Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2006 - V ZR 51/05

bei uns veröffentlicht am31.03.2006
vorgehend
Landgericht München II, 13 O 1522/01, 26.05.2004
Oberlandesgericht München, 23 U 3660/04, 03.02.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 51/05 Verkündet am:
31. März 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der Wert der Eigennutzung eines Grundstücks ist in der Regel nach dem üblichen
Miet- oder Pachtzins zu bemessen.
BGB §§ 463 a.F., 249 a.F. Cb, Ha
Bei der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages im Wege des großen
Schadensersatzes ist die Nutzung des Grundstücks durch den Käufer im Rahmen
des Vorteilsausgleichs nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit dem geltend gemachten
Schaden in einem qualifizierten Zusammenhang steht.

a) Verlangt der Käufer auch Ersatz seiner Finanzierungskosten bzw. der
Kosten für die Unterhaltung des Grundstücks, muss er sich hierauf den nach dem
üblichen Miet- oder Pachtzins zu berechnenden Wert der Eigennutzung anrechnen
lassen.

b) Beschränkt der Käufer sich darauf, den Leistungsaustausch rückgängig zu machen
und Ersatz der Vertragskosten zu verlangen, ist als Nutzungsvorteil nur die
abnutzungsbedingte, zeitanteilig linear zu berechnende, Wertminderung der Immobilie
anzurechnen.
BGH, Urt. v. 31. März 2006 - V ZR 51/05 - OLG München
LG München II
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision und die Anschlussrevision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. Februar 2005 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 28 % und die Beklagten 72 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Durch notariellen Vertrag vom 29. Juli 1996 verkauften die Beklagten ihr mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung zum Preis von 735.000 DM an die Kläger. Diese stellten nach ihrem Einzug im Herbst 1996 fest, dass Feuchtigkeit in den Keller des Hauses eindrang.
2
Mit der Behauptung, von den Beklagten über die unzureichende Abdichtung des Kellers arglistig getäuscht worden zu sein, verlangen die Kläger im Wege des großen Schadensersatzes die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückauflassung und Rückgabe des Grundstücks; ferner haben sie die Feststellung beantragt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der Feuchtigkeit des Kellers entstanden sind und künftig entstehen werden.
3
Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in vollem Umfang und dem Feststellungsantrag bezogen auf die Haftung der Beklagten zu 1 und 2 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht ihre Verurteilung - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - im Hinblick auf die Gebrauchsvorteile, die die Kläger durch die Eigennutzung des Grundstücks erlangt hätten, um 22.230,89 € verringert.
4
Mit der von dem Senat insoweit zugelassenen Revision wollen die Beklagten erreichen, dass die Nutzungsvorteile höher bewertet und deshalb weitere 57.769,11 € von ihrer Rückzahlungsverpflichtung in Abzug gebracht werden. Die Kläger treten der Revision entgegen und verfolgen im Wege der Anschlussrevision ihren Antrag auf Rückzahlung des vollständigen Kaufpreises weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Berufungsgericht meint, die Kläger müssten sich bei der Schadensberechnung den Wert der Nutzung des Hausgrundstücks unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen. Dieser sei nicht nach der fiktiven Miete zu bemessen, da die Kläger nicht beabsichtigt hätten, ein zeitweiliges Nutzungsrecht zu erwerben. Was die Kläger erspart hätten, sei vielmehr die Wertminderung bei Kauf eines vergleichbaren Objekts. Zugrunde zu legen sei daher die zeitanteilige lineare Wertminderung des Anwesens im Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und seiner "restlichen Gesamtnutzungsdauer". Dabei sei zu berücksichtigen, dass lediglich die baulichen Anlagen , deren Wert 332.860 DM betrage, einer Abnutzung unterlägen. Von diesem Wert sei im Hinblick auf die Kaufpreisgestaltung der Parteien ein Abzug von 5 % vorzunehmen. Bei einer angenommenen Gesamtnutzdauer der Bauten von 60 Jahren errechne sich eine Wertminderung von 2.694,53 € pro Jahr und damit für die etwa acht Jahre und drei Monate dauernde Nutzungszeit der Kläger ein Betrag von 22.230,89 €.

II.


6
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Das Berufungsgericht geht im Grundsatz zutreffend davon aus, dass sich die Kläger auf ihren Schadensersatzanspruch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. den Wert der von ihnen aus dem Grundstück gezogenen Nutzungen anrechnen lassen müssen. Diese, von den Klägern bereits im Ausgangspunkt kritisierte, Rechtsfolge ergibt sich - anders als in ihrer Anschlussrevision unterstellt - allerdings nicht aus der Anwendung von § 347 S. 2 BGB a.F., sondern aus anerkannten Grundsätzen des Schadensersatzrechts.
8
Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. berechtigt die Kläger, den Kaufgegenstand zurückzuweisen und Ersatz des gesamten ihnen durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schadens zu verlangen (sog. großer Schadensersatz, vgl. Senat, BGHZ 108, 156, 159). Die Ermittlung dieses Schadens erfolgt grundsätzlich nach der Diffe- renzmethode durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem im Zeitpunkt der Schadensberechnung vorhandenen Vermögen des Geschädigten und dem Vermögen, das er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gehabt hätte (vgl. Senat, BGHZ 136, 52, 54 mwN). Bei der Differenzberechnung kommen die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Soweit die Nichterfüllung des Vertrages zu adäquat kausalen Vorteilen für den Geschädigten geführt hat und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt, sind die Vorteile bei dem Vermögensvergleich zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. Senat , BGHZ 136, 52, 54 mwN).
9
Zu solchen, in die Differenzrechnung einzustellenden Vorteilen gehört auch der Wert der von dem Geschädigten gezogenen Nutzungen (§ 100 BGB), da dieser aufgrund des Kaufvertrages den Besitz der Kaufsache und dadurch die Möglichkeit erhalten hat, sie zu nutzen (BGH, Urt. v. 2. Juli 1962, VIII ZR 12/61, NJW 1962, 1909; Urt. v. 10. Februar 1982, VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279, 1280; Urt. v. 18. November 1982, III ZR 61/81, NJW 1983, 868, 870: Urt. v. 22. September 1983, III ZR 171/82, NJW 1984, 229, 230; vgl. auch Urt. v. 18. Juli 2002, III ZR 248/01, BGHReport 2002, 1080, 1081; Urt. v. 6. Oktober 2005, VII ZR 325/03, WM 2006, 51).
10
2. Für die Berechnung des Vorteils ist grundsätzlich der objektive Wert der gezogenen Nutzungen maßgeblich. Da die Vorteilsausgleichung der Abschöpfung tatsächlich erzielter Vorteile dient, bleiben allerdings aufgedrängte oder unzumutbare Nutzungen außer Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 18. Juli 2002, III ZR 248/01, BGHReport 2002, 1080, 1081; Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 9 IV 3, S. 505).

11
a) Bei der - hier in Rede stehenden - Eigennutzung eines bebauten Grundstücks entspricht der Wert der Vorteile, welcher der Gebrauch der Sache gewährt, in der Regel dem objektiven Mietwert, also dem für das genutzte oder für ein vergleichbares Objekt üblichen Mietzins (vgl. Senat, BGHZ 87, 296, 301; BGHZ 145, 52, 55; Urt. v. 12. Mai 1978, V ZR 67/77, NJW 1978, 1578; Urt. v. 22. November 1991, V ZR 160/90, NJW 1992, 892; Urt. v. 21. September 2001, V ZR 228/00, NJW 2002, 60, 61; Urt. v. 3. Juni 2005, V ZR 106/04, WM 2005, 2148, 2149; BGH, Urt. v. 9. Juni 1969, VII ZR 52/67, WM 1969, 1083, 1084; Urt. v. 22. Oktober 1997, XII ZR 142/95, WM 1998, 609, 612).
12
b) Dem steht nicht entgegen, dass der Wert von Gebrauchsvorteilen bei der Eigennutzung beweglicher Sachen grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet wird, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache bzw. des vereinbarten Kaufpreises (sog. Wertverzehr, vgl. BGHZ 115, 47, 54 f.; Urt. v. 17. Mai 1995, VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159, 2161; Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250, 252).
13
aa) Diesem Berechnungsansatz liegt die zutreffende Erwägung zugrunde , dass sich der objektive Wert von Gebrauchsvorteilen bei der Eigennutzung eines Gegenstands nach den Aufwendungen ermitteln lässt, die der Nutzende infolge des Gebrauchs der Sache erspart hat (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250, 251; Staudinger/Kaiser, BGB [2001], § 347 Rdn. 71). Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über eine bewegliche Sache können diese Aufwendungen grundsätzlich nicht mit dem Entgelt gleichgesetzt werden, das angefallen wäre, wenn der Nutzer die Sache gemie- tet hätte. Bei vermietbaren beweglichen Sachen, wie Kraftfahrzeugen, Maschinen oder Sportausrüstungen, stellen sich Kauf und Miete in wirtschaftlicher Hinsicht nämlich als grundverschiedene Investitionsentscheidungen dar. Da solche Gegenstände meist nur für den gelegentlichen kurzen Gebrauch gemietet werden , enthält der Mietpreis einen hohen Anteil nicht unmittelbar gebrauchsbezogener Kosten (vgl. Dreher, JR 1992, 157). Es ist deshalb in aller Regel unwirtschaftlich , eine bewegliche Sache zum dauerhaften Gebrauch zu mieten. Wer sich entschließt, eine solche Sache zu kaufen, kann daher, wenn es zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages kommt, hinsichtlich der Gebrauchsvorteile nicht so behandelt werden, als hätte er die Sache gemietet (vgl. Staudinger /Kaiser, BGB [2001], § 347 Rdn. 69). Bei der Bemessung der durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages ersparten Aufwendungen muss vielmehr auf die hypothetische Situation abgestellt werden, dass der Käufer anderweit eine gleichartige und gleichwertige Sache angeschafft und diese für dieselbe Zeitspanne in derselben Weise genutzt hätte (BGH, Urt. v. 2. Juli 1962, VIII ZR 12/61, NJW 1962, 1909, 1910; Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250, 251). Da er in diesem Fall die anderweit erworbene und in seinem Eigentum verbleibende Sache abgenutzt hätte, hat er infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages diese Abnutzung erspart. Das rechtfertigt es, den Gebrauchsvorteil nach der Wertminderung zu berechnen, die die Sache durch die Abnutzung erfahren hat.
14
bb) Für die Bewertung der Nutzungsvorteile, die eine Immobilie gewährt, können diese Überlegungen indes nicht maßgeblich sein.
15
Das folgt bereits daraus, dass Grundstücke im allgemeinen eine unbegrenzte Nutzungsdauer haben und deshalb durch Nutzung oder Zeitablauf keinen linearen Wertverlust erfahren (vgl. MünchKomm-BGB/Gaier, 4. Aufl., § 346 Rdn. 29; Staudinger/Kaiser, BGB [2001], § 347 Rdn. 75). Dennoch kann nicht zweifelhaft sein, dass auch die Eigennutzung eines Grundstücks, beispielsweise eines Gartens oder landwirtschaftlichen Bodens, einen geldwerten Gebrauchsvorteil darstellt.
16
Zudem kommen die Erwägungen, die bei beweglichen Sachen eine Berechnung der Nutzungsvorteile anhand des fiktiven Mietzinses ausschließen, bei Immobilien nicht zum Tragen. Für denjenigen, der eine Immobilie längerfristig nutzen will, stellt sich deren Anmietung meist als wirtschaftlich sinnvolle Alternative zum Kauf dar. Anders als bei beweglichen Sachen ist es deshalb mit der Investitionsentscheidung eines Immobilienkäufers nicht grundsätzlich unvereinbar , wenn bei der Ermittlung der infolge der Eigennutzung ersparten Aufwendungen die hypothetische Situation zugrundegelegt wird, dass der Käufer ein vergleichbares Grundstück gemietet und dieses für dieselbe Zeitspanne genutzt hätte. Der Wert, den der Gebrauch einer Immobilie gewährt, kann deshalb in der Regel auf der Grundlage des üblichen Miet- oder Pachtzinses für das Grundstück berechnet werden (ebenso MünchKomm-BGB/Gaier, aaO; Staudinger /Kaiser, aaO; Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 987 Rdn. 16; Soergel /Huber, BGB 12. Aufl., § 467 Rdn. 171; Erman/Bezzenberger, BGB, 11. Aufl., § 346 Rdn. 27; Bamberger/Roth/Grothe, BGB § 346 Rdn. 13).
17
3. Etwas anderes folgt nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2005, wonach der dem Erwerber einer Eigentumswohnung bei Rückabwicklung des Erwerbsvertrages im Wege des großen Schadensersatzes für die Selbstnutzung anzurechnende Nutzungsvorteil zeitanteilig linear aus dem Erwerbspreis zu ermitteln ist (VII ZR 325/03, WM 2006, 51). Der Immobilienkäufer , der großen Schadensersatz verlangt, kann durch die Berechnung seines Schadens nämlich wählen, ob er so zu stellen ist, wie er bei einer Anmietung des Objekts gestanden hätte, oder ob sein ursprünglicher Entschluss , die Immobilie zu kaufen, auch bei der Rückabwicklung zum Tragen kommen soll.
18
Das hat seinen Grund darin, dass der zu Schadensersatz wegen Nichterfüllung berechtigte Käufer - anders als im Fall der Wandelung (§§ 467, 347 Satz 2 BGB a.F. iVm § 987 Abs. 1 BGB) oder der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 u. 2 BGB) - nicht in jedem Fall verpflichtet ist, dem Verkäufer die aus der Kaufsache gezogenen Nutzungen zurückzugewähren. Die Vertragsschließenden sind bei dem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten „großen Schadensersatz“ nämlich nicht so zu stellen, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden. Der Anspruch des Käufers richtet sich vielmehr auf die Herstellung des wirtschaftlichen Erfolgs, der bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung eingetreten wäre (vgl. BGHZ 128, 111, 116; Senat, Urt. v. 31. Oktober 1997, V ZR 248/96, WM 1998, 78, 79).
19
Die von dem Käufer gezogenen Nutzungen bilden deshalb, worauf die Anschlussrevision zutreffend hinweist, keinen feststehenden Rechnungsposten zugunsten des Verkäufers; sie sind vielmehr nur im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass lediglich solche Vorteile als anrechenbar in Betracht kommen, die gerade mit dem geltend gemachten Nachteil in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, der beide "gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet" (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1978, VI ZR 218/76, NJW 1979, 760). Die Vorteilsausgleichung erfolgt also nicht bei der Endsaldierung aller Aktiv- und Passivposten gegenüber dem Gesamtbetrag des Schadens, sondern betrifft nur den Schadensposten, der mit dem Vorteil "kongruent" ist (Senat, BGHZ 136, 52, 54). Das hat Auswirkungen auf die Berechnung der Nutzungsvorteile:
20
a) Beschränkt der Käufer den Schadensersatz auf die Rückabwicklung des Leistungsaustausches (Immobilie gegen Kaufpreis) und auf die Erstattung der mit dem Vertragsschluss verbundenen Nebenkosten (Notargebühren, Maklerprovision u.ä.; vgl. Senat, BGHZ 114, 193, 197), muss er sich als hierzu kongruenten Vorteil nur die ersparte Abnutzung eines andernfalls erworbenen gleichartigen Leistungsgegenstandes, also die durch die Nutzung eingetretene Wertminderung der Kaufsache, anrechnen lassen. Diese kann auf der Grundlage der Gesamtnutzungsdauer der Wohnung oder des Hauses und des Erwerbspreises in gleichmäßigen Beträgen je abgewohntem Jahr („zeitanteilig linear“) bemessen werden (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, VII ZR 325/03, WM 2006, 51, 52).
21
Maßgeblich ist insoweit die Überlegung, dass der Erwerber die Möglichkeit , die Immobilie als eigene zu nutzen, durch Zahlung des Kaufpreises erworben hat. Dieses Austauschverhältnis ist grundsätzlich auch bei einem Scheitern des Vertrages zu beachten und führt dazu, dass sich im Rahmen der Rückabwicklung die (zeitweilige) Überlassung des Kaufpreises als Gegenleistung für die (zeitweilige) Nutzung des Grundstücks darstellt. Einen Vorteil hat der Käufer nur insoweit erlangt, als eine abnutzungsbedingte Wertminderung, die die Immobilie während seiner Nutzungsdauer erfahren hat, infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages mehr nicht zu seinen, sondern zu Lasten des Verkäufers geht.
22
In dieser Konstellation ist es auch folgerichtig, dass die Nutzung des Grundstücks, das als solches keiner Abnutzung unterliegt, bei der Vorteilsausgleichung außer Betracht bleibt. Der Verkäufer hat als Äquivalent für die Überlassung des Grundstücks den Kaufpreis und dessen Nutzungen erhalten (zu den Nutzungen des Kaufpreises, vgl. Senat, BGHZ 138, 160, 163 ff.). Verlangt der Käufer nur den Kaufpreis zurück, belässt er dem Verkäufer also die aus der Kaufsumme gezogenen Nutzungen, ist damit der Wert der Grundstücksnutzung ausgeglichen (vgl. Würthwein, Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile, 2001, S. 115).
23
b) Anders verhält es sich allerdings, wenn der Käufer im Rahmen des großen Schadensersatzes nicht nur den Leistungsaustausch, sondern auch seine Investitionsentscheidung rückgängig macht.
24
Das ist dem Käufer möglich, weil er bei einem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung seine Aufwendungen zur Erlangung der Gegenleistung und die Kosten ersetzt verlangen kann, die ihn allein aufgrund des Umstandes trafen, dass er Empfänger der - mangelhaften - Gegenleistung wurde (vgl. Senat, BGHZ 114, 193, 197 u. 199). Zwar wären diese Aufwendungen auch dann angefallen, wenn die Kaufsache mangelfrei gewesen wäre. Die Rechtsprechung bezieht sie aber in die auf dem Geschäftswillen der Vertragsparteien beruhende Vermutung ein, im synallagmatischen Austauschverhältnis seien Leistung und Gegenleistung gleichwertig. Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, die Aufwendungen würden durch den Vorteil der Gegenleistung wieder eingebracht worden sein (sog. Rentabilitätsvermutung , vgl. Senat, aaO, mwN). Im Verlust dieser Kompensationsmöglichkeit liegt der Nichterfüllungsschaden (BGHZ 99, 182, 197 f.).
25
Verlangt der Käufer auf dieser Grundlage Ersatz seiner Aufwendungen zur Finanzierung des Kaufpreises (vgl. Senat, BGHZ 145, 52, 56 f.; BGH, Urt. v. 17. Mai 1995, VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159, 2160), hält er an seiner Investitionsentscheidung nicht fest. Gleichzeitig nimmt er dem Verkäufer im wirtschaftli- chen Ergebnis die Nutzungen des Kaufpreises (vgl. Senat, BGHZ 145, 52, 56 f.) und damit das Äquivalent für seine Nutzung des Grundstücks als Eigentümer. Das hat zur Folge, dass sich der Käufer auf diese Schadensposition den - nach dem üblichen Mietzins berechneten - vollen Wert der Eigennutzung anrechnen lassen muss. Er kann nämlich nicht einerseits die Erstattung der Kosten beanspruchen , die er aufgewendet hat, um das Grundstück als Eigentümer zu nutzen - den Kaufpreis nebst Kreditzinsen -, andererseits aber verlangen, hinsichtlich der gezogenen Nutzungen wie ein Eigentümer gestellt zu werden. Vielmehr ist es dann sachgerecht, die Vorteile, die ihm die Nutzung des erworbenen Grundstücks gewährt hat, nach dem für eine entsprechende Immobilie zu zahlenden Mietzins zu bemessen.
26
Zu einer Anrechnung des Mietwerts besteht ferner Anlass, wenn der Käufer im Rahmen des großen Schadensersatzes Erstattung der von ihm während seiner Nutzungsdauer für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Immobilie aufgewandten Kosten verlangt (gewöhnliche Erhaltungskosten, Versicherungen , Lasten usw., vgl. dazu Senat, BGHZ 114, 193, 199). Will sich der Käufer hinsichtlich seiner Gebrauchsvorteile wie ein Eigentümer, also so behandeln lassen, als hätte er eine andere Immobilie gekauft (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, VII ZR 325/03, WM 2006, 51, 52), dann muss er auch diese Kosten tragen. Stellt er solche - im Rahmen eines Mietverhältnisses üblicherweise vom Vermieter zu tragenden - Kosten dagegen in seine Schadensberechnung ein, muss er sich als kongruenten Vorteil anrechnen lassen, die Immobilie ohne entsprechende Belastungen, also wie ein Mieter, genutzt zu haben (vgl. Würthwein, aaO., 2001, S. 112 u. 117 f.).
27
4. Hiernach ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den in der Eigennutzung des Hausgrundstücks liegenden Gebrauchsvorteil der Kläger nicht auf der Grundlage des fiktiven Mietzinses, sondern nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung der sich auf dem Grundstück befindlichen Bauten berechnet hat. Denn die Kläger haben lediglich den Kaufpreis als bezifferten Schaden geltend gemacht. Zu dieser Schadensposition ist, wie dargelegt, nur der Nutzungsvorteil kongruent, der in der ersparten Abnutzung eines andernfalls erworbenen gleichartigen Hausgrundstücks liegt.
28
Die Gebrauchsvorteile wären nur dann - unter Anrechnung des für die Abnutzung bereits berücksichtigten Betrages - nach dem fiktiven Mietzins zu bemessen, wenn die Kläger auf der Grundlage der festgestellten weitergehenden Schadensersatzverpflichtung der Beklagten Ersatz ihrer Finanzierungsaufwendungen oder der Kosten für die Unterhaltung des Grundstücks während ihrer Nutzungsdauer verlangten.
29
5. Der Senat weicht hinsichtlich der Anrechnung der Gebrauchsvorteile aus der Eigennutzung einer Immobilie nicht von der Entscheidung des VII. Senats des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2005 (VII ZR 325/03, WM 2006, 51) ab. Auch dort ging es lediglich um die Berechnung des Vorteils, der dem - im Wege des großen Schadensersatzes - als Schaden geltend gemachten Erwerbspreis entgegengehalten werden kann (vgl. WM 2006, 51 f. zu II. 1. und zu II. 3.). Diesen Vorteil bemisst der erkennende Senat, wie dargelegt, ebenfalls nach der abnutzungsbedingten zeitanteiligen linearen Wertminderung. Einer Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen (§ 132 Abs. 2 GVG), die aus Anlass der Entscheidung des VII. Senats als erforderlich angesehen worden ist (so Vogel, ZfIR 2006, 12, 13), bedurfte es daher nicht.

III.


30
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 26.05.2004 - 13 O 1522/01 -
OLG München, Entscheidung vom 03.02.2005 - 23 U 3660/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2006 - V ZR 51/05

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


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Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

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Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.
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Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2008 - III ZR 165/07

bei uns veröffentlicht am 13.03.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 165/07 Verkündet am: 13. März 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 276 a.F. H

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2017 - V ZR 134/16

bei uns veröffentlicht am 30.06.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 134/16 Verkündet am: 30. Juni 2017 Rinke, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Aug. 2016 - V ZR 9/16

bei uns veröffentlicht am 25.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 9/16 vom 25. August 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:250816BVZR9.16.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. August 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof.

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Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt.

Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.

(1) Zieht der Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht, obwohl ihm das möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet. Im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hat der Berechtigte hinsichtlich der Nutzungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

(2) Gibt der Schuldner den Gegenstand zurück, leistet er Wertersatz oder ist seine Wertersatzpflicht gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen, so sind ihm notwendige Verwendungen zu ersetzen. Andere Aufwendungen sind zu ersetzen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert wird.

Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.

Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 248/01
Verkündet am:
18. Juli 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin suchte im Jahre 1994 gemeinsam mit ihrem Ehemann für die Erweiterung von dessen metallverarbeitendem Betrieb ein geeignetes Gewerbegrundstück. Sie entschied sich für ein im Eigentum des Landwirts M. stehendes, in der beklagten Gemeinde belegenes Areal in der Gesamtgröße von 7.259 m². Aufgrund eines Kaufvertrages vom 9. März 1995 erwarb sie hieraus eine Teilfläche von 2.000 m² (das spätere Flurstück 66/1) und
aufgrund eines weiteren Kaufvertrages vom 18. Mai 1995 die Restfläche (das spätere Flurstück 66/2), und zwar jeweils zu einem Kaufpreis von 13 DM/m².
In der Folgezeit wurde das größere Grundstück 66/2 mit einer Halle bebaut. Das kleinere Flurstück blieb ungenutzt.
Die Klägerin behauptet, der stellvertretende Gemeindedirektor L. der Beklagten habe ihr zu dieser Art des Erwerbsvorganges geraten, da auf diese Weise lediglich für die kleinere Parzelle 66/1 Erschließungskosten und Abgaben anfallen würden. Tatsächlich ist die Klägerin jedoch - unstreitig - zu Erschließungskosten und Beiträgen für das Gesamtgelände herangezogen worden. Ihre hiergegen gerichteten verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfe blieben erfolglos. Die Klägerin macht geltend, statt der von ihr im Vertrauen auf die Erklärungen L. kalkulierten Erwerbskosten von 153.230 DM belaufe sich der Gesamtaufwand für die Anschaffung beider Grundstücke einschließlich Erschließungskosten auf 298.128,52 DM. Sie nimmt daher die Beklagte aufgrund der Erklärungen L. auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch, und zwar in Höhe von 75.862,56 DM nebst Zinsen auf Zahlung , in Höhe eines Betrages von 84.628,72 DM auf Freistellung von weiteren Erschließungskosten. Außerdem begehrt sie die Feststellung, daß die Beklagte sie auch von weiteren Erschließungskosten freizustellen habe.
Die Beklagte hat eine Amtspflichtverletzung bestritten. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht unterstellt zugunsten der Klägerin, die behauptete Erklärung des damaligen stellvertretenden Gemeindedirektors, bei einer Teilung der zu erwerbenden Grundstücksfläche müûten nur für die kleinere Parzelle Erschlieûungskosten und Abgaben entrichtet werden, sei eine fehlerhafte Auskunft gewesen. Diese konnte den Tatbestand einer Amtspflichtverletzung erfüllen. Denn die Pflicht der Amtsträger einer Gemeinde, Auskünfte richtig, wahrheitsgemäû und vollständig zu erteilen, besteht auch und gerade bei Fragen nach dem Umfang zu erwartender Erschlieûungskosten (Senatsurteil vom 3. Mai 2001 - III ZR 191/00 = NVwZ 2002, 373).
2. Das Berufungsgericht stützt die Abweisung der Amtshaftungsklage darauf , es habe sich nicht feststellen lassen, daû die behauptete Auskunft für den Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin ursächlich gewesen sei. Das Berufungsgericht weist darauf hin, daû die Klägerin nach ihrem eigenen Sachvortrag ein Grundstück in der Nachbargemeinde B. zum Preise von 42.000 DM an der Hand gehabt und sich gleichwohl für den Erwerb des hier in Rede stehenden Areals in O. entschlossen habe, welches nach ihren eigenen Angaben, d.h. unter Nichtberücksichtigung der erhöhten tatsächlichen Erschlieûungslast, bereits 153.000 DM hatte kosten sollen. Danach trifft es zu, daû selbst unter Berücksichtigung der von der Gemeinde gewährten Wirtschaftsförderung in Höhe von 30.000 DM die Klägerin einen Mehraufwand von 81.000 DM gehabt hätte. Dies allein rechtfertigt jedoch, wie die Revision
mit Recht rügt und wie die Klägerin in den Vorinstanzen durchgängig geltend gemacht hat, noch nicht die vom Berufungsgericht gezogene Folgerung. Die Klägerin kann sich vielmehr darauf berufen, daû der Wert des "Standortvorteils" , für den sie die 81.000 DM aufzubringen bereit war, sich in eben diesem Betrag erschöpfte. Tatsächlich kostete das gesamte erschlossene Grundstück jedoch nicht 153.000 DM, sondern knapp 300.000 DM. Danach liegt klar zutage - und dem Senat ist nicht erkennbar, was die Klägerin sonst noch vortragen sollte -, daû sie Belastungen in dieser Gröûenordnung nicht auf sich genommen hätte, wenn sie von vornherein über deren Umfang ordnungsgemäû aufgeklärt worden wäre.
3. Das Berufungsgericht beanstandet ferner die Schadensberechnung der Klägerin. Dabei mag ihm im Ausgangspunkt darin beizupflichten sein, daû die Klägerin hier das positive Interesse geltend macht, also verlangt, so gestellt zu werden, wie wenn die behaupteten Erklärungen L. richtig gewesen wären und sie von den Erschlieûungskosten für den gröûeren Grundstücksteil verschont geblieben wäre. Dies allein genügt aber nicht, um die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Zahlenmaterial läût sich nämlich - erforderlichenfalls nach richterlichem Hinweis und notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen - eine schlüssige Schadensberechnung vornehmen : Die Klägerin kann verlangen, so gestellt zu werden, wie wennL. die entsprechenden Auskünfte nicht erteilt hätte. Dann hätte sie von dem Grundstückskauf Abstand genommen, weil sie, wie oben bereits dargelegt, nicht damit hätte rechnen dürfen, von einem über die kalkulierten 153.000 DM hinausgehenden Gesamtaufwand verschont zu bleiben. Dies bedeutet, daû Grundlage der Schadensersatzforderung der gesamte getätigte Aufwand ist, abzüglich des ihm in Form des Vorteilsausgleichs gegenüberzustellenden
Vermögenszuwachses, den die Klägerin durch den Wert des erworbenen Grundbesitzes erlangt hat. Ergibt diese Gegenüberstellung, daû das Grundstück den gezahlten Gesamtpreis tatsächlich wert gewesen ist, würde ein Schaden gleichwohl nicht von vornherein ausgeschlossen sein: Die Klägerin macht nämlich geltend, daû das erworbene Grundstück für ihre Zwecke viel zu groû sei. Dies bedeutet, daû ihr die Nutzungsvorteile des an sich bestehenden objektiven Wertes des Grundstücks nicht in vollem Umfang zugute kommen. Dies mindert den auf den Schaden anzurechnenden Vorteil und wirkt sich insoweit zu Lasten der Beklagten aus. Der Senat sieht auch keine durchgreifenden Bedenken dagegen, gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe insoweit eine Schätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen. Im übrigen betreffen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Schadensberechnung nicht die in diese eingestellten Prozeûkosten, die die Klägerin hatte aufwenden müssen, um im Verfahren des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes eine Herabsetzung der Erschlieûungskostenlast zu erreichen. Diese Aufwendungen werden bereits durch das negative Interesse gedeckt.
4. Mit der jetzigen Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zur Nichtannahme der Revision in der Parallelsache III ZR 96/01 (Vorinstanzen : LG Osnabrück, 2 O 261/00/OLG Oldenburg, 6 U 268/00). Denn jene Sache war auf der Grundlage des dortigen Parteivorbringens und der getroffenen tatrichterlichen Feststellungen revisionsrechtlich anders zu beurteilen als die vorliegende.
5. Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches die noch erforderliche tatrichterliche Aufklärung nachzuholen haben wird.
Rinne Wurm Richter am Bundesgerichtshof Streck ist im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Rinne Schlick Dörr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 228/00 Verkündet am:
21. September 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der "nicht so berechtigte" Besitzer kann zur Herausgabe von Nutzungen, die er
unter Überschreitung eines ihm gesetzlich zugewiesenen Besitzrechts gezogen
hat, unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB)
verpflichtet sein (Abgrenzung zu BGHZ 131, 297).

b) Der Anspruch aus § 988 BGB kann nur im Fall des Eigengebrauchs nach dem
objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile berechnet werden; anderenfalls
können nach dieser Vorschrift nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausverlangt
werden.
BGH, Urt. v. 21. September 2001- V ZR 228/00 - Thüringer OLG in Jena
LG Meiningen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die
Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und
Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 30. Mai 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 1. Juni 1999 wird in Höhe eines weiteren Betrages von 8.750 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. März 1998 zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des VEB S. und N. H. Dieser unterhielt auf einem volkseigenen Grundstück, dessen Rechtsträger er war, eine Berufsschule mit Lehrlingswohnheim. Die Klägerin ist nach § 11 Abs. 2 TreuhandG mit der Umwandlung des VEB zum 1. Juli 1990 Eigentümerin des Grundstücks geworden. Das Grundbuch ist entsprechend berichtigt.
Am 31. August 1990 überließ die Klägerin dem beklagten Landkreis (im folgenden: Beklagter) Berufsschule und Lehrlingswohnheim zur Nutzung. Anlaß dazu gab das DDR-Berufsschulgesetz vom 13. August 1990 (GBl. I S. 919), dessen § 8 Abs. 3 die kostenlose Übergabe zur Nutzung spätestens bis zum 31. Dezember 1990 vorschrieb.
Der Beklagte nutzte in der Folgezeit die Gebäude durch Vermietung einer Wohnung und einer Arztpraxis, zum Teil durch weiteren Betrieb der Lehrlingsausbildung.
Die Klägerin verlangt Nutzungsentschädigung. Zum einen begehrt sie die Auskehr der gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis in einer Gesamthöhe von 76.720 DM. Es geht dabei um den Zeitraum vom 1. April 1993 (Arztpraxis) bzw. 1. Juli 1990 (Wohnung) bis zum 30. April 1997. Zum anderen macht sie hinsichtlich des übrigen Lehrlingswohnheims Nutzungsentschädigung für die Zeit von September 1993 bis August 1997 in einer Höhe von 136.000 DM geltend, wobei sie sich in erster Linie auf einen in dieser Höhe gutachtlich ermittelten Ertragswert stützt, daneben aber auch auf tatsächlich gezogene Mieteinnahmen in diesen Betrag übersteigendem Umfang verweist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilung nur in Höhe eines Betrages von 67.970 DM aufrechterhalten. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche im Umfang der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hält den Beklagten nach § 988 BGB für verpflichtet , die gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis an die Klägerin auszukehren, allerdings erst ab dem 1. August 1992. Bis zu diesem Zeitpunkt habe nämlich § 8 Abs. 3 des DDR-Berufsschulgesetzes dem Beklagten ein Recht zum Besitz gewährt, das erst mit Auûerkrafttreten des Gesetzes erloschen sei. Der geltend gemachte Anspruch von 76.720 DM sei daher nur in dem zugesprochenen Umfang von 67.970 DM begründet.
Hinsichtlich des übrigen Lehrlingswohnheims hält das Berufungsgericht die Klage nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 987 Abs. 2 BGB für begründet, da die Klägerin nicht die Auskehr gezogener Nutzungen verlangt habe, sondern eine am Ertragswert berechnete Entschädigung für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen. Unter diesem Gesichtspunkt hafte der Beklagte indes nicht, da er vom Wegfall seines Besitzrechts keine Kenntnis gehabt habe (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB).

II.



Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Hinsichtlich der gezogenen Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis ist der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe, d.h. auch bezüglich des Zeitraumes der Geltung des DDR-Berufsschulgesetzes, begründet.

a) Das ist zweifelsfrei dann anzunehmen, wenn das DDR-Berufsschulgesetz dem Beklagten kein Recht zur kostenlosen Nutzung gewährt hat, weil - wie die Revision annimmt - § 8 Abs. 3 dieses Gesetzes wegen Verstoûes gegen höherrangiges DDR-Verfassungsrecht nichtig war. § 988 BGB erfaût dann auch den vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Zeitraum (Mehrbetrag von 8.750 DM). Soweit die Revisionserwiderung meint, ein Recht zum Besitz ergebe sich aus einer die Regelungen des DDR-Berufsschulgesetzes überlagernden Vertragsbeziehung, steht dem die rechtsfehlerfreie Würdigung der Umstände durch das Landgericht entgegen, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat.

b) Im Ergebnis ändert sich nichts, wenn man von der Wirksamkeit des § 8 Abs. 3 DDR-BerufsschulG ausgeht.
aa) Die Norm billigt dem Beklagten nämlich die kostenlose Nutzung des Lehrlingswohnheims mit seinen Räumlichkeiten nicht schlechthin, sondern nur zweckgebunden zu. Der Beklagte wurde nach § 8 Abs. 2 DDR-BerufsschulG neuer Träger der Berufsschule und des Lehrlingswohnheims. Er sollte die damit verbundenen Aufgaben weiterführen und erhielt deswegen die Gebäude
kostenlos zur Nutzung übergeben. Wohnheime, die als solche nicht weitergenutzt werden konnten, erhielt er zwar ebenfalls übergeben, aber nicht zur freien Verwendung, sondern mit der Möglichkeit, sie einer anderen öffentlichen Nutzung zuzuführen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 DDR-BerufsschulG). Eine privatwirtschaftliche Nutzung zur Gewinnerzielung sah das Gesetz demgegenüber nicht vor. Dies lag auûerhalb der Aufgaben, die das Gesetz den neuen Schulträgern zuwies (vgl. §§ 2, 7 DDR-BerufsschulG). Gemessen daran war die Vermietung der Räumlichkeiten als Wohnung und als Arztpraxis vom Gesetz nicht gedeckt. Der Beklagte verfolgte damit weder Zwecke des Schul- und Ausbildungsbetriebes noch andere öffentliche Aufgaben.
bb) Zweifelhaft ist, ob bei dieser Konstellation § 988 BGB angewendet werden kann. Die Norm setzt an sich eine Vindikationslage voraus. Daran fehlt es. Denn bei - unterstellter - Wirksamkeit des DDR-Berufsschulgesetzes war der Beklagte zum Besitz berechtigt. Er überschritt zwar die Befugnisse, die ihm das Besitzrecht gab, zog Nutzungen aus Rechtsgeschäften, zu denen ihn das Gesetz nicht legitimierte. Das lieû aber die Besitzberechtigung nicht automatisch entfallen. Die ganz herrschende Meinung lehnt daher die Anwendung des § 988 BGB, auch die entsprechende Anwendung der Norm, auf den Fall der "Nicht-so-Berechtigung" ab (Senat, BGHZ 59, 51, 58; Staudinger/Gursky, BGB [1999] vor §§ 987 bis 993 Rdn. 13; MünchKomm-BGB/Medicus, 3. Aufl., vor §§ 987 bis 1003 Rdn. 11; Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 11 Rdn. 27, jew. m.w.N.).
cc) Ob im vorliegenden Fall anders zu entscheiden ist, kann dahinstehen. Hält man § 988 BGB für nicht anwendbar, so ergibt sich der Anspruch jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Eingriffs-
kondiktion (vgl. auch Staudinger/Gursky aaO). Der Beklagte hat durch die zweckwidrige Nutzung nämlich in die der Klägerin als Eigentümerin verbliebene Rechtsposition eingegriffen, ohne dazu berechtigt zu sein. Das Gesetz hat ihm nur die Nutzung als Schul- und Ausbildungseinrichtung oder zu anderen öffentlichen Zwecken zugewiesen. Jede nicht diesen Zwecken dienende Nutzung blieb dem Eigentümer vorbehalten.
Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes , daû der Vermieter im Falle unberechtigter Untervermietung keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Mieter auf Herausgabe eines durch die Untervermietung erzielten Mehrerlöses hat (Urt. v. 20. Mai 1964, VIII ZR 235/63, NJW 1964, 1853; Urt. v. 8. Januar 1969, VIII ZR 184/66, WM 1969, 298, 300; BGHZ 131, 297, 304 ff). Diese Auffassung begründet der Bundesgerichtshof damit, daû es an dem erforderlichen Merkmal der Bereicherung des Mieters auf Kosten des Vermieters fehle. Die Untervermietung sei auch dann, wenn sie unberechtigt vorgenommen werde, ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft. Denn der Vermieter habe sich durch den Abschluû des Hauptmietvertrages der Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeit begeben, die der Mieter durch die Untervermietung wahrnehme (vgl. BGHZ 131, 297, 306).
Im vorliegenden Fall liegen die Dinge anders. Die Rechtsprechung zur unberechtigten Untervermietung kann hierauf nicht angewendet werden.
Die Klägerin hat sich ihrer Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeiten nicht vertraglich zugunsten des Beklagten begeben, sondern sie hat ihm den Besitz aufgrund einer gesetzlichen Anordnung überlassen. Das Gesetz forderte die Überlassung - wie dargelegt - nur zur Verwirklichung bestimmter öffentli-
cher Zwecke. Nur insoweit wies es die Gebrauchs- und Verwertungsmöglichkeiten dem Beklagten zu. Die Möglichkeit der Nutzung durch Vermietung und Verpachtung blieb demgegenüber der Klägerin als Eigentümerin zugeordnet. In diese Rechtsposition griff der Beklagte ein, als er die Gebäude zweckwidrig zur Gewinnerzielung nutzte. Infolgedessen erlangte er die damit verbundenen Vermögensvorteile auch auf Kosten der Klägerin.
Wollte man das anders sehen, führte dies zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin als Eigentümerin. Anders als in den Fällen der unberechtigten Untervermietung hätte sie nämlich der Vermietung durch den Beklagten nicht mit hinreichender Wirkung entgegentreten können. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch das DDRBerufsschulgesetz bestimmt. Es sah für den Fall der unberechtigten Nutzung weder die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung noch einen Unterlassungsanspruch vor. Anders als der Vermieter, dem diese Rechte nach §§ 550, 553 BGB gegenüber dem unberechtigt untervermietenden Mieter zustehen, konnte die Klägerin auf die zweckwidrige Nutzung durch den Beklagten daher nicht in vergleichbarer Weise reagieren. Daû möglicherweise ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB gegeben war, verbessert zwar die Position der Klägerin , stellt diese aber nicht einem Vermieter in solchen Fällen gleich.

c) Soweit die Revisionserwiderung meint, jedenfalls für die Monate Juli und August 1990 bestehe kein Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Miete , da der Beklagte den Besitz nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst am 31. August 1990 übertragen erhalten habe, verkennt sie, daû dies für den Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Ein-
griffskondiktion ohne Belang ist. Der Beklagte hat auch dann (erst recht) in das der Klägerin nach der Güterzuordnung verbliebene Nutzungsrecht eingegriffen.
2. Hinsichtlich der Nutzung des Lehrlingswohnheims rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch - rechtsfehlerhaft - nur unter dem Gesichtspunkt des § 987 Abs. 2 BGB geprüft hat. Der Anspruch ist nämlich dem Grunde nach aus § 988 BGB begründet.

a) Allerdings ist der Revision nicht zu folgen, wenn sie meint, die nach dieser Vorschrift herauszugebenden Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB) könnten nach dem gutachtlich festgestellten Ertragswert berechnet werden. Zwar ist anerkannt, daû bei der Bewertung der Gebrauchsvorteile deren objektiver Wert maûgeblich ist, der sich in geeigneten Fällen am Ertragswert bemessen kann (s. nur Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 987 Rdn. 2; vgl. auch Senat, Urt. v. 12. Mai 1978, V ZR 67/77, NJW 1978, 1578). Es geht bei dieser Bewertung aber nur um die Vorteile des Eigengebrauchs einer Sache (Staudinger/Gursky, § 987 Rdn. 16), also etwa um die Vorteile, die der Besitzer einer Wohnung daraus zieht, daû er sie nicht vermietet, sondern selbst nutzt (s. auch Palandt/ Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 100 Rdn. 1). Demgegenüber kann der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden, wenn tatsächliche Nutzungen in Form von Früchten (z.B. Mietzins) gezogen worden sind. Dann kann vielmehr allein die Herausgabe dieser Nutzungen verlangt werden. Anderenfalls geriete man in einen Widerspruch zu § 987 Abs. 2 BGB, der die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen nur nach Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit (§ 990 Abs. 1 BGB) und unter der zusätzlichen Voraussetzung des Verschuldens anordnet. Denn
diese Regelung liefe leer, wenn der Eigentümer schon nach § 988 BGB stets den objektiven Ertragswert herausverlangen könnte.

b) Die Klägerin kann aber nach § 988 BGB die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausverlangen. Soweit das Berufungsgericht eine Erstreckung der Klage auf diese Rechtsfolge vermiût, verkennt es, daû es insoweit nur um die Frage der Berechnung des erhobenen Anspruchs geht. Da der Beklagte in erheblichem Umfang Mieteinnahmen von den Lehrlingen erhalten hat, gezogene Nutzungen also vorliegen, bedarf es keiner Stellung eines darauf ausgerichteten Zahlungsantrags. Der Antrag auf Zahlung von 136.000 DM erfaût ohne weiteres die Herausgabe der Nutzungen in dieser Höhe, bedurfte lediglich - als Teilklage - der Konkretisierung.

III.


Die Klage ist hinsichtlich der aus dem Betrieb des Lehrlingswohnheims gezogenen Nutzungen nicht entscheidungsreif. Zum einen muû die Klägerin den geltend gemachten Teilanspruch den gezogenen Nutzungen zeitlich und der Höhe nach konkret zuordnen. Ferner ist der Anspruch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - auf Herausgabe der durch die Nutzung der Gebäude erzielten Vorteile beschränkt. Enthalten die von den Lehrlingen gezahlten Beträge eine Vergütung für andere Leistungen, etwa für die pädagogische Betreuung, so stellen diese Einnahmen keine der Klägerin zugeordneten Vermögensvorteile dar. Schlieûlich bedarf es der Prüfung - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - inwieweit der Beklagte ihm entstandene Kosten unter
dem Gesichtspunkt des § 818 Abs. 3 BGB (auf den § 988 BGB verweist) abziehen kann.
Diese letztere Frage stellt sich nicht hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der erwirtschafteten Mieten für die Wohnung und die Arztpraxis, da - wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - insoweit ein Sachzusammenhang mit den von dem Beklagten geltend gemachten Ausgaben nicht besteht (§ 818 Abs. 3 BGB) und eine gesonderte Aufrechnung mit selbständigen Ansprüchen vom Berufungsgericht nach § 530 Abs. 2 ZPO rechtsfehlerfrei nicht zugelassen worden ist. Insoweit war der Klage daher stattzugeben.
Wenzel Lambert-Lang Krüger Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 106/04 Verkündet am:
3. Juni 2005
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ermöglicht der Besitz einer Sache deren Nutzung, so ist eine auf Zahlung des objektiven
Ertragswerts der Sache gerichtete Klage des Eigentümers für die Zeit ab Bösgläubigkeit
des Besitzers oder Rechtshängigkeit der Herausgabeklage unabhängig
davon schlüssig, wie der Besitzer die Sache genutzt hat. Es obliegt dem Besitzer
einzuwenden, daß er ohne sein Verschulden ganz oder teilweise keine Nutzungen
gezogen hat und deshalb einen geringeren Betrag schuldet.
BGH, Versäumnisurteil vom 3. Juni 2005 - V ZR 106/04 -LG Berlin
Kammergericht
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. März 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit mehreren gewerblich genutzten Gebäuden bebauten Grundstücks in Berlin. Die Beklagte hatte 1997 einen bis Ende 2000 befristeten Untermietvertrag über das mehr als 18.000 qm Nutzflä-
che umfassende Objekt geschlossen. Einige Flächen unterteilte sie in kleinere Abschnitte und vermietete diese weiter. Andere Teile des Grundstücks wurden entweder von der Beklagten selbst genutzt oder blieben ungenutzt. Im Hinblick auf den Ablauf des zwischen der Klägerin und der Hauptmieterin bestehenden Mietverhältnisses zum 31. Dezember 2000 verhandelten die Parteien über die Konditionen eines zwischen ihnen zu schließenden Mietvertrags. Eine Einigung kam jedoch nicht zustande. Mit Schreiben vom 4. Januar 2001 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, daß die weitere Nutzung des Grundstücks rechtsgrundlos erfolge.
Mit der Klage hat die Klägerin - neben der Räumung des Objekts und einer Auskunft über die Namen und Anschriften der Untermieter der Beklagten - ein nach dem objektiven Mietwert berechnetes Nutzungsentgelt in Höhe von 469.457,12 € für den Zeitraum vom 1. Februar 2001 bis zum 30. Juni 2001 sowie von 94.402,12 € monatlich ab dem 1. Juli 2001 geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels den Zahlungsantrag für den Zeitraum bis Ende Juni 2001 insgesamt und für die Zeit ab 1. Juli 2001 wegen des 50.677,54 € nebst Zinsen übersteigenden Betrags abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe - über die von der Beklagten zugestandenen Mieteinnahmen von 50.677,54 € hinaus - keinen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen gemäß den §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB. Zwar sei die Beklagte seit Anfang Januar 2001 hinsichtlich ihres Besitzrechts nicht in gutem Glauben gewesen. Die Klägerin habe jedoch die Mieteinnahmen der Beklagten nicht vorgetragen und auch nicht substantiiert dargelegt, welche Gebäude oder Gebäudeteile von der Beklagten selbst genutzt und inwieweit Nutzungen nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft schuldhaft nicht gezogen worden seien. Eine solche Darlegung sei erforderlich , weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 988 BGB der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden könne, wenn Nutzungen gezogen worden seien; vielmehr beschränke sich der Anspruch in diesem Fall auf die Herausgabe der tatsächlich gezogenen Nutzungen. Entsprechendes müsse für den Anspruch aus § 987 Abs. 1 BGB gelten. Die Vorschrift des § 987 Abs. 2 BGB, die den Ersatz für nicht gezogene Nutzungen von einem Verschulden des Besitzers abhängig mache, liefe nämlich leer, wenn der Eigentümer den objektiven Mietwert der Sache bereits nach § 987 Abs. 1 BGB, also unabhängig von einem Verschulden, verlangen könne. Sofern die Klägerin zu der erforderlichen Darlegung nicht imstande sei, müsse sie zunächst Auskunft von der Beklagten verlangen.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines „Nutzungsentgelts“ nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses bestimmt. Nach gefestigter Rechtsprechung finden die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB auf den Besitzer, dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist (Senat, Urt. v. 24. November 1995, V ZR 88/95, NJW 1996, 921 m.w.N.), und damit auch auf den infolge des Wegfalls des Hauptmietvertrags nicht mehr zum Besitz berechtigten Untermieter Anwendung (BGHZ 131, 95, 102 f.; Senat, Urt. v. 6. November 1968, V ZR 85/65, LM § 987 BGB Nr. 10; ebenso: Staudinger / Gursky, BGB [1999], Vorbem. zu §§ 987-994 Rdn. 24; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., Vorb. v. § 987 Rdn. 16; a.A. Staudinger/Emmerich, BGB [2003], § 540 Rdn. 30; Greiner, ZMR 1998, 403 ff.).
Da die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit Anfang 2001 Kenntnis von ihrem fehlenden Besitzrecht hatte, ist sie verpflichtet, die ab diesem Zeitpunkt gezogenen Nutzungen herauszugeben (§ 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 1 BGB) und schuldhaft nicht gezogene Nutzungen zu ersetzen (§ 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 2 BGB).
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne auf dieser Grundlage nicht Ersatz des objektiven Ertragswerts ihres Eigentums verlangen, sondern müsse zur schlüssigen Darlegung der Anspruchshöhe im einzelnen darlegen, für welche Flächen die Beklagte Mieteinnahmen erzielt, welche sie selbst genutzt und in welcher Höhe sie nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft schuldhaft keine Nutzungen gezogen habe.


a) Zwar kann der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen nach § 987 Abs. 1 BGB nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden, wenn tatsächliche Nutzungen in Form von Früchten (z.B. Mietzins) gezogen worden sind. Andernfalls entstünde ein Widerspruch zu § 987 Abs. 2 BGB, der die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen nur nach Rechtshängigkeit bzw. bei Bösgläubigkeit des Besitzers (§ 990 Abs. 1 BGB) und unter der zusätzlichen Voraussetzung des Verschuldens anordnet (Senat, Urt. v. 21. September 2001, V ZR 228/00, NJW 2002, 60, 61). Hieraus folgt, daß der gutgläubige, unverklagte Besitzer, der die Sache nicht selbst genutzt, sondern weitervermietet hat, nur auf Herausgabe des Mietzinses nach § 987 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden kann. Demgemäß gehört hier die Angabe der tatsächlichen Mieteinnahmen zu einem schlüssigen Klagevortrag.

b) Auch im Fall eines verschärft haftenden, also bösgläubigen oder verklagten Besitzers sind der Anspruch aus § 987 Abs. 1 BGB einerseits und derjenige aus § 987 Abs. 2 BGB andererseits grundsätzlich auseinander zu halten. Hinsichtlich der an einen schlüssigen Klagevortrag zu stellenden Anforderungen ist aber zu beachten, daß der Eigentümer zu dem für den Anspruch aus § 987 Abs. 2 BGB zusätzlich erforderlichen Verschulden grundsätzlich keinen gesonderten Vortrag halten muß. Ermöglicht der Besitz - wie hier - objektiv eine Nutzung, handelt der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer regelmäßig schuldhaft , wenn er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht erfüllt (BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001, IX ZR 401/99, NJW 2002, 1050, 1052). Demgemäß hat der Besitzer in entsprechender Anwendung des § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.) darzulegen und zu beweisen, daß ihm die unterlassene Ziehung von Nutzungen nicht vorzuwerfen ist (vgl. Pa-
landt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 987 Rdn. 8; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, § 987 Rdn. 79; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 2, 2. Aufl., § 987 Rdn. 2 sowie Staudinger/Gursky, BGB [1999], Vorbem. zu §§ 987-993 Rdn. 69 u. § 989 Rdn. 35). Für die Zeit nach Rechtshängigkeit oder Eintritt der Bösgläubigkeit ist eine auf Ersatz des objektiven Ertragswerts gerichtete Klage deshalb unabhängig davon schlüssig, wie der Besitzer die Sache genutzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001, IX ZR 401/99, aaO). Hat er sie unter Wert vermietet, schuldet er Herausgabe der Mieteinnahmen nach § 987 Abs. 1 BGB und Ersatz der Differenz zum üblichen Mietzins nach § 987 Abs. 2 BGB. Hat der Besitzer die Sache selbst genutzt, schuldet er Ersatz des objektiven Mietwerts, weil hiernach seine Gebrauchvorteile bewertet werden (vgl. Senat, Urt. v. 21. September 2001, V ZR 228/00, NJW 2002, 60, 61). Hat er keine Nutzungen gezogen, ist der übliche Mietzins nach § 987 Abs. 2 BGB zu ersetzen. Es obliegt dann dem Besitzer einzuwenden, daß er einen geringeren Betrag schuldet , weil er ohne sein Verschulden ganz oder teilweise keine Nutzungen aus der Sache gezogen hat. Der Schlüssigkeit eines alternativ auf § 987 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gestützten Klageantrags (zur Möglichkeit, einander ausschließende Anspruchsgrundlagen geltend zu machen, vgl. BGHZ 19, 387, 390; BGH, Urt. v. 20. Mai 1987, VIII ZR 282/86, WM 1987, 1013) steht nicht entgegen, daß der Besitzer, der fehlendes Verschulden an einer unterlassenen Nutzziehung einwenden will, hierzu notwendigerweise auch darlegen muß, inwieweit die Sache während seiner Besitzzeit ungenutzt geblieben ist. Zwar handelt es sich dabei um eine Tatbestandsvoraussetzung des § 987 Abs. 2 BGB, auf die sich seine - auf das fehlende Verschulden beschränkte - Darlegungs- und Beweislast nicht be-
zieht. Ein sachlicher Grund, es dem Eigentümer deshalb zu verwehren, seine Klage auf Herausgabe bzw. Ersatz des dem objektiven Ertragswert der Sache entsprechenden Betrags alternativ auf § 987 Abs. 1 und § 987 Abs. 2 BGB zu stützen, folgt hieraus indessen nicht. Insbesondere wird der Besitzer nicht gezwungen , Informationen preiszugeben, die der Eigentümer sonst nicht erlangen könnte. Der Besitzer ist aufgrund des Auskunftsanspruchs des Eigentümers über die von ihm gezogenen Nutzungen (§ 260 BGB, vgl. BGHZ 32, 76, 96 für § 988 BGB) materiell-rechtlich verpflichtet, nähere Angaben zu der Vermietungssituation während seiner Besitzzeit zu machen. Es ist ihm deshalb zuzumuten , im Rahmen des Entlastungsbeweises darzulegen, in welchen Zeiträumen oder hinsichtlich welcher Teile er aus der Sache des Eigentümers schuldlos keine Nutzungen zu ziehen vermochte.

III.


Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben, soweit e s zu Lasten der Klägerin ergangen ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu dem objektiven Ertragswert des von der Beklagten innegehaltenen Gewerbeobjekts treffen kann. Ferner ist der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu ergänzen.
Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht, soweit erforderlich, auch zu prüfen haben, ob die Klage unter dem Gesichtspunkt des Verzugs der Beklagten mit der Herausgabe des Objekts (§ 990 Abs. 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 1 BGB a.F.) begründet ist.

Sollte es für die neue Entscheidung - trotz der Möglichkeit der Klägerin, Nutzungsersatz in Höhe des objektiven Mietwerts zu verlangen - auf die Höhe der tatsächlich gezogenen Nutzungen ankommen, wird das Berufungsgericht den von der Revision zu Recht als übergangen gerügten Vortrag der Beklagten zu berücksichtigen haben, sie habe vor Juli 2001 Mieteinnahmen von ca. 23 DM/qm bei einem Leerstand von 25 % erzielt (Berufungsbegründung S. 2 u. 5, GA I/168 u. 171). Im übrigen wäre hinsichtlich der Darlegung der Mieteinnahmen - ungeachtet des daneben bestehenden materiell-rechtlichen Auskunftsanspruchs der Klägerin - eine sekundäre Behauptungslast der Beklagten (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w.N.) naheliegend und daher von dem Berufungsgericht zu erwägen.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

Hat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesamtpreis gekauft, so hat der Vorkaufsberechtigte einen verhältnismäßigen Teil des Gesamtpreises zu entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, dass der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachteil für ihn getrennt werden können.

(1) Zieht der Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht, obwohl ihm das möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet. Im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hat der Berechtigte hinsichtlich der Nutzungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

(2) Gibt der Schuldner den Gegenstand zurück, leistet er Wertersatz oder ist seine Wertersatzpflicht gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen, so sind ihm notwendige Verwendungen zu ersetzen. Andere Aufwendungen sind zu ersetzen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert wird.

(1) Der Besitzer hat dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht.

(2) Zieht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigentümer zum Ersatz verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.