Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2013 - IX ZR 235/12
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zur Masse 3.192,05 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. November 2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt als Verwalter in dem am 13. Dezember 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (künftig: Schuldnerin) von der Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung von Versicherungsprämien. Die Beklagte ist Versicherungsmaklerin. Sie vermittelte der Schuldnerin Versicherungsverträge für ihre Fahrzeuge. Da die Schuldnerin die Versicherungsprämien an den Versicherer nicht, wie geschuldet, vierteljährlich, sondern monatlich zahlen wollte, vereinbarte sie mit der Beklagten, dass diese die anteiligen Versicherungsprämien monatlich vom Konto der Schuldnerin einziehen und quartalsweise an die Versicherung weiterleiten sollte. Entsprechend wurde verfahren. Im Streit sind die vom Konto der Schuldnerin eingezogenen Prämien für Juli, August und September 2007 über insgesamt 3.192,05 €.
- 2
- Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 9. November 2007 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Dieser setzte die Beklagte am 16. November 2007 hierüber in Kenntnis. Gleichzeitig genehmigte er gegenüber der Schuldnerbank die Einziehung der Versicherungsprämien für die streitigen Monate, die am 31. Juli 2007, 20. September 2007 und 27. September 2007 vom Konto der Schuldnerin im Lastschriftverfahren abgebucht worden waren. Am 17. Dezember 2007 leitete die Beklagte die Versicherungsprämien an den Versicherer weiter.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anfechtungsanspruch in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat gemeint, es spreche vieles dafür, dass die Beklagte nicht nur bloße Zahlstelle gewesen sei, weil sie nicht nur wie ein Bankinstitut ohne Kenntnis von Einzelheiten zur Abwicklung von Zahlungsvorgängen eingeschaltet gewesen sei, sondern den Vertragszweck gekannt und die Funktion der Prämienansammlung ausgeübt habe.
- 6
- Als anfechtbare Rechtshandlung komme nur die Genehmigung der Einziehung gegenüber der Bank am 16. November 2007 in Betracht. Insoweit sei bereits fraglich, ob eine Rechtshandlung der Schuldnerin vorliege, weil die Genehmigung durch den vorläufigen Verwalter erklärt worden sei. Jedenfalls sei die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO erschüttert, wenn der (zunächst vorläufige) Verwalter zu erkennen gebe, dass er mit dem Zahlungsvorgang einverstanden sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn er hiermit den Zweck verfolge, die notwendige Haftpflichtversicherung für den Weiterbetrieb der Fahrzeuge im Interesse der Masse zu sichern. Hätte er sich die Anfechtung gegenüber der Beklagten vorbehalten, hätte diese die Prämien nicht an den Versicherer weitergeleitet und diesen über die Insolvenz informiert, was mit Sicherheit die Kündigung zur Folge gehabt hätte. Dies habe der Kläger vermeiden wollen und deshalb die Genehmigung vorbehaltslos erklärt. In einem solchen Fall liege kei- ne Kenntnis des Gläubigers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vor.
- 7
- Eine Deckungsanfechtung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den angefochtenen Zahlungen um mittelbare Zuwendungen gehandelt habe, die die Schuldnerin mit Hilfe der Beklagten als Mittelsperson an den Versicherer geleistet habe. Dann sei das gesamte Rechtsverhältnis so anzusehen , als ob nur der Dritte vom Schuldner unmittelbar erworben hätte.
II.
- 8
- Demgegenüber macht die Revision geltend, die Beklagte könne als uneigennützige Treuhänderin Anfechtungsgegnerin nach § 133 Abs. 1 InsO sein, weil sie nicht nur eine bloße Zahlstellenfunktion wahrgenommen habe. Eine Schuldnerhandlung liege schon deshalb vor, weil das Genehmigungsschreiben des Klägers gegenüber der Schuldnerbank vom 16. November 2007 auch vom Geschäftsführer der Schuldnerin unterschrieben gewesen sei. Das Berufungsgericht verkenne, dass § 133 Abs. 1 InsO keinen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Anfechtungsgegners erfordere. Es genüge die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Diese sei hier zu bejahen, weil die Beklagte im Zeitpunkt der Genehmigung Kenntnis vom Insolvenzantrag gehabt habe. Die Genehmigung der Lastschriften sei im Übrigen nicht gegenüber der Beklagten, sondern der Schuldnerbank erfolgt. Der vorläufige Verwalter habe damit gerade den Zweck verfolgt, gegenüber der Beklagten anfechten zu können. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht geschaffen worden. Dass der Versicherer bei entsprechender Information die Versicherungsverträge habe kündigen können, sei unerheblich. Ein hypothetischer Geschehensablauf finde im Insol- venzanfechtungsrecht keine Berücksichtigung. Mit einer Kündigung sei zudem im Hinblick auf eine mögliche Unternehmensfortführung weder zu rechnen gewesen noch habe überhaupt gekündigt werden können. Denn im Zeitpunkt der Weiterleitung der Prämien am 17. Dezember 2007 sei das Insolvenzverfahren bereits eröffnet gewesen.
III.
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- Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Amtsgerichts eine Anfechtbarkeit der Zahlungen an die Beklagte nach § 130 InsO zutreffend verneint.
- 11
- Hat der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat, richtet sich die Deckungsanfechtung allein gegen den Dritten als Empfänger, wenn es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners handelte (BGH, Urteil vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 35; vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 9). Da mittelbare Zuwendungen so zu behandeln sind, als habe der befriedigte Gläubiger unmittelbar von dem Schuldner erworben, finde die Deckungsanfechtung nicht gegenüber dem Leistungsmittler, der als solcher kein Gläubiger des Schuldners ist, sondern allein gegen den Leistungsempfänger statt (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14; vom 26. April 2012, aaO).
- 12
- Die Schuldnerin hat sich im Streitfall neben ihrer Bank auch der Beklagten bedient, um die Versicherungsprämien an den Versicherer zu bezahlen. Für Letzteren war erkennbar, dass es sich um Leistungen der Schuldnerin auf ihre vertraglichen Zahlungspflichten handelte. Eine Anfechtung nach §§ 130, 131 InsO kommt deshalb sowohl gegenüber der Schuldnerbank als auch gegenüber der Beklagten, die beide Leistungsmittler waren, nicht in Betracht. Dass die Beklagte selbst Insolvenzgläubigerin gewesen wäre, etwa weil sie insoweit selbst eigene durchsetzbare Ansprüche gegen die Schuldnerin erworben gehabt hätte , die sie in eigenem Namen hätte geltend machen können, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Die Revision hat gegen die Entscheidung der Vorinstanzen insoweit keine Bedenken erhoben.
- 13
- 2. Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte als zweite Zahlungsmittlerin waren jedoch gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar.
- 14
- a) Die mögliche Deckungsanfechtung gegenüber dem Versicherer als Insolvenzgläubiger schließt die Vorsatzanfechtung gegenüber dem oder den Zahlungsmittlern nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007, aaO Rn. 24 f; vom 26. April 2012, aaO Rn. 14; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, WM 2013, 361 Rn. 14).
- 15
- b) Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von insgesamt 3.192,05 € haben infolge des Vermögensabflusses bei der Schuldnerin eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt.
- 16
- Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, WM 2011, 371 Rn. 12; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, WM 2011, 803 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, WM 2011, 2293 Rn. 6; vom 26. April 2012, aaO Rn. 11).
- 17
- Durch die Genehmigung der Einziehung der Prämien vom Konto der Schuldnerin durch die Beklagte hat sich die Schuldnerin zum Nachteil ihrer Gläubiger finanzieller Mittel entäußert, ohne hierfür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Der zunächst noch bestehende Herausgabeanspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte gemäß §§ 675, 667 BGB ist keine gleichwertige Gegenleistung der abgeflossenen Zahlungsmittel. Allerdings war das Auftragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten nach §§ 115, 116 InsO mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin erloschen. Auch wenn die Beklagte dem Insolvenzverwalter nach § 97 InsO zur Auskunft verpflichtet gewesen wäre, hätten sich Schwierigkeiten dabei ergeben können, den Verbleib der Gelder aufzuklären und zur Masse zurückzuführen. Folglich ist bereits die Weggabe des Geldes durch Genehmigung der Lastschriften für die Gläubiger benachteiligend (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 12).
- 18
- Dies gilt auch, wenn die Zahlung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, ZIP 2013, 371 Rn. 20 mwN; st. Rspr.) oder aus den Mitteln einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung bewirkt wurde (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 11 ff).
- 19
- c) Die für § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Rechtshandlung der Schuldnerin (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff) lag vor.
- 20
- Bei einer Zahlung im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens liegt die anfechtbare Rechtshandlung erst in der Genehmigung der Lastschriftbuchung , nicht bereits in dieser Buchung selbst, weil die Belastung des Kontos bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung bleibt (BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 21; vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 11; vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 10). Die Genehmigung ist durch das gemeinsame Schreiben des Klägers und der Schuldnerin vom 16. November 2007 erteilt worden, das an die Schuldnerbank und damit an den richtigen Adressaten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 115/10, WM 2011, 2130 Rn. 12 mwN) gerichtet war. Die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion der zwischen Schuldnerin und der Schuldnerbank vereinbarten Nr. 7 Abs. 4 AGBSparkassen lagen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor, weil die Frist von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zum 30. September 2007 (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 19) noch nicht abgelaufen war. Der Rechnungsabschluss war der Schuldnerin erst am 8. Oktober 2007 zugegangen.
- 21
- Das Genehmigungsschreiben war zwar auf Briefpapier des Insolvenzverwalters abgefasst, enthielt aber sowohl die Unterschrift des für die Schuldnerin handelnden Geschäftsführers sowie deren Firmendaten, wie auch diejenige des mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie war deshalb wirksam für die Schuldnerin erteilt und ist der Schuldnerbank unstreitig am 19. November 2007 per Telefax zugegangen.
- 22
- Die am 16. November 2007 erteilte Genehmigung war als anfechtbare Rechtshandlung nach der Insolvenzantragstellung vorgenommen worden (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 14; vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 10).
- 23
- d) Die Schuldnerin handelte mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.
- 24
- Der Schuldner handelt mit diesem Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 8; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 32; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 24).
- 25
- Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 15; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 25).
- 26
- Die Schuldnerin hatte am 9. November 2007 Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Bei Erteilung der Genehmigung des Lastschrifteinzuges mit Schreiben vom 16. November 2007 war ihr dies bekannt.
- 27
- e) Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt zudem voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kennt. Dies hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 28
- aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung der Lastschriften Kenntnis vom Insolvenzantrag der Schuldnerin. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder ist er über einen gegen den Schuldner gestellten Eröffnungsantrag unterrichtet, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 153; vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 19 ff; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 21; vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 15; vom 26. April 2012, aaO Rn. 20).
- 29
- bb) Allerdings kann aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Insolvenzantrags nicht in jedem Fall auf die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden.
- 30
- (1) Wird ein Anfechtungsgegner als bloße Zahlstelle des Schuldners tätig und ist er an dem Zahlungsvorgang nur in technischen Funktionen beteiligt, kann auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Insolvenzantrags nicht auf die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes geschlossen werden (BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 21; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, ZIP 2013, 371 Rn. 31 ff; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, InsO, 2. Aufl. § 129 Rn. 49a). Ist der Leistungsmittler in dieser Funktion gesetzlich verpflichtet, von dem Schuldner veranlasste Zahlungsaufträge durchzuführen, kann vielmehr eine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nur unter besonderen Voraussetzungen bejaht werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22 ff; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 30 ff).
- 31
- (2) Die Beklagte war jedoch nicht lediglich als Zahlstelle in diesem Sinne tätig. Sie ist kein Zahlungsdienstleister im Sinne des § 675o Abs. 2 BGB, der zur Ausführung eines Zahlungsauftrags der Schuldnerin im Sinne dieser Vorschrift verpflichtet gewesen wäre. Aufgrund Vereinbarung mit der Schuldnerin hatte sie sich bereit erklärt und verpflichtet, monatlich die anteiligen Versicherungsbeiträge bei der Schuldnerin einzuziehen, zu sammeln und bei Fälligkeit quartalsweise an den Versicherer weiterzuleiten. Die hier streitgegenständlichen Abbuchungen erfolgten am 31. Juli 2007, 20. September 2007 und 27. September 2007, die Weiterleitung an die Versicherung erst am 17. Dezember 2007.
- 32
- Die Beklagte hat damit bei der Befriedigung des Versicherers eine eigene maßgebliche Rolle übernommen, die die Zahlung der Versicherungsbeiträge sicherstellen sollte. Damit verfolgte die Beklagte, welche die Versicherungsver- träge vermittelt hatte, offensichtlich auch eigene Interessen, jedenfalls aber Interessen der Schuldnerin. Im anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung wusste die Beklagte nicht nur vom Insolvenzantrag, sondern auch von der durch die Genehmigung der Abbuchung eintretenden Gläubigerbenachteiligung. Die Beklagte kannte auch die näheren Umstände. Sie wusste, dass die Zahlung nicht etwa zur Befriedigung eines insolvenzfest gesicherten Gläubigers verwendet oder ein solches Sicherungsrecht abgelöst werden sollte. Eine Zahlung aus unpfändbarem Vermögen kam schon im Hinblick auf die Rechtsform der Schuldnerin nicht in Betracht; ebenso wenig konnte unter dem Gesichtspunkt der Deckungsanfechtung ein Bargeschäft vorliegen, schon weil es hier am unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung fehlte (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 30 ff; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, nv Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, ZIP 2012, 333 Rn. 25 ff).
- 33
- Die Beklagte nahm einen erheblichen eigenen Handlungsspielraum in Anspruch. Sie war dadurch selbst in die Gläubigerbenachteiligung eingebunden. Dies zeigen sowohl die Abbuchungszeitpunkte wie der Umstand, dass die Prämie für Juli, August und September 2007 schließlich erst am 17. Dezember 2007 an den Versicherer weitergeleitet wurden. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass sie das eingezogene Geld als Treugut aussonderungsfähig auf einem nachweisbar ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenem Geld bestimmten Konto angelegt gehabt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - III ZR 422/04, ZIP 2005, 1465, 1466; vom 10. Februar 2011 - IX ZR 49/10, BGHZ 188, 317 Rn. 13). Die abgebuchten Beträge waren in ihr eigenes Vermögen übergegangen.
- 34
- Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 13. Dezember 2007 war das Auftragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten gemäß §§ 115, 116 InsO erloschen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 12). Dies hinderte die Beklagte als Vollrechtsinhaberin allerdings nicht gemäß § 81 InsO, wirksam zu Gunsten des Versicherers zu verfügen (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZR 213/11, WM 2012, 1496 Rn. 10 mwN). Aus denselben Gründen stand auch § 91 InsO einem Rechtserwerb des Versicherers nicht entgegen. Der Umstand, dass die Beklagte, nachdem sie am 16. November 2007 von der Einleitung des Insolvenzeröffnungsverfahrens erfahren hatte, noch über einen Monat zuwartete, bis sie das Geld an den Versicherer weiterleitete , zeigt abermals ihre weitreichende eigenständige Handlungsbefugnis. Es besteht deshalb keine Veranlassung, ihre bestehende Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin durch eine einschränkende Auslegung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO unberücksichtigt zu lassen.
- 35
- 3. Die Anfechtung gegenüber der Beklagten hindert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Umstand, dass der Kläger der Genehmigung der Abbuchungen der Beklagten vom Konto der Schuldnerin zugestimmt hat. Dadurch wurde kein der Anfechtung entgegenstehender Vertrauenstatbestand für die Beklagte begründet.
- 36
- Der vorläufige Insolvenzverwalter ohne allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hat keine an den endgültigen Insolvenzverwalter derart angenäherte Rechtsstellung, dass er Rechtshandlungen des Schuldners, denen er zugestimmt hat, als Insolvenzverwalter nicht anfechten könnte. Die Anfechtung ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn der vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauens- tatbestand gesetzt hat und der Empfänger der Leistung demzufolge nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283, 286; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 161/11, ZIP 2013, 528 Rn. 17 mwN).
- 37
- Ein schutzwürdiges Vertrauen in diesem Sinne hat der Kläger als vorläufiger Verwalter gegenüber der Beklagten nicht begründet. Er hat lediglich der Genehmigung der Abbuchung durch die Schuldnerin gegenüber ihrer Bank zugestimmt. Daraus kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die Bank war ihrerseits lediglich als Zahlungsmittlerin eingeschaltet. Dass ihr gegenüber die Abbuchungen der im Lastschriftverfahren eingezogenen Beträge genehmigt wurden, schließt die Anfechtung gegenüber der Zahlungsempfängerin nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, aaO Rn. 25; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, aaO Rn. 14), auch wenn diese wie hier ihrerseits Leistungsmittlerin ist, die die Zahlungen erneut weiterleitet.
- 38
- Die Ausübung des Anfechtungsrechts stellt sich damit auch nicht als treuwidriges Verhalten des Klägers gegenüber der Beklagten dar.
- 39
- 4. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ändert an der Anfechtbarkeit der Zahlung auch nichts der Umstand, dass der Versicherer bei Nichtzahlung der Prämien womöglich gekündigt hätte.
- 40
- Hypothetische Geschehensabläufe sind schon dem Grunde nach gemäß ständiger Rechtsprechung des Senats im Rahmen des Anfechtungsrechts nicht berücksichtigungsfähig (BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397, 401; vom 29. September 2005 - IX ZR 184/04, ZIP 2005, 2025, 2026; vom 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084 Rn. 15).
- 41
- Davon abgesehen hat das Berufungsgericht keine entsprechenden Feststellungen getroffen, sondern lediglich Vermutungen angestellt, die nicht einmal nahe liegen. Bis zur Weiterleitung des Geldes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Versicherer noch nicht gekündigt. Selbst eine Mahnung ist nicht vorgetragen oder festgestellt. Eine Kündigung hätte jedenfalls erst erhebliche Zeit nach Eröffnung erfolgen können. Für den Fall der Fortführung des Schuldnerunternehmens hätte dann aber eher ein Erfüllungsverlangen des Klägers nach § 103 InsO nahegelegen, was die Prämien anteilig ab dem Zeitpunkt der Eröffnung zu Masseverbindlichkeiten gemacht hätte, für deren Erfüllung der Kläger nach § 61 InsO einzustehen gehabt hätte. Die Prämienforderungen für die Zeit vor Eröffnung wären zu Insolvenzforderungen geworden (vgl. § 105 Satz 1 InsO), woran sich vom Versicherer auch nichts mehr ändern ließ. Deshalb hätte es eher nahegelegen, dass der Versicherer den Kläger zur Erklärung nach § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgefordert hätte.
- 42
- 5. Auf Entreicherung kann sich die Beklagte nicht berufen (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 30 ff). Dies macht sie in der Revision auch nicht mehr geltend.
- 43
- Den Eintritt der Verjährung hat das Berufungsgericht bei rechtzeitiger Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags zutreffend gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB verneint. Hiergegen erinnert die Revision ebenfalls nichts.
IV.
- 44
- Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte ist antragsgemäß zu verurteilen.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 23.03.2012 - 1 C 4707/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 12.09.2012 - 13 S 70/12 -
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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.
(3) Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.
Hat sich jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag mit dem Schuldner verpflichtet, ein Geschäft für diesen zu besorgen, so gilt § 115 entsprechend. Dabei gelten die Vorschriften für die Ersatzansprüche aus der Fortsetzung der Geschäftsbesorgung auch für die Vergütungsansprüche. Satz 1 findet keine Anwendung auf Zahlungsaufträge sowie auf Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen und Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren; diese bestehen mit Wirkung für die Masse fort.
(1) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden.
(2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.
(3) Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Lehnt der Zahlungsdienstleister die Ausführung oder Auslösung eines Zahlungsauftrags ab, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der Fristen gemäß § 675s Abs. 1 zu unterrichten. In der Unterrichtung sind, soweit möglich, die Gründe für die Ablehnung sowie die Möglichkeiten anzugeben, wie Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit sie gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen würde. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag ein Entgelt für den Fall vereinbaren, dass er die Ausführung eines Zahlungsauftrags berechtigterweise ablehnt.
(2) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist nicht berechtigt, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen, wenn die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt.
(3) Für die Zwecke der §§ 675s, 675y und 675z gilt ein Zahlungsauftrag, dessen Ausführung berechtigterweise abgelehnt wurde, als nicht zugegangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, 1. an die Klägerin 50.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. März 2002 zu zahlen , 2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Zinserträge er auf die Hauptforderung vereinnahmt hat.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 30. März 2001 er öffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH, vormals R. GmbH. Die Schuldnerin war mit zwei anderen Unternehmen, der H. W. oHG und der J. Sch. GmbH, Mitglied der zur Durchführung von Erd- und Straßenbauarbeiten im Auftrag der Klägerin gegründeten BGB-Gesellschaft "Arbeitsgemeinschaft Gewerbeerschließung U. L. " - nachfolgend Gesellschaft oder Arge. Die kaufmännische Geschäftsführung, zu der auch die Eröffnung eines Bankkontos für die Arge bei der Volksbank S. gehörte (§ 8 Nr. 4.2 und § 9 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags), und die Vertretung der Gesellschaft in kaufmännischen Belangen wurden der Schuldnerin übertragen. Zur Verfügung über das Konto waren je ein Vertreter der Schuldnerin und der H. W. oHG gemeinschaftlich befugt. Nach § 16 Nr. 1.1 des Gesellschaftsvertrags konnte ein Gesellschafter durch Erklärung der anderen Gesellschafter ausgeschlossen werden, wenn er die Zahlungen einstellte oder über sein Vermögen das Konkurs - oder Vergleichsverfahren beantragt worden war. Bei Eröffnung des Konkurs - oder Vergleichsverfahrens war ein sofortiges Ausscheiden des Gesellschafters vorgesehen (§ 16 Nr. 2). In allen Fällen des Ausscheidens sollte die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt werden (§ 16 Nr. 4).
Die spätere Schuldnerin eröffnete am 28./29. April 2 000 unter ihrer Firmenbezeichnung und der Objektbezeichnung "wg. Arge I. " ein Konto in laufender Rechnung bei der Volksbank S. . Zahlungen der Klägerin an die Gesellschaft erfolgten auf dieses Konto, wobei jeweils die Arge als Zahlung-
sempfängerin angegeben war. Die der Schuldnerin selbst zustehenden Leistungen wurden hiervon auf ein anderes Konto überwiesen.
Unter dem 12. Februar 2001 erstellte die Arge zwei A bschlagsrechnungen , auf die insgesamt 1.370.155,18 DM zu zahlen waren. Nachdem das Amtsgericht am 21. Februar 2001 auf Antrag der Schuldnerin die vorläufige Insolvenzverwaltung über deren Vermögen angeordnet hatte, beschlossen die übrigen Gesellschafter am 27. Februar 2001, die kaufmännische Geschäftsführung der Gesellschaft auf die H. W. oHG zu übertragen und von dieser ein neues Konto für die Arge bei der C. bank einrichten zu lassen. Der Klägerin wurde der Beschluß mit Schreiben vom selben Tage übermittelt, verbunden mit der Bitte, ab sofort sämtliche Zahlungen auf das neue Konto zu leisten. Offenbar aufgrund eines Versehens überwies die Klägerin trotzdem der Gesellschaft noch am 9. März 2001 die geforderten 1.370.155,18 DM auf das bisherige Geschäftskonto bei der Volksbank S. . Der Verwalter zog den bei Insolvenzeröffnung noch ungekürzt vorhandenen Betrag zur Insolvenzmasse.
In einem vorausgegangen Rechtsstreit (303 O 271/01 LG H amburg) nahm die Arge daraufhin die Klägerin erfolgreich auf nochmalige Zahlung des Werklohns in Anspruch. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht trat die Gesellschaft etwaige eigene Aussonderungsansprüche gegen den Insolvenzverwalter an die Klägerin dieses Prozesses ab. Hierauf gestützt verlangt diese im vorliegenden Verfahren Zahlung eines Teilbetrags von 50.000 € sowie Auskunft darüber, welche Zinserträge der Beklagte auf die Hauptforderung vereinnahmt habe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat - soweit noch von Interesse - ausg eführt:
Zwischen der Arge und der früheren R. GmbH als Inhaberin des Kontos habe zwar nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags eine Verwaltungstreuhand bestanden, die grundsätzlich zur Aussonderung aus der Insolvenzmasse berechtige. Hiervon sei jedoch nicht die am 9. März 2001 veranlaßte Zahlung der Klägerin umfaßt. Zweifelhaft sei schon, ob eine - wie die Verurteilung der hiesigen Klägerin im Vorprozeß zeige - ersichtlich zur Erfüllung eines der Arge zustehenden Anspruchs ungeeignete und dieser daher im Endergebnis nicht zustehende Zahlung überhaupt Treugut habe werden können. So könnte schon der Zusammenhang zwischen § 9 Nr. 3 mit § 9 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags, wonach die von der Auftraggeberin eingehenden Zahlungen unverzüglich an die empfangsberechtigten Gesellschafter zu überweisen seien, eine Auslegung der Treuhandabrede nahelegen, daß nur die letztlich der Arge auch gebührenden Leistungen treuhänderisch gebunden sein sollten. Bei Annahme eines sich auch auf Fehlzahlungen erstreckenden Treu-
gutbegriffs sehe sich außerdem der Treuhänder sowohl dem Herausgabeanspruch des Treugebers als auch einem Bereicherungsanspruch des Leistenden ausgesetzt. Letztlich könne dies jedoch dahinstehen. Denn hinsichtlich der nach dem 27. Februar 2001 neu eingehenden Zahlungen sei schon grundsätzlich mit der Übertragung der kaufmännischen Geschäftsführung auf die Firma W. das Treuhandverhältnis zwischen der Arge und ihrer zuvor geschäftsführenden Gesellschafterin beendet worden, so daß die nach dem 9. März 2001 auf dem streitgegenständlichen Konto eingegangene Zahlung der Klägerin bereits deshalb nicht mehr der treuhänderischen Bindung unterworfen gewesen sei. Allenfalls zu diesem Zeitpunkt veranlaßte, aber noch nicht eingegangene Leistungen könnten zwecks Abwicklung noch unmittelbar unter die Treuhandabrede fallen. Zur Entgegennahme später irrtümlich veranlaßter Zahlungen sei die Treuhänderin hingegen von der Arge nicht mehr ermächtigt gewesen. Es sei zwar denkbar, der ursprünglichen Treuhandabrede eine nachwirkende Pflicht dahin zu entnehmen, jedenfalls während eines engen und der Beendigung des Treuhandverhältnisses unmittelbar nachgehenden Zeitraums offenkundige "Irrläufer" ebenfalls noch als Treugut zu behandeln und nicht zum Eigengut zu nehmen. Eine derartige Verpflichtung wäre jedoch - im Sinne einer drittschützenden Auslegung der Treuhandabrede - allein gegenüber dem Einzahler anzunehmen. Die Klägerin habe ihr Klagebegehren indessen nicht auf ein eigenes, sondern lediglich auf ein abgetretenes Recht der Arge gestützt.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung i n entscheidenden Punkten nicht stand.
1. Die Revision nimmt hin, daß das Berufungsgericht als Inhaberin des bei der Volksbank S. eröffneten Girokontos die spätere Insolvenzschuldnerin und nicht die Arge selbst ansieht. Das ist aus Rechtsgründen ebensowenig zu beanstanden wie die weitere Auslegung des Oberlandesgerichts, die Schuldnerin habe dieses Konto nach Lage der Dinge als uneigennützige Treuhänderin für die Arge geführt. Auch die Revisionserwiderung wendet sich dagegen nicht.
2. Ein im Rahmen einer uneigennützigen (Verwaltungs-)Treuhand eingerichtetes Sonderkonto berechtigt den Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders zur Aussonderung gemäß § 47 InsO und in der Einzelzwangsvollstrekkung zum Widerspruch nach § 771 ZPO. Dafür ist nicht einmal eine Publizität des Treuhandkontos wie bei einem Anderkonto zwingend erforderlich (BGHZ 61, 72, 79; BGH, Urteil vom 1. Juli 1993 - IX ZR 251/92 - NJW 1993, 2622; Urteil vom 8. Februar 1996 - IX ZR 151/95 - NJW 1996, 1543). Notwendig ist lediglich , daß das Konto offen ausgewiesen oder sonst nachweisbar ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02 - NJW-RR 2003, 1375, 1376). In diesem Fall erstreckt sich das Treuhandverhältnis auch auf von dritter Seite eingegangene Zahlungen, sofern die ihnen zugrundeliegenden Forderungen nicht in der Person des Treuhänders, sondern unmittelbar in der Person des Treugebers entstanden sind (BGHZ 155, 227, 231; BGH, Urteil vom 7. April 1959 - VIII ZR 219/57 - NJW 1959, 1223, 1225; Urteil vom 19. November 1992 - IX ZR 45/92 - NJW-RR 1993, 301; Urteil vom 1. Juli 1993 aaO).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Auf die vom Beruf ungsgericht aufgeworfene Frage, ob die auf ein derartiges Konto eingegangenen Zahlungen Dritter im Innenverhältnis auch dem Treugeber gebühren und inwieweit es sich dabei überhaupt um zur Erfüllung geeignete Leistungen handelt, kommt es - soweit die Parteien keine andere Bestimmung getroffen haben - nicht an. Dem könnte im vorliegenden Fall schon entgegenstehen, daß das streitgegenständliche Treuhandkonto in laufender Rechnung geführt wurde, die eingestellten Einzelforderungen daher mit ihrer Verrechnung und dem nachfolgenden Saldoanerkenntnis erloschen sind und an deren Stelle jeweils neue, vom Schuldgrund losgelöste Forderungen auf den Überschuß traten (vgl. BGHZ 80, 172, 176; 150, 122, 128 f.). Mindestens nach Ablauf der nächsten Rechnungsperiode , im Streitfall monatlich, müßte die vom Berufungsgericht für möglich gehaltene, wenn auch letzten Endes unentschieden gelassene Differenzierung auf rechtliche Schwierigkeiten stoßen. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat allerdings bei der Überweisung des Erlöses massefremder Gegenstände auf ein im Kontokorrent geführtes allgemeines Bankkonto des Konkursverwalters eine Ersatzaussonderung für möglich gehalten (BGHZ 141, 116, 120 ff.). Ob sich diese Erwägungen auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen lassen, muß nicht entschieden werden. Ein solch enges Verständnis des Treuguts würde jedenfalls nicht nur schwer erträgliche Unsicherheiten in die rechtliche Beurteilung hineintragen, sondern auch den Treuhandcharakter des Kontos insgesamt in Frage stellen; denn auf ihrer Grundlage stände zu befürchten , daß auch bei anderen Fehlern in der Zahlungsabwicklung wie versehentlichen Über- oder Doppelzahlungen die treuhänderisch gebundenen Gelder mit eigenem Vermögen des Treuhänders unzulässig vermischt würden. Der vom Bundesgerichtshof bisher nicht aufgegebene Unmittelbarkeitsgrundsatz bei Treuhandverhältnissen (vgl. BGHZ 155, 227, 231) verlangt eine derart ein-
schränkende Auslegung des Treugutbegriffs bei Drittzahlungen nicht. Auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf den Zusammenhang zwischen § 9 Nr. 3 und Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags gibt für einen abweichenden Parteiwillen im Streitfall nichts her. Das kann der Senat selbst entscheiden, da das Berufungsgericht insoweit eine abschließende Auslegung unterlassen hat. Der vom Oberlandesgericht außerdem herausgestellten Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Treuhänders hätte dieser hier unschwer durch Weiterleitung der erhaltenen Leistungen an die Gesellschaft als der von der Klägerin letztlich bestimmten Empfängerin entgehen können.
3. Mangels abweichender Parteivereinbarungen bedeutet ferner das Ende des Treuhandvertrags nicht ohne weiteres - und auch ohne Berücksichtigung der Besonderheiten eines Kontokorrentkontos - zugleich eine Beendigung der treuhänderischen Bindung für die Kontoforderung; das sieht das Berufungsgericht im Ansatz nicht anders. Das Treuhandkonto ist jetzt vielmehr abzurechnen und der Saldo, soweit er dem Treugeber gebührt, an diesen herauszugeben (§ 667 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Treugeber im Zweifel - Gegenteiliges ist hier weder festgestellt noch vorgetragen - ein vordringliches Interesse an einer Fortdauer der Bindungswirkung und dem damit einhergehenden Schutz vor Zugriffen von Gläubigern des Treuhänders, während dieser entsprechend nachvertraglich zur Entgegennahme und Weiterleitung später eingehender Zahlungen verpflichtet ist. Das liegt, soweit es sich um ein bei Beendigung des Treuhandvertrags vorhandenes und an den Treugeber noch nicht ausgekehrtes Guthaben handelt, auf der Hand, gilt aber nicht weniger für danach noch erlangte, für den Treugeber bestimmte Gutschriften. Eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung, je nachdem, ob die auf dem Konto verbuchten Beträge im Innenverhältnis auch dem Treugeber zustehen oder ob die Zah-
lung ihm gegenüber Erfüllungswirkung hat, verbietet sich auch nach Vertragsbeendigung aus den oben dargestellten Gründen. Auf die Angriffe der Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, daß das Treuhandverhältnis zwischen der früheren geschäftsführenden Gesellschafterin und der Arge mit der Übertragung der Geschäftsführung auf einen anderen Gesellschafter beendet gewesen sei, kommt es deswegen nicht an.
III.
Hiernach kann das angefochtene Urteil nicht bestehenblei ben. Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Klägerin steht ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu. Daß das streitgegenständliche Konto bei der Gutschrift des unter dem 9. März 2001 von der Klägerin überwiesenen Betrags zwischen den Gesellschaftern der Arge noch nicht endgültig abgerechnet war und darum fortdauernd noch der treuhänderischen Bindung unterlag, ergibt sich schon aus dem unstreitigen Umstand, daß die Arge in einer weiteren Rechnung vom 21. März 2001 zunächst ihre Abschlagsrechnungen vom 12. Februar 2001 als gezahlt verbucht hatte. Auf dieser Feststellung des Landgerichts im Vorprozeß baut das vom Beklagten selbst im Rechtsstreit vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. B. vom 17. September 2002 auf, ohne daß der Beklagte diese Tatsache in Zweifel gezogen hätte. Es besteht auch kein Anhalt dafür, daß sich bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens an dem Treuhandcharakter des Kontos sonst etwas geändert haben sollte.
Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB. Auskunft ü ber die vom Beklagten außerdem vereinnahmten Zinsbeträge kann die Klägerin nach §§ 666, 713, 398 BGB verlangen.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.
(3) Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.
Hat sich jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag mit dem Schuldner verpflichtet, ein Geschäft für diesen zu besorgen, so gilt § 115 entsprechend. Dabei gelten die Vorschriften für die Ersatzansprüche aus der Fortsetzung der Geschäftsbesorgung auch für die Vergütungsansprüche. Satz 1 findet keine Anwendung auf Zahlungsaufträge sowie auf Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen und Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren; diese bestehen mit Wirkung für die Masse fort.
(1) Hat der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Gegenstand der Insolvenzmasse verfügt, so ist diese Verfügung unwirksam. Unberührt bleiben die §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen. Dem anderen Teil ist die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse zurückzugewähren, soweit die Masse durch sie bereichert ist.
(2) Für eine Verfügung über künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge gilt Absatz 1 auch insoweit, als die Bezüge für die Zeit nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens betroffen sind. Das Recht des Schuldners zur Abtretung dieser Bezüge an einen Treuhänder mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger bleibt unberührt.
(3) Hat der Schuldner am Tag der Eröffnung des Verfahrens verfügt, so wird vermutet, daß er nach der Eröffnung verfügt hat. Eine Verfügung des Schuldners über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes nach der Eröffnung ist, unbeschadet der §§ 129 bis 147, wirksam, wenn sie am Tag der Eröffnung erfolgt und der andere Teil nachweist, dass er die Eröffnung des Verfahrens weder kannte noch kennen musste.
(1) Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse können nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt.
(2) Unberührt bleiben die §§ 878, 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen und § 20 Abs. 3 der Schiffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH & Co. KG, das auf Antrag vom 17. Dezember 2002 am 1. März 2003 eröffnet wurde.Am 15. November 2002 trat die schon zahlungsunfähige Sch uldnerin alle ihr noch zustehenden Forderungen aus einem Vertrag mit dem Landkreis Soltau-Fallingbostel über Elektroarbeiten an einer Schule an das beklagte Land ab. Die Abtretung wurde dem Drittschuldner angezeigt. Am 4. Dezember 2002 stundete das beklagte Land der Schuldnerin Umsatzsteuer, Verspätungszuschlag hierauf, Zinsen und Säumniszuschläge aus dem Zeitraum von November 2001 bis Oktober 2002 in einer Gesamthöhe von 14.380,33 €. Die Stundung erfolgte "gegen Sicherheitsleistung vom 15.11.02 an bis zur Auszah-
lung der abgetretenen Forderung durch den Landkreis". Bis zum 18. Dezember 2002 erhöhte sich der gestundete Betrag auf 19.884,57 €. Der Drittschuldner zahlte lediglich 16.353,09 €. Daraufhin widerrief das beklagte Land die Stundung des übersteigenden Betrages von 3.531,48 €.
Der Kläger hat die Forderungsabtretung in Höhe von 1 6.353,09 € als inkongruente Deckung angefochten. Die Vorinstanzen haben der auf Wertersatz gerichteten Zahlungsklage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg; die Anfechtungsklage ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidu ng ausgeführt : Der geltend gemachte Zahlungsanspruch sei gegeben, weil die Abtretung innerhalb der Frist des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO und zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden sei, in dem die Schuldnerin objektiv zahlungsunfähig gewesen sei. Die gewährte Deckung sei inkongruent. Allerdings habe bei Abschluss des Abtretungsvertrages gegen die Schuldnerin eine fällige Steuerforderung des beklagten Landes bestanden. Der Anspruch sei jedoch auf Erfüllung durch Zahlung gerichtet gewesen. Auf die Abtretung der Forderung erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt habe das beklagte Land keinen Anspruch gehabt. Die
Stundung der Steuerforderung nach § 222 AO stehe dem nicht entgegen. Zum einen sei die Stundung erst nach der Abtretung erfolgt. Zum anderen gewähre § 222 Satz 2 AO keinen unmittelbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung. Die Vorschrift hindere die Finanzbehörden im Rahmen der nach § 222 Satz 1 AO zu treffenden Ermessensentscheidung nicht daran, einer Insolvenzlage Rechnung zu tragen.
II.
Das Berufungsgericht hat die Abtretung der Werklohnfor derung der Schuldnerin an das beklagte Land mit Recht als nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar angesehen.
1. Die Abtretung vom 15. November 2002 liegt, weil d er Eröffnungsantrag am 17. Dezember 2002 gestellt wurde, innerhalb der Frist des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Die Schuldnerin war im Zeitpunkt der Abtretung objektiv zahlungsunfähig. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.
2. Die Abtretung ist auch inkongruent im Sinne von § 1 31 Abs. 1 InsO. Denn sie hat dem beklagten Land eine Sicherung gewährt, die es in dem Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 Abs. 1 InsO) nicht zu beanspruchen hatte. Gemäß § 222 Satz 1 und 2 AO konnte das beklagte Land zwar sein Ermessen dahin ausüben, dass es die Steuerschuld nur gegen Sicherheitsleistung stundete. Denn die in § 222 Satz 1 AO eingeräumte Möglichkeit, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise zu stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner
bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint , soll nach § 222 Satz 2 AO in der Regel nur "gegen Sicherheitsleistung" gewährt werden. Worin diese Sicherheitsleistung bestehen kann, lässt die Bestimmung offen. Danach stand dem beklagten Land wenn überhaupt, so jedenfalls kein Anspruch auf eine bestimmte Sicherheit und somit auch kein Anspruch auf die Forderung gegen den Landkreis Soltau-Fallingbostel zu.
a) Die Behandlung der Sicherheitsleistung gemäß § 222 Satz 2 AO als inkongruent entspricht - soweit ersichtlich - einhelliger Auffassung in der Literatur (vgl. FK-InsO/Dauernheim, 3. Aufl. § 131 Rn. 21; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 130 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 23; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 131 Rn. 24; zur Konkursordnung s. ferner Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 223; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 30 Rn. 53). Soweit App (NJW 1985, 3001, 3003) von der Revision als Vertreter einer Gegenmeinung zitiert wird, ist dies nicht richtig. App stellt lediglich die Gläubigerbenachteiligung durch die für eine Stundung von den Finanzbehörden geforderte Sicherheitsleistung in Frage, wenn die andernfalls durchgeführte Vollstreckung nicht zur vollständigen Zahlung der fälligen Steuern geführt, etwa den Unternehmenszusammenbruch ausgelöst hätte und selbst anfechtbar gewesen wäre.
Im übrigen sind die Ausführungen von App nicht auf den hier vorliegenden Fall zugeschnitten, dass die Abtretung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Steuerschuldner bereits zahlungsunfähig ist. In diesem Fall wird den Gläubigern durch die Zession ein gegebenenfalls werthaltiges Zugriffsobjekt entzogen. Daher ist die Gläubigerbenachteiligung auch nach der Auffassung von App hier nicht zu bezweifeln.
b) Da die Absprache zwischen dem beklagten Land und der Schuldnerin in die Drei-Monats-Frist des § 131 InsO und damit in die kritische Zeit fällt, ist sie unabhängig davon inkongruent, ob die Vereinbarung inhaltlich als Gewährung einer Sicherheit oder als die Einräumung einer Ersetzungsbefugnis auszulegen ist.
aa) War die Abtretung als Einräumung einer Sicherhei tsleistung zu verstehen , wurde dem beklagten Land nachträglich eine Sicherheit gewährt, auf die es keinen Anspruch hatte und die deshalb inkongruent ist (vgl. MünchKomm -InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 23; Uhlenbruck/Hirte, aaO § 131 Rn. 24, 26).
bb) War die Schuldnerin aufgrund der Vereinbarung vo m 15. November 2002 ermächtigt, sich durch eine andere als die eigentlich geschuldete Leistung zu befreien, stand ihr also eine Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) zu, gilt im Ergebnis nichts anderes. Zwar ist eine Leistung nicht schon deshalb inkongruent, weil der Schuldner von einer Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht, obschon der Gläubiger keinen Anspruch auf die ersetzende Leistung hat (vgl. BGHZ 70, 177, 183 f). Unverdächtig ist in diesem Fall aber nur die vor der kritischen Zeit getroffene Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis (vgl. BGHZ aaO; Jaeger/Henckel, aaO § 30 Rn. 213; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl. § 131 Rn. 9). An einer in unkritischer Zeit getroffenen Vereinbarung fehlt es im vorliegenden Fall. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der angeblichen "ständigen Praxis" der Finanzverwaltung (vgl. dazu unter c aa).
cc) Bei dem von der Revision aufgegriffenen Einwand, oh ne die Stundung gegen Sicherheitsleistung hätte sich die Zugriffslage der Gläubiger im
Endergebnis nicht anders dargestellt, handelt es sich um eine hypothetische und deshalb unzulässige Betrachtung (vgl. BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, WM 2005, 1712, 1714; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 63). Im Übrigen ist sie auch unzutreffend. Wenn die Schuldnerin ihre Kundenforderung nicht an das beklagte Land abgetreten hätte, wäre sie Bestandteil der Masse geworden. Die Frage, ob die Abtretung gegen Stundung auch dann anfechtbar wäre, wenn sich das beklagte Land durch Aufrechnung hätte befriedigen können (§§ 94, 95 InsO), stellt sich nicht. Eine Aufrechnung war mangels Gegenseitigkeit der beiderseitigen Forderungen nicht möglich.
c) Der besondere Umstand, dass die Stundung durch die Fi nanzbehörde gewährt wurde, weil die Schuldnerin ihrerseits einen Zahlungsanspruch gegen einen Träger öffentlicher Gewalt, nämlich den Landkreis Soltau-Fallingbostel geltend machen konnte, steht der Anfechtbarkeit der Abtretung nicht entgegen.
aa) Das Vorbringen der Revision, dass die Gewährung von Stundungen in derartigen Fällen einer dauerhaft geübten Praxis der Finanzverwaltung entspricht , mag zutreffen. Es kann für die Revisionsinstanz auch unterstellt werden , dass die Finanzbehörden in der Ausübung ihres Ermessens insoweit gebunden sein können, wenn der Steuerschuldner noch nicht insolvenzreif ist. Die Revision vernachlässigt indes, dass die Finanzbehörden im Streitfall den Zahlungsaufschub zunächst nicht gegen, sondern ohne Sicherheit gewährt und die Sicherheit erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin verlangt haben. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bestand kein Anspruch der Schuldnerin mehr, einen Stundungsantrag Zug um Zug gegen Abtretung einer werthaltigen Kundenforderung durchzusetzen. Ihre organschaftlichen Vertreter hatten vielmehr ohne schuldhaftes Zögern die Eröffnung des Insolvenzverfah-
rens zu beantragen (vgl. § 130a Abs. 1 Satz 2 und 3, § 161 Abs. 2, § 177a Satz 1 HGB). Im Übrigen ist der Schluss, aus dem Rechtsanspruch auf Stundung folge zugleich die Kongruenz der Deckung, auch deshalb nicht zutreffend , weil § 222 Satz 2 AO - wie dargelegt - keinen Anspruch auf eine bestimmte Sicherheit gewährt. bb) Auf die von der Revision herausgestellte weitere Be sonderheit, dass die Schuldnerin laufende Umsatzsteuern entrichten sollte, die aus öffentlichen Aufträgen herrührten, während die Zahlungen durch die öffentliche Hand nur schleppend erfolgten, kommt es hierbei ebenfalls nicht an. Selbst wenn einem Stundungsbegehren aus dem Gesichtspunkt einer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebotenen "Verrechnungsstundung" (im weiteren Sinne) auch ohne Identität der Aufrechnungsbeteiligten entsprochen werden müsste, weil das Beharren der Finanzbehörden auf der juristischen Trennung beim Steuerpflichtigen auf Unverständnis stieße, ist für die Ermessensreduzierung auf Null in diesem Sonderfall kein Raum mehr, nachdem der Steuerschuldner zahlungsunfähig geworden ist. Nach den handelsrechtlichen Bestimmungen darf der organschaftliche Vertreter der Schuldnerin ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich nicht mehr zahlen (vgl. § 130a Abs. 2 Satz 1, § 161 Abs. 2, § 177a Satz 1 HGB). Unter das Zahlungsverbot fällt auch die Hingabe von Sachen und Rechten ohne hinreichende Gegenleistung (vgl. Baumbauch/Hopt, HGB 31. Aufl. § 130a Rn. 9). Sinn und Zweck des mit der Ersatzpflicht des organschaftlichen Vertreters bewehrten Zahlungsverbots ist es, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine ihr nachteilige bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (vgl. BGHZ 143, 184, 186 zu § 64 Abs. 2 GmbHG; Baumbach/Hopt, aaO). Nach der Person des Drittschuldners wird in § 130a Abs. 2, § 161 Abs. 2, § 177a Satz 1 HGB nicht unterschieden.
Wenn die Finanzbehörden eine Stundung bei anfechtbarer Annahme einer angebotenen Sicherheit ablehnen, kann darin keine "erhebliche Härte" im Sinne des § 222 AO liegen. Stundungsvereinbarungen gegen Abtretung werthaltiger
Ansprüche begründen deshalb, wenn sie in der kritischen Zeit getroffen werden , generell den Verdacht einer krisenbedingten Vermögensverschiebung und sind vom Anwendungsbereich des § 131 InsO nicht auszunehmen.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.
(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.
Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.
Sind die geschuldeten Leistungen teilbar und hat der andere Teil die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits teilweise erbracht, so ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrag seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger, auch wenn der Insolvenzverwalter wegen der noch ausstehenden Leistung Erfüllung verlangt. Der andere Teil ist nicht berechtigt, wegen der Nichterfüllung seines Anspruchs auf die Gegenleistung die Rückgabe einer vor der Eröffnung des Verfahrens in das Vermögen des Schuldners übergegangenen Teilleistung aus der Insolvenzmasse zu verlangen.
(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.
(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.