Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2011 - IV ZR 137/10

bei uns veröffentlicht am09.03.2011
vorgehend
Landgericht Lüneburg, 5 O 95/09, 15.09.2009
Oberlandesgericht Celle, 8 U 216/09, 12.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 137/10 Verkündetam:
9.März2011
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MB/KT 94 § 1 (3)
Arbeitsunfähigkeit i.S. von § 1 (3) MB/KT 94 liegt auch dann vor, wenn sich der Versicherte
an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen
Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch oder physisch erkrankt
und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung
nicht nachgehen kann.
BGH, Urteil vom 9. März 2011 - IV ZR 137/10 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Wendt,
Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Dr. Karczewski und
die Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom
9. März 2011

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 12. Mai 2010 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger hält bei dem Beklagten eine Krankentagegeldversicherung mit einem versicherten Tagegeld in Höhe von 117,37 € pro Kalendertag. Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Beklagten für die Krankentagegeldversicherung (im Folgenden MB/KT) zugrunde. Diese entsprechen den Musterbedingungen 1994 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 94) und lauten auszugsweise wie folgt: "§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes 1. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen , soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er zahlt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeits- unfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang. 2. Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. … 3. Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. … § 15 Sonstige Beendigungsgründe Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen …
b) mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist. …"
2
Kläger Der arbeitete seit 1995/1996 als Projektleiter für Brandschutzanlagen. Er befand sich längere Zeit in ärztlicher Behandlung. Die Ursache hierfür war in seinem - zum 31. August 2008 durch Auflösungsvertrag beendeten - Arbeitsverhältnis begründet. Der Kläger sah sich an seinem Arbeitsplatz einem so genannten Mobbingverhalten ausgesetzt.
3
Der Beklagte zahlte bis zum 22. Juni 2008 das vereinbarte Krankentagegeld und stellte danach seine Leistungen ein, nachdem ein von ihm außergerichtlich eingeholtes Gutachten zum Ergebnis einer 100%-igen Arbeitsfähigkeit ab diesem Tag gekommen war.
4
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Zahlung von Krankentagegeld für die Zeit vom 23. Juni 2008 bis zum 31. August 2008. Er hat vorgetragen , er sei auch in diesem Zeitraum infolge des Mobbings an seinem früheren Arbeitsplatz psychisch erkrankt und deshalb nicht in der Lage gewesen, seine bisherige Arbeitstätigkeit auszuüben.
5
Der Beklagte hat weitere Leistungen abgelehnt, weil es sich lediglich um eine "konfliktbedingte Arbeitsplatzunverträglichkeit" gehandelt habe, die keinen Krankentagegeldanspruch begründe.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision hat keinen Erfolg.
8
I. Das Berufungsgericht hat einen Versicherungsfall i.S. von § 1 (2) Satz 1 MB/KT bejaht. Maßgebend für eine Arbeitsunfähigkeit i.S. von § 1 (3) MB/KT sei der bisher ausgeübte Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung , die dem Versicherungsvertrag zugrunde liege. Nach medizinischem Befund habe der Kläger seine berufliche Tätigkeit in der konkreten Aus- gestaltung in keiner Weise ausüben können. Die bei ihm von den behandelnden Ärzten und auch von dem Gutachter des Beklagten festgestellten Symptome und Krankheiten - wie Rückenbeschwerden und psychische Einschränkungen (Depressionen, Panikreaktionen, ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung) - seien auf eine Mobbingsituation an seinem früheren Arbeitsplatz zurückzuführen.
9
§ 1 MB/KT könne aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht dergestalt ausgelegt werden, dass keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit vorliege, wenn der Versicherte in seinem bisher ausgeübten Beruf an sich leistungsfähig und lediglich aufgrund besonderer, krankmachender Umstände außerstande sei, seinen Beruf an dem bisherigen Arbeitsplatz auszuüben. Die Frage der bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit hänge nicht davon ab, welche Umstände bzw. Ursachen zur Krankheit des Versicherten geführt hätten. Zwar stelle Mobbing als solches keine Krankheit dar. Besondere Stress- oder Anspannungssituationen könnten aber aufgrund vielfältiger Ursachen bei Menschen zu psychischen Erkrankungen führen , die auch körperliche Erscheinungen zeigten. Diesen könne ohne eine klare Einschränkung der Leistungspflicht nicht der Krankheitswert abgesprochen werden, wenn sie auf das Arbeitsumfeld zurückzuführen seien.
10
Der Versicherungsfall habe auch nicht dadurch geendet, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers zwischenzeitlich in eine dauerhafte Berufsunfähigkeit übergangen sei. Der insoweit von dem Beklagten aufgestellten Behauptung stünden die von ihm selbst in Bezug genommenen ärztlichen Stellungnahmen entgegen. Diese sähen übereinstimmend eine uneingeschränkte Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Klägers in einem anderen Arbeitsumfeld.
11
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
12
Das 1. Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers in dem streitgegenständlichen Zeitraum angenommen.
13
a) In der Krankentagegeldversicherung setzt der Eintritt eines Versicherungsfalles neben der medizinisch notwendigen Heilbehandlung eine in deren Verlauf ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit voraus (§ 1 (2) Satz 1 MB/KT). Arbeitsunfähigkeit liegt gemäß § 1 (3) MB/KT vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Diese Definition der Arbeitsunfähigkeit knüpft an die konkrete berufliche Tätigkeit der versicherten Person und nicht allgemein an ihre beruflichen Möglichkeiten an. Dementsprechend bemisst sich die Arbeitsunfähigkeit nach der bisherigen Art der Berufsausübung, selbst wenn der Versicherte noch andere Tätigkeiten ausüben kann (Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - IV ZR 274/06, VersR 2009, 1063 Rn. 11 m.w.N.). Daher ist der Versicherer nicht berechtigt, den Versicherungsnehmer auf so genannte Vergleichsberufe oder gar auf sonstige, auf dem Arbeitsmarkt angebotene Erwerbstätigkeiten zu verweisen (Senatsurteile vom 20. Mai 2009 aaO m.w.N.; vom 9. Juli 1997 - IV ZR 253/96, VersR 1997, 1133 unter II 2 b). Selbst wenn der Versicherte mindestens 50% der von seinem Berufsbild allgemein umfassten Tätigkeit noch ausüben kann, muss er sich nicht darauf verweisen lassen, eine seinen verbliebenen beruflichen Fähigkeiten entsprechende andere Arbeit aufzunehmen. Hingegen ist der Versicherte nicht arbeitsunfähig, wenn er gesundheitlich zu einer - wenn auch nur eingeschränkten - Tätigkeit in seinem bisherigen Beruf imstande geblieben ist (Senatsurteile vom 20. Mai 2009 aaO; vom 25. November 1992 - IV ZR 187/91, VersR 1993, 297 unter II 1). Ob der Versicherte seinem Beruf nicht mehr in der bisherigen Ausgestaltung nachgehen kann, ist durch einen Vergleich der Leistungsfähigkeit, die für die bis zur Erkrankung konkret ausgeübte Tätigkeit erforderlich ist, mit der noch verbliebenen Leistungsfähigkeit festzustellen (Senatsurteil vom 20. Mai 2009 aaO m.w.N.).
14
b) Maßstab für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - der bisherige Beruf in seiner konkreten Ausprägung (Senatsurteil vom 20. Mai 2009 aaO Rn. 12). Mit Blick darauf kann der Krankentagegeldversicherer von dem Versicherten, der durch besondere Umstände an seinem bisherigen Arbeitsplatz krank geworden ist, nicht einen Wechsel des Arbeitsplatzes, die Wahl eines anderen Arbeitsumfeldes oder arbeitsrechtliche Schritte gegen den Arbeitgeber verlangen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherte - wie der Kläger - an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch und/oder physisch erkrankt ist und infolgedessen seine berufliche Tätigkeit nicht ausüben kann. Auch in einem solchen Fall sind die genannten Voraussetzungen eines Versicherungsfalles erfüllt (so auch zust. Anmerkung zum Berufungsurteil Rogler, jurisPR-VersR 8/2010 Anm. 3 unter C 5). Die Arbeitsunfähigkeit entfällt nicht deshalb, weil der Versicherte bei Bereinigung der Konfliktsituation an seinem konkreten Arbeitsplatz oder durch einen Wechsel seines Arbeitsplatzes wieder ar- beitsfähig wäre. Auf die Möglichkeiten des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrechts kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass der Versicherte aufgrund seiner Erkrankung seiner bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeit in der konkreten Ausgestaltung nicht nachgehen kann. Bei einem weitergehenden Verständnis des Begriffs der beruflichen Tätigkeit wäre der Versicherte zu einem Arbeitsplatzwechsel gehalten, der ihm aber auch als Obliegenheit auf der Grundlage des § 9 (4) MB/KT nicht abverlangt wird (so auch Rogler aaO unter C 4).
15
c) Es handelt sich nicht, wie die Revision meint, um eine bloße "Arbeitsplatzunverträglichkeit" , wenn die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung der versicherten Person durch Umstände an ihrem bisherigen Arbeitsplatz verursacht oder verstärkt worden ist (so aber: OLG Köln Urteil vom 13. Februar 2008 - 5 U 65/05, juris Rn. 21 f., durch Urteil des Senats vom heutigen Tag - IV ZR 52/08 - aufgehoben; OLG Celle VersR 2000, 1531, 1532; OLG Oldenburg Beschluss vom 15. Mai 2006 - 3 U 110/05, n.v., zitiert nach Rogler aaO unter C 2; LG Bremen NJOZ 2004, 656, 657; MünchKomm-VVG/Hütt, § 192 Rn. 151; Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 1 MB/KT 2009 Rn. 2; Bach/Moser/Wilmes, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 1 MB/KT Rn. 16; Brams, VersR 2009, 744, 748 ff. m.w.N.; Muschalla/Linden, VersMed 2009, 63, 67). Vielmehr kann der Versicherte auch dann arbeitsunfähig i.S. von § 1 (3) MB/KT sein, wenn die seine Erkrankung auslösenden Umstände mit seinem bisherigen Arbeitsplatz zusammenhängen.
16
aa) Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 (2) und (3) MB/KT nicht, dass es auf die Ursache der Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, ankommen soll. Insbesondere ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erkennbar, dass psychische und physische Erkrankungen ausgeschlossen sein sollen, wenn sie durch so genanntes Mobbing ausgelöst oder begünstigt werden. Er kann der Regelung des § 1 (3) MB/KT nicht entnehmen, dass Arbeitsunfähigkeit nicht vorliegt, wenn eine Erkrankung durch Umstände an dem bisherigen Arbeitsplatz verursacht oder verstärkt worden ist. Der Wortlaut des Begriffs "berufliche Tätigkeit" lässt für ihn nicht offen, ob darunter die konkrete Tätigkeit der versicherten Person bei ihrem konkreten Arbeitgeber an einem konkreten Arbeitsplatz oder aber nur ein allgemeines Berufsbild zu verstehen ist (so Rogler aaO unter C 4, der den Wortlaut für mehrdeutig hält). Vielmehr wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer unter beruflicher Tätigkeit seine spezifische Tätigkeit verstehen und annehmen, dass damit auch sein Arbeitsplatz bei seinem bisherigen Arbeitgeber gemeint ist.
17
dieses Für Verständnis spricht auch der dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Zweck der Krankentagegeldversicherung , die durch einen vorübergehenden Ausfall der Arbeitskraft des Versicherten entstehenden Vermögensnachteile auszugleichen (vgl. OLG Köln VersR 1998, 1365, 1366; HK-VVG/Rogler, § 1 MB/KT 2009 Rn. 1; Rogler aaO; Bach/Moser/Wilmes aaO Rn. 1 m.w.N.). Die Arbeitskraft fällt auch dann aus, wenn der Versicherte infolge Mobbings an seinem bisherigen Arbeitsplatz erkrankt ist und dadurch an der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in dieser Ausgestaltung gehindert ist.
18
bb) Dies führt entgegen der Auffassung der Revision nicht zu einer ungerechtfertigten Gleichsetzung des Begriffs der beruflichen Tätigkeit mit dem Begriff des Arbeitsplatzes. Die Beschreibung der speziellen beruflichen Tätigkeit lässt sich nicht von dem bisherigen Arbeitsplatz des Versicherten trennen. Aus dem von der Revision genannten Senatsurteil vom 18. Juli 2007 (IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260) ergibt sich nichts anderes. Danach kommt es bei der Bewertung, ob Tätigkeiten zur Berufsausübung gehören oder nicht, auf das Berufsbild an, das sich aus der bis zum Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübten Tätigkeit der versicherten Person ergibt (aaO Rn. 19). Das bedeutet nicht, dass sich die berufliche Tätigkeit als solche nach dem allgemeinen Berufsbild bestimmt.
19
Diesem Verständnis stehen auch nicht die Regelungen über die Anzeigepflicht in § 9 (5) MB/KT und den bisher ausgeübten Beruf in § 15 Buchst. b MB/KT entgegen. Diese Bestimmungen stellen aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auf das allgemeine Berufsbild und nicht auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ab. Er wird daher insbesondere nicht annehmen, dem Versicherer jeden Arbeitsplatzwechsel auch dann anzeigen zu müssen, wenn sich nichts am Berufsbild ändert.
20
Schließlich verweist die Revision ohne Erfolg darauf, die Bewältigung einer subjektiv als Mobbingsituation empfundenen Störung des Arbeitsverhältnisses sei primär kein medizinisches, sondern ein arbeitsrechtliches Problem und mit den gebotenen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten anzugehen. Wenn Mobbing einen Arbeitnehmer derart beeinträchtigt , dass er psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen arbeitsunfähig wird, kann ihm ebenso wenig wie bei anderen Krankheiten entgegengehalten werden, er müsse zunächst versuchen, die Ursache seiner Erkrankung zu beseitigen.
21
2. Weiterhin kann sich die Beklagte nicht auf ein Ruhen des Versicherungsverhältnisses wegen Berufsunfähigkeit berufen.
22
a) Nach § 15 Buchst. b Satz 1 MB/KT soll das Versicherungsverhältnis mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit enden. Die danach vorgesehene endgültige und ersatzlose Beendigung des Versicherungsvertrages führt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers und damit zur Nichtigkeit der Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. Es kommt daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Buchst. b MB/KT nicht zu einer Vertragsbeendigung. Jedoch ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung anzunehmen, dass die Leistungspflicht des Versicherers für den Zeitraum erlischt, in dem der Zustand anhält, der an sich zur Vertragsbeendigung führen sollte (Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - IV ZR 339/90, VersR 1992, 479 unter II 1 b, 2).
23
Eine b) solchermaßen begründete Leistungsfreiheit kommt dem Beklagten nicht zugute. Er hat in erster Instanz eine Berufsunfähigkeit des Klägers nicht behauptet. In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat er hilfsweise erklärt, "für den Fall einer Anspruchsbejahung behaupte er Berufsunfähigkeit des Klägers und beziehe sich insoweit auf Sachverständigengutachten". Die Revision meint, der Beklagte habe sich zur Stützung seiner Hilfsargumentation die ihm günstige zweitinstanzliche Behauptung des Klägers zu eigen gemacht, wonach die Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses nicht zu der erhofften Beseitigung der Arbeitsunfähigkeit geführt habe, seine Erkrankung also unabhängig vom konkreten Arbeitsplatz gewesen sei.
24
Indes hat der Kläger nur vorgetragen, die Grunderkrankung habe es seit längerem gegeben und liege auch heute noch vor. Er leide weiterhin , obgleich er aus dem Arbeitsverhältnis bereits ausgeschieden sei, unter einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradiger Episode bei ängstlich vermeidenden Persönlichkeitszügen. Er befinde sich noch in psychologischer Behandlung. Damit hat der Kläger nur behauptet, dass seine Arbeitsunfähigkeit noch nicht beendet sei. Daraus ist nicht zu entnehmen, dass er i.S. von § 15 Buchst. b Satz 2 MB/KT nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist. Einzelheiten dazu hätte der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte vortragen müssen.
Wendt Felsch Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 15.09.2009 - 5 O 95/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 12.05.2010 - 8 U 216/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2011 - IV ZR 137/10

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 129/06 Verkündetam:
18.Juli2007
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MB/KT § 1 Abs. 3
Von der Regelung des § 1 Abs. 3 MB/KT 94 wird die Ausübung jedweder auch geringfügiger
Tätigkeiten erfasst, die dem Berufsfeld des Versicherungsnehmers zuzuordnen
sind (hier: Akquisitionstätigkeiten eines selbständigen Architekten).
BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06 - OLG Stuttgart
LG Tübingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2007

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. April 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als es den Feststellungsantrag unter Zurückweisung der Berufung des Klägers auf die Berufung der Beklagten abgewiesen und die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Anspruchs auf Krankentagegeld für die Zeit vom 1. April bis 20. April 2005 zurückgewiesen hat.
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 14. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Zahlungsantrags für den 7. März, 10. März und 18. März 2005 richtet. Im Übrigen wird das vorbezeichnete Urteil auf die Berufung des Klägers geändert: Es wird festgestellt, dass das Krankenversicherungsverhältnis zwischen den Parteien (Versicherungsschein Nr. … ) auch im Hinblick auf die Krankentagegeldversicherung durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 30. März 2005 nicht beendet worden ist.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Krankentagegeld für die Zeit vom 1. April bis 20. April 2005 wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht zurückverwiesen.
II. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über den Fortbestand eines von der beklagten Versicherungsgesellschaft fristlos gekündigten Krankenversicherungsverhältnisses und um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankentagegeld.
2
Der Kläger, der in seinem Wohnhaus ein Architekturbüro betreibt und zuletzt einen Mitarbeiter beschäftigte, nahm im Jahre 1990 bei der Beklagten zu verschiedenen Tarifen eine Krankheitskosten-, eine Pflegepflicht - und eine Krankentagegeldversicherung. Nach den vereinbarten Tarifen steht dem Kläger ein Krankentagegeld in Höhe von 76,69 € ab dem 8. Tag und in Höhe von weiteren 51,13 € ab dem 15. Tag einer Arbeitsunfähigkeit zu.

3
Die für die Krankentagegeldversicherung vereinbarten Rahmenbedingungen 1994 (RB/KT 94) - insoweit übereinstimmend mit Vorschriften der Musterbedingungen 1994 für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94) - bestimmen: § 1 Abs. 3 Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
§ 18 Abs. 2 Die gesetzlichen Bestimmungen über das außerordentliche Kündigungsrecht bleiben unberührt.
4
Jahre Im 2004 zeigte der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit an. Nachdem die Beklagte an den Kläger wiederholt Krankentagegeld geleistet hatte, stellte sie die Zahlungen am 22. Februar 2005 ein.
5
Die Beklagte, die daran zweifelte, dass der Kläger nach medizinischem Befund nicht imstande war, seinen Beruf auszuüben, beauftragte ein Unternehmen mit der Überprüfung des Klägers im Hinblick auf eine tatsächliche Berufsausübung. Ein Mitarbeiter dieses Unternehmens, der Zeuge A. , nahm Kontakt mit dem Kläger auf und gab sich als Bauinteressent aus. Es kam daraufhin im März 2005 zu drei Treffen mit dem Kläger.
6
Nachdem die Beklagte hiervon erfahren hatte, erklärte sie mit Schreiben vom 30. März 2005 die fristlose Kündigung mit der Begrün- dung, der Kläger sei beruflich tätig geworden und habe gleichzeitig Krankentagegeld geltend gemacht.
7
Der Kläger hält die außerordentliche Kündigung für unberechtigt. Der Beklagten sei eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht unzumutbar. Es liege bereits ein zur Kündigung der Krankentagegeldversicherung berechtigender Grund nicht vor. Die Annahme einer tatsächlichen Berufsausübung sei nicht gerechtfertigt. Jedenfalls sei er durch die Beklagte dazu unzulässig verleitet worden.
8
Das Landgericht hat ein Teilurteil erlassen und die Nichtbeendigung der Krankheitskosten- und der Pflegepflichtversicherung festgestellt. Soweit der Kläger darüber hinaus die Feststellung der Nichtbeendigung der Krankentagegeldversicherung beantragt hat, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf den Zahlungsantrag hat das Landgericht die Klage - teilweise - in Höhe von 2.939,86 € abgewiesen. Die Parteien haben selbständige Berufungen eingelegt. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Beklagten ist das Teilurteil geändert und die Klage betreffend den Feststellungsantrag insgesamt abgewiesen worden. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren - soweit darüber entschieden wurde - weiter.

Entscheidungsgründe:


9
Die Revision hat überwiegend Erfolg. Das Krankenversicherungsverhältnis besteht insgesamt fort.

10
A. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagten stehe ein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Krankentagegeldversicherung zu. Der Kläger habe sich vertragswidrig verhalten, indem er in einem Zeitraum, für den er Krankentagegeld geltend gemacht habe, Akquisitionstätigkeiten in nicht völlig unbeachtlichem Umfang entfaltet habe , die als Berufsausübung einzustufen seien. Die Angaben des Zeugen A. seien verwertbar. Es sei nicht festgestellt worden, dass dieser den Kläger mit verwerflichen Mitteln zum Vertragsbruch verleitet habe. Die außerordentliche Kündigung habe auch die Krankheitskosten- und die Pflegepflichtversicherung unabhängig davon wirksam erfasst, ob von einem einheitlichen Versicherungsvertrag oder von rechtlich selbständigen Verträgen auszugehen sei. Im Übrigen stehe dem Kläger für den 7. März, 10. März und 18. März 2005 ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld wegen nachgewiesener beruflicher Tätigkeit nicht zu. Aufgrund der wirksamen Kündigung sei der Zahlungsanspruch auch für die Zeit ab dem 1. April 2005 abzulehnen.
11
B. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
12
I. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts war die Beklagte bereits zur außerordentlichen Kündigung der Krankentagegeldversicherung nicht berechtigt.
13
Zutreffend 1. geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass den Parteien eines Versicherungsvertrages grundsätzlich ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht. In § 18 Abs. 2 RB/KT 94 wird ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen über das außerordentliche Kündigungsrecht verwiesen. Damit ist auch die Bestimmung des § 314 Abs. 1 BGB, die das aus dem Gebot von Treu und Glauben entwickelte Kündigungsrecht aus wichtigem Grund abgelöst hat, gemeint (vgl. Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 - IVa ZR 76/83 - VersR 1985, 54 unter II 1).
14
2. Zu beanstanden sind aber die von dem Berufungsgericht angeführten Erwägungen, mit denen es eine Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung der Krankentagegeldversicherung angenommen und damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes bejaht hat. Dem kann trotz eingeschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 - VIII ZR 186/99 - VersR 2001, 370 unter II 1) nicht gefolgt werden.
15
a) Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung setzt voraus , dass Tatsachen vorliegen, die dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar machen.
16
Für die private Krankenversicherung ist dabei im Hinblick auf ihre soziale Funktion anerkannt, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung erst dann gegeben ist, wenn der Versicherungsnehmer in besonders schwerwiegender Weise die Belange des Versicherers seinem Eigennutz hintanstellt. Das ist vor allem der Fall, wenn er sich Versicherungsleistungen erschleicht oder zu erschleichen versucht (Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 aaO unter II 2; OLG Zweibrücken NJW-RR 2005, 1119; OLG Saarbrücken VersR 2006, 644 f.; OLG Hamm NJW-RR 2006, 1035; Wriede in Bruck/Möller/Wriede, Bd. VI Krankenversicherung 8. Aufl. Anm. D 44; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 8 Rdn. 27).
17
Wie der Senat in seinem Urteil vom 3. Oktober 1984 (aaO unter II
3) entschieden hat, erweckt derjenige, der Krankentagegeld wegen Arbeitsunfähigkeit verlangt und dem Versicherer zwar die Arbeitsunfähigkeit mitteilt, nicht aber den Umstand, dass er seinen Beruf ungeachtet der Arbeitsunfähigkeit praktisch voll ausübt, den - unzutreffenden - Eindruck , er könne seine berufliche Tätigkeit nicht ausüben und übe sie auch nicht aus. Er täusche damit Umstände vor, die eine Leistungspflicht des Versicherers ergeben und erschleiche sich damit diese Versicherungsleistungen.
18
Das b) Berufungsgericht hat zunächst mit Recht angenommen, dass der Kläger an den Tagen, an denen die Treffen mit dem Zeugen A. stattgefunden haben, beruflich tätig geworden ist und er sich daher - weil er insoweit dennoch Arbeitsunfähigkeit geltend gemacht hat - vertragswidrig verhalten hat.
19
aa) Bei der Bewertung, ob Tätigkeiten zur Berufsausübung gehören oder nicht, kommt es auf das Berufsbild an, das sich aus der bis zum Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübten Tätigkeit der versicherten Person ergibt (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1992 - IV ZR 187/91 - VersR 1993, 297 unter II; Prölss, aaO § 1 MB/KT 94 Rdn. 6).
20
Bei einem selbständigen Architekten, der ein Architekturbüro allein oder nur mit wenigen Mitarbeitern betreibt, gehören zur Erwerbstätigkeit neben den eigentlichen Architektenleistungen regelmäßig auch Tätigkeiten zur Akquisition von Kunden.

21
bb) Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger entfalteten Tätigkeiten zutreffend als Akquisitionsmaßnahmen gewertet, die darauf gerichtet waren, den Zeugen A. als Kunden zu gewinnen.
22
Nach dem unstreitigen Vorbringen und den getroffenen Feststellungen haben sich der Kläger und der Zeuge A. im Wohnhaus des Klägers, in dem sich zugleich dessen Architekturbüro befindet, über den von dem Zeugen - angeblich - geplanten Hausbau unterhalten, wobei es zunächst um das allgemeine Vorgehen ging. Bei den weiteren zwei Treffen nahm der Kläger auch Erörterungen anhand eines von dem Zeugen A. mitgebrachten Grundstückplanes und anhand von Lichtbildern vor, die ein angebliches "Wunschhaus" des Zeugen zeigen und von diesem zur Verfügung gestellt worden sind. Zudem hat der Kläger unstreitig die voraussichtlich anfallenden Baukosten nebst Nebenkosten überschlägig beziffert und aufgelistet.
23
Der Bewertung als Akquisitionstätigkeit steht nicht entgegen, dass der erste Kontakt nicht durch den Kläger, sondern durch den Zeugen veranlasst wurde und die geführten Gespräche zwar im Wohnhaus des Klägers, nicht aber direkt in Büroräumen stattgefunden haben. Entsprechendes gilt im Hinblick darauf, dass es im Ergebnis nicht zu einer Beauftragung des Klägers gekommen ist. Der Umstand, dass die festgestellten Tätigkeiten des Klägers nicht zu einer Gewinnerzielung geführt haben, ist ohne Belang.
24
cc) Die Annahme einer tatsächlichen Berufsausübung ist ungeachtet dessen gerechtfertigt, dass der Kläger nur geringfügig beruflich tätig geworden ist. Von der Regelung des § 1 Abs. 3 RB/KT 94 bzw. des § 1 Abs. 3 MB/KT 94 wird jede berufliche Tätigkeit erfasst. Dies ergibt eine Auslegung der Klausel.
25
§ 1 Abs. 3 MB/KT 94 gehört als Tarifbestimmung zu Allgemeinen Versicherungsbedingungen (vgl. Prölss aaO Vorbem. I Rdn. 14) und ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats daher so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85 und ständig).
26
Nach diesem Verständnis ist eine einschränkende Auslegung des Merkmals der Nichtausübung des Berufes in § 1 Abs. 3 MB/KT 94 dahingehend , dass nur Tätigkeiten von bestimmter Art und gewissem Umfang den Krankentagegeldanspruch entfallen lassen können, abzulehnen (so aber OLG Hamm VersR 1987, 1085; VersR 1991, 452, 453; Prölss, aaO § 1 MB/KT 94 Rdn. 11 m.w.N.; Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 3. Aufl. § 1 MB/KT Rdn. 22 m.w.N.). Es genügen vielmehr jedwede auch geringfügige Tätigkeiten, die dem Berufsfeld des Versicherungsnehmers zuzuordnen sind.
27
Ausgehend vom Wortlaut wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennen, dass die MB/KT 94 Leistungen im Falle einer durch Krankheit oder Unfall eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zusagen. Aufgrund der Regelung des § 1 Abs. 3 MB/KT 94 wird sodann deutlich, dass die allgemeine Leistungszusage nicht stets, sondern nur dann gelten soll, wenn der Versicherte, der seine berufliche Tätigkeit nach medi- zinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, diese bzw. eine anderweitige Erwerbstätigkeit auch tatsächlich nicht ausübt. Der Versicherer hat hinreichend erkennbar Versicherungsschutz nur für den Fall versprochen, dass einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen wird, der Versicherte also insoweit gänzlich untätig ist. Im Falle der Ausübung einer solchen Tätigkeit - ungeachtet von deren Art und Umfang - soll die Zusage ebenso wenig gelten wie bei nicht vollständiger Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus medizinischen Gründen (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1992 aaO unter II 3 c). Es lässt sich daher weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck der Krankentagegeldversicherung vereinbaren, dass der Versicherer leistungspflichtig ist, obwohl der Versicherte - wenn auch geringfügig - berufliche Tätigkeiten entfaltet.
28
Im Einzelfall kann entsprechend den Ausführungen im Senatsurteil vom 25. November 1992 (aaO unter II 3 c) einer missbräuchlichen Berufung des Versicherers auf Leistungsfreiheit bei nur ganz geringfügiger Berufsausübung des Versicherten mit einer Korrektur nach § 242 BGB bzw. im Rahmen der bei einer Prüfung eines außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vorzunehmenden wertenden Betrachtung begegnet werden.
29
c) Selbst wenn der Kläger angesichts der tatsächlichen Berufsausübung vorwerfbar Umstände vorgetäuscht hat, die eine Leistungspflicht der Beklagten ergeben, und er sich damit Versicherungsleistungen erschlichen oder zu erschleichen versucht hat, ist der Beklagten die Fortsetzung der Krankentagegeldversicherung jedenfalls nicht unzumutbar. Dies ergibt die gebotene wertende Betrachtung, bei der nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die beiderseitigen Interessen abzuwägen sind.

30
solche Eine Betrachtung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Seinen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die Fortsetzung der Krankentagegeldversicherung für die Beklagte unzumutbar sein soll. Die angeführte Begründung, der Kläger sei in einem Zeitraum, für den er die Zahlung von Krankentagegeld beansprucht habe, seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen, reicht hierfür nicht aus.
31
Die aa) ausgeübten beruflichen Tätigkeiten können bereits nach Art und Umfang nicht ein dem Kläger vorwerfbares Verhalten begründen, das die Annahme eines erheblichen Vertrauensbruchs rechtfertigt.
32
Übt der Versicherte seinen Beruf außerhalb des Rahmens von Arbeitsversuchen aus - wovon hier auszugehen ist - und begehrt er zugleich Versicherungsleistungen, liegt nach dem Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 (aaO unter II 3) zwar ein erheblicher Vertrauensbruch nahe. Dies gelte aber nicht, wenn sich seine Handlungen auf gelegentliche formelle Tätigkeiten wie beispielsweise das Unterzeichnen vorgefertigter Schriftstücke beschränken. Im Rahmen der an Treu und Glauben ausgerichteten Prüfung ergebe sich die Unbeachtlichkeit derartiger Sachverhalte schon aus dem Umstand, dass dem Versicherten insoweit eine völlige Untätigkeit zum Erhalt des Versicherungsschutzes kaum zugemutet werden könne.
33
Auch wenn sich die von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten nicht als rein formell im Sinne der genannten Rechtsprechung darstellen, ist der vorliegende Sachverhalt entsprechend zu bewerten. Nach den unstreitigen Umständen und den getroffenen Feststellungen ist der Kläger lediglich an drei Tagen beruflich tätig geworden. Eine darüber hinausgehende Berufsausübung wurde nicht festgestellt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Kläger etwa voll berufstätig war und sich gleichwohl von dem Versicherer Tagegeld auszahlen ließ. Im Übrigen werden gelegentliche Akquisitionstätigkeiten ebenso wie formelle Tätigkeiten der Genesung nicht entgegenstehen, zumal der Kläger hier in zeitlichem Abstand von mehreren Tagen und jeweils höchstens eine halbe Stunde tätig geworden ist. Ferner handelt es sich bei Akquisitionsmaßnahmen um Tätigkeiten, die allein im Vorfeld der eigentlichen vertraglichen Leistungen erfolgen und selbst nicht die Grundlage der beruflichen Einkünfte darstellen. Ein völliges Unterlassen derartiger Tätigkeiten zum Erhalt des Versicherungsschutzes kann daher - noch dazu einem beruflich Selbständigen wie dem Kläger, der ein Unternehmen allein bzw. nur mit wenigen Mitarbeitern betreibt - kaum zugemutet werden.
34
bb) Darüber hinaus rügt die Revision zu Recht, das Berufungsgericht habe fehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der Kläger in dem Zeitraum , in dem seine berufliche Tätigkeit festgestellt wurde, Krankentagegeld nicht erhalten hat. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Zahlungen von Krankentagegeld am 22. Februar 2005 eingestellt wurden. Zwar setzt ein außerordentliches Kündigungsrecht nicht zwingend ein vollendetes Erschleichen von Versicherungsleistungen voraus, sondern kann auch bei einem Versuch des Erschleichens begründet sein (vgl. Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 aaO unter II 2). Die Leistungseinstellung kann aber bei einer wertenden Betrachtung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung nicht unberücksichtigt bleiben. Mit der Leistungseinstellung trotz weiterhin bescheinigter Arbeitsunfähigkeit bringt der Versicherer zum Ausdruck, er halte den Versicherungsnehmer dennoch für arbeitsfähig. Er kann deshalb nicht mehr uneingeschränkt dar- auf vertrauen, dieser werde seine Berufstätigkeit in keiner Weise ausüben. Der Wegfall des Krankentagegeldes begründet - dem Versicherer erkennbar - für den Versicherungsnehmer die Notwendigkeit, auf anderem Wege für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Auch wenn der Versicherungsnehmer seinen Anspruch für berechtigt hält, kann der Versicherer von ihm nicht erwarten, dass er sich bis zum Abschluss eines - im Ausgang zudem ungewissen - Rechtsstreits jeglicher Ausübung seiner Berufstätigkeit enthält. Es kommt hinzu, dass die nachteiligen Auswirkungen einer Vertragsverletzung für einen Versicherer regelmäßig nicht eintreten oder geringer sind, wenn Versicherungsleistungen - ungeachtet aus welchem Grunde - nicht erbracht wurden.
35
cc) Gegen die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Krankentagegeldversicherung spricht zudem, dass diese bereits seit dem Jahre 1990 besteht. Dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien bereits zuvor durch ein Verhalten des Klägers beeinträchtigt worden ist, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.
36
dd) Danach kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, dass die Beklagte die Erkenntnisse zur tatsächlichen Berufsausübung des Klägers durch unzulässigen Einsatz des Zeugen A. als Testperson gewonnen und sich daher selbst unredlich verhalten hat. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagte vor dem Einsatz des Zeugen keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine vorgenommene oder bevorstehende tatsächliche Berufsausübung durch den Kläger hatte. Zwar bestanden bei der Beklagten nach eigenem Vorbringen vor allem aufgrund der eingeholten Gutachten Zweifel daran, dass der Kläger - nach medizinischem Befund - arbeitsunfähig war. Dieser Umstand bietet aber nicht zugleich tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seinem Beruf nachgegangen ist oder eine Bereitschaft zur künftigen Berufsausübung hatte, sich mithin (auch) im Hinblick auf das weitere Erfordernis einer Nichtausübung des Berufes vertragswidrig verhalten hat oder verhalten wird. Unter Berücksichtigung des Fehlens der erforderlichen Verdachtslage und dem nach den getroffenen Feststellungen anzunehmenden - wenn auch nicht mit verwerflichen Mitteln vorgenommenen - nachhaltigen Einwirken des Zeugen A. auf den Kläger stellt sich das Vorgehen der Beklagten als auf die Verschaffung eines Kündigungsgrundes gerichtet und damit unredlich dar.
37
II. Ist danach bereits ein zur Kündigung der Krankentagegeldversicherung berechtigender wichtiger Grund abzulehnen, ist ein solcher erst recht nicht für die darüber hinausgehend erklärte Kündigung der Krankheitskosten - und der Pflegepflichtversicherung gegeben. Auf Weiteres kommt es nicht an.
38
Der III. geltend gemachte Zahlungsanspruch ist von den Vorinstanzen zu Recht abgewiesen worden, soweit der Kläger die Zahlung von Krankentagegeld in Höhe von 383,46 € (drei Tage zu je 127,82 €) für den 7. März, 10. März und 18. März 2005 begehrt. Wegen des Anspruches für April 2005 ist die Sache zurückzuverweisen.
39
1. Der Kläger ist, wie bereits ausgeführt, an den vorgenannten Tagen im März 2005 beruflich tätig geworden. Ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld nach § 1 Abs. 1, 3 RB/KT 94 ist daher insoweit nicht gegeben.
40
a) Der Kläger kann sich in der Revisionsinstanz nicht mit Erfolg auf ein mögliches Beweisverwertungsverbot berufen. Eine in diese Richtung führende Rüge der Revision geht ins Leere.
41
Ob ein derartiges Verbot wegen Eingriffs in ein verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht des Klägers in Betracht kommt, kann dahinstehen , weil der Kläger jedenfalls das Rügerecht nach § 295 Abs. 1 ZPO verloren hat. Wurde bei einer Beweisaufnahme ein unzulässiges Beweismittel verwendet, findet die Bestimmung des § 295 Abs. 1 ZPO grundsätzlich Anwendung (BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 - III ZR 93/82 - VersR 1984, 458 unter II 2; Greger in Zöller, ZPO 26. Aufl. § 295 Rdn. 3, § 286 Rdn. 15a ff.; Prütting in MünchKomm, ZPO 2. Aufl. § 295 Rdn. 2). Anhaltspunkte dafür, dass dies hier nicht anzunehmen ist, bestehen nicht.
42
Prozessbevollmächtigte Der des Klägers hat die Verwertung der Zeugenaussage vor dem Landgericht im Termin am 16. September 2005 nicht gerügt; die Voraussetzungen für einen Rügerechtsverlust sind gegeben. Es begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Angaben des Zeugen A. in seine Überzeugungsbildung mit einbezogen hat.
43
b) Darüber hinaus ist die Berufung der Beklagten darauf, der Kläger sei beruflich tätig geworden und sie folglich nicht leistungspflichtig, unter dem Gesichtspunkt der Geringfügigkeit der ausgeübten Tätigkeiten des Klägers nicht missbräuchlich. Einer - wie dargelegt grundsätzlich in Betracht kommenden - Korrektur nach § 242 BGB bedarf es insoweit nicht. Dies ergibt die bei der Prüfung eines Anspruchs auf Zahlung von Krankentagegeld vorzunehmende Betrachtung. Anders als bei der Prü- fung einer Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung, die eine - für die Zukunft wirkende - Vertragsbeendigung zur Folge hat, kommt es bei einem Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld nur darauf an, ob dieses für konkrete Tage verlangt werden kann oder nicht. Danach stellt sich die Berufsausübung durch den Kläger nicht als derart geringfügig dar, dass es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt ist, insoweit ihre Leistungsfreiheit geltend zu machen.
44
Soweit 2. das Berufungsgericht darüber hinaus einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum vom 1. April bis zum 20. April 2005 in Höhe von 2.556,40 € (20 Tage zu je 127,82 €) abgelehnt hat, kann die Entscheidung mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Auf die Wirksamkeit der Kündigung der Krankentagegeldversicherung kann aus den genannten Gründen nicht abgestellt werden. Das Berufungsurteil ist daher, soweit es den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankentagegeld ab dem 1. April bis zum 20. April 2005 betrifft, aufzuheben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Da die für den Anspruch erforderlichen Tatsachen - aus Sicht der Vorinstanzen folgerichtig - bislang nicht festgestellt worden sind, wird dies unter Berücksichtigung des Parteivortrags und der Beweisangebote nachzuholen sein.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Tübingen, Entscheidung vom 14.10.2005 - 4 O 141/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25.04.2006 - 10 U 238/05 -

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.