Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2005 - V ZR 106/04

bei uns veröffentlicht am03.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 106/04 Verkündet am:
3. Juni 2005
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ermöglicht der Besitz einer Sache deren Nutzung, so ist eine auf Zahlung des objektiven
Ertragswerts der Sache gerichtete Klage des Eigentümers für die Zeit ab Bösgläubigkeit
des Besitzers oder Rechtshängigkeit der Herausgabeklage unabhängig
davon schlüssig, wie der Besitzer die Sache genutzt hat. Es obliegt dem Besitzer
einzuwenden, daß er ohne sein Verschulden ganz oder teilweise keine Nutzungen
gezogen hat und deshalb einen geringeren Betrag schuldet.
BGH, Versäumnisurteil vom 3. Juni 2005 - V ZR 106/04 -LG Berlin
Kammergericht
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. März 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit mehreren gewerblich genutzten Gebäuden bebauten Grundstücks in Berlin. Die Beklagte hatte 1997 einen bis Ende 2000 befristeten Untermietvertrag über das mehr als 18.000 qm Nutzflä-
che umfassende Objekt geschlossen. Einige Flächen unterteilte sie in kleinere Abschnitte und vermietete diese weiter. Andere Teile des Grundstücks wurden entweder von der Beklagten selbst genutzt oder blieben ungenutzt. Im Hinblick auf den Ablauf des zwischen der Klägerin und der Hauptmieterin bestehenden Mietverhältnisses zum 31. Dezember 2000 verhandelten die Parteien über die Konditionen eines zwischen ihnen zu schließenden Mietvertrags. Eine Einigung kam jedoch nicht zustande. Mit Schreiben vom 4. Januar 2001 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, daß die weitere Nutzung des Grundstücks rechtsgrundlos erfolge.
Mit der Klage hat die Klägerin - neben der Räumung des Objekts und einer Auskunft über die Namen und Anschriften der Untermieter der Beklagten - ein nach dem objektiven Mietwert berechnetes Nutzungsentgelt in Höhe von 469.457,12 € für den Zeitraum vom 1. Februar 2001 bis zum 30. Juni 2001 sowie von 94.402,12 € monatlich ab dem 1. Juli 2001 geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels den Zahlungsantrag für den Zeitraum bis Ende Juni 2001 insgesamt und für die Zeit ab 1. Juli 2001 wegen des 50.677,54 € nebst Zinsen übersteigenden Betrags abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe - über die von der Beklagten zugestandenen Mieteinnahmen von 50.677,54 € hinaus - keinen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen gemäß den §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB. Zwar sei die Beklagte seit Anfang Januar 2001 hinsichtlich ihres Besitzrechts nicht in gutem Glauben gewesen. Die Klägerin habe jedoch die Mieteinnahmen der Beklagten nicht vorgetragen und auch nicht substantiiert dargelegt, welche Gebäude oder Gebäudeteile von der Beklagten selbst genutzt und inwieweit Nutzungen nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft schuldhaft nicht gezogen worden seien. Eine solche Darlegung sei erforderlich , weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 988 BGB der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden könne, wenn Nutzungen gezogen worden seien; vielmehr beschränke sich der Anspruch in diesem Fall auf die Herausgabe der tatsächlich gezogenen Nutzungen. Entsprechendes müsse für den Anspruch aus § 987 Abs. 1 BGB gelten. Die Vorschrift des § 987 Abs. 2 BGB, die den Ersatz für nicht gezogene Nutzungen von einem Verschulden des Besitzers abhängig mache, liefe nämlich leer, wenn der Eigentümer den objektiven Mietwert der Sache bereits nach § 987 Abs. 1 BGB, also unabhängig von einem Verschulden, verlangen könne. Sofern die Klägerin zu der erforderlichen Darlegung nicht imstande sei, müsse sie zunächst Auskunft von der Beklagten verlangen.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines „Nutzungsentgelts“ nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses bestimmt. Nach gefestigter Rechtsprechung finden die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB auf den Besitzer, dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist (Senat, Urt. v. 24. November 1995, V ZR 88/95, NJW 1996, 921 m.w.N.), und damit auch auf den infolge des Wegfalls des Hauptmietvertrags nicht mehr zum Besitz berechtigten Untermieter Anwendung (BGHZ 131, 95, 102 f.; Senat, Urt. v. 6. November 1968, V ZR 85/65, LM § 987 BGB Nr. 10; ebenso: Staudinger / Gursky, BGB [1999], Vorbem. zu §§ 987-994 Rdn. 24; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., Vorb. v. § 987 Rdn. 16; a.A. Staudinger/Emmerich, BGB [2003], § 540 Rdn. 30; Greiner, ZMR 1998, 403 ff.).
Da die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit Anfang 2001 Kenntnis von ihrem fehlenden Besitzrecht hatte, ist sie verpflichtet, die ab diesem Zeitpunkt gezogenen Nutzungen herauszugeben (§ 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 1 BGB) und schuldhaft nicht gezogene Nutzungen zu ersetzen (§ 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 2 BGB).
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne auf dieser Grundlage nicht Ersatz des objektiven Ertragswerts ihres Eigentums verlangen, sondern müsse zur schlüssigen Darlegung der Anspruchshöhe im einzelnen darlegen, für welche Flächen die Beklagte Mieteinnahmen erzielt, welche sie selbst genutzt und in welcher Höhe sie nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft schuldhaft keine Nutzungen gezogen habe.


a) Zwar kann der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen nach § 987 Abs. 1 BGB nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden, wenn tatsächliche Nutzungen in Form von Früchten (z.B. Mietzins) gezogen worden sind. Andernfalls entstünde ein Widerspruch zu § 987 Abs. 2 BGB, der die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen nur nach Rechtshängigkeit bzw. bei Bösgläubigkeit des Besitzers (§ 990 Abs. 1 BGB) und unter der zusätzlichen Voraussetzung des Verschuldens anordnet (Senat, Urt. v. 21. September 2001, V ZR 228/00, NJW 2002, 60, 61). Hieraus folgt, daß der gutgläubige, unverklagte Besitzer, der die Sache nicht selbst genutzt, sondern weitervermietet hat, nur auf Herausgabe des Mietzinses nach § 987 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden kann. Demgemäß gehört hier die Angabe der tatsächlichen Mieteinnahmen zu einem schlüssigen Klagevortrag.

b) Auch im Fall eines verschärft haftenden, also bösgläubigen oder verklagten Besitzers sind der Anspruch aus § 987 Abs. 1 BGB einerseits und derjenige aus § 987 Abs. 2 BGB andererseits grundsätzlich auseinander zu halten. Hinsichtlich der an einen schlüssigen Klagevortrag zu stellenden Anforderungen ist aber zu beachten, daß der Eigentümer zu dem für den Anspruch aus § 987 Abs. 2 BGB zusätzlich erforderlichen Verschulden grundsätzlich keinen gesonderten Vortrag halten muß. Ermöglicht der Besitz - wie hier - objektiv eine Nutzung, handelt der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer regelmäßig schuldhaft , wenn er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht erfüllt (BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001, IX ZR 401/99, NJW 2002, 1050, 1052). Demgemäß hat der Besitzer in entsprechender Anwendung des § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.) darzulegen und zu beweisen, daß ihm die unterlassene Ziehung von Nutzungen nicht vorzuwerfen ist (vgl. Pa-
landt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 987 Rdn. 8; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, § 987 Rdn. 79; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 2, 2. Aufl., § 987 Rdn. 2 sowie Staudinger/Gursky, BGB [1999], Vorbem. zu §§ 987-993 Rdn. 69 u. § 989 Rdn. 35). Für die Zeit nach Rechtshängigkeit oder Eintritt der Bösgläubigkeit ist eine auf Ersatz des objektiven Ertragswerts gerichtete Klage deshalb unabhängig davon schlüssig, wie der Besitzer die Sache genutzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001, IX ZR 401/99, aaO). Hat er sie unter Wert vermietet, schuldet er Herausgabe der Mieteinnahmen nach § 987 Abs. 1 BGB und Ersatz der Differenz zum üblichen Mietzins nach § 987 Abs. 2 BGB. Hat der Besitzer die Sache selbst genutzt, schuldet er Ersatz des objektiven Mietwerts, weil hiernach seine Gebrauchvorteile bewertet werden (vgl. Senat, Urt. v. 21. September 2001, V ZR 228/00, NJW 2002, 60, 61). Hat er keine Nutzungen gezogen, ist der übliche Mietzins nach § 987 Abs. 2 BGB zu ersetzen. Es obliegt dann dem Besitzer einzuwenden, daß er einen geringeren Betrag schuldet , weil er ohne sein Verschulden ganz oder teilweise keine Nutzungen aus der Sache gezogen hat. Der Schlüssigkeit eines alternativ auf § 987 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gestützten Klageantrags (zur Möglichkeit, einander ausschließende Anspruchsgrundlagen geltend zu machen, vgl. BGHZ 19, 387, 390; BGH, Urt. v. 20. Mai 1987, VIII ZR 282/86, WM 1987, 1013) steht nicht entgegen, daß der Besitzer, der fehlendes Verschulden an einer unterlassenen Nutzziehung einwenden will, hierzu notwendigerweise auch darlegen muß, inwieweit die Sache während seiner Besitzzeit ungenutzt geblieben ist. Zwar handelt es sich dabei um eine Tatbestandsvoraussetzung des § 987 Abs. 2 BGB, auf die sich seine - auf das fehlende Verschulden beschränkte - Darlegungs- und Beweislast nicht be-
zieht. Ein sachlicher Grund, es dem Eigentümer deshalb zu verwehren, seine Klage auf Herausgabe bzw. Ersatz des dem objektiven Ertragswert der Sache entsprechenden Betrags alternativ auf § 987 Abs. 1 und § 987 Abs. 2 BGB zu stützen, folgt hieraus indessen nicht. Insbesondere wird der Besitzer nicht gezwungen , Informationen preiszugeben, die der Eigentümer sonst nicht erlangen könnte. Der Besitzer ist aufgrund des Auskunftsanspruchs des Eigentümers über die von ihm gezogenen Nutzungen (§ 260 BGB, vgl. BGHZ 32, 76, 96 für § 988 BGB) materiell-rechtlich verpflichtet, nähere Angaben zu der Vermietungssituation während seiner Besitzzeit zu machen. Es ist ihm deshalb zuzumuten , im Rahmen des Entlastungsbeweises darzulegen, in welchen Zeiträumen oder hinsichtlich welcher Teile er aus der Sache des Eigentümers schuldlos keine Nutzungen zu ziehen vermochte.

III.


Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben, soweit e s zu Lasten der Klägerin ergangen ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu dem objektiven Ertragswert des von der Beklagten innegehaltenen Gewerbeobjekts treffen kann. Ferner ist der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu ergänzen.
Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht, soweit erforderlich, auch zu prüfen haben, ob die Klage unter dem Gesichtspunkt des Verzugs der Beklagten mit der Herausgabe des Objekts (§ 990 Abs. 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 1 BGB a.F.) begründet ist.

Sollte es für die neue Entscheidung - trotz der Möglichkeit der Klägerin, Nutzungsersatz in Höhe des objektiven Mietwerts zu verlangen - auf die Höhe der tatsächlich gezogenen Nutzungen ankommen, wird das Berufungsgericht den von der Revision zu Recht als übergangen gerügten Vortrag der Beklagten zu berücksichtigen haben, sie habe vor Juli 2001 Mieteinnahmen von ca. 23 DM/qm bei einem Leerstand von 25 % erzielt (Berufungsbegründung S. 2 u. 5, GA I/168 u. 171). Im übrigen wäre hinsichtlich der Darlegung der Mieteinnahmen - ungeachtet des daneben bestehenden materiell-rechtlichen Auskunftsanspruchs der Klägerin - eine sekundäre Behauptungslast der Beklagten (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w.N.) naheliegend und daher von dem Berufungsgericht zu erwägen.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2005 - V ZR 106/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2005 - V ZR 106/04

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2005 - V ZR 106/04 zitiert 10 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 282 Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2


Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 260 Pflichten bei Herausgabe oder Auskunft über Inbegriff von Gegenständen


(1) Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestands vorzulegen. (2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 990 Haftung des Besitzers bei Kenntnis


(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weis

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 987 Nutzungen nach Rechtshängigkeit


(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht. (2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 988 Nutzungen des unentgeltlichen Besitzers


Hat ein Besitzer, der die Sache als ihm gehörig oder zum Zwecke der Ausübung eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrechts an der Sache besitzt, den Besitz unentgeltlich erlangt, so ist er dem Eigentümer gegenüber zur Herausgabe der Nutz

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 51/05 Verkündet am: 31. März 2006 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

Hat ein Besitzer, der die Sache als ihm gehörig oder zum Zwecke der Ausübung eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrechts an der Sache besitzt, den Besitz unentgeltlich erlangt, so ist er dem Eigentümer gegenüber zur Herausgabe der Nutzungen, die er vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 228/00 Verkündet am:
21. September 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der "nicht so berechtigte" Besitzer kann zur Herausgabe von Nutzungen, die er
unter Überschreitung eines ihm gesetzlich zugewiesenen Besitzrechts gezogen
hat, unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB)
verpflichtet sein (Abgrenzung zu BGHZ 131, 297).

b) Der Anspruch aus § 988 BGB kann nur im Fall des Eigengebrauchs nach dem
objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile berechnet werden; anderenfalls
können nach dieser Vorschrift nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausverlangt
werden.
BGH, Urt. v. 21. September 2001- V ZR 228/00 - Thüringer OLG in Jena
LG Meiningen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die
Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und
Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 30. Mai 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 1. Juni 1999 wird in Höhe eines weiteren Betrages von 8.750 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. März 1998 zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des VEB S. und N. H. Dieser unterhielt auf einem volkseigenen Grundstück, dessen Rechtsträger er war, eine Berufsschule mit Lehrlingswohnheim. Die Klägerin ist nach § 11 Abs. 2 TreuhandG mit der Umwandlung des VEB zum 1. Juli 1990 Eigentümerin des Grundstücks geworden. Das Grundbuch ist entsprechend berichtigt.
Am 31. August 1990 überließ die Klägerin dem beklagten Landkreis (im folgenden: Beklagter) Berufsschule und Lehrlingswohnheim zur Nutzung. Anlaß dazu gab das DDR-Berufsschulgesetz vom 13. August 1990 (GBl. I S. 919), dessen § 8 Abs. 3 die kostenlose Übergabe zur Nutzung spätestens bis zum 31. Dezember 1990 vorschrieb.
Der Beklagte nutzte in der Folgezeit die Gebäude durch Vermietung einer Wohnung und einer Arztpraxis, zum Teil durch weiteren Betrieb der Lehrlingsausbildung.
Die Klägerin verlangt Nutzungsentschädigung. Zum einen begehrt sie die Auskehr der gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis in einer Gesamthöhe von 76.720 DM. Es geht dabei um den Zeitraum vom 1. April 1993 (Arztpraxis) bzw. 1. Juli 1990 (Wohnung) bis zum 30. April 1997. Zum anderen macht sie hinsichtlich des übrigen Lehrlingswohnheims Nutzungsentschädigung für die Zeit von September 1993 bis August 1997 in einer Höhe von 136.000 DM geltend, wobei sie sich in erster Linie auf einen in dieser Höhe gutachtlich ermittelten Ertragswert stützt, daneben aber auch auf tatsächlich gezogene Mieteinnahmen in diesen Betrag übersteigendem Umfang verweist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilung nur in Höhe eines Betrages von 67.970 DM aufrechterhalten. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche im Umfang der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hält den Beklagten nach § 988 BGB für verpflichtet , die gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis an die Klägerin auszukehren, allerdings erst ab dem 1. August 1992. Bis zu diesem Zeitpunkt habe nämlich § 8 Abs. 3 des DDR-Berufsschulgesetzes dem Beklagten ein Recht zum Besitz gewährt, das erst mit Auûerkrafttreten des Gesetzes erloschen sei. Der geltend gemachte Anspruch von 76.720 DM sei daher nur in dem zugesprochenen Umfang von 67.970 DM begründet.
Hinsichtlich des übrigen Lehrlingswohnheims hält das Berufungsgericht die Klage nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 987 Abs. 2 BGB für begründet, da die Klägerin nicht die Auskehr gezogener Nutzungen verlangt habe, sondern eine am Ertragswert berechnete Entschädigung für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen. Unter diesem Gesichtspunkt hafte der Beklagte indes nicht, da er vom Wegfall seines Besitzrechts keine Kenntnis gehabt habe (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB).

II.



Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Hinsichtlich der gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis ist der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe, d.h. auch bezüglich des Zeitraumes der Geltung des DDR-Berufsschulgesetzes, begründet.

a) Das ist zweifelsfrei dann anzunehmen, wenn das DDR-Berufsschulgesetz dem Beklagten kein Recht zur kostenlosen Nutzung gewährt hat, weil - wie die Revision annimmt - § 8 Abs. 3 dieses Gesetzes wegen Verstoûes gegen höherrangiges DDR-Verfassungsrecht nichtig war. § 988 BGB erfaût dann auch den vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Zeitraum (Mehrbetrag von 8.750 DM). Soweit die Revisionserwiderung meint, ein Recht zum Besitz ergebe sich aus einer die Regelungen des DDR-Berufsschulgesetzes überlagernden Vertragsbeziehung, steht dem die rechtsfehlerfreie Würdigung der Umstände durch das Landgericht entgegen, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat.

b) Im Ergebnis ändert sich nichts, wenn man von der Wirksamkeit des § 8 Abs. 3 DDR-BerufsschulG ausgeht.
aa) Die Norm billigt dem Beklagten nämlich die kostenlose Nutzung des Lehrlingswohnheims mit seinen Räumlichkeiten nicht schlechthin, sondern nur zweckgebunden zu. Der Beklagte wurde nach § 8 Abs. 2 DDR-BerufsschulG neuer Träger der Berufsschule und des Lehrlingswohnheims. Er sollte die damit verbundenen Aufgaben weiterführen und erhielt deswegen die Gebäude
kostenlos zur Nutzung übergeben. Wohnheime, die als solche nicht weitergenutzt werden konnten, erhielt er zwar ebenfalls übergeben, aber nicht zur freien Verwendung, sondern mit der Möglichkeit, sie einer anderen öffentlichen Nutzung zuzuführen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 DDR-BerufsschulG). Eine privatwirtschaftliche Nutzung zur Gewinnerzielung sah das Gesetz demgegenüber nicht vor. Dies lag auûerhalb der Aufgaben, die das Gesetz den neuen Schulträgern zuwies (vgl. §§ 2, 7 DDR-BerufsschulG). Gemessen daran war die Vermietung der Räumlichkeiten als Wohnung und als Arztpraxis vom Gesetz nicht gedeckt. Der Beklagte verfolgte damit weder Zwecke des Schul- und Ausbildungsbetriebes noch andere öffentliche Aufgaben.
bb) Zweifelhaft ist, ob bei dieser Konstellation § 988 BGB angewendet werden kann. Die Norm setzt an sich eine Vindikationslage voraus. Daran fehlt es. Denn bei - unterstellter - Wirksamkeit des DDR-Berufsschulgesetzes war der Beklagte zum Besitz berechtigt. Er überschritt zwar die Befugnisse, die ihm das Besitzrecht gab, zog Nutzungen aus Rechtsgeschäften, zu denen ihn das Gesetz nicht legitimierte. Das lieû aber die Besitzberechtigung nicht automatisch entfallen. Die ganz herrschende Meinung lehnt daher die Anwendung des § 988 BGB, auch die entsprechende Anwendung der Norm, auf den Fall der "Nicht-so-Berechtigung" ab (Senat, BGHZ 59, 51, 58; Staudinger/Gursky, BGB [1999] vor §§ 987 bis 993 Rdn. 13; MünchKomm-BGB/Medicus, 3. Aufl., vor §§ 987 bis 1003 Rdn. 11; Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 11 Rdn. 27, jew. m.w.N.).
cc) Ob im vorliegenden Fall anders zu entscheiden ist, kann dahinstehen. Hält man § 988 BGB für nicht anwendbar, so ergibt sich der Anspruch jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Eingriffs-
kondiktion (vgl. auch Staudinger/Gursky aaO). Der Beklagte hat durch die zweckwidrige Nutzung nämlich in die der Klägerin als Eigentümerin verbliebene Rechtsposition eingegriffen, ohne dazu berechtigt zu sein. Das Gesetz hat ihm nur die Nutzung als Schul- und Ausbildungseinrichtung oder zu anderen öffentlichen Zwecken zugewiesen. Jede nicht diesen Zwecken dienende Nutzung blieb dem Eigentümer vorbehalten.
Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes , daû der Vermieter im Falle unberechtigter Untervermietung keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Mieter auf Herausgabe eines durch die Untervermietung erzielten Mehrerlöses hat (Urt. v. 20. Mai 1964, VIII ZR 235/63, NJW 1964, 1853; Urt. v. 8. Januar 1969, VIII ZR 184/66, WM 1969, 298, 300; BGHZ 131, 297, 304 ff). Diese Auffassung begründet der Bundesgerichtshof damit, daû es an dem erforderlichen Merkmal der Bereicherung des Mieters auf Kosten des Vermieters fehle. Die Untervermietung sei auch dann, wenn sie unberechtigt vorgenommen werde, ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft. Denn der Vermieter habe sich durch den Abschluû des Hauptmietvertrages der Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeit begeben, die der Mieter durch die Untervermietung wahrnehme (vgl. BGHZ 131, 297, 306).
Im vorliegenden Fall liegen die Dinge anders. Die Rechtsprechung zur unberechtigten Untervermietung kann hierauf nicht angewendet werden.
Die Klägerin hat sich ihrer Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeiten nicht vertraglich zugunsten des Beklagten begeben, sondern sie hat ihm den Besitz aufgrund einer gesetzlichen Anordnung überlassen. Das Gesetz forderte die Überlassung - wie dargelegt - nur zur Verwirklichung bestimmter öffentli-
cher Zwecke. Nur insoweit wies es die Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeiten dem Beklagten zu. Die Möglichkeit der Nutzung durch Vermietung und Verpachtung blieb demgegenüber der Klägerin als Eigentümerin zugeordnet. In diese Rechtsposition griff der Beklagte ein, als er die Gebäude zweckwidrig zur Gewinnerzielung nutzte. Infolgedessen erlangte er die damit verbundenen Vermögensvorteile auch auf Kosten der Klägerin.
Wollte man das anders sehen, führte dies zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin als Eigentümerin. Anders als in den Fällen der unberechtigten Untervermietung hätte sie nämlich der Vermietung durch den Beklagten nicht mit hinreichender Wirkung entgegentreten können. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch das DDRBerufsschulgesetz bestimmt. Es sah für den Fall der unberechtigten Nutzung weder die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung noch einen Unterlassungsanspruch vor. Anders als der Vermieter, dem diese Rechte nach §§ 550, 553 BGB gegenüber dem unberechtigt untervermietenden Mieter zustehen, konnte die Klägerin auf die zweckwidrige Nutzung durch den Beklagten daher nicht in vergleichbarer Weise reagieren. Daû möglicherweise ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB gegeben war, verbessert zwar die Position der Klägerin , stellt diese aber nicht einem Vermieter in solchen Fällen gleich.

c) Soweit die Revisionserwiderung meint, jedenfalls für die Monate Juli und August 1990 bestehe kein Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Miete , da der Beklagte den Besitz nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst am 31. August 1990 übertragen erhalten habe, verkennt sie, daû dies für den Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Ein-
griffskondiktion ohne Belang ist. Der Beklagte hat auch dann (erst recht) in das der Klägerin nach der Güterzuordnung verbliebene Nutzungsrecht eingegriffen.
2. Hinsichtlich der Nutzung des Lehrlingswohnheims rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch - rechtsfehlerhaft - nur unter dem Gesichtspunkt des § 987 Abs. 2 BGB geprüft hat. Der Anspruch ist nämlich dem Grunde nach aus § 988 BGB begründet.

a) Allerdings ist der Revision nicht zu folgen, wenn sie meint, die nach dieser Vorschrift herauszugebenden Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB) könnten nach dem gutachtlich festgestellten Ertragswert berechnet werden. Zwar ist anerkannt, daû bei der Bewertung der Gebrauchsvorteile deren objektiver Wert maûgeblich ist, der sich in geeigneten Fällen am Ertragswert bemessen kann (s. nur Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 987 Rdn. 2; vgl. auch Senat, Urt. v. 12. Mai 1978, V ZR 67/77, NJW 1978, 1578). Es geht bei dieser Bewertung aber nur um die Vorteile des Eigengebrauchs einer Sache (Staudinger/Gursky, § 987 Rdn. 16), also etwa um die Vorteile, die der Besitzer einer Wohnung daraus zieht, daû er sie nicht vermietet, sondern selbst nutzt (s. auch Palandt/ Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 100 Rdn. 1). Demgegenüber kann der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden, wenn tatsächliche Nutzungen in Form von Früchten (z.B. Mietzins) gezogen worden sind. Dann kann vielmehr allein die Herausgabe dieser Nutzungen verlangt werden. Anderenfalls geriete man in einen Widerspruch zu § 987 Abs. 2 BGB, der die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen nur nach Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit (§ 990 Abs. 1 BGB) und unter der zusätzlichen Voraussetzung des Verschuldens anordnet. Denn
diese Regelung liefe leer, wenn der Eigentümer schon nach § 988 BGB stets den objektiven Ertragswert herausverlangen könnte.

b) Die Klägerin kann aber nach § 988 BGB die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausverlangen. Soweit das Berufungsgericht eine Erstreckung der Klage auf diese Rechtsfolge vermiût, verkennt es, daû es insoweit nur um die Frage der Berechnung des erhobenen Anspruchs geht. Da der Beklagte in erheblichem Umfang Mieteinnahmen von den Lehrlingen erhalten hat, gezogene Nutzungen also vorliegen, bedarf es keiner Stellung eines darauf ausgerichteten Zahlungsantrags. Der Antrag auf Zahlung von 136.000 DM erfaût ohne weiteres die Herausgabe der Nutzungen in dieser Höhe, bedurfte lediglich - als Teilklage - der Konkretisierung.

III.


Die Klage ist hinsichtlich der aus dem Betrieb des Lehrlingswohnheims gezogenen Nutzungen nicht entscheidungsreif. Zum einen muû die Klägerin den geltend gemachten Teilanspruch den gezogenen Nutzungen zeitlich und der Höhe nach konkret zuordnen. Ferner ist der Anspruch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - auf Herausgabe der durch die Nutzung der Gebäude erzielten Vorteile beschränkt. Enthalten die von den Lehrlingen gezahlten Beträge eine Vergütung für andere Leistungen, etwa für die pädagogische Betreuung, so stellen diese Einnahmen keine der Klägerin zugeordneten Vermögensvorteile dar. Schlieûlich bedarf es der Prüfung - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - inwieweit der Beklagte ihm entstandene Kosten unter
dem Gesichtspunkt des § 818 Abs. 3 BGB (auf den § 988 BGB verweist) abziehen kann.
Diese letztere Frage stellt sich nicht hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der erwirtschafteten Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis, da - wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - insoweit ein Sachzusammenhang mit den von dem Beklagten geltend gemachten Ausgaben nicht besteht (§ 818 Abs. 3 BGB) und eine gesonderte Aufrechnung mit selbständigen Ansprüchen vom Berufungsgericht nach § 530 Abs. 2 ZPO rechtsfehlerfrei nicht zugelassen worden ist. Insoweit war der Klage daher stattzugeben.
Wenzel Lambert-Lang Krüger Lemke Gaier

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 228/00 Verkündet am:
21. September 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der "nicht so berechtigte" Besitzer kann zur Herausgabe von Nutzungen, die er
unter Überschreitung eines ihm gesetzlich zugewiesenen Besitzrechts gezogen
hat, unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB)
verpflichtet sein (Abgrenzung zu BGHZ 131, 297).

b) Der Anspruch aus § 988 BGB kann nur im Fall des Eigengebrauchs nach dem
objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile berechnet werden; anderenfalls
können nach dieser Vorschrift nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausverlangt
werden.
BGH, Urt. v. 21. September 2001- V ZR 228/00 - Thüringer OLG in Jena
LG Meiningen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die
Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und
Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 30. Mai 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 1. Juni 1999 wird in Höhe eines weiteren Betrages von 8.750 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. März 1998 zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des VEB S. und N. H. Dieser unterhielt auf einem volkseigenen Grundstück, dessen Rechtsträger er war, eine Berufsschule mit Lehrlingswohnheim. Die Klägerin ist nach § 11 Abs. 2 TreuhandG mit der Umwandlung des VEB zum 1. Juli 1990 Eigentümerin des Grundstücks geworden. Das Grundbuch ist entsprechend berichtigt.
Am 31. August 1990 überließ die Klägerin dem beklagten Landkreis (im folgenden: Beklagter) Berufsschule und Lehrlingswohnheim zur Nutzung. Anlaß dazu gab das DDR-Berufsschulgesetz vom 13. August 1990 (GBl. I S. 919), dessen § 8 Abs. 3 die kostenlose Übergabe zur Nutzung spätestens bis zum 31. Dezember 1990 vorschrieb.
Der Beklagte nutzte in der Folgezeit die Gebäude durch Vermietung einer Wohnung und einer Arztpraxis, zum Teil durch weiteren Betrieb der Lehrlingsausbildung.
Die Klägerin verlangt Nutzungsentschädigung. Zum einen begehrt sie die Auskehr der gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis in einer Gesamthöhe von 76.720 DM. Es geht dabei um den Zeitraum vom 1. April 1993 (Arztpraxis) bzw. 1. Juli 1990 (Wohnung) bis zum 30. April 1997. Zum anderen macht sie hinsichtlich des übrigen Lehrlingswohnheims Nutzungsentschädigung für die Zeit von September 1993 bis August 1997 in einer Höhe von 136.000 DM geltend, wobei sie sich in erster Linie auf einen in dieser Höhe gutachtlich ermittelten Ertragswert stützt, daneben aber auch auf tatsächlich gezogene Mieteinnahmen in diesen Betrag übersteigendem Umfang verweist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilung nur in Höhe eines Betrages von 67.970 DM aufrechterhalten. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche im Umfang der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hält den Beklagten nach § 988 BGB für verpflichtet , die gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis an die Klägerin auszukehren, allerdings erst ab dem 1. August 1992. Bis zu diesem Zeitpunkt habe nämlich § 8 Abs. 3 des DDR-Berufsschulgesetzes dem Beklagten ein Recht zum Besitz gewährt, das erst mit Auûerkrafttreten des Gesetzes erloschen sei. Der geltend gemachte Anspruch von 76.720 DM sei daher nur in dem zugesprochenen Umfang von 67.970 DM begründet.
Hinsichtlich des übrigen Lehrlingswohnheims hält das Berufungsgericht die Klage nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 987 Abs. 2 BGB für begründet, da die Klägerin nicht die Auskehr gezogener Nutzungen verlangt habe, sondern eine am Ertragswert berechnete Entschädigung für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen. Unter diesem Gesichtspunkt hafte der Beklagte indes nicht, da er vom Wegfall seines Besitzrechts keine Kenntnis gehabt habe (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB).

II.



Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Hinsichtlich der gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis ist der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe, d.h. auch bezüglich des Zeitraumes der Geltung des DDR-Berufsschulgesetzes, begründet.

a) Das ist zweifelsfrei dann anzunehmen, wenn das DDR-Berufsschulgesetz dem Beklagten kein Recht zur kostenlosen Nutzung gewährt hat, weil - wie die Revision annimmt - § 8 Abs. 3 dieses Gesetzes wegen Verstoûes gegen höherrangiges DDR-Verfassungsrecht nichtig war. § 988 BGB erfaût dann auch den vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Zeitraum (Mehrbetrag von 8.750 DM). Soweit die Revisionserwiderung meint, ein Recht zum Besitz ergebe sich aus einer die Regelungen des DDR-Berufsschulgesetzes überlagernden Vertragsbeziehung, steht dem die rechtsfehlerfreie Würdigung der Umstände durch das Landgericht entgegen, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat.

b) Im Ergebnis ändert sich nichts, wenn man von der Wirksamkeit des § 8 Abs. 3 DDR-BerufsschulG ausgeht.
aa) Die Norm billigt dem Beklagten nämlich die kostenlose Nutzung des Lehrlingswohnheims mit seinen Räumlichkeiten nicht schlechthin, sondern nur zweckgebunden zu. Der Beklagte wurde nach § 8 Abs. 2 DDR-BerufsschulG neuer Träger der Berufsschule und des Lehrlingswohnheims. Er sollte die damit verbundenen Aufgaben weiterführen und erhielt deswegen die Gebäude
kostenlos zur Nutzung übergeben. Wohnheime, die als solche nicht weitergenutzt werden konnten, erhielt er zwar ebenfalls übergeben, aber nicht zur freien Verwendung, sondern mit der Möglichkeit, sie einer anderen öffentlichen Nutzung zuzuführen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 DDR-BerufsschulG). Eine privatwirtschaftliche Nutzung zur Gewinnerzielung sah das Gesetz demgegenüber nicht vor. Dies lag auûerhalb der Aufgaben, die das Gesetz den neuen Schulträgern zuwies (vgl. §§ 2, 7 DDR-BerufsschulG). Gemessen daran war die Vermietung der Räumlichkeiten als Wohnung und als Arztpraxis vom Gesetz nicht gedeckt. Der Beklagte verfolgte damit weder Zwecke des Schul- und Ausbildungsbetriebes noch andere öffentliche Aufgaben.
bb) Zweifelhaft ist, ob bei dieser Konstellation § 988 BGB angewendet werden kann. Die Norm setzt an sich eine Vindikationslage voraus. Daran fehlt es. Denn bei - unterstellter - Wirksamkeit des DDR-Berufsschulgesetzes war der Beklagte zum Besitz berechtigt. Er überschritt zwar die Befugnisse, die ihm das Besitzrecht gab, zog Nutzungen aus Rechtsgeschäften, zu denen ihn das Gesetz nicht legitimierte. Das lieû aber die Besitzberechtigung nicht automatisch entfallen. Die ganz herrschende Meinung lehnt daher die Anwendung des § 988 BGB, auch die entsprechende Anwendung der Norm, auf den Fall der "Nicht-so-Berechtigung" ab (Senat, BGHZ 59, 51, 58; Staudinger/Gursky, BGB [1999] vor §§ 987 bis 993 Rdn. 13; MünchKomm-BGB/Medicus, 3. Aufl., vor §§ 987 bis 1003 Rdn. 11; Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 11 Rdn. 27, jew. m.w.N.).
cc) Ob im vorliegenden Fall anders zu entscheiden ist, kann dahinstehen. Hält man § 988 BGB für nicht anwendbar, so ergibt sich der Anspruch jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Eingriffs-
kondiktion (vgl. auch Staudinger/Gursky aaO). Der Beklagte hat durch die zweckwidrige Nutzung nämlich in die der Klägerin als Eigentümerin verbliebene Rechtsposition eingegriffen, ohne dazu berechtigt zu sein. Das Gesetz hat ihm nur die Nutzung als Schul- und Ausbildungseinrichtung oder zu anderen öffentlichen Zwecken zugewiesen. Jede nicht diesen Zwecken dienende Nutzung blieb dem Eigentümer vorbehalten.
Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes , daû der Vermieter im Falle unberechtigter Untervermietung keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Mieter auf Herausgabe eines durch die Untervermietung erzielten Mehrerlöses hat (Urt. v. 20. Mai 1964, VIII ZR 235/63, NJW 1964, 1853; Urt. v. 8. Januar 1969, VIII ZR 184/66, WM 1969, 298, 300; BGHZ 131, 297, 304 ff). Diese Auffassung begründet der Bundesgerichtshof damit, daû es an dem erforderlichen Merkmal der Bereicherung des Mieters auf Kosten des Vermieters fehle. Die Untervermietung sei auch dann, wenn sie unberechtigt vorgenommen werde, ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft. Denn der Vermieter habe sich durch den Abschluû des Hauptmietvertrages der Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeit begeben, die der Mieter durch die Untervermietung wahrnehme (vgl. BGHZ 131, 297, 306).
Im vorliegenden Fall liegen die Dinge anders. Die Rechtsprechung zur unberechtigten Untervermietung kann hierauf nicht angewendet werden.
Die Klägerin hat sich ihrer Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeiten nicht vertraglich zugunsten des Beklagten begeben, sondern sie hat ihm den Besitz aufgrund einer gesetzlichen Anordnung überlassen. Das Gesetz forderte die Überlassung - wie dargelegt - nur zur Verwirklichung bestimmter öffentli-
cher Zwecke. Nur insoweit wies es die Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeiten dem Beklagten zu. Die Möglichkeit der Nutzung durch Vermietung und Verpachtung blieb demgegenüber der Klägerin als Eigentümerin zugeordnet. In diese Rechtsposition griff der Beklagte ein, als er die Gebäude zweckwidrig zur Gewinnerzielung nutzte. Infolgedessen erlangte er die damit verbundenen Vermögensvorteile auch auf Kosten der Klägerin.
Wollte man das anders sehen, führte dies zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin als Eigentümerin. Anders als in den Fällen der unberechtigten Untervermietung hätte sie nämlich der Vermietung durch den Beklagten nicht mit hinreichender Wirkung entgegentreten können. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch das DDRBerufsschulgesetz bestimmt. Es sah für den Fall der unberechtigten Nutzung weder die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung noch einen Unterlassungsanspruch vor. Anders als der Vermieter, dem diese Rechte nach §§ 550, 553 BGB gegenüber dem unberechtigt untervermietenden Mieter zustehen, konnte die Klägerin auf die zweckwidrige Nutzung durch den Beklagten daher nicht in vergleichbarer Weise reagieren. Daû möglicherweise ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB gegeben war, verbessert zwar die Position der Klägerin , stellt diese aber nicht einem Vermieter in solchen Fällen gleich.

c) Soweit die Revisionserwiderung meint, jedenfalls für die Monate Juli und August 1990 bestehe kein Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Miete , da der Beklagte den Besitz nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst am 31. August 1990 übertragen erhalten habe, verkennt sie, daû dies für den Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Ein-
griffskondiktion ohne Belang ist. Der Beklagte hat auch dann (erst recht) in das der Klägerin nach der Güterzuordnung verbliebene Nutzungsrecht eingegriffen.
2. Hinsichtlich der Nutzung des Lehrlingswohnheims rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch - rechtsfehlerhaft - nur unter dem Gesichtspunkt des § 987 Abs. 2 BGB geprüft hat. Der Anspruch ist nämlich dem Grunde nach aus § 988 BGB begründet.

a) Allerdings ist der Revision nicht zu folgen, wenn sie meint, die nach dieser Vorschrift herauszugebenden Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB) könnten nach dem gutachtlich festgestellten Ertragswert berechnet werden. Zwar ist anerkannt, daû bei der Bewertung der Gebrauchsvorteile deren objektiver Wert maûgeblich ist, der sich in geeigneten Fällen am Ertragswert bemessen kann (s. nur Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 987 Rdn. 2; vgl. auch Senat, Urt. v. 12. Mai 1978, V ZR 67/77, NJW 1978, 1578). Es geht bei dieser Bewertung aber nur um die Vorteile des Eigengebrauchs einer Sache (Staudinger/Gursky, § 987 Rdn. 16), also etwa um die Vorteile, die der Besitzer einer Wohnung daraus zieht, daû er sie nicht vermietet, sondern selbst nutzt (s. auch Palandt/ Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 100 Rdn. 1). Demgegenüber kann der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden, wenn tatsächliche Nutzungen in Form von Früchten (z.B. Mietzins) gezogen worden sind. Dann kann vielmehr allein die Herausgabe dieser Nutzungen verlangt werden. Anderenfalls geriete man in einen Widerspruch zu § 987 Abs. 2 BGB, der die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen nur nach Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit (§ 990 Abs. 1 BGB) und unter der zusätzlichen Voraussetzung des Verschuldens anordnet. Denn
diese Regelung liefe leer, wenn der Eigentümer schon nach § 988 BGB stets den objektiven Ertragswert herausverlangen könnte.

b) Die Klägerin kann aber nach § 988 BGB die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausverlangen. Soweit das Berufungsgericht eine Erstreckung der Klage auf diese Rechtsfolge vermiût, verkennt es, daû es insoweit nur um die Frage der Berechnung des erhobenen Anspruchs geht. Da der Beklagte in erheblichem Umfang Mieteinnahmen von den Lehrlingen erhalten hat, gezogene Nutzungen also vorliegen, bedarf es keiner Stellung eines darauf ausgerichteten Zahlungsantrags. Der Antrag auf Zahlung von 136.000 DM erfaût ohne weiteres die Herausgabe der Nutzungen in dieser Höhe, bedurfte lediglich - als Teilklage - der Konkretisierung.

III.


Die Klage ist hinsichtlich der aus dem Betrieb des Lehrlingswohnheims gezogenen Nutzungen nicht entscheidungsreif. Zum einen muû die Klägerin den geltend gemachten Teilanspruch den gezogenen Nutzungen zeitlich und der Höhe nach konkret zuordnen. Ferner ist der Anspruch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - auf Herausgabe der durch die Nutzung der Gebäude erzielten Vorteile beschränkt. Enthalten die von den Lehrlingen gezahlten Beträge eine Vergütung für andere Leistungen, etwa für die pädagogische Betreuung, so stellen diese Einnahmen keine der Klägerin zugeordneten Vermögensvorteile dar. Schlieûlich bedarf es der Prüfung - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - inwieweit der Beklagte ihm entstandene Kosten unter
dem Gesichtspunkt des § 818 Abs. 3 BGB (auf den § 988 BGB verweist) abziehen kann.
Diese letztere Frage stellt sich nicht hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der erwirtschafteten Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis, da - wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - insoweit ein Sachzusammenhang mit den von dem Beklagten geltend gemachten Ausgaben nicht besteht (§ 818 Abs. 3 BGB) und eine gesonderte Aufrechnung mit selbständigen Ansprüchen vom Berufungsgericht nach § 530 Abs. 2 ZPO rechtsfehlerfrei nicht zugelassen worden ist. Insoweit war der Klage daher stattzugeben.
Wenzel Lambert-Lang Krüger Lemke Gaier

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

(1) Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestands vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 findet Anwendung.

Hat ein Besitzer, der die Sache als ihm gehörig oder zum Zwecke der Ausübung eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrechts an der Sache besitzt, den Besitz unentgeltlich erlangt, so ist er dem Eigentümer gegenüber zur Herausgabe der Nutzungen, die er vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.