Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2013 - X ZR 171/12

bei uns veröffentlicht am13.11.2013
vorgehend
Amtsgericht Augsburg, 17 C 2055/11, 08.09.2011
Landgericht Augsburg, 72 S 4026/11, 06.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 171/12
Verkündet am:
13. November 2013
Beširović
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Einkaufskühltasche

a) Die Ermittlung des Werts eines Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung
eines gewerblichen Schutzrechts erfordert eine Prognose, mit der
sowohl der künftige Wert des Schutzrechts für den Anspruchsgläubiger
als auch die Gefährdung der Realisierung dieses Werts durch den als
Verletzer in Anspruch Genommenen abgeschätzt wird.

b) Die Geltendmachung einer Gebrauchsmuster- oder Geschmacksmusterverletzung
rechtfertigt für sich genommen noch nicht die Annahme,
der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit sei umfangreich oder
schwierig.
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - X ZR 171/12 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 13. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Gröning, die Richterin Schuster, den
Richter Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 6. Juni 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin erwarb von der Beklagten, die einen Versandbuch1 handel betreibt, zusammen mit einem dort bestellten Buch eine Einkaufstasche mit Kühlfach. Später bot sie diese Tasche über das Internetauktionshaus eBay zum Verkauf an. Daraufhin wurde sie anwaltlich im Auftrag eines dritten Unternehmens, dem Rechte an einem Gebrauchsmuster und einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster an der Tasche zustehen, abgemahnt und aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, Auskunft zu erteilen, Rechnung zu legen, schutzrechtsverletzende Gegenstände in ihrem Besitz zu vernichten, ihre Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz anzuerkennen und die Kosten der Abmahnung zu erstatten. Diese waren im Abmahnschreiben auf der Grundlage einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 100.000 € berechnet
(2.115,26 €). Die Kosten der Abmahnung übernahm die Beklagte, wobei sie sich mit der Schutzrechtsinhaberin der Höhe nach vergleichsweise auf Zahlung von 500 € einigte. Die Klägerin ließ die Berechtigung der Abmahnung ihrerseits von
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ihren jetzigen erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten (im Folgenden nur: Prozessbevollmächtigten) prüfen, die dafür eine ebenfalls nach einem Gegenstandswert von 100.000 € berechnete 1,5-fache Geschäftsgebühr in Rechnung stellten. Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten Erstattung dieser
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1,5-fachen, zuletzt nach einem Gegenstandswert von 95.000 € berechneten Geschäftsgebühr verlangt. Das Amtsgericht hat ihr eine 1,3-fache Gebühr nach einem Gegenstandswert von 50.000 € zugesprochen; das Landgericht hat demgegenüber nur den Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000 € für angemessen erachtet, die Beklagte zur Zahlung von rund 776 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zu4 rückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Erstattungsbegehren in voller Höhe weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
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im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB zu. Die Höhe des Anspruchs richte sich nach den tat- sächlich gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstandenen Kosten, wobei sich der anzusetzende Gegenstandswert nach dem Wert der vom Schutzrechtsinhaber geforderten Unterlassungs- und Verpflich- tungserklärung richte. Dafür sei ein Betrag von 10.000 € angemessen. Das Abmahnschreiben sei seinem vorgefertigten Text nach zu urteilen auf ganz andere Empfängerkreise und Verstöße ganz anderen Ausmaßes zugeschnitten als im Streitfall, wo die Klägerin einmalig eine einzige Tasche bei eBay zum Verkauf angeboten und zudem unvorsätzlich gehandelt habe. Der der Abmahnung zugrunde gelegte Gegenstandswert von 100.000 € sei demnach übersetzt und der Bedeutung der Sache unangemessen gewesen. Dies zeige sich auch daran, dass der Schutzrechtsinhaber schließlich eine Pauschalzahlung von 500 € akzeptiert habe. Das Amtsgericht habe zutreffend nur eine 1,3-fache Gebühr nach RVG VV Nr. 2300 in Ansatz gebracht; die Tätigkeit der von der Klägerin beauftragten Rechtsanwälte sei weder besonders schwierig noch umfangreich gewesen.
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II. Gegen diese Beurteilung wendet die Revision sich ohne Erfolg.
1. Gegenstand der revisionsrechtlichen Nachprüfung ist nach der
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Begründung für die Zulassung der Revision im Berufungsurteil eindeutig nur die Höhe des Klageanspruchs. Auf sie kann die Zulassung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt werden und dies kann auch in den Gründen geschehen (BGH, Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491; Beschluss vom 12. April 2011 - II ZB 14/10, ZIP 2011, 1587 für die auf die Festsetzung einer Verfahrensgebühr beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde). 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den
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vom Amtsgericht zuerkannten Betrag nicht herabsetzen dürfen, weil es an einem zulässigen Angriff der Beklagten gegen die erstinstanzliche Gegenstandsbewertung in ihrer Anschlussberufung gefehlt habe. Nach §§ 524 Abs. 3 Satz 2, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist
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erforderlich, dass die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnet, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Danach müssen die rechtlichen Aspekte dargelegt werden, die der Berufungsführer als unzutreffend beurteilt ansieht, und die tatsächlichen oder rechtlichen Gründe angegeben werden, aus denen er die Fehlerhaftigkeit der rechtlichen Beurteilung und die Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ableiten will (BGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02, NJW-RR 2003, 1580; Beschluss vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10). Diesen Anforderungen wird die Anschlussberufung der Beklagten gerecht, da sie erkennen lässt, dass und aus welchen Gründen sie den vom Amtsgericht angesetzten Gegen- standswert von 50.000 € für übersetzt hält. 3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Prozessbevollmäch11 tigten der Klägerin hätten ihrer Gebührenrechnung nicht einen Gegenstandswert von 95.000 €, sondern nur von 10.000 € zugrunde legen dürfen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Hat der Schuldner, wie hier, gemäß § 280 Abs. 1 BGB für die
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Kosten anwaltlicher Beratung einzustehen, die der Gläubiger im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis in Anspruch nehmen durfte, ist der Höhe nach die Vergütung zu erstatten, die der Rechtsanwalt nach den einschlägigen Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes von seinem Auftraggeber verlangen kann.
b) Der Gegenstandswert ist in einem solchen Fall gemäß § 23
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Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das hiernach maßgebliche Interesse des Schutzrechtsverletzers bemisst sich nach dem Wert der ihm infolge der Inanspruchnahme aus den Schutzrechten drohenden Nachteile. aa) Zu diesen Nachteilen gehören zum einen die dem Schutz14 rechtsinhaber für die Abmahnung zu erstattenden Kosten. Dafür ist im Streitfall auf das Risiko der Klägerin abzustellen, eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 100.000 € (2.094,64 €) erstatten zu müssen. Ob insbesondere der Ansatz dieses Gegenstandswerts durchsetzbar gewesen wäre, ist in diesem Zusammenhang ebenso wenig erheblich, wie der Umstand, dass die Schutzrechtsinhaberin sich letztlich mit Zahlung von 500 € begnügt hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerade auch zu prüfen hatten, ob dieser Gegenstandswert und die Gebühr angemessen waren. bb) Die bei Bewertung des Interesse des Schutzrechtsverletzers zu
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berücksichtigenden Nachteile entsprechen zum anderen regelmäßig dem korrespondierenden Interesse des Schutzrechtsinhabers an der Geltendmachung seiner Ansprüche. Denn die wirtschaftliche Bedeutung der gegenüber dem Schuldner erhobenen Ansprüche spiegelt den wirtschaftlichen Wert derjenigen des Gläubigers wider (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 174/11, GRUR 2013, 1067 Rn. 12 - Beschwer des Unterlassungsschuldners). Der Wert des dazu in erster Linie gehörenden Unterlassungsan16 spruchs kann regelmäßig nur pauschalierend auf der Grundlage der im Einzelfall bekannten Indiztatsachen prognostiziert werden. Die Prognose gilt zum einen dem Wert des Schutzrechts unter Berücksichtigung der Bedeutung seines Gegenstands und der noch verbleibenden Laufzeit, zum anderen der Einschätzung, inwieweit die Realisierung dieses Werts durch den Verletzer in Zukunft gefährdet werden könnte. Dafür bietet der Umfang der bereits begangenen Verletzungen regelmäßig den greif- barsten Anhaltspunkt. Daneben können allgemein Art und Umfang der bisherigen wirtschaftlichen Tätigkeit, vorhandene betriebliche Einrichtungen und Handelsbeziehungen, personelle Ausstattung sowie Finanzkraft sowohl des Schutzrechtsinhabers als auch des Verletzers Anhaltspunkte dafür bieten, welche Benutzungshandlungen künftig zu erwarten sind. Auch subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers, wie etwa der Verschuldensgrad, können schließlich Rückschlüsse auf die vom Verletzer ausgehende Gefährdung der Rechte des Schutzrechtsinhabers zulassen (vgl. BGH, GRUR 2013, 1067 Rn. 12 - Beschwer des Unterlassungsschuldners ; Beschluss vom 24. Februar 2011 - I ZR 220/10, AfP 2011, 261 Rn. 2). cc) Hiernach hat das Berufungsgericht die Bemessung des
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Gegenstandswerts durch die Vertreter der Klägerin auf zuletzt 95.000 € zu Recht für unbillig erachtet, wohingegen die rechtliche Nachprüfung seiner Festsetzung des Wertes auf 10.000 €, die als Ausübung tatrichterlichen Ermessens revisionsrechtlich nur darauf hin zu überprüfen ist, ob das Ermessen überhaupt und in den ihm gesetzten Grenzen ausgeübt worden ist und alle für seine Ausübung wesentlichen Umstände beachtet worden sind (BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 44/06, GRUR 2009, 660 Rn. 22 - Resellervertrag; Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 Rn. 51 - BTK; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 56 - Solarinitiative), keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin aufdeckt. (1) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei dem Umstand
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entscheidende Bedeutung beigemessen, dass es sich nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat, bei dem die Klägerin eine einzige, von der Beklagten erworbene schutzrechtsverletzende Tasche zum Verkauf angeboten hat. Es hat zu Recht angenommen, dass dieser vereinzelte Verletzungsfall nicht nur für sich genommen von sehr geringer wirtschaftlicher Bedeutung für die Verwertung der Ausschließlichkeitsrechte des Schutzrechtsinhabers war, sondern auch keine Anhaltspunkte für die Annahme vorlagen, diesen Rechten drohe künftig nennenswerte weitere Beeinträchtigung vonseiten der Klägerin. Schließlich hat das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - keine Feststellungen getroffen, die aus anderen Gründen, insbesondere nach der bisherigen Betätigung der Klägerin und ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, auf die Gefahr nennenswerter zukünftiger Beeinträchtigungen der Rechte des Schutzrechtsinhabers hindeuteten. Das Berufungsgericht hat, indem es auf die Einmaligkeit der
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Rechtsverletzung abgestellt hat, entgegen den Rügen der Revision nicht verkannt, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist und auch nicht den Vortrag der Klägerin übergangen, bei einem erfolglosen Angebot über eine Internetauktionsplattform sei die erneute Einstellung des angebotenen Produkts nicht unüblich. Das Berufungsgericht hat den Umstand, dass das Angebot über die Internetauktionsplattform eBay erfolgte, die dem Nutzer die einfache Möglichkeit bietet, einen Artikel erneut anzubieten, berücksichtigt, hieraus jedoch rechtsfehlerfrei nicht abgeleitet, dass dem Unterlassungsbegehren des Schutzrechtsinhabers nach den Umständen des Streitfalls ein erheblicher wirtschaftlicher Wert zukam. (2) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision
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auch nicht den vom Schutzrechtsinhaber mit der Abmahnung geltend gemachten Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Vernichtungsansprüchen jede Bedeutung für die Wertbemessung abgesprochen. Die Formulierung im Berufungsurteil, diese Ansprüche beträfen die Klägerin "nicht einmal im Ansatz", ist zwar missverständlich, weil die Beklagte bereits aufgrund des einzigen, den Anlass der Abmahnung bildenden Verletzungsfalls sowohl zur Rechnungslegung und zum Schadensersatz als auch zur Auskunft und zur Vernichtung des schutzrechtsverletzenden Erzeugnisses verpflichtet war, sofern sich dieses noch in ihrem Besitz befand. Das Berufungsgericht hat damit ersichtlich aber lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass angesichts der Einmaligkeit und Geringfügigkeit des Verletzungsfalles nicht nur der Unterlassungsanspruch, sondern auch und erst recht die weiteren geltend gemachten Ansprüche von geringer wirtschaftlicher Bedeutung seien. Soweit das Berufungsgericht die Verpflichtung der Klägerin zur
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Leistung von Schadensersatz in diesem Zusammenhang als "wirtschaftlich gesehen minimal" bezeichnet hat, deutet dies auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands auf eine ermessensfehlerhafte Wertbemessung hin, dass dabei von der Beklagten zunächst verlangte Abmahnkosten von mehr als 2.000 € (oben II 3 b aa) zu berücksichtigen waren. Ersichtlich hatte das Berufungsgericht bei dieser Einschätzung weniger die absolute Höhe des der Klägerin möglicherweise zur Last fallenden Schadensbetrages im Auge, als vielmehr den daraus zu schätzenden Gegenstandswert für die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten, auf den es im Prozess ankam und der mit insgesamt 10.000 € auch unter Berücksichtigung jener 2.094,64 € immer noch ausreichend bemessen erscheint. 4. Das Berufungsgericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender
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Weise entschieden, dass die Gebühr nicht auf den 1,5-fachen Satz bemessen werden kann, sondern nur der 1,3-fache Satz angemessen ist.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine
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Erhöhung der Geschäftsgebühr über den 1,3-fachen Regelsatz hinaus nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig und damit überduchschnittlich war, wohingegen die Schwellengebühr von 1,3 die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle ist (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420 Rn. 8; Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 16; Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8).
b) Die Forderung einer 1,5-fachen Gebühr war nicht nach der
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Toleranzrechtsprechung von vornherein der Nachprüfung entzogen. Danach ist die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20% zwar nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. Diese Toleranzrechtsprechung ist aber nicht in dem Sinne anwendbar, dass für eine weder umfangreiche noch schwierige, mithin nur durchschnittliche Sache eine den 1,3-fachen Gebührensatz übersteigende Vergütung verlangt werden kann, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nach RVG VV Nr. 2300 vorlägen (BGH, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff.). Der IX. Zivilsenat hält an seiner anderslautenden Rechtsprechung nicht fest (BGH, NJW 2012, 2813 Rn. 12). Entsprechendes gilt für den VI. Zivilsenat (Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, NJW-RR 2013, 1020 Rn. 8).
c) Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster25 schutzsachen können nicht allein wegen ihres Gegenstands pauschal als überdurchschnittlich umfangreich oder schwierig bewertet werden. Dies gilt insbesondere, wenn, wie hier, weder die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik bzw. vorbekannter Gestaltungen zu beurteilen ist noch im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung aufwendige oder komplexe Prüfungen erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 Rn. 22 - Rettungsdienstleistungen

II).

Die Nachprüfung der auch insoweit dem Tatrichter obliegenden und
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vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensentscheidung (oben II 3 b bb) deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf. Das Berufungsgericht hat die Ansetzung eines 1,5-fachen Gebührensatzes rechtsfehlerfrei als unbillig erachtet, nachdem sich die Sache als Angelegenheit von nur durchschnittlichem Umfang und Schwierigkeitsgrad erwiesen hat.
d) Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerte
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Ansicht der Klägerin, auf den Streitfall sei § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG anzuwenden und danach trage, was das Berufungsgericht verkannt habe, die Beklagte als Dritte i. S. der Vorschrift die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit, geht fehl. Als Beweislastregel hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Norm auf einen prozessualen, auf eine gerichtliche Kostengrundentscheidung gestützten Erstattungsanspruch angewendet (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 216/10 Rn. 10). Im Streitfall gelten dagegen die allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln, denen zufolge die Klägerin dartun muss, dass die geltend gemachte Forderung nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes in voller Höhe gerechtfertigt ist. Dieses Verständnis der Norm liegt auch dem Urteil des VIII. Zivilsenats vom 11. Juli 2012 (BGH, NJW 2012, 2813) zugrunde.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Meier-Beck Gröning Schuster Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 08.09.2011 - 17 C 2055/11 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 06.06.2012 - 72 S 4026/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2013 - X ZR 171/12

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2013 - X ZR 171/12 zitiert 8 §§.

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 524 Anschlussberufung


(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 23 Allgemeine Wertvorschrift


(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder de

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 221/09
Verkündet am:
27. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Zulassung der Revision kann - auch in den Gründen des Urteils - auf die Höhe
des Anspruchs beschränkt werden.
BGH, Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann und
den Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter
Dr. Drescher und Born

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. August 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Juni 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Immobilienfonds G. GbR (im Folgenden: GbR), einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand der Gesellschaft war der Erwerb und die Bebauung der Grundstücke G. Straße 52-55 und B. B. -Straße 9 in B. mit einem Mehrfamilienhaus bzw. einem Geschäftshaus und deren anschließende Vermietung. Der Beklagte unterzeichnete am 30. September 1992 eine Zeichnungserklärung über eine Beteiligung von 100.000 DM an der GbR. In dieser bevollmächtigte er die S. GmbH, die nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte , u.a., „für ihn alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die für seinen Beitritt und den Beitritt weiterer Gesellschafter zur Gesellschaft erforder- lich sind“ sowie den - dem Prospekt beigefügten - Geschäftsführungsvertrag einschließlich des Grundbuchtreuhandvertrags mit der Dr. G. GmbH abzuschließen.
2
Weiter heißt es in der Zeichnungserklärung: Mir/uns sind insbesondere auch die in dem Geschäftsführungsvertrag zu erteilenden Vollmachten bekannt, von denen als wichtigste hervorgehoben werden : Vorbehaltlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung - … - … - das Grundvermögen in voller Höhe der unbeschränkten Haftung zu unterwerfen , Grundpfandrechte einschließlich der dinglichen Unterwerfungserklärung auch in der Form des § 800 ZPO zu erklären - für die Gesellschafter auch die persönliche Haftung, jedoch nur quotal entsprechend der Beteiligungsquote zu erklären und sie insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen.
3
Nach § 3 Abs. 1 des dem Fondsprospekt als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrags haften die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen quotal entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital. Die Beteiligungsquote des Beklagten beträgt 0,64977258 %.
4
Die Dr. G. GmbH bestätigte am 21. Oktober 1992 die Annahme der Zeichnungserklärung des Beklagten. Am 26. Oktober 1992 vereinbarten die Gründungsgesellschafter der GbR mit der S. GmbH als Vertreterin des Beklagten und anderer Anleger in notarieller Form deren Beitritt zur GbR. In derselben Urkunde bestellten die durch die S. GmbH vertretenen Gesellschafter entsprechend der Vorgabe in § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags die Dr. G. GmbH als gemeinsam bevollmächtigte Geschäftsbesorgerin und bestätigten die Fortsetzung des mit ihr bereits bestehenden Grundbuchtreuhandvertrags. Die Geschäftsbesorgerin, die ebenfalls über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, wurde anstelle der GbR als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen und hielt die Grundstücke treuhänderisch für die GbR. Nach § 1 Abs. 4 des Geschäftsbesorgungsvertrags war die Geschäftsbesorgerin bevollmächtigt, das Gesamthandsvermögen der GbR in voller Höhe der unbeschränkten Haftung zu unterwerfen und die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft persönlich entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu verpflichten. In § 4 Abs. 2 bevollmächtigten die Gesellschafter die Geschäftsbesorgerin darüber hinaus, sie in diesem Umfang der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen als Teilschuldner zu unterwerfen.
5
Die GbR, vertreten durch die Dr. G. GmbH, hatte bereits am 22. Oktober 1992 mit der B. Sparkasse, einer Abteilung der Landesbank B. , drei Darlehensverträge über einen Gesamtbetrag von 20.600.000 DM geschlossen. Die Verträge wurden seitens der GbR jeweils mit dem Zusatz „mit teilschuldnerischer Haftung der Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen“ unterzeichnet. Die GbR bestellte Sicherungsgrundschulden in entsprechender Höhe zugunsten der Darlehensgläubigerin.
6
Nach den insoweit gleichlautenden Darlehensverträgen haften mehrere Darlehensnehmer „als Teilschuldner entsprechend der gesellschaftlichen Beteiligung“. Unter der Überschrift „Erfüllung“ ist bestimmt: Sie [die Bank] ist berechtigt, die Zahlungen nach eigenem Ermessen auf die geschuldeten Leistungen zu verrechnen und wenn mehrere Schuldverhältnisse mit ihr bestehen, zu bestimmen, auf welches Schuldverhältnis und auf welche geschuldeten Leistungen Zahlungen zu verrechnen sind.
7
Die Darlehensverträge nehmen auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Darlehensgläubigerin Bezug. Darin heißt es unter „22. Verwertung von Sicherheiten“: Wenn der Kunde seinen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit nicht nachkommt, ist die Sparkasse berechtigt, die Sicherheiten ohne gerichtliches Verfahren unter tunlichster Rücksichtnahme auf den Kunden zu beliebiger Zeit an einem ihr geeignet erscheinenden Ort auf einmal oder nach und nach zu verwerten … Unter mehreren Sicherheiten hat die Sparkasse die Wahl. Sie darf zunächst aus dem sonstigen Vermögen des Kunden Befriedigung suchen.
8
Mit Schreiben vom 18. Mai 2003 kündigte der Beklagte das Gesellschaftsverhältnis fristlos und berief sich darauf, mangels Wirksamkeit der erteilten Vollmacht der GbR nicht wirksam beigetreten zu sein.
9
Die Darlehensgläubigerin erhob im Dezember 2003 Klage gegen die GbR und den Beklagten dieses Rechtsstreits mit dem Antrag auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus ungerechtfertigter Bereicherung, hilfsweise beantragte sie die Feststellung, dass die Darlehensverträge wirksam seien. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17. November 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Februar 2005 gab das Landgericht Berlin (Az. 4 O 1/04) unter Klageabweisung im Übrigen dem Hilfsantrag statt.
10
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 kündigte die Darlehensgläubigerin die Darlehen wegen Zahlungsverzugs und stellte den Gesamtsaldo der Darlehen einschließlich aufgelaufener Zinsen in Höhe von 11.186.877,52 € fällig. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte sie den Beklagten unter Fristsetzung zum 20. Dezember 2004 auf, entsprechend seiner Beteiligung am Gesamtkapital der GbR 72.689,26 € an sie zu zahlen.
11
Die Darlehensgläubigerin reichte im Dezember 2007 wegen dieser Forderung gegen den Beklagten Klage ein, obwohl zu diesem Zeitpunkt über das Vermögen der GbR bereits das Insolvenzverfahren eröffnet war. Noch vor deren Zustellung hat der Kläger den Rechtsstreit übernommen.
12
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben , das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


13
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
14
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
15
Die Klage sei zulässig. Die Rechtskraft des im Rechtsstreit zwischen der Darlehensgläubigerin einerseits und der GbR sowie dem Beklagten andererseits vom Landgericht Berlin erlassenen Urteils stehe nicht entgegen, da unterschiedliche Streitgegenstände vorlägen. Die Haftung des Beklagten folge aus §§ 128, 130 HGB analog i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nF (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB). Einwendungen aus dem Recht der GbR gegen die Wirksamkeit der Darlehensverträge seien gem. § 129 HGB analog infolge des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Berlin ausgeschlossen. Ob die der S. GmbH erteilte Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, könne dahinstehen, da der Beitritt nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft wirksam sei. Der Beklagte hafte für die vor seinem Beitritt eingegangenen Verbindlichkeiten der GbR, weil diese für ihn erkennbar gewe- sen seien. Zwar sei die kraft Gesetzes bestehende gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten auf seine Quote an dem Gesellschaftsvermögen beschränkt worden. Die Quote berechne sich aber nicht aus dem jeweiligen Stand der Darlehensforderungen. Weder freiwillige Tilgungsleistungen der Gesellschaft noch im Wege der Zwangsvollstreckung erzielte Erlöse verringerten den Haftungsumfang. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der Darlehensverträge unter Berücksichtigung der im Gesellschaftsvertrag geregelten Haftung.
16
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung stand.
17
1. Die Revision ist, soweit sie sich gegen den Grund des vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruchs richtet, unstatthaft und damit unzulässig, weil sie insoweit nicht zugelassen ist.
18
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt auf die Höhe des gegen den Beklagten bestehenden Zahlungsanspruchs zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, aber, was ausreichend ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2007 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, 3177; BGH, Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11), aus den Urteilsgründen. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung für die Zulassung der Revision zielt auf die Frage ab, ob und in welchem Umfang bei einer vereinbarten quotalen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen die Haftung der Gesellschafter mindern und ob die im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1996 aufgestellten Grundsätze trotz Änderung der Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiter Gültigkeit haben. Diese Frage betrifft lediglich die Höhe des eingeklagten Anspruchs. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe ist möglich (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98, NJW 1999, 500; vgl. auch Beschluss vom 15. Dezember 1978 - V ZR 214/77, NJW 1979, 551; Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11 zur Beschränkung auf den Anspruchsgrund; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 543 Rn. 11; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 543 Rn. 23). Es handelt sich um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs, auf den der Beklagte selbst seine Revision hätte begrenzen können. Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Zulassungsentscheidung so auszulegen , dass das Berufungsgericht die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des Streitgegenstands zugelassen hat (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4).
19
2. Soweit die Revision zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg.
20
a) Die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Berlin vom 17. November 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Februar 2005 (Az. 4 O 1/04) steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, da nicht über denselben prozessualen Anspruch entschieden worden ist. Auch wenn die Zulassung der Revision beschränkt ist, hat das Revisionsgericht hinsichtlich des Teils, für den die Revision zugelassen ist, die Zulässigkeit der Klage zu prüfen (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 543 Rn. 20).
21
Der Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits erschließt sich bei einem - hier hinsichtlich des Hauptantrags - klageabweisenden Urteil, dessen Urteilsformel keine Aufschlüsse zulässt, stets erst aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen einschließlich des in Bezug genommenen Parteivorbringens. Allerdings können die Parteien den Streitgegenstand nicht durch Gestaltung ihres Vortrags willkürlich begrenzen. Der Streitgegenstand wird vielmehr durch den prozessualen Anspruch und den ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt bestimmt, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht. Von ihm erfasst werden sämtliche materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt herleiten lassen (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, WM 2009, 501 Rn. 45, insoweit nicht in BGHZ 179, 146; Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 53). Infolgedessen hat die Rechtskraft des Urteils im ersten Prozess nicht nur die Präklusion der dort vorgetragenen Tatsachen , sondern auch der nicht vorgetragenen, zu dem Lebenssachverhalt gehörenden Tatsachen zur Folge, sofern sie nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Prozess entstanden sind (BGH, Urteil vom 17. März 1995 - V ZR 178/93, MDR 1995, 1062 f.) oder der Entscheidung unmissverständlich der Wille des Gerichts zu entnehmen ist, über den zu Grunde liegenden Anspruch nicht abschließend zu erkennen und dem Kläger so eine erneute Klage zu diesem Anspruch auf der gleichen tatsächlichen Grundlage und aufgrund von bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegenden Umständen vorzubehalten (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, WM 2009, 501 Rn. 45, insoweit nicht in BGHZ 179, 146).
22
Nach diesen Maßstäben hat die Rechtskraft des - den Zahlungsantrag abweisenden - Urteils des Landgerichts Berlin im Vorprozess nicht die Unzulässigkeit der nunmehr erhobenen Klage auf anteilige Rückzahlung des offenen Darlehenssaldos nach Kündigung des Darlehens zur Folge. Die Darlehensgläubigerin und Klägerin des Vorprozesses hat die Darlehensverträge erst nach dem Abschluss des Vorprozesses gekündigt, in dem sie den Zahlungsanspruch noch auf die Unwirksamkeit der Darlehensverträge gestützt hatte. Bei einem wirksamen Darlehensvertrag setzt der Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta vor Ablauf der Laufzeit des Darlehens eine Kündigung voraus. Da die Kündigung nicht Gegenstand des zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhaltes war, konnte die Gläubigerin diese nachholen. Im Übrigen ergibt sich auch aus den Entscheidungsgründen mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass das Gericht des Vorprozesses Ansprüche, die eine noch zu erklärende Kündigung voraussetzen, nicht zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht hat .
23
Soweit das Landgericht in seinem Urteil im Vorprozess auch einen möglichen Anspruch auf rückständige Raten angesprochen hat, hat es über diesen Anspruch ersichtlich nicht entscheiden wollen, wie sich aus dem insoweit eindeutigen Eingang der Entscheidungsgründe ergibt. Zu dem Anspruch auf rückständige Raten ist lediglich ausgeführt, dass zu deren Höhe nicht vorgetragen sei. Nur in der Klageschrift sei auf den Betrag der ausgereichten Darlehensvaluta hingewiesen und seien die geleisteten Zahlungen betragsmäßig genannt. Anhaltspunkte, in welcher konkreten Höhe Raten offen stünden, fehlten. Diese Ausführungen sind ersichtlich so zu verstehen, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die Klägerin wolle ihren mit dem Hauptantrag gestellten, aus Bereicherungsrecht hergeleiteten Zahlungsantrag nicht (auch) auf einen Anspruch auf rückständige Raten stützen und es habe daher auch nicht über einen solchen Anspruch zu entscheiden.
24
Die Auffassung, die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess habe nicht die Unzulässigkeit der Klage zur Folge, steht, anders als die Revision meint, nicht in Widerspruch zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 2002 (XI ZR 90/02, BGHZ 153, 239, 242). Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass die Rechtskraft eines klageabweisenden Versäumnisurteils die erneute Geltendmachung des Klageanspruchs in jedem Fall unzulässig macht. Dies gilt jedoch nicht gleichermaßen, wenn - wie hier - die Klage im ersten Prozess durch streitiges Urteil abgewiesen wurde. Denn anders als in diesem Fall lässt sich bei einer allein auf der Säumnis des Klägers beruhenden Abweisung der Klage gemäß § 330 ZPO nicht feststellen, ob die Klage wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals, das im neuen Prozess vorgetra- gen wird, abgewiesen wurde oder ob das Gericht nur eine eingeschränkte Entscheidung treffen wollte.
25
b) Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte für die Darlehensverbindlichkeiten der GbR analog §§ 128, 130 HGB i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nF haftet und der Kläger gemäß § 93 InsO berechtigt ist, die persönliche Haftung des Beklagten geltend zu machen. Dies unterliegt nicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung, weil die Zulassung der Revision, wie dargelegt, wirksam auf die Anspruchshöhe beschränkt ist.
26
c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte dem Kläger anteilige Rückzahlung der Darlehensbeträge in der geltend gemachten Höhe schuldet. Die quotale Haftung des Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der GbR bemisst sich nach den ursprünglichen Darlehensbeträgen zuzüglich Zinsen und Kosten. Die im Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch offene Darlehensschuld ist wegen des Grundsatzes der Akzessorietät der Gesellschafterhaftung zwar gleichfalls zu berücksichtigen. Sie bildet aber lediglich die Obergrenze seiner Haftung. Da diese Obergrenze nicht überschritten ist, verringern die aus der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung der Gesellschaftsgrundstücke erzielten Erlöse die persönliche Haftung des Beklagten nicht.
27
aa) Der Beklagte, der noch unter der Geltung der Doppelverpflichtungstheorie der Fondsgesellschaft beigetreten ist, haftet für die Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft beschränkt auf den seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Teilbetrag der Verbindlichkeiten. Seine kraft Gesetzes (§ 128 HGB analog) unbeschränkte persönliche Haftung als Gesellschafter wurde in den Darlehensverträgen zwischen der GbR und der Darlehensgeberin ausdrücklich auf den seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Teilbetrag der Darlehen nebst Zinsen und Kosten be- schränkt. Unabhängig davon können sich Gesellschafter geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die - wie der Beklagte - der Gesellschaft zu einer Zeit beigetreten sind, als nach der Lehre von der Doppelverpflichtung die Haftung der Gesellschafter rechtsgeschäftlich vereinbart werden musste, auch nach der Änderung der Rechtsprechung zur Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, Urteil vom 27. September 1999 - II ZR 371/98, BGHZ 142, 315; Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) aus Gründen des Vertrauensschutzes für die davor geschlossenen Verträge weiterhin auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung unter der Voraussetzung berufen, dass die Haftungsbeschränkung dem Vertragspartner mindestens erkennbar war (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Prospekt und Gesellschaftsvertrag weisen deutlich auf die nur quotale Haftung der künftig beitretenden Gesellschafter hin. Dass der Beklagte nur quotal entsprechend seiner Beteiligung an der GbR haftet , wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
28
bb) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 Rn. 26 ff.; Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 45), sind Zahlungen und sonstige Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen nicht kraft Gesetzes auf die Haftungsanteile anzurechnen. Aus der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung als akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 358) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Grundsatz der Akzessorietät von Gesellschaftsschuld und Gesellschafterhaftung besagt lediglich, dass der Bestand der Gesellschaftsschuld die Obergrenze für die jeweilige persönliche Haftung der Gesellschafter bildet. Ob und in welchem Umfang Leistungen aus dem Ge- sellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung nicht nur die Schuld der Gesellschaft, sondern auch den Haftungsbetrag jedes einzelnen Gesellschafters verringern, beurteilt sich ausschließlich nach dem Inhalt der die Gesellschaftsschuld begründenden Vereinbarung.
29
cc) Den zwischen der GbR und der Darlehensgeberin (Schuldnerin) geschlossenen Vereinbarungen lässt sich eine Beschränkung der Haftung der Gesellschafter dahingehend, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung den Haftungsbetrag des quotal haftenden Gesellschafters unmittelbar verringern, nicht entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Parteivereinbarungen ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, dass die Parteien die Haftung des Beklagten auf den seiner Beteiligung an der Gesellschaft entsprechenden Anteil am Nominalbetrag des Darlehens zuzüglich Zinsen und Kosten beschränkt haben und sich dieser Haftungsbetrag durch Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht verändern sollte, solange er den Bestand der Schuld der Gesellschaft übersteigt.
30
Die Auslegung des Berufungsgerichts berücksichtigt die anerkannten Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157). Sie steht entgegen der Auffassung der Revision mit dem Wortlaut der Darlehensverträge in Einklang. Die Formulierung , dass die Gesellschafter als Teilschuldner entsprechend der gesellschaftlichen Beteiligung für die Darlehensbeträge haften, besagt ebenso wenig wie der Begriff der quotalen Haftung etwas darüber, ob sich die anteilige Haftung auf das ursprüngliche Darlehen oder auf die nach Verrechnung der Erlöse aus der Zwangsverwaltung und Verwertung des Gesellschaftsgrundstücks verbleibende Darlehensschuld beziehen soll. Die wortgleiche Regelung in allen drei Darle- hensverträgen unter der Überschrift „Erfüllung“, mit der § 366 BGB abbedungen wird, stützt die Auslegung des Berufungsgerichts. Dabei kann dahin stehen, ob diese Klausel gem. § 9 AGBG aF (§ 307 Abs. 1 BGB) nichtig ist, weil sie, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln sollte, den Vertrags- partner unangemessen benachteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1999 - XI ZR 155/98, ZIP 1999, 744, 745; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 366 Rn. 8). Jedenfalls schließt sie einen übereinstimmenden Willen der vertragsschließenden Parteien aus, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen die Haftung der Gesellschafter ohne weiteres vermindern sollten. Denn nach der beabsichtigten Regelung sollte allein die finanzierende Bank entscheiden können, worauf Zahlungen angerechnet werden.
31
Das vom Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis ist interessengerecht. Die persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter entspricht dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen , weil die Gesellschaft kein eigenes, zu Gunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt (BGH, Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 56/02, BGHZ 154, 370, 373). Sie ist, da in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts jegliche Kapitalerhaltungsregeln fehlen, neben dem Gesellschaftsvermögen wesentliche Grundlage für die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft. Nach dem gesetzlichen Regelfall ist der Kreditgeber neben dem Gesellschaftsvermögen zusätzlich durch die persönliche Haftung der Gesellschafter gesichert. Begnügt er sich abweichend von der nach dem Gesetz regelmäßig eintretenden gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter mit deren teilschuldnerischen Haftung entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, sollen jedoch darüber hinaus Zahlungen und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen die vom ursprünglichen Darlehen berechneten Haftungsbeträge der Gesellschafter vermindern , bedarf dies, nimmt man § 128 HGB in den Blick, einer - hier nicht gegebenen - eindeutigen Vereinbarung (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 Rn. 34; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 53).
32
Werden Zahlungen und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen auf die Haftungsbeträge der Gesellschafter nicht angerechnet, besteht nicht die Ge- fahr, dass die Gesellschafter für eine Verbindlichkeit haften, obwohl die Gesellschaftsschuld erloschen ist. Vielmehr scheidet eine doppelte Befriedigung der Gläubigerin wegen der Akzessorietät der Gesellschafterhaftung von vornherein aus. Erlangt die Beklagte Zahlung in Höhe der noch offenen Darlehensschuld und erlischt diese, schulden auch die Gesellschafter nichts mehr (§ 129 HGB).
33
dd) Eine abweichende Beurteilung der quotalen Haftung des Beklagten ergibt sich weder aus dem Fondsprospekt noch aus dem Gesellschaftsvertrag.
34
Zwar richtet sich grundsätzlich ausschließlich nach den Darlehensverträgen , ob und in welchem Umfang die Haftung des Beklagten als Gesellschafter gegenüber der gesetzlichen Haftung nach § 128 HGB beschränkt wurde. Wie oben (II. 2. c) aa)) ausgeführt, können aber die Kläger, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge noch nicht Gesellschafter waren, der Beklagten jedenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung entgegenhalten, sofern diese für die Beklagte mindestens erkennbar war (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5). Gleiches gilt für den Fondsprospekt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 56).
35
Indes kann weder dem Prospekt noch dem Gesellschaftsvertrag entnommen werden, dass Zahlungen der Gesellschaft und Erlöse aus der Verwertung der Fondsgrundstücke die jeweiligen Haftungsanteile der Gesellschafter verringern sollten. Die Formulierungen des Fondsprospekts ebenso wie diejenigen des Gesellschaftsvertrags betonen lediglich die quotale Haftung der Gesellschafter ; sie legen aber nicht fest, dass der jeweilige Haftungsbetrag des einzelnen Gesellschafters nicht nach dem ursprünglichen Darlehensbetrag, sondern nach der - um die Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen - verringerten , zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch offenen Darlehensschuld zu berechnen wäre.
36
3. Gegen die Höhe der vom Kläger errechneten Darlehensschuld bei Kündigung des Darlehens wendet sich die Revision nicht.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.03.2009 - 38 O 6/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.08.2009 - 24 U 50/09 -

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 25/11
vom
23. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Oktober 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richter Maihold, Dr. Matthias und Pamp
und die Richterin Dr. Menges

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 21. Juni 2011 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 200.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2) aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung von 200.000 € in Anspruch.
2
Die Beklagte zu 2) (im Folgenden: Beklagte) übernahm am 16. Februar 2006 eine Gewährleistungsbürgschaft bis zu einem Betrag von 200.000 € für Verpflichtungen der am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligten Beklagten zu 1), einer Arbeitsgemeinschaft von Bauunternehmen, aus einem 1994 mit der Klägerin geschlossenen Bauvertrag, für den die Geltung der VOB/B in der Fassung vom Dezember 1992 vereinbart worden war. Diese Bürgschaft trat an die Stelle einer von einer anderen Bürgin mit einer höheren Bürgschaftssumme gestellten Gewährleistungsbürgschaft.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da sich die Beklagte nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB mit Erfolg auf die Verjährung der durch die Bürgschaft gesicherten Gewährleistungsansprüche der Klägerin berufen habe. § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) finde auf die vorliegende Bürgschaft keine Anwendung, da diese nachträglich vereinbart worden sei. Diese Vorschrift finde nur bis zur Rückgabe der ersten Gewährleistungsbürgschaft Anwendung, es sei denn, mit dem Bürgen werde Gegenteiliges vereinbart. Der Auftraggeber, der sich auf einen Austausch der Bürgschaften einlasse, habe es in der Hand, gegen den Auftragnehmer Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verjährungshemmung bewirkten. Eine andere Auslegung des § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) führe zu einer unangemessenen Bevorzugung des Auftraggebers. Dieser würde durch die Erteilung einer neuen Bürgschaft die Möglichkeit erhalten, den Bürgen weitere drei Jahre in Anspruch zu nehmen, ohne gegen den Auftraggeber vorgehen zu müssen. Dadurch wäre der Auftragnehmer, der Aufwendungen des Bürgen zu erstatten habe, mit einer möglichen Haftungsfrist von 10 Jahren belastet. Da es sich nach dem Vortrag der Klägerin bei der geltend gemachten Bürgschaft um eine eigenständige Verpflichtung gehandelt habe und nicht lediglich um die ursprünglich erteilte Bürgschaftserklärung in reduzierter Form, habe die Klägerin ihre Rechte aus § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) mit Rückgabe der ersten Bürgschaft aufgegeben.
4
Sollte es sich bei der Erklärung vom 16. Februar 2006 nicht um das Angebot auf Abschluss eines neuen Bürgschaftsvertrages handeln, sondern um eine Vereinbarung, die bestehende Bürgschaft auf 200.000 € zu reduzieren, könne sich die Beklagte zwar nach § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) nicht auf die Einrede der Verjährung der Hauptforderung berufen, jedoch sei dann die Bürgschaftsforderung ihrerseits verjährt.
5
Die Klägerin gibt in der Berufungsbegründung vom 7. Juli 2009 zunächst den Standpunkt der Rechtsprechung wieder, der Auftraggeber könne nach § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) eine Sicherheit verwerten, obgleich die Hauptschuld verjährt sei, solange der Mangel in unverjährter Zeit angezeigt worden sei. Daran anschließend lautet es: "Weshalb die Klägerin ihre Rechte aus § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B verloren haben soll, nachdem die ursprünglich hingegebene Gewährleistungsbürgschaft gegen die hier streitgegenständliche reduzierte Gewährleistungsbürgschaft ausgetauscht worden war, erschließt sich nicht und findet auch keine Stütze in Literatur oder Rechtsprechung."
6
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin in dem mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss verworfen, da die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genüge. Die Klägerin habe sich nicht mit den Argumenten des Landgerichts auseinandergesetzt , wonach die Rechtsprechung zur Inanspruchnahme von Sicherheiten trotz Verjährung der Hauptforderung auf die streitgegenständliche Bürgschaft nicht anzuwenden sei. Sie beschränke sich darauf, die Entscheidung pauschal als nicht nachvollziehbar zu kritisieren. Es sei nicht feststellbar, welche Gründe sie den Argumenten des Landgerichts entgegensetzen wolle. Die bloße Bezugnahme auf erstinstanzlichen Vortrag reiche insoweit ebenfalls nicht aus.
7
Mit der Rechtsbeschwerde macht die Klägerin geltend, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Berufungsbegründung überspannt und dadurch unter Verletzung des Grundrechts auf wirkungsvollen Rechtsschutz der Klägerin in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise den Zugang zur Berufungsinstanz versperrt.

II.

8
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
9
Die Rechtsbeschwerde ist zwar kraft Gesetzes (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) statthaft, im Übrigen jedoch unzulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO), weil das Berufungsgericht § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO rechtsfehlerfrei angewendet hat und die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt ist.
10
1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 29/04, NJW-RR 2004, 1716, vom 27. Mai 2008 - XI ZB 41/06, WM 2008, 1810 Rn. 11, vom 12. Mai 2009 - XI ZB 21/08, juris Rn. 13 und vom 1. März 2011 - XI ZB 26/08, juris Rn. 11, jeweils mwN). Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausfüh- rungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02, NJW-RR 2003, 1580 und vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532, jeweils mwN). Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein (Senat, Beschlüsse vom 27. Mai 2008 - XI ZB 41/06, WM 2008, 1810 Rn. 11, vom 12. Mai 2009 - XI ZB 21/08, juris Rn. 13 und vom 1. März 2011 - XI ZB 26/08, juris Rn. 11). Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Urteile vom 9. März 1995 - IX ZR 143/94, NJW 1995, 1560, vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126, vom 18. September 2001 - X ZR 196/99, NJW-RR 2002, 209, 210, vom 9. Oktober 2001 - XI ZR 281/00, juris Rn. 19 und vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00, WM 2004, 442).
11
Hat das Erstgericht - wie hier - die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt , muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGH, Beschluss vom 25. November 1999 - III ZB 50/99, BGHZ 143, 169, 171; Urteil vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00, WM 2004, 442; Beschlüsse vom 18. Oktober 2005 - VI ZB 81/04, NJW-RR 2006, 285 und vom 12. Mai 2009 - XI ZB 21/08, juris Rn. 13, jeweils mwN).
12
2. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Klägerin nicht.
13
a) Die Berufungsbegründung erfüllt zwar die Voraussetzungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, soweit sie sich gegen die Hilfsbegründung des Landgerichts zur Verjährung der Bürgschaftsforderung wendet.
14
b) Unzureichend ist jedoch die Berufungsbegründung zu der Hauptbegründung des Landgerichts, die Beklagte habe sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB mit Erfolg auf die Einrede gestützt, die Hauptforderung sei verjährt.
15
aa) Die Berufungsbegründung geht insoweit auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils nicht näher ein, sondern beschränkt sich auf eine formelhafte Wendung. Auf die tragende Erwägung des Berufungsgerichts, § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) finde keine Anwendung auf eine - hier vorliegende - nachträglich übernommene Bürgschaft, bezieht sich allein der Hinweis der Berufungsbegründung, diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts erschließe sich nicht und finde keine Stütze in Literatur und Rechtsprechung. Diese Darstellung ist nicht - wie erforderlich - auf den konkreten Streitfall zugeschnitten , sondern erschöpft sich in einer konturenlosen Redewendung. Sie geht nicht über die inhaltslose Kritik hinaus, die Rechtsauffassung des Landgerichts sei unzutreffend.
16
Weder die konkrete Begründung des Landgerichts noch einzelne Begründungselemente werden von der Klägerin in Zweifel gezogen. Statt sich, wie in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gefordert, konkret mit den die angegriffene Entscheidung tragenden Erwägungen auseinanderzusetzen, beschränkt sich die Berufungsbegründung auf die nichtssagende Beanstandung, die Auffassung des Berufungsgerichts finde keine Stütze in Literatur und Rechtsprechung. Für das Berufungsgericht blieb danach unklar, aus welchen materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen nach Ansicht der Berufung das Urteil des Landgerichts unzutreffend sein soll. Zu einer auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils zugeschnittenen Berufungsbegründung bestand vorliegend umso mehr Anlass, als sich das Landgericht detailliert nicht nur mit dem Normzweck von § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) befasst, sondern sich auch auf eine konkrete, an den beiderseitigen Interessen ausgerichtete Auslegung dieser Norm gestützt hat.
17
bb) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdebegründung benennt die Berufungsbegründung die tatsächlichen oder rechtlichen Gründe, die die Klägerin der Begründung des Berufungsurteils im Einzelnen entgegensetzt, nicht dadurch, dass sie die Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen von § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) im Falle verjährter Hauptforderung kurz anspricht. Denn für die Entscheidung des Landgerichts ist tragend, dass auf die vorliegende, erst nachträglich übernommene Bürgschaft nach den beiderseitigen Interessen der Parteien § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B (1992) nicht anzuwenden ist. Dann kommt es aber auf die Rechtsfolgen dieser Vorschrift, die - wie die Hilfsbegründung zeigt - auch das Landgericht nicht in Zweifel zieht, für die mit der Berufung angegriffene Entscheidung nicht an.
18
cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzen diese Anforderungen an die Berufungsbegründung die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Begründungserfordernis des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist sachlich gerechtfertigt, da es der Verfahrenskonzentration dient, indem es den Berufungsführer anhält, die angegriffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern in der konkreten Begründung zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dies stellt eine anwaltlich vertretene Partei - wie hier die Klägerin - vor keine erheblichen oder gar unzumutbaren Anforderungen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2002, 135 f. zu der Vorgängerregelung § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
Wiechers Maihold Matthias Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.04.2009 - 23 O 412/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.06.2011 - 6 U 110/09 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

12
aa) Das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem Interesse des Klägers an dieser Verurteilung. Denn das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie von subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers wie etwa dem Verschuldensgrad zu bewerten (BGH, AfP 2011, 261 Rn. 5 mwN).
2
II. Die Beklagte hat zwar beantragt, den Streitwert für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde festzusetzen. Aus der Begründung ihres Antrags ergibt sich jedoch, dass sie in erster Linie den Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer erfahren möchte. Denn sie möchte Klarheit darüber gewinnen, ob das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde im Blick auf § 26 Nr. 8 EGZPO statthaft ist und der Wert ihrer mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Der Streitwert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht zwangsläufig dem Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer. Der Streitwert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich nach dem Interesse der Klägerin an einer Verurteilung der Beklagten. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich dagegen nach dem Interesse der Beklagten an einer Beseitigung dieser Verurteilung.
22
b) Die Revision der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Sie richtet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der ihr aus der berechtigten Abmahnung entstandenen Kosten zusteht, sondern wendet sich allein gegen die Höhe der zuerkannten Abmahnkosten. Damit hat sie zumindest vorläufig Erfolg. Die Beurteilung der Angemessenheit von Abmahnkosten liegt im Ermessen des Tatrichters (BGH, Urt. v. 16.3.2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 190 = WRP 2000, 1131 - Lieferstörung). Sie kann vom Revisionsgericht daher nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter von seinem Ermessen einen rechtsfehlerfreien Gebrauch gemacht hat. Einer solchen Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand. Das Berufungsgericht hat zur Höhe der Ab- mahnkosten lediglich ausgeführt, der vom Klägervertreter geltend gemachte Streitwert von 150.000 € sei gemäß § 3 ZPO angemessen, gleiches gelte für die vom Klägervertreter angesetzte Mittelgebühr von 7,5/10 aus dem Gebührenrahmen des § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Diese Ausführungen erschöpfen sich in einer nicht näher begründeten Behauptung der Angemessenheit der für die Bemessung der Abmahnkosten maßgeblichen Berechnungsgrößen und lassen daher nicht erkennen, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen einen sachgerechten Gebrauch gemacht hat.
51
2. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 6.612 € nebst Zinsen richtet. Zum Schadensersatz gehört auch die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten, die der Klägerin bei der Geltendmachung ihres Schadensersatzanspruchs entstanden sind. Die Klägerin macht für die Einschaltung ihres Rechtsanwalts eine 2,0-fache Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV aus einem Streitwert von 560.000 € geltend. Die Beurteilung der Angemessenheit von Abmahnkosten liegt im Ermessen des Tatrichters (BGH, Urt. v. 16.3.2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 190 = WRP 2000, 1131 - Lieferstörung). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der von der Klägerin zugrunde gelegte Geschäftswert von 560.000 € sei zum Zeitpunkt der Entstehung des Gebührenanspruchs aufgrund der damaligen Umsatzangaben der Beklagten angemessen gewesen. Diese Ausführungen, gegen die die Revision keine Rügen erhebt, lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Eine höhere als die 1,3-fache Gebühr kann allerdings nach Nr. 2300 RVG-VV nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die zweifache Gebühr rechtfertige sich aus Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Verletzungszeitraum , der Vielzahl von Verletzungshandlungen und dem Fehlen gefestigter Lizenzsätze. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
56
Das Berufungsgericht hat der Berechnung der Abmahnkosten einen Gegenstandswert von 37.500 € zugrunde gelegt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Vergeblich macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte im Hinblick auf die vom Kläger erzielten jährlichen Umsätze mit der Installation von Photovoltaikanlagen in einer hohen sechsstelligen Größenordnung von einem Gegenstandswert von 200.000 € ausgehen müssen. Wie die Revision nicht verkennt, hat der Tatrichter ein Ermessen bei der Bestimmung des Gegenstandswerts des Abmahnverfahrens (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 190 = WRP 2000, 1131 - Lieferstörung). Dass das Berufungsgericht die Grenzen dieses Ermessens überschritten hat, ist nicht ersichtlich. Die in dem fraglichen Produktbereich erzielten Jahresumsätze des Klägers rechtfertigen keine Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts des Abmahnverfahrens. Sie sind nur einer der Faktoren, die bei der Bemessung des Gegenstandswerts zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1990 - I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung ). Dafür, dass das Berufungsgericht diesen Gegenstandswert rechtsfehlerhaft bestimmt hat, ist nichts ersichtlich.
8
Der letztgenannten Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Sie entspricht der Vorstellung des Gesetzgebers, dass in durchschnittlichen Fällen die Schwellengebühr von 1,3 eine Regelgebühr darstellt und ähnliche Funktionen erfüllt wie die 7,5/10 Gebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (amtliche Begründung, BT-Drucks. 15/1971 S. 206 f.) und steht in Einklang mit der Bestimmung, dass bei überdurchschnittlichen, weil umfangreichen oder schwierigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts eine Geschäftsgebühr über 1,3 gerechtfertigt ist.
16
a) Die Rechtsanwälte des Klägers durften jedenfalls eine 1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Rechnung stellen. In dieser Höhe fällt die Geschäftsgebühr in durchschnittlichen Rechtssachen als Regelgebühr an (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420 Rn. 8; vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 207). Ob eine Rechtssache als wenigstens durchschnittlich anzusehen ist, bestimmt sich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Die Tätigkeit der Rechtsanwälte des Klägers war nach diesen Kriterien jedenfalls durchschnittlich aufwändig. Davon ist selbst dann auszugehen, wenn die Rechtsanwälte nicht, wie vom Berufungsgericht zur Begründung der Gebührenhöhe angenommen, die Übertragung der ideellen Hälfte am gemeinsamen Grundstück der Parteien unter Berücksichtigung etwaiger Anfechtungen nach dem Anfechtungsgesetz auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen mussten. Auch ohne diesen zusätzlichen Aufwand mussten sie jedenfalls mit Hilfe einer Einsichtnahme in das Grundbuch überprüfen, ob die Grundstücksumschreibung gemäß Vertrag vom 25. April 2002 rechtswirksam vollzogen war, weil sie nur dann den Verzicht auf die Darlehensforderung mit Aussicht auf Erfolg einwenden konnten. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings auch hervorgehoben , dass aus Sicht der Rechtsanwälte des Klägers die Überprüfung etwaiger Ansprüche der Gläubiger des Klägers aus Anfechtung der Grundstücksübertragung durchaus als notwendig erscheinen konnte, weil schon die beurkundende Notarin bei Vertragsschluss am 25. April 2002 darüber belehrt hatte (Nr. II. 3. 2 des Vertrages). Ob diese Überprüfung letztlich konkrete Anhaltspunkte dafür erbrachte, dass der im selben Vertrag vereinbarte Verzicht auf die Darlehensforderung durch Anfechtung der Grundstücksübertragung gefährdet sein könnte , ist unerheblich. Für die Gebührenhöhe bedeutsam ist allein, dass die Rechtsanwälte des Klägers alle nicht völlig fern liegenden Risiken zu erwägen hatten und die Überprüfung von Anfechtungsmöglichkeiten einen nicht unerheblichen juristischen Aufwand erzeugt.
8
1. Gemäß § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG kann eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin "überdurchschnittlich" war (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420 Rn. 6 mwN zu der wortgleichen Vorgängerbestimmung in Nr. 2400). Dementsprechend ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, bei der vom Gericht anzustellenden Schlüssigkeitsprüfung vor Erlass eines Versäumnisurteils zu prüfen, ob eine Überschreitung der "Kappungsgrenze" von 1,3 wegen überdurchschnittlichen Umfangs oder überdurchschnittlicher Schwierigkeit gerechtfertigt ist. Die Kläger haben dazu nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts vorgetragen. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Daher haben die Vorinstanzen zu Recht keine 1,5-fache Gebühr, sondern nur eine 1,3-fache Gebühr für gerechtfertigt gehalten. Denn die Schwellengebühr von 1,3 ist die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, aaO Rn. 8; Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 16; BTDrucks. 15/1971, S. 207).

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

22
Ob es, wie das Berufungsgericht meint, regelmäßig angemessen ist, in Vergabeverfahren eine überdurchschnittliche Schwierigkeit für die anwaltliche Tätigkeit anzunehmen, die regelmäßig eine deutliche höhere Gebühr als die Mittelgebühr rechtfertigt, kann allerdings in dieser Pauschalität zweifelhaft sein. Es kann insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch vergaberechtliche Streitigkeiten in der Gesamtschau hinsichtlich ihres Umfangs und Schwierigkeitsgrads ganz unterschiedlich gelagert sind und es nicht angemessen erscheint , diesen Fällen pauschal einen Schwierigkeitsgrad beizumessen, dem regelmäßig eine Gebühr im oberen oder obersten Bereich der einschlägigen Rahmengebühr zu entsprechen hat. Das gilt umso mehr, als das Angebot anwaltlicher Dienstleistungen in inzwischen fast allen Lebensbereichen und Rechtsmaterien durch eine Spezialisierung gekennzeichnet ist, die im eigenen wettbewerblichen Interesse erfolgt und die deshalb berechtigterweise bei der Bewertung des Schwierigkeitsgrads nicht ganz außer Betracht bleiben kann. Zweifelhaft kann ferner sein, den Aufwand bei der Vertretung im Vergabeverfahren generell auch daran zu messen, welche Probleme sich im anschließenden Nachprüfungsverfahren ergeben haben, weil die Auseinandersetzung hinsichtlich des Umfangs und Schwierigkeitsgrads dynamisch verlaufen sein kann. Dass das Berufungsgericht im Streitfall diesbezügliches oder in die gleiche Richtung weisendes Vorbringen des Beklagten übergangen hätte, zeigt die Revision indes nicht auf.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

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b) In § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG heißt es, dass dann, wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich ist, wenn sie unbillig ist. Im Unterschied zu der in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG enthaltenen Regelung ist hier die Billigkeit der Bestimmung kein anspruchsbegründendes Merkmal des anwaltlichen Gebührenanspruchs, sondern die Unbilligkeit ist eine Einwendung des Dritten im Rahmen des Erstattungsverfahrens (Goebel/Gottwald/Onderka, RVG, § 14 Rn. 42). Deshalb trägt nicht der Rechtsanwalt, sondern der Dritte die Darlegungs- und Beweislast dafür , dass es an der Billigkeit fehlt (AG München, ZfS 1992, 310 zu der gleichlautenden Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO; AnwK-RVG/Rick, 4. Aufl., § 14 Rn. 80; Bischof/Jungbauer, RVG, 2. Aufl., § 114 Rn. 122; Gerold/Schmidt- Mayer, RVG, 19. Aufl., § 14 Rn. 7; Goebel/Gottwald/Onderka, RVG, § 14 Rn. 42; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 14 Rn. 84).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)