Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2019 - V ZR 96/18

bei uns veröffentlicht am05.07.2019
vorgehend
Landgericht Bonn, 1 O 253/15, 16.09.2016
Oberlandesgericht Köln, 25 U 30/16, 10.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 96/18 Verkündet am:
5. Juli 2019
Weschenfelder
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Bauschutt recycelndes Unternehmen verstößt nicht gegen die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt, wenn in seinem Betrieb Betonteile, die nicht bekanntermaßen
aus einer Abbruchmaßnahme stammen, bei der mit Bomben im Beton gerechnet
werden muss, vor ihrer Zerkleinerung nicht unter Einsatz technischer Mittel auf
Explosivkörper untersucht werden.

a) Wer die Beeinträchtigung seines Nachbarn durch eine eigene Handlung verursacht
, ist Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB. Seine Qualifikation als Störer
hängt, anders als bei einem mittelbaren Störer und beim Zustandsstörer, nicht
von dem Vorliegen entsprechender Sachgründe dafür ab, ihm die Verantwortung
für das Geschehen aufzuerlegen.
ECLI:DE:BGH:2019:050719UVZR96.18.0


b) Beschäftigte können selbst unmittelbarer Handlungsstörer nur sein, wenn ihnen ein eigener Entschließungsspielraum mit entsprechendem Verantwortungsbereich verbleibt, aber nicht, wenn sie weisungsgebunden sind.
c) Die Regelung in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auf Beeinträchtigungen nicht entsprechend anwendbar, die durch die - unverschuldete - Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg verursacht werden.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2019 - V ZR 96/18 - OLG Köln LG Bonn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Brückner, Weinland und Haberkamp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. April 2018 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte zu 2 ist Miteigentümerin eines Grundstücks, auf dem der Beklagte zu 1 ein Recyclingunternehmen für Bauschutt betreibt. Der angelieferte Bauschutt wird dort zunächst sortiert. Große Betonteile, die nicht in die vorhandene Schreddermaschine passen, werden mit einem Zangenbagger zuvor zerkleinert. Im Jahr 2014 begann ein Mitarbeiter des Beklagten zu 1, mit dem Bagger ein größeres Betonteil zu zerkleinern. Dabei detonierte eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die in das Betonteil einbetoniert war. Auf Grund der Explosion entstanden an Gebäuden auf benachbarten Grundstücken Schäden, welche die Klägerin als Gebäudeversicherin reguliert hat.
2
Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer gegen den Beklagten zu 1 Ansprüche aus unerlaubter Handlung und nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB geltend. Von der Beklagten zu 2 verlangt sie im Wege der Stufenklage Auskunft über die Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses mit dem Beklagten zu 1 und - ebenfalls aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer - auf der Grundlage nachbarrechtlicher Ausgleichsansprüche eine noch zu beziffernde Entschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A.


3
Das Berufungsgericht, dessen im Wesentlichen inhaltsgleiche Entscheidung über Ansprüche anderer Geschädigter in NJOZ 2016, 681 veröffentlicht ist, verneint Ansprüche aus Delikt. Der Beklagte zu 1 habe Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt. Die Unfallverhütungsvorschrift BGV D 23 schreibe eine Prüfung auf Sprengkörper nur für den Umgang mit Schrott vor, nicht für den Umgang mit Beton. Auch die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs lägen nicht vor. Der beeinträchtigenden Handlung fehle es an dem erforderlichen Grundstücksbezug. Für die auf dem Grundstück typischerweise vorgenommenen Arbeiten sei die Explosion nicht risikospezifisch, da Zerkleinerungsarbeiten in der Regel risikolos seien. Die Handlung, die zum Schadenseintritt geführt habe, hätte genauso gut an anderer Stelle vorgenommen werden können. Dass die Explosion bei dem Beklagten zu 1 erfolgt sei, beruhe auf Zufall. Der Beklagte zu 1 sei auch nicht als Störer anzusehen. Ihn habe keine Sicherungspflicht getroffen, mögliche Beeinträchtigungen zu verhindern , denn erfahrungsgemäß enthalte Bauschutt keine Bomben. Das Geschehen sei einem Naturereignis vergleichbar. Der gegen die Beklagte zu 2 erhobene Auskunftsanspruch bestehe bereits mangels Haftung entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht.

B.


4
Die Revision hat keinen Erfolg.
5
I. Zulässigkeit der Revision
6
Das Rechtsmittel ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 insgesamt zulässig. Insbesondere ist die Revision von dem Berufungsgericht nach § 543 Abs. 1 ZPO unbeschränkt zugelassen worden.
7
1. Die Beschränkung einer - wie hier - in der Urteilsformel uneingeschränkt ausgesprochenen Zulassung der Revision kann sich zwar aus den Urteilsgründen ergeben, wenn dort eine als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage aufgeführt wird, die sich nur für einen abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich eine entsprechende Beschränkung der Revision mit der erforderlichen Klarheit und der gebotenen Deutlichkeit aus den Gründen ergibt (vgl. Senat , Urteil vom 14. September 2018 - V ZR 12/17, ZfIR 2018, 766 Rn. 39 mwN).
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2. Daran fehlt es. Das Berufungsgericht hat am Ende seines Urteils ausgeführt , die Revision sei zuzulassen, weil über die Anforderungen an die Sicherungspflichten eines Bauschutt recycelnden Unternehmens zur Abwehr von Detonationen und die entsprechende Anwendbarkeit der Unfallverhütungsvorschrift BGV D 23 auf Bauschutt bislang höchstrichterlich nicht entschieden sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 ergibt sich daraus nicht, jedenfalls nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit und Klarheit, dass die Zulassung der Revision auf eine mögliche deliktische Haftung des Beklagten zu 1 beschränkt werden sollte. Vielmehr bezieht sich das Berufungsgericht mit dem Begriff „Sicherungspflichten“ auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Den gegen die Beklagte zu 2 erhobenen Auskunftsanspruch verneint es allein unter Bezugnahme auf die Ablehnung eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs gegen den Beklagten zu 1. Aus Sicht des Berufungsgerichts hängt der gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch demnach von der Haftung des Beklagten zu 1 entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ab. Dem entspricht die uneingeschränkt ausgesprochene Zulassung der Revision.
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II. Begründetheit der Revision
10
Das Rechtsmittel der Klägerin ist unbegründet.
11
Zu den Zahlungsansprüchen gegen den Beklagten zu 1
12
Im Ergebnis zutreffend verneint das Berufungsgericht Ansprüche der von ihr entschädigten Nachbarn, die nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Klägerin übergegangen wären. Der Beklagte zu 1 ist weder aus unerlaubter Handlung noch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verpflichtet, den Versicherungsnehmern der Klägerin die aus dem Explosionsereignis entstandenen Schäden zu ersetzen oder sie für diese Schäden zu entschädigen. Damit entfällt auch eine Verpflichtung zum Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
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1. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 Abs. 1 u. Abs. 6 StGB.
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a) Eine Haftung auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB setzt - ebenso wie eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 Abs. 1 u. Abs. 6 StGB - zumindest fahrlässiges Verhalten voraus. Fahrlässig handelt nach der auch für die Ausfüllung des Begriffs der Fahrlässigkeit in § 823 BGB heranzuziehenden Regelung in § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Danach ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, zwar grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2014 - VI ZR 299/13, VersR 2014, 642 Rn. 8 f. mwN). Sicherungsmaßnahmen sind umso eher zumutbar, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung sind (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 223/05, VersR 2007, 72 Rn. 11 mwN).

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b) An einer für die eingetretenen Schäden ursächlichen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten zu 1 fehlt es.
16
aa) Ob vor der Zerkleinerung von Betonteilen eine Sichtprüfung auf Explosivkörper zu fordern und dem Beklagten zu 1 diesbezüglich ein Organisationsverschulden anzulasten ist, kann dahinstehen, da nach der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen wird und auch keine Rechtsfehler erkennen lässt, davon auszugehen ist, dass die von Beton umschlossene Bombe von außen nicht erkennbar war. Eine möglicherweise unzureichende Anweisung des Beklagten zu 1 in Bezug auf eine Sichtprüfung von Betonteilen wäre für die Explosion der Bombe daher nicht kausal gewesen, da sich die Bombe nicht durch eine Sichtprüfung des Betonteils hätte auffinden lassen.
17
bb) Zu Recht verlangt das Berufungsgericht von dem Beklagten zu 1 keine weitergehenden Sicherheitsvorkehrungen. Ein Bauschutt recycelndes Unternehmen verstößt nicht gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn in seinem Betrieb Betonteile, die nicht bekanntermaßen aus einer Abbruchmaßnahme stammen, bei der mit Bomben im Beton gerechnet werden muss, vor ihrer Zerkleinerung nicht unter Einsatz technischer Mittel auf Explosivkörper untersucht werden.
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(1) Eine solche Pflicht zur Untersuchung von Betonteilen ergibt sich insbesondere nicht aus der Unfallverhütungsvorschrift BGV D 23 „Sprengkörper und Hohlkörper im Schrott“ der Berufsgenossenschaft Metall vom 1. April 1978 in der Fassung vom 1. April 1982, nach deren § 2 Abs. 2 Satz 1 der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass beim Umgang mit Schrott geprüft wird, ob dieser Sprengkörper enthält. Zwar können die von den Trägern der gesetzlichen Un- fallversicherung erlassenen Unfallverhütungsvorschriften regelmäßig zur Feststellung von Inhalt und Umfang bestehender Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn. 13 mwN). Zu berücksichtigen ist aber, dass die Unfallverhütungsvorschriften die in einem bestimmten Gewerbe gemachten Berufserfahrungen abbilden und dass sie Ausdruck einer Erfahrung über die Gefährlichkeit bestimmter , dort typischer Handlungsweisen sind (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 1971 - VI ZR 58/70, VersR 1972, 149, vom 25. Januar 1983 - VI ZR 92/81, NJW 1983, 1380 und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459, 1460 jeweils mwN). Metallschrott enthält häufig Explosivkörper (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1953 - II ZR 242/52, juris Rn. 10 f. [insoweit in BGHZ 11, 63 nicht abgedruckt]; OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 194, 195). Auf diese typische Gefährlichkeit beim Umgang mit Metallschrott beziehen sich die Sorgfaltsanforderungen in § 2 Abs. 2 Satz 1 der Unfallverhütungsvorschrift BGV D 23. Detonationen bei der Zerkleinerung von Betonteilen zählen dagegen nicht zu den typischen Gefahren in einem Bauschutt recycelnden Unternehmen. § 2 Abs. 2 Satz 1 der genannten Unfallverhütungsvorschrift kann zur Feststellung von Inhalt und Umfang der für den Beklagten zu 1 bestehenden Verkehrssicherungspflichten daher nicht herangezogen werden.
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(2) Eine Pflicht, Betonteile unter Einsatz technischer Mittel auf Explosivkörper zu untersuchen, ergibt sich auch nicht aus den genannten allgemeinen Anforderungen an die von einem Unternehmer in der Situation des Beklagten zu 1 zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen. Angesichts der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von Bomben in zu recycelnden Betonteilen ist auch von einem verständigen, umsichtigen, vorsichtigen und gewissenhaften Betreiber eines Bauschutt recycelnden Unternehmens eine generelle Untersuchung dieser Stoffe auf Explosivkörper nicht zu verlangen. Zudem ließe sich, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt (vgl. auch schon sein Urteil in NJOZ 2016, 681, 684), der mit einer solchen Untersuchung angestrebte Zweck, eine Gefährdung der Bevölkerung zu verhindern, effektiv nur erreichen, wenn der Bauschutt schon vor dem Transport bis zu dem Recyclingunternehmen auf dem Grundstück , auf dem der Abbruch der vorhandenen Bebauung erfolgt, auf das Vorhandensein von Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht würde. Eine solche Untersuchung mag zwar unter Einsatz moderner Durchstrahlungsprüfungssysteme auch an Ort und Stelle vor oder während des Abbruchs von Gebäuden möglich sein. Sie wäre aber überzogen, weil sie ohne konkreten Anlass , gewissermaßen prophylaktisch erfolgen müsste und sich ebenfalls mangels konkreter Anhaltspunkte auch nicht auf einzelne Teile der Fundamente beschränken könnte. Eine Untersuchung von Betonteilen auf das Vorhandensein einbetonierter Sprengkörper kann deshalb nur gefordert werden, wenn der zu verarbeitende Bauschutt bekanntermaßen aus einer Abbruchmaßnahme stammt, bei der mit dem Vorhandensein nicht detonierter Bomben gerechnet werden muss (so auch Günther/Voll, RuS 2016, 277, 279). Es ist jedoch weder festgestellt noch wird von der Revision aufgezeigt, dass der Beklagte zu 1 gewusst hätte oder hätte wissen müssen, dass das detonierte Betonteil aus solch einer Maßnahme stammte. Das Berufungsgericht konnte daher offenlassen, ob, in welchem Umfang und in welchem zeitlichen Rahmen es - wie die Klägerin meint - nach dem Zweiten Weltkrieg üblich war, aufgefundene Blindgänger in Beton einzugießen, um sie so zu „entschärfen“.
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2. Zu Recht sieht das Berufungsgericht auch einen Anspruch aus § 831 Abs. 1 BGB als unbegründet an. Zwar genügt es für eine Haftung nach dieser Vorschrift, wenn - wie hier - ein Verrichtungsgehilfe einem Geschädigten in Ausübung der Verrichtung dadurch einen Schaden zugefügt hat, dass er widerrechtlich einen deliktsrechtlichen Tatbestand im Sinne der §§ 823 ff. BGB verwirklicht hat; auf ein Verschulden des Verrichtungsgehilfen kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1996 - V ZR 280/94, NJW 1996, 3205, 3207 mwN; s.a. BGH, Beschluss vom 4. März 1957 - GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 29). Bei verkehrsrichtigem Verhalten des Gehilfen scheidet eine Haftung mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Norm aber aus (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1996 - V ZR 280/94, NJW 1996, 3205, 3207; BGH, Beschluss vom 4. März 1957 - GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 29 jeweils mwN). So liegt es nach dem zu 1. Ausgeführten hier.
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3. Im Ergebnis zutreffend nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass auch Ansprüche der Nachbarn des Beklagten zu 1 analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht bestehen.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, jedoch aus rechtlichen oder - wie hier - tatsächlichen Gründen nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 311/16, WM 2018, 1761 Rn. 5 mwN).
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b) Entgegen der Annahme der Beklagten zu 2 scheitert ein solcher Anspruch nicht schon daran, dass die Grundstücke der Versicherungsnehmer der Klägerin mehrere hundert Meter von dem Betrieb des Beklagten zu 1 entfernt liegen sollen. Der Umstand, dass Grundstücke nicht aneinandergrenzen, steht einem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juni 1958 - V ZR 49/57, LM Nr. 6 zu § 906 BGB mwN). Er kommt auch in Betracht, wenn die Beeinträchtigung eine zurechenbare Folge eines auf einem entfernter liegenden Grundstück eingerichteten Betriebs ist (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 1977 - V ZR 44/75, BGHZ 69, 105, 111-113 zu Fluglärm eines vier bis fünf Kilometer von dem beeinträchtigten Grundstück entfernt liegenden Flughafens und Urteil vom 16. Dezember 1977 - V ZR 91/75, BGHZ 70, 102, 103 u. 112 zu Fluorabgasen einer bis zu 1.300 Meter von dem beeinträchtigten Grundstück entfernt liegenden Ziegelei).
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c) Es fehlt auch nicht an der Störereigenschaft des Beklagten zu 1. Dieser ist unmittelbarer Handlungsstörer.
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aa) Unmittelbarer Handlungsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung des Nachbarn adäquat kausal durch eine eigene Handlung verursacht. Ein adäquater Ursachenzusammenhang besteht dann, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (Senat, Urteilvom 7. April 2000 - V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 203). Wer die Beeinträchtigung seines Nachbarn durch eine eigene Handlung verursacht, ist Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB. Seine Qualifikation als Störer hängt, anders als bei einem mittelbaren Störer (zu diesem: Senat, Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05, BGH-Report 2006, 637 Rn. 5; vgl. auch Senat, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 118/13, ZNotP 2015, 179 Rn. 15) und beim Zustandsstörer (zu diesem: Senat, Urteile vom 14. November 2014 - V ZR 118/13, ZNotP 2015, 179 Rn. 14 und vom 9. Februar 2018 - V ZR 311/16 WM 2018, 1761 Rn.7), nicht von dem Vorliegen entsprechender Sachgründe dafür ab, ihm die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen.
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Daran ändert sich nichts, wenn die störende Handlung in einem Gewerbebetrieb und nicht von dem Inhaber des Betriebs selbst, sondern von seinen weisungsabhängigen Beschäftigten vorgenommen wird. Hierdurch wird der Betriebsinhaber nicht zu einem sog. mittelbaren Störer, dessen Qualifikation als Störer von dem Vorliegen entsprechender Sachgründe dafür abhängig ist, ihm die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen (Senat, Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05, BGH-Report 2006, 637 Rn. 5; vgl. auch Senat, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 118/13, ZNotP 2015, 179 Rn. 15). Beschäftigte können nämlich selbst unmittelbare Handlungsstörer nur sein, wenn ihnen ein eigener Entschließungsspielraum mit entsprechendem Verantwortungsbereich verbleibt, aber nicht, wenn sie weisungsgebunden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 1978 - V ZR 214/77, DB 1979, 544 f. und Urteil vom 17. Dezember 1982 - V ZR 55/82, NJW 1983, 751).
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bb) Gemessen daran ist der Beklagte zu 1 unmittelbarer Handlungsstörer. Er hat die Zerkleinerungsarbeiten zur Weiterverarbeitung des angelieferten Betonteils zwar nicht selbst durchgeführt. Der Baggerführer, den er damit beauftragt hatte, war aber weisungsabhängig und hatte keinen eigenen Entscheidungsspielraum , sodass die von ihm durchgeführten Arbeiten rechtlich als Handlungen des Beklagten zu 1 zu behandeln sind.
28
Die Nachbarn hätten die Zerkleinerungsarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten zu 1 zwar nicht von vornherein abwehren können. Anknüpfungspunkt für ihren Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB ist nämlich nicht die von dem Grundstück potenziell, wenn vielleicht auch nur bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr, sondern die im Einzelfall bewirkte und zumindest konkret drohende Beeinträchtigung ihres Eigentums (vgl. Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 12). Diese konkrete Gefährdung trat aber ein, als sich der Baggerführer des Beklagten zu 1 anschickte, das Betonteil zu zerkleinern, in dem sich die Bombe befand. Dadurch wurden die Grundstücke der Versicherungsnehmer der Klägerin bei der gebotenen objektiven Betrachtung konkret gefährdet. Denn infolge dieser Arbeiten konnte die Bombe ungewollt zur Explosion gebracht werden. Die Nachbarn hätten deshalb von dem Beklagten zu 1 als Störer nach § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB verlangen können, die drohende Einwirkung auf ihre Grundstücke zu unterlassen. Sie konnten ihre Rechte jedoch aufgrund des Ablaufs des Vorfalls tatsächlich nicht wahrnehmen und waren deshalb einem faktischen Duldungszwang ausgesetzt (vgl. Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 15).
29
d) Der störenden Einwirkung auf die Grundstücke der Versicherungsnehmer der Klägerin fehlt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht der erforderliche Grundstücksbezug.
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aa) Das Berufungsgericht verneint den Grundstücksbezug mit der Begründung , es verwirkliche sich kein für die Nutzung des Grundstücks als Recyclinghof spezifisches Risiko, sondern ein allgemeines Risiko, das sich genauso gut auf einem anderen Grundstück, etwa an der Abbruchstelle, habe verwirklichen können. Ihm ist im Anschluss an sein bereits erwähntes Urteil vom 22. Dezember 2015 (OLG Köln, NJOZ 2016, 681) zu Ansprüchen eines anderen Geschädigten aus demselben Geschehen entgegengehalten worden, ein ausreichender Grundstücksbezug ergebe sich schon daraus, dass sich die Explosion bei der Zerkleinerung des Betonstücks auf dem Betriebsgrundstück der Beklagten ereignet habe (BeckOGK/Klimke, BGB [1. 2. 2018], § 906 Rn. 395.1; Günther/Voll, RuS 2016, 277, 279; aM aber obiter LG München I, Urteil vom 8. Februar 2017 - 15 O 23907/15, juris Rn. 51 a.E.).
31
bb) Dieser Einwand trifft zu.
32
(1) Der Anwendungsbereich des Ausgleichsanspruchs ist allerdings nur eröffnet, wenn das beeinträchtigende Verhalten dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist. Nicht in den Anwendungsbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs fallen demgegenüber diejenigen störenden Verhaltensweisen, die zwar auf dem Grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifische Beziehung der Grundstückseigentümer oder -nutzer zueinander nicht berührt wird. Dies kann etwa deshalb der Fall sein, weil eine Handlung nur gelegentlich des Aufenthalts auf dem Grundstück, wenn auch durch den Eigentümer oder Nutzer , vorgenommen wird, genauso gut aber an anderer Stelle vorgenommen werden könnte. Diese Voraussetzung hat der Senat bei dem Abschießen einer Feuerwerksrakete am Neujahrstag angenommen, die ihre Flugbahn unerwartet änderte und das Anwesen des Nachbarn in Brand setzte (Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 20 f.). Das bedeutet aber nicht, dass der erforderliche Grundstücksbezug bei einem Feuerwerk stets fehlt. Er läge etwa vor, wenn der Betreiber eines Vergnügungsparks dessen Attraktivität durch das regelmäßige Abbrennen von Feuerwerken erhöhen möchte und bei dem Abbrennen eines solchen Feuerwerks das Grundstück eines Nachbarn beschädigt wird (Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 23 zu dem Fall RG, JW 1927, 45).
33
(2) Gemessen daran besteht hier der erforderliche Grundstücksbezug. Die Explosion der Bombe ist durch die Zerkleinerungsarbeiten des - bei dem Vorfall zu Tode gekommenen - Baggerführers des Beklagten zu 1 ausgelöst worden. Diese Arbeiten waren typisch für die konkrete Nutzung des Grundstücks durch den Beklagten zu 1, der auf dem Grundstück ein Unternehmen zur Weiterverarbeitung von Bauschutt betreibt. Sie hätten aus Sicht des Beklagten zu 1 nicht ebenso gut an beliebiger anderer Stelle vorgenommen werden können.
34

e) Eine Haftung des Beklagten zu 1 scheidet aber aus einem anderen Grunde aus. Die Regelung in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auf Beeinträchtigungen nicht entsprechend anwendbar, die durch die - unverschuldete - Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg verursacht werden.
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aa) Die entsprechende Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Beeinträchtigungen, die das Grundstück des Nachbarn durch eine rechtswidrige Einwirkung des Eigentümers oder - hier - Besitzers eines Grundstücks, die der Nachbar aus rechtlichen oder - hier - tatsächlichen Gründen nicht abwehren kann, beruht auf dem Zweck der Vorschrift. Durch § 906 BGB soll der bei der Nutzung eines Grundstücks im Verhältnis zu den benachbarten Grundstücken möglicherweise auftretende Konflikt in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden. In der Regelung findet die Situationsgebundenheit des Grundeigentums ihren Ausdruck, durch die das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis und die hieraus erwachsenden wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten ihre Prägung erfahren (Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 19).
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bb) Zu diesen mit dem Instrument des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs sachgerecht zu bewältigenden Konfliktlagen gehören Beeinträchtigungen nicht, die durch die - unverschuldete - Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg an den Nachbargrundstücken verursacht werden. Die entsprechende Anwendung der in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmten verschuldensunabhängigen Haftung des Eigentümers oder des Besitzers des beeinträchtigenden Grundstücks auf solche Beeinträchtigungen überschritte die Grenzen richterlicher Gestaltungsmacht; eine solch weitgehende Haftung könnte nur durch den Gesetzgeber angeordnet werden.
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(1) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch beruht maßgeblich auf der Wertung, dass der Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks, von dem die rechtswidrige Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke ausgeht, der Beeinträchtigung und ihren Folgen näher steht als die Nachbarn. Er ist gegeben, wenn sich ein zu erwartendes oder auch eher ungewöhnliches Risiko verwirklicht , das in der Nutzung oder in dem Zustand des Grundstücks angelegt ist. In solchen Fällen führt der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch zu einer sachgerechten Verantwortungszuweisung. Beispiele aus der Rechtsprechung sind die Nutzung eines Grundstücks als Muschelkalksteinbruch, bei dem die Gesteinsbrocken nicht mechanisch, sondern durch gezielte Sprengungen aus dem Fels gelöst werden (Senat, Urteil vom 13. Februar 1976 - V ZR 55/74, BGHZ 66, 70, 74) oder das regelmäßige Abbrennen von Feuerwerken auf dem Gelände eines Vergnügungsparks (RG, JW 1927, 45; vgl. dazu: Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 23). Die mit der Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verbundene Verantwortungszuweisung kann deshalb auch bei der Beeinträchtigung durch die Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg zu einem sachgerechten Ergebnis führen, wenn dieses Risiko in der Nutzung des Grundstücks angelegt ist. Das wäre etwa bei der Nutzung eines Grundstücks zur Entschärfung oder kontrollierten Sprengung solcher Blindgänger oder für die Verarbeitung von Bauschutt der Fall, der im Verdacht steht, solche Blindgänger zu enthalten. Eine solche Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verarbeitet der Beklagte zu 1 auf seinem Betriebsgrundstück „normalen“ Bauschutt. In dieser Grundstücks- nutzung angelegte Risiken und Gefahren (Herausspringen von Betonteilen aus dem Schredder, Absprengen von Betonteilen beim Zerkleinern größerer Betonblöcke mit dem Zangenbagger, Platzen von Hydraulikschläuchen an den eingesetzten Maschinen usw.) haben sich hier nicht verwirklicht.
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(2) Ist die Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg aber nicht in der Nutzung des Grundstücks angelegt, stehen der Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks, auf dem ein Blindgänger explodiert, dem verwirklichten Risiko nicht näher oder ferner als die übrigen Beteiligten. Eine solche Explosion ist dann nämlich nicht mehr Ausdruck der Situationsbezogenheit des Grundstückseigentums oder Folge der in dem Zustand oder in der Nutzung des Grundstücks angelegten Risiken. Sie trifft die Beteiligten gleichermaßen zufällig und schicksalhaft. Ihre Folgen lassen sich generell und gerade auch in dem hier gegebenen Fall einer Verlagerung des Explosionsrisikos mit dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht sachgerecht bewältigen. Müsste der Eigentümer - hier der Besitzer - des Grundstücks, auf dem ein solcher Blindgänger explodiert , für die dadurch verursachten Beeinträchtigungen analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ohne Rücksicht auf Verschulden einstehen, würde ihm allein ein - letztlich als Spätfolge des Zweiten Weltkriegs gesamtgesellschaftliches - Risiko angelastet, das ihn nur zufällig trifft. Die Zufälligkeit des Risikos zeigt sich besonders deutlich im vorliegenden Fall. Hier ist der Blindgänger nicht auf dem Grundstück explodiert, auf dem er beim Abwurf während des Zweiten Weltkriegs niedergegangen ist, sondern auf dem Betriebsgrundstück des Beklagten zu 1, auf das er nur gelangen konnte, weil er zufällig weder bei dem Abbruch des Fundaments, in das er einbetoniert worden war, noch beim Abtransport explodiert ist.
39
(a) Zwar wird allgemein bekannt sein, dass ein erheblicher Teil der bei den Luftangriffen der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs abgeworfenen Bomben nicht detoniert ist und dass auch heute noch, mehr als 70 Jahre nach Kriegsende, immer wieder bei Bauarbeiten an Grundstücken Blindgänger aufgefunden werden, die dann entschärft oder kontrolliert gesprengt werden müssen. Das Wissen um diese allgemeinen Fakten kann aber entgegen der Ansicht der Klägerin ebenso wie das allgemeine Wissen darum, dass vor allem die deutschen Großstädte intensiv bombardiert worden sind, von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen wie einer genauen Kartographie der Abwurfstellen abgesehen , nicht zum Schutz vor unverschuldeten Explosionen von Blindgängern genutzt werden. Es fehlt an den erforderlichen Anknüpfungspunkten für zielgerichtete Untersuchungen, insbesondere der Fundamente von in den letzten Kriegsjahren und nach dem Krieg errichteten Gebäuden, auf das Vorhandensein von einbetonierten Blindgängern. Deshalb können jedenfalls heute, Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, die Eigentümer und Besitzer der betroffenen Grundstücke nicht überblicken, ob sich Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg auf ihnen befinden und ob diese in die Fundamente von Gebäuden auf dem Grundstück einbetoniert worden sind. Die unverschuldete Explosion eines Blindgängers auf einem Grundstück ist für dessen Eigentümer oder Besitzer ein zufälliges, schicksalhaftes Ereignis, das jeden anderen Grundstückseigentümer oder -besitzer genauso hätte treffen können. Ob eine solche Explosion ohne Zutun von außen, etwa durch Durchrosten des Zündme- chanismus‘, oder durch einemehr oder weniger zufällige Handlung des Eigentümers oder Besitzers des Grundstücks ausgelöst wird, ist für diese Wertung ohne Bedeutung.
40
(b) Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hervorgehobene Gesichtspunkt, dass sich das Risiko , dass mit normalem Bauschutt auch Betonteile mit einbetonierten Blindgängern angeliefert werden, erhöhe, wenn man als Recyclingunternehmen wie der Beklagte zu 1 Bauschutt verschiedener Provenienz entgegennehme und verarbeite, stellt diesen Befund nicht in Frage. Er zeigt vielmehr, dass sich die Risiken nur beherrschen ließen, wenn die Stellen, an denen sich Blindgänger befinden können, flächendeckend ermittelt oder wenn die abzubrechenden Bauwerke oder der bei dem Abbruch entstehende Bauschutt schon an der Abbruchstelle auf etwa einbetonierte Bomben und Sprengkörper untersucht wür- den. Beides ist aber mit vertretbarem Aufwand weder von den staatlichen Stellen noch von den betroffenen Grundstückseigentümern und -besitzern zu leisten. Nichts Anderes gilt für eine nachfolgende Kontrolle auf dem Betriebsgelände der Recyclingunternehmen, die den Bauschutt weiterverarbeiten; sie käme zudem nicht selten zu spät, weil in Betonteilen unerkannt angelieferte Bomben schon durch den Abladevorgang zur Detonation gebracht werden können.
41
Zum Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu 2
42
Zu Recht hält das Berufungsgericht einen Auskunftsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 für unbegründet. Diese könnte der Klägerin zur Auskunft über die Nutzungsverhältnisse nur verpflichtet sein, wenn ihre Haftung analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht käme. Diese scheidet aber aus demselben Grund aus wie die Haftung des Beklagten zu 1. Hierauf wird Bezug genommen.

C.


43
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Weinland Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 16.09.2016 - 1 O 253/15 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.04.2018 - 25 U 30/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2019 - V ZR 96/18

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 86 Übergang von Ersatzansprüchen


(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werd

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

39
1. Die Beschränkung einer - wie hier - in der Urteilsformel uneingeschränkt ausgesprochenen Zulassung der Revision kann sich zwar aus den Urteilsgründen ergeben, wenn dort eine als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage aufgeführt wird, die sich nur für einen abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich eine entsprechende Beschränkung der Revision mit der erforderlichen Klarheit und der gebotenen Deutlichkeit aus den Gründen ergibt (vgl. zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17, NJW 2018, 1880 Rn. 9-11).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Tenor

Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 25. Juni 2013 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin zu 1 72 % und die Klägerin zu 2 28 % der Kosten des Rechtstreits trägt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerinnen - ein gesetzlicher Krankenversicherer (Klägerin zu 1) und ein gesetzlicher Pflegeversicherer (Klägerin zu 2) - verlangen von den beiden Beklagten, einer Tief- und Straßenbaugesellschaft (Beklagte zu 1) und einer Stadt (Beklagte zu 2), aus übergegangenem Recht ihres geschädigten Versicherten Schadensersatz wegen eines Glatteisunfalls am 5. Februar 2010 in W.

2

Der Geschädigte ging an diesem Tag gegen 15.00 Uhr bei winterlichen Verhältnissen von seiner Wohnung in der Lindenstraße in W. kommend durch die Straße Spargelkamp, um nach rechts in die Feldstraße abzubiegen, durch die er seinen Weg in Richtung Bahnhofstraße fortsetzen wollte. In der Feldstraße führte die Beklagte zu 1 im Auftrag der Beklagten zu 2 seit Mitte September 2009 Tiefbauarbeiten durch, die am 19. Dezember 2009 wegen winterlicher Verhältnisse bis Mitte März 2010 unterbrochen wurden. Die Feldstraße war infolgedessen halbseitig gesperrt und nur für den Anliegerverkehr freigegeben. Die Absperrung umfasste auch den im Bau befindlichen Gehweg von der Einmündung der Straße Spargelkamp aus gesehen rechts in Richtung Bahnhofstraße. Der gegenüberliegende Gehweg auf der linken Seite in Richtung Bahnhofstraße war jedoch bereits fertiggestellt, gestreut und für Fußgänger begehbar.

3

Der Geschädigte kam bei dem Versuch, in Höhe der Einmündung Spargelkamp die Feldstraße zu überqueren, um auf den gegenüberliegenden Bürgersteig zu gelangen, infolge einer unter dem Schnee verborgenen starken Eisglätte zu Fall und schlug dabei mit dem Hinterkopf auf. Die zunächst einsetzenden Kopfschmerzen verstärkten sich und es traten erste Lähmungserscheinungen auf. Der Geschädigte wurde am Folgetag wegen eines Schädelhirntraumas stationär ins Krankenhaus aufgenommen und neurochirurgisch versorgt. Er ist inzwischen ein Pflegefall.

4

Die Klägerinnen verlangen aus übergegangenem Recht ihres Versicherten Schadensersatz wegen der von ihnen erbrachten Aufwendungen und haben zuletzt beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 einen Betrag von 53.203,13 € nebst Zinsen sowie 8.158,72 € nebst Zinsen, an die Klägerin zu 2 einen Betrag von 19.830,33 € nebst Zinsen sowie 2.800 € nebst Zinsen zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, an die Klägerinnen alle ihnen infolge des Unfalls ihres Versicherten noch entstehenden übergangsfähigen Aufwendungen zu ersetzen.

5

Das Landgericht hat der Zahlungsklage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 30 % dem Grunde nach stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägerinnen 70 % der noch entstehenden übergangsfähigen unfallbedingten Aufwendungen ihres Versicherten zu ersetzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Klägerinnen insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

I.

6

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte zu 1 habe keine gegenüber dem Geschädigten bestehende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Eine solche folge insbesondere nicht aus § 45 Abs. 2, Abs. 6 StVO i.V.m. Teil A Abschn. 1.3 Abs. 11 der Richtlinie für Sicherheit von Arbeitsstellen (RSA). Soweit die Beklagte zu 1 der Verpflichtung, einen 1 m breiten Gehweg für Fußgänger zur Verfügung zu stellen, nicht nachgekommen sei, stelle dies keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, weil gegenüber ein gestreuter Bürgersteig vorhanden gewesen sei. Die RSA diene vorrangig der Sicherung des Verkehrs vor Gefahren, die von der Arbeitsstelle selbst und den direkt angrenzenden Verkehrsflächen ausgingen, wie aus der Vorbemerkung Ziffer 1.1 Abs. 2 folge. Danach dienten die Sicherungsmaßnahmen unter anderem dem Schutz der Verkehrsteilnehmer. Fußgänger sollten mithin vor den Gefahren der Baustelle selbst und davor geschützt werden, dass sie aufgrund des Umfangs der Baustelle die Straße benutzen müssten und dort den von Fahrzeugen und Radfahrern ausgehenden Gefahren ausgesetzt seien. Hier habe für den Geschädigten aber die Möglichkeit bestanden, den der Baustelle gegenüberliegenden, gestreuten Bürgersteig in der Feldstraße zu benutzen, so dass es zur Verkehrssicherung nicht erforderlich gewesen sei, daneben einen Notweg auf der anderen Straßenseite außerhalb des eigentlichen Verkehrsbereichs bereitzustellen. Aus dem Bauvertrag ergebe sich nichts Gegenteiliges. Danach habe der Fußgängerverkehr während der Bauarbeiten in beschränktem Maße aufrechterhalten werden sollen. Zwar sei der Geschädigte durch die Sperrung des rechten Gehwegs beim Überqueren der Feldstraße wegen der dort reduzierten Anforderungen an die Räum- und Streupflicht einem erhöhten Sturzrisiko ausgesetzt gewesen. Diesem Risiko seien aber auch die Fußgänger ausgesetzt gewesen, die nach links hätten abbiegen wollen. Zudem bestehe beim Passieren einer Kreuzung stets ein erhöhtes Sturzrisiko infolge einer im Fahrbahnbereich herabgesetzten Räum- und Streupflicht. Bejahe man eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1, fehle es jedenfalls an der Kausalität für den eingetretenen Schaden, denn dem Geschädigten habe eine sichere Alternativroute zur Verfügung gestanden. Er hätte den 200 m längeren Weg über den geräumten Kronskamp nehmen können. Dies sei für einen im 67. Lebensjahr befindlichen Geschädigten zumutbar, zumal Menschen in diesem Alter heutzutage deutlich mobiler und rüstiger seien als noch vor 30 bis 40 Jahren. Eine Obergrenze sei in den von den Klägerinnen genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht festgelegt. Ein höheres Sturzrisiko aufgrund des längeren Wegs bestehe nicht. Eine Haftung der Beklagten zu 2 entfalle, da bereits eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 nicht vorliege. Ob ein Anspruch der Klägerinnen nicht ohnehin wegen des Mitverschuldens ihres Versicherten zu versagen sei, könne dahinstehen.

II.

7

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagten verneint.

8

1. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (vgl. Senatsurteile vom 6. März 1990 - VI ZR 246/89, VersR 1990, 796, 797; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04, VersR 2006, 233 Rn. 9; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05, VersR 2007, 659 Rn. 14; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07, VersR 2008, 1083 Rn. 9; vom 9. September 2008 - VI ZR 279/06, VersR 2008, 1551 Rn. 10; vom 2. März 2010 - VI ZR 223/09, VersR 2010, 544 Rn. 5; vom 15. Februar 2011 - VI ZR 176/10, VersR 2011, 546 Rn. 8; vom 2. Oktober 2012 - VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30 Rn. 6, und vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 369/12, VersR 2014, 78 Rn. 13; jeweils mwN). Verkehrssicherungspflichtig ist auch derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine eingetretene Gefahrenlage andauern lässt (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1985 - VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773, 1774; vom 2. Oktober 2012 - VI ZR 311/11, aaO; vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 369/12, aaO; BGH, Urteile vom 2. Februar 2006 - III ZR 159/05, VersR 2006, 803 Rn. 12, und vom 16. Februar 2006 - III ZR 68/05, VersR 2006, 665 Rn. 13).

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2. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. Senatsurteile vom 6. März 1990 - VI ZR 246/89, aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04, aaO Rn. 10; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05, aaO Rn. 15; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07, aaO; vom 9. September 2008 - VI ZR 279/06, aaO; vom 2. März 2010 - VI ZR 223/09, aaO Rn. 6; vom 15. Februar 2011 - VI ZR 176/10, aaO Rn. 9; vom 2. Oktober 2012 - VI ZR 311/11, aaO Rn. 7, und vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 369/12, aaO Rn. 14). Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 2012 - VI ZR 311/11, aaO Rn. 8, und Urteil vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 369/12, aaO Rn. 15). Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74, VersR 1975, 812; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02, VersR 2003, 1319; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04, aaO Rn. 11; vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05, VersR 2006, 1083 Rn. 8, und vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 369/12, aaO).

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3. Von einer Fallgestaltung im letzteren Sinne ist das Berufungsgericht im vorliegenden Fall ohne Rechtsfehler ausgegangen.

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a) Im Streitfall hat sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Gefahr verwirklicht, die von der Baustelle als solcher ausgegangen ist, denn diese war durch Absperrgitter für Fußgänger vollständig gesperrt. Es hat sich vielmehr eine Sturzgefahr verwirklicht, die von der nicht geräumten und gestreuten Feldstraße ausging. Hieraus leitet die Revision aber keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht her. Eine solche hätte in diesem Zusammenhang allenfalls der Beklagten zu 2 oblegen und bestand wegen der untergeordneten Bedeutung der wegen der Baumaßnahme nur für den Anliegerverkehr zugänglichen Feldstraße offensichtlich nicht. Die Revision macht hingegen geltend, die Beklagten hätten ihre Verkehrssicherungspflicht deshalb verletzt, weil auf der rechten Seite der Feldstraße im Bereich der Baustelle kein Notweg für Fußgänger vorhanden gewesen sei und deshalb Fußgänger bei winterlichen Verhältnissen die Feldstraße überqueren mussten, um zu dem auf der anderen Seite befindlichen Bürgersteig zu gelangen. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht aus diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht jedoch mit Recht verneint.

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b) Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen des fehlenden Notwegs lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht aus § 45 Abs. 2, Abs. 6 StVO i.V.m. der Richtlinie für Sicherheit an Arbeitsstellen (RSA) und den in diesem Zusammenhang ergangenen Anordnungen der Beklagten zu 2 herleiten.

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aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt im Verhältnis zur Beklagten zu 2 eine Verpflichtung der Beklagten zu 1 bestand, im maßgeblichen Baustellenbereich einen 1 m breiten Gehweg für Fußgänger offen zu halten. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich dies nicht aus den Vorgaben des Regelplans B I/5 herleiten. Die Revisionserwiderungen weisen insoweit zutreffend darauf hin, dass entsprechende Regelpläne nicht Arbeitsstellen auf Gehwegen, sondern auf Fahrbahnen betreffen. Der Regelplan B I/5 bestimmt dabei für zweistreifige Fahrbahnen mit halbseitiger Sperrung und geringer Verkehrsstärke die einzurichtende Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen. Da sich der Regelplan mithin auf die Fahrbahn bezieht, war der auf der in Bezug genommenen Skizze vorhandene Fußweg von der Straßenbaumaßnahme selbst nicht betroffen und blieb daher offen. Die Einbeziehung der Gehwege ergab sich hingegen aus dem Bauvertrag. Nach dessen Vereinbarungen sollten auch die Gehwege in die Baumaßnahme einbezogen und der Fußgängerverkehr dabei in einem beschränkten Maße während der Bauarbeiten aufrechterhalten werden, wobei die notwendigen Sicherungen wie Absperrungen und Bauzaun von der Beklagten zu 1 zu stellen waren. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass dieser vertraglichen Vorgabe mit dem Offenhalten eines Gehwegs auf einer Straßenseite Rechnung getragen war und es nicht zusätzlich der Vorhaltung eines Notwegs im Bereich der Baustelle bedurfte.

14

bb) Auch im Übrigen sehen die RSA nicht vor, dass ein in den Bereich einer Baustelle fallender Gehweg unter allen Umständen offen gehalten werden muss. In Teil A 10 Verkehrsführung und -regelung heißt es unter 10.0 Allgemeines Abs. 1 Satz 1:

"In welcher Form (z.B. Teilsperrung, Überleitung) und in welchem Umfang Kraftfahrzeug-, Rad- und Fußgängerverkehr im Bereich einer Arbeitsstelle geführt werden kann, ist aufgrund der örtlich verfügbaren Flächen zu entscheiden."

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Ein Anspruch auf unveränderte Nutzungsmöglichkeit der Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs besteht nicht (Teil A 1.3.3 Abs. 2 RSA). Den Fußgängern kann zugemutet werden, während einer Baumaßnahme die Straßenseite zu wechseln und den gegenüberliegenden Gehweg zu benutzen. Dies gilt grundsätzlich auch bei winterlichen Verhältnissen.

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c) Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht und der Revision davon ausgehen wollte, die behördliche Anordnung vom 15. Dezember 2009 in Verbindung mit der RSA hätte die Einrichtung eines Notwegs für Fußgänger im Bereich der Gehwegbaustelle auf der rechten Seite der Feldstraße vorgesehen, könnte aus dessen Fehlen keine Haftung der Beklagten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hergeleitet werden.

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aa) Die Sicherungspflichten bei Straßenbaustellen richten sich nach dem allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsatz, wonach derjenige, der eine Gefahrenquelle für den Verkehr schafft, alles ihm Zumutbare zu tun hat, um eine Verwirklichung dieser Gefahr zu verhindern (vgl. etwa Senatsurteil vom 8. Februar 1977 - VI ZR 217/74, VersR 1977, 543, 544). Ein Bauunternehmer, der auf öffentlichen Straßen Arbeiten durchführt, hat die Baustelle kenntlich zu machen und abzusichern, wobei jeweils die konkreten örtlichen Verhältnisse, die Art und Weise der Benutzung des betroffenen Verkehrsraums und die durch diese Umstände bedingte Gefahrenlage im Einzelfall für den Inhalt und Umfang der zu treffenden Maßnahmen ausschlaggebend sind (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2006, 855 f.). Die RSA bieten zwar Anhaltspunkte für die Verkehrsregelung in Baustellenbereichen und können in Einzelfällen auch Anhaltspunkte für die Verkehrsanschauung über Absicherungsmaßnahmen enthalten (vgl. etwa OLG Düsseldorf, VersR 2006, 666, 667). Nach allgemeinen Grundsätzen stellen sie jedoch als untergesetzliche Norm keine verbindliche Regelung der Sorgfaltsanforderungen des Sicherungspflichtigen dar. Die RSA (vgl. Ziffer A.1.3.1 Abs. 1 RSA) weisen ausdrücklich darauf hin, dass neben den speziellen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts bei der Einrichtung und Absicherung von Arbeitsstellen auf Straßen eine Reihe verwaltungsrechtlicher und zivilrechtlicher Vorschriften, insbesondere die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, zu beachten sind. Dementsprechend bleibt nach wie vor die Gefahrensituation vor Ort maßgebend, wie sie sich für einen verständigen Beobachter darstellt (vgl. OLG Karlsruhe, aaO, 857; MünchKommBGB-Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 496). Stellt sich die konkrete Gefahrenlage an der betreffenden Baustelle so dar, dass die Absicherung dem entspricht, was ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Gefahren zu bewahren (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 2004 - VI ZR 95/03, NJW 2004, 1449, 1450), muss sich ein Verstoß gegen eine Vorschrift der RSA unter Verkehrssicherungsgesichtspunkten nicht notwendigerweise haftungsbegründend auswirken (vgl. OLG München, Urteil vom 16. Februar 2012 - 1 U 3409/11, juris Rn. 40).

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bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler in der vollständigen Absperrung des im Bau befindlichen Gehwegs im Baustellenbereich keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 1 gesehen, weil auf der gegenüberliegenden Seite ein Gehweg zur Verfügung stand. Die Beklagten waren - selbst wenn die Anordnung der Beklagten zu 2 und der Bauvertrag dies vorgesehen hätten - aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht nicht gehalten, trotz des auf der gegenüberliegenden Seite vorhandenen Gehwegs im Baustellenbereich zusätzlich einen Notweg für Fußgänger zur Verfügung zu stellen, um diesen bei winterlichen Verhältnissen an dieser Stelle ein Überqueren der Feldstraße zu ersparen. Dass eine nicht der Räum- und Streupflicht unterfallende Straße bei winterlichen Verhältnissen überquert werden muss, gehört zum allgemeinen Lebensrisiko eines Fußgängers.

19

d) Da das Berufungsgericht bereits ohne Rechtsfehler eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen des fehlenden Notwegs im Baustellenbereich verneint hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob - wie das Berufungsgericht mit seiner Hilfsbegründung angenommen hat - eine Haftung der Beklagten auch deshalb zu verneinen wäre, weil dem Geschädigten eine um 200 m längere, aber sichere und deshalb zumutbare Alternativroute - ohne gesperrten Gehweg - außerhalb des Baustellenbereichs zur Verfügung gestanden hätte.

Galke                          Wellner                          Stöhr

              von Pentz                       Offenloch

11
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte aufgrund ihrer Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet war, in den Grenzen des technisch Möglichen und ihr wirtschaftlich Zumutbaren dafür zu sorgen, dass Verbraucher durch die von ihr angebotene Ware keine Gesundheitsschäden erleiden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - VersR 2006, 1083, 1084; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - VersR 2006, 233, 234 und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319, jeweils m. w. N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist zu berücksichtigen , dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre unrealistisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr deshalb erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt , dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Auch dann reicht es jedoch anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 -, jeweils aaO m. w. N.). Dabei sind Sicherungsmaßnahmen umso eher zumutbar, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung sind (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 294/03 - VersR 2005, 279, 280 f.).
13
Der Unternehmer ist bereits zivilrechtlich sowohl gegenüber den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern (§ 618 Abs. 1 BGB; siehe auch § 62 Abs. 1 HGB) als auch im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) zusätzlich gegenüber Dritten dazu verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen zu ergreifen und insoweit die für die Arbeit benötigten Maschinen in einem sicheren Zustand zu halten. Die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erlassenen Unfallverhütungsvorschriften verdeutlichen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (siehe hierzu auch MünchKomm/ Henssler, BGB, 5. Aufl., § 618, Rn. 11) bzw. können zur Bestimmung der diesem obliegenden Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden (BGH, Urteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812, 813; vom 20. Juni 1978 - VI ZR 18/77 - MDR 1979, 45; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - NJW-RR 2003, 1459, 1460; MünchKomm/Wagner, BGB, 5. Aufl., § 823, Rn. 283).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 155/02 Verkündet am:
15. Juli 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers eines Sägewerks.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - OLG Frankfurt/Main
LG Fulda
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in Kassel vom 26. März 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte ist Inhaber eines Sägewerkes und holzverarbeitenden Betriebes. Der Kläger, ein selbständiger Fliesenlegermeister, brachte im Januar 1998 Baumstämme in den Betrieb des Beklagten, um daraus Schalbretter und Kanthölzer herstellen zu lassen. Am 26. Januar 1998 wollte der Kläger das geschnittene Holz abholen. Dazu begab er sich auf das nicht eingezäunte Betriebsgelände des Beklagten und betrat dort einen nach zwei Seiten offenen, frei zugänglichen Schuppen, in dem ein Sägegatter (Vertikalgatter) in Betrieb war. Als der Kläger den Schneidearbeiten zusah, wurde er von einem aus dem Sägegatter herausgeschleuderten Kantholz am Kopf getroffen und schwer verletzt. Der Kläger begehrt Schadensersatz, Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle materiellen und immateriellen Zukunftsschäden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Zahlungsansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und der Feststellungsklage stattgegeben; wegen des Betragsverfahrens hat es den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält für nicht bewiesen, daß der Beklagte das Vertikalgatter in mangelhaftem Zustand betrieben habe und läßt offen, ob die Säge fehlerhaft bedient worden sei. Es meint, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch die Schädigung des Klägers herbeigeführt. Allerdings handele es sich beim Sägen an einem Vertikalgatter nach Angaben des Sachverständigen nicht um einen besonders gefährlichen Vorgang. Holz reagiere aber bei der Bearbeitung unterschiedlich. Aufgrund von Verwachsungen und sonstigen Besonderheiten im Innern des Stammes könne es beim Sägen reißen oder absplittern. Es sei auch nicht ausgeschlossen, daß sich durch die senkrechte Bewegung des Sägeblattes vor allem kurze Kanthölzer verkeilten und dadurch aus der Maschine herausgeschleudert würden. Dies sei für den Gatterführer auch bei aufmerksamer Beobachtung des Schneidevorgangs nicht vorhersehbar. Wegen dieser Gefahren hätte der Beklagte nach Auffassung des Berufungsgerichts betriebsfremden Personen den Zutritt zu dem Schuppen durch Anbringung von Warn- und Verbotsschildern verbieten müssen. Dafür, daß der Kläger ein entsprechendes Verbot beachtet hätte, spreche eine tatsächliche Vermutung. Ein Mitverschulden treffe ihn nicht. Als Betriebsfremder habe er nicht mit abfliegenden Spänen oder weggeschleuderten Kanthölzern rechnen müssen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht überspannt die dem Beklagten als Betreiber der Säge obliegenden Verkehrssicherungspflichten. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß derjenige , der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499 und vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; jeweils m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - III ZR 99/90 - VersR 1993, 586, 587 m.w.N.; BGHZ 121, 368, 375 und BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfaßt danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, daß sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO m.w.N.). 2. Das Berufungsgericht hält eine solche Gefahr hier deswegen für gegeben , weil nach Angaben des Sachverständigen bei dem Betrieb der Säge die Möglichkeit besteht, daß Teile des zu verarbeitenden Holzes absplittern oder Kanthölzer sich verkeilen und aus dem Gatter herausgeschleudert werden. Dieser vom Sachverständigen als möglich angesehene Geschehensablauf mag eine Erklärung für den Hergang des Unfalls vom 26. Januar 1998 sein. Eine solche nachträgliche Betrachtungsweise eines nach Kenntnis des Sachverstän-
digen bislang einmaligen Vorgangs erlaubt für sich allein jedoch nicht die Schlußfolgerung, daß der Beklagte betriebsfremden Personen den Zutritt zu der Anlage hätte verbieten müssen. Das Berufungsgericht verkennt, daß nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre unrealistisch (Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812). So ist eine Verkehrssicherung , die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar (Senatsurteil vom 21. April 1964 - VI ZR 39/63 - VersR 1964, 746). Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 – aaO m.w.N.; vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98 u. 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165 und vom 5. Mai 1987 - VI ZR 181/86 - VersR 1987, 1014, 1015). Deshalb muß nicht für alle nur denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen geboten, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98 u. 99/77 - aaO; BGHZ 14, 83, 85; BGH, Urteil vom 13. November 1970 - 1 StR 412/70 - NJW 1971, 1093, 1094 m.w.N.). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB), deren Verletzung zur deliktischen Haftung führt (§ 823 Abs. 1 BGB), ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich erachtet (Senatsurteil vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560 m.w.N.). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, dann, wenn die Gefahren bei der Ausübung eines Berufes oder eines Gewerbes auftreten, diejenigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger dieser Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren, und die diesem den Umständen
nach zuzumuten sind (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532 und vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801, jeweils m.w.N.). Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mußten und eine Gefährdung von anderen – wenn auch nicht völlig ausgeschlossen – nur unter besonders eigenartigen und entfernt liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden , so muß der Geschädigte den Schaden selbst tragen, auch wenn dies im Einzelfall hart sein mag. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten (Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - aaO). 3. Nach diesen Grundsätzen vermögen die bisher getroffenen Feststellungen eine Haftung des Beklagten gem. § 823 BGB nicht zu begründen.
a) Das Berufungsgericht stellt - sachverständig beraten - fest, daß die Anbringung eines Zutrittsverbotsschildes nach den maßgeblichen Unfallverhütungsvorschriften (UVV) für Maschinen und Anlagen zur Be- und Verarbeitung von Holz und ähnlichen Stoffen nicht erforderlich war. Damit ist allerdings die Frage noch nicht geklärt, ob der Beklagte dennoch gehalten gewesen wäre, insbesondere betriebsfremden Personen den Zutritt zu dem Maschinenraum zu verwehren. Insoweit geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, daß an die Sorgfaltspflicht des Unternehmers zum Schutz betriebsfremder Personen im Einzelfall durchaus höhere Anforderungen zu stellen sein können als gegenüber seinen Betriebsangehörigen, zu deren Schutz die UVV in erster Linie bestimmt sind (vgl. Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 – aaO S. 812 f. m.w.N.). Gesetzliche oder andere Anordnungen, einschlägige Unfallverhütungsvorschriften und DIN-Normen enthalten im allgemeinen nämlich keine abschließenden Verhaltensanforderungen (vgl. Senatsurteile vom 30. April
1985 - VI ZR 162/83 - VersR 1985, 781; vom 12. November 1996 - VI ZR 270/95 - VersR 1997, 249, 250; vom 26. Mai 1998 - VI ZR 183/97 - VersR 1998, 1029, 1030; vom 4. Mai 1999 - VI ZR 379/98 - VersR 1999, 1033, 1034 und vom 13. März 2001 - VI ZR 142/00 – VersR 2001, 1040 jeweils m.w.N.). Solche Bestimmungen können jedoch regelmäßig zur Feststellung von Inhalt und Umfang bestehender Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden (Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 118/84 - VersR 1985, 1147 f. und vom 13. März 2001 - VI ZR 142/00 - aaO, jeweils m.w.N.). Namentlich die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft stellen den von der zuständigen Stelle kraft öffentlicher Gewalt festgelegten Niederschlag der in einem Gewerbe gemachten Berufserfahrungen dar und sind von dem Unternehmer zu beachten (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1953 - VI ZR 58/52 - VersR 1953, 196 und vom 9. Juli 1985 - VI ZR 118/84 - VersR 1985, 1147 f., jeweils m.w.N.). Gebietet die Verkehrssicherungspflicht den Schutz vor anderen Gefahren als denen, die zu verhüten die Unfallverhütungsvorschrift dient, so kann sich der Verkehrssicherungspflichtige nicht darauf berufen, in Ansehung dieser Gefahren seiner Verkehrssicherungspflicht dadurch genügt zu haben, daß er die Unfallverhütungsvorschrift eingehalten hat. Vielmehr hat er die insoweit zur Schadensabwehr erforderlichen Maßnahmen eigenverantwortlich zu treffen. Dient hingegen die Unfallverhütungsvorschrift gerade der Vermeidung der Gefahren, die sich später in einem Unfall verwirklicht haben, so kann dem Verkehrssicherungspflichtigen nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er keine weitergehenden Schutzmaßnahmen ergriffen hat, als in der einschlägigen Unfallverhütungsvorschrift gefordert (vgl. Senatsurteile vom 30. April 1985 - VI ZR 162/83 - aaO und vom 12. November 1996 - VI ZR 270/95 - aaO, jeweils m.w.N.).
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sahen die seinerzeit maßgebenden UVV keine spezifischen Schutzmaßnahmen gegen ein Herausschleudern von Kanthölzern vor, sondern verlangten nur, beim Sägen von kur-
zen Stämmen an einem Vertikalgatter solche Vorrichtungen bereitzuhalten und zu benutzen, die das Hochschlagen der Stämme verhindern. Daß der Beklagte am Unfalltag gegen diese Vorschrift verstoßen hätte, ist nicht festgestellt. Deshalb ist im Revisionsrechtszug zu seinen Gunsten zu unterstellen, daß die Säge vorschriftsmäßig und fehlerfrei bedient wurde. Weitergehende Sicherungsvorkehrungen waren nach den UVV nicht zu treffen. Hat der Beklagte aber die Vorschriften beachtet, welche der Abwendung der (bekannten) Gefahr des Hochschlagens der Stämme dienten, hat er denjenigen Sicherheitsgrad geschaffen , den ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betreffenden Berufsgruppe für ausreichend halten durfte, um andere Personen vor Schaden zu schützen. Da die von dem Hochschlagen der Stämme ausgehende Gefährdung für alle sich in der Nähe der Säge aufhaltenden Personen und damit für Betriebsangehörige wie für Betriebsfremde in gleichem Maße galt, bestanden gegenüber letzteren auch keine zusätzlichen Sorgfaltspflichten. Für ein Zutrittsverbot gegenüber betriebsfremden Personen wegen der Möglichkeit des Herausschleuderns von Kanthölzern hätte nur dann Veranlassung bestanden, wenn es sich dabei um eine nach sachverständigem Urteil naheliegende Gefahr gehandelt hätte. Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Hat sich der Unfall vorliegend trotz Einhaltung der aus damaliger Sicht gebotenen Sicherheitsvorkehrungen ereignet, hat er die Erkenntnis gebracht, daß diese Maßnahmen nicht ausreichend waren. In diesem Fall mag sich eine bis dahin zwar denkbare, aber für das sachverständige Urteil seinerzeit allenfalls als bloß theoretisch anzusehende Möglichkeit des Herausschleuderns von Holzteilen in der Praxis realisiert haben. Das reicht jedoch zur Begründung einer Haftung aus einem solchen Unfall nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht aus (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - aaO m.w.N.; vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98 u. 99/77 - aaO und vom 5. Mai 1987 - VI ZR
181/86 - aaO). Nach alledem mußte der Beklagte den Zutritt zu der Anlage jedenfalls seinen Kunden nicht verwehren. Eine andere Frage mag es sein, ob er den Sägeschuppen allen Außenstehenden und somit z.B. auch Kindern zugänglich machen durfte. Einer Vertiefung dieser Frage bedarf es hier aber deshalb nicht, weil es sich insoweit um ein besonderes Risiko handeln würde, das sich im Streitfall nicht verwirklicht hat und das deshalb hier außer Betracht bleiben kann (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1978 - VI ZR 194/76 - VersR 1978, 739, 740; Lepa, Der Schaden im Haftpflichtprozeß, 1992, S. 17).

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um zu klären, ob die Schädigung des Klägers durch eine fehlerhafte Bedienung des Vertikalgatters verursacht worden ist.
Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem letzten Jahre vor der Störung erlangt worden ist.

5
1. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. nur Senat, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 102 f.; Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 44 f.; Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 9 jeweils mwN). Hiervon ist auszugehen, wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann (Senat, Urteil vom 1. Februar 2008 - V ZR 47/07, NJW 2008, 992 Rn. 7).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 39/99 Verkündet am:
7. April 2000
R i e g e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
-----------------------------------

a) Der Betreiber eines Drogenhilfezentrums und der Vermieter des Grundstücks, auf
dem der Betrieb stattfindet, können als mittelbare Störer für die Behinderung des
Zugangs zu dem Nachbargrundstück durch die Drogenszene verantwortlich sein,
die sich auf der öffentlichen Straße vor den benachbarten Grundstücken bildet.

b) Der Anspruch des Nachbarn auf Einstellung des Betriebes eines Drogenhilfezentrums
wegen Behinderung des Zugangs zu seinem Grundstück kann wegen des
Allgemeininteresses an der Aufrechterhaltung des Betriebes ausgeschlossen
sein; in diesem Falle steht dem Nachbarn ein Ausgleichsanspruch in Geld zu, der
sich an den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung ausrichtet.
BGH, Urt. v. 7. April 2000 - V ZR 39/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Dr. Vogt, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers und die Anschlußrevision der Beklagten wird, unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel , das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es den Anspruch des Klägers auf nachbarrechtlichen Ausgleich in Geld (Zahlung und Feststellung) abgewiesen und die Beklagten verurteilt hat, Maßnahmen zu ergreifen , damit Nutzer des Drogenhilfezentrums und Drogendealer Bewohner und Besucher nicht am Betreten des Grundstücks des Klägers hindern.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung über den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch an das Berufungsgericht , das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat, zurückverwiesen. Im weiteren Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, 4. Zivilkammer, vom 19. Februar 1997 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Eigentümer eines im Bahnhofsviertel von Frankfurt am Main gelegenen, zur gewerblichen Nutzung bebauten Grundstücks. Die Beklagte zu 1 ist Eigentümerin des Nachbaranwesens, in dem bis 1989 ein Bordell betrieben wurde. Sie hat die Liegenschaft zum Betrieb eines Drogenhilfezentrums , das die Tagesstätte "CaféFix", einen Straßenschalter zum kostenlosen Spritzenaustausch, das Frauen-Café "Kassandra" sowie eine ärztliche Ambulanz umfaßt, an den Beklagten zu 2 vermietet.
Der Kläger hat von den Beklagten in erster Linie die Einstellung des Betriebs des Drogenhilfezentrums verlangt. Hilfsweise hat er deren Verurteilung beantragt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit Nutzer des Drogenhilfezentrums und Drogendealer (a) sein Grundstück nicht betreten und (b) nicht verunreinigen, (c) Bewohner und Besucher nicht am Betreten hindern sowie (d) vor dem Grundstück keine gebrauchten Spritzen zurücklassen und (e) keine Menschenansammlungen bilden. Mit dem weiteren Hilfsantrag hat er wegen Beeinträchtigung der Erträgnisse des Grundstücks ab 1. März 1992 einen nachbarrechtlichen Ausgleich in Höhe von monatlich 15.000 DM geltend gemacht.
Das Landgericht hat dem Hilfsantrag auf Vornahme der zu (a) bis (c) begehrten Maßnahmen stattgegeben. Den Hauptantrag und die weitergehenden Hilfsanträge hat es abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger den Hauptantrag sowie die Hilfsanträge zu (d) und (e) mit der Maßgabe weiterverfolgt , daß die Verhinderung von Menschenansammlungen schlechthin begehrt werde. Zusätzlich hat er unter den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und
des nachbarrechtlichen Ausgleichs die Zahlung von 128.245 DM nebst Zinsen wegen Ertragsminderung in den Jahren 1992 bis 1996 und die Feststellung verlangt, daß die Beklagten den durch den Betrieb des Drogenhilfezentrums weiter entstandenen und entstehenden Schaden zu ersetzen haben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten , die die volle Abweisung der Klage zum Ziel hatte, zurückgewiesen.
Mit der Revision (Kläger) und der Anschlußrevision (Beklagte) verfolgen die Parteien ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsurteil geht davon aus, daß Drogensüchtige und Drogendealer das Grundstück des Klägers betreten, verunreinigen und den Zugang der Bewohner und Besucher behindern. Die Drogenszene erstrecke sich auf den Gehweg vor dem Grundstück des Klägers und habe abträgliche Auswirkungen auf die Vermietbarkeit des Anwesens. Die Menschenansammlungen und die von diesen hinterlassenen Verunreinigungen des Gehsteiges hätten ihre Ursache im Betrieb des Drogenhilfezentrums. Daher sei eine umfassende und dauernde Beseitigung der Beeinträchtigungen nur durch dessen Einstellung zu erreichen. Dies könne der Kläger aber nicht verlangen, denn das Drogenhilfezentrum diene unmittelbar dem öffentlichen Interesse, nämlich der Drogenpolitik der Stadt Frankfurt am Main. Es könne dahinstehen, ob in einem solchen Falle ein Beseitigungsanspruch überhaupt ausscheide oder ausnahmsweise dann bestehe, wenn sich nur durch Schließung des Betriebs we-
sentliche Beeinträchtigungen abwehren ließen. Zur Beseitigung der physischen Einwirkungen auf den Zugang zum Grundstück des Klägers durch Ansammlung von Drogensüchtigen auf dem Gehsteig reiche es aus, wenn die Beklagten durch geeignete Maßnahmen den Zugang freihielten. Die Beklagten könnten eigene Kräfte oder einen privaten Sicherheitsdienst damit beauftragen, die Passage vor dem Drogenhilfezentrum wie auch den Zugang zum Anwesen des Klägers zu sichern. Dies könne - soweit es sich um Kunden des Drogenhilfezentrums handele - notfalls unter Einsatz körperlichen Zwanges geschehen. Da der Kläger die Einstellung des Drogenhilfezentrums nicht verlangen könne, schieden auch Ansprüche auf Schadensersatz oder nachbarrechtlichen Ausgleich aus.
Dies hält den Rechtsmitteln der Parteien nur teilweise stand.

II.


Ohne Erfolg bleibt die Revision des Klägers, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags auf Einstellung des Betriebs des Drogenhilfezentrums wendet.
1. Der Anspruch scheitert allerdings, wovon das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeht, nicht daran, daß die Voraussetzungen des Abwehranspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht erfüllt wären.

a) Die vom Berufungsgericht festgestellten Übergriffe auf das Grundstück des Klägers und die Behinderung des Zugangs zu diesem stellen Beein-
trächtigungen des Eigentums im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB dar. Sie gehen über bloß ideelle oder ästhetische Einwirkungen, die nur begrenzt abwehrfähig sind (Senat BGHZ 54, 56, 59; 95, 307, 309), hinaus. Daß der Zugang über einen öffentlichen Weg, hier den Gehsteig vor den benachbarten Grundstücken, verläuft, steht dem Anspruch des Eigentümers auf Beseitigung der Störung nicht entgegen (Senat, Urt. v. 13. März 1998, V ZR 190/97, NJW 1998, 2058 f).

b) Die Beeinträchtigungen sind den Beklagten als Störern zuzurechnen. Allerdings werden die Übergriffe auf das Grundstück des Klägers und die Behinderung des Zuganges nicht unmittelbar durch Handlungen der Beklagten bewirkt. Unmittelbare Handlungsstörer sind die Teilnehmer der Drogenszene, die sich vor den benachbarten Grundstücken bildet. Handlungsstörer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB ist aber auch derjenige, der die Beeinträchtigung des Nachbarn durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht (mittelbarer Störer; Senat BGHZ 49, 340, 347). Ein adäquater Zusammenhang besteht dann, wenn eine Tatsache im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (BGHZ 57, 137, 141; 137, 11, 19).
aa) Diese Voraussetzungen sind durch den Betrieb des Drogenhilfezentrums seitens des Beklagten zu 2 erfüllt. Die Ansammlung von Drogensüchtigen und von Drogendealern sowie die damit einhergehenden Übergriffe auf das Grundstück des Klägers und die Verunreinigung des Gehsteigs durch Fixerutensilien , Blut und Fäkalien sind adäquate Folgen des Betriebs des Drogenhilfezentrums. Ä hnlich wie der Lärm von Besuchern eines Clubs, der auf der Straße beim An- und Abfahren verursacht wird (BGH, Urt. v. 11. Juni 1963,
III ZR 55/62, NJW 1963, 2020), oder Beeinträchtigungen durch an einer Bushaltestelle wartende Fahrgäste (Senat, Urt. v. 21. September 1960, V ZR 89/59, JZ 1961, 498) sind derartige Umstände mit dem Drogenhilfezentrum typischerweise verbunden und ihm daher zuzurechnen.
bb) Mittelbare Handlungsstörerin ist auch die Beklagte zu 1. Grundlage hierfür ist ihre Rechtsstellung als Eigentümerin und Vermieterin des Grundstücks , auf dem der störende Betrieb stattfindet. Das Reichsgericht ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß der Eigentümer eines Grundstücks für Störungshandlungen seines Mieters verantwortlich gemacht werden kann, wenn er sein Grundstück dem Mieter mit der Erlaubnis zu jenen Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterläßt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (RGZ 47, 162, 163 f; 97, 25, 26; 134, 231, 234; 159, 129, 136). Der Senat ist dem im Grundsatz gefolgt und hat für den Fall der Überlassung zum störenden Gebrauch hervorgehoben, daß der Anspruch auf Beseitigung nicht an entgegenstehenden vertraglichen Bindungen des Störers scheitern muß (BGHZ 129, 329, 335; Urt. v. 11. November 1966, V ZR 191/63, WM 1966, 1300, 1302; vgl. auch Urt. v. 7. Januar 1966, V ZR 94/65, WM 1966, 343, 345 f; v. 10. Juli 1998, V ZR 60/97, WM 1998, 2203). Der Vorbehalt hat, wie sich aus den Entscheidungen im näheren ergibt, nicht die Störereigenschaft des Überlassenden, sondern dessen Vermögen zum Gegenstand, der Störung abzuhelfen (dazu nachf. c)). Die Rüge der Beklagten, es fehle an der Feststellung, daß der Mietvertrag über die Betriebsräume der Beklagten zu 1 überhaupt eine Handhabe biete, auf den Beklagten zu 2 zum Zwecke der Beseitigung der Beeinträchtigung einzuwirken, ist für den Tatbestand der Störung im Sinne des § 1004 Abs. 1 mithin nicht maßgeblich.


c) Allerdings scheidet eine Haftung aus § 1004 Abs. 1 BGB aus, wenn feststeht, daß der Kläger einen ihm zuerkannten Beseitigungsanspruch unter keinen Umständen durchzusetzen vermag. Zu einer Leistung, die unstreitig nicht möglich ist, darf niemand verurteilt werden (Senat BGHZ 62, 388, 393). Zu diesem Punkte bedurfte indessen das Berufungsurteil, entgegen der Meinung der Beklagten, keiner weiteren tatsächlichen Grundlagen. Daß der Beklagte zu 2 durch Einstellung des von ihm unterhaltenen Betriebes den Störungen ein Ende setzen kann, liegt auf der Hand. Das Unvermögen der Beklagten zu 1, auf den Beklagten zu 2 im Sinne der Abstellung der Störungen einzuwirken , steht nicht fest. Auf Tatsachenvortrag, wonach der Betrieb des Drogenhilfezentrums ausdrücklich Gegenstand des vertraglichen Gebrauchs war, vermag die Anschlußrevision nicht zu verweisen. Aber auch wenn dies der Fall wäre, stünde nicht fest, daß der Beklagten zu 1 ein Recht zur ordentlichen Lösung des Mietvertrags verschlossen wäre, das die vom Kläger verlangte Abhilfe ermöglichte. Im übrigen hat es der Senat genügen lassen, daß die Möglichkeit , auf dem Verhandlungswege der Verurteilung des Vermieters aus § 1004 Abs. 1 BGB Rechnung zu tragen, nicht ausgeschlossen ist. Dies läge im Verhältnis der beiden Beklagten besonders nahe. Vor allem sind aber auch die Einwirkungen der Verurteilung des Beklagten zu 2 auf das bestehende Mietverhältnis in Rechnung zu stellen (Urt. v. 11. November 1966, V ZR 191/63, aaO). Ein Interesse des Beklagten zu 2 an einer mietrechtlichen Gestattung reduziert sich ohne weiteres im Umfang seiner eigenen Verurteilung.
2. Der Abwehranspruch scheitert aber an dem an der Drogenhilfeeinrichtung bestehenden Allgemeininteresse. Nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs kann ein Abwehranspruch, der die Einstellung eines Betriebs oder einer Anlage zur Folge hätte, ausgeschlossen sein, wenn die störenden Einwirkungen der Erfüllung von Aufgaben dienen, die im Allgemeininteresse liegen und von öffentlich-rechtlichen Trägern oder, wie hier, von unmittelbar dem öffentlichen Interesse verpflichteten gemeinwichtigen Einrichtungen ausgehen (BGHZ 29, 314, 317 [Autobahn]; Senat, Urt. v. 21. September 1960, V ZR 89/59, JZ 1961, 498 f [Omnibushaltestelle]; BGHZ 48, 98, 104 [Autobahn]; BGHZ 60, 119, 122 [Hochspannungsleitung]; Urt. v. 13. Dezember 1979, III ZR 95/78, NJW 1980, 770 [Mülldeponie]; BGHZ 91, 20, 23 [Kläranlage ]; zustimmend Soergel/J.F. Baur, BGB, 12. Aufl., § 903 Rdn. 121; Palandt/ Bassenge, BGB, 59. Aufl., § 906 Rdn. 41; RGRK-Augustin, BGB, 12. Aufl., § 906 Rdn. 69; Staudinger/Gursky, BGB, 1999, § 1004 Rdn. 185; Bender/ Dohle, Nachbarschutz im zivilen Verwaltungsrecht, 1972, Rdn. 124; Nüßgens/ Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, 1987, Rdn. 223). Dies ist zwar, vor allem mit dem Argument, die Beschränkung des Abwehranspruchs bedürfe hinsichtlich jedes vorrangigen Interesses einer spezialgesetzlichen Regelung, auf Kritik gestoßen (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 906 Rdn. 132; Staudinger /Roth, BGB, 1996, § 906 Rdn. 30; Papier, NJW 1974, 1797 ff; Kleinlein, Das System des Nachbarrechts, S. 229; Martens, Festschrift für Schack, 1966, 85, 90). Ihr vermag sich der Senat in dieser Allgemeinheit aber nicht anzuschließen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind, solange eine umfassende gesetzliche Regelung fehlt, unverzichtbar (zutreffend Soergel /J.F. Baur, aaO, § 903 Rdn. 123). Hat zudem, wie hier, das Allgemeininteresse gesetzlichen Ausdruck gefunden (nachstehend aa), ist einem wesentlichen Anliegen der Kritik Rechnung getragen. Bei einer am Eigentum orientierten , die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Mindesteingriffs wahrenden (nachstehend zu bb) und die Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB) durch
Ausgleichsleistungen (unten zu IV) kompensierenden Handhabung ist die Begrenzung des Abwehranspruchs am Allgemeininteresse rechtsstaatlich unbedenklich.
aa) Bei der Abwägung außer Betracht zu bleiben hat die Frage der Zweckmäßigkeit der zur Lösung des Drogenproblems konzipierten und praktizierten Mittel. Ein gemeinwichtiges Ziel, das sowohl von Vertretern einer vorwiegend suchtpräventiven und abstinenzorientierten Richtung als auch von den Befürwortern einer konsumbegleitenden Hilfeleistung verfolgt wird, ist die Eindämmung der Sucht und die Hilfe für die Drogenabhängigen. An der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs hält auch das Dritte Gesetz zur Ä nderung des Betäubungsmittelgesetzes vom 28. März 2000 (BGBl. I S. 302) fest, das die Vermittlung ausstiegsorientierter Angebote der Beratung und Therapie als Mindeststandard für die Sicherheit und Kontrolle beim Verbrauch von Betäubungsmitteln in Drogenkonsumräumen anordnet (§ 10 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BtMG i.d.F. der Gesetzesänderung; vgl. auch Vermittlungsausschuß, BTDrucks. 14/2796). Das Drogenhilfezentrum der Beklagten richtet sich, was im Tatsächlichen unter den Parteien nicht streitig ist, an der bisher geltenden Gesetzeslage aus und verzichtet darauf, den Drogenabhängigen Gelegenheit zum Drogenkonsum in geschlossenen Räumen zu geben. Das "Café Fix" und die ambulante Arztpraxis dienen dazu, Suchtkranken Hilfe bei der Ernährung, Bekleidung und Hygiene (Dusche, Haarpflege, Ungezieferbekämpfung) zu bieten und für eine Betreuung (Substitution, HIV-Therapie) zu sorgen. Die Abgabe steriler Einmalspritzen am Straßenschalter, die Ansteckungsgefahren vorbeugen soll, ist durch die Gesetzesänderung vom 9. September 1992 (BGBl. I S. 1593) aus den Straftatbeständen des § 29 BtMG herausgelöst worden (§ 29 Abs. 1 Satz 2 BtMG).

bb) Die Abweisung des Hauptantrags wird auch den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit und des Mindesteingriffs gerecht. Denn sie wird durch die Verurteilung der Beklagten nach den Hilfsanträgen zu a) und b) flankiert, gegen die sich die Anschlußrevision der Beklagten vergebens wendet (unten zu V). Der Kläger ist damit in der Lage, Beeinträchtigungen, die mit dem Fortbestand des Drogenhilfezentrums nicht unausweislich verbunden sind, abzuwehren.

III.


Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel des Klägers auch insoweit, als es die hilfsweise zum Anspruch auf Einstellung des Betriebes verfolgten Anträge zu d) und e) zum Gegenstand hat. Die Ablehnung des Antrags zu d) ist rechtsfehlerfrei darauf gestützt, daß die Herkunft der Spritzen ungeklärt geblieben ist. Den Antrag zu e), Maßnahmen zu ergreifen, damit sich keine Menschenansammlungen vor dem Grundstück des Klägers bilden, hat das Berufungsgericht inhaltlich zu Recht dem Antrag zu c), die Behinderung des Zugangs durch Menschenansammlungen zu beseitigen, zugeordnet. Ein solcher, an sich nach Abschnitt II 1 a) und b) gegebener Anspruch scheitert am Unvermögen der Beklagten , ihn zu erfüllen (vgl. aaO zu c). Weder Kräften der Beklagten selbst noch privaten Sicherheitsdiensten steht, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , die Befugnis zu, den Gehsteig vor den Grundstücken der Parteien von Menschenansammlungen freizuhalten. Sie sind auf die "Jedermannsrechte" der Notwehr und Nothilfe (§ 227 BGB), des Notstandes (§ 228, 904 BGB) und der Festnahme nach § 127 StPO beschränkt. Die allgemeinen poli-
zeilichen Befugnisse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die zur Durchsetzung des ungehinderten Gemeingebrauchs an der öffentlichen Straße erforderlich werden, sind ihnen verschlossen. Der abgewiesene Hilfsantrag zu e) ist mithin, ebensowenig wie die Verurteilung zum Hilfsantrag c), die die Anschlußrevision mit Erfolg bekämpft (unten zu V), geeignet, die Zugangshindernisse zu beseitigen. Hierüber sind sich die Parteien im Tatsächlichen auch einig. Die Beklagten vertreten zudem ausdrücklich den Standpunkt , nur Maßnahmen der Ordnungspolizei, die sich indessen zurückhalte, könnten eine Besserung bringen.

IV.


Erfolg hat die Revision des Klägers dagegen, soweit sie die Ansprüche auf Zahlung und auf Feststellung der Pflicht der Beklagten zu weiterem Ausgleich in Geld wegen der nicht abwehrbaren Zugangsbehinderungen zum Gegenstand hat.
1. Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 BGB kommt allerdings nicht in Betracht. Die den Beklagten auch im Sinne dieser Vorschrift zuzurechnende Verletzung des Eigentums des Klägers geschah nicht widerrechtlich. Dies folgt aus der im Allgemeininteresse begründeten Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB.
2. Rechtsirrig ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, an der Duldungspflicht scheitere auch der Anspruch auf nachbarrechtlichen Ausgleich. Dieser Anspruch ist vielmehr Teil des rechtlichen Gefüges, das sich aus
der Versagung des vollen Abwehrrechts (Hauptantrag auf Stillegung des Betriebes ), den verbleibenden Abwehrbefugnissen (Hilfsanträge a) und b)) und der Kompensation der Abwehrlücke durch Geldausgleich zusammensetzt (vgl. oben zu II 2). Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch tritt in diesem Zusammenhang an die Stelle des primären Abwehrrechts nach § 1004 Abs. 1 BGB. Der Senat hält dabei an einer gefestigten Rechtsprechung fest, die dem Eigentümer, der sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen daran gehindert sieht, den Abwehranspruch durchzusetzen, einen Ausgleich in Geld gewährt (BGHZ 72, 289 [Ausschachtungen]; Senat, BGHZ 85, 375 [Grundstücksvertiefung ]; 90, 255 [verunreinigtes Niederschlagswasser]; 111, 158 [Schrotblei ]). Der Inhalt des Ausgleichsanspruchs richtet sich an den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung aus (Senat, BGHZ 85, 375, 386; Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 48/96, WM 1997, 2262 f). Bei der Beeinträchtigung der gewerblichen Nutzung eines Grundstücks, um die es hier geht, kann dem Ausgleich, wie seitens des Klägers geschehen, unmittelbar der Ertragsverlust zugrunde gelegt werden. Der Bundesgerichtshof hat dies für Fälle der vorübergehenden Beeinträchtigung wiederholt ausgesprochen (BGHZ 57, 349 [U-Bahnbau]; Senat BGHZ 62, 361 [zeitweise Sondernutzung eines Gehwegs]). Für dauernde Beeinträchtigungen gilt im Grundsatz nichts anderes. Nur ist in diesen Fällen dem Ausgleich der Ertragsminderung mit dem Wert des Objekts eine Grenze gesetzt. Denn der Verkehrswert der entzogenen Substanz, nicht die hypothetische Vermögenslage beim Ausbleiben der Beeinträchtigung, ist für die Obergrenze des Ausgleichsanspruchs bestimmend (BGHZ 57, 359, 368).
3. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird sich das Berufungsgericht nicht auf seine hilfsweise Erwägung, dem Vortrag des Klägers zu den Mietausfällen mangele die Substanz, stützen können. Der Kläger hat die
Mietausfälle für den in Anspruch genommenen Zeitraum detailliert und rechnerisch nachvollziehbar dargestellt. Den erforderlichen Beweis hat er angetreten. Bei der Feststellung der Ursache der Leerstände wird allerdings dem Vortrag der Beklagten, ältere gewerbliche Objekte, zu denen das Anwesen des Klägers zähle, seien in Frankfurt ohnehin nur schwer zu vermieten, nachzugehen sein. Hierbei wird auch der Lage des Grundstücks, einerseits im Bahnhofsviertel, andererseits in Nachbarschaft zu neu erstellten Bürohochhäusern, Rechnung getragen werden müssen.

V.


Die Anschlußrevision der Beklagten bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die auf die Hilfsanträge zu a) und b) erfolgte Verurteilung wendet. Ihre Meinung, die rechtlichen Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten als mittelbare Störer lägen nicht vor, trifft aus den zu Abschnitt II 1 dargelegten Gründen nicht zu.
Erfolg hat die Anschlußrevision, soweit sie sich gegen die Verurteilung aus dem Hilfsantrag zu c) wendet. Insoweit gelten die Ausführungen zu dem
mit der Revision weiter verfolgten Hilfsantrag zu e) des Klägers (Abschnitt III) entsprechend.
Wenzel Vogt Tropf Schneider Lemke

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

5
Die Voraussetzungen für die insoweit allein in Betracht kommende Inanspruchnahme der Beklagten als mittelbare Handlungsstörerin liegen nicht vor. Der Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist Ausdruck des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses, das eine Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen nach § 278 BGB nicht zulässt (vgl. Senat, BGHZ 42, 374, 380). Vor dem Hintergrund dieser Wertung kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nach § 1004 BGB nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 204). So liegt es hier jedoch nicht. Dass die Beklagte die Wohnung ihrem Mieter nicht mit der Erlaubnis zu feuergefährlichem Verhalten überlassen hat, bedarf keiner näheren Begründung. Veranlassung, ihren bislang nicht als Brandverursacher hervorgetretenen Mieter auf besondere Feuergefahren hinzuweisen, hatte sie nicht. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachte angebliche besondere Feuergefährlichkeit von Halogenlampen ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Nach Ausbruch des Brandes hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, den Brand zu verhindern oder einzudämmen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24. April 2013 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Miteigentümer eines nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilten Grundstücks, auf dem eine Mehrhausanlage errichtet wurde. Die Eigentumswohnung Nr. 13 der Kläger und die Wohnung Nr. 14 der Beklagten befinden sich in demselben Gebäude, wobei sich das Sondereigentum der Beklagten auf einen im zweiten Dachgeschoss gelegenen Abstellraum erstreckt. Ihr Wohnungseigentum erwarben die Parteien aufgrund notarieller Kaufverträge, die unter Bezugnahme auf die Teilungserklärung mit dem - mittlerweile insolventen - Bauträger geschlossen worden waren. Der Kaufvertrag der Kläger wurde am 7. Februar 2005, derjenige der Beklagten am 12. November 2004 geschlossen. Die Wohnungsgrundbücher wurden am 7. Dezember 2004 angelegt, die Gebäude von dem Bauträger in den Jahren 2005 und 2006 errichtet.

2

Die von den Beklagten genutzten Räume entsprechen in ihrer räumlichen Ausdehnung und Errichtung zwar dem mit dem Bauträger geschlossenen Kaufvertrag, weichen aber von der Teilungserklärung in Verbindung mit den in Bezug genommenen Aufteilungsplänen ab. Insbesondere wurden entgegen diesen Plänen eine für das Treppenhaus vorgesehene Freifläche und eine Aufzugstür in die Wohnung der Beklagten integriert sowie im verbliebenen Treppenhaus eine Treppe „aufgedoppelt“. Der Zugang zum Dachgeschossraum wurde nicht über die vorgesehene Auszugstreppe hergestellt, sondern an anderer Stelle über eine Spindeltreppe. Darüber hinaus wurde dieser Raum mit in den Plänen nicht vorgesehenen Fenstern sowie mit Heizkörpern und Heißwasserzuleitungen versehen.

3

Die Kläger verlangen die Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands sowie die Unterlassung der behaupteten Nutzung des Dachgeschossraums als Wohnraum. Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben; lediglich hinsichtlich der „aufgedoppelten“ Treppe hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage auch im Übrigen abgewiesen worden; die gegen die teilweise Klageabweisung gerichtete Anschlussberufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet ein gegen die Beklagten gerichteter „Rückbauanspruch“ gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG aus, weil die Wohnungseigentumsanlage von vornherein abweichend von dem Aufteilungsplan errichtet worden sei. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG erfasse nur bauliche Veränderungen; die erstmalige plangerechte Herstellung falle nicht darunter. Das gelte unabhängig davon, ob Planabweichungen vom teilenden Bauträger ausgingen oder auf Wünschen des von der Abweichung Begünstigten beruhten. Auch ein Anspruch nach § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG sei nicht gegeben. Zwar habe bereits zur Zeit der Bauausführung eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestanden. Da die erste Eigentumswohnung am 10. September 2005 bezogen worden und von einem Besitzübergang an einen durch eine Auflassungsvormerkung gesicherten Ersterwerber auszugehen sei, fänden ab diesem Zeitpunkt die §§ 10 bis 29 WEG entsprechende Anwendung. Gleichwohl sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten selbst keine baulichen Veränderungen vorgenommen hätten, sondern der Bauträger die planwidrige Ausführung zu verantworten habe. Auch seien die Parteien bei der Bauausführung noch nicht Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen, weil sämtliche Miteigentümer des von den Parteien bewohnten Hauses erst Mitte 2006 und damit nach dem ganz überwiegenden Abschluss der Baumaßnahmen in den Besitz des Sonder- und Gemeinschaftseigentums gelangt seien. Ungeachtet dessen stehe den geltend gemachten Beseitigungsansprüchen jedenfalls der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.

5

Auch die auf Unterlassung einer Nutzung des Dachgeschossraumes zu Wohnzwecken gerichtete Klage sei unbegründet. Auf der Grundlage der von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinseinnahme getroffenen Feststellungen sei eine Nutzung zu Wohnzwecken nicht erwiesen.

II.

6

Die Revision ist unbegründet.

7

1. Der Sache nach zutreffend bejaht das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Klage. Insbesondere sind die Kläger jedenfalls solange befugt, die auf § 1004 Abs. 1 BGB gestützten Ansprüche alleine geltend zu machen, wie die Gemeinschaft die Rechtsausübung – woran es hier fehlt – nicht durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG an sich gezogen hat (vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 6; Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 22 Rn. 293 f., § 43 Rn. 76 mwN).

8

2. Im Ergebnis zu Recht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass den Klägern die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

9

a) Das gilt zunächst für die in Rede stehenden Beseitigungsansprüche. Der Erwerber einer Eigentumswohnung, der mit dem teilenden Eigentümer eine von dem Teilungsplan abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart, ist hinsichtlich der sich daraus ergebenden Veränderungen des Gemeinschaftseigentums nicht Störer und daher gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern nicht zur Beseitigung des planwidrigen Zustands verpflichtet.

10

aa) Soweit planwidrige Baumaßnahmen vor dem Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu und zu den Voraussetzungen vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 5 ff.) durchgeführt worden sein sollten, folgt dies schon daraus, dass es an der von § 1004 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Eigentumsbeeinträchtigung fehlt. Zu dem genannten Zeitpunkt stand es dem teilenden Bauträger als Alleineigentümer frei, mit der Sache auch bei der Bauausführung nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Nach der Teilung (§ 8 WEG) änderte sich hieran bis zum Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nichts. Die Rechtslage ist nicht anders, als wenn ein Eigentümer ein ihm gehörendes Grundstück nach seinen Vorstellungen bebaut und dann Eigentum daran überträgt (BayObLG, NJW-RR 1987, 717, 718).

11

Der Erwerber hat auch nach der Eigentumsumschreibung keinen Anspruch aus § 1004 BGB gegen den früheren Eigentümer auf Beseitigung von baulichen Maßnahmen, mögen diese für sein Eigentum auch von Nachteil sein und den vertraglichen Ansprüchen widersprechen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Mai 1963 – VII ZR 236/61, BGHZ 39, 366, 367; BayObLG, NJW-RR 1988, 587, 588). Das Eigentum des Erwerbers ist durch die baulichen Maßnahmen nicht im Sinne des § 1004 BGB beeinträchtigt, der frühere Eigentümer schon deshalb nicht Störer (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, juris Rn. 22 u. NJW-RR 1998, 371, 372). Umso weniger kann ein anderer Erwerber, der mit dem teilenden Eigentümer eine von den ursprünglichen Plänen abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart hat und damit nur eine mittelbare Ursache für die Ausübung der dem Bauträger nach § 903 BGB zustehenden sachenrechtlichen Befugnisse setzt, als Handlungsstörer angesehen werden (vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 954, 955; OLG Frankfurt, NZM 2008, 322, 323 aE mwN; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 22 Rn. 314). Auch eine Haftung dieses Erwerbers als Zustandsstörer scheidet in solchen Fällen aus (Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 315).

12

bb) Soweit die planwidrige Bauausführung erst nach dem Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt oder fertiggestellt worden sein sollte, scheidet eine Inanspruchnahme der Beklagten auf Beseitigung des planwidrigen Zustandes ebenfalls aus. Diese sind auch insoweit nicht als Störer zu qualifizieren.

13

(1) Bei der Bestimmung der Störereigenschaft nach § 1004 Abs. 1 BGB geht es um die Zurechnung von Ursachen, die in Eigentumsbeeinträchtigungen einmünden (vgl. nur MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1004 Rn. 149; Staudinger/Gursky [2013], § 1004 Rn. 92), und damit letztlich um den Zuschnitt von Verantwortungsbereichen.

14

(a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass für die Zurechnung nicht schon die Sachherrschaft über die störende Sache und die damit einhergehende Möglichkeit genügt, die Störung zu beenden, um jemanden als Störer im Sinne des § 1004 BGB anzusehen. So ist Zustandsstörer nur derjenige, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aufrechterhalten wird; die Beeinträchtigung muss - wenigstens mittelbar - auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgehen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles Sachgründe dafür gibt, der als Störer in Betracht kommenden Person die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen (zum Ganzen Senat, Urteil vom 1. Dezember 2006 – V ZR 112/06, NJW 2007, 437 Rn. 11 ff. mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 4. März 2010 – V ZB 130/09, NJW-RR 2010, 807 Rn. 14).

15

(b) Als mittelbarer Handlungsstörer kommt nur derjenige in Betracht, der die Beeinträchtigung durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht und in der Lage ist, die unmittelbar auftretende Störung zu verhindern (std. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 – V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 8 mwN). Geht es – wie hier – um eine von dem Zustand einer Sache ausgehende fortdauernde Eigentumsbeeinträchtigung, sind die Übergänge zum Zustandsstörer allerdings fließend (zutreffend Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 328) und entziehen sich einer klaren Abgrenzung zum Handlungsstörer jedenfalls dann, wenn der Handelnde später – wie hier – Eigentümer der Sache geworden ist. Denn auch bei der Verursachung durch eine Handlung – wie hier bei der (teilweise) planwidrigen Errichtung eines Bauwerks aufgrund bestimmter Wünsche des Erwerbers – wird die Beeinträchtigung erst über den Zustand der Sache vermittelt (MünchKomm-BGB/Baldus, aaO, § 1004 Rn. 153). Das lässt es sachgerecht erscheinen, die Zurechnung und den damit einhergehenden Zuschnitt der Verantwortungsbereiche in derartigen Konstellationen auch bei der Bestimmung des mittelbaren Handlungsstörers von einer wertenden Betrachtung abhängig zu machen (vgl. auch LG München I, ZWE 2010, 411, 412; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 314).

16

(2) Bei der danach gebotenen wertenden Betrachtung sind die Beklagten weder als mittelbare Handlungs- noch als Zustandsstörer anzusehen. Es fehlt an ausreichenden Sachgründen dafür, den Beklagten die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen.

17

(a) Durch den Abschluss des Kaufvertrags haben die Beklagten zwar eine adäquate Ursache für die teilweise planwidrige Errichtung des Gebäudes gesetzt. Unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Rechtsverkehrs reicht dies jedoch nicht aus, dem Käufer die Verantwortung für die planwidrige Bauausführung durch den teilenden Bauträger zuzuschreiben (vgl. auch LG München I, ZWE 2010, 411, 412; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 314). Vielmehr darf ein Käufer in aller Regel davon ausgehen, dass der Bauträger die Bauausführung im Rahmen seiner (Eigentums-)Befugnisse bzw. – sofern der Bau erst nach Entstehen einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft fertiggestellt wird – notfalls im Zuge einer Anpassung der Teilungserklärung und in Übereinstimmung mit den anderweit eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 328/03, NZBau 2005, 587 f.) durchführen wird. Wollte man das anders sehen, würde Käufern von noch zu errichtenden Eigentumswohnungen ein erhebliches Risiko auferlegt und damit der Kauf von Wohnungseigentum ohne Not erschwert.

18

(b) Zudem erscheint es kaum überzeugend, dem Gestaltungswünsche äußernden zukünftigen Erwerber eine Mitverantwortung als Störer je nachdem aufzuerlegen, ob dem teilenden Bauträger die planwidrige Fertigstellung des Gebäudes noch vor Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft gelingt (dann keine Zurechnung) oder aber erst danach (dann Zurechnung; so jedenfalls im Ergebnis BayObLG, NJW-RR 1987, 717 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, juris Rn. 23 ff.). Auch hinsichtlich der Beseitigungsverpflichtung ergäben sich Abgrenzungsschwierigkeiten; denn verlangt werden könnte von dem Erwerber nach § 1004 BGB nur die Wiederherstellung des baulichen Zustandes, der vor der Störung, also im Zeitpunkt der - von Zufälligkeiten abhängigen - Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, bestand.

19

(c) Der von dem Senat befürwortete Zuschnitt der Verantwortungsbereiche harmoniert damit, dass die erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes nicht einem einzelnen Wohnungseigentümer obliegt, sondern Sache aller Wohnungseigentümer ist (vgl. nur BayObLG NJW-RR 1986, 954, 955; 1988, 587, 588; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, aaO, Rn. 24 u. NJW-RR 1998, 371, 372; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 22; vgl. auch OLG Frankfurt, NZM 2008, 322, 323 aE mwN). Schutzwürdige Belange der übrigen Wohnungseigentümer bleiben dabei gewahrt.

20

(aa) Da unter Instandsetzung auch die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen ist (vgl. nur Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 118 mwN), kann jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird (vgl. Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 20 u. 22 mwN; KG, NJW-RR 1991, 1421 f.). Beschließen die Wohnungseigentümer die plangerechte Herrichtung der Wohnanlage auf Kosten der Gemeinschaft (vgl. BayObLG NJW-RR 1987, 717, 718; KG, NJW-RR 1991, 1421, 1422) mehrheitlich nach § 21 Abs. 3 WEG, sind die hiervon betroffenen Wohnungseigentümer ab diesem Zeitpunkt nach § 14 Nr. 4 WEG zur Duldung des Umbaus verpflichtet. § 22 WEG steht dem nicht entgegen, weil die erstmalige plangerechte Herrichtung keine bauliche Veränderung im Sinne der genannten Norm darstellt, und zwar im Grundsatz auch dann, wenn ein Gebäude planwidrig erstellt wurde und sodann die Planwidrigkeit behoben wird (vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 954, 955; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 22 Rn. 7 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 20 u. 22; jeweils mwN).

21

(bb) Der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands wird allerdings durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt und entfällt deshalb, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist (vgl. BayObLG, ZMR 2004, 524, 525 mwN). So kann es etwa liegen, wenn die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind. In einem solchen Fall sind die Wohnungseigentümer verpflichtet, Teilungsvertrag und Aufteilungsplan so zu ändern, dass diese der tatsächlichen Bauausführung entsprechen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 – V ZR 447/01, NJW 2004, 1798, 1800 für einen sondereigentumslosen Miteigentumsanteil und Urteil vom 11. Mai 2012– V ZR 189/11, NJW-RR 2012, 1036 Rn. 11). Die Interessen der hiervon nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer werden dadurch gewahrt, dass sie jedenfalls gravierende Abweichungen zu Lasten ihres Sondereigentums unter Umständen nur gegen eine Ausgleichszahlung hinnehmen müssen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 447/01, aaO).

22

b) Die Unterlassungsklage hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler mit der Erwägung abgewiesen, auf der Grundlage der von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinseinnahme getroffenen Feststellungen sei eine Nutzung des Dachgeschossraums zu Wohnzwecken nicht erwiesen. Entgegen der Auffassung der Kläger war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Augenscheinseinnahme zu wiederholen. Richtig ist zwar, dass insoweit im Prinzip dieselben Grundsätze gelten, die zur Unzulässigkeit der abweichenden Würdigung einer in erster Instanz protokollierten Zeugenaussage durch das Berufungsgericht ohne eigene Beweiserhebung entwickelt worden sind (BGH, Urteil vom 21. Mai 1985 – VI ZR 235/83, NJW-RR 1986, 190, 191). Danach ist die erneute Vernehmung eines Zeugen erforderlich, wenn das Berufungsgericht dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder werten will als die Vorinstanz (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 mwN). Anders liegt es dagegen, wenn dem Berufungsgericht der objektive Beweiswert der als wahr unterstellten Aussage des Zeugen nicht ausreicht, um die Beweisfrage zu bejahen; in diesem Fall ist eine Wiederholung der Beweisaufnahme entbehrlich (Senat, Urteil vom 19. Juli 2002– V ZR 240/01, WM 2003, 154, 156; BGH, Urteil vom 2. Juni 1999– VIII ZR 112/98, NJW 1999, 2972, 2974). So verhält es sich der Sache nach auch hier. Das Berufungsgericht hat die von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinsnahme getroffenen Feststellungen als wahr unterstellt, sie aber nicht als ausreichend angesehen, um die Nutzung des zweiten Dachgeschosses zu Wohnzwecken als erwiesen anzusehen. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

23

Soweit die Revision darüber hinaus rügt, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang bestimmte Anlagen und Sachvortrag u.a. in einem Parallelverfahren nicht berücksichtigt, hat der Senat auch diese Rügen geprüft, sie aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                       Schmidt-Räntsch                      Brückner

                    Weinland                                  Kazele

5
Die Voraussetzungen für die insoweit allein in Betracht kommende Inanspruchnahme der Beklagten als mittelbare Handlungsstörerin liegen nicht vor. Der Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist Ausdruck des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses, das eine Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen nach § 278 BGB nicht zulässt (vgl. Senat, BGHZ 42, 374, 380). Vor dem Hintergrund dieser Wertung kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nach § 1004 BGB nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 204). So liegt es hier jedoch nicht. Dass die Beklagte die Wohnung ihrem Mieter nicht mit der Erlaubnis zu feuergefährlichem Verhalten überlassen hat, bedarf keiner näheren Begründung. Veranlassung, ihren bislang nicht als Brandverursacher hervorgetretenen Mieter auf besondere Feuergefahren hinzuweisen, hatte sie nicht. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachte angebliche besondere Feuergefährlichkeit von Halogenlampen ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Nach Ausbruch des Brandes hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, den Brand zu verhindern oder einzudämmen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24. April 2013 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Miteigentümer eines nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilten Grundstücks, auf dem eine Mehrhausanlage errichtet wurde. Die Eigentumswohnung Nr. 13 der Kläger und die Wohnung Nr. 14 der Beklagten befinden sich in demselben Gebäude, wobei sich das Sondereigentum der Beklagten auf einen im zweiten Dachgeschoss gelegenen Abstellraum erstreckt. Ihr Wohnungseigentum erwarben die Parteien aufgrund notarieller Kaufverträge, die unter Bezugnahme auf die Teilungserklärung mit dem - mittlerweile insolventen - Bauträger geschlossen worden waren. Der Kaufvertrag der Kläger wurde am 7. Februar 2005, derjenige der Beklagten am 12. November 2004 geschlossen. Die Wohnungsgrundbücher wurden am 7. Dezember 2004 angelegt, die Gebäude von dem Bauträger in den Jahren 2005 und 2006 errichtet.

2

Die von den Beklagten genutzten Räume entsprechen in ihrer räumlichen Ausdehnung und Errichtung zwar dem mit dem Bauträger geschlossenen Kaufvertrag, weichen aber von der Teilungserklärung in Verbindung mit den in Bezug genommenen Aufteilungsplänen ab. Insbesondere wurden entgegen diesen Plänen eine für das Treppenhaus vorgesehene Freifläche und eine Aufzugstür in die Wohnung der Beklagten integriert sowie im verbliebenen Treppenhaus eine Treppe „aufgedoppelt“. Der Zugang zum Dachgeschossraum wurde nicht über die vorgesehene Auszugstreppe hergestellt, sondern an anderer Stelle über eine Spindeltreppe. Darüber hinaus wurde dieser Raum mit in den Plänen nicht vorgesehenen Fenstern sowie mit Heizkörpern und Heißwasserzuleitungen versehen.

3

Die Kläger verlangen die Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands sowie die Unterlassung der behaupteten Nutzung des Dachgeschossraums als Wohnraum. Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben; lediglich hinsichtlich der „aufgedoppelten“ Treppe hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage auch im Übrigen abgewiesen worden; die gegen die teilweise Klageabweisung gerichtete Anschlussberufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet ein gegen die Beklagten gerichteter „Rückbauanspruch“ gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG aus, weil die Wohnungseigentumsanlage von vornherein abweichend von dem Aufteilungsplan errichtet worden sei. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG erfasse nur bauliche Veränderungen; die erstmalige plangerechte Herstellung falle nicht darunter. Das gelte unabhängig davon, ob Planabweichungen vom teilenden Bauträger ausgingen oder auf Wünschen des von der Abweichung Begünstigten beruhten. Auch ein Anspruch nach § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG sei nicht gegeben. Zwar habe bereits zur Zeit der Bauausführung eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestanden. Da die erste Eigentumswohnung am 10. September 2005 bezogen worden und von einem Besitzübergang an einen durch eine Auflassungsvormerkung gesicherten Ersterwerber auszugehen sei, fänden ab diesem Zeitpunkt die §§ 10 bis 29 WEG entsprechende Anwendung. Gleichwohl sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten selbst keine baulichen Veränderungen vorgenommen hätten, sondern der Bauträger die planwidrige Ausführung zu verantworten habe. Auch seien die Parteien bei der Bauausführung noch nicht Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen, weil sämtliche Miteigentümer des von den Parteien bewohnten Hauses erst Mitte 2006 und damit nach dem ganz überwiegenden Abschluss der Baumaßnahmen in den Besitz des Sonder- und Gemeinschaftseigentums gelangt seien. Ungeachtet dessen stehe den geltend gemachten Beseitigungsansprüchen jedenfalls der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.

5

Auch die auf Unterlassung einer Nutzung des Dachgeschossraumes zu Wohnzwecken gerichtete Klage sei unbegründet. Auf der Grundlage der von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinseinnahme getroffenen Feststellungen sei eine Nutzung zu Wohnzwecken nicht erwiesen.

II.

6

Die Revision ist unbegründet.

7

1. Der Sache nach zutreffend bejaht das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Klage. Insbesondere sind die Kläger jedenfalls solange befugt, die auf § 1004 Abs. 1 BGB gestützten Ansprüche alleine geltend zu machen, wie die Gemeinschaft die Rechtsausübung – woran es hier fehlt – nicht durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG an sich gezogen hat (vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 6; Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 22 Rn. 293 f., § 43 Rn. 76 mwN).

8

2. Im Ergebnis zu Recht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass den Klägern die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

9

a) Das gilt zunächst für die in Rede stehenden Beseitigungsansprüche. Der Erwerber einer Eigentumswohnung, der mit dem teilenden Eigentümer eine von dem Teilungsplan abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart, ist hinsichtlich der sich daraus ergebenden Veränderungen des Gemeinschaftseigentums nicht Störer und daher gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern nicht zur Beseitigung des planwidrigen Zustands verpflichtet.

10

aa) Soweit planwidrige Baumaßnahmen vor dem Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu und zu den Voraussetzungen vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 5 ff.) durchgeführt worden sein sollten, folgt dies schon daraus, dass es an der von § 1004 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Eigentumsbeeinträchtigung fehlt. Zu dem genannten Zeitpunkt stand es dem teilenden Bauträger als Alleineigentümer frei, mit der Sache auch bei der Bauausführung nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Nach der Teilung (§ 8 WEG) änderte sich hieran bis zum Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nichts. Die Rechtslage ist nicht anders, als wenn ein Eigentümer ein ihm gehörendes Grundstück nach seinen Vorstellungen bebaut und dann Eigentum daran überträgt (BayObLG, NJW-RR 1987, 717, 718).

11

Der Erwerber hat auch nach der Eigentumsumschreibung keinen Anspruch aus § 1004 BGB gegen den früheren Eigentümer auf Beseitigung von baulichen Maßnahmen, mögen diese für sein Eigentum auch von Nachteil sein und den vertraglichen Ansprüchen widersprechen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Mai 1963 – VII ZR 236/61, BGHZ 39, 366, 367; BayObLG, NJW-RR 1988, 587, 588). Das Eigentum des Erwerbers ist durch die baulichen Maßnahmen nicht im Sinne des § 1004 BGB beeinträchtigt, der frühere Eigentümer schon deshalb nicht Störer (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, juris Rn. 22 u. NJW-RR 1998, 371, 372). Umso weniger kann ein anderer Erwerber, der mit dem teilenden Eigentümer eine von den ursprünglichen Plänen abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart hat und damit nur eine mittelbare Ursache für die Ausübung der dem Bauträger nach § 903 BGB zustehenden sachenrechtlichen Befugnisse setzt, als Handlungsstörer angesehen werden (vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 954, 955; OLG Frankfurt, NZM 2008, 322, 323 aE mwN; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 22 Rn. 314). Auch eine Haftung dieses Erwerbers als Zustandsstörer scheidet in solchen Fällen aus (Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 315).

12

bb) Soweit die planwidrige Bauausführung erst nach dem Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt oder fertiggestellt worden sein sollte, scheidet eine Inanspruchnahme der Beklagten auf Beseitigung des planwidrigen Zustandes ebenfalls aus. Diese sind auch insoweit nicht als Störer zu qualifizieren.

13

(1) Bei der Bestimmung der Störereigenschaft nach § 1004 Abs. 1 BGB geht es um die Zurechnung von Ursachen, die in Eigentumsbeeinträchtigungen einmünden (vgl. nur MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1004 Rn. 149; Staudinger/Gursky [2013], § 1004 Rn. 92), und damit letztlich um den Zuschnitt von Verantwortungsbereichen.

14

(a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass für die Zurechnung nicht schon die Sachherrschaft über die störende Sache und die damit einhergehende Möglichkeit genügt, die Störung zu beenden, um jemanden als Störer im Sinne des § 1004 BGB anzusehen. So ist Zustandsstörer nur derjenige, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aufrechterhalten wird; die Beeinträchtigung muss - wenigstens mittelbar - auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgehen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles Sachgründe dafür gibt, der als Störer in Betracht kommenden Person die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen (zum Ganzen Senat, Urteil vom 1. Dezember 2006 – V ZR 112/06, NJW 2007, 437 Rn. 11 ff. mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 4. März 2010 – V ZB 130/09, NJW-RR 2010, 807 Rn. 14).

15

(b) Als mittelbarer Handlungsstörer kommt nur derjenige in Betracht, der die Beeinträchtigung durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht und in der Lage ist, die unmittelbar auftretende Störung zu verhindern (std. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 – V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 8 mwN). Geht es – wie hier – um eine von dem Zustand einer Sache ausgehende fortdauernde Eigentumsbeeinträchtigung, sind die Übergänge zum Zustandsstörer allerdings fließend (zutreffend Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 328) und entziehen sich einer klaren Abgrenzung zum Handlungsstörer jedenfalls dann, wenn der Handelnde später – wie hier – Eigentümer der Sache geworden ist. Denn auch bei der Verursachung durch eine Handlung – wie hier bei der (teilweise) planwidrigen Errichtung eines Bauwerks aufgrund bestimmter Wünsche des Erwerbers – wird die Beeinträchtigung erst über den Zustand der Sache vermittelt (MünchKomm-BGB/Baldus, aaO, § 1004 Rn. 153). Das lässt es sachgerecht erscheinen, die Zurechnung und den damit einhergehenden Zuschnitt der Verantwortungsbereiche in derartigen Konstellationen auch bei der Bestimmung des mittelbaren Handlungsstörers von einer wertenden Betrachtung abhängig zu machen (vgl. auch LG München I, ZWE 2010, 411, 412; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 314).

16

(2) Bei der danach gebotenen wertenden Betrachtung sind die Beklagten weder als mittelbare Handlungs- noch als Zustandsstörer anzusehen. Es fehlt an ausreichenden Sachgründen dafür, den Beklagten die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen.

17

(a) Durch den Abschluss des Kaufvertrags haben die Beklagten zwar eine adäquate Ursache für die teilweise planwidrige Errichtung des Gebäudes gesetzt. Unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Rechtsverkehrs reicht dies jedoch nicht aus, dem Käufer die Verantwortung für die planwidrige Bauausführung durch den teilenden Bauträger zuzuschreiben (vgl. auch LG München I, ZWE 2010, 411, 412; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 314). Vielmehr darf ein Käufer in aller Regel davon ausgehen, dass der Bauträger die Bauausführung im Rahmen seiner (Eigentums-)Befugnisse bzw. – sofern der Bau erst nach Entstehen einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft fertiggestellt wird – notfalls im Zuge einer Anpassung der Teilungserklärung und in Übereinstimmung mit den anderweit eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 328/03, NZBau 2005, 587 f.) durchführen wird. Wollte man das anders sehen, würde Käufern von noch zu errichtenden Eigentumswohnungen ein erhebliches Risiko auferlegt und damit der Kauf von Wohnungseigentum ohne Not erschwert.

18

(b) Zudem erscheint es kaum überzeugend, dem Gestaltungswünsche äußernden zukünftigen Erwerber eine Mitverantwortung als Störer je nachdem aufzuerlegen, ob dem teilenden Bauträger die planwidrige Fertigstellung des Gebäudes noch vor Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft gelingt (dann keine Zurechnung) oder aber erst danach (dann Zurechnung; so jedenfalls im Ergebnis BayObLG, NJW-RR 1987, 717 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, juris Rn. 23 ff.). Auch hinsichtlich der Beseitigungsverpflichtung ergäben sich Abgrenzungsschwierigkeiten; denn verlangt werden könnte von dem Erwerber nach § 1004 BGB nur die Wiederherstellung des baulichen Zustandes, der vor der Störung, also im Zeitpunkt der - von Zufälligkeiten abhängigen - Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, bestand.

19

(c) Der von dem Senat befürwortete Zuschnitt der Verantwortungsbereiche harmoniert damit, dass die erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes nicht einem einzelnen Wohnungseigentümer obliegt, sondern Sache aller Wohnungseigentümer ist (vgl. nur BayObLG NJW-RR 1986, 954, 955; 1988, 587, 588; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, aaO, Rn. 24 u. NJW-RR 1998, 371, 372; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 22; vgl. auch OLG Frankfurt, NZM 2008, 322, 323 aE mwN). Schutzwürdige Belange der übrigen Wohnungseigentümer bleiben dabei gewahrt.

20

(aa) Da unter Instandsetzung auch die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen ist (vgl. nur Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 118 mwN), kann jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird (vgl. Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 20 u. 22 mwN; KG, NJW-RR 1991, 1421 f.). Beschließen die Wohnungseigentümer die plangerechte Herrichtung der Wohnanlage auf Kosten der Gemeinschaft (vgl. BayObLG NJW-RR 1987, 717, 718; KG, NJW-RR 1991, 1421, 1422) mehrheitlich nach § 21 Abs. 3 WEG, sind die hiervon betroffenen Wohnungseigentümer ab diesem Zeitpunkt nach § 14 Nr. 4 WEG zur Duldung des Umbaus verpflichtet. § 22 WEG steht dem nicht entgegen, weil die erstmalige plangerechte Herrichtung keine bauliche Veränderung im Sinne der genannten Norm darstellt, und zwar im Grundsatz auch dann, wenn ein Gebäude planwidrig erstellt wurde und sodann die Planwidrigkeit behoben wird (vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 954, 955; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 22 Rn. 7 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 20 u. 22; jeweils mwN).

21

(bb) Der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands wird allerdings durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt und entfällt deshalb, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist (vgl. BayObLG, ZMR 2004, 524, 525 mwN). So kann es etwa liegen, wenn die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind. In einem solchen Fall sind die Wohnungseigentümer verpflichtet, Teilungsvertrag und Aufteilungsplan so zu ändern, dass diese der tatsächlichen Bauausführung entsprechen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 – V ZR 447/01, NJW 2004, 1798, 1800 für einen sondereigentumslosen Miteigentumsanteil und Urteil vom 11. Mai 2012– V ZR 189/11, NJW-RR 2012, 1036 Rn. 11). Die Interessen der hiervon nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer werden dadurch gewahrt, dass sie jedenfalls gravierende Abweichungen zu Lasten ihres Sondereigentums unter Umständen nur gegen eine Ausgleichszahlung hinnehmen müssen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 447/01, aaO).

22

b) Die Unterlassungsklage hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler mit der Erwägung abgewiesen, auf der Grundlage der von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinseinnahme getroffenen Feststellungen sei eine Nutzung des Dachgeschossraums zu Wohnzwecken nicht erwiesen. Entgegen der Auffassung der Kläger war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Augenscheinseinnahme zu wiederholen. Richtig ist zwar, dass insoweit im Prinzip dieselben Grundsätze gelten, die zur Unzulässigkeit der abweichenden Würdigung einer in erster Instanz protokollierten Zeugenaussage durch das Berufungsgericht ohne eigene Beweiserhebung entwickelt worden sind (BGH, Urteil vom 21. Mai 1985 – VI ZR 235/83, NJW-RR 1986, 190, 191). Danach ist die erneute Vernehmung eines Zeugen erforderlich, wenn das Berufungsgericht dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder werten will als die Vorinstanz (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 mwN). Anders liegt es dagegen, wenn dem Berufungsgericht der objektive Beweiswert der als wahr unterstellten Aussage des Zeugen nicht ausreicht, um die Beweisfrage zu bejahen; in diesem Fall ist eine Wiederholung der Beweisaufnahme entbehrlich (Senat, Urteil vom 19. Juli 2002– V ZR 240/01, WM 2003, 154, 156; BGH, Urteil vom 2. Juni 1999– VIII ZR 112/98, NJW 1999, 2972, 2974). So verhält es sich der Sache nach auch hier. Das Berufungsgericht hat die von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinsnahme getroffenen Feststellungen als wahr unterstellt, sie aber nicht als ausreichend angesehen, um die Nutzung des zweiten Dachgeschosses zu Wohnzwecken als erwiesen anzusehen. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

23

Soweit die Revision darüber hinaus rügt, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang bestimmte Anlagen und Sachvortrag u.a. in einem Parallelverfahren nicht berücksichtigt, hat der Senat auch diese Rügen geprüft, sie aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                       Schmidt-Räntsch                      Brückner

                    Weinland                                  Kazele

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

12
a) Der Nachbar kann die Beeinträchtigung seines Grundstücks grundsätzlich im Wege einer auf §§ 1004, 906 BGB gestützten vorbeugenden Unterlassungsklage abwehren. Dieses Recht steht ihm aber nicht schon dann zu, wenn durch eine bestimmte Nutzung oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks eine Gefährdung seines Eigentums nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Anknüpfungspunkt für das Abwehrrecht des Nachbarn ist nämlich nicht die von dem anderen Grundstück potentiell, wenn auch vielleicht nur bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr , sondern die im Einzelfall bewirkte oder zumindest konkret drohende Beeinträchtigung seines Eigentums (vgl. BGHZ 2, 394, 395; MünchKommBGB /Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 95; Erman/Ebbing, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 76, jew. m.w.N.). Der Unterlassungsanspruch entsteht daher erst in dem Augenblick, in dem sich auf dem Nachbargrundstück objektiv eine die Emmission ermöglichende konkrete Gefahrenquelle gebildet hat, auf Grund deren ein Einschreiten geboten ist (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 106).

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem letzten Jahre vor der Störung erlangt worden ist.

12
a) Der Nachbar kann die Beeinträchtigung seines Grundstücks grundsätzlich im Wege einer auf §§ 1004, 906 BGB gestützten vorbeugenden Unterlassungsklage abwehren. Dieses Recht steht ihm aber nicht schon dann zu, wenn durch eine bestimmte Nutzung oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks eine Gefährdung seines Eigentums nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Anknüpfungspunkt für das Abwehrrecht des Nachbarn ist nämlich nicht die von dem anderen Grundstück potentiell, wenn auch vielleicht nur bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr , sondern die im Einzelfall bewirkte oder zumindest konkret drohende Beeinträchtigung seines Eigentums (vgl. BGHZ 2, 394, 395; MünchKommBGB /Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 95; Erman/Ebbing, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 76, jew. m.w.N.). Der Unterlassungsanspruch entsteht daher erst in dem Augenblick, in dem sich auf dem Nachbargrundstück objektiv eine die Emmission ermöglichende konkrete Gefahrenquelle gebildet hat, auf Grund deren ein Einschreiten geboten ist (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 106).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

12
a) Der Nachbar kann die Beeinträchtigung seines Grundstücks grundsätzlich im Wege einer auf §§ 1004, 906 BGB gestützten vorbeugenden Unterlassungsklage abwehren. Dieses Recht steht ihm aber nicht schon dann zu, wenn durch eine bestimmte Nutzung oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks eine Gefährdung seines Eigentums nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Anknüpfungspunkt für das Abwehrrecht des Nachbarn ist nämlich nicht die von dem anderen Grundstück potentiell, wenn auch vielleicht nur bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr , sondern die im Einzelfall bewirkte oder zumindest konkret drohende Beeinträchtigung seines Eigentums (vgl. BGHZ 2, 394, 395; MünchKommBGB /Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 95; Erman/Ebbing, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 76, jew. m.w.N.). Der Unterlassungsanspruch entsteht daher erst in dem Augenblick, in dem sich auf dem Nachbargrundstück objektiv eine die Emmission ermöglichende konkrete Gefahrenquelle gebildet hat, auf Grund deren ein Einschreiten geboten ist (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 106).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

12
a) Der Nachbar kann die Beeinträchtigung seines Grundstücks grundsätzlich im Wege einer auf §§ 1004, 906 BGB gestützten vorbeugenden Unterlassungsklage abwehren. Dieses Recht steht ihm aber nicht schon dann zu, wenn durch eine bestimmte Nutzung oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks eine Gefährdung seines Eigentums nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Anknüpfungspunkt für das Abwehrrecht des Nachbarn ist nämlich nicht die von dem anderen Grundstück potentiell, wenn auch vielleicht nur bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr , sondern die im Einzelfall bewirkte oder zumindest konkret drohende Beeinträchtigung seines Eigentums (vgl. BGHZ 2, 394, 395; MünchKommBGB /Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 95; Erman/Ebbing, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 76, jew. m.w.N.). Der Unterlassungsanspruch entsteht daher erst in dem Augenblick, in dem sich auf dem Nachbargrundstück objektiv eine die Emmission ermöglichende konkrete Gefahrenquelle gebildet hat, auf Grund deren ein Einschreiten geboten ist (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 106).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)