob der mit dem Kennzeichen übereinstimmende Bestandteil des angegriffenen Zeichens dieses prägt, eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft des Klagezeichens auch dann zu berücksichtigen, wenn dieses Zeichen allein aus dem übereinstimmenden Bestandteil besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003, 1228 - City Plus; Urt. v. 19.7.2007 - I ZR 137/04, GRUR 2007, 888 Tz. 24 = WRP 2007, 1193 - Euro Telekom). Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei festgestellt , dass der Begriff „Metrobus“ in dem angegriffenen Zeichen im Zusammenhang mit der Beförderung von Personen mit Autobussen im Linienverkehr und mit Fahrplaninformationen aus Sicht des Verkehrs ein Beförderungsangebot innerhalb des Hamburger Verkehrsverbunds bezeichnet. Wegen dieser Funktion des Wortbestandteils „Metrobus“ liegt es fern, dass der Verkehr den Gesamtbegriff in die Bestandteile „Metro“ und „bus“ aufspaltet oder mit der dem bekannten Unternehmenskennzeichen entsprechenden Klagemarke „METRO“ gedanklich in Verbindung bringt.
35
Der Verkehr hat auch nicht deshalb Veranlassung, den Begriff „Metrobus“ in „Metro“ und „bus“ aufzuspalten oder eine gedankliche Verbindung zwischen der Klagemarke „METRO“ und dem Zeichen „Metrobus“ herzustellen, weil ein derart bezeichneter Bus zu Handelsmärkten der Unternehmensgruppe der Klä- gerin fährt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass mit „Metrobus“ bezeichnete Busverbindungen zu den Handelsmärkten der Metro -Gruppe existieren. Die Revision hat insoweit auch keinen Vortrag der Klägerin als übergangen gerügt.
36
Wird der Begriff „Metrobus“ aber vom Verkehr nicht zergliedernd aufgefasst und bringt er auch aus anderen Gründen die Zeichen „METRO“ und „Metrobus“ nicht miteinander in Verbindung, ist die Zeichenähnlichkeit zwischen „METRO“ und „Metrobus“ so gering, dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausscheidet. Danach kann offenbleiben, ob auch der Bestandteil „HVV“ zum Gesamteindruck der angegriffenen Marke beiträgt oder ob er zurücktritt, weil der Verkehr ihn als Unternehmenskennzeichen identifiziert und die eigentliche Produktbezeichnung in dem Bestandteil „Metrobus“ sieht.
37
ee) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe es versäumt, eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens zu prüfen.
38
(1) Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens hat unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens Eingang in die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz gefunden (vgl. EuGH, Urt. v. 13.9.2007 - C-234/06, Slg. 2007, I-7333 = GRUR Int. 2007, 1009 Tz. 63 = WRP 2007, 1322 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, Beschl. v. 29.5.2008 - I ZB 54/05, GRUR 2008, 905 Tz. 33 = WRP 2008, 1349 - Pantohexal ). Diese Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen - wie im Streitfall - nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind, greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Tz. 40 = WRP 2007, 1461 - Kinder II, m.w.N.).
39
(2) Die Revision hat sich zum Beleg dafür, dass die Klägerin über eine große Zeichenfamilie mit dem Bestandteil „METRO“ verfügt, auf 25 Markeneintragungen bezogen, die dieses Zeichen aufweisen. Daraus folgt aber nicht, dass die Markenfamilie in einem Umfang benutzt worden ist, der dem allgemeinen Publikum, an das sich die in Rede stehenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke richten, Veranlassung gibt, „METRO“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie aufzufassen.
40
Es fehlt zudem an der Erkennbarkeit des Bestandteils „Metro“ als Serienzeichen in der angegriffenen Marke. Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei festgestellt, dass das Publikum die angegriffene Marke für die Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ als Gesamtbegriff und nicht zergliedernd versteht und auch nicht an die Unternehmensgruppe der Klägerin erinnert wird (vgl. oben unter B I 1 a dd (4)). Der Verkehr hat danach keinen Grund, den Wortbestandteil „Metro“ in dem Kollisionszeichen als wesensgleichen Stamm einer Zeichenserie der Klägerin aufzufassen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem Vortrag der Klägerin inzwischen einige Nahverkehrsunternehmen Linien des öffentlichen Nahverkehrs durch Wirtschaftsunternehmen sponsern lassen und diese Linien nach den jeweiligen Unternehmen benennen. Das Berufungsgericht hat hierzu nicht feststellen können, dass dieses neuartige Verhalten die Verkehrsauffassung bereits zum Kollisionszeitpunkt beeinflusst hat. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch auf den Kollisionszeitpunkt und nicht den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz abgestellt, weil die Beklagte mit der angegriffenen Marke über ein eigenes Kennzeichenrecht verfügt. Zudem ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in den von der Klägerin aufgezeigten Fällen der Sponsor der Buslinien als Namensgeber ohne weiteres ersichtlich, was bei dem angegriffenen Begriff „HVV Metrobus“ wegen des beschreibenden Inhalts bei den in Rede stehenden Dienstleistungen gerade nicht der Fall ist. Mit ihrer gegenteiligen Würdigung setzt die Revision in unzulässiger Weise ihre eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
41
Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang weiterhin, das Berufungsgericht habe keine Feststellungen zu dem von der Klägerin vorgetragenen Phänomen des „Haltestellen-Sponsoring“ getroffen, bei dem eine Haltestelle mit dem Namen eines in der Nähe ansässigen Unternehmens gekennzeichnet wird. Im Streitfall geht es nicht um die Bezeichnung einer Haltestelle. Besondere Ausführungen des Berufungsgerichts waren hierzu daher nicht veranlasst.
42
b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch aus den Klagemarken Nr. 300 15 432 und Nr. 301 27 034 „METRORAPID“ gegen die Verwendung der Bezeichnung „HVV Metrobus“ wegen einer fehlenden Verwechslungsgefahr verneint (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG). Dagegen wendet sich die Revision ebenfalls ohne Erfolg.
43
aa) Auf die Klagemarke Nr. 301 27 034 kann die Klägerin das Verbot schon deshalb nicht stützen, weil diese Marke nach § 6 Abs. 1 und 2 MarkenG prioritätsjünger ist als die angegriffene Marke der Beklagten zu 2.
44
bb) Zwischen der Klagemarke Nr. 300 15 432 „METRORAPID“ und der prioritätsjüngeren Marke „HVV Metrobus“ hat das Berufungsgericht mit Recht eine Verwechslungsgefahr verneint.
45
(1) Allerdings ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht nur von Dienstleistungsähnlichkeit, sondern von Dienstleistungsidentität auszugehen. Die Klagemarke ist unter anderem für den Oberbegriff „Transportwesen“ eingetragen. Dieser umfasst auch den Personentransport einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs mit Bussen.
46
(2) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke „METRORAPID“ hat das Berufungsgericht für die in Rede stehenden Dienstleistungen nicht festgestellt. Dagegen erinnert die Revision nichts. Selbst wenn aber von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auch dieser Klagemarke ausgegangen wird, ist die Zeichenähnlichkeit zwischen dieser Klagemarke und der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ zu gering, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Der Bestandteil „METRO“ prägt entgegen der Ansicht der Revision die Klagemarke nicht. Er weist ebenso wie der Bestandteil „RAPID“ für Dienstleistungen im Bereich des Transportwesens beschreibende Anklänge auf und dominiert den Gesamteindruck der Klagemarke nicht. Die angegriffene Marke wird ebenfalls nicht durch den Wortbestandteil „Metro“ geprägt; dieser Bestandteil hat auch keine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen inne (hierzu Abschn. B I 1 a dd (4)).
47
c) Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der Bezeichnung „HVV Metrobus“ für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen schließlich auch nicht aufgrund des Unternehmenskennzeichens der Metro AG nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG zu.

48
aa) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klägerin allerdings im Wege gewillkürter Prozessstandschaft wirksam ermächtigt, die Rechte an dem Unternehmenskennzeichen der Metro AG geltend zu machen.
49
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Dritter aufgrund einer Ermächtigung des Rechtsinhabers aus dessen Recht auf Unterlassung klagen, wenn er ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (BGHZ 145, 279, 286 - DB Immobilienfonds; BGH, Urt. v. 31.7.2008 - I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Tz. 54 = WRP 2008, 1537 - Haus & Grund III). Das eigene schutzwürdige Interesse des Ermächtigten kann sich bei dem Anspruch aus dem Unternehmenskennzeichen aufgrund einer besonderen Beziehung zum Rechtsinhaber ergeben; dabei können auch wirtschaftliche Interessen herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1994 - I ZR 99/92, GRUR 1995, 54, 57 = WRP 1995, 13 - Nicoline; BGH GRUR 2008, 1108 Tz. 54 - Haus & Grund III).
50
(2) Von einem eigenen schutzwürdigen Interesse der Klägerin, die von der Metro AG zur Geltendmachung der Rechte aus dem Unternehmenskennzeichen ermächtigt worden ist, ist im Streitfall auszugehen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin im Metro-Konzern für die Verwaltung und Durchsetzung der Kennzeichenrechte zuständig ist. Die Klägerin ist Inhaberin mehrerer mit dem Wortbestandteil „Metro“ des Unternehmenskennzeichens der Metro AG gebildeter Marken. Auch in der Firmierung der Klägerin ist die Bezeichnung „Metro“ enthalten. Die Klägerin hat deshalb ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Rechte aus dem Unternehmenskennzeichen der Metro AG, das über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt.
51
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Metro AG und der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ für die fraglichen Dienstleistungen verneint (§ 15 Abs. 2 und 4 MarkenG). Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass kennzeichnungskräftiger Bestandteil des vollständigen Unternehmenskennzeichens allein „Metro“ ist, weil der Rechtsformzusatz beschreibend ist. Zudem ist „Metro“ auch das Firmenschlagwort der vollständigen Firmierung der Metro AG. Zum Fehlen der Verwechslungsgefahr zwischen dem Unternehmenskennzeichen und der angegriffenen Marke gelten die vorstehenden Ausführungen zur Klagemarke „METRO“ entsprechend (B I 1 a dd und ee).
52
Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Metro AG und der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ kann ebenfalls nicht angenommen werden. Von dieser Art der Verwechslungsgefahr ist auszugehen, wenn der Verkehr zwar die Bezeichnungen selbst und die durch sie gekennzeichneten Unternehmen auseinanderhalten kann, aus den sich gegenüberstehenden Zeichen aber auf organisatorische oder wirtschaftliche Zusammenhänge schließt (BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 900 = WRP 2002, 1066 - defacto). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird der Verkehr bei der Bezeichnung „HVV Metrobus“ im Zusammenhang mit den Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ aber nicht an die Handelskette des Metrokonzerns erinnert. Er gelangt deshalb auch nicht zu der Annahme, es bestünden wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen zwischen den Unternehmen.
53
d) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der Bezeichnung „HVV Metrobus“ für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen auch nicht aufgrund des bekannten Unternehmenskennzeichens „Metro AG“ für begründet erachtet (§ 15 Abs. 3 und 4 MarkenG). Es hat dies daraus gefolgert, dass der Verkehr aufgrund der angegriffenen Marke nicht an die Handelskette des Metrokonzerns erinnert wird. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
54
2. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte zu 2 auf Löschung der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ für die Dienstleistungen Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen und Fahrplaninformationen zu, weil die Beklagte zu 2 nach den Ausführungen unter B I 1 insoweit nicht in den Schutzbereich der von der Klägerin geltend gemachten Kennzeichenrechte eingreift (§ 51 Abs. 1, § 55 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 12 MarkenG).
55
3. Die Klägerin kann von den Beklagten weder aufgrund der Klagemarken nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG noch aufgrund des Unternehmenskennzeichens der Metro AG nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG die Unterlassung der Benutzung der Bezeichnungen „MetroBus“ und „METROBUS“ verlangen.
56
a) Soweit das beantragte Verbot für die im Klageantrag zu I 1 aufgeführten Waren und Dienstleistungen in Rede steht, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Bezeichnungen bislang nur im Zusammenhang mit Fahrplan- und Fahrzielinformationen verwandt worden sind. Die Beklagten verwenden die Bezeichnung „METROBUS“ nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit Sommer 2001 in den elektronischen Anzeigefeldern für Fahrziel und Linien an der Frontseite und den Seitenflächen von Bussen, wie dies im Insbesondere-Teil des Klageantrags zu I 1 eingeblendet ist. Zudem verwendet die Beklagte zu 2 die Bezeichnung auf dem als Anlage K 23 vorgelegten Faltblatt in Alleinstellung. Das Berufungsgericht hat deshalb angenommen, dass für die übrigen im Klageantrag zu I 1 aufgeführten Waren und Dienstleistungen eine Begehungsgefahr im Hinblick auf die Benutzung der Bezeichnungen „METROBUS“ und „MetroBus“ fehlt. Diese Beurteilung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
57
b) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionszeichen für die fraglichen Dienstleistungen (Fahrplan- und Fahrzielinformationen) nicht gegeben ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und § 15 Abs. 2 MarkenG).
58
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt allerdings, soweit die Beklagten die angegriffenen Bezeichnungen „MetroBus“ und „METROBUS“ verwenden, eine markenmäßige Benutzung vor.
59
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Leser des Faltblattes und der Fahrgast, der die Bezeichnungen in den Zielortangaben der Busse sehe, erkenne, dass es um eine bestimmte Art von Bussen im Großraum Hamburg gehe. Er werde deshalb in dem Wort „METROBUS“ eine Art Bestellzeichen erblicken , das diese Art des Angebots nur von andersartigen Angeboten desselben Verkehrsunternehmens abgrenzen solle. Dem kann nicht beigetreten werden. Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an eine markenmäßige Benutzung gestellt.
60
(1) Eine markenmäßige Benutzung setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 51 ff. - Arsenal Football Club; BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 415 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck ; Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 123/05, GRUR 2008, 793 Tz. 16 = WRP 2008, 1196 - Rillenkoffer). Die Rechte aus der Marke sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere deren Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (EuGH, Urt. v. 25.1.2007 - C-48/05, Slg. 2007, I-1017 = GRUR Int. 2007, 404 Tz. 21 = WRP 2007, 299 - Opel/Autec; BGHZ 171, 89 Tz. 22 - Pralinenform).
61
(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten benutzten die Bezeichnungen „MetroBus“ und „METROBUS“ rein beschreibend, erweist sich jedoch als erfahrungswidrig. Die Bezeichnungen haben zwar gewisse beschreibende Anklänge, sind aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht glatt beschreibend. Vielmehr handelt es sich nach der Annahme des Berufungsgerichts um die Schöpfung eines neuen Wortes, das in der deutschen Sprache in dieser Form zuvor nicht vorgekommen ist. Nach der Lebenserfahrung ist deshalb davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs den angegriffenen Bezeichnungen keine Beschaffenheitsangabe beilegt, sondern sie als Produktnamen auffasst und in ihnen die Bezeichnungen einer Buslinie eines bestimmten Unternehmens sieht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt es fern, dass der Verkehr in den Bezeichnungen nur ein Bestellzeichen, also eine branchenübliche Bezeichnung für eine bestimmte Produktgattung, sieht. Der Begriff „Metrobus“ reiht sich nicht ohne weiteres in Bezeichnungen wie „Stadtbus“, „Flughafenbus“ oder „Eilbus“ ein, weil er im Gegensatz zu jenen Angaben nicht glatt beschreibend ist.
62
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass zwischen dem Unternehmenskennzeichen und Firmenschlagwort der Metro AG und den angegriffenen Bezeichnungen „MetroBus“ und „METROBUS“ keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG besteht. Insoweit gelten die Ausführungen unter B I 1 c bb entsprechend.
63
cc) Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Klagemarken „METRO“ und „METRORAPID“ und den angegriffenen Bezeichnungen i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht ebenfalls nicht, weil die Ähnlichkeit der Kollisionszeichen zu gering ist. Hierzu kann auf die entsprechenden Erwägungen zur Verwechslungsgefahr zwischen den Klagemarken und der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ Bezug genommen werden, bei denen die Zeichenähnlichkeit auch bei Außerachtlassung der auf das Unternehmen hinweisenden Buchstabenfolge „HVV“ zu gering ist, um eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu begründen (vgl. unter B I 1 a dd und ee).
64
4. Ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Domainnamen „metrobus.de“ und „hvv-metrobus.de“ besteht schon deshalb nicht, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts über die Domainnamen noch keine mit Inhalt gefüllten Seiten abgerufen werden können. In der bloßen Registrierung der Domainnamen liegt noch keine kennzeichenmäßige Benutzung. Eine Erstbegehungsgefahr besteht ebenfalls nicht. Sie muss auf eine konkrete Verletzungshandlung gerichtet sein. Daran fehlt es, wenn der Domainname, wie im Streitfall, in einer Weise verwendet werden kann, dass der Verkehr ihn als beschreibende Angabe versteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Tz. 19 = WRP 2008, 1353 - Metrosex).
65
5. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die mit den Klageanträgen zu I 3 und II verfolgten Annexansprüche nicht bestehen. Die Beklagten haben die Kennzeichen der Klägerin nicht verletzt. Die Verurteilung der Beklagten zu 2 beruht auf der Annahme einer Erstbegehungsgefahr.
66
II. Anschlussrevision der Beklagten zu 2
67
Das Berufungsgericht hat den Anträgen auf Unterlassung der Benutzung der Marke „HVV Metrobus“ und auf Einwilligung in die Löschung mit Ausnahme der Dienstleistungen „Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen“ und „Fahrplaninformationen“ gegen die Beklagte zu 2 stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Anschlussrevision der Beklagten zu 2 hat teilweise Erfolg.
68
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2 aufgrund des Unternehmenskennzeichens und des Firmenschlagworts der Metro AG ein Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG für folgende Waren und Dienstleistungen zu, für die die angegriffene Marke eingetragen ist: Reklame-Metallschilder zu Werbezwecken; Fahrzeugsitze; Gepäckträger; Gepäcknetze; Schonbezüge für Fahrzeugsitze; Drucksachen, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Veröffentlichungen aller Art, Pläne, Ansichtskarten; Werbeplakate; Schilder zu Werbezwecken, nicht aus Metall; Werbung in Schaufenstern; Transportwesen, davon ausgenommen Linienbusbeförderung von Personen mit Autobussen; Auskünfte über Transportangelegenheiten , davon ausgenommen Fahrplaninformationen.
69
Dagegen ist eine Verwechslungsgefahr aufgrund des Unternehmenskennzeichens und des Firmenschlagworts der Metro AG i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG mangels Branchennähe ausgeschlossen, soweit die folgenden Waren und Dienstleistungen in Rede stehen: Omnibusse; Fahrscheine, Eintrittskarten, Fahrscheinhefte; Fahrpläne; Vermietung von Reklameflächen und Leuchtelementen innerhalb von Bahnhöfen, Haltestellen und Busstationen, innerhalb und außerhalb von Fahrzeugen, besonders städtischen Omnibussen, Waggons, Triebwagen, U-Bahnzügen.
70
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht in der Eintragung der Marke „HVV Metrobus“ durch die Beklagte zu 2 eine Erstbegehungsgefahr für deren kennzeichenverletzende Benutzung gesehen. Aufgrund der Anmeldung eines Zeichens als Marke ist im Regelfall zu vermuten, dass eine Benutzung für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, GRUR 2004, 600, 601 = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX; BGH GRUR 2008, 912 Tz. 30 - Metrosex; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 14 Rdn. 109; Lange, Marken - und Kennzeichenrecht, Rdn. 3156). Im Streitfall sind keine Umstände ersichtlich , welche die Vermutung der drohenden Benutzung widerlegen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision kommt es nicht darauf an, dass aufgrund eines noch nicht beendeten Widerspruchsverfahrens gemäß § 26 Abs. 5 MarkenG das Ende der Benutzungsschonfrist noch nicht feststeht. Die Benutzung der angemeldeten und eingetragenen Marke droht nicht erst am Ende der Benutzungsschonfrist. Die Gefahr der Ingebrauchnahme einer noch unbenutzten Marke mag zu diesem Zeitpunkt wegen des Benutzungszwangs besonders hoch sein. Grundsätzlich muss aber schon vor dem Ablauf der Benutzungsschonfrist damit gerechnet werden, dass der Markeninhaber sein registriertes Recht durch eigene Benutzungshandlungen oder durch Lizenzierung in Gebrauch nimmt.
71
b) Zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Metro AG und der angegriffenen Bezeichnung „HVV MetroBus“ besteht im Hinblick auf die vorste- hend aufgeführten Waren und Dienstleistungen Verwechslungsgefahr (§ 15 Abs. 2 MarkenG). Dagegen ist eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen dem Unternehmenskennzeichen und Firmenschlagwort der Metro AG und der angegriffenen Marke für die Waren und Dienstleistungen „Omnibusse; Fahrscheine, Eintrittskarten, Fahrscheinhefte; Fahrpläne; Vermietung von Reklameflächen und Leuchtelementen innerhalb von Bahnhöfen, Haltestellen und Busstationen, innerhalb und außerhalb von Fahrzeugen, besonders städtischen Omnibussen, Waggons, Triebwagen, U-Bahnzügen“ zu verneinen.
72
aa) Das Berufungsgericht hat eine Branchennähe zu sämtlichen Waren und Dienstleistungen angenommen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
73
Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Tätigkeitsbereiche der Parteien sind aber auch naheliegende Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche einzubeziehen (BGH GRUR 2002, 898, 899 f. - defacto).
74
Das Unternehmensschlagwort „Metro“ wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für den Betrieb von Cash&Carry-Großhandelsmärkten benutzt , in denen Wiederverkäufer und Gewerbetreibende einkaufen können. Die Branchennähe beschränkt sich nicht auf die Dienstleistung des Betreibens von Kaufhäusern und Großmärkten, sondern erstreckt sich nach der Verkehrsauf- fassung auch auf sämtliche Waren und Dienstleistungen, die üblicherweise in Großhandelsmärkten angeboten werden. Die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts erweisen sich nicht als erfahrungswidrig. Häufig werden Waren unter Handelsmarken in den Verkehr gebracht. Der Verbraucher, der eine dem Unternehmenskennzeichen eines Handelskonzerns entsprechende Marke auf einem Produkt vorfindet, kann deshalb zu dem Schluss gelangen, es bestünden zumindest wirtschaftliche Verbindungen des Herstellerunternehmens zu dem Handelsunternehmen. Dies betrifft im Streitfall die vorbezeichneten Waren und Dienstleistungen, die für Wiederverkäufer von Interesse sein können und in Cash&Carry-Märkten angeboten oder erbracht werden. Ohne Erfolg wendet die Anschlussrevision ein, Zeitschriften und Bücher würden wegen der Preisbindung erfahrungsgemäß nicht von Zwischenhändlern angeboten. Die Anschlussrevision legt selbst dar, dass es spezielle Zeitschriften- und Buchgroßhändler gibt. Das Firmenschlagwort „Metro“ wird außerdem von der Konzerntocher MGT METRO Group Logistik GmbH für Gütertransport- und Logistikdienstleistungen benutzt, so dass sich die Tätigkeitsbereiche auch insoweit überschneiden.
75
Keine Branchennähe besteht dagegen zu den Waren und Dienstleistungen „Omnibusse; Fahrscheine, Eintrittskarten, Fahrscheinhefte; Fahrpläne; Vermietung von Reklameflächen und Leuchtelementen innerhalb von Bahnhöfen, Haltestellen und Busstationen, innerhalb und außerhalb von Fahrzeugen, besonders städtischen Omnibussen, Waggons, Triebwagen, U-Bahnzügen“. Konkrete Feststellungen dazu, dass die Unternehmensgruppe, der die Klägerin angehört , auf diesem Gebiet tätig ist, hat das Berufungsgericht auch nicht getroffen.
76
bb) Das Berufungsgericht ist von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichens „Metro“ ausgegangen. Dies ist für die Waren und Dienstleistungen, für die Branchennähe besteht, nicht zu beanstanden. Für den Betrieb von Kaufhäusern und sogenannten Cash&Carry-Märkten ist das Unternehmenskennzeichen schon von Hause aus normal unterscheidungskräftig. Infolge des großen Marktanteils des Metro-Konzerns hat die Bezeichnung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei den allgemeinen Verkehrskreisen einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht.
77
cc) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Zeichenähnlichkeit zwischen der angegriffenen Marke „HVV Metrobus“ und dem Unternehmenskennzeichen „Metro“ bejaht. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr kann allerdings nicht angenommen werden. Der Bestandteil „Metro“ prägt trotz seiner gesteigerten Kennzeichnungskraft das angegriffene Zeichen nicht. Der Verkehr erkennt vielmehr, dass es sich um unterschiedliche Zeichen handelt.
78
dd) Die Übereinstimmung des Firmenschlagworts „Metro“ mit dem identischen Bestandteil der angegriffenen Marke begründet aber, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, unter Berücksichtigung der gesteigerten Kennzeichnungskraft des Klagekennzeichens eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, soweit eine Branchennähe besteht.
79
Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn liegt vor, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit dem älteren Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirt- schaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 ff. - THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322 Rdn. 18 - Malteserkreuz ; BGH GRUR 2008, 258 Tz. 33 - INTERCONNECT/T-InterConnect).
80
Dem Bestandteil „Metro“ kommt eine selbständig kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke zu. Für die Frage, ob ein mit dem Klagezeichen übereinstimmender Bestandteil in einem mehrgliedrigen angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt, kann die gesteigerte Kennzeichnungskraft des Klagezeichens sprechen (vgl. BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus). So liegen die Dinge im Streitfall, in dem dem Klagezeichen für die vorliegend in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt. Gegen eine selbständig kennzeichnende Stellung spricht auch nicht, dass der Bestandteil „Metrobus“ als einheitliches Wort gestaltet ist. Für den hier in Rede stehenden Produktbereich erkennt der Verkehr in dem Gesamtbegriff den Bestandteil „Metro“. Er geht deshalb von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zum Metro-Konzern aus.
81
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2 kein über den Anspruch aus dem Unternehmenskennzeichen nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG hinausgehender Anspruch aufgrund der Klagemarken „METRO“ und „METRORAPID“ zu (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG).
82
a) Ansprüche aus der Klagemarke „METRO“ Nr. 395 16 389 hat das Berufungsgericht verneint. Sie sind auch nicht ersichtlich. Die Klagemarke „Metro“ verfügt für die Produkte und Dienstleistungen, für die bei dem Unternehmenskennzeichen keine Branchennähe besteht, auch nicht über gesteigerte Kennzeichnungskraft.
83
Denn die Kennzeichnungskraft der Klagemarke muss bezogen auf die jeweils in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ermittelt werden (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.2003 - I ZR 236/97, GRUR 2004, 235, 237 = WRP 2004, 360 - Davidoff II; Urt. v. 29.4.2004 - I ZR 191/01, GRUR 2004, 779, 782 = WRP 2004, 1046 - Zwilling/Zweibrüder; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rdn. 195). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Klagemarke für die hier noch in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen dem Verkehr bekannt geworden ist.
84
b) Das Berufungsgericht hat allerdings offengelassen, ob der Klägerin aus den Marken Nr. 301 27 034 und Nr. 300 15 432 „METRORAPID“ ein entsprechender Unterlassungsanspruch zusteht. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts aber selbst in der Sache entscheiden.
85
aa) Aus der prioritätsjüngeren Klagemarke Nr. 301 27 034 kann die Klägerin keine Rechte gegen die ältere Marke der Beklagten zu 2 ableiten.
86
bb) Zwischen der prioritätsälteren Klagemarke Nr. 300 15 432 „METRORAPID“ und der angegriffenen Marke besteht, soweit die Waren und Dienstleistungen „Omnibusse; Fahrscheine, Eintrittskarten, Fahrscheinhefte; Fahrpläne; Vermietung von Reklameflächen und Leuchtelementen innerhalb von Bahnhöfen , Haltestellen und Busstationen, innerhalb und außerhalb von Fahrzeugen, besonders städtischen Omnibussen, Waggons, Triebwagen, U-Bahnzügen“ in Rede stehen, keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Zwar ist eine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen „Transportwesen“ und „Immobilienwesen“, für die die Klagemarke Schutz beansprucht, und den hier noch in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke nicht auszuschließen. Die Zeichenähnlichkeit zwischen den Kollisionszeichen ist aber zu gering, um selbst bei erhöhter Kennzeichnungskraft der Klagemarke „METRORAPID“ und bestehender Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr zu begründen (hierzu B I 1 b bb).
87
3. Im gleichen Umfang wie der Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Marke „HVV Metrobus“ aus § 51 Abs. 1, § 55 Abs. 1, § 12 MarkenG zu.
88
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist krankheits- Büscher heitsbedingt abwesend und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 19.10.2004 - 312 O 614/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.08.2006 - 3 U 205/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 45/03 Verkündet am:
3. Februar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Russisches Schaumgebäck
Der Verletzungsrichter ist durch den Grundsatz der Bindung an die Eintragung
der Klagemarke nicht an der Feststellung gehindert, die Benutzung einer mit
der geschützten Marke identischen Bezeichnung oder Gestaltung werde in der
beanstandeten konkreten Verwendungsform vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis
verstanden und erfolge daher nicht markenmäßig, weil die der Eintragung
zugrundeliegende Feststellung hinreichender Unterscheidungskraft nicht
voraussetzt, daß der Verkehr bei jeder Verwendungsmöglichkeit einen Herkunftshinweis
annimmt.
Es ist als unlauterer Behinderungswettbewerb anzusehen, wenn ein Importeur
eines Schaumgebäcks, der für sich die Eintragung einer dreidimensionalen
Form als Marke erwirkt hat, unter Berufung auf die Marke andere Importeure
von der Benutzung dieser Form ausschließen will, die der traditionellen Form
dieses in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nach einem bestimmten
staatlichen Standard von verschiedenen Unternehmen hergestellten und nach
Deutschland importierten Süßwarenprodukts entspricht.
BGH, Urt. v. 3. Februar 2005 - I ZR 45/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin der am 19. Januar 2000 unter anderem für "Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse, feine Backwaren und Konditorwaren" unter der Nr. 399 56 035 eingetragenen dreidimensionalen Marke in der Farbe Braun gemäß den nachfolgenden Abbildungen:

Sie vertreibt in dieser Form in Deutschland ein aus Rußland und Lettland importiertes Süßwarenprodukt unter der Bezeichnung "Zeffir". Bei dem Produkt handelt es sich um ein traditionell aus Eiweißschaum und einem Fruchtmus bestehendes Schaumgebäck, das in der ehemaligen Sowjetunion nach einem

staatlichen Standard hergestellt wurde und dort unter der Bezeichnung "????" bekannt war.
Die Beklagte vertreibt gleichfalls unter der Bezeichnung "Zeffir" ein derartiges Schaumgebäck, das sie aus der Ukraine importiert. Sie hat die Löschung der Klagemarke beantragt. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Klagemarke mit Beschluß vom 16. Juli 2003 teilweise, nämlich für die Waren "feine Backwaren und Konditorwaren" gelöscht. Über die von der Klägerin gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden.
Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung ihrer Marke und in der Berufungsinstanz zusätzlich unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, nachfolgend abgebildetes Süßwarenprodukt dreidimensional oder zweidimensional in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu bewerben:

Ferner hat sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie deren Verurteilung zur Auskunftserteilung begehrt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte sowohl wegen Verletzung der Klagemarke als auch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Zwar sei wegen der Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung von der Schutzfähigkeit der Klagemarke auszugehen. Eine Markenverletzung i.S. von § 14 Abs. 2 MarkenG scheide jedoch aus, weil es an der Verwendung der angegriffenen Ware als Marke fehle. Bei dem angegriffenen Erzeugnis handele es sich um eine Konditorware einfacher Form. Das beanstandete Schaumgebäck sei entsprechend dem Vorbringen der Klägerin nur dadurch gekennzeichnet, daß seine Grundfläche kreisrund sei, seine Oberfläche leichte Wellen aufweise sowie über einen Vorsprung (Zipfel) verfüge, der nicht in der Mitte des Produkts, sondern zur Seite gerichtet angeordnet sei. Diese Gestaltung sei weder eigenartig noch originell. Sie unterscheide sich nicht merkbar von den dem Verbraucher vertrauten Formen im Bereich der Back- und Konditorwaren. Ein Törtchen oder Gebäck mit kreisrunder Grundfläche, dessen Oberfläche leichte Wellen aufweise, sei für den Verbraucher nichts Ungewöhnliches. Nichts anderes gelte für das weitere Merkmal, wonach die Oberfläche einen Zipfel aufweise. Unter diesen Umständen liege die Annahme absolut fern, daß der Verkehr aus der betreffenden Produktform auf die Herkunft der Ware aus einem Unternehmen schließe. Stelle der Vertrieb der beanstandeten Ware selbst keinen markenmäßigen Gebrauch dar, so gelte das auch für die Abbildung dieser Ware auf der Verpackung, da erkennbar aus ihr hervorgehe, daß nichts weiter dargestellt sei als die angebotene Ware als solche.

Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil der Geltendmachung des Markenrechts der von der Beklagten erhobene Einwand der mißbräuchlichen Rechtsausübung entgegenstehe. Die Klägerin habe die mit der Eintragung der Marke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt. Sie habe vorliegend eine Produktform als dreidimensionale Marke schützen lassen, die sie nicht selbst kreiert habe. Bei der von ihr als Marke angemeldeten Warenform handele es sich um eine traditionelle russische Süßwarenspezialität, die in exakt der Form, die sich die Klägerin als Marke habe schützen lassen, seit langem in Rußland und den übrigen Staaten der ehemaligen UdSSR hergestellt und dort vertrieben werde. Außerdem sei das in Rede stehende Süßwarenprodukt bereits vor dem Anmeldetag der Klagemarke von Dritten nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden. Für die Eintragung der einem traditionellen ausländischen, sogar bereits im Inland vertriebenen Lebensmittelprodukt entsprechenden gattungsgemäßen Warenform sei kein anderer Grund ersichtlich als der, das betreffende Produkt für sich in Deutschland zu monopolisieren und andere Unternehmen vom weiteren Vertrieb der Ware im Inland auszuschließen. Es gehe der Klägerin ersichtlich allein darum, eine Ware, die in ihrem Herkunftsland vorherrschend sei, hier für sich im Inland zu monopolisieren. Hierfür fehle es an einem berechtigten Grund.
Ein Unterlassungsanspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz (§ 1 UWG a.F.) bestehe ebenfalls nicht. Es fehle, wie sich aus den Ausführungen zur fehlenden markenmäßigen Benutzung des angegriffenen Erzeugnisses ergebe, die hier entsprechend gälten, bereits an der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart des von der Klägerin vertriebenen Süßwarenprodukts. Das von der Klägerin vertriebene Schaumgebäck zeichne sich durch

keine besonderen herkunftshinweisenden Merkmale gegenüber bekannten Produktformen auf dem Gebiet der Back- und Konditorwaren aus. Außerdem könne allein darin, daß die Beklagte im Inland eine traditionelle russische Süßwarenspezialität vertreibe, die schon vor der Klägerin in der beanstandeten Form von Dritten nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden sei, kein unlauteres Verhalten gesehen werden.
II. Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht markenrechtliche Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf Auskunftserteilung gemäß § 14 Abs. 5 und 6 i.V. mit Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, § 242 BGB verneint.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Klägerin ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5 i.V. mit Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG nicht zusteht, weil es an einer Verwendung der angegriffenen Ware als Marke fehlt.
aa) Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt grundsätzlich voraus, daß die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH, Urt. v. 23.2.1999 - Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905 Tz. 38 = GRUR Int. 1999, 438 = WRP 1999, 407 - BMW/Deenik; Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz. 47 ff. = GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club;

BGHZ 153, 131, 138 - Abschlußstück; BGH, Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, Urt.Umdr. S. 8/9 - Lila-Schokolade).
bb) Die Beurteilung, ob eine Warengestaltung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, obliegt im wesentlichen dem Tatrichter (BGHZ 153, 131, 139 - Abschlußstück). Das Berufungsgericht hat seine Feststellung, im Streitfall könne sowohl im bloßen Vertrieb des angegriffenen Süßwarenprodukts als auch in dessen Abbildung auf der Produktverpackung keine markenmäßige Benutzung i.S. des § 14 Abs. 2 MarkenG gesehen werden, entgegen der Ansicht der Revision rechtsfehlerfrei begründet.
(1) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, daß der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher in dem angegriffenen Süßwarenprodukt der Beklagten nur die Ware selbst sehen wird, nicht aber auch einen Hinweis auf die Herkunft aus einem Unternehmen. Es handele sich um ein Konsumgut aus dem Bereich der Back- und Konditorwaren. Der Verbraucher sei bei diesen Waren an die Verwendung vielfältiger Formen gewöhnt, die er deshalb häufig lediglich als solche und nicht auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen verstehe. Eine markenmäßige Benutzung der Warengestaltung komme bei derartigen Waren grundsätzlich nur in Betracht, wenn besondere Merkmale gegeben seien. Diese lägen im Streitfall nicht vor. Die Gestaltung des beanstandeten Schaumgebäcks der Beklagten unterscheide sich nicht merkbar von den dem Verbraucher vertrauten Formen im Bereich der Back- und Konditorwaren. Ein Törtchen oder Gebäck mit kreisrunder Grundfläche, dessen Oberfläche leichte Wellen aufweise, sei für den Verbraucher nichts Ungewöhnliches. Es sei auch weder dargetan noch ersichtlich, daß es sich bei der Klagemarke um eine auf-

grund langjähriger Benutzung dem Verkehr besonders bekannte, auf die Klägerin hinweisende Warenform handele.
(2) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Es entspricht der Lebenserfahrung, daß der Verkehr die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffaßt (BGHZ 153, 131, 140 - Abschlußstück, m.w.N.). Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter darauf abgestellt, daß sich im vorliegenden Fall eine Kennzeichnungsfunktion der angegriffenen Produktform weder aus den Gestaltungsgewohnheiten auf dem einschlägigen Warengebiet noch daraus ergibt, daß die Gestaltung der Klagemarke als Herkunftshinweis auf die Klägerin bekannt geworden ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 21/98, GRUR 2001, 158, 160 = WRP 2001, 41 - Drei-StreifenKennzeichnung ). Mit Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß der Verkehr unter diesen Umständen auch in der Abbildung der Ware auf der Verpackung nur eine bildliche Beschreibung des in der Verpackung befindlichen Süßwarenprodukts als solches sieht und keinen Hinweis auf die Herkunft der abgebildeten Ware. Abbildungen, die sich in der Darstellung der typischen Merkmale der Ware erschöpfen, faßt der Verkehr nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft auf (vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2003 - I ZB 15/98, GRUR 2004, 502, 504 = WRP 2004, 752 - Gabelstapler II; Beschl. v. 29.4.2004 - I ZB 26/02, GRUR 2004, 683, 684 = WRP 2004, 1040 - Farbige Arzneimittelkapsel , m.w.N.).
cc) Soweit die Revision beanstandet, diese Feststellungen des Berufungsgerichts widersprächen dem Grundsatz, daß der Verletzungsrichter an die Eintragung der Klagemarke gebunden sei, ihr also eine zumindest schwache

Kennzeichnungskraft zubilligen müsse, vermag sie einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufzuzeigen.
(1) Die Revision sieht einen Widerspruch darin, daß aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Fehlen der Herkunftshinweisfunktion der - ihrer Ansicht nach mit der geschützten Form identischen - angegriffenen Gestaltung folge, daß auch die Klagemarke nicht geeignet sei, den Verkehr auf die Herkunft des nach der Klagemarke gestalteten Produkts hinzuweisen. Dies ist nicht der Fall. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht nicht gegen den Grundsatz verstoßen, daß das Verletzungsgericht an die Eintragung der Klagemarke gebunden ist (vgl. dazu BGHZ 156, 112, 117 f. - Kinder; BGH, Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 136/97, GRUR 2000, 888, 889 = WRP 2000, 631 - MAG-LITE; Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, Urt.Umdr. S. 7 - Lila-Schokolade).
(2) Ein Verstoß gegen die Bindung des Verletzungsgerichts an die Eintragung der Klagemarke ist nicht gegeben, weil sich diese Bindung nur auf die Tatsache der Eintragung und die zugrundeliegenden Feststellungen zu den Eintragungsvoraussetzungen und -hindernissen bezieht, die bei der Eintragung eines Zeichens als Marke Prüfungsgegenstand sind (BGH GRUR 2000, 888, 889 - MAG-LITE). Der Verletzungsrichter hat deshalb davon auszugehen, daß bei eingetragenen Marken ein Eintragungshindernis nicht besteht. Es ist ihm folglich verwehrt, der Marke in der eingetragenen Form beispielsweise jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Dieses Verbot hat das Berufungsgericht beachtet. Es hat nicht darauf abgestellt, daß der eingetragenen dreidimensionalen Marke für feine Backwaren und Konditoreiwaren jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

(3) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß das Berufungsgericht eine Herkunftshinweisfunktion der (identischen) angegriffenen Verletzungsform verneint hat. Einem Zeichen ist zwar gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG die Eintragung zu versagen, wenn ihm die (konkrete) Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von ihm erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel, m.w.N.). Diese Eignung kommt einem Zeichen aber nicht erst dann zu, wenn es bei jeder Art von Verwendung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird. Es reicht vielmehr aus, daß für ein Zeichen, das bei einer Vielzahl von Verwendungen vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden wird, noch weitere praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeiten bestehen, bei denen jedenfalls ein maßgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs einen Herkunftshinweis annehmen wird (BGH, Beschl. v. 21.9.2000 - I ZB 35/98, GRUR 2001, 240, 242 - SWISS-ARMY). Eine dahingehende der Eintragung der Klagemarke zugrundeliegende Erwägung hat das Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen.
(4) Im Regelfall besteht somit zwischen der Feststellung des Verletzungsrichters , die Benutzung einer mit der geschützten Marke identischen Bezeichnung oder Gestaltung werde in der beanstandeten konkreten Verwendungsform vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden, und der der Eintragung vorausgehenden Beurteilung, daß das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht bestehe, kein Widerspruch. Dies gilt auch, wenn - wie im Streitfall - eine dreidimensionale Form als Marke eingetragen ist und diese Form von dem wegen Verletzung der Marke in Anspruch Genommenen als Gestaltung für eine im Warenverzeichnis angesprochene Ware - hier Konditorware - verwendet wird. Denn einerseits kann der Eintragung der Klagemarke nicht

entnommen werden, daß die Benutzung der Marke auf eine Verwendung der eingetragenen Form als Produktform für eine konkrete Ware beschränkt ist, also allein eine Verwendung nur als Produktform gerade für das hier in Rede stehende Schaumgebäck möglich sei. Andererseits besagt die Feststellung des Berufungsgerichts, die Verwendung der Warenform bei dem von der Beklagten vertriebenen Schaumgebäck erfolge nicht markenmäßig, nichts darüber, ob es auf dem Gebiet der Back- und Konditoreiwaren nicht andere praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeiten der geschützten Form gibt, bei denen der Verkehr darin einen Herkunftshinweis sieht. Dies gilt auch für die Verwendung als Produktform. Denn die Erwägungen des Berufungsgerichts beziehen sich allein auf die konkrete Verwendung als Form eines (Schaum-)Gebäcks und schließen daher nicht aus, daß bei anderen Back- und Konditorwaren, bei denen derartige Formen mit Verzierungen nicht in gleicher Weise als üblich festgestellt werden, der Verkehr in der Form einen Herkunftshinweis sieht. Da die Klageform außerdem noch für andere Waren wie u.a. für Gelees, Konfitüren und Fruchtmuse eingetragen ist, bei denen eine Verwendung als Produktform nicht ohne weiteres naheliegt, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die angegriffene konkrete Verwendung im vorliegenden Fall die einzige praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeit der eingetragenen Form darstellt.

b) Im übrigen ist die Revision auch deshalb unbegründet, weil die die angefochtene Entscheidung selbständig tragende Annahme des Berufungsgerichts , der Geltendmachung des Markenrechts stehe der von der Beklagten erhobene Einwand mißbräuchlicher Rechtsausübung entgegen, gleichfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
aa) Den aus einer Marke hergeleiteten Ansprüchen kann, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach der Rechtsprechung des Senats

einredeweise entgegengehalten werden, daß auf seiten des Markeninhabers Umstände vorliegen, die die Geltendmachung des markenrechtlichen Schutzes hinsichtlich der angegriffenen Warenform als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB oder als unlauter i.S. des § 3 UWG erscheinen lassen. Solche Umstände können darin liegen, daß der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 19.2.1998 - I ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1036 f. = WRP 1998, 978 - Makalu; Urt. v. 10.8.2000 - I ZR 283/97, GRUR 2000, 1032, 1034 = WRP 2000, 1293 - EQUI 2000, m.w.N.). Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, ist das Vorliegen eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers im Sinne einer gewissen Bekanntheit nicht der einzige Umstand, der die Unlauterkeit oder Sittenwidrigkeit der Geltendmachung des Rechts aus einer Marke begründen kann. Das wettbewerbsrechtlich Unlautere (vgl. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG) kann auch darin liegen , daß ein Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Zeichenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1979 - I ZR 125/75, GRUR 1980, 110, 111 - TORCH; Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 - Analgin).
bb) Das Berufungsgericht hat die besonderen, die Wettbewerbswidrigkeit des Vorgehens aus der Marke begründenden Umstände darin gesehen, daß es sich bei der Warenform um eine traditionelle russische Süßwarenspezialität handelt, die exakt in dieser Form seit langem in Rußland sowie in den übrigen Staaten der ehemaligen UdSSR hergestellt, dort vertrieben und außerdem be-

reits vor dem Anmeldetag der Klagemarke von Dritten nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden ist. Für einen dahingehenden markenrechtlichen Schutz sei kein anderer Grund ersichtlich als der, das betreffende Produkt für die Klägerin in Deutschland zu monopolisieren und andere Unternehmen wie die Beklagte vom weiteren Vertrieb der Ware im Inland auszuschließen.
cc) Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.
Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, daß ein markenrechtlicher Schutz einer traditionellen, in Rußland und den anderen Staaten der ehemaligen UdSSR nicht nur üblichen und gängigen, sondern dort sogar vorherrschenden Produktform für die Annahme spricht, die Klägerin wolle diese Form für sich monopolisieren und zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen. Das in Rede stehende Süßwarenprodukt, das in der ehemaligen Sowjetunion nach einem bestimmten staatlichen Standard hergestellt wurde, ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits vor der Markenanmeldung der Klägerin von mehreren Unternehmen, die es von unterschiedlichen Herstellern in verschiedenen Staaten der früheren UdSSR bezogen haben, nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden. Es handelt sich um ein in den Staaten der früheren UdSSR verbreitetes Produkt, das in dieser Form nicht nur von einem einzigen Unternehmen hergestellt wird und an dem der Klägerin kein ausschließliches Import- oder Vertriebsrecht zusteht. Vielmehr gab es schon zum Zeitpunkt der Anmeldung der Klagemarke eine Vielzahl mit der Klägerin konkurrierender Importeure. Der Umstand, daß die Klägerin das in Rede stehende Süßwarenprodukt nach ihrem Vortrag in Deutschland einem größeren Publikum erst nahegebracht bzw. es für ein brei-

tes Publikum erschlossen haben will, kann es entgegen der Auffassung der Revision nicht rechtfertigen, die übrigen Importeure durch die Eintragung der traditionellen Produktform als Marke und das abgeleitete Recht zur alleinigen Benutzung vom Wettbewerb auszuschließen.
2. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes stehen - unabhängig von der Frage des Vorrangs markenrechtlicher Anspruchsgrundlagen (vgl. dazu BGHZ 149, 191, 195 f. - shell.de, m.w.N.) - der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie weder Herstellerin noch Alleinvertriebsberechtigte des von ihr importierten Süßwarenprodukts ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1990 - I ZR 283/88, GRUR 1991, 223, 224 - Finnischer Schmuck; Urt. v. 24.3.1994 - I ZR 42/93, GRUR 1994, 630, 634 = WRP 1994, 519 - Cartier-Armreif; Ullmann, Festschrift für v. Gamm, 1990, S. 315, 322).

III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 91/02 Verkündet am:
7. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Lila-Schokolade

a) Ist eine Farbmarke lediglich aufgrund eines bei den Eintragungsunterlagen
befindlichen Farbmusters eingetragen worden, so ist der Verletzungsrichter
an die Eintragung der Marke gebunden, wenn er den geschützten Farbton für
die von ihm vorzunehmende Beurteilung der Verwechslungsgefahr aufgrund
des unstreitigen Parteivortrags im Verletzungsverfahren hinreichend bestimmen
kann.

b) Die Umschreibung eines "Toleranzbereichs" des geschützten Farbtons durch
sog. Farbtoleranzkarten genügt insoweit jedenfalls dann, wenn die kraft Verkehrsdurchsetzung
eingetragene Klagemarke über eine besonders hohe
Kennzeichnungskraft verfügt und zwischen der für ähnliche Waren verwendeten
beanstandeten Farbgestaltung und dem geschützten Farbton allenfalls
geringfügige Unterschiede bestehen.

c) Das Recht aus einer abstrakten Farbmarke kann durch die Verwendung der
Farbe auf der Verpackung einer Ware verletzt werden, wenn der Verkehr
darin auch unter Berücksichtigung aller sonstigen Elemente der Verpackung
einen Herkunftshinweis sieht. Dies kann in Betracht kommen, wenn einerseits
die geschützte Farbe über eine durch Benutzung erworbene gesteigerte
Kennzeichnungskraft verfügt und aufgrund dessen der Verkehr daran gewöhnt
ist, bei Waren der in Rede stehenden Art in der geschützten Farbe einen
Herkunftshinweis zu sehen, und wenn die Farbe andererseits auch in
der angegriffenen Verwendungsform durch herkömmliche Herkunftshinweise
nicht in den Hintergrund gedrängt wird und daher als Herkunftshinweis in Betracht
kommt (Fortführung von BGHZ 156, 126 - Farbmarkenverletzung I).
BGH, Urt. v. 7. Oktober 2004 - I ZR 91/02 - OLG Bremen
LG Bremen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Oktober 2004 durch die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 28. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin zu 1 hält zentral und weltweit die unterschiedlichen Marken der Kraft-Foods-Gruppe für das Kaffee- und Süßwarengeschäft, die sie den einzelnen regionalen Vertriebsgesellschaften zur Nutzung überläßt. Sie ist Inhaberin der für "Schokoladewaren" aufgrund Verkehrsdurchsetzung am 26. Mai 1995 eingetragenen deutschen abstrakten Farbmarke Nr. 2 906 959 "lila" sowie der am 27. Oktober 1999 für "Schokolade, Pralinen, Schokoladenerzeugnisse und Waren aus Schokolade (nicht für medizinische Zwecke)" eingetragenen Gemeinschaftsmarke Nr. 31336 "lila". Bei beiden Marken (im folgenden: Klagemarken ) ist die Farbe Lila geschützt wie in der Wiedergabe eines bei den Eintragungsunterlagen befindlichen, nachfolgend wiedergegebenen Farbmusters :

Die Klägerin zu 2 ist die für Deutschland zuständige Vertriebsgesellschaft der Kraft-Foods-Gruppe. Sie vertreibt Produkte in dem durch die Klagemarken geschützten Farbton in Deutschland, insbesondere Schokoladenerzeugnisse, die zusätzlich mit der Wort-/Bildmarke "Milka" versehen sind.
Die Beklagte, eine Herstellerin von Gebäckwaren, vertrieb eine Gebäckmischung , die auch mit Schokolade überzogenes Gebäck enthielt, in einer lilafarbenen Verpackung, deren Vorder- und Rückseite nachfolgend verkleinert wiedergegeben ist:

Die Klägerinnen haben darin eine Verletzung der Klagemarken sowie einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht gesehen. Sie haben die Beklagte auf Unterlassung, Vernichtung der im Besitz der Beklagten befindlichen Verpakkungen , Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Klägerin zu 2 hat sich dabei auf eine Ermächtigung der Klägerin zu 1 zur Geltendmachung der markenrechtlichen Ansprüche berufen. Zusätzlich hat sie ihr Unterlassungsbegehren auf eigene wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus §§ 1, 3 UWG a.F. gestützt.
Die Klägerinnen haben beantragt, der Beklagten zu untersagen,
im geschäftlichen Verkehr Gebäckmischungen in der oben wiedergegebenen farblichen Aufmachung anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu bewerben.
Ferner haben sie die Verurteilung der Beklagten zur Vernichtung der in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Verpackungen und zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat u.a. vorgebracht, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend dargelegt, welches der eingetragene Farbton der Klagemarken sei, weil die Eintragung nicht auf eine bestimmte Klassifizierung wie z.B. RAL oder Pantone Bezug nehme. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerinnen bestritten und ferner geltend gemacht, sie benutze bei der beanstandeten Verpackung die Farbe Lila nicht markenmäßig. Auch fehle es an einer Verwechslungsgefahr, weil die auf ihrer Verpackung verwendete Farbe an keiner Stelle mit dem durch die Klagemarken geschützten Farbton identisch sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Bremen WRP 2002, 460).
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der Klagemarken gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Neben der Klägerin zu 1 sei aufgrund der von dieser erteilten Zustimmung auch die Klägerin zu 2 gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG zur Geltendmachung der kennzeichenrechtlichen Ansprüche befugt. Der Klägerin zu 2 stehe zudem ein auf die Verwendung der beanstandeten Verpackung gestützter wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß § 3 UWG a.F. zu. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ergebe sich aus § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG, der im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG; der Anspruch auf Vernichtung folge aus § 18 MarkenG.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Zwischen den für die Klägerin zu 1 geschützten Marken und der von der Beklagten für die beanstandete Verpackung verwendeten Grundfarbe sei eine deutliche Zeichenähnlichkeit festzustellen. Die für die Klägerin zu 1 registrierten Farbmarken hätten eine gesteigerte, auf die von der Zeicheninhaberin autorisierten Hersteller von "Milka"-Schokoladenprodukten hinweisende Kennzeichnungskraft als Grundfarbe für die Ausstattung (Verpackung). In Anbetracht dieser gesteigerten Kennzeichnungskraft habe die Verwendung von Farbtönen, die im Erinnerungsbild des Verbrauchers nicht deutlich von den Klagefarbmarken abwichen, eine Signalwirkung im Sinne eines Hinweises auf den oder die Hersteller von "Milka"-Schokoladenerzeugnissen. Das in der beanstandeten Verpackung der Beklagten vertriebene Produkt weise hinreichende Ähnlichkeit mit den durch die Klagemarken geschützten Waren auf. Die für die beanstandete
Verpackung verwendete Grundfarbe habe prägenden und herkunftshinweisenden Charakter, so daß eine kennzeichenmäßige Benutzung vorliege.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Den Klägerinnen stehen die geltend gemachten Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 und 6, §§ 18, 19, 30 Abs. 3 MarkenG sowie Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, Abs. 2 lit. a, Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Art. 22 Abs. 3 Satz 1 GMV zu.
1. Der Schutz aus den eingetragenen Klagemarken ist nicht, wie die Revision geltend macht, deshalb zu versagen, weil die eingetragenen Marken möglicherweise den Anforderungen an die Markenfähigkeit, insbesondere an die graphische Darstellung (§ 8 Abs. 1 MarkenG, Art. 4 GMV), nicht genügen. Der durch die Klagemarken in Anspruch genommene (bei beiden Marken übereinstimmende ) Farbton ist bei der Eintragung nicht durch Bezugnahme auf ein anerkanntes Farbklassifikationssystem bezeichnet, sondern lediglich mit Hilfe eines dem Eintragungsantrag beigefügten lila eingefärbten Farbmusters beschrieben worden. Der Frage, ob damit den Anforderungen genügt ist, die an die graphische Darstellung der Farbe zu stellen sind, für die Markenschutz beansprucht wird (vgl. EuGH, Urt. v. 6.5.2003 - Rs. C-104/01, Slg. 2003, I-3793 Tz. 29 ff. = GRUR 2003, 604 - Libertel; Urt. v. 24.6.2004 - Rs. C-49/02, GRUR 2004, 858, 859 Tz. 32 - Heidelberger Bauchemie), ist jedoch nicht nachzugehen. Denn das Verletzungsgericht ist an die erfolgte Eintragung gebunden. Die Bindung besteht hinsichtlich aller Eintragungsvoraussetzungen und -hindernisse , die bei der Eintragung eines Zeichens als Marke Prüfungsgegenstand des Eintragungsverfahrens sind (BGH, Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 136/97, GRUR 2000, 888, 889 = WRP 2000, 631 - MAG-LITE), also auch hinsichtlich des Erfordernisses der (dauerhaften) graphischen Darstellung. Es kann im vorliegenden Fall offenbleiben, ob eine Bindung des Verletzungsrichters ausnahmsweise dann zu
verneinen ist, wenn den Eintragungsunterlagen nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit entnommen werden kann, für welches Zeichen der durch die Eintragung begründete Markenschutz (§ 4 Nr. 1 MarkenG, Art. 6 GMV) gewährt wird. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der durch die eingetragenen Klagemarken geschützte Farbton dem Farbton entspricht, den die sog. Farbtoleranzkarten der für die Klägerinnen tätigen Druckfarbenfabrik aufweisen. Diesen Farbton hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Dem Umstand, daß damit gegenüber einem durch ein Farbklassifikationssystem festgelegten Farbton lediglich ein "Toleranzbereich" umschrieben ist, kann, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, bei der Bestimmung des Schutzumfangs hinreichend Rechnung getragen werden.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beklagte die für Schokoladenerzeugnisse geschützten Klagemarken verletzt hat, indem sie für die Verpackung ihrer ähnlichen Waren eine Grundfarbe benutzt hat, die mit dem durch die Klagemarken geschützten Farbton verwechselbar ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 MarkenG; Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, Abs. 2 lit. a GMV).

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Beklagte die für die beanstandete Verpackung verwendete Grundfarbe kennzeichenmäßig benutzt hat.
aa) Das Recht aus einer abstrakten Farbmarke kann nur durch eine Verwendung der geschützten Farbe als Herkunftshinweis verletzt werden (BGHZ 156, 126, 136 - Farbmarkenverletzung I, m.w.N.). Dies folgt aus der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren , indem sie ihm ermöglicht, diese Waren oder Dienstleistungen ohne Ver-
wechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Die dem Markeninhaber zustehenden Schutzrechte sollen sicherstellen , daß die Marke ihre Funktionen erfüllen kann, und sind daher auf Fälle beschränkt , in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigen könnte (EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz. 51 = GRUR 2003, 55 - Arsenal). Da sich der Grundsatz, daß nur eine Verwendung als Herkunftshinweis , also eine kennzeichenmäßige Benutzung, das geschützte Zeichen verletzt , aus der Herkunftsfunktion der Marke herleitet, ist er nicht nur bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, sondern auch bei der Verletzung des Rechts aus einer Gemeinschaftsmarke gemäß Art. 9 Satz 2 lit. b GMV anzuwenden.
bb) Wird eine Farbe auf der Verpackung einer Ware verwendet, so kann allerdings nur ausnahmsweise angenommen werden, daß dies herkunftshinweisend geschieht. Denn die Verbraucher sind es nicht gewöhnt, aus der Farbe von Waren oder ihrer Verpackung ohne Beifügung von graphischen oder Wortelementen auf die Herkunft der Waren zu schließen, da eine Farbe als solche nach den gegenwärtigen Gepflogenheiten grundsätzlich nicht als Mittel der Identifizierung verwendet wird (EuGH GRUR 2003, 604 Tz. 65 - Libertel; BGHZ 156, 126, 136 f. - Farbmarkenverletzung I; BGH, Urt. v. 4.9.2003 - I ZR 44/01, GRUR 2004, 154, 155 = WRP 2004, 232 - Farbmarkenverletzung II). Eine solche Ausnahme setzt voraus, daß die Farbe als solche im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, daß sie als Kennzeichnungsmittel verstanden wird. Dies kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn einerseits die geschützte Farbe über eine durch Benutzung erworbene gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt und aufgrund dessen, eine entsprechende Gewöhnung des Verkehrs besteht, bei Waren der in Rede stehenden Art in der geschützten Farbe einen Herkunftshinweis zu sehen, und wenn die Farbe andererseits auch
in der angegriffenen Verwendungsform ein wesentliches, durch herkömmliche Herkunftshinweise nicht in den Hintergrund gedrängtes Gestaltungsmittel ist (BGHZ 156, 126, 137 f. - Farbmarkenverletzung I).
cc) Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt , daß der Verkehr die Grundfarbe Lila auf den Verpackungen der Gebäckmischung der Beklagten als Herkunftshinweis auffaßt. Das Berufungsgericht ist dabei davon ausgegangen, daß der von den Klägerinnen für ihre "Milka"Schokoladenprodukte verwendete, kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragene Lila-Farbton nicht lediglich über normale, sondern über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. In der Sicht der an Schokoladenwaren interessierten Verbraucherkreise ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Farbe Lila zum Inbegriff von "Milka"-Schokoladenerzeugnissen geworden. Entgegen der Auffassung der Revision kommt diese gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht lediglich den von den Klägerinnen verwendeten Aufmachungen zu, sondern dem verwendeten Lila-Farbton selbst. Dem steht nicht entgegen, daß sich der für Schokoladenwaren ungewöhnliche Farbton Lila durch die gemeinsame Verwendung gerade auch mit der Wort-/Bildmarke "Milka" und der zunächst in natürlichen Farben, später mit lila Flecken abgebildeten "Milka"-Kuh zu einem Herkunftshinweis von gesteigerter Kennzeichnungskraft entwickelt haben mag. Denn den Feststellungen des Berufungsgerichts ist zu entnehmen, daß die vielfältigen Verwendungen des Farbtons Lila durch die Klägerinnen dazu geführt haben, daß diesem Gestaltungsmittel eine eigenständige, von anderen Herkunftshinweisen unabhängige Kennzeichnungsfunktion zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach).
Die durch Benutzung erworbene gesteigerte Kennzeichnungskraft des für die Schokoladenerzeugnisse der Klägerinnen geschützten Farbtons "Lila" führt dazu, daß der Verkehr auch in der Verwendung der Grundfarbe Lila auf den Verpackungen der Beklagten einen Herkunftshinweis sieht. Der von der Beklagten für die Grundfarbe ihrer Verpackung benutzte Farbton, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Ähnlichkeitsbereich des für die Klägerinnen geschützten Lila-Farbtons fällt, tritt als solcher im Rahmen aller sonstigen Gestaltungselemente auf der Verpackung in einer Weise hervor, daß er als Kennzeichnungsmittel verstanden wird. Dies folgt aus der rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellung des Berufungsgerichts, daß nicht die sonstigen Elemente der Verpackung, sondern die mit den geschützten Farbmarken der Klägerinnen einen hohen Ähnlichkeitsgrad aufweisende " Grundfarbe" der Verpackung deren Gesamteindruck prägt. Die Würdigung des Berufungsgerichts, daß das auf der Verpackung befindliche relativ kleine, in orange und gold gehaltene Bildzeichen in Form einer stilisierten Lilie sowie die Abbildung der in der Verpackung enthaltenen Gebäckmischung und einer ein Kaffeegeschirr haltenden älteren Dame vom Verkehr lediglich als dekorative Elemente aufgefaßt werden und den Gesamteindruck der Verpackung nicht prägen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sonstige Elemente, die vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werden könnten, weist die Vorderseite der Verpakkung nicht auf. Lediglich auf der Rückseite findet sich an einer unauffälligen Stelle in kleingehaltener Schrift die Firma der Beklagten.

b) Das Berufungsgericht ist zu Recht vom Vorliegen einer Gefahr der Verwechslung (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 9 Satz 2 lit. b GMV) der von der Beklagten verwendeten Lila-Grundfarbe ihrer Verpackung, die nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vom Verkehr als selbständiges Kennzeichnungsmittel aufgefaßt wird, mit den Klagemarken ausgegangen. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind alle Umstände
des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren der Zeichen- und der Warenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Gra d der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 784 = WRP 2004, 1043 - NEURO-VIBOLEX/ NEURO-FIBRAFLEX, m.w.N.).
aa) Die Klagemarken sind für "Schokoladewaren" (Klagemarke Nr. 2 906 959) bzw. für "Schokolade, Pralinen, Schokoladenerzeugnisse und Waren aus Schokolade (nicht für medizinische Zwecke)" (Gemeinschaftsmarke Nr. 31336) eingetragen. Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - eine Ähnlichkeit dieser Waren mit der in der beanstandeten Verpakkung vertriebenen Gebäckmischung angenommen, weil diese Mischung auch mit Schokolade überzogene Kekse und Waffeln enthielt. Dies läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der geschützte Farbton "Lila" als Hinweis auf die Herkunft von "Milka"-Schokoladenprodukten eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erlangt.
cc) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß zwischen den geschützten Klagefarbmarken und der von der Beklagten für die beanstandete Verpackung verwendeten Grundfarbe eine deutliche Zeichenähnlichkeit besteht, die eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV begründet. Das Berufungsgericht hat deutlich wahrnehmbare Unterschiede weniger in der nach unten verlaufenden Aufhellung des Farbtons als in der Beimischung einer stärkeren rötlichen Farb-
komponente bei der von der Beklagten als Grundfarbe für ihre Verpackung verwendeten Farbe gesehen. Seine Auffassung, diese Unterschiede führten in Anbetracht der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarken und des gegebenen Grades der Warenähnlichkeit zu einer für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichenden Zeichenähnlichkeit, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, daß das Erinnerungsvermögen der angesprochenen Verbraucher nur verhältnismäßig wenige Farben und Farbtöne umfaßt, so daß geringe Unterschiede nicht wahrgenommen werden. Dadurch wird die Verwechslungsgefahr zwischen ähnlichen Farbtönen erhöht (vgl. BGHZ 156, 126, 139 - Farbmarkenverletzung I). Aus diesem Grunde steht der Annahme einer Verwechslungsgefahr auch nicht entgegen, daß der durch die Klagemarken geschützte Farbton bei der Eintragung nicht durch Bezugnahme auf ein Farbklassifikationssystem festgelegt und im vorliegenden Verfahren lediglich durch Vorlage einer sog. Farbtoleranzkarte umschrieben worden ist. Die Auffassung des Berufungsgerichts , die dadurch mögliche Abweichung von dem geschützten Originalfarbton sei allenfalls geringfügig und ändere an dem Vorliegen einer deutlichen, eine Verwechslungsgefahr begründenden Zeichenähnlichkeit nichts, ist angesichts der besonderen Kennzeichnungskraft der Klagefarbmarken nicht zu beanstanden.
3. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GMV. Die Klägerin zu 2 ist gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG, Art. 22 Abs. 3 Satz 1 GMV neben der Klägerin zu 1, die als Markeninhaber der Klageerhebung zugestimmt hat, klagebefugt.
Nicht zu beanstanden ist ferner die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte verpflichtet sei, den Klägerinnen den durch die Verletzung der
Klagefarbmarken entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 14 Abs. 6 MarkenG, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GMV), und daß der Hilfsanspruch zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs begründet sei. Die Verurteilung zur Vernichtung der im Besitz der Beklagten befindlichen Verpackungen beruht auf § 18 Abs. 1 MarkenG.
III. Danach ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 6/05 Verkündet am:
20. September 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kinder II
Ein Kläger, der für einen Bestandteil einer zusammengesetzten Marke isoliert
Markenschutz aufgrund einer Marke kraft Verkehrsgeltung in Anspruch nehmen
will, muss dieses Markenrecht in der Tatsacheninstanz zum Gegenstand des
Rechtsstreits machen.
BGH, Urt. v. 20. September 2007 - I ZR 6/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof. Dr. Büscher und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Dezember 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Herstellerin von Schokoladenprodukten. Sie vertreibt diese unter Verwendung von Marken, die mit dem Begriff "Kinder" beginnen. Sie ist Inhaberin der als durchgesetztes Zeichen am 11. August 1980 für "gefüllte Vollmilchschokolade" eingetragenen Wortmarke (Nr. 1 006 192) "Kinderschokolade" und der am 12. August 1991 für "Schokolade" eingetragenen nachfolgenden (farbigen) Wort-/Bildmarke (Nr. 1180071):
2
Sie ist weiter Inhaberin der als durchgesetztes Zeichen mit Priorität vom 9. Mai 1997 für "Schokolade, Schokoladenwaren" eingetragenen nachstehend wiedergegebenen (schwarz/weißen) Wort-/Bildmarke (Nr. 397 21 063):
3
Die Beklagte stellt Süßwaren her. Sie ist Inhaberin der mit Priorität vom 6. Oktober 1998 für "Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren, nicht-medizinische Kaugummis" eingetragenen Wortmarke Nr. 398 57 206 "Kinder Kram".
4
Die Klägerin sieht eine Verletzung ihrer Markenrechte in der Benutzung der Marke "Kinder Kram" durch die Beklagte. Sie hat geltend gemacht, die Marken der Parteien seien verwechselbar. Sie habe im Jahre 1996 einen Marktanteil bei den in Rede stehenden Waren von 75,5 % erreicht, im Geschäftsjahr 1997/1998 mit den Produkten der Marke "Kinder" einen Umsatz von 490 Mio. € erzielt und im Zeitraum von 1966 bis Februar 2003 mehr als 12,7 Mrd. Produkte mit der Marke "Kinder" verkauft. In den Jahren 1995 bis 1998 habe sie Werbeaufwendungen von 238 Mio. € getätigt. Aufgrund der Vielzahl der von ihr mit dem Zeichen "Kinder" vertriebenen Produkte und der großen Bekanntheit ihrer Marken erwarte der Verkehr, dass mit der Marke "Kinder Kram" gekennzeichnete Waren von ihr stammten.
5
Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten zu untersagen, Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren und nicht-medizinische Kaugummis unter der Marke "Kinder Kram", wie sie im Markenblatt Heft 4 vom 28. Januar 1999 auf Seite 1051 unter der Nr. 398 57 206 (wie nachfolgend eingeblendet) veröffentlicht worden ist, anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in Verkehr zu bringen.
6
Die Beklagte hat bestritten, dass sich die Marken "Kinder" ohne die graphische Gestaltung durchgesetzt hätten und hat die Ansicht vertreten, die Schutzfähigkeit der Marken sei auf die konkrete Gestaltung beschränkt. An der Bezeichnung "Kinder" bestehe ein hohes Freihaltebedürfnis.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat im ersten Berufungsrechtszug die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2002, 7 = WRP 2001, 57).
8
Auf die Revision der Beklagten hat der Senat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Beurteilung der Kenn- zeichnungskraft der Klagemarken und der Ähnlichkeit der Kollisionszeichen zurückverwiesen (BGHZ 156, 112 - Kinder I).
9
Im zweiten Berufungsverfahren hat die Klägerin den Unterlassungsanspruch auch auf die zwischenzeitlich eingetragene schwarz/weiße Wort-/Bildmarke Nr. 397 21 063 gestützt.
10
Das Berufungsgericht hat im erneuten Berufungsverfahren die Klage abgewiesen.
11
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückverweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


12
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG verneint und hierzu ausgeführt:
13
Eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen den Klagemarken und dem angegriffenen Zeichen bestehe nicht. Aufgrund des für das Berufungsgericht bindenden Revisionsurteils stehe fest, dass der Wortbestandteil "Kinder" gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG absolut schutzunfähig sei, ohne Feststellung einer Verkehrsdurchsetzung aus Rechtsgründen keine Prägung des Gesamteindrucks der Klagemarke Nr. 1180071 bewirken und ihm auch nicht Schutz als Stammbestandteil eines Serienzeichens zukommen könne. Dies gelte auch für die erst nach Verkündung des Revisionsurteils in das Verfahren eingeführte Wort-/Bildmarke Nr. 397 21 063. Der Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarken habe sich zum Zeitpunkt der ersten Kollision der gegenüberstehenden Zeichen am 6. Oktober 1998 im Verkehr nicht durchgesetzt. Für eine Verkehrsdurchsetzung reiche die bloße Bekanntheit des Produkts oder der Marke nicht aus. Entscheidend sei vielmehr der Zuordnungsgrad zu einem bestimmten Hersteller. Für das Wort "Kinder" in Maschinenschrift und nicht in der typischen graphischen Gestaltung ergebe sich aus den von der Klägerin vorgelegten Gutachten ein Bekanntheitsgrad von 58,3 % des an Schokoladenwaren interessierten Teils der Bevölkerung. Dieser Prozentsatz könne jedoch nicht übernommen werden. Ohne Bezeichnung des Herstellers genügten nur Angaben zu mehreren Bestandteilen einer Produktfamilie, um das produzierende Unternehmen hinreichend zu identifizieren. In welchem Umfang es zu derartigen Mehrfachnennungen gekommen sei, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen.
14
Sei danach der Wortbestandteil "Kinder" in den Klagemarken mangels Verkehrsdurchsetzung rein beschreibender Natur und deshalb schutzunfähig, fehle die notwendige Ähnlichkeit zwischen den Kollisionszeichen. Die Klagemarken würden nicht durch den Wortbestandteil "Kinder", sondern nur durch ihre graphischen Elemente geprägt.
15
Eine Verwechslungsgefahr sei aber auch dann zu verneinen, wenn der Wortbestandteil "Kinder" in gewissem Umfang die Klagezeichen mitpräge. Die Klagemarken verfügten im Kollisionszeitpunkt nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft , was in Anbetracht der nur geringen Zeichenähnlichkeit nicht ausreiche, um eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzunehmen.
16
Die Klage sei auch nicht nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG erfolgreich. Die erforderliche Zeichenähnlichkeit zwischen den Klagemarken und der Kollisionsmarke sei nicht gegeben. Dem beschreibenden Wortbestandteil "Kinder" komme kein Schutz als bekannte Marke zu und die verbleibenden Besonderheiten der Schreibweise der Klagemarken fänden in dem angegriffenen Zeichen keine Entsprechung.
17
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
18
1. Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG aufgrund der farbigen Wort-/Bildmarke Nr. 1180071 "Kinder" ist nicht gegeben.
19
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass zwischen der farbigen Wort-/Bildmarke "Kinder" der Klägerin und der Wortmarke Nr. 398 57 206 "Kinder Kram" der Beklagten keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht.
20
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage , ob Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, GRUR 2004, 600 = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang).
21
bb) Zwischen "Schokolade" und "Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren , nicht-medizinische Kaugummis" besteht Warenähnlichkeit. Davon sind das Berufungsgericht im ersten Berufungsurteil und der Senat in der ersten Revisionsentscheidung ausgegangen. Mangels anderweitiger Feststellungen liegt eine durchschnittliche Warenähnlichkeit vor.
22
cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die farbige Wort-/Bildmarke Nr. 1180071 nicht über gesteigerte, sondern über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt, weil es sich wegen fehlender originärer Unterscheidungskraft um ein von Hause aus schutzunfähiges Zeichen handelt, das nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG eingetragen ist.
23
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, dem Wortelement "Kinder" der Klagemarke komme jedenfalls eine schwache originäre Kennzeichnungskraft zu. Das Wortelement sei unabhängig von der graphischen Gestaltung der farbigen Wort-/Bildmarke aufgrund umfänglicher Benutzung im Verkehr durchgesetzt; die Klagemarke verfüge bezogen auf den Kollisionszeitpunkt 6. Oktober 1998 über gesteigerte Kennzeichnungskraft.
24
(1) Die Eintragung einer Marke als durchgesetztes Zeichen hat nicht zur Folge, dass der Marke im Verletzungsverfahren ein bestimmtes Maß an Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke hat nur zur Folge, dass er der Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 - ARD-1). Im Verletzungsverfahren hat das Gericht da- her den Grad der Kennzeichnungskraft der Klagemarke selbständig zu bestimmen. Dies gilt auch für Marken, die aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind (BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 173 f. = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; Urt. v. 25.1.2007 - I ZR 22/04 Tz. 35 - Pralinenform ). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Seine Annahme, die farbige Wort-/Bildmarke "Kinder" der Klägerin verfüge nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
25
(2) Dem Wortbestandteil "Kinder" fehlt für die Ware "Schokolade" wegen der die Zielgruppe der Abnehmer der Produkte beschreibenden Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Jegliche Unterscheidungskraft fehlt einer Bezeichnung nicht nur dann, wenn es um eine Beschreibung konkreter Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geht, sondern auch dann, wenn es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH, Beschl. v. 28.8.2003 - I ZB 6/03, GRUR 2003, 1050 f. = WRP 2003, 1429 - Cityservice). Der Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarken beschreibt allgemein den möglichen Abnehmerkreis der Produkte, so dass es nicht darauf ankommt, welche Waren die Klägerin herstellt und vertreibt und ob diese auch von Erwachsenen verzehrt werden.
26
(3) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die farbige Wort-/ Bildmarke "Kinder" aufgrund der Benutzungslage zum Kollisionszeitpunkt am 6. Oktober 1998 nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt und eine darüber hinausgehende Steigerung der Kennzeichnungskraft der nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke der Klägerin nicht eingetreten ist. Es hat angenommen, dass sich der isolierte Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarke nicht i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr als Kennzeichen durchgesetzt habe. Hierzu reiche die bloße Bekanntheit des Produkts und der Marke nicht aus. Die von der Klägerin vorgelegten demoskopischen Gutachten, bei denen die Befragten das Wort "Kinder" in der typischen graphischen Gestaltung mit verlängertem Vertikalstrich vorgelegt erhielten, ließen nur in geringem Umfang einen Rückschluss auf die Verkehrsdurchsetzung des Wortelements zu. Bei dem von der Klägerin vorgelegten demoskopischen Gutachten, bei dem das Wort "Kinder" in Maschinenschrift gehalten sei, könnten neben denjenigen Verkehrskreisen, die die Klägerin als Herstellerin benannt hätten (24,9 %), nur diejenigen Befragten berücksichtigt werden, die das Wort "Kinder" mehreren Produkten der Produktfamilie der Klägerin zugeordnet hätten. Hierzu enthalte das von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten aber keine Angaben. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
27
Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften , die die Marke von Hause aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für eine Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen, gehören (EuGH, Urt. v. 22.6.1999 - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 23 = WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 14.9.1999 - C-375/97, Slg. 1999, I-5421 = GRUR Int. 2000, 73 Tz. 27 = WRP 1999, 1130 - Chevy; Urt. v. 7.7.2005 - C-353/03, GRUR 2005, 763 Tz. 31 = WRP 2005, 1159 - Nestlé/Mars; BGH, Beschl. v. 8.5.2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV).
28
Aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragene Marken verfügen regelmäßig über durchschnittliche Kennzeichnungskraft (BGH GRUR 2002, 171, 173 f. - Marlboro-Dach; zum WZG: BGHZ 113, 115, 118 - SL; BGH, Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, WRP 1993, 694, 696 - apetito/apitta). Eine weitergehende Steigerung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist aufgrund ihrer Benutzung bis zum Kollisionszeitpunkt nicht eingetreten. Da der Wortbestandteil "Kinder" die Abnehmerkreise der in Rede stehenden Süßwaren glatt beschreibt , ist für die Durchsetzung des Wortelements "Kinder" ein deutlich erhöhter Durchsetzungsgrad erforderlich (BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 20 = WRP 2006, 1130 - LOTTO).
29
(a) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus den demoskopischen Gutachten der Anlagen BB 25, BB 27, BB 29, BB 30 und BB 31 keine Verkehrsdurchsetzung des isolierten Wortbestandteils "Kinder" und auch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke. Die Gutachten BB 29 und BB 30 betreffen das Zeichen "Kinder" - wenn auch in schwarz/weißer Aufmachung - mit der typischen graphischen Gestaltung des Anfangsbuchstabens und lassen deshalb keinen Rückschluss auf die Verkehrsdurchsetzung des reinen Wortbestandteils zu.
30
Nach dem Gutachten BB 31 der GfK-Marktforschung von Oktober 2000 weist das Wort "Kinder" ohne graphische Gestaltung bei 60,4 % aller Befragten und 65,8 % der Befragten, die sich öfters oder gelegentlich als Käufer oder Interessent mit Schokolade und Schokoladenwaren befassen, auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin. Von diesem Ergebnis sind allerdings diejenigen Befragten abzusetzen, die auf die Frage Nr. 3 nach dem Namen des Unternehmens das Wortelement "Kinder" einem anderen Unternehmen als der Klägerin zurechneten. Dies sind insgesamt 4,3 % aller Befragten und 4,5 % des engeren Verkehrskreises. Die Befragten müssen das Unternehmen, das das Zeichen verwendet, dessen Verkehrsdurchsetzung in Rede steht, zwar nicht namentlich benennen können. Diejenigen Befragten, die das Zeichen aber einem anderen, ausdrücklich genannten Unternehmen zurechnen, haben bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung des Zeichens zugunsten eines bestimmten Unternehmens außer Betracht zu bleiben (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 65 = WRP 2002, 924 - Philips; BGH, Beschl. v. 8.7.1964 - Ib ZB 7/63, GRUR 1965, 146, 149 - Rippenstreckmetall II; BGHZ 169, 245 Tz. 25 - Goldhase; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn. 423; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 315 und 354; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 8 Rdn. 328; v. Schultz, Markenrecht, § 8 Rdn. 141; a.A. Niedermann, GRUR 2006, 367, 371: Außerachtlassung nur bei massiven Fehlzuordnungen). Davon ist der Senat auch in der ersten Revisionsentscheidung ausgegangen (BGHZ 156, 112, 121 - Kinder I). Soweit der auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von April 1997 angeführte Bekanntheitsgrad der Bezeichnung "Kinder" dort mit 48,5 % ermittelt worden ist, wird an dieser Berechnung nicht festgehalten, weil dabei diejenigen Verkehrskreise unberücksichtigt geblieben sind, die das Zeichen zwar als Hinweis auf ein Unternehmen auffassen, es aber keinem namentlich bestimmten Unternehmen zuordnen (zu der Berechnung aufgrund der GfKUntersuchung von April 1997 nachstehend unter (b)). Danach verbleiben auf der Grundlage des Gutachtens BB 31 von Oktober 2000 56,1 % aller Befragten und 61,3 % des engeren Verkehrskreises, die den Wortbestandteil "Kinder" einem bestimmten Unternehmen zuordnen, ohne dass es zu Fehlzuordnungen kommt. Das reicht für eine Verkehrsdurchsetzung des Wortbestandteils "Kinder" ohne graphische Gestaltung nicht aus. Auf die Gutachten BB 25 aus dem Jahre 1988 und BB 27 aus dem Jahre 1990 kann die Klägerin eine Verkehrsdurchsetzung des Wortbestandteils "Kinder" nicht mit Erfolg stützen. Diese liegen in zeitlicher Hinsicht vom Kollisionszeitpunkt weiter entfernt als die Umfrage von September 2002 und lassen nicht erkennen, in welchem Umfang es zu Fehlzuordnungen zu anderen Unternehmen gekommen ist.

31
Den Umsatz- und Absatzzahlen, dem Marktanteil und der Marktpräsenz der Produkte der Klägerin sowie ihren Werbeaufwendungen kommt im Streitfall ein entscheidendes Gewicht für die Feststellung einer Verkehrsdurchsetzung des Wortbestandteils "Kinder" nicht zu. Diese beziehen sich sämtlich auf die farbigen Wort-/Bildmarken. Ihnen lässt sich daher - entgegen der Ansicht der Revision - nicht entnehmen, dass der isolierte Wortbestandteil "Kinder" sich im Verkehr als Hinweis auf die Herkunft von Schokoladenprodukten aus dem Unternehmen der Klägerin durchgesetzt hat.
32
(b) Nach der GfK-Untersuchung von April 1997 wies das graphisch gestaltete Wort "Kinder" in Schwarz-Weiß-Aufmachung nach Angaben von 63,6 % der Befragten auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin, das 48,5 % unmittelbar oder mittelbar über andere Marken der Klägerin zuordneten. Nimmt man von den 63,6 % der Befragten, für die das graphisch gestaltete Zeichen auf ein bestimmtes Unternehmen hinweist, diejenigen 5 % der Befragten aus, die das Zeichen einem dritten Unternehmen zurechneten, verbleiben 58,6 % aller Befragten , für die das Zeichen auf ein bestimmtes Unternehmen hinweist, ohne dass die Befragten es als Hinweis auf ein Konkurrenzunternehmen ansehen.
33
(c) Da von einer Verkehrsdurchsetzung im Regelfall nicht unterhalb eines Durchsetzungsgrads von 50 % auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 760 Tz. 20 - LOTTO) und aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragene Marken regelmäßig nur über normale Kennzeichnungskraft verfügen, reicht in Anbetracht des glatt beschreibenden Charakters des Wortbestandteils "Kinder" ein Anteil, der 60 % aller Befragten nicht deutlich übersteigt, auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin durch Umsatzund Absatzzahlen, Marktpräsenz und Marktanteil, Werbeaufwendungen und Verbraucherkontakte dargelegten Benutzung der farbigen Wort-/Bildmarke zur Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke nicht aus.
34
dd) Das Berufungsgericht hat zutreffend bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Kollisionszeichen nicht ausschließlich auf den Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarke abgestellt und eine Zeichenähnlichkeit rechtsfehlerfrei verneint.
35
(1) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urt. v. 6.10.2005 - C-120/04, GRUR 2005, 1042 Tz. 28 f. = WRP 2005, 1505 - THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 22.9.2005 - I ZB 40/03, GRUR 2006, 60 Tz. 17 = WRP 2006, 92 - coccodrillo). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2002, 171, 174 - MarlboroDach ; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 31 - THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322 Tz. 18 - Malteserkreuz).
36
(2) Der Gesamteindruck der farbigen Wort-/Bildmarke der Klägerin wird nicht durch den Wortbestandteil "Kinder" geprägt. Dieser Wortbestandteil verfügt für die Produkte "Schokolade" über keine Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und hat diese auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erworben (s. oben II 1 a cc (3)). Ohne Kennzeichnungskraft kann das Wortelement der farbigen Wort-/Bildmarke der Klägerin keine Prägung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 815 = WRP 2002, 987 - Festspielhaus I; Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 189/01, GRUR 2004, 778, 779 = WRP 2004, 1173 - URLAUB DIREKT).
37
(3) In der zusammengesetzten jüngeren Marke "Kinder Kram" hat das Wort "Kinder" keine selbständig kennzeichnende Stellung. Gegenteiliges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht. Im Hinblick auf den die Abnehmerkreise ebenfalls beschreibenden Charakter des Wortbestandteils "Kinder" für die in Rede stehenden Waren ist auch bei der jüngeren Marke nicht davon auszugehen, dass dieser Wortbestandteil die Marke dominiert.
38
Stehen sich bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit die aus Wort- und Bildbestandteilen bestehende graphisch gestaltete farbige Klagemarke und die aus den Wortelementen "Kinder" und "Kram" zusammengesetzte jüngere Wortmarke gegenüber, ist die Annahme des Berufungsgerichts, das von absoluter Zeichenunähnlichkeit ausgegangen ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
39
b) Das Berufungsgericht hat eine Verwechslungsgefahr zwischen der farbigen Wort-/Bildmarke Nr. 1180071 und der angegriffenen Marke "Kinder Kram" auch nicht unter dem Aspekt eines Serienzeichens angenommen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
40
aa) Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens hat unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens der jüngeren mit der älteren Marke Eingang in die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz gefunden (EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387 = WRP 1998, 39 - Sabèl/Puma; BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont). Diese Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen - wie im Streitfall - nach ihrem Gesamteindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind, greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen , die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Inhaber zuordnet (BGH, Urt. v. 22.11.2001 - I ZR 111/99, GRUR 2002, 542, 544 = WRP 2002, 534 - BIG; Urt. v. 24.1.2002 - I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 547 = WRP 2002, 537 - BANK 24).
41
bb) Bei der Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens sind besonders strenge Anforderungen an die Wesensgleichheit dieses Zeichens mit dem angegriffenen Zeichen zu stellen (BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont; Ullmann, GRUR 1993, 334, 337; Eichelberger , WRP 2006, 316, 321). Daran fehlt es vorliegend.
42
Der Wortbestandteil "Kinder" ist nicht verkehrsdurchgesetzt und kann die Klagemarke daher nicht prägen. Demnach kann bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr nicht entscheidend auf Übereinstimmungen allein mit der beschreibenden Angabe abgestellt werden. Maßgebend für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr muss vielmehr gegenüber der angegriffenen Bezeich- nung die Klagemarke in der den Schutz dieses Zeichens begründenden Gestaltung sein (BGH, Urt. v. 20.3.2003 - I ZR 60/01, GRUR 2003, 963, 965 = WRP 2003, 1353 - AntiVir/AntiVirus).
43
Die typische graphische Gestaltung der Wort-/Bildmarke der Klägerin weicht in der farbigen Aufmachung aufgrund ihrer bildlichen Gesamtwirkung deutlich von dem Wort "Kinder" in Maschinenschrift ab. Zwischen der farbigen Klagemarke Nr. 1180071 und dem Wortbestandteil "Kinder" der angegriffenen jüngeren Marke, der als Stamm einer Zeichenserie der Klägerin in Betracht kommt, besteht danach ebenfalls keine Zeichenähnlichkeit.
44
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht auch einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG aufgrund der Klagemarke Nr. 1180071 verneint hat.
45
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sind keine anderen Maßstäbe anzulegen als bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 596 = WRP 2004, 909 - FerrariPferd ). Mangels Ähnlichkeit der kollidierenden Marken kommt auch ein auf den Schutz einer bekannten Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestützter Unterlassungsanspruch nicht in Betracht.
46
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aufgrund der schwarz-weiß gestalteten Wort-/Bildmarke Nr. 397 21 063 "Kinder" nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG zu.
47
a) Zwischen der graphisch gestalteten schwarz-weißen Wort-/Bildmarke der Klägerin und der zusammengesetzten Wortmarke der Beklagten hat das Berufungsgericht eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ebenfalls wegen Zeichenunähnlichkeit verneint. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
48
aa) Das Wortelement "Kinder" verfügt aus den oben unter II 1 a cc (2) dargelegten Gründen von Hause aus über keine Kennzeichnungskraft für Schokolade und Schokoladenwaren und genießt auch keinen Schutz kraft Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG.
49
Danach stehen sich die Klagemarke, die Schutz nur durch die Kombination des Wortelements mit der graphischen Gestaltung erlangt hat, und die aus den Wortbestandteilen "Kinder" und "Kram" zusammengesetzte jüngere Marke gegenüber. Zwischen diesen Zeichen besteht keine Zeichenähnlichkeit, weil die Wort-/Bildmarke der Klägerin nicht nur durch den Wortbestandteil "Kinder", sondern ebenso wie die farbige Wort-/Bildmarke der Klägerin durch die graphische Gestaltung bestimmt wird, während die Bezeichnung "Kinder Kram" durch beide Wortbestandteile geprägt wird. Die graphische Gestaltung der Klagemarke , aus der sich ihre Schutzfähigkeit ableitet, findet sich nicht in der angegriffenen Marke der Beklagten. Allein die teilweise Übereinstimmung des schutzunfähigen Wortbestandteils "Kinder" mit der angegriffenen Bezeichnung vermag eine Zeichenähnlichkeit nicht zu begründen (BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 130/01, GRUR 2004, 775, 777 = WRP 2004, 1037 - EURO 2000; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn. 150).
50
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der schwarz-weißen graphisch gestalteten Klagemarke und der angegriffenen Bezeichnung "Kinder Kram" besteht wegen Zeichenunähnlichkeit nicht.
51
bb) Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens ist zwischen der Klagemarke Nr. 397 21 063 und der Bezeichnung "Kinder Kram" ebenfalls nicht gegeben.
52
Die typische graphische Gestaltung der Wort-/Bildmarke der Klägerin, aus der sich die Schutzfähigkeit ergibt, ist in der reinen Wortmarke der Beklagten nicht aufgenommen. Der reine Wortbestandteil der Klagemarke genießt mangels Verkehrsdurchsetzung keinen Schutz. Seine Übereinstimmung mit dem Wortbestandteil "Kinder" der angegriffenen Bezeichnung, der als Stamm einer Zeichenserie der Klägerin in Betracht kommt, kann keine Zeichenähnlichkeit begründen.
53
b) Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG aufgrund des Schutzes der Klagemarke Nr. 397 21 063 "Kinder" als bekannte Marke kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht Zeichenunähnlichkeit.
54
3. Auf die weiteren Wortmarken Nr. 1 006 192 und 1095019 "Kinderschokolade" und "Kinder Überraschung", auf die die Klägerin ihre Ansprüche in erster Instanz gestützt hatte, ist sie nach dem ersten Revisionsurteil des Senats nicht mehr zurückgekommen. Das Berufungsgericht hat sie seiner Beurteilung im angefochtenen Urteil auch nicht mehr zugrunde gelegt, ohne dass die Revision hiergegen etwas erinnert.
55
4. Die Klägerin kann den Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG schließlich nicht auf eine Marke kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG an dem Wort "Kinder" stützen. Eine entsprechende Wortmarke ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden.
56
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 166, 253, 259 - Markenparfümverkäufe, m.w.N.). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte).
57
b) Die Klägerin hat die Verletzung einer aus dem Wort "Kinder" bestehenden Marke kraft Verkehrsgeltung in den Tatsacheninstanzen nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht. Die Revision hat in der Begründung des Rechtsmittels auch nicht gerügt, dass das Berufungsgericht eine entsprechende Marke unberücksichtigt gelassen hätte. In der Revisionsinstanz kann die Klägerin ein neues Schutzrecht nicht mehr in den Rechtsstreit einführen.
58
5. Die von der Revision angeregte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG ist nicht geboten.
59
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften erlangt eine sehr bekannte beschreibende Bezeichnung - in jenem Fall eine geographische Angabe - Unterscheidungskraft i.S. des Art. 3 Abs. 3 MRRL (= § 8 Abs. 3 MarkenG) nur bei einer offenkundig besonders langfristigen und intensiven Benutzung der Marke (EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz. 50 = MarkenR 1999, 189 - Chiemsee).
60
Welche Umstände bei dieser Beurteilung als relevant heranzuziehen sind, ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 51 - Chiemsee; GRUR Int. 2000, 73 Tz. 27 - Chevy) und bereits in der ersten Revisionsentscheidung angeführt (BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I). Diese relevanten Umstände haben die mit der Entscheidung befassten Gerichte umfassend zu würdigen (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 49 - Chiemsee). Die Feststellung und Bewertung dieser Umstände im Einzelfall ist Aufgabe der nationalen Gerichte (EuGH, Urt. v. 28.1.1999 - C-303/97, GRUR Int. 1999, 345 Tz. 36 - Kessler Hochgewächs).
61
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v.Ungern-Sternber g Pokrant
Büscher Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 01.03.2000 - 84 O 77/99 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.12.2004 - 6 U 51/00 -

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/07 Verkündet am:
29. Juli 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AIDA/AIDU
Der Grundsatz, dass eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher oder schriftbildlicher
Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen wegen eines ohne
weiteres erkennbaren eindeutigen Begriffsinhalts zu verneinen sein kann, gilt
auch dann, wenn nur das Klagezeichen über einen solchen Bedeutungsgehalt
verfügt.
BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 102/07 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juni 2007 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin veranstaltet seit dem Jahre 1996 unter dem Unternehmensschlagwort "AIDA" Kreuzfahrten. Sie ist mit Priorität vom 15. Januar 1997 als Inhaberin der Wortmarke Nr. 39701328.0 "Aida" unter anderem für die Dienst- leistungen "Veranstaltungen von Reisen, Transportwesen, Beherbergung von Gästen sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten" sowie weiterer Marken mit dem Bestandteil "AIDA" eingetragen.
2
Die Beklagte vermittelt seit dem Jahre 2003 in Form eines Internetreiseportals unter dem Domain-Namen "aidu.de" Reisen und Reiseveranstaltungen.
3
Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung ihrer Kennzeichenrechte unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "AIDU" und auf Löschung des Domain-Namens "aidu.de" in Anspruch genommen.
4
Die Klägerin hat beantragt, 1. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das Kennzeichen "AIDU" in Alleinstellung im geschäftlichen Verkehr für Reisedienstleistungen , insbesondere für Buchungen von Reisen, Reisereservierungen und -buchungen, Ticketverkauf für Veranstaltungen, zu verwenden; 2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der DENIC eG auf die Registrierung des Domain-Namens "aidu.de" zu verzichten.
5
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens stattgegeben; den Antrag auf Löschung des Domain-Namens hat es abgewiesen.
6
Die dagegen gerichteten Rechtsmittel beider Parteien sind erfolglos geblieben. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihr die (Weiter-)Benutzung ihres Domain-Namens "aidu.de" für einen Zeitraum von sechs Monaten ab Verkündung des Berufungsurteils gestattet wird.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte die Rechte an dem Domain-Namen "aidu.de" auf einen Dritten übertragen hat, die Hauptsache hinsichtlich des Antrags auf Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens für erledigt erklärt. Sie verfolgt mit der Anschlussrevision ihr Klagebegehren, soweit es in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist, mit der Maßgabe weiter, insoweit die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag auf Unterlassung der Verwendung des Zeichens "AIDU" nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG für begründet und den Anspruch auf Löschung des Domain-Namens "aidu.de" für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
9
Die Wortmarke "Aida" der Klägerin und das Zeichen "AIDU" der Beklagten seien im markenrechtlichen Sinn miteinander verwechselbar. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei jedenfalls glatt durchschnittlich. "Aida" habe für Reisedienstleistungen keinen beschreibenden Charakter. Der Verkehr werde vielmehr bei "Aida" in erster Linie an die überaus populäre gleichnamige Oper von Giuseppe Verdi bzw. deren Protagonistin denken - eine Assoziation, die gerade das Originelle einer Verwendung dieses Zeichens für die hiermit in keinerlei Bezug stehenden Reisedienstleistungen ausmache. Auf der Grundlage der hohen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen des Veranstaltens von Reisen einerseits und des Vermittelns von Reisen andererseits bestehe wegen der mindestens mittleren Zeichenähnlichkeit von "Aida" und "AIDU" kein vernünftiger Zweifel an der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. Das in der deutschen Sprache nicht vorkommende Zeichen "AIDU" verfüge über keinen sinnbildlichen Gehalt, so dass allein Ähnlichkeiten im Schriftbild und/oder Klang von Bedeutung sein könnten. Die schriftbildliche Ähnlichkeit der Zeichen sei augenfällig. Die klangliche Ähnlichkeit stelle sich nicht anders dar. "AIDU" erscheine dem Verkehr als Kunstwort, vielleicht auch (irrig) als ihm nicht geläufiger fremdsprachiger Ausdruck. Der Verkehr werde deshalb mangels feststehender Ausspracheregeln der deutschen Sprache für die Buchstabenfolge "ai" angesichts des ihm fremden Worts auf ihm ähnlich erscheinende Begriffe zurückgreifen und deshalb dazu neigen, "AIDU" in der Art des auch optisch ähnlichen und ihm von der bekannten Oper her vertrauten Wortes "Aida" als "A-I-DU" aussprechen.
10
Ein Anspruch auf Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens bestehe nicht, weil nicht feststehe, dass jedwede Belegung der hinter dem DomainNamen stehenden Website eine Verletzungshandlung darstellen würde. Vielmehr seien aus dem Bereich der (hohen) Dienstleistungsähnlichkeit vollständig herausführende Inhalte denkbar, die die markenrechtliche Verwechslungsgefahr entfallen ließen.
11
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Klägerin bleibt dagegen ohne Erfolg.
12
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aus ihrer Wortmarke "Aida" ein Unterlassungsanspruch im Umfang des Klageantrags zu 1 mit der von ihm ausgesprochenen Maßgabe nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG gegen die Beklagte zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen den Zeichen "Aida" und "AIDU" bestehe Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, gerichteten Rügen der Revision verhelfen ihr zum Erfolg.
13
a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , dass die Beklagte die Bezeichnung "AIDU" zur Bezeichnung der von ihr angebotenen Reisedienstleistungen (Vermittlung von Reisen) markenmäßig verwendet hat.
14
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen der Wortmarke "Aida" der Klägerin und dem angegriffenen Zeichen "AIDU" der Beklagten bestehe Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, beruht dagegen auf Rechtsfehlern.
15
aa) Das Berufungsgericht ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwar von dem Grundsatz ausgegangen, dass diese unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Seiner Beurteilung hat es auch zugrunde gelegt, dass eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke besteht, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Tz. 20 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect; Urt. v. 5.2.2009 - I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Tz. 23 = WRP 2009, 616 - METROBUS).
16
bb) Das Berufungsgericht hat eine jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke "Aida" sowie eine hohe Ähnlichkeit der von den Parteien angebotenen Reisedienstleistungen angenommen. Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
17
cc) Die Auffassung des Berufungsgerichts, auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und hoher Dienstleistungsähnlichkeit bestehe wegen der mindestens mittleren Zeichenähnlichkeit von "Aida" und "AIDU" Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, beruht jedoch auf rechtlich fehlerhaften Erwägungen.
18
(1) Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Ähnlichkeit von Wortzeichen anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln ist, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 22.6.1999 - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 27 f. = WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 23.3.2006 - C-206/04, Slg. 2006, I-2717 = GRUR 2006, 413 Tz. 21 - [Mülhens/HABM] ZIRH/SIR; BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH, Beschl. v. 13.12.2007 - I ZB 26/05, GRUR 2008, 715 Tz. 37 - idw). Es hat auch berücksichtigt , dass bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit der das Kennzeichenrecht beherrschende Grundsatz zugrunde zu legen ist, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. nur BGH, Urt. v. 3.4.2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Tz. 33 = WRP 2008, 1434 - Schuhpark).
19
(2) Das Berufungsgericht hat jedoch die Bedeutung, die dem Sinngehalt eines Zeichens für die Frage der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr zukommen kann, nicht hinreichend beachtet. Es hat angenommen, das Zeichen "AIDU" verfüge über keinen sinnbildlichen Gehalt, so dass allein Ähnlichkeiten im Schriftbild oder Klang maßgeblich sein könnten. Unter diesen beiden Gesichtspunkten sei die Ähnlichkeit allerdings mindestens als im oberen Bereich des Durchschnittlichen liegend einzuordnen, so dass von einer Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen auszugehen sei. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Prüfung der Zeichenähnlichkeit den Grundsatz nicht beachtet hat, dass eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang zu bejahende Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen zu verneinen sein kann, wenn einem Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt (EuGH, Urt. v. 12.1.2006 - C-361/04 P, Slg. 2006, I-643 = GRUR 2006, 237 Tz. 20 - [Ruiz-Picasso u.a./HABM] PICASSO/PICARO; GRUR 2006, 413 Tz. 35 - ZIRH/SIR; Urt. v. 18.12.2008 - C 16/06 P, MarkenR 2009, 47 Tz. 98 - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH, Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1049 = WRP 2003, 1439 - Kellogg's/Kelly's, m.w.N.).
20
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts denkt der Verkehr bei "Aida" in erster Linie an die gleichnamige Oper von Guiseppe Verdi. Darin liege eine Assoziation, die gerade das Originelle einer Verwendung dieses Zeichens für die hiermit in keinerlei Bezug stehenden Reisedienstleistungen ausmache. Zur Aussprache des Ausdrucks "AIDU" hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Verkehr werde angesichts dieses ihm nicht geläufigen fremden Worts auf ihm ähnlich erscheinende Begriffe zurückgreifen und deshalb dazu neigen, "AIDU" in der Art des ihm von der bekannten Oper her vertrauten Wortes "Aida" auszusprechen. Bei Verwendung von "AIDU" in Alleinstellung werde der Verkehr hierin nicht das Akronym für "Ab in den Urlaub" erkennen, zumal die Klagemarke "Aida" offenkundig kein aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetztes Kurzwort sei.
21
Danach ist davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr den Begriff "Aida" ohne weiteres auch dann mit dem Namen der bekannten Oper verbindet, wenn er ihm im Zusammenhang mit Reisedienstleistungen begegnet. Das Berufungsgericht hätte sich demnach damit befassen müssen, ob die von ihm angenommene klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit durch den Bedeutungsgehalt der Klagemarke aufgehoben ist. Davon hat es jedoch rechtsfehlerhaft abgesehen, weil es der Ansicht war, es komme für die Zeichenähnlichkeit und damit für die Verwechslungsgefahr schon deshalb nur auf klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeiten, nicht aber auf den Bedeutungsgehalt an, weil das angegriffene Zeichen "AIDU" über keinen solchen Bedeutungsgehalt verfüge. Der Grundsatz, dass eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher oder schriftbildlicher Ähnlichkeit der Zeichen wegen eines ohne weiteres erkennbaren eindeutigen Begriffsinhalts zu verneinen sein kann, gilt jedoch auch dann, wenn nur ein Zeichen, im Streitfall das Klagezeichen, über einen solchen Bedeutungsgehalt verfügt (vgl. EuGH GRUR 2006, 237 Tz. 20 - PICASSO/PICARO; BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg's/Kelly's).
22
2. Die zulässige Anschlussrevision ist dagegen unbegründet. Der Antrag auf Feststellung, dass sich die Hauptsache hinsichtlich des Löschungsbegehrens erledigt hat, ist unbegründet, weil ein entsprechender Anspruch der Klägerin von Anfang an nicht bestand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen , dass die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen konnte, auf die Registrierung des Domain-Namens "aidu.de" zu verzichten.
23
a) Die Anschlussrevision ist zulässig. Zwischen dem Gegenstand der Revision der Beklagten und dem Gegenstand der Anschlussrevision der Klägerin besteht jedenfalls ein ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang.
24
b) Der ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens "aidu.de" war - worauf bereits das Landgericht mit Recht hingewiesen hat - nur dann begründet, wenn jede Verwendung des Domain-Namens durch die Beklagte notwendig die Voraussetzungen einer Verletzung der Marken oder des Unternehmenskennzeichens der Klägerin erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 - vossius.de; Urt. v. 19.7.2007 - I ZR 137/04, GRUR 2007, 888 Tz. 13 = WRP 2007, 1193 - Euro Telekom). Davon kann nur ausgegangen werden, wenn jede Verwendung des Domain-Namens - auch im Bereich anderer Branchen als derjenigen der Reisedienstleistungen - eine Rechtsverletzung nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG darstellt. Dies kann aber, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, nach der Lebenserfahrung nicht angenommen werden.
25
c) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision stand der Klägerin insoweit kein vom künftigen Inhalt der Webseiten von "aidu.de" unabhängiger Beseitigungsanspruch wegen einer Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu. Auch die Annahme, der Verkehr könne den unzutreffenden Eindruck gewinnen, zwischen den beteiligten Unternehmen bestünden vertragliche , organisatorische oder sonstige wirtschaftliche Verbindungen, setzt eine hinreichende Branchennähe voraus (vgl. BGH, Urt. v. 9.9.2004 - I ZR 65/02, GRUR 2005, 430 = WRP 2005, 488 - mho.de; Urt. v. 31.7.2008 - I ZR 171/05, GRUR 2008, 1104 Tz. 22 = WRP 2008, 1532 - Haus & Grund II). Eine solche Verwechslungsgefahr kann daher nicht schon allein wegen der von der Klägerin geltend gemachten erhöhten Kennzeichnungskraft ihres bekannten Unternehmenskennzeichens und einer - für die revisionsrechtliche Beurteilung zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Ähnlichkeit der beiden Zeichen angenommen werden.

26
Es kann dahingestellt bleiben, ob es eine Verletzung der Kennzeichen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Ausnutzung von deren Wertschätzung und Unterscheidungskraft i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG darstellte, wenn die Beklagte den Domain-Namen außerhalb des Bereichs der Reisedienstleistungen für eines ihrer anderen Geschäftsfelder nutzen sollte, etwa im (Online-)Versicherungs- und Finanzierungswesen. Das Begehren der Klägerin ist nicht darauf gerichtet, der Beklagten die Verwendung des Domain-Namens für diese oder bestimmte andere Tätigkeitsfelder zu untersagen. Vielmehr soll die Beklagte auf die Registrierung des Domain-Namens als solche verzichten. Ein auf Löschung der Registrierung des Domain-Namens gerichteter kennzeichenrechtlicher Beseitigungsanspruch setzt - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - voraus, dass jedwede Belegung der unter dem Domain-Namen betriebenen Website eine Verletzungshandlung darstellt , also auch eine Verwendung außerhalb der von der Anschlussrevision angeführten Tätigkeitsbereiche. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision kommt es im Hinblick auf die Reichweite des geltend gemachten Beseitigungsanspruchs auch nicht darauf an, ob eine rechtsverletzende Verwendung nach den Umständen des Falles naheliegender erscheint als eine nicht rechtsverletzende. Der naheliegenden Gefahr einer (erstmaligen) Rechtsverletzung durch eine drohende (zukünftige) Verwendung in einem bestimmten Tätigkeitsbereich könnte mit einem auf die Untersagung dieser konkreten Verwendung gerichteten vorbeugenden Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begegnet werden. Ein auf Löschung des Domain-Namens gerichteter Beseitigungsanspruch würde durch eine solche Erstbegehungsgefahr dagegen nicht begründet.
27
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin zur gesteigerten Kennzeichnungskraft und des von ihm festgestellten Bedeutungsgehalts des Zeichens "Aida" prüfen kann, ob zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr besteht. Sollte sich danach eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des Klagezeichens ergeben, kann unter Berücksichtigung der hohen Dienstleistungsähnlichkeit schon ein geringer Grad an Zeichenähnlichkeit für die Annahme einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG genügen. Dass das Berufungsgericht das Unterlassungsbegehren der Klägerin dahin verstanden hat, es umfasse auch die Verwendung des Begriffs "aidu" (kleingeschrieben ), insbesondere im Domain-Namen "aidu.de", begegnet dabei aus Rechtsgründen keinen Bedenken.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 08.02.2007 - 31 O 439/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.06.2007 - 6 U 35/07 -

(1) Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Klänge, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

(2) Dem Markenschutz nicht zugänglich sind Zeichen, die ausschließlich aus Formen oder anderen charakteristischen Merkmalen bestehen,

1.
die durch die Art der Ware selbst bedingt sind,
2.
die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind oder
3.
die der Ware einen wesentlichen Wert verleihen.