Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - I ZR 44/99

bei uns veröffentlicht am13.12.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 44/99 Verkündet am:
13. Dezember 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Musikfragmente

a) Der Urheber, der sich darüber im unklaren ist, ob ihm nach § 36 Abs. 1 UrhG
ein Anspruch auf Anpassung der vertraglich vereinbarten Vergütung zusteht,
kann – wenn greifbare Anhaltspunkte für einen solchen Anspruch vorliegen –
vom Nutzungsberechtigten Auskunft über den Umfang der Verwertung und die
erzielten Verkaufspreise verlangen.

b) Auch eine branchenübliche Vergütung kann im Sinne von § 36 Abs. 1 UrhG in
einem groben Mißverhältnis zu den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes
stehen.
BGH, Urt. v. 13. Dezember 2001 – I ZR 44/99 – OLG Schleswig
LG Itzehoe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 17. Dezember 1998 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Auskunft über die Erträge aus dem Verkauf von Hörspielkassetten zu geben , und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 15. August 1997 teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu geben, wie sie die 152 Kompositionen des Klägers, die in der Anlage A 1 (GA 6 bis 21) bezeichnet und auf den beiden als Anlage A 2 vorgelegten Musikkassetten (Hülle GA 22) hörbar sind, verwertet hat, insbesondere unter Bezeichnung der einzelnen Hörspielproduktionen, ihrer jeweiligen verkauften Gesamtauflage und ihrer jeweiligen Herstellerabgabepreise. Im übrigen wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Von den Kosten der Revision hat der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ± damals Student der Musik ± räumte der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden einheitlich: Beklagte) zwischen 1988 und 1990 Nutzungsrechte an 152 Musikkompositionen ein. Es handelt sich dabei um kurze, kaum länger als eine Minute dauernde Stücke ± von den Parteien als Musikfragmente bezeichnet ±, die die Beklagte als Hintergrund- und Begleitmusik für Kinderhörspiele verwendete und verwendet. Die Beklagte verfügt über ein sogenanntes Masterband mit den vom Kläger komponierten und selbst elektronisch produzierten Stücken, auf das sie laufend für die Produktion der Hörspiele zurückgreift. Sie entlohnte den Kläger für jede Komposition pauschal mit 50 DM; ferner erhielt der Kläger pro Titel 250 DM für die Produktion. Die Einräumung des Nutzungsrechts wurde jeweils in einem schriftlichen “Bearbeiter-Vertrag” festgehalten. Dort hieû es:
§ 1 Der Bearbeiter überträgt (der Beklagten) räumlich unbeschränkt das ausschlieûliche Recht für die mechanische Vervielfältigung,... Verbreitung und Veröffentlichung auf Tonträgern aller Art.... § 2 (Die Beklagte) ist berechtigt, die eingespielten Aufnahmen der Werke zu jedem beliebigen Zeitpunkt und auf jedem Etikett zu veröffentlichen sowie die Aufnahme an ihre Vertragspartner mit dem Recht der Veröffentlichung auf Tonträgern zu übertragen. § 3 Nach Ablauf von einem Jahr seit der Veröffentlichung der Werke auf Tonträgern wird die Exklusivität an den... Werken aufgehoben. ...
Ein einfaches Nutzungsrecht für (die Beklagte) bleibt weiterhin bestehen. § 4 Der Bearbeiter bestätigt, daû er weder der GEMA noch einer anderen Verwertungsgesellschaft angehört. ...
Als Verwendungszweck der Kompositionen finden sich in den Verträgen unterschiedliche Eintragungen, etwa “10 Titel für Kinder Archiv (Beklagte) Komposition” ; teilweise sind auch die Hörspielproduktionen angegeben, für die die jeweiligen Kompositionen bestimmt waren, etwa “TKKG Folgen 64-66”. In einem Fall findet sich in dem Vertrag noch der Zusatz, daû die Kompositionen in das Archiv der Beklagten übergehen und beliebig für alle Produktionen verwendet werden dürfen.
Die unter dem Label “Europa” auf Musikkassette erscheinenden Hörspiele wurden in hohen Auflagen vertrieben. Nach den Angaben des Klägers erreichten die Hörspiele Ende der achtziger Jahre eine Auflage von bis zu 250.000 Stück; heute liegen die Auflagen noch bei 15.000 bis 25.000 Stück. Einzelne Kassetten enthalten bis zu fünfzehn Kompositionen des Klägers. Der Kläger erfuhr von dem Umfang der Nutzung seiner Werke erst im Juni 1996.
Der Kläger hat behauptet, er sei bei Abschluû der Verträge wirtschaftlich unerfahren und auf das von der Beklagten angebotene Entgelt angewiesen gewesen. Er sei davon ausgegangen, daû seine Kompositionen nur gelegentlich genutzt und nur in geringer Auflage für Hörspiele verwertet würden. Er hat die Ansicht vertreten, daû das ihm gezahlte Pauschalhonorar gemessen an dem, was für derartige Kassetten bei Nutzung des GEMA-Repertoires gezahlt werden müsse , unverhältnismäûig niedrig sei.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft, Einwilligung in die Vertragsanpassung und Zahlung, wobei er einstweilen nur die ersten beiden Anträge verlesen hat.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, dem Kläger sei bekannt gewesen, daû das Tonstudio der Beklagten, dem er seine Kompositionen zur Verfügung gestellt habe, ausschlieûlich mit der Produktion von Hörspielen befaût gewesen sei, die unter dem Label ªEuropaº erschienen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage mit der ersten Stufe durch Teilurteil stattgegeben und die Beklagte ± unter Zurückverweisung der noch nicht entscheidungsreifen Teile der Stufenklage an das Landgericht ± antragsgemäû verurteilt,
dem Kläger darüber Auskunft zu geben, wie sie die (im einzelnen bezeichneten und in hörbarer Form vorgelegten) 152 Kompositionen des Klägers in den letzten zehn Jahren vor dem Tag der Zustellung der Klage verwertet hat, insbesondere unter Bezeichnung der einzelnen Vervielfältigungsstücke, ihrer Gesamtauflage, ihrer Verkaufspreise sowie der Erträge aus dem Verkauf.
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Auskunftsanspruch des Klägers zur Vorbereitung eines auf Vertragsanpassung und Zahlung gerichteten Anspruchs aus § 36 UrhG bejaht und zur Begründung ausgeführt:
Der Urheber könne von seinem Vertragspartner zur Vorbereitung eines Anspruchs aus § 36 UrhG Auskunft über die bereits erzielten Erträgnisse aus der Nutzung des Werkes, über die bisherigen Aufwendungen sowie weitere für die Geltendmachung eines Anpassungsbegehrens erforderliche Einzelumstände verlangen. Dafür brauche er noch nicht alle Voraussetzungen des Hauptanspruchs darzulegen, vielmehr sei es ausreichend, daû er greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen des Hauptanspruchs vortrage. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall gegeben.
Zwar habe der Kläger in Anbetracht der groûen Zahl der abgenommenen Kompositionen davon ausgehen müssen, daû die Beklagte einen groûen Bedarf an derartigen kurzen Melodien gehabt habe und seine Kompositionen auch in erheblichem Umfang verwenden würde. Die Vertragslage, nach der die Beklagte zur umfangreichen Nutzung berechtigt gewesen sei, stehe aber einem Anpassungsanspruch nicht entgegen. Wie intensiv die Beklagte die Kompositionen habe nutzen wollen, lasse sich den Verträgen nicht entnehmen und sei möglicherweise damals auch der Beklagten noch nicht klar gewesen. Immerhin verwende die Beklagte die Kompositionen des Klägers bis heute, wobei es immer noch um eine Auflagenstärke von bis zu 25.000 Stück gehe. Auch wenn der Kläger in den Büroräumen der Beklagten die Beweise früherer Verkaufserfolge ± insbesondere die ªGoldenen Schallplattenº, mit denen die Beklagte ausgezeichnet worden sei ± wahrgenommen habe, habe kein Anlaû zu der Annahme bestanden, daû seine Musik laufend immer wieder verwendet werden würde. Im übrigen dürfe nicht ausschlieûlich auf die Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluû abgestellt werden. Denn der Anpassungsanspruch des § 36 UrhG bestehe ± entsprechend seinem Zweck, den unerfahrenen oder abhängigen Urheber zu schützen ± selbst dann, wenn das grobe Miûverhältnis als mehr oder weniger wahrscheinlich vorauszusehen gewesen sei.
Ein Anpassungsanspruch sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn es branchenüblich sei, untergeordnete Beiträge mit einem Pauschalhonorar abzugelten. Denn von einem untergeordneten Beitrag könne hier nicht ausgegangen werden; die Musik trage nicht unwesentlich zu dem Gesamtwerk einer Hörspielproduktion bei. Im übrigen habe die Beklagte nicht hinreichend zu einer entsprechenden Branchenübung vorgetragen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Sie führen dazu, daû die Klage mit einem Teil des im Wege der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsantrags ± soweit die Beklagte dem Kläger Auskunft über die Erträge aus dem Verkauf von Hörspielkassetten erteilen soll ± als derzeit unbegründet abgewiesen wird. Die weitergehende Revision ist dagegen nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht ist ohne weiteres davon ausgegangen, daû der Kläger für die in Rede stehenden Kompositionen Urheberrechtsschutz genieût. Dies läût keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bejaht. Dieser Anspruch umfaût jedoch zumindest derzeit noch nicht die Auskunft über die von der Beklagten im einzelnen erwirtschafteten Erträge.

a) Für die Gewährung des in Rede stehenden Auskunftsanspruchs muû ± wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat ± nicht bereits feststehen, daû dem Kläger ein Anspruch nach § 36 Abs. 1 UrhG auf Einwilligung in eine Vertragsanpassung zusteht. Vielmehr kann der Urheber grundsätzlich immer
dann, wenn aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für einen solchen Anspruch bestehen, Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung verlangen , um im einzelnen die weiteren Voraussetzungen dieses Anspruchs ermitteln und die zu zahlende Vergütung berechnen zu können (vgl. OLG Nürnberg Schulze RzU OLGZ 130 S. 6 mit Anm. Gerstenberg; OLG Nürnberg ZUM-RD 1999, 126, 128; Schricker/Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 36 UrhG Rdn. 14; v. Gamm, UrhG, § 36 Rdn. 10; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 36 UrhG Rdn. 10; Hagen, Der Bestsellerparagraph im Urheberrecht, 1990, S. 155 f.; ferner OLG Hamm NJW-RR 1990, 1148 und dazu Spautz in Möhring /Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 36 Rdn. 22). Eine solche Auskunftspflicht besteht in jedem Rechtsverhältnis, und zwar immer dann, wenn der Berechtigte entschuldbarerweise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete hingegen in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen (RGZ 158, 377, 379; BGHZ 10, 385, 387; BGH, Urt. v. 7.12.1979 ± I ZR 157/77, GRUR 1980, 227, 232 ± Monumenta Germaniae Historica; BGHZ 95, 274, 278 f. ± GEMA-Vermutung I).
Allerdings ergeben sich aus der Natur des Auskunftsbegehrens als eines aus Treu und Glauben abgeleiteten Anspruchs auch Grenzen der Auskunftspflicht. Sie scheidet nicht nur dann aus, wenn auf seiten des Berechtigten die geforderten Angaben zur Erreichung des Vertragszweckes nicht unbedingt erforderlich sind, sondern setzt auch auf seiten des Verpflichteten voraus, daû er dem Auskunftsverlangen ohne unzumutbaren Aufwand und ohne Beeinträchtigung berechtigter Interessen nachkommen kann (vgl. BGHZ 10, 385, 387).

b) Soweit der Kläger Auskunft über den Umfang der Verwertung seiner Kompositionen in den Hörspielproduktionen der Beklagten sowie über die Verkaufspreise verlangt, liegen diese Voraussetzungen vor.
aa) Hat der Urheber für die Nutzung seiner Werke wie im Streitfall ein Pauschalhonorar vereinbart, ist ihm der Verwerter an sich keine Rechenschaft darüber schuldig, in welchem Umfang er das Werk nutzt (vgl. zum Verlagsvertrag Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl., § 5 VerlagsG Rdn. 15). Andererseits handelt es sich hierbei ± jedenfalls ist Gegenteiliges im Streitfall nicht ersichtlich ± um Informationen , die aus der Sicht des Verwerters verhältnismäûig einfach zu beschaffen sind und an denen kein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht. Im Streitfall gilt dies zunächst einmal für die Frage, bei welchen Hörspielproduktionen überhaupt Kompositionen des Klägers zum Einsatz gekommen sind. Es gilt aber auch für das Auskunftsverlangen hinsichtlich der verkauften Auflage der jeweiligen Produktionen sowie der entsprechenden Verkaufspreise.
bb) Soweit es um diese Auskünfte geht, liegen greifbare Anhaltspunkte dafür vor, daû dem Kläger ein Anspruch aus § 36 Abs. 1 UrhG zusteht.
(1) Es ist hinreichend wahrscheinlich, daû das dem Kläger für die uneingeschränkte Nutzung gewährte Honorar in Höhe von 50 DM pro Komposition in einem groben Miûverhältnis zu den Erträgnissen steht, die die Beklagte aus der Nutzung der Werke des Klägers hat ziehen können.
Allerdings bleibt § 36 UrhG in den Fällen unanwendbar, in denen ein untergeordneter Beitrag durch ein branchenübliches Pauschalhonorar abgegolten worden ist (BGHZ 137, 387, 396 f. ± Comic-Übersetzungen I; BGH, Urt. v. 20.3.1986 ± I ZR 179/83, GRUR 1986, 885, 886 ± METAXA). Die Kompositionen des Klägers können indessen ± wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat ± nicht lediglich als untergeordnete Beiträge eingestuft werden, die in dem Gesamtwerk der Hörspielproduktion aufgehen, ohne den dem Zuhörer vermittelten Eindruck entscheidend prägen zu können. Auch wenn bei derartigen Produktio-
nen die erzählte Geschichte und der Dialog im Mittelpunkt stehen mögen, kommt doch den zur Unterstreichung dramatischer Effekte eingesetzten Musiksequenzen eine maûgebliche, den Gesamteindruck prägende Wirkung zu, die das Berufungsgericht überzeugend mit der Bedeutung der Filmmusik für den Spielfilm verglichen hat.
Die Revision verweist demgegenüber auf das Vorbringen der Beklagten, dem zufolge es ± ungeachtet der Bedeutung der Musiksequenzen für die jeweiligen Hörspielproduktionen ± in der Branche der Produzenten derartiger Hörspiele üblich sei, die Komponisten der Begleitmusik mit einem (niedrigen) Pauschalhonorar zu entgelten. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht erheblich. Denn auch eine entsprechende Branchenübung schlieût es nicht aus, ein grobes Miûverhältnis i.S. des § 36 Abs. 1 UrhG anzunehmen. Auch wenn eine bestimmte Honorierung allgemeiner Übung innerhalb der Branche entspricht, besagt dies nicht notwendig, daû eine solche Honorierung auch angemessen ist. Als Angemessenheitsmaûstab sind vielmehr auch die Tarife der Verwertungsgesellschaften, hier insbesondere der GEMA, heranzuziehen, die ± wie die Beklagte einräumt ± für die Verwendung von Musik bei Hörspielproduktionen kein Pauschalentgelt, sondern eine prozentuale Beteiligung und damit deutlich höhere Vergütungen vorsehen, als sie im Streitfall dem Kläger gewährt worden sind.
Der Kläger hat bislang nur wenige Hinweise auf den Umfang der Nutzung seiner Kompositionen geben können. Sie reichen indessen für das hier in Rede stehende Auskunftsverlangen aus, um ein grobes Miûverhältnis als hinreichend wahrscheinlich anzusehen.
(2) In der Rechtsprechung wird für das Vorliegen eines Anspruchs aus § 36 Abs. 1 UrhG darüber hinaus vorausgesetzt, daû die hohen Erträgnisse aus der
Nutzung des Werkes für den Urheber unerwartet sind (BGHZ 115, 63, 66 ± Horoskop -Kalender; 137, 387, 397 ± Comic-Übersetzungen I). Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daû auch das Vorliegen dieses Merkmals hinreichend wahrscheinlich ist.
Die Revision tritt dem entgegen und verweist auf das Vorbringen der Beklagten , aus dem sich eine Reihe von klaren Indizien dafür ergäbe, daû der Kläger mit einem beachtlichen Erfolg der Hörspielproduktionen habe rechnen müssen. Mit Recht hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen nicht als entscheidend angesehen. Denn ob der Erfolg für den Urheber unerwartet ist, hängt von der Gröûe des Erfolges und damit von der begehrten Auskunft ab. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, daû im Falle eines krassen Miûverhältnisses zwischen dem tatsächlich gewährten Pauschalentgelt und einem an der unteren Vergütungsgrenze orientierten Beteiligungshonorar eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, daû zwischen der vereinbarten Urhebervergütung und den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes unerwartet ein grobes Miûverhältnis besteht (vgl. BGHZ 115, 63, 67 f. ± Horoskop-Kalender; BGH, Urt. v. 21.6.2001 ± I ZR 245/98, GRUR 2002, 153, 155 = WRP 2002, 96 ± Kinderhörspiele ). Die begehrte Auskunft kann dem Kläger unter diesen Umständen nur verwehrt werden, wenn schon jetzt feststünde, daû der eingetretene Erfolg, wie groû er auch ausgefallen sein mag, aus der Sicht des Klägers nicht nur im Bereich des Möglichen lag, sondern auch wahrscheinlich war. Hiervon kann indessen nicht ausgegangen werden.
cc) Auch wenn die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich dieser Punkte grundsätzlich zu Recht ergangen ist, bedarf doch der Urteilsausspruch im einzelnen (ª... verwertet hat, insbesondere unter Bezeichnung der einzelnen Vervielfäl-
tigungsstücke, ihrer Gesamtauflage, ihrer Verkaufspreise ...º) der klarstellenden Korrektur.
(1) So kann es nicht bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung bleiben, ªdie einzelnen Vervielfältigungsstückeº zu bezeichnen. Gemeint ist hiermit ± entgegen dem Wortlaut ± nicht etwa eine Auflistung jedes einzelnen hergestellten Exemplars der verschiedenen Hörspielproduktionen; dies würde im Zweifel schon daran scheitern, daû die einzelnen Musikkassetten keine individuelle Kennzeichnung im Sinne einer Herstellungsnummer o.ä. aufweisen. Gemeint ist offensichtlich, daû Auskunft darüber erteilt wird, für welche Hörspielproduktionen , also für welche Titel, die Beklagte Kompositionen des Klägers verwendet hat. Dies ist bei der gebotenen Neufassung der erfolgten Verurteilung zu berücksichtigen.
(2) Soweit das Berufungsgericht die Beklagte zur Erteilung einer Auskunft über die ªGesamtauflageº verurteilt hat, ist der klarstellende Hinweis geboten, daû im Rahmen des § 36 UrhG allein die verkaufte Auflage von Bedeutung ist. Denn der nicht verkaufte Lagerbestand trägt nicht zu einer Erhöhung der Erträgnisse bei, auf die es hier letztlich ankommt.
(3) Ferner ist die Zeitangabe im Tenor ± Auskunft über eine Verwertung ªin den letzten 10 Jahren vor dem Tag der Zustellung der Klageº ± zu korrigieren. Mit Recht rügt die Revision, daû das Berufungsgericht das Auskunftsverlangen damit auf einen Zeitraum erstreckt hat (ausweislich der Akten wurde die Klage am 1.10.1996 zugestellt), in dem der Beklagten unstreitig noch gar keine Kompositionen des Klägers vorlagen. Eine Auskunftspflicht kommt vielmehr nur für die Zeit ab 1988 in Betracht. Da eine Verwertung zu einem früheren Zeitpunkt ohnehin ausscheidet, kann die zeitliche Bestimmung des Verwertungszeitraums vollstän-
dig entfallen (so schon der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht korrigierte Antrag), ohne daû damit eine sachliche Erweiterung des ausgesprochenen Verbots verbunden wäre.
(4) Schlieûlich bleibt bei der Verurteilung zur Bezeichnung der Verkaufspreise offen, ob damit die Endverbraucher- oder die Herstellerabgabepreise gemeint sind. Auch hier ergibt sich aus dem Zweck, für den der Kläger die Auskunft benötigt, daû insofern auf den Herstellerabgabepreis abzustellen ist, zumal für Musikkassetten wegen des Preisbindungsverbots keine verbindlichen Endverbraucherpreise bestehen können (vgl. den insofern vergleichbaren Sachverhalt bei BGH GRUR 2002, 153 ± Kinderhörspiele).

c) Bedenken begegnet allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei schon jetzt verpflichtet, Auskunft über die von ihr erwirtschafteten Erträge zu erteilen. Eine solche Auskunft umfaût eine Offenlegung der Kalkulation einschlieûlich sämtlicher Gestehungskosten, insbesondere auch der Honorare, die an andere Urheber oder ausübende Künstler gezahlt worden sind. Auf diese Angaben erstreckt sich der bestehende Auskunftsanspruch des Klägers jedenfalls zur Zeit noch nicht. Zum einen wird durch eine derart weitgehende Verpflichtung das berechtigte Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung ihrer Kalkulation beeinträchtigt und ihr im übrigen ein erheblicher Aufwand zugemutet. Zum anderen steht nicht fest, ob der Kläger diese Angaben wirklich benötigt. Denn entweder läût sich schon aufgrund des Umfangs der Nutzung ein Anspruch auf Vertragsanpassung ausschlieûen, oder es gelingt dem Kläger, aufgrund der zu erteilenden Auskunft (oben unter b) ein krasses Miûverhältnis zwischen dem tatsächlich gewährten Pauschalhonorar und einem noch angemessenen Beteiligungshonorar darzutun. Auch in diesem zweiten Fall benötigt der Kläger die weitere Auskunft nicht. Vielmehr wäre es dann Sache der Beklagten, etwa durch Of-
fenlegung ihrer Kalkulation darzulegen, daû ein grobes Miûverhältnis nicht besteht.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten teilweise aufzuheben. Soweit die Beklagte zur Auskunft über die Erträge aus dem Verkauf von Hörspielkassetten verurteilt worden ist, ist die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen. Im übrigen ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - I ZR 44/99

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - I ZR 44/99

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - I ZR 44/99 zitiert 7 §§.

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(1) Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach den §§ 32, 32a und 32c, zur Regelung der Auskünfte nach den §§ 32d und 32e sowie zur Bestimmung der angemessenen Beteiligung nach § 87k Absatz 1 stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereini

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bei uns veröffentlicht am 21.06.2001

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Referenzen

(1) Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach den §§ 32, 32a und 32c, zur Regelung der Auskünfte nach den §§ 32d und 32e sowie zur Bestimmung der angemessenen Beteiligung nach § 87k Absatz 1 stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln auf. Die gemeinsamen Vergütungsregeln sollen die Umstände des jeweiligen Regelungsbereichs berücksichtigen, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter. In Tarifverträgen enthaltene Regelungen gehen gemeinsamen Vergütungsregeln vor.

(2) Vereinigungen nach Absatz 1 müssen repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln ermächtigt sein. Eine Vereinigung, die einen wesentlichen Teil der jeweiligen Urheber oder Werknutzer vertritt, gilt als ermächtigt im Sinne des Satzes 1, es sei denn, die Mitglieder der Vereinigung fassen einen entgegenstehenden Beschluss.

(3) Ein Verfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln vor der Schlichtungsstelle (§ 36a) findet statt, wenn die Parteien dies vereinbaren. Das Verfahren findet auf schriftliches Verlangen einer Partei statt, wenn

1.
die andere Partei nicht binnen drei Monaten, nachdem eine Partei schriftlich die Aufnahme von Verhandlungen verlangt hat, Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln beginnt,
2.
Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln ein Jahr, nachdem schriftlich ihre Aufnahme verlangt worden ist, ohne Ergebnis bleiben oder
3.
eine Partei die Verhandlungen endgültig für gescheitert erklärt hat.

(4) Die Schlichtungsstelle hat allen Parteien, die sich am Verfahren beteiligt haben oder nach § 36a Absatz 4a zur Beteiligung aufgefordert worden sind, einen begründeten Einigungsvorschlag zu machen, der den Inhalt der gemeinsamen Vergütungsregeln enthält. Er gilt als angenommen, wenn innerhalb von sechs Wochen nach Empfang des Vorschlages keine der in Satz 1 genannten Parteien widerspricht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach den §§ 32, 32a und 32c, zur Regelung der Auskünfte nach den §§ 32d und 32e sowie zur Bestimmung der angemessenen Beteiligung nach § 87k Absatz 1 stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln auf. Die gemeinsamen Vergütungsregeln sollen die Umstände des jeweiligen Regelungsbereichs berücksichtigen, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter. In Tarifverträgen enthaltene Regelungen gehen gemeinsamen Vergütungsregeln vor.

(2) Vereinigungen nach Absatz 1 müssen repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln ermächtigt sein. Eine Vereinigung, die einen wesentlichen Teil der jeweiligen Urheber oder Werknutzer vertritt, gilt als ermächtigt im Sinne des Satzes 1, es sei denn, die Mitglieder der Vereinigung fassen einen entgegenstehenden Beschluss.

(3) Ein Verfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln vor der Schlichtungsstelle (§ 36a) findet statt, wenn die Parteien dies vereinbaren. Das Verfahren findet auf schriftliches Verlangen einer Partei statt, wenn

1.
die andere Partei nicht binnen drei Monaten, nachdem eine Partei schriftlich die Aufnahme von Verhandlungen verlangt hat, Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln beginnt,
2.
Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln ein Jahr, nachdem schriftlich ihre Aufnahme verlangt worden ist, ohne Ergebnis bleiben oder
3.
eine Partei die Verhandlungen endgültig für gescheitert erklärt hat.

(4) Die Schlichtungsstelle hat allen Parteien, die sich am Verfahren beteiligt haben oder nach § 36a Absatz 4a zur Beteiligung aufgefordert worden sind, einen begründeten Einigungsvorschlag zu machen, der den Inhalt der gemeinsamen Vergütungsregeln enthält. Er gilt als angenommen, wenn innerhalb von sechs Wochen nach Empfang des Vorschlages keine der in Satz 1 genannten Parteien widerspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 245/98 Verkündet am:
21. Juni 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Kinderhörspiele

a) Der Urheber, der nach § 36 Abs. 1 UrhG eine angemessene Beteiligung fordert
, braucht nicht darzutun, daß die unerwartet hohen Erträgnisse aus der
Nutzung seines Werkes gerade auf seinem schöpferischen Beitrag beruhen.
Doch kann ein grobes Mißverhältnis zwischen der vereinbarten Gegenleistung
und den Erträgnissen dann zu verneinen sein, wenn der Urheber nur
einen untergeordneten Beitrag zu dem Werk geleistet hat (im Anschluß an
BGHZ 137, 387, 397 – Comic-Übersetzungen I).

b) Der Urheber, der nach § 36 Abs. 1 UrhG Anspruch auf Einwilligung in eine
Vertragsänderung hat, kann die Anhebung seiner Vergütung auf eine (noch)
angemessene Beteiligung beanspruchen. Eine Anhebung, durch die lediglich
das grobe Mißverhältnis entfällt, reicht nicht aus.
Ist dem Kläger bei der Berechnung seines Klageanspruchs ein Fehler zu seinem
Nachteil unterlaufen mit der Folge, daû er weniger beantragt, als ihm bei Zugrundelegung
seiner Rechtsauffassung bei zutreffender Berechnung zustehen würde,
sind – wenn sich der Fehler keiner Position zuordnen läût – alle Klagepositionen
anteilsmäûig zu kürzen.
BGH, Urt. v. 21. Juni 2001 – I ZR 245/98 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und
die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin und auf die Anschluûrevision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg , 3. Zivilsenat, vom 30. Juli 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als ± die Beklagte über den Betrag von 61.813,87 DM (zuzüglich 4 % Zinsen aus 57.813,69 DM seit 17. März 1994 und aus 61.813,87 DM seit 29. Oktober 1996) hinaus zur Zahlung verurteilt worden ist; ± das Berufungsgericht die Klageabweisung hinsichtlich der Titel a) bis f) der Dschungelbuch-Serie und hinsichtlich der Bambi-Serie (BU 7/8) bestätigt hat, wobei 139.445,66 DM des Klageantrags zuzüglich Zinsen auf diese zehn Hörspielproduktionen entfallen.
Die weitergehende Anschluûrevision wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Verfasserin zahlreicher Manuskripte für Kinderhörspiele. Die Beklagte vertreibt diese ± in ihrem Auftrag von einem Dritten produzierten ± Hörspiele auf Musikkassetten zu einem günstigen Preis (Verkaufspreis ca. 10 DM). Die Klägerin erhielt für jedes Hörspiel vereinbarungsgemäû ein Honorar in Höhe von zunächst 1.500 DM, später 1.750 DM. Im Hinblick auf den Erfolg der Hörspiele verlangt sie eine Anpassung der Verträge und Zahlung der Differenz zu einem angemessenen Honorar, das sie mit 5 % des Herstellerabgabepreises (Preis der Abgabe an den Handel) bemiût.
Nachdem die Klägerin ihre Klage beschränkt hat, sind noch drei zwischen 1991 und 1993 produzierte Hörspielserien im Streit: die sog. Dinosaurier-Serie mit zehn, die Dschungelbuch-Serie mit neun und die Bambi-Serie mit vier Titeln. Die Dinosaurier-Serie knüpft mit eigenen Geschichten und selbst erfundenen Charakteren an den Film “Jurassic Park” an; die anderen beiden Serien verwenden Charaktere aus den bekannten Walt-Disney-Vorlagen, um eigene Geschichten zu erzählen. Mit Ausnahme der ersten drei Titel der Dschungelbuch-Reihe, die noch mit 1.500 DM entgolten wurden, hat die Klägerin für jedes dieser Hörspiele 1.750 DM erhalten. Bis Oktober 1996 wurden von den zehn Hörspielen der Dinosaurier-Serie 341.973, von den neun Hörspielen der Dschungelbuch-Reihe 395.506 und von den vier Bambi-Titeln 224.638 Exemplare verkauft. Bei einem Herstellerabgabepreis von zunächst 5,65 DM, ab 1994 6,21 DM ergeben sich daraus Bruttoerlöse der Beklagten in Höhe von 1.947.252,33 DM für die Hörspiele der Dinosaurier-Serie, 2.291.676,26 DM für die Hörspiele der DschungelbuchReihe und 1.344.937,90 DM für die Bambi-Hörspiele.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr sei zu Beginn der Zusammenarbeit mit der Beklagten bedeutet worden, daû ein nennenswerter Ertrag aus dem Vertrieb der Hörspielkassetten nicht zu erwarten sei. Von dem erfolgreichen Verkauf der Kassetten habe sie erst wesentlich später erfahren.
Das Landgericht hat die zunächst erhobene unbezifferte Klage abgewiesen. Nachdem die Beklagte im Laufe des weiteren Verfahrens die Verkaufszahlen für die fraglichen Hörspielproduktionen mitgeteilt hat, hat die Klägerin ihren Antrag beziffert und zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 221.823,27 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen und in eine Vertragsänderung einzuwilligen, wonach für jeden seit dem 29. Oktober 1996 verkauften Tonträger der im einzelnen benannten Hörspiele der Serien “Dinosaurier”, “Bambi” und “Dschungelbuch” eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 5 % des Listenabgabepreises an den Handel zu zahlen sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Auf die Bestimmung des § 36 UrhG könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihre Hörspiele einer Mischkalkulation unterworfen seien. Neben den erfolgreichen Produktionen, die die Klägerin zum Gegenstand des Klageantrags gemacht habe, gebe es eine Reihe von Hörspielen, die noch nicht einmal die Herstellungskosten eingespielt hätten. Im übrigen beruhe der Erfolg der Hörspiele nicht so sehr auf der schöpferischen Leistung der Klägerin als auf den aus anderen Filmen und Romanen bekannten Figuren , für deren Verwendung sie, die Beklagte, Lizenzgebühren habe zahlen müssen, sowie auf ihren besonderen Verkaufsaktivitäten und ihrem guten Namen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, daû die Klägerin die Voraussetzung des § 36 UrhG nicht dargetan habe. Das Berufungsgericht hat einen Zahlungs- und Vertragsanpassungsanspruch der Klägerin hin-
sichtlich der sechs ersten Titel der Dinosaurier-Reihe bejaht und die Beklagte zur Zahlung von 71.469,14 DM zuzüglich Zinsen sowie hinsichtlich dieser Titel zur Einwilligung in die beantragte Vertragsanpassung verurteilt. Im übrigen ± also hinsichtlich der vier neueren Titel der Dinosaurier-Reihe sowie hinsichtlich sämtlicher Titel der Dschungelbuch- und der Bambi-Reihe ± hat das Berufungsgericht die Klageabweisung bestätigt.
Hiergegen richten sich die Revision der Klägerin sowie die Anschluûrevision der Beklagten. Die Revision der Klägerin hat der Senat nur hinsichtlich der ersten sechs (von neun) Titeln der Dschungelbuch-Reihe und hinsichtlich der vier Titel der Bambi-Reihe angenommen. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin die abgewiesenen Klageanträge weiter. Die Beklagte tritt der Revision entgegen und begehrt mit der Anschluûrevision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Anschluûrevision der Beklagten ist nur zum Teil begründet. Dagegen hat die Revision der Klägerin in dem Umfang Erfolg, in dem sie vom Senat angenommen worden ist.
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin hinsichtlich der Hörspielmanuskripte für die ersten sechs Produktionen der Dinosaurier-Serie einen Anspruch auf Vertragsanpassung und Zahlung nach § 36 Abs. 1 UrhG zugebilligt, einen solchen Anspruch dagegen hinsichtlich der anderen Produktionen dieser Serie
sowie hinsichtlich sämtlicher Produktionen der Dschungelbuch- und der BambiSerie verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Bestimmung des § 36 UrhG setze voraus, daû das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung besonders schwerwiegend gestört sei und das Verhältnis der beiden Leistungen zueinander jedem billig und gerecht Denkenden als unzumutbar erscheine, wobei nicht auf den Gewinn, sondern auf die Bruttoerlöse abzustellen sei. Diese Voraussetzungen seien hinsichtlich der ersten sechs Produktionen der Dinosaurier-Serie erfüllt. Auch wenn der erfolgreiche Film ªJurassic Parkº als Anregung gedient habe und die durch diesen Film entstandene Begeisterung für Dinosaurier ausgenutzt worden sei, handele es sich um eigenständig von der Klägerin geschaffene Hörspielmanuskripte. Dabei sei die Leistung der Klägerin für den besonderen Verkaufserfolg ursächlich gewesen, der allerdings nur bei den ersten sechs Produktionen festzustellen sei. Für derartige Autorenleistungen sei ± wie eine Auskunft des Bundesverbands der Phonographischen Wirtschaft ergeben habe ± jedenfalls eine prozentuale Beteiligung am Verkaufserlös in Höhe von 5 % gerechtfertigt. Dazu stehe ± was die ersten sechs Folgen der Dinosaurier-Serie angehe ± die der Klägerin tatsächlich gewährte Vergütung in einem groben Miûverhältnis. Die Beklagte habe mit den zehn Folgen dieser Serie Erlöse von 1.947.252,33 DM erzielt. Dem stünden Pauschalhonorare der Klägerin von 1.750 DM für jede Folge, insgesamt also 17.500 DM, gegenüber. Dieses Miûverhältnis sei für die Klägerin bei Vertragsschluû noch nicht voraussehbar gewesen.
Dagegen seien die weiteren Ansprüche der Klägerin unbegründet. Zwar hätten sich die Serien ªDschungelbuchº und ªBambiº sehr gut ± teilweise sogar noch besser als die Hörspiele der Dinosaurier-Serie ± verkauft. Eine Erhöhung der Vergütung für die Klägerin komme indessen nicht in Betracht, weil die Be-
klagte für diese Produktionen erhebliche Lizenzzahlungen an den Walt-DisneyKonzern habe leisten müssen. Der Auskunft des Bundesverbands der Phonographischen Wirtschaft sei zu entnehmen, daû eine prozentuale Beteiligung des Autors am Verkaufserlös in den Fällen ausscheide, in denen die bearbeiteten Stoffe auf bekannten Vorlagen beruhten. Dieser Umstand sei der Klägerin im Zweifel bekannt gewesen. Auûerdem sei bei einem populären Stoff wie dem des Dschungelbuchs auch von vornherein mit einer erfolgreichen Vermarktung zu rechnen gewesen. Schlieûlich sei zu berücksichtigen, daû die Beklagte bei einer Reihe von Hörspielen der Klägerin nicht unerhebliche Verluste habe hinnehmen müssen.
II. Zur Anschluûrevision der Beklagten:
Die Anschluûrevision, mit der sich die Beklagte gegen die erfolgte Verurteilung richtet, ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten bejaht hat, halten der revisionsrechtlichen Prüfung grundsätzlich stand. Lediglich ein Rechenfehler im Klagevorbringen nötigt zu einer Korrektur des der Klägerin zugesprochenen Betrages.
1. Zutreffend und von der Anschluûrevision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daû die fraglichen Hörspielmanuskripte der Klägerin als Sprachwerke urheberrechtlichen Schutz genieûen.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Anschluûrevision dagegen, daû das Berufungsgericht der Klägerin hinsichtlich der sechs ersten Titel der Dinosaurier-Serie dem Grunde nach einen Anspruch auf Vertragsanpassung und ± für die Vergangenheit ± Gewährung einer angemessenen Beteiligung zugebilligt hat.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daû ein Anspruch des Urhebers auf Einwilligung in eine Vertragsanpassung nach § 36 Abs. 1 UrhG in Betracht kommt, wenn dem Verwerter aus der Werknutzung unerwartet hohe Erträgnisse zugeflossen sind, die zu dem dem Urheber gezahlten Entgelt in einem groben Miûverhältnis stehen (vgl. BGHZ 115, 63, 66 ± HoroskopKalender ; 137, 387, 396 ± Comic-Übersetzungen I). Dabei ist ± wie das Berufungsgericht ebenfalls mit Recht ausgeführt hat ± nicht auf den Gewinn, sondern auf den Bruttoerlös abzustellen (BGHZ 115, 63, 68 ± Horoskop-Kalender; Schrikker in Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 36 UrhG Rdn. 10; Spautz in Möhring /Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 36 Rdn. 9). Ob von einem groben Miûverhältnis gesprochen werden kann, richtet sich ± wie das Gesetz sagt ± nach den gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem Verwerter; hierbei sind die den Gewinn des Verwerters schmälernden Aufwendungen zu berücksichtigen.

b) Daû das Berufungsgericht im Streitfall hinsichtlich der sechs ersten Produktionen der Dinosaurier-Reihe ein solches grobes Miûverhältnis bejaht hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist zu entnehmen, daû die Beklagte bis Ende Oktober 1996 über 270.000 Kassetten dieser Hörspiele verkauft hat, woraus sich Erlöse von über 1,5 Mio. DM errechnen. Die Klägerin hat für diese sechs Produktionen ein Honorar in Höhe von 10.500 DM ± das sind weniger als 0,7 % der Erlöse ± erhalten. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich ferner, daû für derartige Autorenleistungen eine Beteiligung von mindestens 5 % des Verkaufserlöses als angemessen anzusehen ist.
Ohne Erfolg wendet die Anschluûrevision demgegenüber ein, das Berufungsgericht habe es versäumt, die Verluste zu berücksichtigen, die bei anderen Produktionen von Hörspielen der Klägerin eingetreten seien. Zwar kann der Ver-
werter im Rahmen der Prüfung, ob ein grobes Miûverhältnis zwischen Erträgnissen und Entgelt besteht, auf Verluste verweisen, die er bei der Vermarktung früherer Werke des Urhebers erlitten hat (Begründung zu § 36 UrhG des Regierungsentwurfs , BT-Drucks. IV/270, S. 58; Schricker aaO § 36 UrhG Rdn. 11; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 36 UrhG Rdn. 6). Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich jedoch, daû das Berufungsgericht das entsprechende Vorbringen der Beklagten zur Kenntnis genommen und seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Zu einer weitergehenden Berücksichtigung, insbesondere zu einer Verneinung des groben Miûverhältnisses, gab der Vortrag der Beklagten, auf den die Anschluûrevision verweist, keinen Anlaû. Zwar hat die Beklagte danach nicht mit sämtlichen Hörspielen der Klägerin einen Gewinn erwirtschaftet. Doch läût sich dem Vorbringen der Beklagten nicht im einzelnen entnehmen, in welcher Höhe Verluste eingetreten sind, die nicht durch laufende andere Produktionen von Hörspielen der Klägerin kompensiert werden konnten. Schlieûlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daû das der Klägerin gezahlte Entgelt verhältnismäûig kraû von dem noch als angemessen anzusehenden Honorar abweicht und in derartigen Fällen eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines groben Miûverhältnisses spricht (vgl. BGHZ 115, 63, 67 f. ± HoroskopKalender ).

c) Mit Recht hat das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten nicht für durchgreifend erachtet, der Erfolg der fraglichen Hörspielproduktionen beruhe nicht auf den Manuskripten der Klägerin, sondern auf anderen, in erster Linie der Beklagten zuzuschreibenden Umständen. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, kommt eine Anwendung des § 36 UrhG grundsätzlich auch bei eher untergeordneten Leistungen in Betracht, die im Rahmen eines Bestellvertrages erbracht werden (BGHZ 137, 387, 396 f. ± Comic-Übersetzungen I; gegen das Kausalitätserfordernis auch Schricker aaO § 36 UrhG Rdn. 12). Bei gänzlich unterge-
ordneten Leistungen, die üblicherweise durch ein Pauschalhonorar entgolten werden, erlaubt das Merkmal des groben Miûverhältnisses eine ausreichende Einschränkung. Bei der hier in Rede stehenden Leistung ± dem Verfassen des Manuskripts für ein Hörspiel ± stellt sich diese Frage indessen nicht.

d) Schlieûlich wendet sich die Anschluûrevision ohne Erfolg dagegen, daû das Berufungsgericht eine Umsatzbeteiligung von 5 %, gemessen an dem Listenpreis für die Abgabe an den Handel, als angemessen erachtet hat. Nach § 36 UrhG sei ± so die Anschluûrevision unter Berufung auf Schricker (aaO § 36 UrhG Rdn. 15) ± nur eine Anhebung der Vergütung bis zu der Grenze geschuldet, bei der von einem ªgroben Miûverhältnisº nicht mehr gesprochen werden könne. Dem kann nicht beigetreten werden.
Nach dem Gesetzeswortlaut sind bei der Anwendung des § 36 Abs. 1 UrhG zwei Grenzen zu unterscheiden: Zum einen ist dies die Grenze der Angemessenheit , also der Punkt, unterhalb dessen das dem Urheber gewährte Entgelt nicht mehr als ªeine den Umständen nach angemessene Beteiligung an den Erträgnissenº angesehen werden kann. Fehlt es in diesem Sinne an der Angemessenheit des Entgelts, kann daraus jedoch nicht geschlossen werden, zwischen Entgelt und Erträgnissen bestehe ein grobes Miûverhältnis. Von einem groben Miûverhältnis kann vielmehr nur gesprochen werden, wenn die vereinbarte Vergütung deutlich unter der Angemessenheitsgrenze liegt. § 36 UrhG zielt darauf ab, dem Urheber eine (noch) angemessene Beteiligung zuzusprechen. Das Entgelt nur so weit zu erhöhen, daû das grobe Miûverhältnis entfällt, würde diesem Ziel nicht gerecht. So ist auch die Aussage in der Senatsentscheidung ªHoroskop-Kalenderº zu verstehen, wonach die Vertragsänderung nach § 36 UrhG nur so weit gehen könne, wie dies unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen der Parteien notwendig ist, um die Unangemessenheit der bisherigen Beteiligung des Urhe-
bers an den Erträgnissen zu beseitigen (BGHZ 115, 63, 68). Freilich führt dies ± worauf Katzenberger (GRUR Int. 1983, 410, 421) hinweist ± dazu, daû der grob unangemessen beteiligte Urheber besser gestellt ist als derjenige, der ein zwar nicht angemessenes, aber doch nicht in einem groben Miûverhältnis zu den Erträgnissen des Verwerters stehendes Entgelt erhält (vgl. auch Brandner, GRUR 1993, 173, 177). Dies ist jedoch keineswegs ungewöhnlich: Die Rechtsordnung entläût denjenigen, der sich vertraglich gebunden hat, nicht ohne weiteres aus den eingegangenen Verpflichtungen. Eine Korrektur kommt immer nur unter strengen Voraussetzungen in Betracht, so auch beim Wegfall der Geschäftsgrundlage , als dessen besonderer Anwendungsfall die Vorschrift des § 36 UrhG verstanden wird (BGHZ 137, 387, 396 ± Comic-Übersetzungen I), oder im Rahmen des § 138 BGB. Sind die Voraussetzungen für eine Korrektur jedoch gegeben , tritt an die Stelle der gänzlich unangemessenen eine angemessene Regelung.
3. Hinsichtlich eines Teils des Zahlungsausspruchs kann das Berufungsurteil jedoch keinen Bestand haben. Insofern führt die Anschluûrevision der Beklagten zur Aufhebung und Zurückverweisung.

a) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daû die Beklagte mit den sechs älteren Produktionen der Dinosaurier-Serie bis Oktober 1996 1.545.871,89 DM erlöst hat. Es hat hieraus den Anteil von 5 % errechnet (77.293,59 DM) und von diesem Betrag die erfolgten Zahlungen (10.500 DM) abgezogen. Zuzüglich der Mehrwertsteuer ergibt dies den Betrag von 71.469,14 DM. Zur Zahlung dieses Betrags zuzüglich Zinsen hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt.

b) Das Klagevorbringen weist jedoch die Besonderheit auf, daû die Klägerin aufgrund eines ihr unterlaufenen Fehlers weniger beantragt hat, als sich bei Zugrundelegung der von ihr genannten Zahlen eigentlich ergeben würde. Bei zutreffender Berechnung, wie sie das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat, ergibt sich ein Anspruch, der um etwa 35.000 DM höher ist als der von der Klägerin gestellte Zahlungsantrag. Indem das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 71.469,14 DM verurteilt hat, hat es der Klägerin etwas zugesprochen, was sie ± bei richtiger Auslegung ihres Begehrens ± nicht verlangt hatte. Diesen Verstoû gegen § 308 ZPO muû das Revisionsgericht auch ohne Rüge beachten (vgl. BGH, Urt. v. 7.3.1989 ± VI ZR 183/88, NJW-RR 1989, 1087).
Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 1998 eine Berechnung aufgestellt und danach ihren Zahlungsantrag beziffert. In dieser Berechnung (S. 4 des Schriftsatzes) sind die Beträge abgezogen worden, die die Klägerin bereits erhalten hatte (1.500 DM bzw. 1.750 DM pro Hörspiel, jeweils zzgl. MWSt.). Hierbei ist der Klägerin insoweit ein Irrtum unterlaufen, als nicht nur die Zahlungen für die 23 im Streit befindlichen Hörspiele, sondern auch die Zahlungen für zwanzig weitere Hörspiele in Abzug gebracht wurden, die nicht (mehr) Gegenstand des Klageantrags waren. Das Berufungsgericht hat demgegenüber die geleisteten Zahlungen ± rechnerisch zutreffend ± nur insoweit berücksichtigt, als sie die noch im Streit befindlichen Hörspiele betrafen. Darüber hinaus findet sich in der Berechnung (S. 3 des genannten Schriftsatzes) ein Rechenfehler, den das Berufungsgericht in seiner Berechnung ebenfalls korrigiert hat. Die beiden Punkte führen zu einer Abweichung in Höhe von 34.648,58 DM. Während sich bei zutreffender Berechnung ein Betrag von 256.471,85 DM errechnet hätte, hat die Klägerin nur Zahlung von 221.823,27 DM beantragt.
Da das Klagevorbringen nicht erkennen läût, bei welchen Positionen die aus der Sicht der Klägerin an sich bestehende Forderung unterschritten werden soll, hätte das Berufungsgericht wegen des Bestimmtheitserfordernisses des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bei sämtlichen Positionen des Klageantrags, also bei allen damals im Streit stehenden 23 Hörspielproduktionen, einen Abzug pro rata vornehmen und diesen Abzug bei der Berechnung des Zahlungsausspruchs berücksichtigen müssen. Dies hätte zu einer Kürzung des ± rechnerisch zutreffend ermittelten ± Zahlungsanspruchs um 13,5097 % (= 9.655,27 DM) geführt. In diesem Umfang hat die Anschluûrevision Erfolg.
III. Zur Revision der Klägerin:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, daû das Berufungsgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich der ersten sechs Titel der Dschungelbuch-Serie und der vier Titel der Bambi-Serie bestätigt hat (Anpassungsantrag hinsichtlich dieser zehn Titel sowie Zahlungsantrag ± unter Berücksichtigung der anteilsmäûigen Kürzung um 13,5097 % ± in Höhe von 139.445,66 DM zuzüglich Zinsen).
1. Fehl geht allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsurteil sei in diesem Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 551 Nr. 7 ZPO). Das Berufungsurteil enthält auf Seite 22 Ausführungen, mit denen begründet wird, daû der Klägerin insofern keine Ansprüche zustehen. Damit liegt ein absoluter Revisionsgrund nach § 551 Nr. 7 ZPO nicht vor, auch wenn die gegebene Begründung unrichtig, unzureichend oder unvollständig sein sollte.
2. Die Revision rügt ferner, es widerspreche dem Grundsatz, wonach auf seiten des Verwerters nur Bruttoerträgnisse zu berücksichtigen seien, daû das
Berufungsgericht maûgeblich auf die an den Walt-Disney-Konzern gezahlten Lizenzzahlungen abgestellt habe. Diese Rüge ist ebenfalls nicht begründet. Zwar kommt es nicht entscheidend auf die Kausalität der Leistungen des Urhebers für die unerwartet hohen Erträgnisse an (vgl. BGHZ 137, 387, 397 ± ComicÜbersetzungen I). Doch ist im Rahmen des Merkmals des groben Miûverhältnisses der Umstand zu berücksichtigen, daû der Urheber nur einen untergeordneten Beitrag geleistet hat. Im übrigen können ungewöhnliche, aber notwendige Kosten, die der Verwerter für die Produktion aufwenden muû, ebenfalls bei der Frage zu berücksichtigen sein, ob ein grobes Miûverhältnis vorliegt.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , daû dann, wenn für die Hörspiele sehr bekannte Stoffe bearbeitet würden, üblicherweise eine prozentuale Beteiligung des Urhebers ausscheide. Eine solche Aussage kann der Auskunft des Bundesverbands der Phonographischen Wirtschaft, auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, nicht entnommen werden. Diese Auskunft erwähnt lediglich, daû für die Bearbeitung vorbestehender Stoffe üblicherweise keine prozentuale Beteiligung gewährt werde. Im Streitfall geht es jedoch nicht darum, daû die Klägerin einen vorbekannten Stoff bearbeitet hätte. Mit Recht verweist die Revision auf das Vorbringen, wonach die Klägerin lediglich auf bekannte Charaktere und Namen zurückgegriffen habe, die in von ihr erdachte Geschichten mit weiteren von ihr geschaffenen Figuren Eingang gefunden hätten. Es ist nicht erkennbar, daû die vom Berufungsgericht herangezogene Auskunft auch derartige Fälle betraf; vielmehr liegt es nahe, daû dort mit der ªBearbeitung eines vorbestehenden Stoffesº etwa die Adaption einer vorhandenen Geschichte an die Form des Hörspiels oder ähnliches gemeint war. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht in Erwägung ziehen und gegebenenfalls durch weitere Auskünfte oder auf andere geeignete Weise klären müssen, ob auch für die hier in Rede stehende Autorenleistung eine prozentuale
± möglicherweise unter dem sonst als üblich festgestellten Satz von 5 % liegende ± Beteiligung üblich ist, von der dann als der angemessenen Mindestvergütung auszugehen gewesen wäre.
4. Das Berufungsgericht hat seine Abweisung dieses Teils der Klage auch damit begründet, es sei der Klägerin ªim Zweifel bekannt gewesenº, daû sich ein bekannter Stoff wie das ªDschungelbuchº besonders erfolgreich vermarkten lasse. Auch gegen diese Annahme wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht hat damit den unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin unberücksichtigt gelassen, wonach sie von dem groûen Erfolg der Produktionen überrascht worden sei, zumal ihr von der Beklagten laufend bedeutet worden sei, mit den fraglichen Kassetten lieûen sich kaum Erträgnisse erwirtschaften.
5. Schlieûlich reicht auch der pauschale Hinweis des Berufungsgerichts auf ªnicht unerhebliche Verlusteº nicht aus, um ein grobes Miûverhältnis zwischen dem der Klägerin gewährten Entgelt und den erwirtschafteten Erträgnissen zu verneinen. Dies gilt um so mehr, als die Erträgnisse und das gewährte Entgelt ± wie das Berufungsgericht einräumt ± noch weiter auseinanderliegen als bei den ersten sechs Produktionen der Dinosaurier-Reihe (Erträgnisse in Höhe von fast 3,35 Mio. DM stehen Pauschalhonorare von weniger als 16.750 DM gegenüber).
IV. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit die Beklagte über den Betrag von 61.813,87 DM hinaus zur Zahlung verurteilt worden ist und soweit die Klage hinsichtlich der ersten sechs Titel der Dschungelbuch-Serie und hinsichtlich der vier Titel der Bambi-Serie abgewiesen worden ist. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, daû auch der Teil der Klage, hinsichtlich dessen der Senat die Revision nicht angenommen hat, von der anteilsmäûigen Kürzung erfaût wird (s. oben unter II.3.b a.E.). Durch die Nichtannahme der Revision der Klägerin ist
die Klageabweisung daher im Umfang von 20.563,73 DM zuzüglich Zinsen rechtskräftig geworden.
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird zunächst zu ermitteln sein, wie hoch die angemessene Vergütung in Fällen ist, in denen ein Teil des Stoffes ± etwa die Charaktere und Namen ± gegen Zahlung einer Lizenzgebühr aus anderen Werken übernommen ist. Lassen sich insofern keine zuverlässigen Daten ermitteln , wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob für diese Fälle in Anlehnung an die für die Dinosaurier-Serie getroffenen Feststellungen eine ± freilich deutlich unter dem dort ermittelten Wert liegende ± prozentuale Beteiligung als angemessen angesehen werden könnte. Gegebenenfalls wäre zu untersuchen, ob die gezahlten Entgelte zu einer auf diese Weise ermittelten angemessenen Beteiligung in einem groben Miûverhältnis stünden.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach den §§ 32, 32a und 32c, zur Regelung der Auskünfte nach den §§ 32d und 32e sowie zur Bestimmung der angemessenen Beteiligung nach § 87k Absatz 1 stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln auf. Die gemeinsamen Vergütungsregeln sollen die Umstände des jeweiligen Regelungsbereichs berücksichtigen, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter. In Tarifverträgen enthaltene Regelungen gehen gemeinsamen Vergütungsregeln vor.

(2) Vereinigungen nach Absatz 1 müssen repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln ermächtigt sein. Eine Vereinigung, die einen wesentlichen Teil der jeweiligen Urheber oder Werknutzer vertritt, gilt als ermächtigt im Sinne des Satzes 1, es sei denn, die Mitglieder der Vereinigung fassen einen entgegenstehenden Beschluss.

(3) Ein Verfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln vor der Schlichtungsstelle (§ 36a) findet statt, wenn die Parteien dies vereinbaren. Das Verfahren findet auf schriftliches Verlangen einer Partei statt, wenn

1.
die andere Partei nicht binnen drei Monaten, nachdem eine Partei schriftlich die Aufnahme von Verhandlungen verlangt hat, Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln beginnt,
2.
Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln ein Jahr, nachdem schriftlich ihre Aufnahme verlangt worden ist, ohne Ergebnis bleiben oder
3.
eine Partei die Verhandlungen endgültig für gescheitert erklärt hat.

(4) Die Schlichtungsstelle hat allen Parteien, die sich am Verfahren beteiligt haben oder nach § 36a Absatz 4a zur Beteiligung aufgefordert worden sind, einen begründeten Einigungsvorschlag zu machen, der den Inhalt der gemeinsamen Vergütungsregeln enthält. Er gilt als angenommen, wenn innerhalb von sechs Wochen nach Empfang des Vorschlages keine der in Satz 1 genannten Parteien widerspricht.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)