Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2013 - II ZR 216/11

bei uns veröffentlicht am24.09.2013
vorgehend
Landgericht Koblenz, 5 O 179/06, 08.11.2010
Oberlandesgericht Koblenz, 6 U 1415/10, 29.09.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 216/11
Verkündet am:
24. September 2013
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Einziehung des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters wegen eines
tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter.
BGH, Urteil vom 24. September 2013 - II ZR 216/11 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann
und den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter
Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. September 2011 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 8. November 2010 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
I. Der Kläger war mit drei weiteren Gesellschaftern Gründer der beklagten GmbH, die ein Kino betreibt. Alle Gesellschafter waren mit jeweils 25% an der Beklagten beteiligt und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Jeder Gesellschafter hatte bestimmte Leistungen als Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks zu erbringen. Zum Aufgabenbereich des Klägers gehörte die Betreuung der Auszubildenden und die Übernahme einzelner Wochenenddienste. Nachdem die persönliche Beziehung des Klägers mit der Mitgesell- schafterin L. gescheitert war, kam es zu Spannungen zwischen den Gesellschaftern. Dem Kläger wurde die Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer und Gesellschafter vorgeworfen.
2
Der Kläger wurde im November und Dezember 2005 dreimal wegen der Vernachlässigung seiner Geschäftsführerpflichten anwaltlich abgemahnt. In einer Gesellschafterversammlung am 16. Dezember 2005 einigten sich die Gesellschafter darauf, dass der Kläger bis auf weiteres bezahlten Urlaub nehmen dürfe und sich während dieser Zeit jedweder Geschäftsführertätigkeit enthalten solle. Hieran hielt sich der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. In der Gesellschafterversammlung vom 22. Februar 2006 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen.
3
In der Versammlung vom 16. März 2006 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten in Abwesenheit des Klägers einstimmig, dessen Geschäftsanteile aus wichtigem Grund einzuziehen und den Kläger auszuschließen, weil sein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft aufgrund seines Verhaltens für die übrigen Gesellschafter untragbar sei.
4
§ 15 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten regelt die Einziehung von Geschäftsanteilen und lautet auszugsweise: 1. Die Gesellschafter können die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit beschließen. 2. Der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bedarf es nicht, … wenn in seiner Person ein anderer wichtiger Grund, der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt, gegeben ist. Ein solcher wichtiger Grund liegt vor, wenn ein weiteres Verbleiben des betroffenen Gesellschafters in der Gesellschaft für diese untragbar ist, insbesondere, … In allen diesen Fällen erfolgt die Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 75 v.H. der abgegebenen Stimmen; der betroffene Gesellschafter hat kein Stimmrecht mehr.
5
Der Kläger hat beantragt, die Beschlüsse vom 16. März 2006 für nichtig zu erklären. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. DasBerufungsgericht hat ihr stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
7
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Ein wichtiger Grund für den Ausschluss des Klägers und die Einziehung seiner Geschäftsanteile liege nicht vor.
9
Der Kläger habe mehrmals gegen seine Pflichten verstoßen, unter anderem indem er seit dem 27. Oktober 2005 nicht mehr im Betrieb mitgearbeitet habe, an keinen Teamsitzungen mehr teilgenommen habe, außer an derjenigen am 9. November 2005, am 20. November 2005 sowie am 3. Dezember 2005 jeweils seinen Wochenenddienst mit halbstündiger Verspätung angetreten habe und seine Aufgabe, die Auszubildenden zu betreuen, nicht mehr erfüllt habe. Der Kläger habe am 18. November 2005 und am 19. November 2005 Kundenreservierungen für eine Kinovorstellung storniert, um so für sich selbst Plätze zur Verfügung zu haben. Der Kläger habe gegen die Satzung verstoßen, indem er am 28. November 2005 mit einem Bahnbetreiber eine Kooperationsvereinbarung mit einem Geschäftsvolumen von 5.000 € getroffen habe, ohne dies mit den Mitgesellschaftern abzusprechen oder sie nachträglich zu informieren. Am 2. Januar 2006 und am 6. Januar 2006 habe der Kläger die Büroräume des Kinos betreten, Schränke und Schubladen durchsucht, Anweisungen erteilt und Gespräche mit Filmverleihern geführt, obwohl mit den weiteren Gesellschaftern vereinbart gewesen sei, sich jeglicher Geschäftsführertätigkeit zu enthalten.
10
Der Kläger habe mehrfach Mitgesellschafter persönlich angegriffen und beleidigt. Der Beklagten sei zuzugestehen, dass die gebotene umfassende Interessenwürdigung der Lage den Schluss zulasse, dass ein sinnvolles Zusammenwirken der Gesellschafter nicht mehr zu erwarten sei. Insoweit fehle es an der für das Funktionieren einer personalistisch ausgestalteten GmbH neben dem wirtschaftlichen Erfolg erforderlichen ersprießlichen Zusammenarbeit und an der Achtung vor dem anderen. Allerdings seien die weiteren vom Bundesgerichtshof aufgestellten Voraussetzungen, die den Ausschluss des Klägers unter diesem Gesichtspunkt rechtfertigen könnten, nämlich dass das Zerwürfnis von ihm zumindest überwiegend verursacht worden sei und in der Person des oder der Ausschließenden nicht ebenfalls ein Ausschließungsgrund vorliege, nicht sämtlich gegeben. Zwar sei nicht ersichtlich, dass den Mitgesellschaftern ihrerseits ein ihren eigenen Ausschluss rechtfertigendes Verhalten vorzuwerfen wäre. Es sei aber auch nicht dargelegt, dass das Zerwürfnis innerhalb der Gesellschaft zumindest überwiegend von dem Kläger verursacht worden sei.
11
Es sei anzunehmen, dass in erster Linie die Zerrüttung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Mitgesellschafterin L. das Verhältnis der Mitgesellschafter der Beklagten belastet und damit die wesentliche Ursache für die Zerrüttung des Gesellschaftsverhältnisses gesetzt habe. Wer wiederum das Scheitern der Lebensgemeinschaft zu vertreten habe, könne der Senat nicht beurteilen. Die darüber hinaus von dem Kläger in Fortsetzung dieser in die Gesellschaft hineingetragenen Auseinandersetzung begangenen Pflichtverletzungen stünden außer Frage. Die Verfehlungen seien aber nicht schwerwiegend genug, um die Überzeugung des Senats davon zu begründen, dass die tiefgreifende Krise zumindest überwiegend dem Kläger anzulasten sei. Dabei werde nicht verkannt, dass durch die in Rede stehenden Verhaltensweisen und verbalen Entgleisungen des Klägers die Zerrüttung zumindest vertieft worden sei. Nicht erwiesen sei jedoch, dass nicht die durch die persönliche Trennung der Mitgesellschafter entstandenen Spannungen und Umgangsformen ein weiteres Miteinander der Gesellschafter bereits untragbar gemacht hätten und demgegenüber den weiteren Ursachenbeiträgen des Klägers ein vergleichsweise geringes Gewicht beizumessen sei.
12
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten tiefgreifenden Zerwürfnis der Gesellschafter, das auf dem Boden der Feststellungen des Berufungsgericht überwiegend vom Kläger verursacht worden ist, waren die Mitgesellschafter des Klägers berechtigt, dessen Geschäftsanteil auf der Grundlage von § 15 Nr. 2 der Satzung der Beklagten einzuziehen, weil ein wichtiger Grund in der Person des Klägers vorliegt, der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt. Die gegenteilige Würdigung des Berufungsgerichts ist aus Rechtsgründen zu beanstanden.
13
1. Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist nach § 34 Abs. 2 GmbHG ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren. § 15 Nr. 2 der Satzung der Beklagten knüpft die Zwangseinziehung in zulässiger Weise an das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Gesellschafters , der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1977 - II ZR 11/76, WM 1977, 1276, 1277).
14
2. Es ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in erster Linie Aufgabe des Tatrichters zu beurteilen, ob im konkreten Fall ein wichtiger Grund vorliegt; er hat die dafür maßgebenden Umstände festzustellen, zu würdigen und abzuwägen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung erstreckt sich allein darauf , ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes richtig erfasst, ob es aufgrund vollständiger Sachverhaltsermittlung geurteilt und ob es in seine Wertung sämtliche Umstände des konkreten Falls einbezogen hat (BGH, Urteil vom 10. Juni 1991 - II ZR 234/89, GmbHR 1991, 362; Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 243/02, ZIP 2003, 759, 760 mwN). Gemessen an diesem Maßstab ist die Würdigung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft.
15
a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , dass die Einziehung eines Geschäftsanteils ebenso wie die Ausschließung eines Gesellschafters einer umfassenden Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten Interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter bedarf (BGH, Urteil vom 23. Februar 1981 - II ZR 229/79, BGHZ 80, 346, 350; Urteil vom 13. Februar 1995 - II ZR 225/93, ZIP 1995, 567, 569 mwN).
16
b) Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass ein sinnvolles Zusammenwirken der Gesellschafter nicht mehr zu erwarten ist, weil es an der für das Funktionieren einer personalistisch ausgestalteten GmbH erforderlichen ersprießlichen Zusammenarbeit und der Achtung vor dem anderen fehle, ist gleichfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf dieser Tatsachengrundlage kann dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die weiteren Voraussetzungen , die den Ausschluss des Klägers unter diesem Gesichtspunkt und damit die Einziehung seines Geschäftsanteils rechtfertigen könnten, seien nicht sämtlich gegeben, aus Rechtsgründen keinen Bestand haben.
17
aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats setzt ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters im Falle eines - vom Berufungsgericht hier festgestellten - tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter voraus, dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und in der Person des oder der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1960 - II ZR 22/59, BGHZ 32, 17, 31; Urteil vom 10. Juni 1991 - II ZR 234/89, GmbHR 1991, 362, 363; Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 243/02, ZIP 2003, 759, 761).
18
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass den Mitgesellschaftern ihrerseits ein ihren eigenen Ausschluss rechtfertigendes Verhalten vorzuwerfen wäre. Das Berufungsgericht hat vielmehr allein Verhaltensweisen des Klägers festgestellt, die die Achtung vor seinen Mitgesellschaftern vermissen lassen und einer ersprießlichen Zusammenarbeit im Wege stehen. Weiter hat es angenommen, dass durch die Verhaltensweisen des Klägers die Zerrüttung zwischen den Gesellschaftern zumindest vertieft wurde. Damit ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber hinreichend dargelegt, dass das Zerwürfnis innerhalb der Gesellschaft überwiegend vom Kläger verursacht worden ist.
19
Dass sich das Berufungsgericht nicht zu der Beurteilung in der Lage gesehen hat, wer das Scheitern der Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner Mitgesellschafterin L. zu vertreten habe, und es nicht für erwiesen erachtet hat, dass nicht die durch die persönliche Trennung der Mitgesellschafter entstandenen Spannungen und Umgangsformen ein weiteres Miteinander der Gesellschafter bereits untragbar gemacht hätten, rechtfertigt keine andere Würdigung. Das Scheitern der Lebensgemeinschaft ist für die Beantwortung der Frage, wer das innergesellschaftliche Zerwürfnis überwiegend verursacht hat, nur dann und soweit von Bedeutung, wie der daraus resultierende persönliche Konflikt von den Beteiligten in die Gesellschaft hineingetragen wurde. Das Berufungsgericht hat aber nur in Bezug auf den Kläger festgestellt, dass seine Pflichtverletzungen in Fortsetzung seiner in die Gesellschaft hineingetragenen persönlichen Auseinandersetzung mit der Mitgesellschafterin L. begangen wurden. Dass die Mitgesellschafter in vergleichbarer Weise die persönliche Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und der Gesellschafterin L. in die Gesellschaft hineingetragen oder in anderer Weise zum Zerwürfnis der Gesellschafter beigetragen haben, hat das Berufungsgericht dagegen nicht festgestellt und hat der Kläger, dessen - auch nach Auffassung des Berufungsgerichts für das Zerwürfnis der Gesellschafter (zumindest mit)ursächliche - Pflichtverlet- zungen rechtsfehlerfrei festgestellt sind, nach der insoweit rechtlich unbedenklichen Würdigung des Berufungsgerichts auch nicht substantiiert vorgetragen.
20
III. Der Senat hat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden , weil diese zur Endentscheidung reif ist. Weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten.
Bergmann Strohn Reichart Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 08.11.2010 - 5 O 179/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 29.09.2011 - 6 U 1415/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2013 - II ZR 216/11

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 34 Einziehung von Geschäftsanteilen


(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. (2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2013 - II ZR 216/11 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2003 - II ZR 243/02

bei uns veröffentlicht am 24.02.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 243/02 Verkündet am: 24. Februar 2003 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein GmbHG § 34
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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2014 - II ZB 5/12

bei uns veröffentlicht am 14.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 5/12 vom 14. Januar 2014 in dem Verfahren auf Auskunftserteilung Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AktG §§ 131, 132 a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 A

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(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.

(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.

(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 243/02 Verkündet am:
24. Februar 2003
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Erhebung einer Strafanzeige gegen einen Mitgesellschafter ist kein die
zwangsweise Einziehung seines Geschäftsanteils rechtfertigender Grund, wenn
er vergeblich versucht hat, die Probleme innergesellschaftlich zu klären, den
Sachverhalt sorgfältig geprüft und weder leichtfertig noch wider besseres Wissen
gehandelt hat.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 243/02 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Graf

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Juni 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin hält 51 % des Stammkapitals von 50.000,00 DM der Beklagten. Weitere Gesellschafter sind der Mitgeschäftsführer der Beklagten, B. F., mit einem Geschäftsanteil von 12.200,00 DM (24,4 %), sein Bruder A. F. mit einem Geschäftsanteil von 7.300,00 DM (14,6 %) sowie dessen Töchter J. und S. mit Geschäftsanteilen von je 2500,00 DM (je 5 %). Die Beklagte ist die Komplementärin der Al. F. GmbH & Co. in D.. Diese Gesellschaft hatte der Vater der Brüder F. als Kommanditgesellschaft gegründet; nach seinem Tod ist sie seit 1978 in der jetzigen Rechtsform zunächst von seinen beiden Söhnen gemeinsam geleitet worden. Inzwischen ist Herr A. F. aus der Geschäftsführung ausgeschieden, blieb der Gesellschaft aber durch einen Beratervertrag verbunden.
Die Kommanditgesellschaft befand sich im Jahr 1996 in finanziellen Schwierigkeiten, die zu einer Umstrukturierung führten, in deren Verlauf die Klägerin Mitglied der Kommanditgesellschaft und ebenso deren Komplementärin wurde. Die unter dem 24. Dezember 1996 neugefaßte Satzung bestimmt in § 8 u.a., daß ein Geschäftsanteil eines Gesellschafters durch einstimmigen Beschluß zwangsweise eingezogen werden kann, "wenn in der Person des betreffenden Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt". Als wichtiger Grund sollen insbesondere Umstände gelten, welche bei einer offenen Handelsgesellschaft zur Ausschließung (§§ 140, 133 HGB) ausreichen würden.
Zwischen den Brüdern B. und A. F. bestehen seit mehreren Jahren - auch gerichtlich ausgetragene - Streitigkeiten, die auch damit zusammenhängen , daß A. F. seinem Bruder und dessen Sohn F. zum Vorwurf macht, sich zu Lasten der Kommanditgesellschaft Vorteile verschafft zu haben. Nachdem A. F. mit seinem Versuch gescheitert war, B. F. aus dem Geschäftsführeramt abberufen und gegen ihn Schadenersatzansprüche geltend machen zu lassen, hat er durch seinen Anwalt im August und September 1999 Strafanzeigen gegen seinen Bruder und seinen Neffen und gegen den Geschäftsführer der Klägerin, L., bei den Staatsanwaltschaften Aa. und Lu. erstattet. Im Zuge der daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren sind von dem Ermittlungsrichter in Aa. zahlreiche Durchsuchungsbeschlüsse erlassen worden. Die Ermittlungen - auch in Lu. - sind nicht abgeschlossen.
Gestützt im wesentlichen auf diesen Vorgang haben die Klägerin und Herr B. F. seit dem Jahre 2000 versucht, den Gesellschafter A. F. aus der Kommanditgesellschaft auszuschließen und seinen Geschäftsanteil an der Beklagten aus wichtigem Grund einzuziehen. Die entsprechenden Beschlüsse vom 2. Mai 2000 (KG) und vom 12. April 2000 (Komplementär-GmbH) sind vom
Landgericht Aa. für nichtig erklärt, die hiergegen eingelegten Berufungen sind - nach Nichtannahmeentscheidungen des Senats vom 24. Februar 2003 (II ZR 320/01 und II ZR 321/01) rechtskräftig - zurückgewiesen worden.
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 19. Juli 2001 ist vorsorglich - für den Fall, daß der erste Versuch, A. F. aus der GmbH (entsprechendes gilt für den Ausschluß aus der Kommanditgesellschaft) zu entfernen, gescheitert sein sollte - erneut über die zwangsweise Einziehung von dessen Geschäftsanteil abgestimmt worden. Der Beschlußvorschlag fand nicht die nach § 8 der Satzung erforderliche Zustimmung aller von der Zwangseinziehung nicht selbst betroffenen Gesellschafter, weil die Töchter J. und S. von A. F. gegen den Antrag stimmten. Hierin erblickt die Klägerin einen Stimmrechtsmißbrauch dieser beiden Gesellschafterinnen und hat deswegen Anfechtungsund positive Beschlußfeststellungsklage gegen die Beklagte erhoben und zugleich den Gesellschafterinnen J. und S. F. den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf seiten der Beklagten beigetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hat in dem den Ausschluß aus der Kommanditgesellschaft betreffenden Verfahren (AZ des Senats: II ZR 244/02) ebenfalls gegen die ausschließungswilligen Gesellschafter erkannt. Das Oberlandesgericht hat beide Entscheidungen bestätigt. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision, deren rechtsgrundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 543 Abs. 2 ZPO weder ersichtlich noch von dem Berufungsgericht dargelegt ist, ist nicht begründet. Die Streithelferinnen haben von ihrem Stimmrecht nicht in treupflichtwidriger Weise Gebrauch gemacht, als sie gegen den Zwangseinziehungsantrag gestimmt haben.
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht im übrigen in rechtlich einwandfreier Weise das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.v. § 8 Abs. 2 der Satzung der Beklagten verneint und folgerichtig ausgesprochen , daß schon aus diesem Grund die Streithelferinnen nicht verpflichtet waren, für den Einziehungsantrag zu stimmen.
1. Es ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Urt. v. 12. Dezember 1994 - II ZR 206/93, WM 1995, 250; Urt. v. 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560; Urt. v. 25. November 1996 - II ZR 118/95, WM 1997, 68) in erster Linie Aufgabe des Tatrichters zu entscheiden, ob bestimmte Umstände als "wichtiger Grund" zu werten sind. Die revisionsgerichtliche Kontrolle erstreckt sich allein darauf, ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes richtig erfaßt, ob es aufgrund vollständiger Sachverhaltsermittlung geurteilt und ob es in seine Wertung sämtliche Umstände des konkreten Falls einbezogen hat.
2. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht mit Recht entschieden , daß weder die einzelnen Umstände, aus denen die Klägerin die Befugnis herleitet, den Mitgesellschafter A. F. zwangsweise aus der Gesellschaft zu ent-
fernen, für sich betrachtet einen wichtigen Grund abgeben, noch daß die gebotene Gesamtabwägung diese Bewertung rechtfertigt.

a) Die gegen einen anderen Gesellschafter oder gegen das Organmitglied einer Mitgesellschafterin gerichtete Strafanzeige ist nicht in jedem Fall als ein Verhalten anzusehen, das das Verbleiben des Anzeigeerstatters in der Gesellschaft unzumutbar macht. Jedenfalls dann, wenn eine solche Anzeige nicht leichtfertig oder gar wider besseres Wissen erhoben wird, sondern der sich an die Strafverfolgungsbehörden wendende Gesellschafter nach gewissenhafter Prüfung der Auffassung sein kann, es lägen strafbare Verhaltensweisen vor, ist es ihm nicht verwehrt, sich an die Ermittlungsbehörden zu wenden. Das gilt erst recht dann, wenn seine Versuche, die Fragen innergesellschaftlich zu klären, am Widerstand der anderen Seite gescheitert sind. Von diesen Grundsätzen hat sich das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung leiten lassen und hat vor allem dem Umstand Bedeutung beigemessen, daß die Strafverfolgungsbehörden auf die Anzeige hin umfangreiche Ermittlungen - auch in der Form von richterlich angeordneten Durchsuchungen - angestellt und dabei über weite Strecken den von dem Anzeigeerstatter erhobenen Vorwurf bestätigt gefunden haben, daß der Mitgesellschafter B. F. im Zusammenwirken mit seinem Sohn F. und dem Geschäftsführer der Klägerin umfangreiche Geschäfte vorgenommen hat, die zu Lasten der Al. F. GmbH & Co. gegangen sind, letztlich aber dem eigenen Vorteil gedient haben.

b) Sollte A. F. sich gegenüber einem Mitglied des ehemaligen Beirats und gegenüber dem Steuerberater der Gesellschaft in der ihm von der Klägerin zugeschriebenen Weise geäußert haben, müßte dies jedenfalls in den Gesamtzusammenhang der Auseinandersetzung der Brüder gestellt werden. Dem trägt die Würdigung des Berufungsgerichts, die die Revision durch die
eigene Wertung der Klägerin ersetzen will, Rechnung. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht die Vorgänge um die Reparatur des Laptop und der Klimaanlage als weniger gewichtig und jedenfalls nicht für eine Zwangseinziehung ausreichend erachtet hat.

c) Da bei der gebotenen Gesamtabwägung auch nicht allein auf die Zerstrittenheit der Gesellschafter F. abgestellt werden darf, sondern zu berücksichtigen ist, daß die Gründe für das die Gesellschaft belastende - äußerstenfalls durch Auflösung der Gesellschaft auszuräumende (vgl. Urt. v. 20. September 1999 - II ZR 345/97, NJW 1999, 3779 m.w.N.) - Zerwürfnis nicht einseitig (vgl. Urt. v. 10. Juni 1991 - II ZR 234/89, NJW-RR 1991, 1249; Urt. v. 3. November 1997 - II ZR 353/96, NJW 1998, 1225; Urt. v. 20. September 1999 aaO) A. F. anzulasten sind, sondern auch auf der Seite der die Zwangseinziehung betreibenden Gesellschaftergruppe Gründe für die Uneinigkeit gesetzt worden sind, rügt die Revision zu Unrecht die abschließende Gesamtwürdigung des Berufungsgerichts.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Graf

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.