Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2008 - XII ZR 101/05

bei uns veröffentlicht am20.02.2008
vorgehend
Amtsgericht Ettlingen, 1 F 232/02, 12.08.2003
Oberlandesgericht Karlsruhe, 20 UF 114/03, 13.05.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 101/05 Verkündet am:
20. Februar 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Abänderung eines wegen mutwilliger Aufgabe einer gut bezahlten Arbeitsstelle
auf fiktiver Grundlage ergangenen Unterhaltsurteils ist nicht bereits mit der
Behauptung zulässig, der Abänderungskläger genüge inzwischen seiner Erwerbsobliegenheit
, verdiene aber weniger als zuvor. Erforderlich ist vielmehr,
dass der Abänderungskläger geltend macht, er hätte die frühere Arbeitsstelle
inzwischen aus anderen Gründen verloren.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - OLG Karlsruhe
AG Ettlingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 bis 4 wird das Urteil des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Abänderungsklage gegen die Beklagten zu 2 bis 4 auf die Berufung des Klägers stattgegeben und deren Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung von Kindesunterhalt.
2
Der Kläger ist der Vater der am 3. November 1988, 23. Juni 1990 und 20. April 1994 geborenen Beklagten. Die Ehe der Eltern wurde 1999 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen die Ehegatten am 26. Mai 1998 einen gerichtlichen Vergleich, durch den sich der Kläger u.a. ver- pflichtete, Kindesunterhalt in Höhe von monatlich jeweils 447 DM für die Kinder L. und P. und von monatlich 352 DM für das Kind D. zu zahlen. Das Kindergeld sollte der Mutter ohne Anrechnung auf die Unterhaltsbeträge in voller Höhe zustehen. Grundlage dieser Vereinbarung war ein anrechnungsfähiges Einkommen des Klägers von 4.436 DM (4.794 DM Erwerbseinkommen ./. 238 DM berufsbedingte Aufwendungen ./. 120 DM Darlehensraten LBS).
3
Zum 31. März 1999 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis. Nachdem er einige Zeit arbeitslos gewesen war und eine selbständige Tätigkeit wieder aufgegeben hatte, erhob er Anfang 2000 Abänderungsklage mit dem Ziel, nur geringeren Kindesunterhalt und keinen Ehegattenunterhalt mehr zahlen zu müssen. Die Abänderungsklage wurde hinsichtlich des Kindesunterhalts durch Urteil vom 13. März 2001 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe seinen Arbeitsplatz mutwillig in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und angesichts der bekannten schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt aufgegeben , um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen; er müsse sich deshalb so behandeln lassen, als ob er noch das frühere Einkommen erziele.
4
Ab März 2002 war der Kläger erneut erwerbstätig. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen belief sich auf 1.499 €. Im November 2002 hat er erneut Abänderungsklage erhoben. Er hat geltend gemacht, unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen von 103 €, der Darlehensrate an die LBS und einer monatlichen Rate von 50 € auf Anwaltskosten nicht mehr zur Zahlung von Ehegattenunterhalt und nur noch eingeschränkt zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet zu sein, nämlich in Höhe von jeweils 154,96 € für die Söhne L. und P. und in Höhe von 131,34 € für D. Er hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts dementsprechend für die Zeit ab 1. August 2002 abzuändern.
5
Die Ehefrau hat den Klageanspruch bezüglich des sie betreffenden Unterhalts anerkannt. Die Kinder sind der Klage entgegengetreten und haben Widerklage erhoben, mit der sie beantragt haben, den Vergleich vom 26. Mai 1998 für die Zeit ab 1. Dezember 2002 dahin abzuändern, dass der Kläger an sie unter Anrechnung des Kindergeldes nach Maßgabe des § 1612 b Abs. 5 BGB einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach § 1 der Regelbetragverordnung zu zahlen habe.
6
Das Amtsgericht hat die Vorentscheidung entsprechend dem Anerkenntnis bezüglich des Ehegattenunterhalts abgeändert und im Übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Dagegen haben beide Seiten Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt haben. Das Oberlandesgericht hat dem Abänderungsbegehren des Klägers, dessen Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2004 betriebsbedingt gekündigt worden ist, im Wesentlichen stattgegeben und das Urteil vom 13. März 2001 dahin abgeändert, dass der Kläger ab 18. November 2002 (Rechtshängigkeit der Abänderungsklage) an die beiden älteren Kinder L. und P. einen monatlichen Unterhalt von jeweils 156 € und an das jüngere Kind D. einen monatlichen Unterhalt von 132 € für die Zeit bis zum 30. Juni 2003 und von monatlich 133 € ab 1.Juli 2003 zu zahlen hat. Im Übrigen hat es die Abänderungsklage sowie die Widerklage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten zu 2 bis 4, mit der sie ihre zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht hat die auf Abänderung des Urteils vom 13. März 2001 gerichtete Klage für zulässig und überwiegend begründet gehalten. Es hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Auch wenn es sich hinsichtlich des Kindesunterhalts um ein klageabweisendes Urteil handele, habe sich das Abänderungsbegehren hiergegen, und nicht gegen den Vergleich, zu richten. Der die Abänderungsklage abweisende Teil der Entscheidung beruhe auf der richterlichen Prognose, dass die Unterhaltsansprüche der Kinder weiterhin in der durch Vergleich vereinbarten Höhe bestünden. Die Zulässigkeit scheitere auch nicht an § 323 Abs. 1 und 3 ZPO. Das gelte unabhängig davon, ob festgestellt werden könne, dass der Kläger den von ihm - nach dem Urteil vom 13. März 2001 mutwillig - aufgegebenen Arbeitsplatz ohnehin später, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger nachhaltiger Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, verloren hätte, so dass es an der wesentlichen Veränderung der Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO fehlen könne. Es könne auch dahinstehen, ob sich die Prognose des Richters in diesem Urteil als unrichtig erweise. Nach allgemeiner Meinung könne nämlich ein Abänderungskläger, dessen Leistungsfähigkeit im Ersturteil fingiert worden sei, zur Vermeidung unerträglicher Belastungen nach einer gewissen Zeit die Anpassung der Unterhaltsrente an die tatsächlichen Verhältnisse verlangen. Zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse wegen unverhältnismäßiger Belastung des Unterhaltsschuldners sei es gerechtfertigt, die Korrektur des Urteils vom 13. März 2001 für die Zeit ab Erhebung der vorliegenden Ab- änderungsklage vorzunehmen, nachdem der Beklagte durch die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit seiner unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit genügt habe.
10
Die Klage habe auch im Wesentlichen Erfolg. Ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Bezügeabrechnungen sei von dem von ihm behaupteten monatlichen Nettoeinkommen von 1.499 € auszugehen. Hiervon seien berufsbedingte Aufwendungen von monatlich 103 € in Abzug zu bringen (Pkw-Kosten bei 20 km und einem Kilometersatz von 0,27 €). Im Hinblick auf den bei dem Kläger ärztlich diagnostizierten und therapierten Gelenkverschleiß sei die Pkw-Nutzung angemessen. Die fortlaufende Zahlung der Darlehensrate an die LBS habe der Kläger in Höhe von 61 € nachgewiesen. Die von ihm in Zusammenhang mit einer Strafverteidigung zu leistende Monatsrate von 50 € auf Anwaltskosten sei ebenfalls absetzbar; ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten bei Eingehung dieser Schuld sei nicht ersichtlich. Danach ergebe sich ein bereinigtes Einkommen von 1.285 € monatlich. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dem hier betroffenen Zeitraum aus einer Ganztagstätigkeit ein höheres Einkommen habe erzielen können, lägen nicht vor. Ungeachtet seines tatsächlichen Gesundheitszustandes sei ihm auch nicht zuzumuten , zur Steigerung seiner Einkünfte eine Nebentätigkeit aufzunehmen, da ein solches Verlangen unverhältnismäßig sei. Der Kläger habe eine normale Bürotätigkeit unter Einschluss von Buchhaltungsarbeiten und der Erledigung von Korrespondenz in der Zeit von 7.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu erbringen. Auch wenn sich diese Arbeiten nicht als besonders schwierig oder anstrengend darstellen sollten, erforderten sie einen Grad an psychischer und intellektueller Leistung, der schwerlich erbracht werden könne, wenn der Kläger wegen einer zusätzlichen Arbeit nicht über die erforderlichen Ruhepausen verfüge und sich daraus Einschränkungen seiner vollen Leistungsfähigkeit ergäben. Bei Berücksichtigung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts von 840 € erge- be eine Mangelfallberechnung unter Einsatz der Regelbeträge der Regelbetragverordnung keine höheren an die Beklagten zu zahlenden monatlichen Unterhaltsrenten als jeweils 156 € für die Beklagten zu 2 und 3 und 132 € bzw. 133 € für den Beklagten zu 4. Daraus folge zugleich, dass die Widerklage unbegründet sei.
11
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

12
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Abänderungsbegehren des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 zu richten ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kann § 323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen zur Anwendung kommen, wenn diese - im Rahmen der Überprüfung der ursprünglichen Prognose - die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigen. Eine spätere Abänderungsklage stellt dann abermals die Geltendmachung einer von der (letzten) Prognose abweichenden Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - FamRZ 2007, 983, 984).
13
Das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 geht davon aus, der Kläger sei weiterhin im Umfang des vereinbarten Kindesunterhalts unterhaltspflichtig , weil er sich sein früheres Einkommen nunmehr fiktiv zurechnen lassen müsse. Es beruht damit auf einer Prognose der künftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Da der Kläger die Korrektur dieser Prognose begehrt, steht die Abänderung der Entscheidung vom 13. März 2001 in Frage.
14
2. Nach § 323 Abs. 1 ZPO kommt es hierfür auf die Änderung derjenigen Verhältnisse an, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistung sowie für ihre Höhe und Dauer maßgebend waren. Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist die Klage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen Verfahren entstanden sind.
15
Für die Zulässigkeit der Abänderungsklage ist es erforderlich, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die eine derartige Änderung ergeben.
16
a) Der Kläger hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen geltend gemacht, seit März 2002 wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen , jedoch nur ein monatliches Nettoeinkommen von 1.499 € zu erzielen. Eine besser bezahlte Arbeitsstelle habe er trotz seiner Bemühungen, die er auch nach dem Beginn der Beschäftigung fortgesetzt habe, nicht zu finden vermocht. Es stellt sich deshalb die Frage, ob ihm die Abänderungsklage mit diesem Vorbringen eröffnet ist.
17
b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird die Behandlung der Fälle, in denen fiktive Verhältnisse Grundlage der Abänderung sind, nicht einheitlich beantwortet. Insbesondere bereitet der Fall der fortdauernden Arbeitslosigkeit desjenigen Unterhaltsschuldners Probleme, dessen Leistungsfähigkeit fingiert wurde , indem ihm tatsächlich nicht erzielte Einkünfte wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit zugerechnet wurden. Hat er sich anschließend hinreichend, aber erfolglos um eine neue Beschäftigung bemüht, so steht ihm nach allgemeiner Meinung die Abänderungsklage offen (OLG Karlsruhe FamRZ 1983, 931, 932; KG FamRZ 1984, 1245 f.; OLG Hamm FamRZ 1995, 1217; Soyka, Die Abänderungsklage im Unterhaltsrecht Rdn. 83; Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 158 c; Göppinger /Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2404; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 729 ff.; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 651; differenzierend Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 71; Graba FamRZ 2002, 6, 10 f.; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. I Rdn. 1031; MünchKomm/Gottwald ZPO 3. Aufl. § 323 Rdn. 81). Insoweit wird ausgeführt, bei einer fingierten Leistungsfähigkeit , die darauf beruhe, dass der Unterhaltspflichtige einer Erwerbsobliegenheit nicht nachkomme oder seine Arbeitsstelle mutwillig aufgebe und dadurch arbeitslos werde, könne seine zeitlich unbegrenzte Leistungsfähigkeit nicht unterstellt werden. Er könne nicht wegen eines einmal begangenen Fehlers für alle Zeit als leistungsfähig gelten. Denn es müsse immer mit gewissen Veränderungen im Arbeitsleben gerechnet werden, die dazu führen könnten, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verliere, oder Gründe einträten, die ihn im Verhältnis zu dem Unterhaltsgläubiger zur Aufgabe der Arbeitsstelle berechtigten. Einem Unterhaltspflichtigen müsse daher nach einer gewissen Übergangszeit die Möglichkeit eingeräumt werden, darzutun und zu beweisen, dass er sich nach Kräften um eine angemessene Arbeitsstelle bemüht, seinen Fehler also wieder gutzumachen versucht habe, seine Bemühungen aber trotz aller Anstrengungen erfolglos geblieben seien.
18
Hinsichtlich der dogmatischen Behandlung dieser Fälle werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Teilweise wird nur eine Annexkorrektur im Rahmen einer aus anderen Gründen eröffneten Abänderungsklage für zulässig gehalten, teilweise wird § 323 Abs. 2 ZPO einschränkend angewandt, um die Prognose entsprechend den aktuellen Verhältnissen zu korrigieren (vgl. hierzu im Einzelnen Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 71; Graba, FamRZ 2002, 6, 11).
19
c) Der Senat ist der Auffassung, dass die unterschiedlichen Fallgestaltungen der fingierten Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners aufgrund einer Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit einer differenzierten Beurteilung bedürfen. Denn es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen dem Fall, in dem der Unterhaltspflichtige zunächst schuldlos seine Arbeitsstelle verliert und sich danach nicht in ausreichendem Maß um eine neue Arbeit bemüht, so dass ihm nunmehr fiktiv ein erzielbares Einkommen - gegebenenfalls entsprechend jetzt schlechterer Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt - zugerechnet wird, und jenem Fall, in dem er - wie hier - mutwillig einen gut bezahlten sicheren Arbeitsplatz aufgibt und deshalb fiktiv so behandelt wird, als ob er noch die frühere Arbeitsstelle mit dem dabei erzielten Einkommen habe. In dem letzteren Fall ist eine Abänderung des auf fiktiver Grundlage ergangenen Urteils nur dann zulässig, wenn er geltend macht, dass er die frühere Arbeitsstelle in der Zwischenzeit ohnehin verloren hätte, etwa weil er den Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen gewesen oder Personal abgebaut worden und er hiervon betroffen gewesen wäre (vgl. auch Graba FamRZ 2002, 6, 10). Es reicht dagegen nicht aus, wenn er vorträgt, inzwischen wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mit ihr aber das frühere Einkommen nicht erzielen zu können. Denn er muss darlegen, dass die der Verurteilung zugrunde liegende Prognose aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Prognose geht in Fällen der mutwilligen Aufgabe des Arbeitsplatzes aber regelmäßig dahin, dass der Unterhaltsschuldner ohne das ihm vorzuwerfende Verhalten weiterhin über seinen früheren Arbeitsplatz und das frühere Einkommen verfügen würde. Eine zeitliche Komponente derart, dass eine solche Prognose nur für einen bestimmten Zeitraum Geltung beansprucht, wie es das Oberlandesgericht meint, ist einer Verurteilung auf fiktiver Grundlage nicht immanent, es sei denn, das Gericht hätte eine ausdrückliche Einschränkung dieser Art gemacht.
20
d) An dieser Betrachtungsweise sieht sich der Senat nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert.
21
Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Recht des Verwandtenunterhalts ist § 1603 Abs. 1 BGB, nach dem nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen und privilegierten volljährigen unverheirateten Kindern gegenüber aber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Hieraus sowie aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen , sondern auch die fiktiv erzielbaren Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs bleibt allerdings die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Überschreitet der ausgeurteilte Unterhalt die Grenze des Zumutbaren, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 273, 274). Ob dies uneingeschränkt auch für den Fall mutwilliger Arbeitsplatzaufgabe gilt, kann hier dahinstehen.
22
In einem Fall wie dem vorliegenden wird jedenfalls die Grenze des Zumutbaren schon deswegen nicht überschritten, weil ein Abänderungsbegehren nur nach den vorstehend aufgezeigten Maßgaben für zulässig erachtet wird. Das dem Unterhaltsschuldner fiktiv zugerechnete Einkommen war für ihn erzielbar und hätte - unveränderte Umstände unterstellt - ohne sein vorwerfbares Verhalten auch weiterhin erzielt werden können. Bei dieser Fallgestaltung gebietet es der Schutz der Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltsschuldner an den fortwirkenden Folgen seines mutwilligen Verhaltens festzuhalten. Im Übrigen bleibt der Schutz des Unterhaltspflichtigen auch bei Berücksichtigung fiktiver Einkünfte durch seinen notwendigen Selbstbehalt gewährleistet der den eigenen Sozialhilfebedarf nicht unterschreiten darf (Senatsurteile BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684 und vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt). Einen weiteren Schutz gegenüber überzogenen Unterhaltsforderungen genießt der Unterhaltsschuldner auch durch die Pfändungsfreigrenzen des § 850 d ZPO. Der Beschränkung seiner Dispositionsfreiheit im finanziellen Bereich kann er schließlich durch die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens bezüglich der Unterhaltsrückstände entgegenwirken , wozu ihn nach der Rechtsprechung des Senats wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern sogar eine Obliegenheit treffen kann (vgl. hierzu Senatsurteile BGHZ 162, 234 ff. = FamRZ 2005, 605 ff., vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137 und vom 12. Dezember 2007 - XII ZR 23/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
23
3. Der Vortrag, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, genügt danach nicht, um dem Kläger die Abänderungsklage zu eröffnen. Das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 ist ausdrücklich darauf gestützt worden, dass er seinen Arbeitsplatz aufgegeben habe, um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen; wenn er in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und angesichts der bekannt schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt mutwillig seine Arbeitsstelle aufgebe, müsse er im bisherigen Umfang als leistungsfähig angesehen werden. Dieser Fiktion liegt die Prognose zugrunde, dass der Unterhaltspflichtige ohne die unterhaltsrechtlich vorwerfbare Aufgabe seiner Arbeitsstelle weiter zu gleichen Bedingungen beschäftigt wäre. Mit Rücksicht auf diese Prognose ist eine Abänderungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, dass er die frühere Arbeitsstelle ohnehin verloren hätte, oder sein Einkommen daraus aus anderen Gründen (z.B. Kurzarbeit) zurückgegangen wäre, er mithin einen von dieser Prognose abweichenden Verlauf behauptet (vgl. Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 24/91 - NJW-RR 1992, 1091, 1092).
24
4. Nach dem im Berufungsurteil in Bezug genommenen Klagevorbringen hat der Kläger allerdings auch behauptet, aufgrund der seit der vorausgegangenen Entscheidung fortschreitenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands zu der früheren, in drei Schichten zu verrichtenden Tätigkeit nicht mehr in der Lage zu sein. Die bereits früher diagnostizierte Coxarthrose, an der er unter anderem leide, habe sich wesentlich verschlimmert, weshalb ihm ein Grad der Behinderung von 50 % zuerkannt worden sei.
25
Damit stützt der Kläger sich auf eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen Rechtsstreit eingetretene Änderung der Verhältnisse, die - ihre Richtigkeit unterstellt - zu einer Korrektur der damaligen Prognose veranlassen und zu einer Anpassung des Unterhalts an die veränderten Verhältnisse führen würde. Mit dieser Begründung ist dem Kläger die Abänderungsklage deshalb eröffnet.

III.

26
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben, da das Berufungsgericht zu der Begründetheit der mit dem vorstehenden Vorbringen zulässigen Abänderungsklage keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist deshalb zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur erneuten Entscheidung über die Abänderungsklage und die Widerklage der Beklagten an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

IV.

27
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
28
Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, dem Kläger zusätzlich fiktive Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung zuzurechnen. Dagegen bestehen, falls es hierauf erneut ankommen sollte, keine rechtlichen Bedenken.
29
Eine über die tatsächliche Erwerbstätigkeit hinausgehende Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen zur Erzielung von Einkommen, das diesem insoweit bei der Unterhaltsberechnung fiktiv zugerechnet wird, kann nur angenommen werden, wenn und soweit die Aufnahme einer weiteren oder anderen Erwerbstätigkeit dem Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist und ihn nicht unverhältnismäßig belastet (BVerfG FamRZ 2003, 661 f. und FamRZ 1985, 143).
30
Eine solche unzumutbare Belastung hat das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen zu Recht bejaht. Es hat maßgeblich darauf abgestellt , dass der Kläger, der in der Zeit von 7.15 bis 16.00 Uhr Bürotätigkeiten zu verrichten hat, psychisch und intellektuell Leistungen erbringen muss, zu denen er schwerlich in der Lage ist, wenn er wegen einer zusätzlichen Arbeit nicht über die erforderlichen Ruhepausen verfügt. Dabei ist noch unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist und sich mehrfach krankengymnastischer Behandlung unterzogen hat, die einigen Zeitaufwand erfordert. Darüber hinaus war er auf seinem Arbeitsplatz ohne einschlägige Vorkenntnisse eingesetzt worden und musste auch deshalb bemüht sein, den an ihn gestellten Anforderungen zu entsprechen.
31
Abgesehen davon bestimmt das Zeitarbeitsgesetz vom 6. April 1994 (BGBl. I 1170) in § 3, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf. Dabei sind gemäß § 2 ArbZG die Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzurechnen. Längere Arbeitszeiten sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn innerhalb bestimmter Fristen ein Freizeitausgleich gewährt wird. Bei dem Überangebot an Arbeitssuchenden, das für geringfügige Beschäftigungen zur Verfügung steht, spricht im Übrigen auch die allgemeine Lebenserfahrung nicht dafür, dass solche Stellen an Arbeitnehmer, die ihre Arbeitskraft schon für acht Stunden eingesetzt haben, vergeben werden (vgl. KG FamRZ 2003, 1208, 1210).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 12.08.2003 - 1 F 232/02 -
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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2008 - XII ZR 182/06

bei uns veröffentlicht am 03.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 182/06 Verkündet am: 3. Dezember 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 163/04 Verkündet am:
28. März 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ist durch Prozessvergleich titulierter Unterhalt nur für einen bestimmten Zeitraum
vereinbart worden, weil die Parteien davon ausgingen, für die Zeit danach
werde der Unterhaltsanspruch mangels Bedürftigkeit entfallen, so ist ein
für einen späteren Zeitraum behaupteter Unterhaltsanspruch im Wege der
Leistungsklage geltend zu machen. Für den materiellen Unterhaltsanspruch
sind die in dem Prozessvergleich getroffenen Regelungen weiterhin von Bedeutung
, soweit sie nicht wegen Wegfalls ihrer Geschäftsgrundlage an die
veränderten Verhältnisse anzupassen sind.

b) Der wegen eines leiblichen Kindes gewährte erhöhte Leistungssatz des Arbeitslosengeldes
ist auch im Fall der Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen
Bestandteil seines zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts
maßgeblichen Einkommens. Außer Betracht zu bleiben hat dagegen der Teil
des Arbeitslosengeldes, der aufgrund der Wiederverheiratung geleistet wird.

c) Sowohl von Arbeitslosengeld als auch von einer als Ersatz für fortgefallenes
Arbeitseinkommen vom Arbeitgeber gezahlten und auf einen längeren Zeitraum
umzulegenden Abfindung ist ein Erwerbstätigenbonus nicht in Abzug
zu bringen.
BGH, Urteil vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - OLG Koblenz
AG Sinzig
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 3. August 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch.
2
Die 1968 geschlossene Ehe der Parteien, der zwei inzwischen volljährige Kinder entstammen, ist seit dem 11. Juni 1996 rechtskräftig geschieden. Über den durch Verbundurteil u.a. geregelten nachehelichen Unterhalt schlossen die Ehegatten im Berufungsverfahren am 25. Oktober 1996 folgenden Vergleich: "1. Der Antragsteller verpflichtet sich, zum Ausgleich des Zugewinns und des nachehelichen Unterhalts bis einschließlich Juli 1997 einen Ge- samtbetrag von 30.000 DM an die Antragsgegnerin zu zahlen. Davon entfällt ein Teilbetrag in Höhe von 3.000 DM auf den Unterhalt. 2. Für die Zeit nach Juli 1997 entfällt auf der Basis der derzeitigen Einkommensverhältnisse der Parteien und angesichts dessen, dass alsdann die Hauslasten voraussichtlich weitgehend abgetragen sind, ein rechnerischer Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin. Dabei ist von einer Mischmethode bei der Berechnung ausgegangen worden, wonach ein eheprägendes eigenes Einkommen der Antragsgegnerin von 800 DM zugrunde gelegt worden ist."
3
Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus der Verbindung mit seiner zweiten Ehefrau ist der am 14. Dezember 1994 geborene Sohn M. hervorgegangen.
4
Die Klägerin hat Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 450 € für die Zeit ab 1. Juni 2002 verlangt. Sie hat geltend gemacht, der Beklagte schulde ihr Aufstockungsunterhalt, da ihr Erwerbseinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit sowie ihre sonstigen Einkünfte nicht ausreichten, um ihren unter Anwendung der Differenzmethode zu ermittelnden Unterhaltsbedarf zu decken.
5
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat vorgetragen, zum 1. Oktober 2003 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden zu sein, da er - gegen Zahlung einer Abfindung - der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses habe zustimmen müssen. Seitdem beziehe er Arbeitslosengeld.
6
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von Unterhaltsbeträgen verurteilt, die zwischen monatlich 327 € und 368 € liegen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den Unterhalt teilweise herabgesetzt und der Klägerin folgende Beträge zuerkannt : für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2002 monatlich 265 €, für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2003 monatlich 184 €, für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2003 monatlich 189 € und ab 1. April 2004 monat- lich 327 €. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


A

7
Die Revision ist zulässig.
8
Der Entscheidungssatz des Berufungsgerichts enthält keinen Zusatz, der die dort zugelassene Revision einschränkt. Zwar kann sich eine Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH Urteil vom 16. März 1988 - VIII ZR 184/87 - BGHR ZPO § 546 Abs. 1 Revisionszulassung, beschränkte 4; Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89 - BGHR ZPO § 546 Abs. 1 Satz 1 Revisionszulassung , beschränkte 8 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003, 590). Das ist hier indessen nicht der Fall.
9
In den Gründen seines Urteils hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Revision werde zugelassen, damit der Bundesgerichtshof Gelegenheit erhalte, über die rechtsgrundsätzlichen Fragen zu entscheiden, ob der dem Beklagten gewährte Kinderfreibetrag für das Kind aus zweiter Ehe sowie die kindbezogene Erhöhung des Arbeitslosengeldes unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien. Der ersten Frage kommt jedenfalls bis zum Bezug des Arbeitslosengeldes Bedeutung zu, während die zweite Frage für die Zeit während dieses Bezuges relevant ist. Damit betreffen die beiden aufgeworfenen Fragen zusammen den Gesamtzeitraum, über den zu entscheiden ist. Eine Einschränkung der Zulas- sung ergäbe sich auch betragsmäßig nicht; sie kann weder den Entscheidungsgründen entnommen werden noch lässt sie sich unschwer feststellen.

B

10
Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

11
Das Berufungsgericht hat der Klägerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zuerkannt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt :
12
Bei der Unterhaltsbemessung sei zu berücksichtigen, dass ein der bestehenden Ehe gewährter Steuervorteil nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen dürfe. Dieser Grundsatz gelte allerdings nur für den Unterhaltszeitraum , der der Verkündung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 (BVerfGE 108, 351 ff. = FamRZ 2003, 1821 ff.) folge. Erst von diesem Zeitpunkt an sei eine neue Rechtslage eingetreten. Die Berechnung des der neuen Ehe vorzubehaltenden Splittingvorteils könne aber nur exakt vorgenommen werden, wenn der Steuerbescheid für das jeweilige Jahr vorliege , was hier bezogen auf das Jahr 2003 nicht der Fall sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte nur bis zum 30. September 2003 Arbeitseinkommen bezogen habe. Für die Zeit danach stelle das berücksichti- gungsfähige Einkommen die Summe aus der bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren umzulegenden Abfindung und dem bezogenen Arbeitslosengeld dar. Ab 1. Januar 2004 zahle der Beklagte daher keine Steuern mehr, weil die Abfindung bereits 2003 versteuert worden sei. Nachdem der Splittingvorteil nur für November und Dezember 2003 herauszurechnen, dies aber nicht exakt möglich sei, erscheine es vertretbar, das Einkommen weiterhin unter Einbeziehung des Splittingvorteils, also ebenso zu berechnen, wie für die Zeit bis September 2003. Allerdings müsse durchgehend berücksichtigt werden, dass das Einkommen des Beklagten nach der Steuerklasse III und dasjenige seiner Ehefrau nach der Steuerklasse V besteuert worden sei. Die steuerliche Mehrbelastung , die die zweite Ehefrau dadurch zu tragen habe, dürfe nicht der Klägerin zugute kommen. Dies sei deshalb unterhaltsrechtlich zu korrigieren. Die bis Dezember 2003 gewährte Steuervergünstigung gemäß § 10 e EStG sei ebenfalls von dem Einkommen des Beklagten abzuziehen, da andererseits die Belastungen für das in der neuen Ehe errichtete Haus nicht einkommensmindernd anerkannt würden.
13
Der Kindesunterhalt für das Kind aus zweiter Ehe sei nicht vorweg in Abzug zu bringen, weil die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien durch diese Unterhaltspflicht nicht geprägt worden seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei allerdings der Teil des Arbeitslosengeldes, der ihm aufgrund des Kindes gewährt werde, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in das unterhaltsrechtlich anrechenbare Einkommen einzubeziehen. Ebenso sei der dem Beklagten zukommende Kinderfreibetrag nicht außer Acht zu lassen. Aus dem ihm gezahlten Arbeitslosengeld von 1.936,73 € monatlich sei allerdings der Teil herauszurechnen, der ihm wegen der Wiederverheiratung gewährt werde. Gemäß § 137 Abs. 2 Ziff. 3 a SGB III sei er aufgrund des Umstandes , dass auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen sei, der Leistungsgruppe C zuzuordnen. Wenn auf seiner Lohnsteuerkarte nur die Lohnsteuerklasse I oder IV eingetragen wäre, wäre er dagegen der Leistungsgruppe A zuzuordnen gewesen (§ 137 Abs. 2 Ziff. 1 SGB III). Die Zuordnung zur Leistungsgruppe C beruhe daher auf der Wiederverheiratung. Die aufgrund dessen erfolgte Erhöhung des Arbeitslosengeldes dürfe ebenso wie der Splittingvorteil nur der neuen Ehe zugute kommen. Ohne die Wiederverheiratung erhielte der Beklagte unstreitig ein Arbeitslosengeld von lediglich 1.598,50 €. Dieser Betrag sei in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen.
14
Für die Zeit bis September 2003 seien von dem Einkommen des Beklagten berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen. Dabei seien für die Fahrtkosten zur Arbeit die Pauschale von monatlich 10 € für jeden gefahrenen Kilometer anzusetzen. Ferner sei bis September 2003 ein mit 1/7 zu bemessender Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen. Soweit der Beklagte dagegen einwende , dass er auch den Unterhaltsbedarf seiner zweiten Ehefrau teilweise decken müsse, könne dies nicht berücksichtigt werden. Die zweite Ehefrau gehe der Klägerin gemäß § 1582 BGB im Rang nach, da die Ehe der Parteien von langer Dauer gewesen sei.
15
Das Erwerbseinkommen der Klägerin sei ausgehend von den von ihr vorgelegten Gehaltsabrechnungen zu ermitteln. Hiervon seien 5 % berufsbedingte Aufwendungen sowie der Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen. Außerdem sei der Klägerin ein Wohnvorteil zuzurechnen. Auf dieser Grundlage errechne sich für die Zeit bis Dezember 2003 ein geringerer Unterhalt als vom Amtsgericht zuerkannt, während sich für die Zeit danach ein höherer Betrag ergebe. Insofern habe es deshalb ab 1. Januar 2004 bei dem ausgeurteilten Unterhalt von monatlich 327 € zu bleiben.
16
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.

17
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die von der Klägerin erhobene Leistungsklage für zulässig gehalten. Die Revision wendet insoweit ein, die Klägerin begehre die Abänderung eines Prozessvergleiches, mache aber keine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien geltend. Die Vorinstanzen hätten eine solche Änderung auch nicht festgestellt. Die Klägerin berufe sich allein auf die durch Senatsurteil vom 13. Juni 2001 (BGHZ 148, 105 ff.) erfolgte Rechtsprechungsänderung, nach der im Falle der Aufnahme einer nachehelichen Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten das dadurch erzielte Einkommen bei der Berechnung seines nachehelichen Unterhalts nicht im Wege der Anrechnungs-, sondern im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen sei. Eine solche Rechtsprechungsänderung könne zwar ein Begehren auf Abänderung eines Prozessvergleichs im Grundsatz rechtfertigen. Damit sei indessen die entscheidende Frage, ob und in welcher Weise der Prozessvergleich an die geänderte Rechtslage anzupassen sei, nicht entschieden. Insofern bedürfe es vielmehr einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien. Es genüge nicht, dass ein weiteres Festhalten an dem Vereinbarten nur für eine Partei unzumutbar erscheine; vielmehr müsse hinzukommen, dass das Abgehen von dem Vergleich der anderen Partei auch zumutbar sei. Dabei sei zu beachten, ob die im Vergleich insgesamt getroffenen Regelungen noch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stünden. Das gelte insbesondere für Scheidungsfolgenvereinbarungen , die unterschiedliche Regelungen enthielten. Diese Grundsätze hätten die Vorinstanzen nicht beachtet.
18
Hiermit vermag die Revision nicht durchzudringen.
19
2. a) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt § 323 ZPO zwar auch dann zur Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger, der einen Titel über seinen Unterhalt erlangt hatte, dessen Unterhaltsrente jedoch später im Wege der Abänderungsklage aberkannt worden ist, in der Folgezeit erneut Unterhalt verlangt. Kommt es zu einer Entscheidung nach § 323 ZPO, so hat das Gericht - im Zuge der Korrektur der ursprünglichen Prognose - seinerseits die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend zu berücksichtigen. Demgemäß beruht das abändernde Urteil sowohl im Falle der Reduzierung als auch bei völliger Streichung der Unterhaltsrente weiterhin auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Eine spätere Klage auf Wiedergewährung oder Erhöhung der Unterhaltsrente stellt daher abermals die Geltendmachung einer von der Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung der Entscheidung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen. Insoweit gilt nichts anderes als im Falle eines Urteils, durch das der Unterhaltsanspruch für eine bestimmte Zeit zugesprochen und - etwa wegen der Annahme künftigen Wegfalls der Bedürftigkeit - ab einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aberkannt worden ist. Hier beruht die Aberkennung auf der richterlichen Prognose, dass die zukünftige Entwicklung zu einem Wegfall des Anspruchs führen werde. Demgemäß hat der Senat entschieden, dass bei einer von dieser Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung die Abänderung des Urteils nach § 323 ZPO in Frage kommt. Ebenso kommt § 323 ZPO auch dann zur Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger , der seinen Unterhalt erfolgreich eingeklagt hatte, dessen Unterhaltsrente jedoch später - etwa wegen Wegfalls der Bedürftigkeit - im Wege der Abänderung aberkannt worden ist, in der Folge erneut Unterhalt verlangt, weil sein Unterhaltsbedarf nicht mehr gedeckt sei (Senatsurteile vom 30. Januar 1985 - IVb ZR 63/83 - FamRZ 1985, 376, 377 und vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.).
20
b) Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den Fall des durch Prozessvergleich titulierten Unterhalts, der nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart wird, für die Zukunft indessen nach der Auffassung der Prozessparteien mangels Bedürftigkeit nicht besteht, nicht übertragbar. Nach § 323 Abs. 4 ZPO sind die Absätze 1 bis 3 der Bestimmung auf die Schuldtitel des § 794 Abs. 1 Nr. 1, 2 a und 5 ZPO nur entsprechend anzuwenden, soweit darin Leistungen der in Absatz 1 bezeichneten Art übernommen oder festgesetzt worden sind. § 323 Abs. 4 ZPO erfasst mithin nicht die Fälle, in denen für die Zukunft keine Leistungspflicht festgelegt worden ist. Eine analoge Anwendung über den Wortlaut des Abs. 4 hinaus kommt nicht in Betracht. Denn die prozessuale Situation nach Erlass eines rechtskräftigen Urteils ist mit derjenigen nach Abschluss eines Prozessvergleichs nicht vergleichbar. Die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich im Falle eines der Klage auf Unterhalt nur teilweise stattgebenden Ersturteils auch auf die künftigen (aberkannten) Unterhaltsansprüche, so dass bei einer Veränderung der Verhältnisse Abänderungsklage zu erheben ist (Senatsurteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.). Bei einem Vergleich stellt sich das Problem der Durchbrechung der Rechtskraft hingegen nicht. Auch wenn die Prozessparteien mit der getroffenen Regelung zum Ausdruck bringen wollten, dass für die Zukunft kein Unterhaltsanspruch mehr besteht, beschränkt sich die Vereinbarung auf den materiellen Anspruch; sein Nichtbestehen ist nicht rechtskräftig festgestellt (vgl. OLG Hamm NJWE-FER 2000, 129; Göppinger/Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2425).
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c) Im vorliegenden Fall war in dem von den Parteien geschlossenen Prozessvergleich ein Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt nur für die Zeit bis einschließlich Juli 1997 festgelegt worden. Für die Zeit danach entfiel auf der Basis der damaligen Einkommensverhältnisse und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Hauslasten dann voraussichtlich weitgehend abgetragen sein würden, rechnerisch ein Unterhaltsanspruch. Das Berufungsgericht hat diese Regelung nicht ausgelegt. Da weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Prozessvergleich insoweit selbst auslegen. Nach dem zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien waren sie darüber einig, dass ab August 1997 unter den genannten Voraussetzungen ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht mehr bestehen werde. Dabei sind sie rechnerisch von der sogenannten "Mischmethode" ausgegangen, nach der ein Teil des von der Klägerin erzielten Einkommens im Wege der Differenzmethode und ihr weiteres Einkommen im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt wurde, so dass kein offener Unterhaltsbedarf verblieb. Für die Zukunft ist deshalb keine Leistungspflicht festgelegt worden. Das hat zur Folge, dass ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nunmehr durch Leistungsklage (§ 258 ZPO) geltend zu machen ist.

III.

22
1. Für den materiellen Unterhaltsanspruch ist allerdings eine vergleichsweise Regelung, etwa über bestimmte Modalitäten der Berechnung, grundsätzlich von Bedeutung. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die Regelung durch Prozessvergleich oder durch außergerichtliche Vereinbarung zustande gekommen ist. Sie wirkt sich in jedem Fall auf das Unterhaltsrechtsverhältnis aus, soweit nicht ihre Geschäftsgrundlage weggefallen ist und die Regelung der Anpassung an die veränderten Verhältnisse unterliegt. Letzteres ist hier allerdings der Fall.
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Nach der geänderten Rechtsprechung des Senats richtet sich der nach § 1578 BGB zu bemessende Unterhaltsbedarf eines Ehegatten, der seine Arbeitsfähigkeit während der Ehe ganz oder zum Teil in den Dienst der Familie gestellt, den Haushalt geführt und nach Trennung oder Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen oder ausgeweitet hat, nicht nur nach dem in der Ehe zur Verfügung stehenden Bareinkommen des Unterhaltspflichtigen sowie seinem eigenen bereits seinerzeit erzielten Einkommen. Vielmehr soll dieser Ehegatte auch nach der Scheidung an dem durch seine Familienarbeit verbesserten ehelichen Lebensstandard teilhaben, weil seine in der Ehe durch Haushaltsführung und Kindesbetreuung erbrachten Leistungen der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten grundsätzlich gleichwertig sind und die ehelichen Lebensverhältnisse mitgeprägt haben. Ausgehend von dieser Gleichwertigkeit hat der Senat auch ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten, welches dieser teilweise erst nach der Ehe erzielt, bei der Unterhaltsbemessung mitberücksichtigt und den Unterhalt auch insoweit nicht mehr nach der sogenannten Anrechnungsmethode, sondern insgesamt nach der Additionsbzw. Differenzmethode ermittelt. Diese geänderte Rechtsprechung ist nicht nur als andere rechtliche Beurteilung bereits bekannter und gewürdigter tatsächlicher Verhältnisse zu werten. Sie beruht vielmehr auf einer abweichenden Sicht des § 1578 BGB und des bisherigen Verständnisses der "eheprägenden Verhältnisse" und führt mit ihrer das bisherige Berechnungssystem verändernden Additions- bzw. Differenzmethode für die betroffenen Fallgestaltungen zu einer neuen Rechtslage. Sie erfasst auch Fälle wie den vorliegenden, in denen ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bisher nicht in vollem Umfang als eheprägend in die Bedarfsbemessung einbezogen wurde (Senatsurteile BGHZ 148, 105, 120 f.; 368, 377, 382).
24
Daraus ergibt sich vorliegend eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage des Vergleichs. Das genügt zwar noch nicht, um diesen an die veränderte Rechtsprechung anzupassen. Erforderlich ist darüber hinaus die Prüfung, ob - unter Abwägung der beiderseitigen Interessen - dem Beklagten das Abgehen von dem Vereinbarten zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 148, 368, 377, 382). Das ist hier aber der Fall. Insofern kommt zum einen dem Umstand Bedeutung zu, dass sich eine Anpassung allein auf die Berechnungsmethode zu erstrecken hat, während die Zurechnung eines Wohnvorteils auf Seiten der Klägerin weiterhin vorzunehmen ist. Zum anderen führt es nicht zu einer unzumutbaren Belastung des Beklagten, wenn das Erwerbseinkommen der Klägerin teilweise nicht mehr im Wege der Anrechnungsmethode, sondern insgesamt im Wege der Additions- bzw. Differenzmethode zu berücksichtigen ist. Denn dadurch wird gewährleistet, dass - ebenso wie früher die Familienarbeit der Klägerin beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zugute kam - nunmehr das beiderseitige (unterhaltsrelevante) Einkommen zwischen ihnen nach dem Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe aufgeteilt wird. Es wird lediglich vermieden, dass - wie es bei der Anrechnungsmethode der Fall wäre - zu Lasten der Klägerin als haushaltsführendem Ehegatten eine Berücksichtigung ihres Einkommens bei der Bedarfsbemessung unterbleibt und nur der Beklagte als Unterhaltspflichtiger einseitig entlastet wird (Senatsurteil BGHZ 148, 105, 121). Mit Rücksicht darauf ist der Vergleich der geänderten Rechtsprechung des Senats anzupassen und die Unterhaltsberechnung nicht mehr im Wege der gemischten Methode, sondern im Wege der Additions- bzw. Differenzmethode vorzunehmen.
25
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB geschuldet wird, wenn die Voraussetzungen zur Zeit der Scheidung vorgelegen haben. Dass der Unterhaltsberechtigte den Anspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend macht, ist ohne Bedeutung (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 89 = FamRZ 2005, 1817 ff.).
26
Nach dem abgeschlossenen Vergleich stand der Klägerin für die Zeit nach der 1996 erfolgten Scheidung bis Juli 1997 aber Aufstockungsunterhalt zu. Ein solcher Anspruch bestand bzw. besteht nach den getroffenen Feststellungen mit Rücksicht auf die geänderte Berechnungsweise - Differenzmethode anstelle der seinerzeit zugrunde gelegten "gemischten Methode" - dem Grunde nach auch weiterhin.
27
3. Die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 BGB) waren u.a. durch das Einkommen des Beklagten aus seiner Erwerbstätigkeit geprägt. Wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend erkannt hat, ist für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines wieder verheirateten Unterhaltspflichtigen, der auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch genommen wird, im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 (BVerfGE 108, 351 ff. = FamRZ 2003, 1821, 1823) ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und die Steuerpflicht fiktiv der Grundtabelle zu entnehmen (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt dies allerdings grundsätzlich nicht erst für die Zeit ab Verkündung der betreffenden Entscheidung, sondern zeitlich uneingeschränkt. Anders ist die Rechtslage nur dann, wenn eine Abänderungsklage auf die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt wird. In einem solchen Fall ist die geänderte Rechtsprechung wegen der Rechtskraft des abzuändernden Urteils erst für die Zeit ab der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesgerichtshofs von Bedeutung (Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).
28
Da die Klägerin - zu Recht - Leistungsklage erhoben hat, muss der Splittingvorteil vom Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums an (ab Juni 2002) unberücksichtigt bleiben (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 101 und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
29
Danach kann die Unterhaltsbemessung des Berufungsgerichts schon deshalb keinen Bestand haben, weil es jedenfalls für die Zeit bis Dezember 2003 den Splittingvorteil in das unterhaltsrelevante Einkommen einbezogen hat. Allein die unterhaltsrechtliche Korrektur der Steuerklassenwahl in der zweiten Ehe wird der Notwendigkeit, die aus der Wiederverheiratung resultierenden Steuervorteile der neuen Ehe vorzubehalten, nicht gerecht.
30
4. Zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts ist eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen. Dabei ist neben dem Splittingvorteil auch der der zweiten Ehefrau des Beklagten bei der Veranlagung zur Einkommensteuer nach § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG gewährte Freibetrag von 1.824 € für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein weiterer Freibetrag von 1.080 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes außer Betracht zu lassen. Denn dieser setzt das Bestehen einer Ehe sowie das nicht dauernde Getrenntleben der Ehegatten voraus und muss deshalb der bestehenden und nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen. Demgegenüber ist der dem Beklagten selbst nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG zukommende Kinderfreibetrag bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einzubeziehen. Die Freibeträge werden nämlich für jedes zu berücksichtigende Kind des Unterhalts- und Steuerpflichtigen gewährt. Die Berücksichtigung eines Kindes für einen Kinderfreibetrag setzt - außer bei Pflegekindern - grundsätzlich auch nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das Kind in seinen Haushalt aufgenommen oder unterhalten hat (Schmidt EStG 25. Aufl. § 32 Rdn. 4). Da diese Freibeträge mithin unabhängig von einer Ehe der Eltern und sogar unabhängig von deren Zusammenleben eingeräumt werden, brauchen sie nicht der bestehen- den Ehe vorbehalten zu werden (Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
31
Den auf § 10 e EStG beruhenden Steuervorteil des Beklagten hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht unberücksichtigt gelassen, da es auch den mit dem Eigenheim des Beklagten verbundenen finanziellen Aufwand zutreffend unbeachtet gelassen hat. Eine fiktive Steuerlast ist nach der Rechtsprechung des Senats dann in Ansatz zu bringen, wenn steuermindernde tatsächliche Aufwendungen vorliegen, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind (Senatsurteile vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161 und BGHZ 163, 84, 94).
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5. Von dem Einkommen des Beklagten hat das Berufungsgericht für die Zeit bis September 2003 die berufsbedingten Aufwendungen sowie einen mit 1/7 bemessenen Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird - der Höhe nach - auch von der Revision nicht angegriffen.
33
6. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, den Kindesunterhalt für das Kind M. des Beklagten bei der Ermittlung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen. Das steht bereits mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht in Einklang. Nach dem Urteil des Amtsgerichts, auf das das Berufungsgericht zur Sachdarstellung verwiesen hat, und dem dort in Bezug genommenen Vortrag der Klägerin ist das Kind M. am 14. Dezember 1994, also vor der Scheidung der Ehe der Parteien, geboren worden. Bereits deshalb hat die diesem Kind gegenüber bestehende Unterhaltspflicht die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt (vgl. Senatsurteile vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 369 und - für den Fall eines nachehelich geborenen Kindes - vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - FamRZ 2006, 683, 686). Der Kindesunterhalt hätte deshalb vorweg - von dem gesondert zu ermittelnden tatsächlichen - Einkommen des Beklagten in Abzug gebracht werden müssen (siehe hierzu unter IV.).
34
7. Für die Zeit nach dem Ausscheiden des 1944 geborenen Beklagten aus dem Erwerbsleben hat das Berufungsgericht zum einen das von diesem bezogene Arbeitslosengeld und zum anderen die Abfindung berücksichtigt, die er von seinem Arbeitgeber erhalten hat. Hinsichtlich des Arbeitslosengeldes hat es den Teil, der dem Beklagten aufgrund seiner Wiederverheiratung zukommt, nicht als unterhaltsrelevant angesehen. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen.
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Zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die wegen des Kindes M. erfolgende Erhöhung des Arbeitslosengeldes nicht außer Betracht zu bleiben hat. Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz), während es sich für die übrigen Arbeitslosen auf 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts beläuft. Für den Kindesbegriff verweist die Vorschrift auf § 32 Abs. 1 EStG. Danach ist es unerheblich, ob es sich um eheliche Kinder oder um nichteheliche Kinder oder für ehelich erklärte Kinder handelt (Hauck/Noftz/Valgolio SGB III § 129 Rdn. 18). Der erhöhte Leistungssatz wird dem Beklagten mithin nicht gewährt , weil er verheiratet ist, sondern weil er ein Kind hat. Die Erhöhung beruht also nicht auf der bestehenden Ehe; ihr Bezug setzt auch nicht voraus, dass die Eltern eines Kindes zusammenleben. Anders verhält es sich nur dann, wenn es um den erhöhten Leistungssatz für ein Stiefkind geht (Hauck/Noftz/Valgolio SGB III § 129 Rdn. 22). Der Mehrbetrag ist im Falle eines leiblichen Kindes deshalb auch im Fall der Wiederverheiratung Bestandteil des unterhaltsrelevanten Einkommens (vgl. auch Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - zum Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 BBesG für ein Stiefkind des Unterhaltspflichtigen und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zu einem vom Arbeitgeber gezahlten Kinderzuschlag, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).
36
8. Der Abfindung, die dem Beklagten aus Anlass der Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses im Alter von 59 Jahren gezahlt worden ist, hat das Berufungsgericht unter den hier vorliegenden Umständen zutreffend Lohnersatzfunktion zugebilligt und den Betrag auf die Zeit bis zum Rentenbeginn des Beklagten verteilt. Die Abfindung dient als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens in solchen Fällen dazu, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 16 f., 71). Sie ist deshalb mit ihrem unter Außerachtlassung des Splittingvorteils zu ermittelnden Nettobetrag in das unterhaltsrelevante Einkommen einzubeziehen.
37
9. Sowohl von dem Arbeitslosengeld als auch von der auf 66 Monate umgelegten Abfindung hat das Berufungsgericht keinen Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht. Das steht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang.
38
Hiernach widerspricht es dem Halbteilungsgrundsatz zwar nicht, zugunsten des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von einer strikt hälftigen Aufteilung in maßvoller Weise abzuweichen, um dem mit einer Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand Rechnung zu tragen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen. Soweit Einkünfte nicht aus einer Erwerbstätigkeit herrühren, bedarf eine Abweichung vom Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten am ehelichen Lebensstandard aber einer besonderen Begründung (Senatsurteil vom 23. November 2005 - XII ZR 51/03 - FamRZ 2006, 387, 392; vgl. u.a. zum Arbeitslosengeld auch Palandt/Brudermüller BGB 66. Aufl.
§ 1578 Rdn. 48). Besondere Gründe hat das Berufungsgericht indessen nicht festgestellt. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Auch die Revision rügt nicht, dass insoweit Sachvortrag übergangen worden sei.
39
10. Die Ermittlung des Einkommens der Klägerin ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt hiergegen auch keine Einwendungen.

IV.

40
Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen zum Einkommen des Beklagten bedarf. Dieses ist zur Errechnung des Ehegattenunterhalts ohne Splittingvorteil zu ermitteln. Für die Bemessung des - vorweg abzuziehenden - Kindesunterhalts ist dagegen nicht von einem um den Splittingvorteil bereinigten Einkommen des Unterhaltspflichtigen , sondern von dessen tatsächlichem Einkommen auszugehen (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 101 und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen; a.A. OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1223, 1224). Daran hält der Senat fest.
41
Im Übrigen wird das Berufungsgericht sich die Frage vorzulegen haben, ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 1573 Abs. 5 BGB zeitlich zu begrenzen ist (vgl. hierzu Senatsurteile BGHZ 148, 105, 115 f., vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007, vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist Dose urlaubsbedingt verhindert zuunterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Sinzig, Entscheidung vom 24.10.2003 - 8 F 447/02 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 03.08.2004 - 11 UF 809/03 -

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 170/05 Verkündet am:
9. Januar 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann um die durch eine gemeinsame
Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein
Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - OLG Karlsruhe
AG Bruchsal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. September 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Der am 5. Mai 1991 geborene Kläger und sein am 18. August 1998 geborener Bruder sind aus der geschiedenen Ehe des Beklagten mit ihrer Mutter hervorgegangen. Seit der Trennung der Eltern leben sie bei ihrer Mutter. Ihre Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten sind durch Unterhaltsfestsetzungsbeschluss tituliert, der Anspruch des Klägers allerdings lediglich für die Zeit bis einschließlich 4. Mai 2003. Der Bruder des Klägers erhält Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Mit Schreiben vom 5. August 2003 wurde der Be- klagte aufgefordert, an den Kläger Kindesunterhalt in Höhe des Regelbetrags nach der Regelbetragverordnung zu zahlen.
3
Der Beklagte war seit Juni 2003 als Leiharbeiter beschäftigt und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.137 €. In den Monaten Januar und Februar 2004 wurde er jeweils nur für weniger als 100 Stunden beschäftigt und erhielt monatlich 1.020 € netto. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 15. März 2004 bezog der Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 937 € (wöchentlich 188,02 € sowie weitere 28,14 €, die auf den Unterhaltsanspruch des Bruders des Klägers an die Unterhaltsvorschusskasse abgeführt wurden). In der Zeit vom 30. April 2004 bis zum 29. Oktober 2004 war er erneut als Leiharbeiter beschäftigt und erzielte Einkünfte in Höhe von monatlich 1.145 €. Nach erneuter Kündigung durch den Arbeitgeber erhält der Beklagte seit Oktober 2004 wieder Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 937 € (wöchentlich 178,29 € sowie weitere 37,87 €, die an die Unterhaltsvorschusskasse abgeführt werden).
4
Auf einen während der Ehezeit aufgenommenen Kredit zur Anschaffung eines Pkw hat der Beklagte im Jahre 2004 noch einen Restbetrag von 1.050 € gezahlt. Auf einen weiteren Kredit für die Anschaffung von Hausrat mit einer vereinbarten Rückzahlungsrate von monatlich 127,34 € leistet der Beklagte weder Zins noch Tilgung.
5
Der Beklagte wohnt mit seiner neuen Lebensgefährtin und deren beiden Kindern im Alter von 15 und 19 Jahren zusammen. Das älteste Kind ist in der Berufsausbildung. Die Lebensgefährtin ist vollschichtig berufstätig und erzielt monatliche Nettoeinkünfte zwischen 1.200 € und 1.400 €. An den Mietkosten beteiligt sich der Beklagte mit monatlich 360 €.
6
Für die Zeit von August bis einschließlich Oktober 2003 zahlte der Beklagte an den Kläger monatlich 135 €. Seitdem hat er keinen Unterhalt mehr gezahlt.
7
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung rückständigen Unterhalts für die Zeit bis Februar 2005 in Höhe von insgesamt 3.091 € sowie laufenden Unterhalts für die Zeit ab März 2005 in Höhe von monatlich 247 € verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht ihn lediglich zu einem Unterhaltsrückstand für die Zeit bis Februar 2005 in Höhe von 1.660 € sowie laufendem Unterhalt für die Zeit ab März 2005 in Höhe von monatlich 137 € und für die Zeit ab Juli 2005 in Höhe von monatlich 110 € verurteilt. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Klägers, mit der er Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils verlangt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 2091 veröffentlicht ist, hat die Leistungsfähigkeit des Beklagten - getrennt nach Zeitabschnitten - auf der Grundlage der Erwerbseinkünfte bzw. des Arbeitslosengeldes des Beklagten ermittelt. Für die Zeiten der Arbeitslosigkeit und für die Monate Januar und Februar 2004 sei ihm ein weiteres fiktives Nettoeinkommen in Höhe von 150 € zuzurechnen, das er aus einer Nebentätigkeit erzielen könne. Eine solche Tätigkeit sei ihm während der Arbeitslosigkeit neben den Bemühungen um Wiedererlangung einer Erwerbstätigkeit und auch neben der eingeschränkten Erwerbstätigkeit in den Monaten Januar und Februar 2004 zumutbar gewesen. Der Beklagte habe keine ausreichenden Bemühungen um Aufnahme einer entsprechenden Nebentätigkeit dargelegt und hätte trotz seiner schwierigen Vermittelbarkeit daraus Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 150 € erzielen können.
10
Ob der Beklagte seiner Obliegenheit zur Wiederaufnahme einer Vollzeittätigkeit genügt habe, könne dahinstehen. Denn auf der Grundlage seiner Sprachschwierigkeiten, seiner Erwerbsbiografie und seines sehr geringen Stundenlohns als Zeitarbeiter könne er monatlich ohnehin nur Nettoeinkünfte von rund 1.092 € erzielen, was sein verfügbares Einkommen aus Arbeitslosengeld (937 €) und dem fiktiven Nebenerwerb (150 €) nur unwesentlich übersteige.
11
Die Darlehenskosten des Beklagten seien zu berücksichtigen, soweit sie tatsächlich gezahlt seien. Auf die Einleitung einer Verbraucherinsolvenz könne der Beklagte nicht verwiesen werden, zumal eine völlige Überschuldung nicht erkennbar und das Pkw-Darlehen bereits Ende 2004 abgezahlt gewesen sei.
12
Während der Arbeitslosigkeit sei einem Unterhaltsschuldner zwar lediglich der Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen (730 € bzw. 770 €) zu belassen. Weil dem Beklagten hier jedoch Einkünfte aus einer Nebentätigkeit zuzurechnen seien, sei es gerechtfertigt, die Leistungsfähigkeit auf der Grundlage eines Selbstbehalts für einen Erwerbstätigen (840 € bzw. 890 €) zu bemessen.
13
Dieser Selbstbehalt des Klägers sei nicht wegen des Zusammenlebens mit seiner Lebenspartnerin herabzusetzen. Zwar sei in der Rechtsprechung umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob der Selbstbehalt beim Zusammenleben in nichtehelicher Gemeinschaft abzusenken sei. Solches sei hier aber nicht geboten. Dabei sei in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren. Lebe der Unterhaltspflichtige in einer neuen Ehe, könne sein Selbstbehalt durch den Beitrag des neuen Ehegatten zum Familienunterhalt ganz oder teilweise gedeckt sein. Ein solcher Anspruch komme allerdings nicht in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige - wie hier - mit dem neuen Lebenspartner nicht verheiratet sei. Damit scheide aber auch in solchen Fällen eine Herabsetzung des Selbstbehalts noch nicht zwingend aus, zumal in Teilen der Rechtsprechung auf ersparte Kosten für die Unterkunft, die Haushaltsführung und die allgemeine Lebensführung abgestellt werde. Dem Bundesgerichtshof sei zuzustimmen, soweit er es für den Elternunterhalt abgelehnt habe, den Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners herabzusetzen, weil dieser mit einem neuen Partner zusammenlebe. Mit dem gegenüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder belassenen notwendigen Selbstbehalt müsse der Unterhaltsschuldner erst recht besonders sorgfältig und sparsam wirtschaften, um damit auskommen zu können. Gerade in diesem Unterhaltsrechtsverhältnis sei er deswegen auf die freie Disposition über seine Mittel angewiesen. Auch die Grenze der nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht sei erreicht, wenn das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners gefährdet sei. Dann sei der Beklagte auch nicht zu einem Konsumverzicht verpflichtet, wenn er sich entweder durch besonders bescheidenen Wohnraum oder Eintritt in eine Wohngemeinschaft in der Befriedigung seines Wohnbedarfs beschränke. Hier komme eine Kürzung wegen ersparten Wohnbedarfs aber schon deswegen nicht in Betracht, weil der Beklagte sich an den Kosten der gemeinsamen Wohnung mit monatlich 360 € beteilige, wovon die Leitlinien der Oberlandesgerichte bei der Bemessung des notwendigen Selbstbehalts ausgingen.
14
Der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt sei auch nicht wegen einer Ersparnis bei den allgemeinen Lebenshaltungskosten herabzusetzen. Soweit der Bundesgerichtshof und andere Oberlandesgerichte eine Kostenersparnis im gemeinsamen Wirtschaften oder einen Synergieeffekt darin sähen, dass eine Vielzahl von täglichen Bedürfnissen in Mehrpersonenhaushalten insgesamt den gleichen oder einen nur geringfügig höheren finanziellen Aufwand verursachten als in einem Einpersonenhaushalt, fehle eine Rechtfertigung dafür, warum der Unterhaltsschuldner einen solchen Vorteil an den Unterhaltsgläubiger weitergeben müsse. Wie bei der Befriedigung des Wohnbedarfs sei dieser Vorteil mit selbst auferlegten Beschränkungen verbunden und müsse deswegen dem Unterhaltsschuldner verbleiben. Dieser schulde dem Unterhaltsgläubiger auch keine Rechenschaft, wie er mit dem belassenen Selbstbehalt verfahre. Ein wirtschaftlicher Vorteil könne aus der gemeinsamen Lebensführung ohnehin nur entstehen, wenn der Lebenspartner entsprechend ausreichende Mittel einbringe. Deswegen müsse nach der Gegenmeinung stets der Beitrag des neuen Partners für die Lebensgemeinschaft festgestellt werden, worauf der Unterhaltsgläubiger keinen Anspruch habe. Schließlich beruhe die Wirtschaftsgemeinschaft auch auf einem freiwilligen Verhalten des Dritten. Nach allgemeinen Grundsätzen könne der Unterhaltsgläubiger daraus nur dann Vorteile ziehen, wenn der Dritte damit auch ihn begünstigen wolle. Das könne regelmäßig nicht angenommen werden, weil eine höhere Unterhaltslast des Unterhaltsschuldners mittelbar das gemeinsame Budget der neuen Lebensge- meinschaft schmälere und somit auch den neuen Lebensgefährten treffe. Daran ändere sich auch im Mangelfall nichts. Sonst bestehe die Gefahr, dass der neue Lebenspartner seine Leistungen einstelle oder die Gemeinschaft mit dem Unterhaltsschuldner aufgebe.
15
Der Selbstbehalt des Beklagten sei allerdings auch nicht wegen der behaupteten Umgangskosten mit seinen beiden ehelichen Kindern zu erhöhen. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die angemessenen Kosten des Umgangs mit einem Kind des Unterhaltspflichtigen zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts führen könnten, wenn dem Unterhaltspflichtigen nicht das anteilige Kindergeld verbleibe. Hier seien allerdings lediglich Kosten für Zugfahrten von ca. 15 € monatlich zu berücksichtigen, die wegen ihrer geringen Höhe eine Heraufsetzung des notwendigen Selbstbehalts nicht rechtfertigen könnten.
16
Das hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.

17
Das Berufungsgericht hat schon das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten nicht zutreffend ermittelt. Außerdem hat es einen zu hohen Selbstbehalt gegenüber dem Unterhaltsanspruch seines minderjährigen Sohnes zugrunde gelegt.
18
1. Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass eine zeitlich gestufte Berechnung geboten sein kann, wenn sich - wie hier - Zeiten der Erwerbstätigkeit mit Zeiten der Arbeitslosigkeit abwech- seln. Soweit das Berufungsgericht deswegen auch für die in der Vergangenheit liegenden Zeiten kein durchschnittliches Einkommen ermittelt, sondern den Unterhaltsanspruch des Klägers für verschiedene Zeitabschnitte getrennt bemessen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
19
a) Für die Zeiten der Erwerbstätigkeit des Beklagten ist das Oberlandesgericht ebenfalls zutreffend von dem erzielten Arbeitseinkommen als Zeitarbeiter ausgegangen. Die von ihm ermittelte Höhe von monatlich 1.137 € für die Zeit von August bis Dezember 2003, monatlich 1.020 € für die Zeit von Januar bis Februar 2004 und monatlich 1.145 € für die Zeit von Mai bis Juli 2004 wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch sonst nicht zu beanstanden.
20
b) Für die Zeiten der Arbeitslosigkeit ist das Berufungsgericht ebenfalls im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beklagten jedenfalls das von ihm bezogene Arbeitslosengeld I wegen seiner Lohnersatzfunktion als Einkommen zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 15. Mai 1996 - XII ZR 21/95 - FamRZ 1996, 1067, 1069; vgl. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 81).
21
Das Berufungsgericht durfte es allerdings nicht dahinstehen lassen, ob der Beklagte seiner Erwerbsobliegenheit durch ausreichende Bemühungen um Aufnahme einer neuen Vollzeittätigkeit nachgekommen ist oder ihm andernfalls fiktiv ein daraus erzielbares Einkommen zugerechnet werden kann. Denn nach den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts könnte der Beklagte jedenfalls höhere Einkünfte erzielen, als er aus seinem Arbeitslosengeld in Höhe von 937 € monatlich und einer Nebentätigkeit mit 150 € netto monatlich hätte. Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld I für Arbeitslose, die - wie der Beklagte - mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) und für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemei- ner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, welches der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Weil der Beklagte hier Arbeitslosengeld in Höhe von 937 € erhält, muss auch unter Berücksichtigung des hier relevanten erhöhten Leistungssatzes von 67 % von einem nicht unerheblich höheren Nettoeinkommen ausgegangen worden sein, als es das Berufungsgericht in seiner Berechnung mit rund 1.092 € monatlich zugrunde legt. Für höhere erzielbare Einkünfte spricht auch der Umstand, dass der Beklagte nach den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts in der Zeit von August bis Dezember 2003 jedenfalls 1.137 € monatlich und in der Zeit von Mai bis Juli 2004 jedenfalls 1.145 € monatlich erzielt hat. Selbst in den Monaten Januar und Februar 2004, in denen der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts monatlich weniger als 100 Stunden gearbeitet hatte, hat er ein durchschnittliches Monatseinkommen in Höhe von 1.020 € erzielt.
22
Ist der Beklagte seiner Erwerbsobliegenheit nicht durch hinreichende Bemühungen um Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgekommen , wird das Berufungsgericht deswegen erneut zu prüfen haben, in welchem Umfang ihm unter Berücksichtigung seiner Erwerbsbiografie Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung fiktiv zugerechnet werden können (vgl. Wendl/Dose aaO § 1 Rdn. 536 f. m.w.N.).
23
2. Das Berufungsgericht ist aber auch von einem zu hohen notwendigen Selbstbehalt des Beklagten gegenüber dem Unterhaltsanspruch seines minderjährigen Sohnes ausgegangen.
24
a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB entfällt die Verpflichtung zur Zahlung des Verwandtenunterhalts, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren. Dabei trifft die Eltern minderjähriger oder privilegierter volljähriger Kinder allerdings eine gesteigerte Unterhaltspflicht, da sie nach § 1603 Abs. 2 BGB verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Die Bemessung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es ihm nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684). Der Tatrichter muss aber die gesetzlichen Wertungen und die Bedeutung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs berücksichtigen.
25
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Eine Unterhaltspflicht besteht also nicht, soweit der Unterhaltsschuldner infolge einer Unterhaltsleistung selbst sozialhilfebedürftig würde. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet spätestens dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684; vgl. dazu auch den Sechsten Existenzminimumbericht der Bundesregierung BT-Drucks. 16/3265). Ob und in welchem Umfang der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt über den jeweils regional maßgeblichen sozialhilferechtlichen Mindestbedarf hinausgehen kann, haben die Gerichte unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen, die sich insbesondere aus der Bedeutung und Ausgestaltung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs und seiner Rangfolge im Verhältnis zu anderen Unterhaltsansprüchen ergeben. Bei dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder ist somit die gesteigerte Unterhaltspflicht (§ 1603 Abs. 2 BGB) zu berücksichtigen. Hinzu kommt für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 der durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts (vom 21. Dezember 2007, BGBl 2007 I S. 3189) geschaffene Vorrang dieses Unterhalts gegenüber allen übrigen Unterhaltsansprüchen (§ 1609 BGB). Dies gebietet es, den notwendigen Selbstbehalt gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger oder privilegierter volljähriger Kinder mit Beträgen zu bemessen , die dem sozialhilferechtlichen Bedarf entsprechen oder allenfalls geringfügig darüber hinausgehen.
26
Zu Recht gehen die Leitlinien der Oberlandesgerichte (FamRZ 2007, 1373 ff. jeweils unter Ziffer 21.2) weiter davon aus, dass zusätzlich zwischen dem notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners und demjenigen eines nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners zu differenzieren ist. Insoweit weist die Revision zutreffend darauf hin, dass ein nicht erwerbstätiger Unterhaltsschuldner regelmäßig mehr Zeit zur Verfügung hat, seine Ausgaben durch sparsame Lebensführung zu reduzieren. Daneben dient ein so differenzierter Selbstbehalt auch dem gebotenen Erwerbsanreiz für den Unterhaltsschuldner , wie es beim Ehegattenunterhalt schon bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs durch Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus der Fall ist (vgl. Klinkhammer FamRZ 2007, 85, 92).
27
b) Diese gesetzlichen Vorgaben hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Selbstbehalts verkannt.
28
Nach den eigenen Leitlinien des Berufungsgerichts wäre der notwendige Selbstbehalt des Beklagten während dessen Arbeitslosigkeit für die Zeit bis einschließlich Juni 2005 mit 730 € (FamRZ 2003, 910, 912) und für die Zeit ab Juli 2005 mit 770 € (FamRZ 2005, 1376, 1379) zu bemessen gewesen. Stattdessen hat es den nach seinen Leitlinien einem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen regelmäßig zu belassenden notwendigen Selbstbehalt von 840 € (bis Juni 2005) bzw. 890 € (ab Juli 2005) zugrunde gelegt. Allein wegen der Anrechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens aus Nebentätigkeit in Höhe von 150 € hat das Berufungsgericht den dem Beklagten zu belassenden notwendigen Selbstbehalt also um 110 € (840 € - 730 € für die Zeit bis Juni 2005) bzw. um 120 € (890 € - 770 € für die Zeit ab Juli 2005) erhöht. Damit wird dem Unterhaltsberechtigten fast der gesamte Vorteil aus der Hinzurechnung eines fiktiven Einkommens aus Nebentätigkeit wieder genommen.
29
Wenn das Berufungsgericht nicht ohnehin zur Zurechnung eines höheren fiktiven Einkommens aus einer Vollzeittätigkeit des Beklagten gelangt, wird es bei der Bemessung des diesem zu belassenden notwendigen Selbstbehalts zu berücksichtigen haben, dass die wesentlichen Einkünfte des Beklagten aus seinem Arbeitslosengeld herrühren. Die geringen Nebeneinkünfte können es unter Berücksichtigung der für eine Differenzierung des notwendigen Selbstbehalts sprechenden Gründe, insbesondere des Erwerbsanreizes, kaum rechtfertigen, dem Beklagten einen gleich hohen Selbstbehalt zu belassen, wie er einem vollschichtigen Erwerbstätigen verbliebe. Denn nach dem Sinn der Differenzierung muss der (höhere) notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen Fällen vorbehalten bleiben, in denen der Unterhaltspflichtige einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit nachgeht oder ihm ein fiktives Einkommen auf der Grundlage einer solchen Tätigkeit zugerechnet wird. Beruht das unterhaltsrelevante Einkommen hingegen überwiegend nicht auf einer Erwerbstätigkeit, kann im Einzelfall allenfalls in Betracht kommen, dem Unterhaltspflichtigen einen Selbstbehalt zu belassen, der sich zwischen dem ihm im Regelfall zu belassenden Selbstbehalt für Nichterwerbstätige und dem Selbstbehalt für Erwerbstätige bewegt.
30
c) Unabhängig davon hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision auch deswegen nicht stand, weil es trotz der neuen Lebensgemeinschaft des Unterhaltspflichtigen eine weitere Herabsetzung des Selbstbehalts bis an die Grenze des sozialhilferechtlichen Bedarfs grundsätzlich abgelehnt hat.
31
Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende notwendige Selbstbehalt wegen eines Zusammenlebens mit einem neuen Partner weiter reduziert werden kann.
32
aa) Mit dem Berufungsgericht sind die Oberlandesgerichte Oldenburg (FamRZ 2000, 1177 und FamRZ 2004, 1669) und Hamm - 9. Senat für Familiensachen - (FamRZ 2003, 1214) der Auffassung, das Zusammenleben mit einem neuen Lebensgefährten könne nicht zu einer Reduzierung des Selbstbehalts führen, wenn keine neue Ehe geschlossen sei. Nur wenn der Unterhaltsschuldner mit dem neuen Partner verheiratet sei, könne sein Selbstbehalt durch dessen Beitrag zum Familienunterhalt ganz oder teilweise gedeckt sein. Ein Anspruch auf Familienunterhalt scheide hingegen aus, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mit dem neuen Lebenspartner verheiratet sei. Auch wegen ersparter Aufwendungen komme eine Reduzierung des Selbstbehalts dann nicht in Betracht, denn es unterliege grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen , wie er die ihm belassenen Mittel nutze. Zwar sei der Unterhaltsschuldner einem Minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kind gesteigert unterhaltspflichtig und müsse alle verfügbaren Mittel mit ihm gleichmäßig teilen. Die Grenze dieser Pflicht sei aber erreicht, wenn das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen gefährdet sei. Zu einem Konsumverzicht sei der Unterhaltsschuldner im Rahmen dieses Existenzminimums nicht verpflichtet. Einen solchen betreibe er indessen, wenn er sich durch die Wahl eines besonders bescheidenen Wohnraums oder den Eintritt in eine Wohngemeinschaft in der Befriedigung seines Wohnbedarfs beschränke. Soweit durch das Zusammenleben eine Kostenersparnis oder ein Synergieeffekt eintrete, sei nicht ersichtlich, warum ein solcher Vorteil nicht dem Unterhaltsschuldner verbleibe. Von einem Vorteil könne auch nur dann die Rede sein, wenn der neue Partner über ausreichende eigene Einkünfte verfüge, was Feststellungen des Gerichts zu dem Beitrag des neuen Partners für die gemeinsame Haushaltsführung voraussetzen würde. Schließlich beruhe ein Vorteil durch die neue Wirtschaftsgemeinschaft auf einem freiwilligen Verhalten des Dritten, der regelmäßig nicht den Unterhaltsberechtigten begünstigen wolle.
33
bb) Demgegenüber wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertreten, dass eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts im Einzelfall in Betracht komme, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen einer neuen Lebensgemeinschaft Lebenshaltungskosten erspare (OLG Hamm - 8. Senat für Familiensachen - FamRZ 2002, 1708 und 2003, 1210 und - 11. Senat für Familiensachen - FamRZ 2005, 53; OLG Nürnberg FamRZ 2004, 300; OLG München , FamRZ 2004, 485; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 54 und OLG Köln OLGR 2004, 330; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 270). Auch der Senat hat bereits in seiner früheren Rechtsprechung wiederholt darauf hingewiesen, dass sich durch die gemeinsame Haushaltsführung mit einem neuen Partner eine Ersparnis ergeben kann, die eine Herabsetzung des Selbstbehalts rechtfertigt (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24).
34
cc) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts bis auf den notwendigen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen in Betracht kommt, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen - im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft - geringeren Bedarf verweisen lassen muss.
35
Dabei hat das Berufungsgericht allerdings zu Recht danach differenziert, ob der Unterhaltsschuldner mit dem Partner verheiratet ist oder mit ihm in nichtehelicher Lebensgemeinschaft wohnt.
36
Ist der Unterhaltsschuldner verheiratet, stellt sich zwar auch die Frage, ob seine Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebenshaltung durch die gemeinsame Haushaltsführung reduziert werden. In solchen Fällen ist allerdings entscheidend darauf abzustellen, dass der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, der - im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten - seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise deckt. Darauf hat der Senat insbesondere im Rahmen seiner Hausmannrechtsprechung (Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1013 f. und BGHZ 169, 200, 206 = FamRZ 2006, 1827, 1828) und seiner Rechtsprechung zum Elternunterhalt (Senatsurteil vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 372) abgestellt. Weil der Beklagte nicht wieder verheiratet ist, kommt ein solcher Anspruch auf Familienunterhalt hier nicht in Betracht.
37
Steht dem Unterhaltspflichtigen weder ein Anspruch auf Familienunterhalt noch ein Anspruch für Versorgungsleistungen zu, schließt dies eine Herabsetzung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts wegen ersparter Kosten durch die gemeinsame Haushaltsführung aber nicht aus. Das gilt in gleichem Maße für die Kosten der Wohnung wie für die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Denn eine gemeinsame Haushaltsführung führt regelmäßig zu einer Kostenersparnis oder zu Synergieeffekten, die jeden Lebenspartner hälftig entlasten (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24). Exemplarisch ist insoweit auf Heizkosten hinzuweisen, die sich nicht dadurch erhöhen, dass sich mehrere Personen in einem Raum befinden. Selbst wenn der Raumbedarf durch die Anzahl der dort lebenden Personen regelmäßig steigt, erreichen die Wohnkosten der Gemeinschaft jedenfalls nicht die Summe der Wohnkosten mehrerer Einzelhaushalte.
38
Soweit das Berufungsgericht eine Rechtfertigung dafür vermisst, warum ein solcher Vorteil nicht dem Unterhaltsschuldner verbleibe, sondern er diesen an den Unterhaltsgläubiger weiterreichen müsse, verkennt es den Zweck des Selbstbehalts. Grundsätzlich ist der Unterhaltspflichtige nach § 1603 Abs. 2 BGB gehalten, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der minderjährigen Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Der notwendige Selbstbehalt dient lediglich dazu, ihm einen Anteil seines Einkommens zu belassen, der jedenfalls den eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf sichert und auf der Grundlage des jeweiligen Unterhaltsanspruchs und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles angemessen darüber hinausgeht. Kann der Unterhaltspflichtige also nicht den vollen Unterhaltsbedarf des Berechtigten erfüllen, ist keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, ihm mehr zu belassen, als er in seiner konkreten Situation für den notwendigen eigenen Bedarf benötigt.
39
Zwar weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass eine gemeinsame Haushaltsführung dem Unterhaltspflichtigen nur dann Kosten ersparen kann, wenn auch der Lebensgefährte über ausreichende Einkünfte, und sei es nur aus eigenem Sozialhilfebezug, verfügt, um sich an den Kosten der Lebensführung zu beteiligen. Das steht einer Berücksichtigung dieser Einsparung aber nicht generell entgegen. Da die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit ohnehin den Unterhaltspflichtigen trifft, dürfte es ihm regelmäßig möglich und zumutbar sein, substantiiert vorzutragen, dass sein neuer Lebensgefährte sich nicht ausreichend an den Kosten der gemeinsamen Lebensführung beteiligen kann.
40
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts tritt die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung auch nicht infolge einer freiwilligen Leistung des neuen Lebensgefährten ein. Denn sie beruht darauf, dass die Ausgaben infolge eines Synergieeffekts regelmäßig geringer sind, als sie es wären, wenn jeder Partner der Lebensgemeinschaft einen eigenen Haushalt führen würde. Deswegen werden beide Partner der Lebensgemeinschaft durch die gemeinsame Haushaltsführung entlastet, ohne dafür eine eigene Leistung erbringen zu müssen. Darauf, dass freiwillige Leistungen Dritter grundsätzlich bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt bleiben, weil sie dem Unterhaltsberechtigten lediglich zu dessen eigener Entlastung und nicht zur Erweiterung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit gewährt werden (Senatsurteil BGHZ 162, 384, 391 = FamRZ 2005, 1154, 1156), kommt es mithin nicht an.
41
Einer Berücksichtigung der Kostenersparnis in einer neuen Lebensgemeinschaft steht auch nicht entgegen, dass der Senat dem Unterhaltsschuldner die freie Disposition eingeräumt hat, wie er einen ihm zu belassenden Selbsthalt im Einzelfall verwendet. Danach ist es dem Unterhaltsschuldner nicht verwehrt , seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen einsetzen zu können (Senatsurteile vom 23. August 2006 - XII ZR 26/04 - FamRZ 2006, 1664, 1666 und vom 25. Juni 2003 - XII ZR 63/00 - FamRZ 2004, 186, 189). Denn bei der Herabsetzung des Selbstbehalts wegen Aufnahme einer neuen Lebensgemeinschaft geht es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht um die Frage, ob dem Unterhaltsschuldner ein nur geringerer Selbstbehalt belassen werden darf, weil er sich in seinen Bedürfnissen teilweise (z.B. beim Wohnbedarf) bescheidet und dagegen auf andere Bedürfnisse mehr Wert legt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Unterhalts- schuldner wegen des Synergieeffekts ohne Einbußen günstiger lebt und seinen Lebensstandard mit geringeren Mitteln aufrechterhalten kann als ein allein lebender Unterhaltsschuldner.
42
Gleichwohl hat das Berufungsgericht hier eine Ersparnis hinsichtlich der Wohnkosten im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil der Beklagte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit monatlich 360 € an den Wohnkosten beteiligt, was exakt dem nach den Leitlinien der Oberlandesgerichte im notwendigen Selbstbehalt enthaltenen Wohnbedarf entspricht. Einer Einsparung bei den sonstigen Kosten der Haushaltsführung steht das aber nicht entgegen. Entsprechend geht auch das Sozialgesetzbuch für das Arbeitslosengeld II (§ 20 Abs. 3 SGB II) und für die Sozialhilfe (§§ 28, 40 SGB XII) von einer Einsparung der Haushaltsführungskosten durch Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft aus. Das Berufungsgericht wird deswegen feststellen müssen, ob und in welchem Umfang die über den Wohnbedarf hinausgehenden Kosten der Haushaltsführung durch das Zusammenleben des Beklagten mit seiner neuen Lebensgefährtin reduziert sind.

III.

43
Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - auf der Grundlage der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu einem eventuell zugrunde zu legenden fiktiven Einkommen des Beklagten und zu einer Ersparnis der Haushaltsführungskosten durch das Zusammenleben mit seiner neuen Lebensgefährtin getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

IV.

44
Falls das Berufungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats zu einem höheren Unterhaltsanspruch des Klägers gelangt, wird es auch zu prüfen haben, ob sich aus anderen Gründen das Einkommen des Beklagten als zu hoch darstellt oder ob andere Umstände gegen eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts sprechen.
45
1. Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten für die Zeit von Januar bis Februar 2004 ein fiktives Einkommen aus einer Nebentätigkeit hinzugerechnet hat (vgl. insoweit BVerfG FamRZ 2003, 661 f.), rügt die Revisionserwiderung zu Recht, dass die Begründung des angefochtenen Urteils dies nicht trägt. Denn der Beklagte war als Zeitarbeiter bis einschließlich Dezember 2003 vollschichtig eingesetzt und hatte deswegen keinen Anlass, sich - wie das Berufungsgericht meint - frühzeitig um eine Nebentätigkeit zu bemühen. Bemühungen des Beklagten um einen häufigeren Einsatz als Zeitarbeiter scheinen schon deswegen erfolglos, weil er seinen Arbeitsplatz schuldlos wegen schlechter Auftragslage bereits Mitte März 2004 wieder verloren hatte.
46
2. Soweit das Berufungsgericht schließlich eine - gegenläufige - Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts wegen der vom Beklagten behaupteten Kosten des Umgangs mit dem Kläger abgelehnt hat, wird auch dies durch die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht getragen. Denn auch nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt beschränken sich die Umgangskosten nicht auf die vom Oberlandesgericht berücksichtigten 15 € monatlich. Der Beklagte muss bei der Ausübung des 14-tätigen Umgangsrechts nicht nur die vom Berufungsgericht berücksichtigten Kosten öffentlicher Verkehrsmittel aufwenden. Vielmehr entstehen jedenfalls zusätzliche Kosten durch die Benutzung des Fahrzeugs seiner Lebensgefährtin, mit dem er von dort zu dem ca. 15 km entfernten Wohnort der Kinder weiterfährt. Auch wenn der Beklagte für die Nutzung des Fahrzeugs kein Entgelt an seine Lebensgefährtin zahlen muss, durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass auch keine Betriebskosten entstehen, für die der Beklagte aufkommen muss. Selbst wenn seine Lebensgefährtin diese Kosten trüge, lägen darin freiwillige Leistungen eines Dritten, die dem Kläger nicht zugute kommen sollen. Das Berufungsgericht wird deswegen erneut prüfen müssen, ob es auch angesichts höherer Umgangskosten eine Anpassung des dem Beklagten zu belassenden notwendigen Selbstbehalts ablehnt. Dabei wird es auch zu berücksichtigen haben, dass dem Beklagten hier kein Anteil des Kindergeldes anrechnungsfrei verblieb, mit dem er die Kosten der Ausübung seines Umgangsrechts finanzieren könnte.
Der Senat hat bereits entschieden, dass dann bei nicht unerheblichen Umgangskosten , die der Unterhaltsschuldner nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben, eine maßvolle Erhöhung des Selbstbehalts in Betracht kommt (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706, 708). Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Bruchsal, Entscheidung vom 24.02.2005 - 2 F 145/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.09.2005 - 16(20) UF 76/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 23/06 Verkündet am:
12. Dezember 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Im Rahmen des Trennungsunterhalts trifft den Unterhaltsschuldner grundsätzlich
keine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz (Abgrenzung
zum Senatsurteil BGHZ 162, 234 = FamRZ 2005, 608).
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2007 - XII ZR 23/06 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatznachlass bis zum 27. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und
Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2005 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Kassel vom 7. April 2005 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt für die Zeit von Januar bis Dezember 2004 in Höhe von insgesamt 1.152 €, zahlbar an das Sozialamt der Stadt Kassel, und für die Zeit von Januar 2005 bis zum 23. August 2005 in Höhe von insgesamt 743 €, zahlbar an die Arbeitsförderung Kassel-Stadt GmbH, zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 90 % und der Beklagte 10 % zu tragen. Von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 80 % und der Beklagte 20 % zu tragen. Die Kosten der Revision trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten noch um Trennungsunterhalt für die Zeit von Januar 2004 bis zur Rechtskraft ihrer Scheidung am 23. August 2005.
2
Der Beklagte erzielte in dieser Zeit lediglich Renten wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Höhe von insgesamt 1.345 € monatlich. Davon zahlte er auf den während der Ehezeit aufgenommenen Anteil eines später umgeschuldeten Kredits monatlich 408 €. Die Klägerin, die ihre frühere Tätigkeit als Bedienung nach einer Knieoperation im November 2002 nur noch eingeschränkt ausgeübt hatte, verlor diese Arbeitsstelle im September 2004 wegen Betriebsaufgabe und erzielte sodann keine Erwerbseinkünfte mehr. Sie erhielt seit Januar 2003 - zunächst ergänzende - Sozialhilfe und seit Anfang 2005 Arbeitslosengeld II, jeweils in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe.
3
Die Parteien streiten darüber, ob die Kreditraten des Beklagten, soweit sie den während der Ehezeit aufgenommenen Kredit betreffen, bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt werden können, oder ob es dem Beklagten oblag , zur Sicherstellung des laufenden Trennungsunterhalts Verbraucherinsolvenz zu beantragen.
4
Das Amtsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ab Mai 2005 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 96 € zu zahlen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, Trennungsunterhalt für die Zeit von Januar 2004 bis Juni 2005 in Höhe von monatlich 440 € und für die Zeit von Juli 2005 bis zum 23. August 2005 in Höhe von monatlich 466 € zu zahlen, und zwar für die Zeit von Januar bis Dezember 2004 an den Träger der Sozialhilfe und für die Folgezeit an den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist überwiegend begründet und führt zur Herabsetzung des geschuldeten Trennungsunterhalts.

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts obliegt es dem Beklagten, zur Ermöglichung höherer Unterhaltsleistungen eine Verbraucherinsolvenz einzuleiten. Der Bundesgerichtshof habe solches jedenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern bejaht, sofern es dem Unterhaltsschuldner im Rahmen einer Gesamtabwägung zumutbar sei. Dies sei der Fall, wenn die Leistungsfähigkeit durch Verbindlichkeiten so erheblich eingeschränkt sei, dass daneben keine oder nur sehr geringe Unterhaltsleistungen möglich seien, die Belastung wegen der Höhe der Verbindlichkeiten erhebliche Zeit andauere, mit einer Restschuldbefreiung zu rechnen sei und keine besonderen Umstände zum Schutz des Schuldners entgegenstünden. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Zwar bestünden gegen die Obliegenheit zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz deswegen Bedenken, weil die Verbindlichkeiten bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt hätten. Hier betreffe der Streit der Parteien allerdings nicht die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern die Leistungsfähigkeit des Beklagten. Denn der Unterhaltsbedarf der Klägerin übersteige auch nach Abzug der Kreditbelastungen von den Renteneinkünften des Beklagten mit monatlich 468 € (richtig: [1.345 € - 408 € =] 937 / 2) den zugesprochenen Unterhalt. Im Rahmen der hier relevanten Leistungsfähigkeit sei der Beklagte auch im Verhältnis zu seinem getrennt lebenden Ehegatten zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz verpflichtet. Der geschuldete Unterhalt errechne sich deswegen aus der Differenz zwischen dem pfändungsfreien Betrag und dem jeweiligen notwendigen Selbstbehalt , der bis zum 30. Juni 2005 840 € und danach 890 € betragen habe.

II.

7
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand.
8
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der Beklagte der Klägerin während der Trennungszeit nach § 1361 BGB dem Grunde nach unterhaltspflichtig war. Eigene Einkünfte hatte die Klägerin lediglich in der Zeit bis September 2004 und zudem in sehr geringem Umfang erzielt. Nach § 1361 Abs. 2 BGB war es ihr während der Trennungszeit unter Berücksichtigung der nur geringfügigen Erwerbstätigkeit während der Ehe, ihrer Knieoperation und des Arbeitsplatzverlustes wegen Betriebsaufgabe nicht zumutbar, ihren Unterhaltsbedarf in vollem Umfang durch eigene Einkünfte zu decken. Demgegenüber erzielte der Beklagte Renteneinkünfte in Höhe von monatlich insgesamt 1.345 €. Unter Berücksichtigung der aus der Ehezeit der Parteien herrührenden Kreditbelastungen von monatlich 408 € verblieb ihm folglich ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 937 €.
9
Weil dem Unterhaltsschuldner im Rahmen des Trennungsunterhalts nach neuerer Rechtsprechung des Senats (BGHZ 166, 351, 356 ff. = FamRZ 2006, 683, 684) jedenfalls der Ehegattenselbstbehalt verbleiben muss, der im Regelfall zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liegt, ist er - ohne Einleitung der Verbraucherinsolvenz - jedenfalls nicht in der Lage, höheren Unterhalt zu leisten, als das Amtsgericht zugesprochen hatte.
10
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts obliegt es dem Beklagten im Rahmen des hier geschuldeten Trennungsunterhalts aber nicht, ein Verfahren der Verbraucherinsolvenz einzuleiten, um den Unterhaltsansprüchen der Klägerin Vorrang vor den - die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden - Kreditverbindlichkeiten zu verschaffen.
11
a) Zwar hat der Senat eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz angenommen, wenn dieses Verfahren geeignet ist, den laufenden Unterhalt minderjähriger Kinder dadurch sicherzustellen, dass ihm Vorrang vor sonstigen, einer möglichen Restschuldbefreiung unterfallenden, Verbindlichkeiten eingeräumt wird. Das gilt nur dann nicht, wenn der Unterhaltsschuldner Umstände vorträgt und gegebenenfalls beweist, die eine solche Obliegenheit im Einzelfall als unzumutbar darstellen (BGHZ 162, 234, 240 ff. = FamRZ 2005, 608, 609 ff.). Diese Rechtsprechung hat der Senat mit der gesteigerten Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB) begründet. Hinsichtlich dieser Ansprüche sind den Eltern stärkere Anstrengungen zumutbar, als es bei anderen Unterhaltstatbeständen der Fall ist, was den Eingriff in ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit rechtfertigen kann.
12
aa) Die Einleitung der Verbraucherinsolvenz mit der Möglichkeit der Restschuldbefreiung führt stets zu einem Vorrang der laufenden Unterhaltsansprüche gegenüber den Insolvenzforderungen, einschließlich des rückständigen Unterhalts (vgl. insoweit BGH Beschluss vom 27. September 2007 - IX ZB 16/06 - zur Veröffentlichung bestimmt). Denn nach § 36 Abs. 1 InsO gehören Einkünfte nicht zur Insolvenzmasse, soweit sie nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Das gilt nach den §§ 850 Abs. 2, 850 c BGB auch für pfändungsfreies laufendes Arbeitseinkommen, soweit es für den eigenen Unterhalt oder zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsansprüche privilegiert ist (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
13
bb) Auch die Möglichkeit, sich auf die Pfändungsgrenzen der Zivilprozessordnung zu berufen, lässt die Obliegenheit zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz nicht entfallen, weil eine Unterhaltspflicht in Fällen der Zahlungsunfähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur auf der Grundlage der im Insolvenzverfahren möglichen Restschuldbefreiung in Betracht kommt. Die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO allein lassen die weiteren Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners nicht entfallen, sondern führen im Gegenteil zu einer fortschreitenden Verschuldung, was dem Unterhaltspflichtigen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht zugemutet werden kann und deswegen schon einer Titulierung des Unterhalts entgegensteht (BGHZ 162, 234, 240 = FamRZ 2005, 608, 609). Erst angesichts der Verbraucherinsolvenz mit der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung ist es vertretbar, eine nicht beizutreibende Forderung schon im Rahmen der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt zu lassen (vgl. Wohlgemuth FamRZ 2006, 308, a.A. Hauß FamRZ 2006, 306 f. und Melchers/Hauß Unterhalt und Verbraucherinsolvenz Rdn. 106 ff.). Der Senat hält deswegen daran fest, dass den Unterhaltsschuldner auf der Grundlage seiner gesteigerten Unterhaltspflicht für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz treffen kann. Eine Obliegenheit, sich auf die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 a ff. ZPO zu berufen, kann diese Obliegenheit zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz nicht ersetzen.
14
cc) Eines eigenen Antrags des Unterhaltsschuldners auf Einleitung der Verbraucherinsolvenz bedarf es auch deswegen, weil nur dann ein Vorrang des laufenden Unterhalts vor sonstigen Insolvenzforderungen gesichert ist. Zwar kann ein Insolvenzantrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2 InsO grundsätzlich sowohl vom Schuldner als auch von dessen Gläubigern gestellt werden. Die für die Nichtberücksichtigung der Kreditverpflichtungen ausschlaggebende Restschuldbefreiung setzt aber nach den §§ 305 Abs. 1, 306 Abs. 3 InsO zwingend einen eigenen Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus (BGHZ 162, 181, 183 = FamRZ 2005, 703). Nur wenn der Unterhaltsschuldner aufgrund seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit selbst die Verbraucherinsolvenz beantragt, ist eine Restschuldbefreiung möglich und es ihm damit zumutbar, die laufende Unterhaltspflicht vor allen anderen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt dann dazu, dass der Unterhaltspflichtige in Höhe der Differenz aus dem nicht zur Insolvenzmasse gehörenden Einkommen (§ 36 Abs. 1 InsO, §§ 850 ff. ZPO) und dem ihm gegenüber dem jeweiligen Unterhaltsanspruch zu belassenden Selbstbehalt leistungsfähig ist (vgl. insoweit Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
15
b) Umstritten ist allerdings, ob der Unterhaltsschuldner auch dann auf eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz verwiesen werden kann, wenn er nicht im Rahmen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht Kindesunterhalt , sondern Unterhalt für einen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten schuldet.
16
aa) Teilweise wird dem Unterhaltsschuldner die Einleitung der Verbraucherinsolvenz generell schon dann zugemutet, wenn eine nachhaltige Überschuldung vorliegt, die Verbindlichkeiten also im Verhältnis zum Einkommen unangemessen hoch sind und sich über einen langen Zeitraum erstrecken (so OLG Koblenz FamRZ 2004, 823, 824; vgl. auch Melchers/Hauß Unterhalt und Verbraucherinsolvenz Rdn. 260 ff.). Wenn dem Schuldner nach diesem Maßstab die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung zumutbar sei, habe dies zur Konsequenz, dass er sich auch unterhaltsrechtlich nicht auf die bestehenden Verbindlichkeiten berufen könne. Diese Auffassung stellt somit vorrangig auf die unterhaltsrechtlichen Folgen der Obliegenheit zur Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung ab, die grundsätzlich auch den Schuldner des Ehegattenunterhalts treffe. Die verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Unterhaltsschuldners berücksichtigt sie erst im Rahmen der allgemeinen Zumutbarkeitsabwägung.
17
bb) Demgegenüber wird überwiegend vertreten, eine Obliegenheit des Unterhaltsschuldners zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz lasse sich allein durch die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB rechtfertigen. Insbesondere beim Anspruch auf Trennungsunterhalt scheide eine dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder vergleichbare Situation aus, weil es sich dabei regelmäßig um eine in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegte Verschuldung handele, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte mittragen müsse (OLG Celle FamRZ 2006, 1536; OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1457 [für einen Anspruch aus § 1615 l Abs. 1 und 2 BGB]).
18
cc) Der Senat schließt sich im Grundsatz der zuletzt genannten Auffassung an. Die Gegenmeinung verkennt die Tragweite der verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit des Unterhaltsschuldners. Eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz lässt sich deswegen nur aus besonders gewichtigen Gründen rechtfertigen, hinter denen die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Unterhaltsschuldners zurücktreten muss.
19
Solche Umstände sind regelmäßig in der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB zu erblicken. Denn diese Unterhaltspflicht beruht auf dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Pflege und Erziehung der Kinder aus Art. 6 Abs. 2 und 5 GG und überwiegt deswegen grundsätzlich die nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit des Unterhaltsschuldners. Hinzu kommt, dass minderjährige und privilegierte volljährige Kinder in der Regel keine Möglichkeit haben, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Der Senat hat deswegen in Fällen einer gesteigerten Unterhaltspflicht auch sonst stärkere Anstrengungen des Unterhaltsschuldners für zumutbar gehalten (BGHZ 162, 234, 239 f. = FamRZ 2005, 608, 609).
20
Diese Begründung ist auf den Unterhaltsanspruch getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten nicht in gleicher Weise übertragbar. Wegen der grundsätzlichen Möglichkeit getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten, den eigenen Unterhalt selbst sicherzustellen, hat der Gesetzgeber die gesteigerte Unterhaltspflicht nicht - wie in § 1603 Abs. 2 BGB - auf den Ehegattenunterhalt erstreckt. Hinzu kommt, dass mit dem vom Bundestag und vom Bundesrat bereits beschlossenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006 (BT-Drucks. 16/830) auch der Rang des Ehegattenunterhalts gegenüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger und ihnen gleichgestellter Kinder geändert worden ist. § 1609 BGB weist jetzt nur noch Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder den ersten Rang zu. Erst mit einem späteren Rang folgen die Unterhaltsansprüche Kinder erziehender Eltern und sonstiger (früherer) Ehegatten.
21
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht entscheidend darauf an, dass auch die Klägerin in dem hier zu entscheidenden Einzelfall nicht in der Lage sein dürfte, ausreichend für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Denn der Gesetzgeber hat im Rahmen des Ehegattenunterhalts selbst den notwendigen Unterhaltsbedarf nicht dem Kindesunterhalt gleichgestellt. Entsprechend hat der Senat in ständiger Rechtsprechung einen Mindestbedarf des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten abgelehnt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 364). Im Gegensatz dazu sieht das vom Bundestag und vom Bundesrat bereits beschlossene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006 in § 1612 a BGB für minderjährige Kinder einen Mindestunterhalt vor, der sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG richtet. Auch ein Verzicht auf Unterhaltsansprüche für die Zukunft ist nach § 1614 Abs. 1 BGB beim Verwandtenunterhalt nicht zulässig, während § 1585 c BGB eine Vereinbarung über den Unterhalt für die Zeit nach der Ehescheidung ausdrücklich zulässt. Die Ausgestaltung des Ehegattenunterhalts ist deswegen mit dem besonders stark ausgestalteten Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder nicht vergleichbar.
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Den Schuldner des Trennungsunterhalts oder des nachehelichen Unterhalts trifft im Hinblick auf seine verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit deswegen regelmäßig keine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz. Denn die Kreditbelastungen hatten regelmäßig bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt und auch der unterhaltsberechtigte Ehegatte hatte seine Lebensverhältnisse auf diese Ausgaben eingestellt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Ehegatten seit ihrer Trennung nicht mehr nach § 1360 a BGB zum Familienunterhalt verpflichtet sind, der ihnen die gleichmäßige Teilhabe an den für den Unterhalt der Familie zur Verfügung stehenden Mitteln sichert. Die Verpflichtung zum Trennungsunterhalt und zum nachehelichen Unterhalt setzt demgegenüber die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten voraus, die nur vorliegt, wenn sein Ehegattenselbstbehalt gewahrt ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683). Mit der Trennung der Parteien ist die Kreditbelastung deswegen nicht nur bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, was das Berufungsgericht verkannt hat.
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c) Nach diesen Grundsätzen oblag es dem Beklagten im Rahmen seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber der getrennt lebenden Klägerin nicht, wegen der ehebedingten Kreditverbindlichkeiten von monatlich 408 € ein Verfahren der Verbraucherinsolvenz einzuleiten.
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Ein solches Verfahren wäre für den Beklagten, der ohnehin lediglich Erwerbsunfähigkeitsrente erzielt, mit erheblichen Einschnitten verbunden. Denn durch die Bestellung eines Treuhänders im Insolvenzverfahren nach den §§ 313 Abs. 1, 292 InsO würde der Beklagte in seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit stark eingeschränkt. Wie gegenüber einem Insolvenzverwalter bestehen nach den §§ 97 f. InsO auch gegenüber einem Treuhänder weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (vgl. auch § 305 Abs. 1 und 2 InsO). Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wäre für den Beklagten auch deswegen besonders belastend, weil damit sein Recht, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder übergeht (§§ 21 Abs. 2, 80 bis 82, 313 Abs. 1 InsO). Zudem setzt die mögliche Restschuldbefreiung nach § 287 Abs. 2 InsO voraus, dass der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Dauer des Insolvenzverfahrens an den Treuhänder abtritt. Das würde den Beklagten als Insolvenzschuldner nicht nur während des ca. sechsmonatigen vorbereitenden Verfahrens durch die Beratungsstelle (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO), sondern auch während der folgenden sechsjährigen Wohlverhaltensperiode gemäß §§ 287 Abs. 2, 299 Abs. 1 InsO in seiner Verfügungsmöglichkeit einschränken. Hinzu kommt, dass infolge der Einleitung einer Verbraucherinsolvenz auch die allgemeine Kreditwürdigkeit des Unterhaltsschuldners leiden würde.
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Dem steht ein Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt gegenüber, der schon von Gesetzes wegen nicht so stark ausgestaltet ist, wie es wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB für den Anspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder der Fall ist.
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d) Nach den allgemeinen Grundsätzen ist der Unterhaltsanspruch der Klägerin deswegen auf der Grundlage des tatsächlichen Renteneinkommens des Beklagten abzüglich der schon während der Ehezeit bestehenden Kreditbelastungen zu bemessen. Unter Berücksichtigung des zu wahrenden Ehegattenselbstbehalts schuldet der Beklagte dann jedenfalls keinen höheren Unterhalt als das Amtsgericht mit monatlich 96 € zuerkannt hat. Allerdings kommt wegen des Verschlechterungsverbots auch kein geringerer Unterhalt in Betracht, weil nur die Klägerin, nicht aber der Beklagte das amtsgerichtliche Urteil angegriffen hatte. Somit ergibt sich ein Unterhaltsrückstand für die Zeit von Januar bis Dezember 2004 in Höhe von 1.152 € (96 € x 12), der wegen des Anspruchsübergangs in § 94 Abs. 1 SGB XII auf Antrag der Klägerin an den Sozialhilfeträger zu zahlen ist. Für die weitere Zeit von Januar bis zum 23. August 2005 schuldet der Beklagte Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 743 € ([96 € x 7] + [96 x 23/31]), der nach Übergang des Unterhaltsanspruchs gemäß § 33 Abs. 1 SGB II an den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu leisten ist.
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Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 07.04.2005 - 540 F 91/03 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 30.11.2005 - 2 UF 166/05 -

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.