Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98

bei uns veröffentlicht am16.12.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 206/98 Verkündet am:
16. Dezember 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fahrzeugleitsystem
EPÜ Art. 83, Art. 138 Abs. 2; IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 2; PatG § 84; GVG § 184

a) Anders als für die Bejahung der Ausführbarkeit einer Erfindung genügt es für
die Zulässigkeit einer Beschränkung auf eine bestimmte Ausführungsform
nicht, daß der Fachmann erst dann zu dieser die Ausführung der Erfindung
gestattenden Ausgestaltung kommt, wenn er sich nähere und weiterführende
Gedanken über die Ausführbarkeit macht und dabei durch die Beschreibung
nicht vermittelte Informationen mit seinem Fachkönnen aus seinem Fachwissen
ergänzt, auch wenn dies erfinderische Überlegungen nicht erfordert.

b) Die Bestimmung des § 184 GVG über die Gerichtssprache steht der beschränkten
Verteidigung eines europäischen Patents in der maßgeblichen
Verfahrenssprache (hier: Englisch) im deutschen Patentnichtigkeitsverfahren
nicht entgegen.
BGH, Urt. v. 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 14. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 2. Juli 1998 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte war eingetragener Inhaber des am 5. Januar 1979 unter Inanspruchnahme der ("inneren") Priorität einer europäischen Patentanmeldung vom 4. Dezember 1978 angemeldeten europäischen Patents 0 011 880 (Streitpatents ), das während des Nichtigkeitsverfahrens abgelaufen ist. Das Streitpatent betrifft "a vehicle guidance system" (ein Fahrzeugleitsystem) und umfaßt in der Fassung der nach Abschluß des europäischen Einspruchsverfahrens (Beschwerdeentscheidung T 251/84 vom 30.10.1987, nicht im Druck veröffentlicht) herausgegebenen neuen europäischen Patentschrift zwei Patentansprüche, die in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt lauten:
"1. Vehicle guidance system comprising - (a) memory means for storing groups of binary data, in which each group includes a coded distance, instruction and direction signal, (b) means (SUR) for addressing the memory means, (c) a register (CMR) for storing one of said groups of binary data selected by said addressing means, (d) means for generating a signal representing a distance travelled , (e) comparator means (UDC) responsive to the coded distance signal in the register (CMR) and to the signal representing distance travelled for generating a signal representing the difference between the coded distance and the distance travelled, (f) means responsive to the signal from the comparator means for switching through the instruction and direction signal in the register (CMR) to an instruction and direction unit (IAD), (g) means (SPT) for generating a signal representing a change of course of the vehicle, and (h) control means (SCU) responsive to signals from the instruction and direction unit (IAD), the register (CMR) and the signal representing the change of course of the vehicle for checking whether the driver correctly followed the instruction and direction, and for triggering the addressing means (SUR) to select the next group of data if the driver has followed the instruction and direction correctly , characterised in that the control means (SCU) is so arranged that if the driver does not follow the instruction and direction signal correctly , the system instructs the driver to make a U-turn to bring the vehicle back to the point where the error occurred and then issues the correct instruction. 2. A vehicle guidance system according to Claim 1 in which means are provided for producing one pulse for each meter of the distance travelled." Als deutsche Fassung dieser Patentansprüche enthält die neue europäische Patentschrift folgenden Text:
"1. Fahrzeugleitsystem bestehend aus:
a) Speichermöglichkeiten für binäre Datengruppen. Jede Gruppe enthält eine kodierte Strecke, ein Anweisungs- und ein Richtungszeichen.
b) Möglichkeiten (SUR) zur Eingabe des Speichers.
c) ein Register (CMR) zur Speicherung eine der obengenannten binären Datengruppen gewählt über die erwähnten Eingabemöglichkeiten ,
d) Möglichkeiten zur Erzeugung eines Signals zur Wiedergabe des zurückgelegten Weges.
e) Ein Vergleicher (UDC) reagierend auf die kodierte abzufahrende Strecke im Register (CMR) und auf das Signal des zurückgelegten Weges. Der Vergleicher erzeugt ein Signal, das die Abweichung zwischen der eingegebenen Strecke und dem zurückgelegten Weg anzeigt.
f) Die Angabesignale des Vergleichers geben Anweisungen mittels Anweisungs- und Richtungssignale aus dem Register (CMR) an eine Anweisungs- und Richtungseinheit (IAD).
g) Möglichkeiten (SPT) um ein Signal zu erzeugen, das eine Kursänderung des Fahrzeugs anzeigt und
h) Steuerbefehle reagierend auf Signale der Anweisungs- und Richtungseinheit (IAD), des Registers (CMR) das Signal, das die Kursänderung des Wagens darstellt zur Prüfung ob der Fahrer den Anweisungen und der Strecke richtig folgt, und für das Löschen der Adressen um die folgenden binären Datengruppen zu wählen, wenn der Fahrer die Anweisung und Richtung richtig ausgeführt hat. Kennzeichnend ist das die Steuerglieder (SCU) so geordnet sind, dass bei nicht genau folgen des Anweisungs- und Richtungssignals das System den Fahrer auffordert umzudrehen und das Fahrzeug zurückzubringen zu dem Punkt wo der Fehler gemacht wurde und dann wieder die richtigen Anweisungen erteilt. 2. Ein Fahrzeugleitsystem gemäss Forderung I mit Vorrichtungen um einen Puls für jeden zurückgelegten Meter Weg zu erzeugen." Die Klägerin, der gegenüber der Beklagte nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents u.a. hat erklären lassen, er halte sie wegen Verletzung des Streitpatents für schadensersatzpflichtig, hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmel-
dung hinaus, die Erfindung sei im Streitpatent nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen könne, und der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Hierzu hat sich die Klägerin im wesentlichen auf die britische Patentschrift 1 414 490, die US-Patentschriften 3 505 749 und 3 845 289 sowie eine Veröffentlichung von French und Lang in IEEE Transactions On Vehicular Technology aus Mai 1973 gestützt. Der Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent wegen mangelnder Ausführbarkeit für nichtig erklärt. Seine Entscheidung ist bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. II, S. 406 veröffentlicht.
Mit der Berufung verteidigt der Beklagte das Streitpatent in erster Linie in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift. Er beantragt, das Urteil des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt er das Streitpatent in der Weise, daß am Ende des Patentanspruchs 1 angefügt werden soll: "before the vehicle again reaches the point where the error occured" (Hilfsantrag 1), weiter hilfsweise (Hilfsantrag 2) in der Weise, daß die Merkmale (a) – (c) des Patentanspruchs 1 wie folgt lauten sollen: "(a) a punch card for storing groups of binary data, in which each group includes a coded distance, instruction and direction signal, (b) a step up relay (SUR) for addressing the punch card, (c) a register (CMR) for storing one of said groups of binary data selected by the step up relay," Höchst hilfsweise verteidigt er das Patent mit einer Fassung des Patentanspruchs 1, die beide vorgenannten Änderungen aufweist (Hilfsantrag 3).
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen. Sie hält die hilfsweise verteidigten Fassungen schon deshalb für unzulässig, weil die Regelungen über die Gerichtssprache nicht eingehalten seien.
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. W. M. , Leiter des Instituts A. Bauwesen der Universität ... , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß das Streitpatent während des Berufungsverfahren abgelaufen ist. Der Beklagte berühmt sich, aus dem Streitpatent gegen die Klägerin Schadensersatzansprüche herleiten zu können. Damit kann die Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung weiterhin in Anspruch nehmen.
B. Das Rechtsmittel bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
I. 1. Das Streitpatent betrifft ein System (Fahrzeugleitsystem), das Richtungsanweisungen erteilt, wodurch es einem Fahrzeugführer ermöglicht werden soll, sein Fahrzeug zu einem gewünschten Bestimmungsort zu steuern, auch wenn er die Fahrstrecke noch nicht kennt.
Die Beschreibung des Streitpatents schildert als aus der britischen Patentschrift 1 297 644 bekannt eine mechanische Streckenfortschrittsanzeigevorrichtung , bei der ständig eine Position entlang einer vorherbestimmten Strecke angezeigt wird und Anweisungen erteilt werden, welches Verhalten bei Errei-
chen einer bestimmten Position erforderlich sei. Dazu werde bei der Streckenfortschrittsanzeigevorrichtung mit einem am Armaturenbrett zu befestigenden Gehäuse über ein Vorschubrad auf einer Führungsbahn ein Bahnmaterial bewegt. Zugleich würden Angaben über die Position entlang der Fahrstrecke angezeigt , während bestimmte Kalibrierungen Anweisungen erteilten, wie weiter zu fahren sei. Der Vorschub erfolge mittels eines Untersetzungsgetriebes mit einem Hauptantriebsgetriebe, das wiederum als Geschwindigkeitsmeßantriebseinheit ausgebildet sei. Hieran bemängelt das Streitpatent, daß ein Fehler des Fahrers diesen in die gleiche Lage versetze, wie wenn ein Leitsystem nicht vorhanden wäre (Beschreibung Sp. 1 Z. 30 - 58).
Als aus der britischen Patentschrift 1 414 490 bekannt bezeichnet die Beschreibung des Streitpatents Navigationshilfen für Landfahrzeuge, bei denen codierte Entfernungssignale und verbale Anweisungen zum Befolgen einer ausgewählten Strecke auf Band aufgenommen sind und die Anweisungen unter Überwachung der zurückgelegten Entfernung durch Vergleich der bekannten Entfernungsdaten mit Signalen der zurückgelegten Entfernung durch eine entsprechende Einrichtung hörbar ausgegeben werden. Dieses System weise Mittel zum Aufzeichnen und Wiedergeben von Datensignalen auf, die einer zurückzulegenden Entfernung und Ausmaß und Richtung einer Richtungsänderung entsprächen, weiter einen Kompaß und Mittel zur Erzeugung von Richtungsänderungssignalen sowie Mittel zum Vergleichen dieser Signale mit den aufgezeichneten Richtungsänderungssignalen, auf die aufgezeichneten bekannten Entfernungssignale ansprechende Mittel zur Auslösung der Richtungsvergleichsmittel und von einem Entfernungsmeßgerät gesteuerte Mittel, die den korrekten Richtungsfortschritt an den ausgewählten Punkten bestätigten oder bei einem inkorrekten Vorgang ein Alarmsignal erzeugten (Beschreibung Sp. 2 Z. 8 - 45). Falls ein Abbiegen nicht korrekt erfolgt sei, werde die mangelnde
Übereinstimmung der Signale registriert und es werde ein Alarmsignal ausgegeben ; die weitere Ausgabe hörbarer Anweisungen werde unterdrückt, bis eine manuelle Rücksetzsteuerung betätigt werde. Der Fahrer könne die inkorrekte Strecke zurückverfolgen und die Rücksetzsteuerung betätigen. Auch dieses System weise den Nachteil auf, daß ein Fehler des Fahrers diesen in die gleiche Lage versetze wie einen Fahrer ohne Leitsystem (Beschreibung Sp. 3 Z. 9 - 41).
2. Durch das Streitpatent soll demgegenüber, wie sich dem Gesamtzusammenhang der Beschreibung entnehmen läßt, ein Fahrzeugleitsystem zur Verfügung gestellt werden, das den Fahrer möglichst sicher zum gewählten Ziel führt.
3. Als Lösung schlägt Patentanspruch 1 ein Leitsystem mit ("comprising" , d.h. umfassend, und nicht wie in der deutschen Fassung des Patentanspruchs in der Patentschrift "bestehend aus") den in den Merkmalen des Patentanspruchs unter (a) bis (h) genannten Komponenten vor, die das Bundespatentgericht ohne sachliche Abweichung in die Merkmale 1 - 8 gegliedert hat, wobei
(i) die Steuermittel (SCU; h) so ausgestaltet sind, daß der Fahrer eine Aufforderung zum Wenden und zur Rückkehr an den Ort, an dem der Fehler geschah, erhält, wenn das Anweisungs- und Richtungssignal nicht richtig befolgt wurde, und
(j) dem Fahrer dann die richtige Anweisung erteilt wird.
4. Dabei erschließen sich die einzelnen Schritte des Systems (einer durch logische Verknüpfungen einzelner Meß-, Verarbeitungs-, Schalt- und Ausgabeelemente gekennzeichneten komplexen Vorrichtung) teilweise näher durch den Rückgriff auf den in der Beschreibung näher abgehandelten Stand der Technik, insbesondere die britische Patentschrift 1 414 490.
Jedoch enthält die Beschreibung des Streitpatents keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, wie das Merkmal (j) zu verstehen ist, daß nach dem Umkehren durch das System die "richtige" Anweisung erteilt wird. Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts hat in der Beschwerdeentscheidung T 251/84 hierzu ausgeführt (Entscheidungsgründe unter 7.3.5), allein auf Grund des Wortlauts der Anspruchsformulierung beständen Zweifel, ob diese Anweisung gleich nach der Wendeanweisung, nach Durchführung des Wendemanövers oder erst bei Ankunft des Fahrzeugs an die Stelle der Wegabweichung erteilt werde. Nach dem Gesamtzusammenhang könne die Formulierung jedoch nur dahin verstanden werden, daß eine Anweisung, die den Fahrer wieder auf den rechten Weg bringe, notwendig nach dem Wendemanöver, aber vor Erreichen der Stelle der Abweichung erfolgen müsse. Das sachkundig besetzte Bundespatentgericht ist dem mit der zusätzlichen Überlegung beigetreten, die Ausgabe der regulären Anweisung (erst) nach oder bei Wiedererreichen der Stelle der Abweichung sei derjenige Stand der Technik, dessen Nachteile durch das Streitpatent gerade überwunden werden sollten. Auch der Beklagte hat die Lehre des Streitpatents in der Berufungsbegründung in dieser Weise interpretiert. Schon zu dem Wortlaut des Patentanspruchs steht dies in einem gewissen Widerspruch ; danach kommt als "richtige" Anweisung jegliche Anweisung in Betracht , die den Fahrer nach dem Wenden wieder auf den richtigen Weg bringt, mithin also auch die Anweisung, das Fahrzeug wieder in eine Position zu bringen , die es eingenommen hat, bevor der Fehler geschehen ist, und die nicht
befolgte Anweisung dann nochmals zu erteilen. Der Beschreibung des Streit- patents ist, soweit sich diese mit dem Geschehen nach dem Fehler befaßt, nichts Näheres zu entnehmen; dort heißt es nur (in der deutschen Übersetzung ): "Falls dagegen die Anweisung nicht richtig befolgt worden ist, so erfaßt das System diesen Fehler und erteilt die Anweisung zum Wenden, um das Fahrzeug zurückzubringen zu dem Punkt, an dem der Fehler ursprünglich geschah. Es erteilt dann die richtige Anweisung". Diese Formulierung könnte allenfalls darauf hindeuten, daß die "richtige" Anweisung erst nach dem Wiedererreichen der Fehlerstelle erteilt wird; sie bietet dagegen keinen Hinweis darauf, daß vom Patentanspruch ausschließlich der Fall erfaßt sein soll, die "richtige" Anweisung werde bereits vor oder spätestens bei Erreichen der Fehlerstelle erteilt. Die gegenteilige, nur ganz pauschal begründete Auffassung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts findet in der Beschreibung des Streitpatents keine hinreichende Stütze. Daß, worauf der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat, nach der Beschreibung des Streitpatents die Anweisungen von der Anweisungs- und Richtungseinheit (IAD) analysiert und anschließend von der Systemsteuereinheit darauf überprüft werden , ob die Anweisung befolgt worden ist, besagt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, daß schon bei dem Analyseschritt eine Erfassung des Fahrfehlers oder gar dessen Zuordnung zu einem bestimmten Fehlertyp erfolgen müßte; die Fehlerfeststellung erfolgt nach der Beschreibung des Streitpatents nämlich erst in der Systemsteuereinheit (SCU) (Beschreibung Sp. 4 Z. 12 - 20). Danach enthält der Hinweis auf die Analyse in der Anweisungs- und Richtungseinheit jedenfalls keinen eindeutigen Aussagegehalt dahin, daß durch die Analyse Informationen ermittelt werden, die es ermöglichen, bereits die vor Erreichen der Fehlerstelle "richtige" Anweisung darzustellen. Die zusätzliche Überlegung des Bundespatentgerichts, daß die Ausgabe der richtigen Anweisung nach oder bei Wiederreichen der Fehlerstelle derjenige Stand der Technik wä-
re, dessen Nachteile durch das Streitpatent überwunden werden sollen, ist demgegenüber nicht überzeugend. Das Bundespatentgericht scheint nämlich einen Erfahrungssatz unterstellen zu wollen, daß ein Patent jedenfalls im Zweifel einen Überschuß gegenüber einem in der Beschreibung abgehandelten Stand der Technik tatsächlich aufweise, für den der Senat aber keine Grundlage sieht. Auch der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung auf wiederholtes und eingehendes Befragen angegeben, daß der Fachmann das Merkmal jedenfalls nicht nur in der einschränkenden Weise verstehen werde, daß die "richtige" Anweisung im Sinn des Patentanspruchs nur die Anweisung sei, die vor dem nochmaligen Erreichen der Fehlerstelle die richtige ist, sondern daß auch die Wiederholung der nicht befolgten Anweisung unter das Merkmal des Patentanspruchs fällt. Dieser Beurteilung tritt der Senat schon deshalb bei, weil es für die Annahme eines engeren Verständnisses des Fachmanns an jeglicher tragfähigen sachlichen Rechtfertigung fehlt. Ob dabei auch der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen beizutreten ist, daß es sich bei dem maßgeblichen Fachmann um einen Universitätsabsolventen und nicht - wie vom Bundespatentgericht angenommen - um einen erfahrenen Fachhochschulabsolventen der Elektrotechnik, des Maschinenbaus, der Informatik oder benachbarter Disziplinen handelt, kann dabei dahingestellt bleiben, weil sich diese Frage auf das Verständnis des Fachmanns nicht auswirkt.
Keinerlei Hinweis enthält das Streitpatent ferner darauf, ob zur Erteilung der "richtigen" Anweisung auch der "Up and down counter" (UDC) (in der Übersetzung der Patentansprüche in der Patentschrift "Vergleicher", in der Übersetzung der Beschreibung "Rauf- und Runter-Zähler") verwendet werden soll. Dieses Mittel ist in der Beschreibung nämlich lediglich unter dem Gesichtspunkt der Ermittlung der zurückgelegten Strecke im Verhältnis zu der zurückzulegenden, d.h. der vorgegebenen, genannt (Beschreibung Sp. 3 Z. 63 bis Sp. 4 Z. 7); ein
Hinweis auf eine Bedeutung dieses Mittels beim Verlassen der vorgesehenen Strecke ist weder in der Beschreibung noch in den Patentansprüchen enthalten. Allerdings erscheinen Lösungen, bei denen dies geschieht, denkbar, und sie könnten ebenfalls unter das Patent fallen.
Schließlich ist die Lehre nach Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht auf solche Fälle beschränkt, bei denen die "richtige" Anweisung ohne einen zusätzlichen menschlichen Eingriff, etwa ein Wiederingangsetzen des zuvor angehaltenen Systems, erteilt wird. Zwar bezeichnet die Beschreibung des Streitpatents eine Vorrichtung als bekannt, bei der eine Wiederbetätigung vorgenommen werden muß, auch insoweit finden sich in der Beschreibung aber keine hinreichenden Anhaltspunkte, die diese unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallende Möglichkeit als nicht erfaßt anzusehen gestatten könnten. Daß zur nächsten Anweisung weitergegangen wird, ist nämlich nur für den Fall beschrieben , daß festgestellt wird, die Anweisung sei korrekt befolgt worden (Beschreibung Sp. 4 Z. 15 - 20); in der in der Beschreibung unmittelbar anschließenden Passage, die den Fall betrifft, daß die Anweisung nicht korrekt ausgeführt wurde, findet sich ein derartiger Hinweis dagegen nicht. Dies schließt es aus, eine derartige Beschränkung in den Patentanspruch hineinzulesen.
II. Allerdings vermag der Senat der Beurteilung des Bundespatentgerichts nicht beizutreten, daß das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, daß ein Fachmann sie ausführen kann (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Nr. 2 EPÜ). Auch dies entspricht der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung.
1. Merkmal (j), gemäß dem das System dem Fahrer nach dem Wendevorgang die "richtige" Anweisung erteilt, enthält für den Fachmann eine jeden-
falls unter günstigen äußeren Bedingungen, insbesondere in einem einfachen Straßennetz mit rechtwinkligen Kreuzungen und ohne Abbiege- und Wendeverbote , ohne erfinderischen Aufwand nachvollziehbare Lehre. Deren Verwirklichung setzt dann, wenn das Fahrzeug zunächst an die Stelle vor dem Begehen des Fahrfehlers zurückgebracht wird, lediglich voraus, die nicht befolgte Anweisung nochmals anzuzeigen. Wie dies geschehen kann, zeigt zum Beispiel die britische Patentschrift 1 414 490. Aber auch die vom Wortlaut des Patentanspruchs weiter umfaßte Lehre, daß nach dem Umkehren, aber vor dem Wiedererreichen der Fehlerstelle die nicht mit der nicht befolgten Anweisung übereinstimmende , sondern zu dieser komplementäre "richtige" Anweisung erteilt und nicht die ursprüngliche, aber nicht befolgte Anweisung wiederholt wird, ist nach Auffassung des Senats deshalb ausführbar, weil der Fachmann die im Streitpatent nicht genannten weiteren Maßnahmen auf Grund seines Fachkönnens und Fachwissens auffinden und ausführen kann. Schon mit einfachen Überlegungen kann, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Senats überzeugend bestätigt hat, der Fachmann nämlich erkennen, daß sich die Fehler in einem einfachen Straßensystem typisieren lassen und jedem Fehler eine bestimmte richtige Anweisung bei Wiederannäherung an die Fehlerstelle zugeordnet werden kann. So ist etwa in dem Fall, daß eine Anweisung zum Rechtsabbiegen nicht beachtet und statt dessen geradeaus weitergefahren wurde, nach dem Wenden bei Erreichen der versäumten Abbiegestelle mit einem Linksabbiegevorgang fortzufahren. Hierfür genügt es zwar nicht, gespeicherte Streckendaten abzuarbeiten, sondern das System muß, wie das Bundespatentgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, als "intelligentes" System ausgestaltet sein und aus den systemgemäß erfaßten Daten die "richtige", den gespeicherten binären Datengruppen nicht zu entnehmende Anweisung selbst errechnen können. Wie dies zu geschehen hatte, konnte der Fachmann auch ohne nähere Angaben in der Patentschrift erken-
nen. Voraussetzung war nämlich lediglich, nicht nur die Tatsache der Abweichung der eingeschlagenen Fahrtrichtung von der vorgegebenen festzustellen, sondern zusätzlich zu analysieren, welcher Art die Abweichung war (im vorstehenden Fall also anstatt rechts entweder geradeaus oder links oder gewendet), worauf die Beschreibung des Streitpatents in Sp. 2 Z. 10 - 12 unmittelbar hinweist und was mit den aus dem Stand der Technik bekannten Richtungsdetektoren ohne weiteres möglich war, und dem auf diese Weise klassifizierten Fehler die konkrete komplementäre "richtige" Anweisung zuzuordnen (im Beispielsfall entweder links oder geradeaus oder rechts). Eine derartige Auswertung und einen derartigen Vergleich in das System zu implementieren und das Ergebnis anzuzeigen, konnte dem Fachmann auch zum Prioritätszeitpunkt keine Schwierigkeiten bereiten.
2. Allerdings können - wie sich auch aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergibt - Zweifel daran bestehen, daß die Erfindung, wie sie im Streitpatent beschrieben ist, marktreif war, so z.B. deshalb, weil, wie der gerichtliche Sachverständige eingehend dargelegt hat und wovon auch der Senat überzeugt ist, mit ihr nur Standardsituationen in einem einfachen Straßennetz bewältigt werden können. Das steht der Ausführbarkeit jedoch nicht entgegen (vgl. zur insoweit nicht abweichenden Rechtslage im Gebrauchsmusterrecht Sen.Beschl. vom 28.4.1999 - X ZB 12/98, GRUR 1999, 920 - Flächenschleifmaschine , vgl. weiter Benkard, EPÜ, Art. 83 Rdn. 49).
III. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents durch die ursprüngliche Offenbarung in den Anmeldeunterlagen gedeckt ist. Wollte man die Auslegung des Bundespatentgerichts zugrunde legen, die sich maßgeblich auf die Überlegung stützt, daß sich das Streitpatent vom Stand der Technik abheben wolle, beständen diesbezüglich allerdings
schon deshalb Bedenken, weil ein konkreter Stand der Technik in den ur- sprünglichen Unterlagen noch nicht angegeben war und die Beschreibung insoweit erst nach dem Anmeldezeitpunkt ergänzt worden ist.
IV. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents neu ist. Er beruht jedenfalls gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik, als den der Senat in Übereinstimmung mit der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts die britische Patentschrift 1 414 490 ansieht, von der auch das Streitpatent ausgeht, nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Abweichungen des Streitpatents gegenüber dieser Veröffentlichung beschränken sich - abgesehen von der für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht bedeutsamen Frage, welche Mittel jeweils konkret beschrieben sind - auf die Merkmale (i) und (j). Dabei besteht der Unterschied hinsichtlich des Merkmals (i) lediglich darin, daß nach der britischen Patentschrift 1 414 490 allgemein ein Warnsignal erzeugt wird (s. z.B. Patentanspruch 1: "giving an error warning"; Patentanspruch 2: "where in the error warning includes an inhibit signal which stops further functioning"), während nach dem Streitpatent eine Anweisung zum Umkehren erteilt wird. Das ist nichts anderes als ein Warnsignal , jedoch verknüpft mit einem konkreteren Bedeutungsinhalt. Ein technischer Beitrag zur Lehre des Patents wird mit der Zuweisung eines besonderen Bedeutungsinhalts zu einem Warnsignal nicht geleistet; deshalb kann dieser (zudem hier sich ohne weiteres aufdrängende und - auch ohne druckschriftlichen Nachweis - naheliegende Bedeutungsinhalt, anstatt eines bloßen Alarms die entsprechende Anweisung zum Umkehren zu erteilen) zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit nicht herangezogen werden (vgl. zur Problematik Sedlmair Mitt. 2002, 448, 450; Anders GRUR 2001, 555, 560; Melullis, Festschrift für Willi
Erdmann, 2002, 401, 418 f.; Keukenschrijver, Festschrift für Reimar König, 2003, 255 ff., 263 f.). Es kommt hinzu, daß auch die US-Patentschrift 3 505 749 das Alarmsignal mit einem Bedeutungsinhalt ("off-course-indicator" 46) verknüpft ; auch das belegt, daß ein Alarmsignal letztlich mit einem beliebigen Aussagegehalt verbunden werden kann.
Merkmal (j) besagt, daß dem Fahrer nach Rückkehr an den Ort, an dem der Fehler geschah, die richtige Anweisung erteilt wird.
Soweit dieses Merkmal die Möglichkeit umfaßt, daß das Fahrzeug zunächst an eine Stelle zurückgebracht wird, die vor der Fehlerstelle, d.h. der Stelle, an der die vorgesehene Anweisung nicht ausgeführt wurde, ist dies - auch in Zusammenschau mit den übrigen Merkmalen - durch die britische Patentschrift 1 414 490 zumindest nahegelegt, denn dort ist ausgeführt, daß der Fahrer, der erkennt, daß er den Richtungswechsel an der vorherbestimmten Stelle versäumt hat, nun die inkorrekte Strecke zurückverfolgen kann, bis er den vorgesehenen Abbiegevorgang durchführen kann, und dann über eine Wiederbetätigung die Datenaufzeichnungen reaktivieren kann, worauf die Einrichtung ihren Betrieb wieder aufnimmt (Beschreibung S. 2 Z. 47 - 55: "If the driver recognises that he has missed the turn at the preselected point, he may now retrace his incorrect route until he can make the appropriate turn and operate the reset-control to re-activate the recording of the verbal instructions and associated data signal, whereupon the equipment resumes its regular function" ). Dies läßt allenfalls offen, ob vorgesehen ist, auch die nicht befolgte Anweisung zu wiederholen oder erst mit der nächsten Anweisung einzusetzen. Der Fachmann sieht aber ohne weiteres, daß es eine deutliche Beeinträchtigung des Systems darstellt, wenn die nicht befolgte Anweisung nicht wiederholt wird, und wird deshalb die Möglichkeit ins Auge fassen, auch diese Anweisung,
die noch befolgt werden muß, zu wiederholen, d.h. die Aufzeichnung vor den Fehler zurückzusetzen. Das hat auch der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Damit ist jedenfalls eine von Patentanspruch 1 des Streitpatents erfaßte Lehre für den Fachmann naheliegend gewesen; dies führt dazu, das das Streitpatent mit Patentanspruch 1 in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift keinen Bestand haben kann.
Soweit das Merkmal die Möglichkeit umfaßt, daß die "richtige" Anweisung nicht die Wiederholung der versäumten, sondern die sich aus dem Versäumen ergebende (komplementäre) Anweisung ist, wobei ersichtlich nur das Verhalten nach dem Umkehren gemeint sein kann, weil das Umkehrsignal bereits in Merkmal (i) enthalten ist (also z.B. bei Rechtsabbiegen anstelle von Linksabbiegen die Anweisung, nach dem Umkehren an der Fehlerstelle geradeaus zu fahren), ist es dem Fachmann ein Leichtes zu erkennen, daß jedem definierten Fahrfehler eine ebenso definierte "richtige" Anweisung zuzuordnen ist. Ebenfalls ohne weiteres erkennbar ist, daß die Zuordnung von Fahrfehlern und "richtigen" Anweisungen tabellarisch erfaßt werden kann und daß es lediglich der Analyse des Fahrfehlers bedarf, um diesem die richtige Anweisung zuzuordnen. Eine derartige Fehleranalyse sieht z.B. die vorveröffentlichte, ein besonderes Leitsystem bei der Zeitungszustellung betreffende US-Patentschrift 3 845 289 vor (Beschreibung Übersetzung S. 29 ff., 61 f., 74). Dem hoch qualifizierten Fachmann konnte zum Anmeldezeitpunkt des Streitpatents zugetraut werden, dieses Problem routinemäßig zu lösen. Die Mittel zur Umsetzung einer solchen Anweisung sind nicht Gegenstand der in der Patentschrift offenbarten Lehre, sondern bleiben dem Fachmann überlassen.
Die vom Streitpatent insoweit vorausgesetzte, im Stand der Technik so nicht angesprochene Darstellung der danach ermittelten "richtigen" Anweisung
bereitete ihm keinen besonderen Aufwand. Insoweit bot ihm die USPatentschrift 3 845 289 Anregungen, weil dort die Einzelheiten des Fehlers ausgedruckt und dem Fahrer mitgeteilt werden können (Beschreibung deutsche Übersetzung S. 61 f. = Patentschrift Sp. 26 Z. 53 ff.; S. 74 f. = Patentschrift Sp. 31 Z. 60 ff.). Demnach wird der nächste Ort angegeben, an dem der Fehler beseitigt werden kann ("giving the next location at which a recovery can be made" , Sp. 26 Z. 57/58). Ein weiterer Hinweis findet sich dort, wenn (Sp. 32 Z. 32 - 34 = Übersetzung S. 75 Z. 18 - 21) ausgeführt wird: "... the driver may, after aligning his vehicle with the location which has been printed ..."; demnach dient die ausgedruckte Ortsangabe hier als Richtungsanweisung, ohne allerdings notwendigerweise selbst eine solche darzustellen.
V. Patentanspruch 2 des Streitpatents fügt der Lehre des Patentanspruchs 1 nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen den Einsatz eines Pulsgebers für die zurückgelegte Strecke hinzu, der z.B. in Form eines Radumdrehungszählers (Odometers) zum Stand der Technik gehörte (vgl. wiederum die US-Patentschrift 3 845 289). Eine erfinderische Leistung kann hierin auch in Kombination mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nicht gesehen werden.
VI. 1. Der Berücksichtigung der hilfsweise verteidigten Fassungen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegen, daß diese Einfügungen enthalten, die nicht in deutscher Sprache, sondern in der Verfahrenssprache Englisch erfolgt sind. Wie der Senat bereits vor längerer Zeit entschieden hat, ist es zwar möglich, ein europäisches Patent im Nichtigkeitsverfahren vor deutschen Gerichten auch dann durch eine in deutscher Sprache gehaltene einschränkende Neufassung der Patentansprüche beschränkt zu verteidigen, wenn Deutsch nicht die Verfah-
renssprache des Erteilungsverfahrens war (BGHZ 118, 121 - Linsenschleif- maschine). Der Patentinhaber ist jedoch nicht gehindert, die beschränkte Verteidigung durch eine eingeschränkte Neufassung des in der maßgeblichen Verfahrenssprache erteilten Patentanspruchs vorzunehmen (Sen.Urt. v. 8.6.1993 - X ZR 121/90, Schulte-Kartei 81-85 Nr. 151 - Schließvorrichtung/ locking device). Dem ist das Schrifttum einhellig gefolgt (Rogge in Benkard, PatG 9. Aufl. § 22 Rdn. 58a; ders. in Benkard, EPÜ, Art. 138 Rdn. 30, und in GRUR 1993, 284, 287; Schulte PatG 6. Aufl. § 81 Rdn. 127 f.; Schennen in Singer/Stauder EPÜ 2. Aufl., Art. 138 Rdn. 19; Keukenschrijver in Busse, PatG, 5. Aufl., Art. II § 6 IntPatÜG Rdn. 6; ders. GRUR 2001, 571, 575 und in Das Patentnichtigkeits- und Nichtigkeitsberufungsverfahren, 2003, Rdn. 164). Dabei ergibt sich die Verbindlichkeit der Fassung des europäischen Patents in der Verfahrenssprache auch für die nationalen Folgeverfahren aus Art. 70 Abs. 1 EPÜ (vgl. Rogge in Benkard EPÜ Art. 70 Rdn. 7). Die Bestimmung über die Gerichtssprache in § 184 GVG steht dem nicht entgegen, denn diese gilt nur, soweit sie nicht durch spezielle andere Regelungen durchbrochen wird, wie dies hier der Fall ist (vgl. Manfred Wolf in MünchKomm/ZPO 2. Aufl., § 184 GVG Rdn. 7; vgl. weiter zu der vergleichbaren Regelung der Amtssprache in § 126 PatG, Sen.Beschl. v. 19.11.2002 - X ZB 23/01, GRUR 2003, 226, 227 - Läägeünnerloage, zur Veröffentlichung in BGHZ 153, 1 vorgesehen).
2. Das nach Hilfsantrag 1 angefügte Merkmal
(k) wonach die Anweisung erteilt wird, bevor das Fahrzeug die Stelle, an der der Fehler unterlief, wieder erreicht, ist in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart. Dem steht es nicht entgegen , daß, wie oben ausgeführt, der Fachmann in der Lage ist, eine solche Ausführungsform auf Grund der Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen
ohne erfinderisches Zutun zu entwickeln. Zwar ist der Offenbarungsbegriff grundsätzlich ein einheitlicher (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 3 Rdn. 92; zur früheren Rechtslage BGHZ 80, 323, 328 - Etikettiermaschine; zum Verhältnis Neuheitsprüfung - Identitätsprüfung zuletzt Sen.Urt. v. 14.10.2003 - X ZR 4/00 - elektrische Funktionseinheit, Umdruck S. 16, zur Veröffentlichung vorgesehen ). Allerdings darf die unterschiedliche Funktion der Offenbarung etwa im Kontext der Neuheitsprüfung, der Ausführbarkeitsprüfung, der Identitätsprüfung oder der Prüfung der Beschränkungsmöglichkeit nicht außer acht gelassen werden. Zwar hat der Senat - noch zu § 26 Abs. 4 PatG 1968 - als zur Beschränkung ausreichend eine solche Offenbarung verstanden, die eine Benutzung durch andere Sachverständige als möglich erscheinen läßt (BGHZ 111, 21, 26 - Crackkatalysator I). Er hat weiter - ebenfalls noch zur früheren Rechtslage - dahin erkannt, daß die Feststellung genüge, nach dem Gesamtinhalt der Beschreibung solle zumindest auch eine bestimmte Ausgestaltung der Erfindung geschützt sein (BGH, Beschl. v. 6.10.1994 - X ZB 4/92, GRUR 1995, 113 - Datenträger). Daran fehlt es hier jedoch. Es kann nämlich - anders als für die Bejahung der Ausführbarkeit (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 20.11.2001 - X ZB 3/00, Mitt. 2002, 176 - Gegensprechanlage) - für die Zulässigkeit einer Beschränkung auf eine bestimmte Ausführungsform nicht genügen, daß der Fachmann nicht durch die bloße Lektüre der Patentschrift, sondern erst dann zu dieser die Ausführung der Erfindung gestattenden Ausgestaltung kommt, wenn er sich nähere und weiterführende Gedanken über die Ausführbarkeit der Erfindung macht und dabei durch die Beschreibung nicht vermittelte Informationen mit seinem Fachkönnen aus seinem Fachwissen ergänzt, auch wenn dies erfinderische Überlegungen nicht erfordert. Die die Beschränkung ermöglichende Offenbarung muß vielmehr auch nach geltendem Recht ihre Stütze in einer dem Gesamtinhalt der maßgeblichen Unterlagen entnehmbaren bestimmten Ausgestaltung finden. Einen Hinweis darauf, die "richtige" Anweisung bereits
vor Erreichen der Fehlerstelle nach dem Umkehren zu erteilen, geben die ur- sprünglichen Unterlagen indessen ebensowenig wie das erteilte Patent; es fehlt vielmehr an jeglichem Hinweis auf diese Maßnahme. Damit kann sich der Beklagte auf einen solchermaßen eingeschränkt formulierten Gegenstand nicht zurückziehen.
3. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 führt bestimmte allgemeine Begriffe (Speichermöglichkeiten bzw. -mittel; Möglichkeiten bzw. Mittel; Eingabemöglichkeiten bzw. -mittel), deren Ursprungsoffenbarung zweifelhaft ist, auf konkretere Begriffe, wie sie in den ursprünglichen Unterlagen genannt sind (punch card - Lochkarte, step up relay - Schrittschaltrelais) zurück. Damit versucht der Beklagte, Bedenken hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung Rechnung zu tragen, auf die es indessen wegen der mangelnden Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nicht ankommt. Daß sich aus der Rückführung auf die konkreteren Angaben eine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit ergeben könnte, ist weder erkennbar noch geltend gemacht.
4. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 kann jedenfalls aus den zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 genannten Gründen, die hier gleichermaßen zutreffen, nicht zum Erfolg führen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus dem nach Art. 29 des 2. PatG˜ndG für den vorliegenden Fall noch maßgeblichen § 110 Abs. 3 PatG in der vor Inkrafttreten des 2.PatGÄndG geltenden Fassung in Verbindung mit § 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 184


Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

Patentgesetz - PatG | § 110


(1) Gegen die Urteile der Nichtigkeitssenate des Patentgerichts (§ 84) findet die Berufung an den Bundesgerichtshof statt. (2) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift beim Bundesgerichtshof eingelegt. (3) Die Berufungsfrist b

Patentgesetz - PatG | § 84


(1) Über die Klage wird durch Urteil entschieden. Über die Zulässigkeit der Klage kann durch Zwischenurteil vorab entschieden werden. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnun

Patentgesetz - PatG | § 26


(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Es hat seinen Sitz in München. (2) Das Deutsche Patent- und Markenamt besteht aus eine

Patentgesetz - PatG | § 126


Die Sprache vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Patentgericht ist deutsch, sofern nichts anderes bestimmt ist. Im übrigen finden die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Gerichtssprache Anwendung.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2002 - X ZB 23/01

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 23/01 vom 19. November 2002 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 200 02 064.1 Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR : ja Läägeünnerloage GebrMG § 4a Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1; Ge

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - X ZB 3/00

bei uns veröffentlicht am 20.11.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 3/00 vom 20. November 2001 in der Rechtsbeschwerdesache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keuke

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - X ZR 4/00

bei uns veröffentlicht am 14.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 4/00 Verkündet am: 14. Oktober 2003 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 206/98.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Mai 2013 - X ZR 32/12

bei uns veröffentlicht am 23.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 32/12 Verkündet am: 23. Mai 2013 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juni 2009 - X ZR 61/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 61/05 Verkündet am: 16. Juni 2009 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juni 2011 - X ZR 68/08

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 68/08 Verkündet am: 9. Juni 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2006 - X ZR 65/03

bei uns veröffentlicht am 07.11.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 65/03 vom 7. November 2006 in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühle

Referenzen

(1) Über die Klage wird durch Urteil entschieden. Über die Zulässigkeit der Klage kann durch Zwischenurteil vorab entschieden werden.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen sind entsprechend anzuwenden. § 99 Abs. 2 bleibt unberührt.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

Die Sprache vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Patentgericht ist deutsch, sofern nichts anderes bestimmt ist. Im übrigen finden die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Gerichtssprache Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 23/01
vom
19. November 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 200 02 064.1
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Läägeünnerloage
GebrMG § 4a Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1; Gesetz zu der Europäischen Charta
der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats vom 5. November
1992 Art. 1

a) Ein Verbot, bei der Eintragung eines Gebrauchsmusters vom Eintragungsantrag
abzuweichen, berührt grundsätzlich nicht die Entscheidung über Anträge
des Anmelders in bezug auf die Art und Weise des Vollzugs der Eintragung.
Eine sachliche Zurückweisung der Anmeldung läßt sich jedenfalls im
Regelfall nicht darauf stützen, daß einem solchen Antrag nicht stattgegeben
werden kann.

b) Niederdeutsche (plattdeutsche) Anmeldeunterlagen sind im Sinn des § 4a
Abs. 1 Satz 1 GebrMG nicht in deutscher Sprache abgefaßt.
BGH, Beschl. v. 19. November 2002 - X ZB 23/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderinnen wird der Beschluß des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 28. Februar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,--

Gründe:


I. Die Anmelderinnen haben am 5. Februar 2000 beim Deutschen Patentund Markenamt auf dem dafür vorgesehenen Formblatt einen Antrag auf Eintragung eines Gebrauchsmusters eingereicht. Als Bezeichnung der Erfindung wurde "Läägeünnerloage" angegeben. Dem Antrag waren eine Beschreibung und Schutzansprüche, die jeweils auf Niederdeutsch abgefaßt sind, sowie ein Blatt Zeichnungen mit einigen erläuternden Angaben in Hochdeutsch beigefügt; die Gebühr wurde entrichtet. Am 3. und 4. Mai 2000 haben die Anmelderinnen
eine "Übersetzung der ursprünglich eingereichten Unterlagen in die deutsche Sprache" eingereicht. Die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Anmelderinnen ist erfolglos geblieben (Leitsatz der Beschwerdeentscheidung veröffentlicht in BlPMZ 2002, 150 und Mitt. 2002, 265). Der Präsident des Deutschen Patent und Markenamts ist dem Beschwerdeverfahren auf Einladung des Bundespatentgerichts beigetreten.
Mit ihrer vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragen die Anmelderinnen, den Beschluß des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen. Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II. Die infolge Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht (§ 18 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i.V.m. § 108 Abs. 1 PatG).
1. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, es gebe keine rechtliche Grundlage für die beantragte Eintragung des Gebrauchsmusters entweder nur in niederdeutscher ("plattdeutscher") oder zugleich in hochdeutscher und niederdeutscher Sprache. Zwar sei die Eintragung eines Gebrauchsmusters, für das fremdsprachige Anmeldeunterlagen eingereicht worden seien, zulässig, wenn der Anmelder eine deutsche Übersetzung nachreiche; der Eintragungsantrag beschränke sich aber nicht hierauf. Es werde nämlich ausdrücklich die Eintragung in der niederdeutschen Fassung beantragt; dies könne nicht bewilligt werden, weil nur die Anmeldung selbst mit fremdspachigen Unterlagen zu-
gelassen sei, der Vollzug der Eintragung aber nur mit der deutschen Fassung. Bei einer Bekanntmachung sowohl mit der hochdeutschen als auch mit der nie- derdeutschen Bezeichnung wäre für Interessierte nicht erkennbar, daß es sich bei dem niederdeutschen Zusatz um eine Übersetzung und nicht um eine weitere Bestimmungsangabe handle; hierdurch könnte Verwirrung gestiftet werden.
2. Die Rechtsbeschwerde, mit der weiter hilfsweise das Begehren verfolgt wird, das Gebrauchsmuster (allein) mit der hochdeutschen Bezeichnung "Liegeunterlage" einzutragen, stellt zunächst die Auffassung des Bundespatentgerichts zur Überprüfung, Niederdeutsch sei nicht Deutsch im Sinn der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen. Andernfalls seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung ebenfalls erfüllt, da die Übersetzung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist eingereicht worden sei. Für die Auffassung des Bundespatentgerichts, die Eintragung könne nicht mit einer (auch) niederdeutschen Bezeichnung erfolgen, fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.
3. Die Zurückweisung der Gebrauchsmusteranmeldung wird durch die vom Bundespatentgericht angezogenen Gründe nicht getragen.

a) § 8 Abs. 1 Satz 1 GebrMG in der zum Zeitpunkt der Gebrauchsmusteranmeldung geltenden Fassung sieht vor, daß das Patentamt die Eintragung des Gebrauchsmusters in die Rolle (jetzt: in das Register) verfügt, wenn die Anmeldung den Anforderungen des (richtig: der) §§ 4, 4a GebrMG entspricht. Daß dies nicht der Fall ist, hat das Bundespatentgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.

b) Rechtlich zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, daß die Anmeldung im Sinn des § 4a GebrMG jedenfalls teilweise, nämlich hinsichtlich ihrer Bezeichnung, der Schutzansprüche und der Beschreibung, nicht in deutscher Sprache abgefaßt ist. Diese Bestimmung geht in ihrem Anwendungsbereich derjenigen über die Amtssprache in § 126 PatG, auf die § 21 Abs. 1 GebrMG verweist, vor und verdrängt diese. Dabei kommt es nicht auf die sprachwissenschaftliche oder systematische Zuordnung des Niederdeutschen zur deutschen Sprache an, über dessen Charakter als Sprache oder Dialekt in der Sprachwissenschaft keine eindeutige Meinung herrscht (vgl. z.B. Haarmann , Soziologie und Politik der Sprachen Europas, 1975, S. 186; Goossens, Niederdeutsche Sprache - Versuch einer Definition, in ders. (Hrsg.) Niederdeutsch - Sprache und Literatur, Bd. 1, 2. Aufl. 1983, S. 23 bezeichnet das Neuniederdeutsche nicht als eine Sprache, "sondern als eine Gruppe von Dialekten im deutschen Sprachgebiet"); sondern auf die normative Regelung. Deshalb bedarf es keiner Klärung, ob eine Sprachform im Rechtssinn zugleich eine Form des Deutschen sein und ihr zugleich in bestimmten rechtlichen Zusammenhängen diese Qualität abgesprochen werden kann. Aus der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zur Vorbereitung der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 23. Januar 1998 (BGBl. II S. 1334) und aus dem Gesetz zu der Europäischen Charta der Regional - oder Minderheitensprachen des Europarats vom 5. November 1992 (BGBl. 1998 II S. 1314) folgt nämlich, daß Niederdeutsch als Regionalsprache bezeichnet und damit jedenfalls in bestimmtem Umfang wie eine eigenständige Sprache behandelt und als solche privilegiert wird. Das genügt jedenfalls dafür, Niederdeutsch wie eine der von § 4a GebrMG erfaßten Sprachen zu behandeln. Es macht jedenfalls keinen Sinn, Niederdeutsch insoweit schlechter zu stellen als etwa die norddeutschen Minderheitensprachen Nordfriesisch oder Saterfriesisch.


c) Nach den tatrichterlichen Feststellungen im angefochtenen Beschluß, die die Rechtsbeschwerde nicht angreift, sind innerhalb der Dreimonatsfrist des § 4a GebrMG eine Übersetzung der ursprünglich in Niederdeutsch eingereichten Unterlagen nachgereicht worden. Der Gegenstand des Gebrauchsmusters ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als "Läägeünnerloage" und in der nachgereichten Übersetzung als "Liegeunterlage" bezeichnet. Daß andere der in §§ 4, 4a GebrMG genannten Erfordernisse nicht erfüllt sind, hat das Bundespatentgericht nicht festgestellt. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist daher zugunsten der Anmelderinnen davon auszugehen, daß ihnen genügt ist.

d) Wie das Bundespatentgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den Fragen, mit welcher Bezeichnung das Gebrauchsmuster in das Register (früher: in die Rolle) einzutragen und mit welcher Bezeichnung die Eintragung im Patentblatt bekanntzumachen ist (§ 8 Abs. 3 PatG), um solche des Vollzugs der Eintragung, nicht aber um das Ausreichen der Anmeldeunterlagen. Dieser Vollzug richtet sich indessen nicht nach den Anträgen der Anmelderinnen , sondern nach den maßgeblichen Bestimmungen des vom Patentamt anzuwendenden Verfahrensrechts. Wenn die Anmelderinnen eine bestimmte Auffassung zum Vollzug vertreten und insoweit bestimmte Anträge stellen, betrifft dies mithin nicht die Frage, ob das Gebrauchsmuster einzutragen ist, sondern ausschließlich die Modalitäten der Eintragung. Insoweit ist das Patentamt aber an Anträge der Verfahrensbeteiligten nicht gebunden, auch wenn diesen, soweit von ihrem Begehren abgewichen wird, die Beschwerde eröffnet sein mag. Unterschiedliche Vorstellungen über den Vollzug der Eintragung geben dem Patentamt nicht die Befugnis, die Eintragung als solche zu versagen. Ein Verbot, vom Erteilungs- oder Eintragungsantrag abzuweichen (vgl. Benkard PatG GebrMG 9. Aufl. § 49 PatG Rdn. 2; Busse PatG 5. Aufl. vor § 34 PatG
Rdn. 52 f., § 48 PatG Rdn. 17 f., § 8 GebrMG Rdn. 11; Loth § 8 GebrMG Rdn. 10), betrifft zunächst nur den Inhalt des Schutzrechts als solchen, nicht dagegen auch solche Anträge, die sich allein auf die in den einschlägigen Rechtsnormen geregelte formale Durchführung der Erteilung oder Eintragung beziehen. Sie berührt deshalb grundsätzlich nicht die Entscheidung über weitergehende Anträge des Anmelders in bezug auf die Art und Weise des Vollzugs der Erteilung oder Eintragung. Insoweit mag es geboten sein, derartige verfahrensbezogene Anträge zu bescheiden und gegebenenfalls zurückzuweisen, eine sachliche Zurückweisung der Anmeldung läßt sich jedenfalls im Regelfall nicht darauf stützen, daß einem solchen Antrag nicht stattgegeben werden kann. So entspricht es allgemeiner Auffassung und soweit ersichtlich auch der bisherigen Entscheidungspraxis des Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts , daß ein unbegründeter Antrag auf Aussetzung der Eintragung (§ 8 Abs. 1 Satz 3 GebrMG i.V.m. § 49 Abs. 2 PatG) als solcher zurückzuweisen ist und nicht zur Zurückweisung der den gesetzlichen Erfordernissen genügenden Anmeldung insgesamt führt (BPatG GRUR 1980, 786; BPatG, Beschl. v. 4.11.1982 - 5 W (pat) 6/82; Benkard § 8 GebrMG Rdn. 8; Busse aaO § 8 GebrMG Rdn. 7; Bühring GebrMG 5. Aufl. § 8 Rdn. 28; Loth § 8 GebrMG Rdn.

7).



e) Für die Entscheidung über die Frage, ob die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen worden ist, bedarf es somit einer Festlegung, mit welcher Bezeichnung die Eintragung und die Bekanntmachung zu erfolgen haben, nicht. Im vorliegenden Fall werden die vom Bundespatentgericht herangezogenen Gesichtspunkte bei der Ausübung eines insoweit möglicherweise eröffneten Ermessens berücksichtigt werden können.
4. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend. Zu Recht hat das Bundespatentgericht der Frage eines durch den Umfang der Veröffentlichungen verursachten Mehraufwands für das Patentamt keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Dabei fällt neben dem Umstand, daß ein entsprechender Zurückweisungsgrund dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, insbesondere ins Gewicht, daß - anders als bei Patentanmeldungen - eine gesetzliche Verpflichtung des Patentamts, die Anmeldeunterlagen zu veröffentlichen, über die Regelung in § 8 Abs. 3 GebrMG hinaus, die lediglich zur Bekanntmachung der Eintragungen im Patentblatt in regelmäßig erscheinenden Übersichten, neuerdings auch in elektronischer Form, vorsieht, nicht besteht. Wenn das Patentamt über seine gesetzlichen Verpflichtungen hinaus von sich aus "Gebrauchsmusterschriften" herausgibt (vgl. Mitteilung des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts BlPMZ 1999, 269) oder eingereichte Übersetzungen veröffentlicht, kann es den daraus entstehenden Aufwand nicht zur Begründung der Zurückweisung heranziehen. Die Verhältnisse liegen hier zudem nicht anders als bei Einreichung der ursprünglichen Unterlagen in jeder anderen Sprache außer Deutsch. Etwaigen Mehraufwand gegenüber der früheren Regelung, die nur deutschsprachige Anmeldungen zuließ, nimmt das Gesetz hier im Interesse einer anmelderfreundlichen Lösung in Kauf (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drucks. 13/9971; BlPMZ 1998, 393, 395 f.).
III. Eine Kostenauferlegung kommt schon wegen der Regelung in § 109 Abs. 2 PatG i.V.m. § 18 Abs. 4 Satz 2 GebrMG nicht in Betracht. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 4/00 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elektronische Funktionseinheit
EPÜ Art. 87, 88
Priorität für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung
gemäß Art. 88 EPÜ kann nur dann in Anspruch
genommen werden, wenn der Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs
unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens
unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als
Ganzes entnehmen kann; es muß sich um dieselbe Erfindung
handeln. Für die Beurteilung der identischen Offenbarung
gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung.
BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003 - X ZR 4/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 22. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin Mühlens sowie den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 22. Juli 1999 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert : Das europäische Patent 0 624 272 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält: "Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M) mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSBDC ) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgeräts in einen Energiesparzustand d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die genannten Mittel der Standardschnittstelle zugeordnet sind und Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen und Auswerten der Nachricht umfassen, die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht in der elektrischen Funktionseinheit angeordnet sind, die Einrichtungselemente zum Auswerten der Nachricht im Röhrenbildschirmgerät angeordnet sind und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt, wobei die elektrische Funktionseinheit (PC) eine Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) aufweist und die Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSG) durch einen Benutzer des Steuergerätes (PC) wahlfrei bedienbar ist." Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 25. Januar 1993 ange- meldeten und u.a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 624 272 (Streitpatents), für das die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 42 02 793 und 42 02 794 sowie der deutschen Gebrauchsmuster-Anmeldung 92 01 166, jeweils vom 31. Januar 1992, in Anspruch genommen worden sind. Das Streitpatent, das eine "elektrische Funktionseinheit mit in Energiesparzustände schaltbarem Röhrenbildschirmgerät" betrifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 593 00 827 geführt wird, umfaßt in der in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten Fassung drei Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M) mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und mit aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSB-DC) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß
die genannten Mittel der Standardschnittstelle zugeordnet sind und Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen
und Auswerten der Nachricht umfassen, daß die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht in der elektrischen Funktionseinheit und zum Auswerten der Nachricht im Röhrenbildschirmgerät angeordnet sind und daß die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einem vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Er sei gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen vom 25. Januar 1993 in unzulässiger Weise erweitert; denn dort sei nur "mindestens ein erster Energiesparzustand", nicht aber "ein erster und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens ein zweiter Energiesparzustand" offenbart. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Streitpatents gegenüber der PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12969) mit der Priorität vom 2. Dezember 1992 nicht neu, da die Beklagte die Prioritäten vom 31. Januar 1992 zu Unrecht in Anspruch genommen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
das europäische Patent 0 624 272 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Hilfsweise hat sie das Streitpatent mit vier Hilfsanträgen verteidigt.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage das europäische Patent 0 624 272 teilweise für nichtig erklärt und das Streitpatent in der Fassung des 4. Hilfsantrages der Beklagten neu formuliert. Dagegen wenden sich die Berufungen beider Parteien. Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Bundespatentgerichts die Nichtigkeitsklage mit der Maßgabe abzuweisen, daß das Wort "wenigstens" im Patentanspruch 1 entfällt.
Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 des Streitpatents mit sechs zum Teil neuen Hilfsanträgen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. techn. J. S.
, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat Gutachten des Prof. Dr.-Ing. N. F. , , und des Prof. Dr. H. M. , , vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur weiteren Teilnichtigerklärung des Streitpatents; hingegen ist das Rechtsmittel der Beklagten unbegründet (Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).

I.


1. Das Streitpatent betrifft eine elektrische Funktionseinheit und ein Röhrenbildschirmgerät , das in Energiesparzustände geschaltet werden kann. Diese etwa in Form von Personalcomputer (PC) und Monitor (M) bekannten Geräte laufen an Arbeitsplätzen meist im Dauerbetrieb, obwohl sie häufig nur zu einem Bruchteil der Betriebszeit benutzt werden. Dabei verbraucht der Monitor unnötig Strom und erzeugt Wärme. Neben den vermeidbaren höheren Energiekosten verursacht die mit der Verlustleistung verbundene Wärmebildung eine be-
schleunigte Alterung des Monitors und seiner Bestandteile und verringert damit die Lebensdauer des Gerätes. Der nachteilige Energieverbrauch bei Nichtgebrauch läßt sich durch Abschalten des Geräts vermeiden. Ein völliges Abschalten bei kürzeren Nutzungspausen verbietet sich aber deshalb, weil das zu einem häufigen Ab- und Anschalten des Bildschirms führt, das dessen Bauteile wiederum altern läßt. Die genannten Nachteile können deutlich gemildert werden , wenn der Monitor während der Nutzungspausen lediglich in Zustände mit geringerem Energieverbrauch geschaltet wird.
Die Streitpatentschrift schildert einleitend Möglichkeiten, den Monitor bei längeren Ruhephasen in einen Energiesparzustand zu schalten (Sp. 1 Z. 16 bis 23). Danach ist bei fest miteinander verbundenen Geräten eine Steuerung der Energiesparzustände wegen der genauen gegenseitigen Abstimmung der Geräte problemlos möglich, weil z.B. die Synchronisierungssignale des Monitors abgeschaltet werden können. Die für diese Lösung erforderliche feste Verbindung schließt es - wie sich aus der Kritik der Streitpatentschrift am Stand der Technik ergibt - jedoch aus, Funktionseinheit und Monitor - wie insbesondere im Personalcomputerbereich üblich - frei auszuwählen; deren Kombination ist vielmehr durch die Funktion vorgegeben. Bei einer "offenen Anordnung", bei der Geräte unterschiedlicher Hersteller mit einer Standardschnittstelle betrieben werden, kann eine solche Steuerung in einen Energiesparzustand über die Standardschnittstelle nicht durchgeführt werden, weil nicht zur Anordnung gehörende Monitore ein nicht synchronisiertes Flimmerbild erzeugen würden (Sp. 1 Z. 24 ff.).
Nach den weiteren Ausführungen der Streitpatentschrift (Sp. 1 Z. 35 ff.) ist aus der europäischen Offenlegungsschrift 0 456 923 ein Bildschirmanzeigesystem mit einer Recheneinheit bekannt, das außer der üblichen Schnittstelle
für den Monitor eine zusätzliche serielle Schnittstelle für kodierte Signale zwischen Rechner und Monitor aufweist. Diese Druckschrift behandelt ebenso wie die amerikanische Patentschrift 5,059,961, bei der eine Dunkelschaltung des Bildschirms über ein Zeitüberwachungssystem bewirkt wird, nicht das Problem der Steuerung des Monitors in einen vorgegebenen Energiesparzustand. Der aus dem Abstract der japanischen Offenlegungsschrift 1 269 979 bekannte Monitor besitzt zwar eine Wartestellungsfunktion, wobei in einer Tastatursignalleitung eine Signalauswertungsschaltung vorgesehen ist, über die mittels eines Unterbrechungsschalters die Stromversorgung des Monitors abgeschaltet wird. Durch die Totalabschaltung bzw. die Aus- und Einschaltzyklen unterliegen die Bauteile des Monitors aber einem erheblichen Verschleiß. Zudem besteht bei Aufrechterhaltung der Röhrenheizung die Gefahr einer "Kathodenvergiftung". Aus dem deutschen Gebrauchsmuster 90 12 582 und der britischen Offenlegungsschrift 2 007 471 ist bekannt, zur Steuerung einer Wartestellungsfunktion des Bildschirms die Leitungsverbindungen, insbesondere die Videosignalleitung , einer Standardschnittstelle zum Betreiben des Monitors zu benutzen. Dabei ist nur eine Dunkelsteuerung der Bildröhre möglich, wodurch zwar ein Einbrennen der Bildröhreninnenfläche verhindert, jedoch wegen des ansonsten vollen Betriebszustandes keine Schonung der Bauteile durch Leistungsreduzierung oder Abschaltung erreicht wird. Die deutsche Patentschrift 38 37 620 schließlich regelt die Dunkelschaltung des Bildschirms über einen Näherungsschalter , der die Steuerung einer Wartestellungsfunktion unabhängig von der eigentlichen Steuerung des Monitors ermöglicht, den vollen Betriebszustand aber beibehält, so daß auch hier keine Schonung der Bauteile durch Reduzierung der Leistung oder durch Abschaltung erreicht wird. 2. Daraus ergibt sich das dem Streitpatent in der erteilten Fassung zugrundeliegende technische Problem, mit einer elektrischen Funktionseinheit (PC) das über die Standardschnittstelle angeschlossene Röhrenbildschirmgerät
(M) (stufenweise) in einen ersten und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten Energiesparzustand steuern (und später komplett abschalten) zu können.
3. Dies wird gemäß Patentanspruch 1 mit folgenden Merkmalen erreicht:
1. Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M)
1.1 mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und 1.2 aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSB-DC) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand ; 2.1 die genannten Mittel sind der Standardschnittstelle zugeordnet und 2.2 umfassen Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen und Auswerten der Nachricht; 2.2.1 die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht sind in der elektrischen Funktionseinheit angeordnet ,
2.2.2 die Einrichtungselemente zum Auswerten der Nach- richt sind im Röhrenbildschirmgerät angeordnet: 2.2.3 die Einrichtungselemente werden derart betrieben, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, 2.2.3.1 wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt.
Nach der von der Beklagten im Berufungsverfahren mit Hauptantrag verteidigten Fassung des Streitpatents ist in Merkmal 2.2.3.1 das Wort "wenigstens" gestrichen. 4. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents beschriebene Lehre betrifft die Realisierung einer Energiezustandssteuerung zur Bauteileschonung (nicht zur reinen Minimierung des Energieverbrauchs) über eine unveränderte Standardschnittstelle , wobei auch bei einer Kombination einer beliebigen elektrischen Funktionseinheit (PC) mit einem beliebigen Röhrenbildschirmgerät (M) ("offene" Anordnung) eine unbeeinträchtigte Nutzung der Grundfunktion der Bilddarstellung sichergestellt ist (Sp. 3 Z. 54 ff.). Die Zusatzfunktion der Energiezustandssteuerung wird dabei dadurch erreicht, daß sowohl die Funktionseinheit als auch der Monitor entsprechend der Lehre des Streitpatents modifiziert sind. Fehlt es daran bei einem der beiden zusammenwirkenden Geräte, verbleibt es bei den eine Schaltung in einen Energiesparzustand nicht ein-
schließenden Grundfunktionen, die insbesondere mit der Darstellung des jeweiligen Bildes auf dem Monitor jedoch uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Bei der patentgemäßen Ausgestaltung ist darüber hinaus im Steuergerät und im Monitor eine Erweiterung der mit der Standardschnittstelle verbundenen Schaltungsteile vorgesehen, die eine Übertragung einer in der Funktionseinheit erzeugten, kodierten Nachricht zur Steuerung der Energiesparzustände erlaubt. Dabei werden die Mittel, die in der Funktionseinheit die Nachricht erzeugen, diese über die Standardschnittstelle übertragen und die im Monitor diese empfangen und auswerten, nur ihrer Funktion nach beschrieben. Die Lehre des Patentanspruchs 1 umfaßt alle möglichen Übertragungen über eine Standardschnittstelle. Als ein Beispiel der technischen Umsetzung dieser Informationsübertragung wird im beschreibenden Teil der Streitpatentschrift anhand der Zeichnung erläutert (Sp. 4 Z. 53 ff.), daß die die Standardschnittstelle ansteuernde Schaltung in der Funktionseinheit um einen Videocoder (VC) erweitert wird, der die Standardsignale (VS, HSYNC und VSYNC) so verändert, daß neben der Grundfunktion der Bilddarstellung auch eine Übertragung der zusätzlichen Nachricht ermöglicht wird. Als Beispiele werden das Einfügen der Nachricht während des Strahlrücklaufs (Austastlücke) und auch die vollständige oder teilweise Abschaltung der Synchronisierungssignale genannt. Die an der Standardschnittstelle angeschlossene Empfängerschaltung des Monitors wird um einen Power-Stand-By-Decoder (PSB-DC) erweitert, der die Nachricht aus den empfangenen Signalen herausfiltert (Sp. 5 Z. 6 ff.). Die Bauteile schonenden Energiesparzustände sind dahin beschränkt, daß der Monitor zunächst den ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt. Dabei besteht die Möglichkeit, nach einer ersten Zeitspanne nur diejenigen Teile des Monitors abzuschalten, deren Abschaltung einem schnellen Wiederstart nicht entgegen-
steht. Nach einer zweiten Zeitspanne kann der Monitor dann "komplett abgeschaltet werden, womit eine einhundertprozentige Energieeinsparung erzielt wird" (Sp. 3 Z. 46 bis 53). Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen den Begriff "Energiesparzustand" im Sinne der Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vor allem im Hinblick auf den in Merkmal 2.2.3.1 vorgesehenen "zweiten vorbestimmten Energiesparzustand" eingehend erörtert. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen geht der Senat davon aus, daß der hier einschlägige Fachmann, ein an einer Fachhochschule oder Universität ausgebildeter Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit der Fachrichtung der Nachrichtentechnik (Informationstechnik ) und mehrjähriger Erfahrung in einem Entwicklungslabor, den Begriff "Energiesparzustand" im Sinne des Streitpatents von seiner Funktion her versteht: Es sollen jeweils nur diejenigen Bauteile des Monitors abgeschaltet werden, die schnell etwa durch eine Dateneingabe wieder zu aktivieren sind, wenn eine erneute Benutzung des Gerätes gewünscht wird. Demgegenüber wird das völlige Abschalten der Geräte, bei dem jede Energiezufuhr unterbrochen wird, als Grenzfall verstanden, der eher nicht unter den Begriff des Energiesparzustandes im Sinne des Streitpatents subsumiert wird, weil es ein mechanisches Einschalten des Geräts erfordert, eine erneute Aktivierung aber nicht durch bloße Benutzung zu erreichen ist. In diesem Verständnis bestätigt sieht sich der Fachmann dadurch, daß in Spalte 3 Zeilen 23 ff. der Streitpatentschrift ausgeführt wird, es solle die Möglichkeit bestehen, durch Aussenden einer Nachricht an den Monitor durch Leistungsreduzierung oder Abschaltung einen ersten und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorgegebenen, möglichst viele Bauteile schonenden Energiesparzustand des Monitor zu steuern. Daraus entnimmt der Fachmann, daß der Monitor stufenweise heruntergefahren werden soll, aber gleichwohl eine schnelle Reaktivierungsmöglichkeit verbleiben soll,
um bei Bedarf eine bequeme Reaktivierung durch den Benutzer zu ermöglichen. Dies ist nur möglich, wenn eine Stand-By-Schaltung verbleibt. Dagegen spricht auch nicht die in der Streitpatentschrift genannte japanische Offenlegungsschrift 1 269 979. Auch bei dieser Vorrichtung wird, wie in der mündlichen Verhandlung mit Hilfe des gerichtlichen Sachverständigen klargestellt worden ist, der Monitor nicht vollständig abgeschaltet. Vielmehr wird das Gerät bei Nichtbenutzung bis zum Stand-By-Zustand mit dem Ziel heruntergefahren , es bei Erfordernis aktivieren zu können (S. 3 Abs. 2 und 3 der Übersetzung).

II.


1. Der Gegenstand des Streitpatents in der mit Hauptantrag verteidigten Fassung geht nicht über die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglichen Fassung vom 25. Januar 1993 hinaus.
In Patentanspruch 1 der PCT-Anmeldung PCT/DE 93/00056 wird Schutz begehrt für eine Geräteanordnung bestehend aus einer elektrischen Funktionseinheit und einem Röhrenbildschirmgerät "mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes für dessen grundlegende Funktion mit entsprechenden Signalen ausgehend von der Funktionseinheit" (Merkmal 1.1) und "mit aufeinander abgestimmten Mitteln zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand" (Merkmal 1.2). Diese Geräteanordnung ist dadurch gekennzeichnet, "daß die Mittel Einrichtungselemente zur Erzeugung in der elektrischen Funktionseinheit (PC), zur Übertragung und zur Auswertung im Röhrenbildschirmgerät (M) der den Energiespar-
zustand des Röhrenbildschirmsgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) in kodierter Form umfassen" (Merkmale 2.1 - 2.2.3.). Nach der Beschreibung der PCT-Anmeldung wird durch diese Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand die Möglichkeit geschaffen, "nach einer ersten Zeitspanne nur diejenigen Teile des Röhrenbildschirmgerätes abzuschalten, die für einen schnellen Wiederstart nicht erforderlich sind. Damit ist ein Bauteile schonender Energiesparbetrieb möglich. Nach einer zweiten Zeitspanne kann das Röhrenbildschirmgerät dann komplett abgeschaltet werden, womit eine einhundertprozentige Energieeinsparung erzielt wird" (S. 3 Z. 20 bis 30). Als Ausführungsbeispiel dieser Lehre werden in den Figuren 1 bis 7 eine Standardschnittstelle SS bestehend aus drei Leitungsverbindungen beschrieben, von denen zwei für die Übertragung von Synchronisiersignalen HSYNC, VSYNC in X- bzw. Y-Richtung des Bildschirms des Monitors und die dritte für die Übertragung eines Videosignals VS dienen können. Es wird darauf hingewiesen, daß aber auch beliebig andere Standardschnittstellen denkbar sind (S. 4 Z. 33 bis S. 5 Z. 3). Nach dem Beispiel gemäß Figur 3 wird die Nachricht zur Steuerung des Energiesparzustandes des Monitors in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle übertragen, wobei nach entsprechenden Veränderungen des Steuergerätes PC und des Monitors M beispielsweise die Nachricht während des Strahlrücklaufs (Austastlücke) eingefügt werden kann.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Offenbarung der PCT-Anmeldung jedenfalls nicht erweitert. Denn diese enthält ebenso wie Patentanspruch 1 des Streitpatents die Aussagen, daß eine Nachricht in der Funktionseinheit (PC) erzeugt, übertragen und im Röhrenbildschirmgerät (M) ausgewertet wird und daß diese Nachricht (PSB, Power Stand-By) den Energiesparzustand des Röhrenbildgerätes (M) in mehreren Stufen steuert. Der gerichtliche Sach-
verständige hat überzeugend ausgeführt, daß der einschlägige Fachmann den Begriff "Energiesparzustand" im Zusammenhang der genannten Beschreibungsstelle der PCT-Anmeldung (S. 3 Z. 20 bis 30) in einem allgemeinen Sinn als einen Bauteile schonenden Zustand versteht, in dem Energie gespart wird, wobei unterschiedliche Stufen des Energiesparens in diesem Begriff zusammengefaßt werden. Ausgehend von ihrer Funktion sehe der Fachmann, so der gerichtliche Sachverständige, auch eine komplette Abschaltung als Energiesparzustand im Sinne dieser Druckschrift an, wobei trotz des Hinweises, mit der kompletten Abschaltung des Röhrenbildschirmgerätes könne eine hundertprozentige Energieeinsparung erzielt werden (S. 3 Z. 29 f.), auch hier nur an ein Herunterfahren bis zur Stand-By-Position gedacht sei; denn auch bei der Lehre der PCT-Anmeldung gehe es um ein Bauteile schonendes Energiesparen mit der Möglichkeit eines bequemen und schnellen Wiederstarts. Ein völliges Abschalten schone Bauteile aber nicht.
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung ist aber nicht neu (Art. 52 EPÜ); er ist durch die PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12969) neuheitsschädlich getroffen, weil das Streitpatent die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 42 02 793 und 42 02 794 sowie der deutschen Gebrauchsmuster-Anmeldung 92 01 166, jeweils vom 31. Januar 1992, nicht in Anspruch nehmen kann.

a) Art. 87 Abs. 1 EPÜ gewährt jedermann für die Anmeldung derselben Erfindung zum europäischen Patent während einer Frist von zwölf Monaten nach der Einreichung der ersten Anmeldung ein Recht auf Inanspruchnahme der Priorität (Prioritätsrecht). Priorität für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäß Art. 88 EPÜ kann jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter
Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der frü- heren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muß im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muß sich um dieselbe Erfindung handeln (EPA GBK - G 2/98 - GRUR Int. 2002, 80; EPA ABl. 1993, 40). Dabei ist die Offenbarung des Gegenstandes der ersten Anmeldung jedoch nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt; vielmehr ist dieser aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen zu ermitteln. Maßgeblich ist das Verständnis der Fachmanns zum Zeitpunkt der Einreichung der (prioritätsbeanspruchenden) europäischen Patentanmeldung. Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung (EPA GBK - G 2/98 - GRUR Int. 2002, 80; EPA ABl. 1990, 250; EPA ABl. 1993, 40; vgl. auch Sen.Urt. v. 11.9.2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383 = GRUR 2002, 146 - Luftverteiler; Benkard/Ullmann/Grabinski, EPÜ, Art. 88 Rdn. 8).

b) Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die deutsche Patentanmeldung 42 02 793 betrifft wie das Streitpatent eine sog. offene "Geräteanordnung" , bei dem ein Steuergerät mit einem Röhrenbildschirmgerät über eine Standardschnittstelle verbunden ist. Diese Geräteanordnung ist dadurch gekennzeichnet , "daß zwischen dem Steuer- (PC) und dem Röhrenbildschirmgerät (M) Mittel für eine von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängige Übertragung einer die Wartestellungsfunktion des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) seitens des Steuergerätes (PC) an das Röhrenbildschirmgerät (M) vorgesehen sind". Über die Ausgestaltung der Nachricht oder die Wartestellungsfunktion enthält die Patentanmeldung allerdings keine expliziten Informationen. Zwar wird einleitend in der Beschreibung (S. 1 Z. 9 ff.) auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Energieverbrauch während der Benutzungspausen zu reduzieren. Jedoch wird in der Patentan-
meldung nur von einer "Wartestellung", die nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen inhaltlich dem in der Streitpatentschrift offenbarten "Energiesparzustand" entspricht, und von einer "Wartestellungsfunktion" gesprochen. In der Beschreibung heißt es, Aufgabe der Erfindung sei, "eine Geräteanordnung der eingangs genannten Art anzugeben, bei der die Möglichkeit besteht, seitens des Steuergerätes die Wartestellungsfunktion des Röhrenbildschirmgerätes zu steuern, ohne daß damit die Verwendung der Einzelgeräte auf eine Anordnung beschränkt ist, bei der sowohl das Steuergerät die Wartestellung des Röhrenbildschirmgerätes steuern kann, als auch das Röhrenbildschirmgerät bezüglich einer Wartestellungsfunktion steuerbar ist" (S. 2 Z. 1 bis 9). Zum Ausführungsbeispiel in Figur 1 wird ausgeführt, daß eine zur Steuerung der Wartestellungsfunktion des Monitors M maßgebende Nachricht seitens des Steuergerätes PC an den Monitor M unabhängig von der Standardschnittstelle SS auf der Leitungsverbindung ZV übertragen werden kann und der Monitor M auf Grund der Nachricht nach Ablauf einer vorgegebenen Zeitspanne in eine Wartestellung schaltet (S. 3 Z. 27 bis 34). In Figur 3, die dem einzigen Ausführungsbeispiel der Streitpatentschrift entspricht, wird die Nachricht zur Steuerung der Wartestellungsfunktion des Monitors M in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle SS übertragen, so daß außer den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle SS keine weiteren Leitungsverbindungen benötigt werden (S. 4 Z. 10 ff.). Dazu ist das Steuergerät mit einem Videocoder VC ausgestattet, der die Nachricht kodiert und in das Videosignal integriert. Der Monitor M weist einen "Power-Stand-By"-Decoder PSB-DC auf, der aus den übertragenen Signalen eine für die Steuerung der Wartestellungsfunktion maßgebende Nachricht PSB herausfiltert. Als vorteilhaft wird geschildert, wenn die Steuereinheit eine Einrichtung zum Abschalten der den PSB-Decoder steuernden Funktion aufweist, die z.B. von einem Benutzer des Steuergeräts wahlfrei bedient werden kann (S. 4 Z. 32 bis 38).
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den ergänzenden und klarstellenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen , ist der Senat davon überzeugt, daß die deutsche Patentanmeldung 42 02 793 dem einschlägigen Fachmann explizit nur eine Wartestellung offenbart. Dieser hatte auch keine Veranlassung, aus der ausdrücklichen Erwähnung einer eine Wartestellung bzw. Wartestellungsfunktion steuernden Nachricht auf mehrere mögliche Nachrichten und mehrere Wartestellungen zu schließen. Ein Hinweis in dieser Richtung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Ansprüche und der Beschreibung der Patentanmeldung noch aus einer speziellen Interpretation der Fachbegriffe "Nachricht" und "Wartestellungsfunktion". Zwar ist nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen das Ein- und Ausschalten des Monitors als Teil der Wartestellungsfunktion anzusehen und in den Unteransprüchen 9 und 10 auch ausdrücklich erwähnt. Mehrere Zustände seien auch denkbar, etwa bei Benutzung der in dem Ausführungsbeispiel Figur 3 ausdrücklich genannten SYNC-Signale. Zwingend sei dies für den Fachmann aber nicht und auch nicht aus der Patentanmeldung zu entnehmen.
Die Patentanmeldung 42 02 794, die ein Röhrenbildschirmgerät betrifft, und das deutsche Gebrauchsmuster 92 01 166, das eine elektrische Funktionseinheit zum Gegenstand hat, kommen für die Beurteilung der Priorität nicht in Betracht, weil sie ebenfalls nicht dieselbe Erfindung wie das Streitpatent betreffen.
c) Die von der Klägerin allein entgegengehaltene PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12929), die am 9. Juni 1994 nach dem Anmeldetag des Streitpatents veröffentlicht worden ist, ist bei der Neuheitsprüfung des Streitpatents als Stand der Technik zu berücksichtigen (Art. 54 Abs. 2 und 3
EPÜ), weil sie wirksam die Priorität der US-Anmeldung 07/984,370 vom 2. Dezember 1992 in Anspruch genommen hat.
Auf Grund der eingehenden Erörterung in der mündlichen Verhandlung sieht der Senat als erwiesen an, daß die PCT/US 93/11579, die ein "Stand-BySystem mit niedrigem Energieverbrauch für einen Monitor" betrifft, alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der verteidigten Fassung des Hauptantrages neuheitsschädlich vorwegnimmt. Diese Druckschrift befaßt sich mit einem Computer, der über eine beliebige Schnittstelle und ein Kabel mit einem Monitor verbunden ist, wobei der Computer horizontale SYNC- (HSYNC) und vertikale SYNC- (VSYNC) sowie Videosignale an den Monitor sendet, um dort ein Bild herzustellen. Bei Bedarf kann der Monitor in unterschiedliche Energieverbrauchszustände (Energiesparzustände) geschaltet werden. Für die Steuerung dieser Zustände werden zunächst die Zeiten der Inaktivität seit der letzten Aktivität des Benutzers gemessen. Die Steuerung erfolgt sodann durch Signale über eine Standardschnittstelle (VGA-Kabel) an den Monitor. Nach dem Ausführungsbeispiel 2 B sind zwei Energiesparzustände vorgesehen. Durch Abschalten von Schaltkreisen wird in einem ersten Schritt (Niveau Zwei der Signalleitung ) der Energieverbrauch des Bildschirms um 80 bis 90 % reduziert und sodann der Verbrauch in einem zweiten Schritt (Niveau Eins) durch weiteres Abschalten mit Ausnahme des Microcontrollers um mehr als 90 % abgesenkt (S. 9 Abs. 1 der Übersetzung).

III.

Patentanspruch 1 des Streitpatents ist auch in den Fassungen der Hilfsanträge 1, 3 a, 3 b und 4 nicht patentfähig.
1. Von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages unterscheidet sich Hilfsantrag 1 lediglich durch folgenden (markierten) Zusatz zu Merkmal 2.2.3.1: "wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt , der ein Abschaltzustand sein kann".
Hilfsantrag 1 enthält damit keine Beschränkung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gegenüber der Fassung des Hauptantrages. Vielmehr wird der zweite Energiesparzustand nur erläuternd in einer Form beschrieben, die den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zufolge in Merkmal 2.2.3.1 der verteidigten Fassung enthalten ist. Wie bereits oben ausgeführt, versteht der einschlägige Fachmann das Abschalten des Monitors als Grenzfall des Energiesparzustandes. Entscheidend kommt hinzu, daß die Erläuterung lediglich eine mögliche Ausführungsform beschreibt, die wiederum nicht ausschließt , daß der weite Zustand auch ein bloßer Stand-By-Zustand und damit eine zweite Wartestellung sein kann. Damit gelten für die rechtliche Bewertung die gleichen Grundsätze wie für den Hauptantrag, von dem sich der erste Hilfsantrag insoweit sachlich nicht unterscheidet.
2. Nach Hilfsantrag 3 a erhält Merkmal 2.2.3 folgende Fassung:
"und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängige kodierte Nachricht erzeugt , übertragen und ausgewertet wird, wobei zur Auswer-
tung der an den Monitor (M) übertragenen Nachricht der Monitor (M) einen Decoder (PSB-DC) aufweist, der durch vollständigen oder teilweisen Entzug der SYNC-Signale aktiviert wird".
Es kann dahinstehen, ob diese Ergänzung des Merkmals mangels Bestimmtheit unzulässig ist. Jedenfalls ist Patentanspruch 1 in dieser beanspruchten Fassung nicht offenbart. Zwar wird in der Beschreibung des Streitpatents (Sp. 5 Z. 6 bis 14) und der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 (S. 6 Z. 19 bis 25) ein Monitor dargestellt, der einen "Power-StandBy" -Decoder (PSB-DC) aufweist. Dieser soll zum einen in der Lage sein, aus den übertragenen Signalen eine für die Steuerung des Energiesparzustandes maßgebende Nachricht PSB herauszufiltern. Zum anderen soll er durch vollständiges oder teilweises Abschalten der SYNC-Signale dazu veranlaßt werden können, einen "Power-Stand-By"-Zustand zu aktivieren. Nicht offenbart ist hingegen , daß zur Steuerung der Energiesparzustände eine von der Funktion der Standardschnittstelle unabhängige kodierte Nachricht erzeugt werden soll und daß der Decoder durch vollständigen oder teilweisen Entzug der SYNC-Signale aktiviert werden soll.
3. Hilfsantrag 3 b ergänzt Merkmale 2.2.3 und 2.2.3.1 wie folgt: "und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht in Form von vollständigem oder teilweisem Entzug der SYNC-Signale erzeugt, von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängig übertragen und ausgewertet wird, wobei zur Aus-
wertung der an den Monitor (M) übertragenen Nachricht der Monitor (M) einen Decoder (PSB-DC) aufweist 2.2.3.1. und infolge der Nachricht das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand steuert".
Der Hilfsantrag ist zulässig. Patentanspruch 1 in der Fassung dieses Hilfsantrages ist in der Streitpatentschrift (Sp. 5 Z. 6 bis 14) und in der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 (S. 6 Z. 19 bis 25) offenbart. Danach kann die kodierte Nachricht, welche die beiden Energiesparzustände steuert, in Form von vollständigem oder teilweisem Entzug der SYNC-Signale erzeugt, von der Funktion der Standardschnittstelle unabhängig übertragen und von einem PSB-Decoder des Monitors mit der Folge ausgewertet werden, daß das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand gesteuert wird. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3 b ist aber ebenfalls nicht neu. Auch er kann die Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 02 793 nicht in Anspruch nehmen, weil durch ihn - anders als in der Patentanmeldung - zwei Energiesparzustände beansprucht werden. Neuheitsschädlich steht damit auch ihm die internationale Anmeldung PCT/US 93/11579 entgegen. Wie bereits oben dargestellt, offenbart diese ein System für einen Universalrechner, welcher mit Hilfe der SYNC-Signale dem Monitor signalisiert , verschiedene Zustände anzunehmen, wobei in einem Ausführungsbeispiel zwei Sparzustände genannt werden (S. 9 Abs. 1 der Übersetzung). Das System umfaßt Zeitmeßmittel zur Messung von Perioden der Inaktivität sowie
"Mittel zum Abschalten der Synchronisation für die Unterbrechung von wenigstens einem der beiden Signale HSYNC und VSYNC zum Monitor in Abhängigkeit der Überlaufzustände der Zeitmeßmittel" (S. 3 Abs. 2 der Übersetzung). Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird geschildert, daß das Signal zum Bildschirm auf der Unterbrechung eines der beiden HSYNC- oder VSYNC-Signale basiert (S. 6 Abs. 1 der Übersetzung). Damit nimmt diese Druckschrift die mit Hilfsantrag 3 b beanspruchten Merkmale vorweg. Auf mögliche Bedenken gegenüber dem in dieser Fassung des Anspruchs enthaltenen Merkmal, "von der Standardschnittstelle unabhängig", auf dessen Aufnahme die Beklagte hilfsweise verzichtet hat, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.
4. Nach Hilfsantrag 4 wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags durch Merkmal 3 in folgender Fassung ergänzt:
"wobei die Nachricht zur Steuerung des Energiesparzustandes des Monitors (M) in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen für das Videosignal (VS) und für die beiden Synchronisiersignale (HSYNC und VSYNC) der Standardschnittstelle (SS) übertragen wird."
Mit diesem Hilfsantrag wird eine spezielle Übertragungsart zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gemacht. Dieser Gegenstand ist jedenfalls in Figur 1 der Streitpatentschrift und in Figur 3 der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 offenbart. Da auch hier zwei Energiesparzustände beansprucht werden, kann er ebenfalls die Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 02 793 nicht für sich in Anspruch nehmen. Auch dieser Fassung des Patentanspruchs 1 steht die internationale Anmeldung PCT/US 93/11579 neuheitsschädlich entgegen. Diese bereits genannte Druck-
schrift schildert ein Stand-By-System mit niedrigem Energieverbrauch für einen Monitor, bei dem die Nachricht zur Steuerung der Energiesparzustände des Monitors über die Leitungsverbindungen für das Videosignal und für die SYNCSignale der Standardschnittstelle übertragen werden können (S. 10 der Übersetzung und Fig. 3).

IV.


Bestand hat Patentanspruch 1 des Streitpatents hingegen in der Fassung des 5. Hilfsantrages, bei dem der Fassung des Hauptantrages die weiteren Merkmale 3 und 4 mit folgendem Wortlaut angefügt sind:
"3. wobei die elektrische Funktionseinheit eine Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) aufweist
4. und die Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) durch einen Benutzer des Steuergerätes (PC) wahlfrei bedienbar ist."
Diese Fassung beschränkt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch kumulative Aufnahme der in den Patentansprüchen 2 und 3 der erteilten Fassung beanspruchten Ausführungsbeispiele. Danach soll die Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Monitors steuernden Nachricht mit einer Einrichtung des Computers abgeschaltet (Merkmal 3) und ferner dem Benutzer die Möglichkeit eröffnet werden, die Einrichtung zum Abschalten
wahlfrei zu bedienen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in dieser Fas- sung ist auch nicht unzulässig gegenüber der PCT-Anmeldung 93/00056 erweitert , weil der Gegenstand der Unteransprüche 2 und 3 der erteilten Fassung in den Unteransprüchen 9 und 10 der ursprünglichen Fassung enthalten und in der Anmeldung (S. 6 Z. 24 ff.) beschrieben ist. In der Fassung des Hilfsantrages 5 kann Patentanspruch 1 ebenso wie die erteilte Fassung des Streitpatents die Priorität der deutschen Anmeldung 42 02 793 nicht für sich in Anspruch nehmen, weil anders als bei dieser zwei Energiesparzustände vorgesehen sind. Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrages 5 ist aber gegenüber der bereits erwähnten internationalen Anmeldung PCT/US 93/11579 neu (Art. 52 EPÜ). Diese Druckschrift schildert alternative Ausführungsbeispiele, die es dem Benutzer erlauben, die Steueroperation über Befehlsschritte, wie z.B. Menüs, Dialogboxen oder Kommandozeilen zu steuern. Solche Steuerungen können das bewußte Abschalten der Bildschirmenergie durch Drücken einer "Spezialtaste", durch Eingabe einer Kommandozeile oder eines anderen Programmschnittstellenschritts , einschließen. Andere Eigenschaften können dem Benutzer erlauben, die Ruhezeit, die benötigt wird, um das Bildschirmenergieemanagement (MPM) auszulösen, zu verändern und die MPM-Überwachung ein- oder auszuschalten. Die internationale Anmeldung offenbart damit zwar Mittel, auf die Zeitdauer einzuwirken, die Ruhezeit, die benötigt wird, um das Bildschirmenergiemanagement auszulösen, zu verändern, sowie Mittel, um die MPM-Überwachung ein- und auszuschalten. Die Druckschrift enthält aber keinen Hinweis dahin, das den Energiezustand im Monitor steuernde Signal bei seinem Entstehen durch Einrichtungen in der elektrischen Funktionseinheit abzuschalten und die Einrichtung hierfür durch den Benutzer wahlfrei bedienbar zu machen.
Patentanspruch 1 in der vorliegenden Fassung beruht auch auf erfinderi- scher Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Das Patentamt und das Bundespatentgericht haben dies festgestellt. Entgegenstehenden Stand der Technik haben die Parteien nicht in das Verfahren eingeführt.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, 110 Abs. 3 PatG.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Es hat seinen Sitz in München.

(2) Das Deutsche Patent- und Markenamt besteht aus einem Präsidenten und weiteren Mitgliedern. Sie müssen die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen (rechtskundige Mitglieder) oder in einem Zweig der Technik sachverständig sein (technische Mitglieder). Die Mitglieder werden auf Lebenszeit berufen.

(3) Als technisches Mitglied soll in der Regel nur angestellt werden, wer im Inland an einer Universität, einer technischen oder landwirtschaftlichen Hochschule oder einer Bergakademie in einem technischen oder naturwissenschaftlichen Fach eine staatliche oder akademische Abschlußprüfung bestanden hat, danach mindestens fünf Jahre im Bereich der Naturwissenschaften oder Technik beruflich tätig war und im Besitz der erforderlichen Rechtskenntnisse ist. Abschlußprüfungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum stehen der inländischen Abschlußprüfung nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Gemeinschaften gleich.

(4) Wenn ein voraussichtlich zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, kann der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts Personen, welche die für die Mitglieder geforderte Vorbildung haben (Absatz 2 und 3), mit den Verrichtungen eines Mitglieds des Deutschen Patent- und Markenamts beauftragen (Hilfsmitglieder). Der Auftrag kann auf eine bestimmte Zeit oder für die Dauer des Bedürfnisses erteilt werden und ist so lange nicht widerruflich. Im übrigen gelten die Vorschriften über Mitglieder auch für die Hilfsmitglieder.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/00
vom
20. November 2001
in der Rechtsbeschwerdesache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2001
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 20. Senats des Bundespatentgerichts vom 7. Dezember 1999 wird auf Kosten der Einsprechenden zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdegegnerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 195 48 744 (Streitpatent), das eine Signal- und Gegensprechanlage für die Haustechnik betrifft. Das Schutzrecht hat ursprünglich insgesamt 12 Ansprüche umfaßt, wegen deren Inhalts auf die Patentschrift Bezug genommen wird.
Die Rechtsbeschwerdeführerin hat - gemeinsam mit der Einsprechenden zu 2 - gegen das erteilte Streitpatent Einspruch eingelegt, auf den das Deutsche Patent- und Markenamt das Schutzrecht widerrufen hat.
Diese Entscheidung hat die Patentinhaberin mit der Beschwerde angefochten und im Beschwerdeverfahren auf 11, zum Teil neu formulierte Ansprüche beschränkt. Danach haben die verteidigten Patentansprüche 1 und 11 folgenden Inhalt erhalten:
1. Signal- und Gegensprechanlage für die Haustechnik mit mehreren längs eines gemeinsamen 2-Draht-Busses (16) angeordneten Sprechgeräten und ggf. Signalgeräten (18, 24, 26, 28), wobei die Anlage ein Anlagensteuergerät (14) aufweist, das die einzelnen Signalgeräte und Sprechgeräte (18, 24, 26, 28) über den Bus (16) mit einer Gleichspannung versorgt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
- daû die Versorgung der Signalgeräte und Sprechgeräte (18, 24, 26, 28) mit Gleichspannung über einen Arbeitswiderstand (RA) des Anlagensteuergeräts (14) erfolgt, der parallel zu allen Signalgeräten und Sprechgeräten (18, 24, 26, 28) an den Bus (16) angeschlossen ist und über den die von einem Netzgerät (12) gelieferte Versorgungsspannung zu den einzelnen an den Bus (16) angeschlossenen Signal- und Sprechgeräten (18, 24, 26, 28) geleitet wird,
- daû alle Signalgeräte und Sprechgeräte (18, 24, 26, 28) eine parallel zu den beiden Adern des Busses (16) geschaltete Dioden-Brückenschaltung (G6) als Verpolungsschutz aufweisen ,
- daû in allen Signalgeräten und Sprechgeräten (18, 24, 26, 28) ein Mikroprozessor (G1) angeordnet ist,
daû in allen Signalgeräten und Sprechgeräten (18, 24, 26, 28) parallel zu den Busanschlüssen ein Pegeldetektor (S2) direkt über die Dioden-Brückenschaltung (G6) angeschlossen ist, dessen Ausgang unmittelbar mit einem Eingang (E) des Mikroprozessors (G1) verbunden ist, der der Verarbeitung von über den Bus (16) geleiteten digitalen Signalen in Form von Änderungen der Busspannung dient, und daû in allen Signalgeräten und Sprechgeräten (18, 24, 26, 28) parallel zu den Busanschlüssen ein von dem Mikroprozessor (G1) gesteuerter, schaltbarer zusätzlicher Lastzweig in Form eines Pegelschalters (S1) derart angeschlossen ist, daû durch Öffnen und Schlieûen des Pegelschalters (S1) in schneller Folge eine von allen anderen Geräten über deren Pegeldetektoren (S2) erkennbare Änderung der Busspannung zur Herstellung einer Sprechverbindung zur Tür oder anderen hausinternen Sprechgeräten (26, 28) erzeugbar ist,
- und daû die Sprechgeräte (18, 26, 28) eine über einen Schalter (G3) auf den Bus (16) schaltbare Sprecheinheit (G2) umfassen, mittels derer der über den allen Signalgeräten und Sprechgeräten (18, 24, 26, 28) gemeinsamen Arbeitswiderstand (RA) flieûende Strom modulierbar ist.
11. Verfahren zur Kommunikation zwischen Geräten über einen seriellen Bus (16) einer Signal- und Gegensprechanlage für
die Haustechnik mit mehreren Sprechgeräten (18, 24, 26, 28), von denen wenigstens eins als Türstation mit einer Klingeltafel (18) mit einer Anzahl von Tastern (20) und einer Sprecheinheit (22) ausgebildet ist, wobei Tastern (20) Adressen von Sprechgeräten (26, 28) zuzuordnen sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
- daû eine während des Produktionsprozesses jedem Geräte zugeordnete, in diesem gespeicherte fortlaufende Seriennummer als Geräteadresse oder zumindest als Bestandteil der Geräteadresse verwendet wird,
- daû zur Zuordnung eines Tasters (20) zu einem Sprechgerät (26, 28) die gesamte Anlage an einem Anlagensteuergerät (14) in einen Programmiermodus geschaltet wird,
- daû eine Sprechverbindung zwischen der Sprecheinheit (22) und der Türstation (18) und einem Sprechgerät (26, 28) hergestellt wird,
- daû durch Drücken eines Tasters (20) der Klingeltafel (18) die von dem betreffenden Sprechgerät (26, 28) ausgesandte Geräteadresse bzw. Geräteteiladresse dem gedrückten Taster (20) zugeordnet und die Zuordnung abgespeichert wird und
- daû anschlieûend die Anlage durch das Anlagensteuergerät (14) in einen normalen Betriebsmodus zurückgeschaltet wird.
Wegen der übrigen Ansprüche in der durch die Patentinhaberin verteidigten Fassung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Einsprechenden sind der Beschwerde auch hinsichtlich der neugefaûten Patentansprüche entgegengetreten.
Das Bundespatentgericht hat den Beschluû des Patentamtes aufgehoben und das Patent mit den neu gefaûten Ansprüchen und einer entsprechend angepaûten Beschreibung und ebenfalls angepaûten Zeichnungen aufrechterhalten ; zugleich hat es nach dem Tenor die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung (GRUR 2000, 408) zugelassen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde, mit der die Einsprechende zu 1 sich gegen die Erteilung der Ansprüche 1 und 11 wendet. Die Patentinhaberin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft und auch sonst zulässig.
1. Sie eröffnet im Umfang der Anfechtung eine Überprüfung der gesamten Entscheidung des Beschwerdegerichts nach Art einer Revision. Entgegen der von der Rechtsbeschwerdeerwiderung vertretenen Auffassung ist sie insbesondere nicht auf eine Überprüfung der Erwägungen des Beschwerdegerichts zu Anspruch 11 beschränkt. Zwar kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde ebenso wie die der Revision (vgl. dazu BGHZ 101, 276, 278; BGH,
Urt. v. 25.2.1993 - III ZR 9/92, NJW 1993, 1799) grundsätzlich auf einen abgrenzbaren Teil des Beschwerdeverfahrens begrenzt werden (BGHZ 88, 191 - Ziegelsteinformling I; vgl. auch BGHZ 123, 30 - Indorektal II für die zeichenrechtliche Rechtsbeschwerde). Voraussetzung dafür ist jedoch, daû die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ausdrücklich und unzweifelhaft beschränkt worden ist (BGHZ 88, 191, aaO; BGHZ 123, 30, aaO). Daran fehlt es hier. Das Bundespatentgericht hat das Rechtsmittel gegen seine Entscheidung in deren Tenor ohne jede Einschränkung zugelassen. Der Begründung der Zulassung im Hinblick auf die Besonderheiten des Patentanspruchs 11 ist lediglich eine Motivation für die Zulassungsentscheidung zu entnehmen. Daû diese zugleich deren Beschränkung aussprechen sollte, folgt aus dieser Begründung nicht.
2. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

a) Die in der Beschwerdeinstanz vorgenommenen Änderungen an den Patentansprüchen sowie der zugehörigen Beschreibung und Erläuterung begegnen , wie das Bundespatentgericht im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, keinen durchgreifenden Bedenken. Solche werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Von dieser wird auch die Neuheit der patentgemäûen Vorrichtung und des patentgemäûen Verfahrens nicht in Frage gestellt.

b) Hinsichtlich des Patentanspruchs 1 beanstandet die Rechtsbeschwerde die Ausführungen des Bundespatentgerichts zur Ausführbarkeit der dort beschriebenen Lehre und zum Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit. Ihre Einwendungen zur Ausführbarkeit betreffen zum einen die Herstellung der Verbindung zwischen den einzelnen Sprechstellen, insbesondere auch zwi-
schen hausinternen Anschlüssen und zum anderen die von ihr als widersprüchlich angesehene Angabe des Streitpatents zum Einbau des sogenannten Arbeitswiderstandes. Beide Rügen sind im Ergebnis nicht begründet.
aa) Das Bundespatentgericht hat erkannt, daû die Angaben zur Anordnung des Arbeitswiderstandes im Anspruch einerseits und in der Beschreibung sowie den erläuternden Figuren andererseits widersprüchlich sind. Während die im Anspruch bezeichnete Parallelschaltung nach dem üblichen Sprachgebrauch eine Anordnung zwischen den beiden stromführenden Leitungen bezeichnet , ergibt sich aus der Beschreibung und Figur 2 eine Anordnung, bei der der Arbeitswiderstand in nur eine stromführende Leitung selbst eingefügt ist. Ein solcher Einbau wird - wie das Bundespatentgericht in tatrichterlicher Würdigung und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen festgestellt hat - üblicherweise als Reihenschaltung bezeichnet, wenn - wie hier - mehrere Widerstände oder sonstige Verbraucher hintereinander geschaltet werden. Eine im Sinne des üblichen Sprachgebrauchs parallele Schaltung hat das Beschwerdegericht weder der Beschreibung noch den Abbildungen entnehmen können.
Trotz dieser Divergenz zwischen dem Wortlaut des Anspruchs und der zugehörigen Beschreibung hat das Bundespatentgericht eine infolge dieser Widersprüchlichkeit unklare Anweisung oder einen technischen, zur mangelnden Ausführbarkeit führenden Fehler verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt , der nacharbeitende Fachmann erkenne aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohne weiteres, daû mit der im Anspruch bezeichneten Anordnung des Arbeitswiderstandes eine Reihenschaltung gemeint sei. Über die zeichnerische Darstellung hinaus ergebe sich das für ihn aus dem Zweck dieses Ar-
beitswiderstandes, der bei einer im Wortsinne parallelen Schaltung nicht erreicht werden könne. Die Erzeugung digitaler Signale in Form von Änderungen der Busspannung und die Modulation des Stroms mittels der Spracheinheit, wie sie in den Patentansprüchen beschrieben werde, sei nur mit einer Reihenschaltung zu erreichen. Bestätigt werden könne dieses Verständnis durch einen kurzen Blick auf Figur 2 der Patentbeschreibung, die den Arbeitswiderstand in einer Reihenschaltung zeige. Daû der im Anspruch verwendete Begriff der Parallelschaltung in der Patentschrift in anderem Zusammenhang als in seinem üblichen Sinne verwendet werde, stehe diesem Verständnis nicht entgegen. Der um ein Verstehen des Patentanspruchs bemühte Fachmann entnehme dem jeweiligen Sachzusammenhang in der Schrift, daû der von der Einsprechenden angeführte Begriff jeweils in unterschiedlicher Weise verwendet werde. Schlieûlich könne auch nichts im Sinne der Einwendungen der Einsprechenden daraus hergeleitet werden, daû bei widersprüchlichen Merkmalen in Patentanspruch, Beschreibung und Zeichnung der Inhalt des Patentanspruchs maûgeblich sei und im Falle eines Widerspruchs zwischen Beschreibung und Zeichnung der Inhalt der Beschreibung vorgehe. Hier lägen lediglich Widersprüche nach dem bloûen Wortlaut vor, nicht aber nach demjenigen Wortsinn, den ein Durchschnittsfachmann der Patentschrift am Tag der Anmeldung habe entnehmen müssen.
Diese Würdigung greift die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg an. Die Annahme des Bundespatentgerichts, der die Lehre des Streitpatents nacharbeitende Fachmann verstehe den im Zusammenhang mit der Anordnung des Arbeitswiderstandes verwendeten Begriff der Parallelschaltung nicht im Sinne einer körperlichen Parallelschaltung im herkömmlichen Sinn, sondern gehe insoweit von einer Reihenschaltung aus, läût einen Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar ist, worauf die Rechtsbeschwerde in ihrem rechtlichen Ansatz zu-
treffend hinweist, bei einem Schutzrecht, das - wie hier - dem Patentgesetz 1981 unterliegt, nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats der Inhalt der Patentansprüche die maûgebende Grundlage und nicht lediglich der Ausgangspunkt für die Bestimmung von Gegenstand und Schutzbereich des Patents (vgl. BGHZ 105, 1, 19 - Ionenanalyse, s.a. BGHZ 98, 12 - Formstein; BGHZ 112, 140, 148 - Befestigungsvorrichtung II; BGHZ 116, 122 - Heliumeinspeisung). Das bedeutet jedoch weder, daû allein der Wortlaut der Ansprüche noch dessen Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde zu legen ist. Der Gegenstand des Patentes richtet sich vielmehr danach, was der fachkundige Leser dem jeweiligen Schutzanspruch - ggf. erläutert durch die Beschreibung und die zugehörigen Zeichnungen - entnimmt.
Dabei wird der Fachmann, der von der Vorstellung eines auf sinnvolle Anwendungen gerichteten Vorschlags der Patentschrift ausgeht, erkennbare Fehler in Anspruch oder Beschreibung zu korrigieren versuchen und insbesondere ihm ersichtliche problematische oder unausführbare Anweisungen in einer dem Zweck der offenbarten Lösung entsprechenden Weise aufzulösen suchen. Insoweit hat der Senat bereits mehrfach darauf hingewiesen, daû eine Patentschrift zunächst aus sich selbst heraus und insbesondere nach dem mit der offenbarten technischen Lehre verfolgten Zweck auszulegen ist und insoweit gewissermaûen ihr eigenes Lexikon bildet (vgl. Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Zu Recht hat das Bundespatentgericht bei seiner Beurteilung daher nicht auf das Verständnis abgehoben , das der allgemeine Sprachgebrauch dem Wortlaut der im Patentanspruch verwendeten Begriffe beilegt, sondern zu ermitteln versucht, welche technische Anweisung der Durchschnittsfachmann einer mit dem Anspruch beschriebenen Lehre entnimmt. Dabei ist es davon ausgegangen, daû ein solcher Fachmann, als den es einen Physiker und damit eine Person mit hoher Qualifi-
kation angesehen hat, aufgrund der im Anspruch weiter beschriebenen Lehre ohne weiteres erkenne, daû der Begriff der Parallelschaltung hier nicht im Wortsinne, sondern als - von diesem abweichende - Umschreibung für eine Reihenschaltung verwendet worden ist. Das läût einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die dem zugrundeliegenden tatrichterlichen Feststellungen zum Kenntnisstand und zum Erkenntnisvermögen des Durchschnittsfachmanns werden von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen, die sich darauf beschränkt , die davon abweichende Darstellung zum üblichen Verständnis des Begriffs der Parallelschaltung in der Fachwelt zu wiederholen.
bb) Ohne Erfolg bezweifelt die Rechtsbeschwerde weiter eine ausführbare Lehre des Streitpatents nach Anspruch 1 mit der Erwägung, es fehle an einer nachvollziehbaren und nacharbeitbaren Anweisung zur Herstellung von Signalverbindungen zwischen hausinternen Sprechstellen. Allerdings ist, wie sich etwa aus den Anweisungen am Ende der unter dem dritten Spiegelstrich in Anspruch 1 zusammengefaûten Merkmale ergibt, auch die Herstellung solcher Verbindungen Gegenstand der mit dem Streitpatent beanspruchten Lehre. Frei von Rechtsfehlern hat jedoch das Bundespatentgericht in diesem Zusammenhang drauf hingewiesen, daû es insoweit einer weitergehenden Offenbarung der näheren Schritte zur Herstellung einer solchen Verbindung nicht bedurfte, weil davon ausgegangen werden könne, daû der Fachmann die notwendigen Maûnahmen aufgrund der sonstigen Anweisung des Streitpatents in Verbindung mit seinem allgemeinen Fachwissen treffen könne. Wie sich aus den Hinweisen unter dem dritten Spiegelstrich im Anspruch 1 des Streitpatents ergibt , unterscheidet dieses nicht wesentlich zwischen der Herstellung der Verbindung zwischen der Türstation und den einzelnen hausinternen Sprechstellen einerseits und Verbindungen allein unter letzteren andererseits. Nach der Vorstellung der Verfasser der Streitpatentschrift sollte die Verbindung in beiden
Fällen über die Erzeugung eines der jeweiligen Sprechstelle zugeordneten Pegels dessen Erkennung über den ihr jeweils zugeordneten Pegelschalter erfolgen , wobei die Pegeländerung unter anderem über den vorgesehenen Mikroprozessor erzeugt und gesteuert wird. Das hat das Bundespatentgericht als eine für den hier angesprochenen hochqualifizierten Fachmann ausreichende Anweisung zum einen für die Herstellung der Verbindungen zwischen der Türsprechstelle und den hausinternen Sprechstellen, zum anderen auch für letztere untereinander angesehen. Einen Rechtsfehler dieser Würdigung zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf; sie versucht lediglich, die tatsächliche Würdigung des Beschwerdegerichts durch ihre eigene zu ersetzen. Damit kann sie ebenso keinen Erfolg haben wie mit ihrem weiteren Einwand, daû die Umsetzung dieser Anweisungen entgegen den Feststellungen des Beschwerdegerichts auch für den hier zugrundezulegenden hochqualifizierten Fachmann beträchtliche Schwierigkeiten mit sich bringen bzw. für ihn nicht möglich sei.
Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang geltend machen sollte, den Angaben des Streitpatents zur Herstellung der Verbindung zwischen den verschiedenen Sprechstellen liege keine technische Lehre zugrunde , weil der Kontakt unter den Sprechstellen durch einen Knopfdruck des Benutzers ausgelöst und über diesen hergestellt werde, verkennt das die Anforderungen , die an das Vorliegen einer patentfähigen Erfindung zu stellen sind. Daû ein Arbeitsgang durch Menschen eingeleitet oder ausgelöst wird, nimmt ihm allein nicht die erforderliche Technizität (vgl. BGHZ 144, 282, 289 - Sprachanalyseeinrichtung). Er ist technisch, wenn der durch den Menschen initiierte Ablauf sich im Anschluû daran ohne weitere menschliche Eingriffe und unter Ausnutzung der Naturkräfte vollzieht. Einen derartigen Ablauf hat das Bundespatentgericht hier festgestellt; die Rechtsbeschwerde legt auch insoweit nicht dar, daû und welcher Rechtsfehler ihm bei dieser Würdigung unterlaufen
ist. Ihre Rüge, bei der Streitpatentschrift werde über die Auslösung dieses Vorgangs durch den Menschen hinaus kein Weg aufgezeigt, wie die Verbindung im einzelnen hergestellt und aufrechterhalten werden könne, läût zum einen die unter dem dritten Spiegelstrich in Anspruch 1 aufgeführten Maûnahmen unberücksichtigt, die sich mit dem technischen Aufbau der Herstellung von Verbindungen befassen. Daû diese Anweisungen nicht ausführbar sind und mit ihrer Hilfe insbesondere eine Verbindung zwischen hausinternen Sprechstellen nicht aufgenommen werden kann, ist - wie bereits das fachkundig besetzte Bundespatentgericht in tatrichterlicher Würdigung ausgeführt hat - nicht ersichtlich. Nach den Anweisungen des Streitpatents, wie sie im Patentanspruch 1 ihren Niederschlag gefunden haben, hat der durch den Knopfdruck des Menschen ausgelöste Vorgang eine definierte, auf die einzelnen Sprechstellen abgestimmte Pegeländerung zur Folge, die von den jeweiligen Pegeldetektoren mit der Folge erkannt werden, daû mit diesem Signal allein die zugehörige Sprechstelle auf den Bus geschaltet und damit eine Kommunikation ermöglicht wird. Die Mittel, diese Verbindung für die Zeit der Kommunikation aufrechtzuerhalten, gehören nach den von der Rechtsbeschwerde mit substantiierten Rügen nicht angegriffenen Feststellungen des Bundespatentgerichts zum allgemeinen Fachwissen des hier angesprochenen Fachmanns und bedurften daher keiner näheren Erwähnung im Patentanspruch.
Zum anderen verkennt die Rechtsbeschwerde mit dieser Rüge, daû die Patentschrift für die Schutzfähigkeit einer Lehre nicht alle Schritte anführen muû, die zur Erreichung des patentgemäûen Erfolgs zusammenkommen müssen. Es genügt, wenn der Weg angegeben wird, der zur Erreichung des patentgemäûen Erfolgs beschritten werden soll und dabei zugleich eine Möglichkeit aufgezeigt wird, wie dieser Erfolg zu erreichen ist. Dem ist, wie das Bun-
despatentgericht im einzelnen ausgeführt hat, mit den Angaben im Anspruch 1 des Streitpatents genügt.

c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet weiter die Annahme des Berufungsgerichts , die Lehre des Streitpatents zu Anspruch 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.
aa) Zur Begründung seiner Wertung hat das Bundespatentgericht ausgeführt , es lasse sich nicht feststellen, daû der Stand der Technik dem von ihm zugrunde gelegten, mit der Ausbildung zum Physiker hoch qualifizierten Fachmann eine Signal- und Gegensprechanlage mit den Merkmalen des Streitpatents habe nahelegen können. Zwar seien die einzelnen Elemente, auf die das Streitpatent für seine Lösung zurückgreife, als solche im wesentlichen im Stand der Technik bekannt. So möge es nahegelegen haben, eine gefährliche Verpolung der einzubauenden Geräte mit Hilfe eines Verpolungsschutzes durch eine Dioden-Brückenschaltung, wie sie seit längerem im Stand der Technik gebräuchlich sei, zu vermeiden. Auch eine Adreûdatensignalisierung mittels PCM-Codierung, wie sie sich etwa in der Veröffentlichung der Internationalen Patentanmeldung 92/13418 finde, könne als im Stand der Technik bekannt vorausgesetzt werden. Damit sei jedoch die im Patent offenbarte Lösung noch nicht erreicht; hierzu müûten vielmehr weitere Schritte wie insbesondere die gleichzeitige Nutzung der gleichen Leitung für die Übertragung digitaler und analoger Signale hinzukommen. Auch wenn diese jeweils für sich dem Stand der Technik entnommen werden könnten, sei jedenfalls ihre Kombination zu den mit dem Streitpatent offenbarten Vorrichtungen und Verfahren nicht nahegelegt. So begegne erheblichen Zweifeln, ob der Fachmann die in der Schrift 92/13418 offenbarte Art der digitalen Adreûsignalisierung auch für die Befehlsdatensignalisierung der Sprachgeräte näher in den Blick nehme. Dazu habe er
sich über die dort vorgesehene getrennte Handhabung von Verbindungsaufbau und anschlieûender Sprachübertragung hinwegsetzen müssen, wofür diese Schrift nichts hergebe. Eine praktische Ausführung einer solchen einheitlichen Signalisierung finde sich zwar in dem Aufsatz von Kind in Elektronik 7/1981, S. 89 f., bei der die Sprechverbindung nach einer zunächst digitalen Adressierung zum Herstellen der Verbindung nach wie vor in Form einer Standardtelefonschleife aufgebaut und diese bis zur Auflösung aufrechterhalten werde. Dabei gehe unter der Voraussetzung der Beibehaltung der zentralen Spannungsversorgung der Strom zwar über einen allen Sprechgeräten gemeinsamen Arbeitswiderstand , der allerdings nicht notwendig derselbe sei wie bei der Adreûsignalisierung , wie dies für den Gegenstand nach Anspruch 1 zusätzlich gefordert werde.
Weitergehende Informationen gewinne der Fachmann auch aus der Kombination mit den übrigen druckschriftlich belegten Entgegenhaltungen nicht. Soweit diese weitere Kombinationen einzelner Merkmale den Anspruch 1 des Streitpatents enthielten, könnten diese den Fachmann nicht zur Entwicklung von patentgemäûen Signal- und Gegensprechanlagen führen, der weitere Inhalt dieser Lehren werde ihn vielmehr eher von einer weiteren Kombination in Richtung auf die Lehre des Streitpatents abhalten.
Ausgehend von der deutschen Offenlegungsschrift 35 24 094 könne er zwar Signalgeräte und Sprechgeräte zugrunde legen, die mit einem Mikroprozessor ausgestattet seien und bei denen für digitale und analoge Signale ein einziger körperlicher Nachrichtenweg vorhanden sei, wobei allerdings Steuersignalen und Sprachsignalen jeweils unterschiedliche Frequenzkanäle zugeordnet seien. Dabei komme es für ihn auch in Betracht, das in dieser Entgegenhaltung vorgesehene Koaxkabel als Übertragungsmedium durch einen
Zweidrahtbus zu ersetzen; zweifelhaft erscheine jedoch insoweit wiederum, ob der Fachmann in seinem Bestreben, diese Anlage weiter zu vereinfachen, auch noch auf den Gedanken komme, auf die Zuordnung verschiedener Frequenzkanäle zu Signalisierungsdaten und Sprachdaten zu verzichten. Selbst dann fehle noch der weitere Schritt, daû mittels einer Sprecheinheit der Strom moduliert wird, der über den allen Signalgeräten und Sprechgeräten gemeinsamen Arbeitswiderstand flieûe, der zugleich der Signalisierung diene.
bb) Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, mit diesen Erwägungen habe das Beschwerdegericht den Maûstab für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit verkannt und insbesondere zu Unrecht abgestimmte Maûnahmen für erforderlich gehalten. Um aus dem Stand der Technik zum Anspruch 1 zu gelangen, habe es lediglich der Kombination von dem Fachmann geläufigen Maûnahmen bedurft, die dessen Können angesichts seiner hohen Qualifikation kaum übersteigen könnten. Allein aus dem Umstand, daû der Arbeitswiderstand , über den der Strom den in der Hauptbegründung des Bundespatentgerichts angeführten Lösungsalternative moduliert werde, nicht "notwendig" derselbe sei wie bei einer Adreûsignalisierung, könne nicht auf eine erfinderische Tätigkeit geschlossen werden. Aus den Ausführungen des Bundespatentgerichts , daû das Vorhandensein eines separaten Arbeitswiderstandes als "nicht notwendig" bezeichnet habe, ergebe sich, daû die offenbarte Lösung die Möglichkeit der Verwendung eines solchen Widerstandes zumindest einschlieûe. Gehe man hiervon aus, sei die patentgemäûe Lösung auch auf der Grundlage der Überlegungen des Bundespatentgerichts nahegelegt. Unterstützt werde diese Würdigung durch die weiteren Feststellungen des Bundespatentgerichts, nach denen der Fachmann, wenn er von der deutschen Offenlegungsschrift 35 24 094 ausgehe, mit ähnlichen, nicht fernliegenden Überlegungen zur Lehre des Anspruchs 1 gelange. Die Modulierbarkeit des
Stroms mittels eine Sprecheinheit sei dem Fachmann aus der bekannten Schaltung für ein einfaches Haustelefon geläufig.
cc) Diesen Angriffen hält die angefochtene Entscheidung stand. Das Bundespatentgericht hat die von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten tatsächlichen Umstände gesehen und ihnen in tatrichterlicher Würdigung gleichwohl nicht die sichere Eignung zumessen können, dem Fachmann die Lehre des Streitpatents nahezulegen. Daû ihm dabei ein Rechts- oder Verfahrensfehler unterlaufen ist, zeigt die Rechtsbeschwerde auch in diesem Zusammenhang nicht auf. Das Argument, daû die Lehre nach der Veröffentlichung der Internationalen Patentanmeldung 92/13418 "nicht notwendig" eine Modulation des Stroms in der "Teilnehmer-Schleife" über einen allen Sprechstellen gemeinsamen Arbeitswiderstand enthalte, bezeichnet nach Gang und Inhalt der Entscheidungsgründe aus der Sicht des Bundespatentgerichts einen wesentlichen Unterschied der Lehre des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik. Nach diesem durch den Wortlaut des Anspruchs gestützten Verständnis ist der allen Sprechstellen gemeinsame Widerstand aus der Sicht des Fachmanns ein wesentliches Element der patentgemäûen Lehre. Eine in diesem Sinne zwingende Verwendung des Widerstandes in der im Patent offenbarten Weise kann durch den Stand der Technik aber nur dann nahegelegt werden, wenn der Fachmann hierzu Veranlassung sieht, etwa weil ihm in der jeweiligen Offenbarung Anhaltspunkte für die damit verbundenen Vorteile mitgeteilt werden. Daran fehlt es bei einer allenfalls nicht auszuschlieûenden Verwendung des Widerstandes bei einer anderen Lehre jedenfalls dann, wenn diese - wie hier - nicht zugleich mit Erläuterungen über eine aus diesem Grunde vorteilhafte Ausführungsform verbunden sind.
Mit ihrer zweiten Rüge verkennt die Rechtsbeschwerde den Begründungsgang des Bundespatentgerichts. Dieses hat nicht übersehen, daû die für die Übertragung des Gespräches erforderliche Modulation des Stroms mit Hilfe einer Spracheinheit erzeugt werden kann. Es hat auch bei der Entgegenhaltung deutsche Offenlegungsschrift 35 24 094 vielmehr den allen Sprecheinheiten gemeinsamen Arbeitswiderstand vermiût, über den der von der Sprecheinheit modulierte Strom flieûen kann, und darüber hinaus aus der Sicht des Fachmanns keinen Anlaû erkennen können, einen solchen Widerstand in den vorhandenen und der geforderten Funktion entsprechenden Stromkreis einzubauen. Geht man von dieser tatrichterlichen Würdigung aus, die Rechtsfehler nicht erkennen läût, scheidet auch insoweit ein Naheliegen der patentgemäûen Lösung aufgrund des festgestellten Standes der Technik aus.
3. a) Das Kommunikationsverfahren nach Patentanspruch 11 in der verteidigten Fassung hat das Bundespatentgericht ebenfalls als neu und erfinderisch angesehen. Zwar sei aus der Veröffentlichung der Internationalen Patentanmeldung 92/13418 ein Verfahren zur Kommunikation mit den Merkmalen im Oberbegriff des Anspruchs bekannt. Aus dem Aufsatz von Kind aaO kenne der Fachmann auch die Möglichkeit, Adressen von Peripheriebausteinen im Verlauf des Herstellungsprozesses fest vorzugeben, wobei er je nach Bedarf die geeignete Möglichkeit einer Vorgabe auswählen werde. Demgegenüber sei dem Stand der Technik keine Veranlassung und keinen Hinweis dafür zu entnehmen , daû im Programmiermodus nach dem Herstellen einer Sprechverbindung zwischen der Sprecheinheit der Türstation und einem Sprechgerät durch Drücken eines Tasters der Klingeltafel die von dem Sprechgerät ausgesandte Geräteadresse bzw. Geräteteiladresse dem gedrückten Taster zugeordnet und die Zuordnung abgespeichert werde. Die Möglichkeit der Anzeige einer rufenden Telefonnummer im Display eines Telefons und die weitere Möglichkeit,
diese durch Tastenbetätigungen abzuspeichern, seien nicht als Stand der Technik belegt. Auch wenn jedoch eine solche Möglichkeit bestanden haben sollte, sei eine Veranlassung für das Übertragen dieses Vorgehens auf das Zuordnen eines Tasters zu einem Sprechgerät nicht ersichtlich; eine solche Veranlassung ergebe sich vielmehr erst in Kenntnis der Erfindung. Ebenso werde der Fachmann erst in dieser Kenntnis das aus dem Stand der Technik im übrigen bekannte Abspeichern von bestimmten Tasten zugeordneten Telefonnummern (Kurzwahltasten) zur Lösung seines Problems heranziehen. Bei der Erfindung gehe es nicht um die Ausführung des Abspeicherns, sondern um das Verfahren der Zuordnung von Sprechgeräten zu Tastern der Klingeltafel.

b) Auch diese Würdigung greift die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg an.
aa) Mit ihrer Rüge, in dem Anspruch werde kein Verfahren zur Kommunikation offenbart, verkennt sie, wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung mit Recht ausführt, den Gegenstand der in dem Anspruch unter Schutz gestellten Lehre. Allerdings wird dieser durch die ihm vorangestellte Angabe verkürzt. Wie der Fachmann bei Lektüre des Anspruchs unschwer erkennt, betrifft dieser nicht ein Kommunikationsverfahren, sondern ein Verfahren, mit dessen Hilfe die für die Kommunikation erforderliche Verbindung vorbereitet und auf dessen Grundlage sie hergestellt werden kann, wie das Bundespatentgericht seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei und zutreffend zugrunde gelegt hat. Patentanspruch 1 ist weiter zu entnehmen, daû die Verbindung mittels Tasten hergestellt werden soll. Mit der Zuordnung jeder Taste zu einer Adresse und damit der diesen zugeordneten Sprechstellen ist die grundsätzliche Maûnahme zur Herstellung der Verbindung zwischen der Türsprechstelle und der internen Sprechstelle bezeichnet. Der Tastendruck löst, wie der Fachmann der gesamten Beschreibung in der Streitpatentschrift entnehmen kann, die Tätigkeit des
Mikroprozessors, über diesen eine Pegeländerung und über diese das Ansprechen der dem Taster zugeordneten Sprechstelle aus. Daû für deren endgültige Aufnahme und Aufrechterhaltung weitere Schritte und Maûnahmen erforderlich sind, die der Anspruch nicht erwähnt, steht dessen Patentfähigkeit nicht entgegen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats muû der Patentanspruch nicht alle zur Verwirklichung der patentgemäûen Lehre notwendigen Schritte bezeichnen. Vielmehr genügt grundsätzlich, wenn sich die weiter erforderlichen Maûnahmen in der zum Anspruch gehörenden erläuternden Beschreibung finden. Davon ist das Bundespatentgericht hier ausgegangen; die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, daû ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
Fehl geht auch die in diesem Zusammenhang weiter erhobene Rüge, die Streitpatentschrift offenbare hinsichtlich des Verfahrensanspruchs 11 jedenfalls keine Mittel zur Herstellung einer Verbindung zwischen den internen Sprechstellen. Daû auch diese Gegenstand des Anspruchs sein soll, ist seinem Wortlaut und der zugehörigen Beschreibung nicht zu entnehmen. Gegen ein weitergehendes Verständnis spricht, daû der Anspruch nach seinem Wortlaut zwingend das Vorhandensein einer Türstation verlangt und sich im folgenden ebenso wie die zugehörige Beschreibung allein mit der Herstellung der Verbindung zwischen dieser und der jeweils durch Tastendruck auszuwählenden hausinternen Station befaût. Vor diesem Hintergrund besteht für den nacharbeitenden Fachmann kein Anlaû, das im Streitpatent offenbarte Verfahren unmittelbar auch auf eine hausinterne Kommunikation zu beziehen. Die fehlenden Angaben für eine solche Kommunikation erforderlicher und geeigneter Mittel kann der Patentfähigkeit der im Anspruch beschriebenen Lehre daher ebenfalls nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.
bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde weiter geltend, Patentanspruch 11 fehle die erforderliche Technizität. Dieser steht nicht entgegen, daû die Zuordnung der Taster zu den einzelnen Geräteadressen oder Geräteteiladressen , ein wesentlicher Teil der sogenannten Programmierung, von dem Installateur der Anlage oder einem Benutzer und damit von einem Menschen vorgenommen wird. Diese Programmierung der Anlage ist ein Teil ihrer Installation , mit deren Hilfe die einzelnen Bestandteile so aufeinander abgestimmt werden, daû sie künftig ohne einen weiteren menschlichen Eingriff und damit automatisch im Bedarfsfall die gewünschte Verbindung herstellen. Die Technizität der auf diese Weise hergerichteten Anlage, die sich aus den automatischen Abläufen des Verbindungsaufbaus und der Aufrechterhaltung der Verbindung ergibt, wird damit nicht in Frage gestellt (vgl. dazu auch BGHZ 144, 282, 289 - Sprachanalyseeinrichtung). Ebensowenig kann ihr entgegengehalten werden, daû im Bedarfsfall die Herstellung der Verbindung wiederum erst durch den menschlichen Benutzer ausgelöst und inhaltlich konkretisiert wird, indem er den Taster auswählt, der der jeweiligen Gegenstelle zugeordnet ist. Ziel der patentgemäûen Lehre ist es nicht, einem Besucher, der sich bei einem bestimmten Bewohner des Hauses anmelden und mit diesem einen Gesprächskontakt aufnehmen will, die Auswahl auch unter den Tastern abzunehmen. Mit ihrer Hilfe soll vielmehr eine Kommunikation ermöglicht werden, nachdem er an der Haustür die dem jeweiligen Bewohner zugeordnete Klingel durch Druck auf den Klingelknopf ausgelöst hat.

c) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde schlieûlich geltend, das Bundespatentgericht habe nicht davon ausgehen dürfen, der Entwicklung des Verfahrens nach Anspruch 11 liege eine ausreichende erfinderische Tätigkeit zugrunde. Zur Begründung ihrer Rüge verweist die Rechtsbeschwerde darauf, daû das Verfahren nach Anspruch 11 etwa durch die Rufnummernanzeige und
den nationalen ISDN-Standard nahegelegt sei und macht in diesem Zusammenhang geltend, daû ihr auf ein dadurch erfolgtes Nahelegen der patentgemäûen Lehre abzielendes Vorbringen in der Tatsacheninstanz durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt worden wäre, wenn das Beschwerdegericht deutlich gemacht hätte, daû es die bereits in das Verfahren eingeführte Möglichkeit der Rufnummernspeicherung nicht als relevanten Stand der Technik berücksichtigen wolle.
Die in diesem Zusammenhang erhobene Aufklärungsrüge ist nicht hinreichend ausgeführt. Für sie genügt nicht, daû die Rechtsbeschwerde das prozessuale Verhalten bezeichnet, das die Einsprechende im Falle eines gerichtlichen Hinweises gezeigt hätte, dessen Unterbleiben gerügt wird. Erfolg kann dieser Einwand nur dann haben, wenn das Unterbleiben des Hinweises für die Entscheidung erheblich war. Dazu hätte es einer näheren Erläuterung der Technik bedurft, die wegen des unterbliebenen Hinweises nicht in das Verfahren eingeführt worden sein soll, da nur so zu erkennen ist, ob und in welchem Umfang die mit dem Patent beanspruchte Lehre durch diesen Stand der Technik hat nahegelegt werden können. Einer solchen Erläuterung hätte es hier um so mehr bedurft, als das Bundespatentgericht im Rahmen einer Hilfserwägung kurz auf die Technik der Rufnummernspeicherung eingegangen und dieser eine Relevanz für die Beurteilung der patentgemäûen Lehre abgesprochen hat.
Eine dem genügende Erläuterung ist der Rechtsbeschwerde nicht zu entnehmen. Sie führt insbesondere nicht aus, daû und in welcher Form sich die Rufnummernerkennung nach nationalem ISDN-Standard von der durch das Bundespatentgericht in den Entscheidungsgründen behandelten Rufnummernspeicherung unterscheidet und wie es die in den Gründen der angefochtenen Entscheidung als wesentlich und von dieser Form der Speicherung abgesetzte
Abspeicherung von bestimmten Tasten zugeordneten Telefonnummern hat nahelegen können. Hinzu kommt, daû das Bundespatentgericht seine Entscheidung nicht allein auf die - aus seiner Sicht dem Fachmann nicht näher bekannte - Technik der Rufnummernerkennung gestützt hat; es hat vielmehr ein Naheliegen der patentgemäûen Lehre in erster Linie deshalb verneint, weil der dem Fachmann geläufige Stand der Technik eine Übernahme der Rufnummern und die dafür erforderliche Technik dem Fachmann nicht habe vermitteln können. Daû und was die Einsprechende auch hierzu vorgetragen hatte, ist der Rechtsbeschwerde nicht zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

(1) Gegen die Urteile der Nichtigkeitssenate des Patentgerichts (§ 84) findet die Berufung an den Bundesgerichtshof statt.

(2) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift beim Bundesgerichtshof eingelegt.

(3) Die Berufungsfrist beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(4) Die Berufungsschrift muß enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(5) Die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(6) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(7) Beschlüsse der Nichtigkeitssenate sind nur zusammen mit ihren Urteilen (§ 84) anfechtbar; § 71 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(8) Die §§ 515, 516 und 521 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)