Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch um nachehelichen Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit ab Januar 2008.
- 2
- Der 1965 geborene Antragsteller und die 1977 geborene Antragsgegnerin hatten im September 2001 die Ehe geschlossen, aus der ihre im März 2002 geborene Tochter hervorgegangen ist. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe mit Verbundurteil vom 30. März 2007 geschieden, das zum Scheidungsausspruch seit dem 4. September 2007 rechtskräftig ist.
- 3
- Die gemeinsame Tochter lebt seit der Trennung bei der Antragsgegnerin. Sie besuchte zunächst an den Werktagen bis 14.00 Uhr den Kindergarten. Seit Mitte 2008 besucht sie die Grundschule und wird dort anschließend bis 14.00 Uhr betreut. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts leidet die Tochter an einer Glutenunverträglichkeit.
- 4
- Die Antragsgegnerin ist gelernte Buchhändlerin. Seit Oktober 2007 arbeitet sie im Umfang von monatlich 80 Tarifstunden und weitere 30 "Flexistunden" (2/3 einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit) als Verkäuferin. Ohne Berücksichtigung der so genannten "Flexistunden" erzielt sie Monatseinkünfte, die sich nach Abzug gesetzlicher Abgaben, berufsbedingter Kosten und eines Erwerbstätigenbonus auf rund 638 € belaufen. Die Antragsgegnerin ist zeitweise auch in den Abendstunden und samstags berufstätig. In dieser Zeit wird die Tochter von den Großeltern mütterlicherseits betreut. Der Antragsteller ist von Beruf Lehrer. Er erzielt auf der Grundlage eines Jahresbruttoeinkommens in Höhe von 48.578,37 € monatliche Nettoeinkünfte, die sich nach Abzug seiner Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, seiner berufsbedingten Fahrtkosten und der Kosten für Fachliteratur auf 2.473,51 € belaufen. Für zwei Lebensversicherungen zahlt er monatliche Beiträge in Höhe von insgesamt 221,87 €.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Elementarunterhalt in Höhe von 739 € sowie Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 179 € zu zahlen. Auf die Berufung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht den geschuldeten Unterhalt - unter Zurückweisung der auf einen höheren Unterhalt gerichteten Anschlussberufung der Antragsgegnerin – zeitlich gestaffelt zuletzt auf Elementarunterhalt in Höhe von 501 € und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 127 € für die Zeit von Januar bis März 2008 sowie auf Elementarunterhalt in Höhe von 478 € und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 121 € für die Zeit ab April 2008 herabgesetzt. Die weitere Berufung des Antragstellers mit dem Ziel einer Befristung des Betreuungsunterhalts hat es zurückgewiesen.
- 6
- Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Antragstellers und der Antragsgegnerin, mit denen sie ihre Berufungsanträge weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision des Antragstellers ist unbegründet. Die Revision der Antragsgegnerin führt lediglich zu einer geringfügigen Erhöhung des geschuldeten Unterhalts.
I.
- 8
- Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2008, 1945 veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
- 9
- Der Antragsteller sei der Antragsgegnerin auch für die Zeit ab Januar 2008 unterhaltspflichtig, weil dies der Billigkeit entspreche. Nach der Neufassung des § 1570 BGB könne der betreuende Elternteil grundsätzlich nur noch für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Unterhalt beanspruchen. Zwar könne der Anspruch im Einzelfall aus kindbezogenen oder elternbezogenen Gründen verlängert werden, wofür der unterhaltsberechtigte Elternteil darlegungs- und beweispflichtig sei. Mit dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts könne von dem betreuenden Elternteil eines sechsjährigen Kindes aber keinesfalls "von Null auf Hundert" sofort eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden. Mit der Neuregelung habe es der Gesetzgeber ausdrücklich vermieden , eine Altersgrenze festzulegen, ab der von einem Elternteil eine vollschichtige oder teilweise Erwerbstätigkeit erwartet werden könne. Die DreiJahres -Grenze sei allerdings ein deutlicher Anhaltspunkt dafür, dass ab diesem Zeitpunkt trotz bestehender Kindesbetreuung grundsätzlich zumindest eine Teilzeiterwerbstätigkeit als zumutbar anzusehen sei. Weil die Neuregelung eine Abkehr vom bisher praktizierten Altersphasenmodell bezwecke, verbiete sich eine pauschalierte Betrachtung nach dem neuen Recht. Gleichwohl sei es erforderlich , besondere Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen. Zwar habe jedes Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ; eine Ganztagsbetreuung sei damit aber noch nicht sichergestellt. Auch die Arbeitsplätze seien gegenwärtig nur selten auf die Bedürfnisse allein erziehender Eltern ausgerichtet. Unabhängig davon, dass die Alleinerziehung mehr Zuwendung und Anstrengung erfordere als die Kindesbetreuung in einer intakten Familie, benötigten Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter eine "Rund-um-die-Uhr-Betreuung". Kinder in diesem Alter könnten nicht unbeaufsichtigt gelassen werden, auch nicht stundenweise. Regelmäßig führe daher eine volle Erwerbstätigkeit neben der Betreuung eines kleinen Kindes zu einer massiven Überforderung des betreuenden Elternteils. Auch wenn sich eine pauschale Betrachtung, wie sie durch das Altersphasenmodell in der Vergangenheit häufig vorgenommen worden sei, nach neuem Recht verbiete, müssten die altersbedingten besonderen Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt werden. Auch bei Vollzeitbetreuung in einer kindgerechten Einrichtung könne von dem betreuenden Elternteil regelmäßig keine Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt werden , solange das Kind den Kindergarten bzw. die ersten Grundschulklassen besuche. Um eine unzumutbare Belastung und eine erhebliche Ungleichgewichtung der Anforderungen an die gemeinsame Elternverantwortung zu vermeiden , könne man dann regelmäßig nur eine Teilzeitbeschäftigung verlangen, die mit zunehmendem Alter des Kindes zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit auszubauen sei. Überspanne man die Anforderungen an die Erwerbsverpflichtung des betreuenden Elternteils, treffe man damit unmittelbar auch das Kind und beraube es unter Umständen einer Lebensperspektive, die es ohne Trennung der Eltern gehabt hätte.
- 10
- Die Unterstützung der Antragsgegnerin durch ihre Eltern sei im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1570 BGB nicht zu berücksichtigen, weil es sich dabei um freiwillige Leistungen handele, die der Antragsgegnerin zugute kommen , nicht aber den Antragsteller entlasten sollten. Da die Antragsgegnerin bereits mehr als eine Halbtagstätigkeit ausübe, könne von ihr derzeit keine Ausweitung der Erwerbstätigkeit verlangt werden. Im Interesse des Kindeswohls sei auch künftig nur ein stufenweiser Übergang in eine volle Erwerbstätigkeit zumutbar. Der gegenwärtig erzielte Verdienst entspreche in etwa dem Einkommen aus einer Halbtagsstelle in ihrem erlernten Beruf als Buchhändlerin. Im Übrigen habe sich die Antragsgegnerin ausreichend beworben und nachgewiesen , dass sie als Buchhändlerin nicht vermittelbar sei. Für die Zeit ab Januar 2008 sei von dem Nettoeinkommen auf der Grundlage von 80 Arbeitsstunden monatlich auszugehen. Die "Flexistunden" seien überobligatorisch und deswegen nicht zu berücksichtigen. Das ergebe nach Abzug berufsbedingter Kosten und eines Erwerbstätigenbonus ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 637,82 €. Ein zusätzlicher Betreuungsbonus sei nicht abzusetzen, zumal ein solcher nicht konkret feststehe und der Doppelbelastung schon durch die Nichtberücksichtigung der Überstunden Rechnung getragen sei.
- 11
- Bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragstellers sei von seinem Nettoeinkommen als Lehrer ohne Berücksichtigung eines Realsplittingvorteils (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 797) auszugehen, das sich nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, seiner berufsbedingten Fahrtkosten und der Kosten für Fachliteratur auf (3.292,91 € - 507,66 € - 287,10 € - 24,64 € =) 2.473,51 € monatlich belaufe. Zusätzlich seien die Beiträge des Antragstellers für seine Lebensversicherungen in Höhe von insgesamt (richtig) 221,87 € monatlich zu berücksichtigen. Neben der primären Altersvorsorge seien tatsächliche Aufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge bis zur Höhe von 4 % des Bruttoerwerbseinkommens zu berücksichtigen. Das gelte selbst dann, wenn der Unterhaltspflichtige die Versicherungen erst nach der Trennung abgeschlossen habe (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Danach ergebe sich ein Nettoeinkommen von (richtig : 2.473,51 € - 221,87 € =) 2.251,65 €.
- 12
- Zusätzlich seien Umgangskosten in Höhe von 30 € monatlich zu berücksichtigen. Dabei handele es sich zwar grundsätzlich um Ausgaben, die im eigenen und im Interesse des Kindes regelmäßig vom Umgangsberechtigten selbst aufzubringen seien. Für die Zeit ab Januar 2008 seien die nicht unerheblichen Kosten aber unter Berücksichtigung der unterbliebenen Höherstufung für den Kindesunterhalt durch Abzug eines Betrages in Höhe von 30 € monatlich zu berücksichtigen. Für die Bemessung des Kindesunterhalts sei deswegen von einem Nettoeinkommen des Antragstellers in Höhe von (2.251,65 € - 30 € =) 2.221,65 € auszugehen. Danach ergebe sich eine Unterhaltspflicht für die gemeinsame Tochter nach Einkommensgruppe 3 in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Januar 2008). Eine Höherstufung unterbleibe im Hinblick auf die erhöhten Umgangskosten des Antragstellers. Der Zahlbetrag des Kindesunterhalts in Höhe von 230 € bis März 2008 und von 278 € ab April 2008 sei ebenfalls abzusetzen. Unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 10 % ergebe sich ein für den Ehegattenunterhalt relevantes Einkommen in Höhe von 1.792,47 € für die Zeit von Januar bis März 2008 und von 1.749,27 € für die Zeit ab April 2008. Unter Berücksichtigung eines unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens der Antragsgegnerin von 637,82 € errechne sich der zugesprochene Unterhalt.
- 13
- Eine Begrenzung des Unterhalts komme derzeit nicht in Betracht, weil noch nicht absehbar sei, wie lange die umfassende Betreuung der gemeinsamen Tochter durch die Mutter noch notwendig sei. Der Bundesgerichtshof habe im Regelfall davon abgesehen, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zeitlich zu begrenzen, und darauf abgestellt, dass eine vorausschauende Beurteilung der Verhältnisse noch nicht möglich sei. Die Antragsgegnerin habe nachgewiesen , dass sie ihre Tochter in einem Grundschulhort angemeldet habe, die Tochter in die Dringlichkeitsstufe "b" eingereiht worden sei und sie eine Absage erhalten habe. Weil die Belange des Kindes zu berücksichtigen seien, könne auch der Betreuungsunterhalt nach Vollendung des dritten Lebensjahres zeitlich nicht begrenzt werden. Eine sichere Prognose, ab wann eine umfassende Drittbetreuung möglich sei und kein weiterer Betreuungsbedarf des Kindes verbleibe, könne noch nicht getroffen werden. Auch im Rahmen einer zeitlichen Begrenzung nach § 1578 BGB seien die Belange des gemeinsamen Kindes zu berücksichtigen. Selbst wenn die Betreuung gemeinsamer Kinder einer Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nicht grundsätzlich entgegenstehe, scheide eine solche bei einem Anspruch nach § 1570 BGB in der Regel aus, da die- sem Anspruch eine durch Kinderbetreuung eingeschränkte wirtschaftliche Eigenständigkeit immanent sei.
II.
- 14
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision des Antragstellers im Ergebnis stand. Die Revision der Antragsgegnerin hat lediglich in geringem Umfang Erfolg.
- 15
- 1. Der Antragsgegnerin steht nach wie vor ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen den Antragsteller zu.
- 16
- Der im Revisionsverfahren noch streitige Anspruch richtet sich nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I. S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 17
- a) Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsent- scheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1126 Tz. 24, vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 19 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse der gemeinschaftlichen Kinder gewährt, um deren Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 18
- aa) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will. Ein während dieser Zeit erzieltes Einkommen ist somit stets überobligatorisch und der betreuende Elternteil kann eine bestehende Erwerbstätigkeit jederzeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Entscheidet er sich allerdings dafür, das Kind auf andere Weise betreuen zu lassen, und erzielt er eigene Einkünfte, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1126 Tz. 25; vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 20 f. m.w.N. und vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
- 19
- bb) Für die - hier relevante - Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung regelmäßig aber keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1126 Tz. 26; vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 22 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 20
- Allerdings hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus grundsätzlich dem unterhaltsberechtigten Elternteil auferlegt (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 23 mit Anm. Borth FamRZ 2009, 959, 960 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 21
- b) Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit, die ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 und 5 GG finden, entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1126 Tz. 28 und vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 24).
- 22
- aa) Insoweit ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben hat. Dabei hat er an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII). Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8). Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenze, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1126 Tz. 30 und vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 f. Tz. 25 f. m.w.N.).
- 23
- In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe i.S. von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Das gilt sowohl für den rein zeitlichen Aspekt der Betreuung als auch für den sachlichen Umfang der Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung. Umfasst etwa die Betreuung von Schulkindern in einem Hort auch die Hausaufgabenbetreuung, bleibt auch insoweit für eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil kein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigender Bedarf.
- 24
- Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über die Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die begabungs- und entwicklungsgerechte Betreuung des Kindes auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1127 Tz. 32 und vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 27 m.w.N. mit Anm. Borth FamRZ 2009, 959, 961). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, auch das konkrete Betreuungsangebot der kindgerechten Einrichtung und die Möglichkeit , auf einen eingeschränkten Gesundheitszustand des Kindes einzugehen.
- 25
- Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur noch vertretenen pauschalen Altersphasenmodelle hat der Senat ausdrücklich abgelehnt (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1127 Tz. 33 und vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 28 m.w.N.). Die Betreuungsbedürftigkeit ist vielmehr nach den individuellen Verhältnissen des Kindes zu ermitteln. Erst wenn die Kinder ein Alter erreicht haben, in dem sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zeitweise sich selbst überlassen werden können, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf die vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen an (zum Umfang einer Betreuungsbedürftigkeit vgl. auch BGH, Urteile vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08 - WuM 2009, 298 Tz. 12 f. und VI ZR 51/08 - WuM 2009, 296 Tz. 14 f.).
- 26
- bb) Das angefochtene Urteil stützt sich zwar auch auf Erwägungen, die dem durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz überholten Altersphasenmodell nahe kommen. Aufgrund der vom Oberlandesgericht festgestellten Umstände des Einzelfalles hält die Entscheidung zur Fortdauer des Betreuungsunterhalts schon aus kindbezogenen Gründen den Angriffen der Revision des Antragstellers aber im Ergebnis stand.
- 27
- Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besuchte die gemeinsame Tochter ursprünglich täglich bis 14.00 Uhr den Kindergarten; für die Schulzeit ab Sommer 2008 hatte die Antragsgegnerin die gemeinsame Tochter zwar in einem Hort angemeldet, darauf aber eine Absage mit der Einstufung in die Dringlichkeitsstufe "b" erhalten. Seit dem Sommer 2008 besucht die Tochter nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Revisionsverfahren die Schule und wird dort anschließend ebenfalls bis 14.00 Uhr betreut (zur Berücksichtigung unstreitigen neuen Vortrags im Revisionsverfahren vgl. BGH Urteil vom 3. April 1998 - V ZR 143/97 - NJW-RR 1998, 1284 m.w.N.). Eine kindgerechte Betreuung war in der Kindergartenzeit also lediglich bis 14.00 Uhr vorhanden und steht nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts auch gegenwärtig noch nicht in einem darüber hinaus gehenden Umfang zur Verfügung.
- 28
- Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers musste das Oberlandesgericht auch nicht von einer längeren Betreuungsmöglichkeit in einer kindgerechten Einrichtung ausgehen. Das auf der Grundlage des früheren Unterhaltsrechts entwickelte Altersphasenmodell sah für die Zeit bis Ende 2007 schon keine Obliegenheit vor, für die erst sieben Jahre alte Tochter eine Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung in Anspruch zu nehmen (vgl. § 36 Nr. 7 EGZPO). Auch im Hinblick auf die erst im September 2007 eingetretene Rechtskraft der Ehescheidung musste die Antragsgegnerin die Kindergartenbetreuung nicht sogleich mit Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 auf eine vollschichtige Betreuung ausweiten, sondern durfte die Einschulung im Sommer 2008 mit der dadurch grundlegend veränderten Betreuungssituation abwarten. Soweit das Oberlandesgericht für die Zeit nach der Einschulung der gemeinsamen Tochter im Sommer 2008 keine veränderte Betreuungssituation festgestellt hat, ist auch dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Wegen der Absage auf die Bewerbung um einen Hort- platz und der noch ungewissen weiteren Entwicklung durfte das Oberlandesgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Prognose im Juni 2008 weiterhin von einer nur eingeschränkten Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen ausgehen.
- 29
- Darauf, ob die - durch ein ärztliches Attest - nachgewiesene Glutenunverträglichkeit des Kindes einer vollzeitigen Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung entgegensteht, kommt es deswegen hier nicht an. Im Rahmen eines späteren Abänderungsverfahrens obliegt der Antragsgegnerin allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine evtl. vorhandene vollzeitige Betreuungseinrichtung nicht auf diese Erkrankung der gemeinsamen Tochter ausgelegt ist. Unabhängig davon durfte sich der Antragsteller, der nach wie vor das gemeinsame Sorgerecht für die Tochter ausübt, aber nicht auf ein bloßes Bestreiten der Erkrankung mit Nichtwissen beschränken.
- 30
- Im Revisionsverfahren ist danach von einer Betreuung der Tochter in einer kindgerechten Einrichtung auszugehen, die an Werktagen bis 14.00 Uhr andauert. Aus kindbezogenen Gründen ist deswegen grundsätzlich eine weitere Betreuung durch die Antragsgegnerin erforderlich. Selbst wenn die gemeinsame Tochter im Hinblick auf ihr Alter von jetzt sieben Jahren nicht mehr "auf Schritt und Tritt" kontrolliert werden muss (vgl. insoweit BGH, Urteile vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08 - WuM 2009, 298 Tz. 12 f. und VI ZR 51/08 - WuM 2009, 296 Tz. 14 f.) steht dies einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nicht entgegen. Denn auch wenn Kinder in diesem Alter nicht mehr ununterbrochen beaufsichtigt werden müssen, ist eine regelmäßige Kontrolle in kürzeren Zeitabschnitten erforderlich, was einer Erwerbstätigkeit aus kindbezogenen Gründen entgegensteht. Der Umfang der elterlichen Kontrolle, der auch von der individuellen Entwicklung des Kindes abhängt, ist allerdings im Rahmen der elternbezogenen Verlängerungsgründe bei der Bemessung einer überobligationsmäßigen Belastung zu berücksichtigen.
- 31
- c) Soweit die Betreuung eines Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1127 Tz. 36; vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 31 f. und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Solche elternbezogenen Gründe sind schon nach der Systematik des § 1570 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 32
- aa) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung in der Betreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung (§ 1570 Abs. 2 BGB). Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte und verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Selbst wenn Kinder ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen werden, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Um- fang im Einzelfall unterschiedlich sein kann. Der Umfang dieses zusätzlichen Betreuungsbedarfs kann von der Anzahl der Kinder und deren Gesundheitszustand , aber auch von dem Entwicklungsstand und den Neigungen und Begabungen der Kinder abhängig sein. Denn die zeitliche Belastung des betreuenden Elternteils steigt mit dem Umfang der noch notwendigen Betreuung des Kindes (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08 - WuM 2009, 298 Tz. 12 f.). Unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs ist dann eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils über den Umfang der Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung hinaus noch eingeschränkt ist (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1127 Tz. 37 und vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 32).
- 33
- bb) Soweit das Berufungsgericht hier von einer halbschichtigen Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin ausgegangen ist, hat es auch diese elternbezogenen Verlängerungsgründe hinreichend berücksichtigt. Zwar ist der Umstand , dass die Antragsgegnerin tatsächlich sogar zu 2/3 erwerbstätig ist, ein Indiz dafür, dass diese Erwerbstätigkeit im konkreten Einzelfall mit der Betreuung der gemeinsamen Tochter vereinbar ist. Allerdings ist dieser Umfang der Erwerbstätigkeit auf die Betreuung der Tochter durch die Großeltern mütterlicherseits zurückzuführen, die mit ihren freiwilligen Leistungen die Belastung der Antragsgegnerin mindern, nicht aber den Antragsteller von seiner Unterhaltspflicht befreien wollen. Daher steht der Umstand, dass die Antragsgegnerin tatsächlich eine 2/3-Tätigkeit ausübt, hier der Annahme einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Andererseits wäre die Antragsgegnerin wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes bis 14.00 Uhr allein aus kindbezogenen Gründen sogar in der Lage, eine mehr als halbschichtige Erwerbstätigkeit zu übernehmen. Wenn das Oberlandesgericht indes unter zusätzlicher Berück- sichtigung elternbezogener Verlängerungsgründe von einer nur halbschichtigen Erwerbsobliegenheit ausgegangen ist, ist diese Ermessensentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 34
- 2. Die Revision der Antragsgegnerin hat in geringem Umfang Erfolg, weil das Oberlandesgericht die Höhe ihres Unterhaltsbedarfs nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei ermittelt hat.
- 35
- Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Dabei sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen , und zwar grundsätzlich unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
- 36
- a) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil im Rahmen der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragstellers nicht in allen Punkten stand.
- 37
- aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts der Antragsgegnerin von den Nettoeinkünften des Antragstellers als Lehrer ausgegangen und hat davon - was auch die Revision der Antragsgegnerin nicht angreift - die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung , die berufsbedingten Fahrtkosten und einen geringen Betrag für Fachliteratur abgesetzt.
- 38
- bb) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht weiter berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Senats auch der Unterhaltspflichtige als Beamter neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben darf. Für die Berücksichtigung der zusätzlichen Altersvorsorge kommt es nicht darauf an, ob eine solche bereits während der Ehezeit betrieben wurde; entscheidend ist allein, dass Beiträge für eine zusätzliche Altersvorsorge in dem unterhaltsrelevanten Zeitraum geleistet werden (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - zur Veröffentlichung bestimmt).
- 39
- Um eine unangemessene Vermögensbildung zu Lasten der Unterhaltsansprüche des Berechtigten zu verhindern, ist die zusätzliche Altersvorsorge aus unterhaltsrechtlicher Sicht allerdings auf 4 % des Bruttoeinkommens begrenzt (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. und BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795). Dies hat das Berufungsgericht zwar erkannt, aber nicht auf den Fall umgesetzt. Denn es hat mit den Beiträgen des Antragstellers auf seine Lebensversicherungen einen Betrag in Höhe von insgesamt (166,67 € + 55,20 € =) 221,87 € monatlich abgesetzt. Der Höchstbetrag von 4 % beläuft sich bei dem vom Berufungsgericht festgestellten Bruttoeinkommen des Antragstellers von 48.578,37 € allerdings auf lediglich 162 € monatlich. Nur diesen Betrag hätte das Oberlandesgericht zusätzlich vom Einkommen des Antragstellers abziehen dürfen.
- 40
- cc) Soweit das Oberlandesgericht vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Antragstellers Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind in Höhe von monatlich 30 € abgesetzt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
- 41
- Seit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung in § 1612 b BGB zum 1. Januar 2008 mindert das hälftige Kindergeld den Barbedarf des minder- jährigen Kindes und entlastet in diesem Umfang den barunterhaltspflichtigen Elternteil (§ 1612 b Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Entlastung ist bei einer anschließenden Bemessung des nachehelichen Unterhalts auf die Weise zu berücksichtigen , dass als Kindesunterhalt nur noch der Zahlbetrag abgesetzt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Die Entlastung der Barunterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern durch das hälftige Kindergeld (§ 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB) kann sich deswegen im Rahmen eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt auf bis zu (164 : 2 x 55 % =) 45,10 € vermindern. Kosten der Ausübung des Umgangsrechts , die deutlich über den verbleibenden Anteil hinausgehen, können nach der Rechtsprechung des Senats durch einen - teilweisen - Abzug vom Einkommen oder eine Erhöhung des Ehegattenselbstbehalts berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteile vom 23. Februar 2005 - XII ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706, 708 und vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 599 sowie Wendl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 169).
- 42
- Hier hat das Oberlandesgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin nach der Trennung mit dem Kind nach M. verzogen ist und der Antragsteller deswegen zur Ausübung seines 14-tägigen Umgangsrechts mehrere Hundert Kilometer fahren muss. Wenn das Berufungsgericht auf der Grundlage dieses Sachverhalts einen Teil der Umgangskosten von 30 € monatlich vom Einkommen des Antragstellers abgesetzt hat, hält sich dies im Rahmen der Rechtsprechung des Senats.
- 43
- dd) Damit ergibt sich folgende Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragstellers: Nettoeinkommen des Antragstellers 3.292,91 € abzügl. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung - 507,66 € abzügl. berufsbedingte Fahrtkosten - 287,10 € abzügl. anteilige Fachliteratur - 24,64 € abzügl. Höchstbetrag zusätzlicher Altersvorsorge - 162,00 € abzügl. anteiliger Umgangskosten - 30,00 € verbleibendes Nettoeinkommen 2.281,51 €
- 44
- ee) Zutreffend hat das Oberlandesgericht von diesem Einkommen des unterhaltspflichtigen Antragstellers den Barunterhalt für die gemeinsame Tochter abgesetzt. Dabei hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 auf den Zahlbetrag nach Abzug des Kindergeldes und nicht auf einen geschuldeten Tabellenbetrag abgestellt (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Wenn es bei dem unterhaltsrelevanten Monatseinkommen des Antragstellers von (richtig) 2.281,51 € für die Zeit ab Januar 2008 unter Berücksichtigung der erhöhten Umgangskosten eine Unterhaltspflicht aus der 3. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle angenommen hat, ist auch dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Das ergibt für die Zeit von Januar bis März 2008 (1. Altersstufe) einen Zahlbetrag von (307 € - 77 € =) 230 €, für die Zeit von April bis Dezember 2008 einen solchen von (355 € - 77 € =) 278 € und für die Zeit ab Januar 2009 (Anstieg des Kindergeldes) einen solchen in Höhe von (355 € - 82 € =) 273 €.
- 45
- Unter Berücksichtigung dieses Kindesunterhaltes ergibt sich folgende Berechnung des für den Ehegattenunterhalt relevanten Einkommens: 1 bis 3/2008 4 bis 12/2008 ab 1/2009 verbliebenes Nettoeinkommen des Antragstellers 2.281,51 € 2.281,51 € 2.281,51 € abzügl. Zahlbetrag Kindesunterhalt - 230,00 € - 278,00 € - 273,00 € verbleibendes Einkommen 2.051,51 € 2.003,51 € 2.008,51 € abzügl. 10 % Erwerbstätigenbonus verbleiben rund 1.846,00 € 1.803,00 € 1.808,00 €
- 46
- b) Soweit das Berufungsgericht ein unterhaltsrelevantes Einkommen der Antragsgegnerin in Höhe von rund 638 € berücksichtigt hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Es ist zutreffend von einer halbschichtigen Erwerbspflicht der Antragsgegnerin und ihren daraus erzielbaren Einkünften ausgegangen. Die darüber hinausgehenden Einkünfte hat es - wie ausgeführt - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats als überobligatorisch unberücksichtigt gelassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 162, 384, 391 f. = FamRZ 2005, 1154, 1156). Unter Berücksichtigung dieser eigenen Einkünfte der Antragsgegnerin ergibt sich - abweichend von der Berechnung des Oberlandesgerichts - folgende Unterhaltsberechnung: 1 bis 3/2008 2 bis 4 /2008 ab 1/2009 unterhaltsrelevantes Einkommen des Antragstellers 1.846,00 € 1.803,00 € 1.808,00 € unterhaltsrelevantes Einkommen der Antragsgegnerin 638,00 € 638,00 € 638,00 € Summe der Einkünfte 2.484,00 € 2.441,00 € 2.446,00 € Unterhaltsbedarf (1/2) 1.242,00 € 1.220,50 € 1.223,00 € abzügl. eigene Einkünfte - 638,00 € - 638,00 € - 638,00 € vorläufiger Elementarunterhalt 604,00 € 582,50 € 585,00 € Bruttobemessungsgrundlage (+ 13 %) nach Bremer Tabelle FamRZ 2009, 283 682,52 € 658,23 € 661,05 € Altersvorsorgeunterhalt (19,9 %; rd.) 136,00 € 131,00 € 132,00 € bereinigtes Einkommen des Antragstellers 1.710,00 € 1.672,00 € 1.676,00 € Einkommen der Antragsgegnerin 638,00 € 638,00 € 638,00 € Summe der bereinigten Einkünfte 2.348,00 € 2.310,00 € 2.314,00 € bereinigter Unterhaltsbedarf (1/2) 1.174,00 € 1.155,00 € 1.157,00 € abzügl. eigener Einkünfte - 638,00 € - 638,00 € - 638,00 € bereinigter Elementarunterhalt 536,00 € 517,00 € 519,00 €
- 47
- 3. Soweit das Berufungsgericht eine Befristung oder Begrenzung des Anspruchs der Klägerin auf Betreuungsunterhalt abgelehnt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.
- 48
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578b BGB führen (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08, FamRZ 2009, 1124, 1128 Tz. 55 und vom 18. Mai 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 42 m.w.N.).
- 49
- b) Auch soweit das Oberlandesgericht eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts der Antragsgegnerin vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung abgelehnt hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 50
- Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass einerseits die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist und andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten ehelichen Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 1128 Tz. 57 und vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 44 m.w.N.).
- 51
- Diese Voraussetzungen für eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts hat das Oberlandesgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien nicht festzustellen vermocht. Insbesondere ist nach wie vor ein ehebedingter Nachteil darin zu sehen, dass die Antragsgegnerin wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist. Ob und in welchem Umfang dieser Nachteil auch durch einen geringeren Unterhalt ausgeglichen werden könnte und die fortdauernde Teilhabe an den vom Einkommen des Antragstellers abgeleiteten Lebensverhältnisse unbillig ist, hat der in- soweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen.
- 52
- 4. Das angefochtene Urteil ist deswegen lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts abzuändern. Im Übrigen sind die Revision des Antragstellers und weitergehende Revision der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 30.03.2007 - 533 F 1396/05 -
OLG München, Entscheidung vom 04.06.2008 - 12 UF 1125/07 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08
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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.
(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Abänderung des nachehelichen Ehegattenunterhalts.
- 2
- Die Parteien hatten im Juli 1973 die Ehe geschlossen, aus der zwei 1975 und 1977 geborene Söhne hervorgegangen sind. Nach Trennung im Januar 1984 wurde die Ehe mit Urteil vom 29. Juli 1986 geschieden. Die minderjährigen Kinder verblieben bei der Klägerin in der früheren Ehewohnung.
- 3
- Bei Zustellung des Scheidungsantrags verfügte der Beklagte über ein Vermögen von mehr als 1,1 Mio. DM, das überwiegend aus einer Erbschaft nach seiner Mutter stammte; die Klägerin verfügte über Vermögenswerte von knapp 200.000 DM. Ein Zugewinnausgleich wurde nicht durchgeführt. Die Parteien übertrugen den Miteigentumsanteil des Beklagten an der als Ehewohnung genutzten Doppelhaushälfte auf die Klägerin. Im Gegenzug erhielt der Beklagte den Miteigentumsanteil der Klägerin an einem unbebauten Grundstück.
- 4
- Mit Vergleich vom 26. Juni 1987 (11 UF 478/86 OLG Hamm) verpflichtete sich der Beklagte, an die Klägerin ab Juli 1987 monatlich nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.610 DM (200 DM Krankenvorsorgeunterhalt, 385 DM Altersvorsorgeunterhalt sowie 1.025 DM Elementarunterhalt) zu zahlen. Zur Grundlage des Vergleichs vereinbarten die Parteien: "3 … Insoweit ist bei der Höhe des Elementarunterhalts bereits ein Abzug von 350,-- DM für anteiligen Wohnwert des Hauses Z. berücksichtigt. Sobald die Hauslasten des Hauses Z. gemäß der vorgesehenen Vereinbarung vergleiche Ziffer 2 des Vergleichs auf die Antragsgegnerin übergehen , erhöht sich der Elementarunterhalt um 350,-- DM auf monatlich 1.375,-- DM. 4. Die Parteien gehen dabei davon aus, dass für den nachehelichen Unterhalt allein das Erwerbseinkommen des Antragstellers als Lehrer (einschließlich VHS) bei Abzug der endgültig vom Finanzamt festgestellten Steuern, maßgebend sein soll. Abgesetzt sind vorweg 200,-- DM Werbungskosten sowie 168,50 DM Krankenkasse."
- 5
- Im Oktober 1987 heiratete der Beklagte erneut. Seine zweite Ehefrau ist wegen der Erziehung ihres Sohnes aus erster Ehe nicht erwerbstätig, erzielt allerdings eine Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit in einem Kommunalparlament.
- 6
- Nachdem die Klägerin im April 1990 eine Halbtagsbeschäftigung als kaufmännische Angestellte aufgenommen hatte, änderten die Parteien die Unterhaltspflicht des Beklagten mit Vergleich vom 27. Juli 1990 (3 F 133/90 AG Hamm) ab. Der Beklagte verpflichtete sich, an die Klägerin ab Oktober 1990 monatlichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 1.000 DM (57,50 DM Krankenvorsorgeunterhalt , 178,98 DM Altersvorsorgeunterhalt und 763,52 DM Elementarunterhalt ) zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von folgenden Grundlagen aus: "Das Bruttoeinkommen des Klägers beläuft sich auf 79.953,21 DM im Jahr. Das Einkommen der geschiedenen Ehefrau beläuft sich auf 1.264,58 DM netto monatlich. Die Beklagte hat Fahrtkosten in Höhe von monatlich 175,00 DM. Der Kläger hat Einkünfte bei der Volkshochschule in Höhe von 1.035,00 DM jährlich. Er zahlt 186,90 DM monatlich für die Krankenversicherung. Er hat Fahrtkosten in Höhe von 150,00 DM monatlich. Er zahlt für die Kinder aus erster Ehe jeweils 685,00 DM monatlich."
- 7
- Nachdem die Klägerin ab April 1995 in Vollzeit berufstätig war, wurde die Unterhaltspflicht des Beklagten durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. September 1997 (11 UF 224/96) erneut herabgesetzt. Der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin zeitlich gestaffelten Unterhalt, ab Januar 1998 in Höhe von 824,87 DM (92,08 DM Krankenvorsorgeunterhalt, 150,91 DM Altersvorsor- geunterhalt und 581,88 DM Elementarunterhalt) zu zahlen. Dabei wurde die Gehaltssteigerung des Beklagten wegen seiner Beförderung vom Oberstudienrat zum Studiendirektor nicht berücksichtigt. Die Steuervorteile des Beklagten in seiner neuen Ehe und dessen Ortszuschlag einschließlich der kinderbezogenen Bestandteile wurden in voller Höhe berücksichtigt. Auf den Unterhaltsbedarf der Klägerin wurde das eigene Einkommen in voller Höhe angerechnet. Ein Wohnvorteil der Klägerin blieb mit folgender Begründung unberücksichtigt: "Die Anrechnung des Wohnvorteils scheidet aus, weil die Beklagte schon bei Abschluss des abzuändernden Vergleichs über diesen Wohnvorteil verfügt hat und weil die Parteien damals davon abgesehen haben, diese Einkommensposition bedarfsmindernd zu berücksichtigen. An diese Regelung sind die Parteien auch heute noch gebunden. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, welche eine Abänderung der damaligen Einigung rechtfertigen könnte, hat der Kläger nicht dargetan."
- 8
- Nach Änderung der Rechtsprechung des Senats zur Bewertung eines nachehelich erzielten Einkommens als Surrogat einer früheren Haushaltstätigkeit und Kindererziehung begehrt die Klägerin nunmehr eine Erhöhung des geschuldeten Aufstockungsunterhalts für die Zeit ab April 2002. Der Beklagte verlangt mit seiner im November 2003 eingegangenen Abänderungswiderklage Herabsetzung des geschuldeten Unterhalts, weil nach neuerer Rechtsprechung des Senats weder der Splittingvorteil aus seiner neuen Ehe noch sein Familienzuschlag bei der Ermittlung des Unterhalts seiner geschiedenen Ehefrau zu berücksichtigen sei. Zudem sei auf Seiten der Klägerin ein Vorteil mietfreien Wohnens zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei zudem zeitlich zu begrenzen, weil ehebedingte Nachteile inzwischen nicht mehr vorhanden seien.
- 9
- Das Amtsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Unterhaltsanspruch der Klägerin auf die Zeit bis Dezember 2006 befristet. Das Berufungsgericht hat - ohne nähere Begründung - für beide Parteien die Revision zugelassen. Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revision der Klägerin und die unselbständige Anschlussrevision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die Revision und die Anschlussrevision haben - zeitlich gestaffelt - nur teilweise Erfolg und führen insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Demgegenüber hält die vom Oberlandesgericht ausgesprochene Befristung des Unterhalts bis Dezember 2006 beiden - gegenläufigen - Angriffen stand.
A
- 11
- Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung auszugsweise in FamRZ 2005, 1177 veröffentlicht ist, hat der Klage auf Erhöhung des geschuldeten nachehelichen Unterhalts teilweise stattgegeben und den Unterhaltsanspruch auf die Widerklage des Beklagten auf die Zeit bis Ende 2006 befristet. Im Übrigen hat es die Klage und die Widerklage abgewiesen.
I.
- 12
- Zwar sei über eine Abänderung des Urteils vom September 1997 zu entscheiden. In der Sache handle es sich aber um eine Abänderung des früheren Unterhaltsvergleichs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil schon das abzuändernde Urteil seinerseits einen Unterhaltsvergleich abgeändert habe. Dabei sei sowohl auf eine Änderung der ursprünglichen Vergleichsgrundlage als auch auf eine Änderung der Grundlage des abzuändernden Urteils abzustellen.
II.
- 13
- 1. Das Einkommen des Beklagten sei auf der Grundlage fiktiver Bezüge aus der Gehaltsstufe A 14 zu ermitteln, weil der Gehaltssprung aus der Beförderung zum Studiendirektor (A 15) schon in dem früheren Verfahren nicht als eheprägend bewertet worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtberücksichtigung des Splittingvorteils aus einer neuen Ehe bei der Bemessung des Unterhalts eines geschiedenen Ehegatten sei fraglich, ob die Familienzuschläge des Beklagten weiterhin Berücksichtigung finden könnten. Der vom Bundesverfassungsgericht zum Ehegattensplitting entwickelte Gedanke, dass die vom Gesetzgeber allein der bestehenden Ehe eingeräumten Vorteile ihr nicht durch den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten entzogen werden dürften, habe über diesen Sachverhalt hinaus allgemeinverbindlichen Charakter. Auch der nach Beamtenrecht gewährte Familienzuschlag für Stiefkinder sei entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der neuen Ehe zuzuordnen. Der Familienzuschlag für einen neuen Ehegatten werde nach § 40 Abs. 1 BBesG allerdings nicht nur einem verheirateten, sondern auch einem zum Unterhalt verpflichteten geschie- denen Beamten gewährt. Wenn ein unterhaltspflichtiger geschiedener Ehegatte erneut heirate, beruhe die Gewährung des Familienzuschlags nach Stufe 1 also auf zwei Gründen, weswegen der Zuschlag - anders als der Splittingvorteil - nicht allein der neuen Ehe zugeordnet werden könne. Dem Bestreben des Bundesverfassungsgerichts , den wirtschaftlichen Status der bestehenden (neuen) Ehe zu stärken, sei daher dadurch Rechnung zu tragen, dass der Verheiratetenzuschlag entsprechend seiner doppelten Zweckbestimmung aufgeteilt und nur zur Hälfte der neuen Ehe zugeordnet werde. Auf diese Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung könne sich die Klägerin erst ab Erlass des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts berufen. Der Beklagte könne die dadurch bedingte Herabsetzung seines unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens gegenüber dem Abänderungsverlangen der Klägerin allerdings ohne zeitliche Beschränkung geltend machen. Dem berechtigten Begehren der Klägerin, den Aufstockungsunterhalt nicht mehr nach der Anrechnungs-, sondern nach der Differenzmethode zu berechnen, könne der Beklagte daher zeitlich unbeschränkt entgegenhalten, dass der Familienzuschlag der Stufe 1 nur noch hälftig in die Berechnung einbezogen werden könne. Auf die Nichtberücksichtigung des Familienzuschlags für den Stiefsohn T. könne der Beklagte sich ebenfalls schon ab dem Erhöhungsverlangen der Klägerin für die Zeit ab April 2002 berufen. Gleiches gelte für den in dem abzuändernden Urteil noch in vollem Umfang berücksichtigten Splittingvorteil des Beklagten.
- 14
- Dass der Beklagte für 2002 kein Realsplitting in Anspruch genommen habe, hindere eine fiktive Berücksichtigung dieses Steuervorteils nicht. Der insoweit absetzbare Betrag richte sich danach, welcher Unterhalt bei richtiger Berechnung zu zahlen gewesen wäre. Für die Zeit ab November 2003 sei der Beklagte zur Eintragung eines Freibetrags weder verpflichtet noch imstande gewesen, weil er den fast gänzlichen Wegfall des Unterhaltsanspruchs geltend gemacht habe.
- 15
- Neben den Krankenversicherungsbeiträgen für den Beklagten und den Sohn B. sowie dem Krankenvorsorgeunterhalt für die Klägerin, dem Unterhalt für den Sohn B. und den Fahrtkosten des Beklagten seien keine weiteren Beträge für eine zusätzliche Altersversorgung abzusetzen. Solches komme schon deswegen nicht in Betracht, weil dann andererseits auch der Altersvorsorgeunterhalt der Klägerin entsprechend höher sein müsse.
- 16
- Dem Einkommen der Klägerin sei ein Wohnvorteil nicht hinzuzurechnen, zumal ein solcher weder in dem letzten Unterhaltsvergleich noch in dem abzuändernden Senatsurteil berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei auch das Vermögen des Beklagten, das im Zeitpunkt der Ehescheidung deutlich höher gewesen sei als dasjenige der Klägerin, unberücksichtigt geblieben. Der Verlust dieses Vermögens sei auf eine riskante Anlage zurückzuführen und bleibe deswegen als unterhaltsrechtlich leichtfertig unberücksichtigt. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin sei bei den vorliegenden Einkommensverhältnissen nicht konkret, sondern im Wege der Differenzmethode zu ermitteln. Der spätere Kirchenbeitritt des Beklagten sei ebenfalls als eheprägend zu berücksichtigen, weil der Beklagte schon zu Beginn der Ehe Kirchenmitglied gewesen sei.
- 17
- 2. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei allerdings auf die Zeit bis Dezember 2006 zu befristen. Zwar sei hier unter Einschluss der Kindererziehungszeiten von einer Ehedauer auszugehen, die sogar 20 Jahre übersteige. Das führe aber nicht zwangsläufig zu einer zunehmenden Verflechtung der Verhältnisse und einer Abhängigkeit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten. Hier könne von einer solchen Verflechtung nicht die Rede sein, zumal die Klägerin im April 1990 eine Halbtagstätigkeit in ihrem erlernten Beruf aufgenommen habe , die sie im April 1995 auf eine angemessen entlohnte vollschichtige Tätigkeit habe aufstocken können. Zwar bleibe als wesentliches Kriterium für die zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts, ob sich der Unterhaltsberechtigte we- gen der langen Ehedauer zu Recht auf einen Lebensstandard habe einrichten können und eingerichtet habe, den er ohne Unterhaltszahlungen nicht fortführen könnte. Diese Garantie des ehebedingten Lebensstandards müsse trotz der den Unterhaltspflichtigen stärker belastenden Anwendung der Differenzmethode auch weiterhin gelten. Die Teilhabe der Klägerin an dem höheren Einkommensniveau des Beklagten werde aber im angemessenen Rahmen schon dadurch dauerhaft gesichert, dass sie voraussichtlich ab Anfang 2007, nach Auslaufen des Hauptkredits, über ein im Wesentlichen unbelastetes Haus verfügen könne. Ab diesem Zeitpunkt könne die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und Vermögen einen angemessenen Lebensstandard halten, so dass Unterhaltszahlungen über diesen Zeitpunkt hinaus unbillig seien.
B
- 18
- Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision nur teilweise stand.
I.
- 19
- Soweit das Berufungsgericht der Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Klage und der Widerklage für die Zeit bis Dezember 2006 höheren Unterhalt zugesprochen hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 20
- 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von einem Einkommen des Beklagten als Oberstudienrat ausgegangen, weil nur dieses Einkommen nach den Ausführungen des abzuändernden Urteils die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt hat.
- 21
- An dieser Bewertung hat sich auch durch die neuere Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nichts geändert (Senatsurteile BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 und BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591). Zwar sind danach nachehelich eingetretene Einkommensminderungen bei der Bedarfsbemessung grundsätzlich zu berücksichtigen , sofern sie nicht auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten beruhen oder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltsverpflichteten veranlasst sind und von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können. Denn die Anknüpfung der nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgebenden Umstände an den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils begründet schon nach ihrem Zweck für den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie.
- 22
- Umgekehrt hat der Senat wegen des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit in § 1569 BGB daran festgehalten, dass nacheheliche Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen sich nur dann bedarfssteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Solches war nach dem Inhalt der abzuändernden Entscheidung bezüglich der Beförderung zum Studiendirektor nicht der Fall.
- 23
- 2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht für die Zeit ab November 2003 von dem Einkommen des Beklagten die von ihm gezahlte Kirchensteuer abgesetzt. Dabei kommt es nach der zitierten Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte bei Rechtskraft der Ehescheidung Kirchensteuer entrichten musste oder ob in diesem Zeitpunkt ein späterer Kircheneintritt zu erwarten war.
- 24
- Die Anknüpfung der nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgebenden Umstände an den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils begründet schon nach ihrem Zweck für den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie , deren Erfüllung nur in den Grenzen fehlender Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten an dessen dauerhaft veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepasst und nur insoweit auch "nach unten korrigiert" werden könnten. Für eine solche Absicherung böte das Recht des nachehelichen Unterhalts, das - jedenfalls im Prinzip - nur die Risiken der mit der Scheidung fehlgeschlagenen Lebensplanung der Ehegatten und der von ihnen in der Ehe praktizierten Arbeitsteilung angemessen ausgleichen will, keine Rechtfertigung. Das Unterhaltsrecht will den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich im Grundsatz nicht besser stellen, als er sich ohne die Scheidung stünde (Senatsurteile BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 f. und BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591).
- 25
- Bei fortbestehender Ehe hätte die Klägerin den Kircheneintritt des Beklagten aber akzeptieren und die Verringerung des verfügbaren Nettoeinkommens mit tragen müssen. Dann kann auch die Scheidung ihr das Risiko einer solchen - auch den unterhaltspflichtigen Beklagten treffenden - Verringerung des verfügbaren Einkommens nicht abnehmen.
- 26
- 3. Ebenso zu Recht hat es das Berufungsgericht unter den hier obwaltenden Umständen abgelehnt, vom Einkommen des Beklagten weitere Beträge für eine zusätzliche Rentenversicherung abzusetzen.
- 27
- Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, dass im Rahmen der früheren Unterhaltsvergleiche und der gerichtlichen Abänderung solche Beträge nicht abgesetzt worden sind. Denn insoweit weist die Anschlussrevision des Beklagten zutreffend darauf hin, dass nach der - nach Erlass des abzuändernden Urteils aus dem Jahre 1997 geänderten - Rechtsprechung des Senats grundsätzlich eine zusätzliche Altersversorgung betrieben werden darf, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793 und vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - FamRZ 2006, 1511, 1514) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f.) betragen kann. Das setzt aber stets voraus, dass solche Aufwendungen für die eigene Altersvorsorge tatsächlich geleistet werden. Hat der Unterhaltsschuldner solches nicht dargelegt, kommt ein fiktiver Abzug für eine zusätzliche Altersversorgung nicht in Betracht (Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193 f.).
- 28
- Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht eine weitere Kürzung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten abgelehnt. Soweit der Beklagte eine Rentenversicherung auf das Leben seiner zweiten Ehefrau abgeschlossen und zu ihren Gunsten ein widerrufliches Bezugsrecht im Erlebensfall verfügt hat, erfüllt dies die Voraussetzungen einer eigenen Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen nicht. Nach der gegenwärtigen Regelung fiele die Zusatzrente bei Fälligkeit nicht dem Beklagten, sondern seiner zweiten Ehefrau zu und ist schon deswegen nicht zu seiner eigenen Altersvorsorge bestimmt. Darauf, ob der Beklagte das Bezugsrecht seiner zweiten Ehefrau jederzeit widerrufen könnte, kommt es nicht entscheidend an, solange er den Widerruf nicht tatsächlich erklärt hat. Weil der Beklagte auch sonst keine eigene zusätzliche Altersvorsorge, etwa auch in Form der Bildung von Kapital oder anderen Vermögenswerten, nachgewiesen hat, können entsprechende Aufwendungen bei der Unterhaltsberechnung nicht berücksichtigt werden.
- 29
- 4. Schließlich hat das Berufungsgericht den Wohnvorteil der Klägerin im eigenen Haus bei der Ermittlung ihres Unterhaltsbedarfs im Rahmen der Abänderungsklage nach § 323 ZPO ebenfalls zu Recht unberücksichtigt gelassen.
- 30
- Zwar ist der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich als Vermögensertrag unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 311 ff.).
- 31
- Hier kommt eine Berücksichtigung des Wohnwerts aber deswegen nicht in Betracht, weil dies schon im Rahmen des Unterhaltsvergleichs vom 27. Juli 1990 trotz des auch damals unstreitig vorhandenen Wohnvorteils unterblieben ist. Entsprechend hat auch das nunmehr abzuändernde Urteil des Oberlandesgerichts vom 19. September 1997 ausgeführt, dass eine Anrechnung des Wohnvorteils ausscheide, weil die Klägerin schon bei Abschluss des abzuändernden Vergleichs über diesen Wohnvorteil verfügt habe und die Parteien damals davon abgesehen hätten, diese Einkommensposition bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Dafür, dass die Parteien bei Abschluss des Vergleichs vom 27. Juli 1990 im Hinblick auf das Alter der Kinder nur zeitlich befristet von einer Berücksichtigung des Wohnvorteils absehen wollten, ist im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Vergleichs nichts ersichtlich. Dagegen spricht sogar, dass die Parteien in dem ursprünglichen Unterhaltsvergleich vom 26. Juni 1987 einen anteiligen Wohnwert berücksichtigt hatten und dies in dem späteren Vergleich vom 27. Juli 1990 nicht wieder aufgegriffen haben.
- 32
- 5. Zu Recht weist die Revision allerdings darauf hin, dass das Berufungsgericht nicht schon für die Zeit von April 2002 bis Oktober 2003 von einem fiktiven Einkommen des Beklagten nach der Steuerklasse I ausgehen durfte, zumal die abzuändernde Entscheidung den Splittingvorteil des Beklagten aus seiner zweiten Ehe - im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats - bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin berücksichtigt hatte.
- 33
- a) Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2003 entschieden, dass steuerliche Vorteile, die der neuen Ehe eines geschiedenen Unterhaltspflichtigen durch das Ehegattensplitting erwachsen, von Verfassungs wegen nicht schon in der früheren Ehe angelegt sind und deswegen die Lebensverhältnisse dieser Ehe auch nicht bestimmt haben. Denn diese steuerlichen Vorteile, die in Konkretisierung des Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 1 GG durch das Gesetz allein der bestehenden Ehe eingeräumt sind, dürfen ihr durch die Gerichte nicht wieder entzogen und an die geschiedene Ehe weitergegeben werden (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Dem hat sich der Senat inzwischen angeschlossen. Danach ist für den Ehegattenunterhalt bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).
- 34
- b) Wegen der Rechtskraft des abzuändernden Urteils gilt dies im Rahmen der - hier gebotenen - Abänderung nach § 323 ZPO aber erst für die Zeit ab Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003.
- 35
- Die Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels richtet sich hier entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auch materiell-rechtlich nach § 323 ZPO und nicht - wie bei der Abänderung von Prozessvergleichen - nach den Grundsätzen über die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Denn die Unterhaltspflicht des Beklagten ergab sich aus der materiellen Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. September 1997. Auch wenn dieses Urteil einen früheren Prozessvergleich der Parteien abgeändert hatte, ist eine Durchbrechung seiner Rechtskraft nur nach Maßgabe der materiellen Voraussetzungen einer Abänderungsklage in § 323 ZPO möglich.
- 36
- Dabei ergeben sich aus der Zielsetzung des § 323 Abs. 1 ZPO, nämlich nur unvorhersehbare Veränderungen der maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse nachträglich berücksichtigen zu können, zugleich die Grenzen für die Durchbrechung der bestehenden Rechtskraft. Die sich aus der Rechtskraft ergebende Bindungswirkung des Ersturteils darf deswegen auf Abänderungsklage nur insoweit beseitigt werden, als das Ersturteil auf Verhältnissen beruht, die sich nachträglich geändert haben. Bereits seit längerem ist anerkannt, dass sich eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse nicht nur aus einer Änderung der Gesetzeslage, sondern auch aus einer ihr gleichkommenden verfassungskonformen Auslegung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht ergeben kann (Senatsurteil vom 12. Juli 1990 - XII ZR 85/89 - FamRZ 1990, 1091, 1094). Außerdem hat der Senat inzwischen entschieden, dass dies auch für die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof gilt (BGHZ 148, 368, 377 f. = FamRZ 2001, 1687, 1690 für die Abänderung von Vergleichen sowie BGHZ 153, 372, 383 f. = FamRZ 2003, 848, 851 f. für die Abänderung von Urteilen). In beiden Fällen kommt eine Abänderung des Unterhaltstitels wegen Änderung der Rechtsprechung aber erst ab Verkündung des maßgeblichen Urteils des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesgerichtshofs in Betracht. Auf diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Berücksichtigung des Splittingvorteils aus zweiter Ehe für weitere Verfahren, die nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerde waren, ausdrücklich hingewiesen (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1825).
- 37
- c) Eine entsprechende zeitliche Schranke gilt im Rahmen der hier vorliegenden Abänderungsklage auch für den Beklagten, sodass er sich auch im Rahmen der Verteidigung gegen die Abänderungsklage der Klägerin erst für die Zeit ab der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Splittingvorteil darauf berufen kann.
- 38
- Zwar gilt die in § 323 Abs. 2 ZPO für den Kläger eines Abänderungsverfahrens angeordnete Präklusion von Abänderungsgründen nicht uneingeschränkt auch für den Beklagten dieses Verfahrens. Vielmehr kann der Beklagte zur Verteidigung des Ersturteils gegen das Abänderungsbegehren des Klägers auch solche Tatsachen in den Prozess einführen, die bereits während des Erstprozesses vorgelegen haben, dort aber nicht vorgetragen wurden und infolgedessen unberücksichtigt geblieben sind (Senatsurteil vom 21. Februar 2001 - XII ZR 276/98 - FamRZ 2001, 1364, 1365). Diese Rechtsprechung des Senats beschränkt sich allerdings nach § 323 Abs. 2 ZPO auf die Präklusion solcher Tatsachen, die schon früher vorhanden und lediglich nicht geltend gemacht waren. Sie ist auf die nach § 323 Abs. 1 ZPO relevante Frage, ob und ab wann überhaupt wesentliche Änderungen der früher zugrunde gelegten Verhältnisse eingetreten sind, nicht in gleicher Weise übertragbar. Hier ist eine solche Änderung erst durch die Änderung der Rechtsprechung zum Splittingvorteil mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 eingetreten (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823); früher konnte und kann auch der Beklagte diese nicht für sich in Anspruch nehmen. Das hat das Berufungsgericht verkannt.
- 39
- 6. Die Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern, soweit das Berufungsgericht einen Realsplittingvorteil aus der Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin berücksichtigt hat.
- 40
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen. Im Regelfall ist deswegen auch die Steuerlast in ihrer jeweils realen Höhe maßgebend, unabhängig davon , ob sie im konkreten Fall seit der Trennung gestiegen oder gesunken ist und ob das auf einem gesetzlich vorgeschriebenen Wechsel der Steuerklasse oder auf einer Änderung des Steuertarifs beruht. Berichtigungen der tatsächlichen , durch Steuerbescheid oder Lohnabrechnung nachgewiesenen Nettoeinkünfte sind nur in besonders liegenden Fällen vorzunehmen, etwa dann, wenn nicht prägende Einkünfte eingeflossen sind, steuerliche Vergünstigungen vorliegen , die - wie z.B. das Ehegattensplitting - dem Unterhaltsberechtigten nicht zugute kommen dürfen oder wenn erreichbare Steuervorteile entgegen einer insoweit bestehenden Obliegenheit nicht in Anspruch genommen worden sind (Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 35/89 - FamRZ 1990, 503, 504). Entsprechend trifft den Unterhaltspflichtigen grundsätzlich auch eine Obliegenheit , mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden (Senatsurteil vom 29. April 1998 - XII ZR 266/96 - FamRZ 1998, 953, 954).
- 41
- Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus dem Realsplitting geht allerdings nur so weit, wie seine Unterhaltspflicht aus einem Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig erfüllt wird. Denn die steuerlichen Voraussetzungen des Realsplittings erfordern eine tatsächliche Unterhaltszahlung in dem jeweiligen Steuerjahr (zur Steuerpflicht des Unterhaltsberechtigten vgl. BFH HFR 2006, 568). Auch das hat das Berufungsgericht verkannt, indem es bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten einen Realsplittingvorteil auf der Grundlage der erst jetzt neu berechneten Unterhaltspflicht berücksichtigt hat.
- 42
- b) Nach dem Inhalt des abzuändernden Urteils vom 19. September 1997 war der Beklagte zu monatlichem Unterhalt in Höhe von 824,87 DM (= 421,75 €) verpflichtet. Nur diesen Betrag musste er deswegen im Rahmen seiner Obliegenheit zur bestmöglichen Ausschöpfung seiner Einkommensmöglichkeiten im Wege des Realsplittings von seinem steuerlich relevanten Einkommen absetzen. Hinzu kommt, dass der Beklagte mit seiner Abänderungswiderklage vom 12. November 2003 eine Herabsetzung des geschuldeten Unterhalts auf 121 € monatlich beantragt hatte. Wegen des ungewissen Ausgangs des Rechtsstreits war er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verpflichtet, das Realsplitting in einem höheren Umfang geltend zu machen. Sonst hätte er bei Erfolg seiner Abänderungswiderklage eine nicht unerhebliche Steuernachzahlung leisten müssen. Eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, das steuerliche Realsplitting in Anspruch zu nehmen, bestand deswegen nur in Höhe der jeweils rechtskräftig feststehenden Unterhaltsschuld und hätte vom Berufungsgericht auch nur in diesem Umfang der Einkommensermittlung zugrunde gelegt werden dürfen.
- 43
- Andererseits hat das Berufungsgericht zu Unrecht für die Zeit von November 2003 bis Dezember 2004 jegliches Realsplitting abgelehnt. Denn mit dem Antrag seiner Abänderungswiderklage hat der Beklagte einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 121 € unangegriffen gelassen, sodass ihn wegen der Rechtskraft der abzuändernden Entscheidung insoweit auch weiterhin eine Obliegenheit zur Durchführung des Realsplittings trifft. Das wird das Berufungsgericht im Rahmen seiner neuen Entscheidung zu berücksichtigen haben (vgl. insoweit Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 592 b, 593).
- 44
- 7. Soweit das Berufungsgericht bei der Ermittlung des für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien relevanten Einkommens des Beklagten den hälftigen Verheiratetenzuschlag nach § 40 Abs. 1 BBesG berücksichtigt hat, hält auch dies den Angriffen der Revision nur im Grundsatz, nicht aber für den gesamten relevanten Unterhaltszeitraum stand.
- 45
- a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats war neben dem Kinderzuschlag auch der übrige Ortszuschlag aus einer neuen Ehe für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Insoweit hat der Senat das jeweilige Nettoeinkommen für maßgebend gehalten, auch soweit es auf im Besoldungssystem vorgesehenen Zuschlägen beruht, die den persönlichen Verhältnissen des Einkommensbeziehers Rechnung tragen (Senatsurteil vom 14. Februar 1990 - XII ZR 51/89 - FamRZ 1990, 981, 983). An dieser Rechtsprechung hält der Senat zwar aus Gründen, die auch gegen die Berücksichtigung des Splittingvorteils aus zweiter Ehe sprechen , nicht uneingeschränkt fest. Allerdings lässt sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats zum Splittingvorteil aus zweiter Ehe nicht unmittelbar auf die Behandlung des Familienzuschlags übertragen.
- 46
- b) Einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG erhalten Beamte, Richter oder Soldaten u.a., wenn sie verheiratet sind oder wenn sie geschieden und aus der geschiedenen Ehe mindestens in Höhe des Familien- zuschlags zum Unterhalt verpflichtet sind (zum Ortszuschlag nach früherem Recht vgl. BVerwG FamRZ 1992, 176, 177; Millack/Engelking/Laatermann/ Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder [Stand Sept. 1998] § 40 BBesG Nr. 3 Satz 19). Ist ein Ehegatte - wie hier - seinem geschiedenen Ehegatten aus erster Ehe vorrangig unterhaltspflichtig (§ 1582 Abs. 1 BGB) und ist er nach der Scheidung eine zweite Ehe eingegangen, beruht die Zahlung des Familienzuschlags somit auf zwei alternativen Rechtsgründen (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BBesG). Der Familienzuschlag ist deswegen - anders als der Splittingvorteil in der neuen Ehe - nicht stets der neuen Ehe vorbehalten und soll auch nicht nur deren Belastungen mildern. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG wird er vielmehr auch bewilligt, um die Unterhaltslasten aus einer geschiedenen Ehe abzumildern. In solchen Fällen entsteht durch die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen keine finanzielle Veränderung. Der Familienzuschlag wird dann nicht erst durch die neue Ehe ausgelöst, weil er schon zuvor wegen der fortdauernden Unterhaltspflicht aus erster Ehe gewährt wurde. Einem vorrangig unterhaltsberechtigten ersten Ehegatten kann der Anteil des Familienzuschlags deswegen nicht nachträglich durch Eingehung einer zweiten Ehe vollständig entzogen werden (OLG Celle FamRZ 2005, 716, 717 f.; OLG Oldenburg 2006, 1127 f.).
- 47
- Andererseits ergibt sich aus der Begründung des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts, mit dem der bis Juni 1997 geltende Ortszuschlag durch den neuen Familienzuschlag ersetzt wurde, dass damit die Funktion des "familienbezogenen Bezahlungsbestandteils" verdeutlicht werden sollte (BT-Drucks. 13/3994 S. 29, 42). Sinn und Zweck des Familienzuschlags ist es danach, den unterschiedlichen Belastungen des Familienstands Rechnung zu tragen. Weil der Familienzuschlag somit auch die zusätzlichen Belastungen in der neuen Familie abmildern will, ist es auch nicht gerechtfertigt, ihn weiterhin in vollem Umfang für einen - gegenüber dem neuen Ehegatten vorrangigen - Un- terhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zu verwenden (OLG Celle FamRZ 2006, 1126). Das wäre aber der Fall, wenn der Familienzuschlag stets voll als Einkommen berücksichtigt würde und deswegen der jeweils nach § 1582 Abs. 1 BGB bevorrechtigte Unterhaltsberechtigte davon profitieren könnte. Wird der Familienzuschlag also wegen der bestehenden (zweiten) Ehe und zugleich nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG wegen einer fortdauernden Unterhaltspflicht aus einer früheren Ehe gezahlt, ist er nach seinem Sinn und Zweck auf beide Ansprüche aufzuteilen und deswegen bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau nur hälftig zu berücksichtigen. Das hat das Berufungsgericht richtig erkannt (a.A. OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1127).
- 48
- c) Wie schon ausgeführt, ist eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung im Abänderungsverfahren erst ab dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem das dieser Änderung zugrunde liegende höchstrichterliche Urteil verkündet wurde. Hinsichtlich des Familienzuschlags der Stufe 1 (Verheiratetenzuschlag ) ergibt sich eine solche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - allerdings noch nicht aus dem Inhalt des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zum Splittingvorteil aus zweiter Ehe (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Wie bereits ausgeführt, ist der Verheiratetenzuschlag wegen seiner vielschichtigen Zweckrichtung nicht mit dem Ehegattensplitting vergleichbar, das stets nur der bestehenden Ehe zugute kommen soll. In welchem Umfang dies bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs einer geschiedenen Ehefrau zu berücksichtigen ist, war bislang streitig und höchstrichterlich noch nicht entschieden. Auf der Grundlage des Vergleichs der Parteien vom 27. Juli 1990 und des abzuändernden Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. September 1997 hätte das Berufungsgericht den Verheiratetenzuschlag deswegen - im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats - auch weiterhin in voller Höhe be- rücksichtigen müssen. Eine Abänderung wegen wesentlicher Änderung der maßgeblichen Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO kommt somit auch für den Beklagten erst für die Zeit ab Verkündung der Entscheidung des Senats im vorliegenden Fall in Betracht (BGHZ 153, 372, 383 f. = FamRZ 2003, 848, 851 f.). Für den Unterhaltsanspruch der Klägerin kommt eine darauf gestützte Abänderung nicht mehr in Betracht, weil dieser - wie nachstehend ausgeführt - zu Recht auf die Zeit bis Dezember 2006 befristet war.
- 49
- 8. Gleiches gilt für die Beurteilung des Familienzuschlags des Beklagten, soweit er für den in häuslicher Gemeinschaft mit ihm lebenden Sohn seiner zweiten Ehefrau gewährt wird (§ 40 Abs. 2 BBesG).
- 50
- Auch insoweit entsprach es der früheren Rechtsprechung des Senats, kinderbezogene Steigerungsbeträge zum Ortszuschlag als Einkommen für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen , soweit der einem früheren Ehegatten unterhaltspflichtige Beamte das zugrunde liegende Kindergeld für das Stiefkind bezog, auch wenn er dem Kind nicht unterhaltspflichtig war (Senatsurteil vom 23. November 1988 - IVb ZR 20/88 - FamRZ 1989, 172, 173).
- 51
- An dieser Rechtsprechung kann nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 zum Ehegattensplitting nicht mehr festgehalten werden, weil der Familienzuschlag für das Stiefkind allein der bestehenden Ehe, in der das Kind lebt, eingeräumt wird und deswegen den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nicht erhöhen kann (vgl. schon Schürmann FamRZ 2003, 1825, 1826). Auch insoweit hat das Berufungsgericht die Änderung der Rechtsprechung aber zu Unrecht schon für die Zeit ab April 2002 zugunsten des Beklagten berücksichtigt. Wie hinsichtlich des Splittingvorteils hat die Revision der Klägerin auch mit dem Ziel der Nichtberücksichtigung dieses Teils des Familienzuschlags für die Zeit von April 2002 bis Oktober 2003 Erfolg.
II.
- 52
- Soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin allerdings auf die Zeit bis Dezember 2006 befristet hat, steht die Entscheidung im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des Senats und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 53
- 1. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt sich allein aus § 1573 Abs. 2 und 3 BGB, zumal die Klägerin inzwischen wieder in ihrem Beruf erwerbstätig ist und ihren Unterhaltsbedarf im Umfang dieser Einkünfte selbst nachhaltig sichern kann. Weil die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine ehebedingten Nachteile mehr erleidet, kommt grundsätzlich eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB in Betracht. Dem steht nicht entgegen, dass eine solche Befristung in dem abzuändernden Urteil noch nicht ausgesprochen wurde.
- 54
- a) Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 und 3 BGB schuldete der Beklagte der Klägerin nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings schon seit Aufnahme ihrer Teilzeittätigkeit, und zwar neben dem Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB. Denn der Betreuungsunterhalt findet seinen Rechtsgrund stets darin, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes (teilweise) nicht erwerbstätig sein kann und deswegen das nach seinen persönlichen Verhältnissen erzielbare Einkommen nicht erzielt. Sobald der Unterhaltsberechtigte neben der Kindererziehung teilweise berufstätig ist, erfasst der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur den Unterhalt bis zur Höhe eines Mehreinkommens, das er durch eine angemessene Vollerwerbstätigkeit erzielen könnte. Erreicht der ihm hiernach zustehende Unterhalt zusammen mit dem Einkommen aus Teilerwerbstätigkeit nicht den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus § 1578 BGB, kommt zusätzlich ein Unterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Diese Unterscheidung findet ihren Grund darin, dass es nicht gerechtfertigt ist, den Aufstockungsteil des Unterhaltsanspruchs in die Privilegien einzubeziehen, die das Gesetz allein für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB gewährt (Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 494).
- 55
- b) Obwohl sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin seit Abschluss des Vergleichs vom 27. Juli 1990 teilweise und seit Erlass des abzuändernden Urteils vom 19. September 1997 in vollem Umfang aus § 1573 Abs. 2 und 3 BGB ergab und seinerzeit nicht befristet worden ist, ist der Beklagte mit seinem Befristungsbegehren nicht gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert.
- 56
- aa) Das ergibt sich hier schon daraus, dass die früheren Unterhaltstitel aus einer Zeit stammen, als die Frage der Befristung des Aufstockungsunterhalts noch nicht den Stellenwert hatte, den sie nunmehr nach der grundlegend geänderten Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB hat (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986). Die den abzuändernden Titeln zugrunde liegende frühere Rechtslage ging nämlich davon aus, dass ein späteres Einkommen des Unterhaltsberechtigten voll auf einen Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen anzurechnen sei, der sich allein nach dem tatsächlich erzielten Einkommen während der Ehezeit ergab (Anrechnungsmethode). Wie die früheren Unterhaltsabänderungen zeigen, führte diese Methode mit zunehmendem Einkommen des Unter- haltsberechtigten zu einer entsprechend zunehmenden Deckung dieses Unterhaltsbedarfs. Sie führte schon dann zu einer vollständigen Bedarfsdeckung, wenn der Unterhaltsberechtigte ein Einkommen bezog, das den ursprünglichen Unterhaltsbedarf, regelmäßig also weniger als die Hälfte des eheprägenden Einkommens des Unterhaltspflichtigen, erreichte.
- 57
- Das gilt nicht mehr in gleicher Weise, seit der Senat in seiner (zitierten) neueren Rechtsprechung bei der Bedarfsbemessung auch ein vom Unterhaltsberechtigten erst nachehelich erzieltes Einkommen als Surrogat der früheren Haushaltstätigkeit und Kindererziehung berücksichtigt und dieses Einkommen deswegen im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einbezieht. Dadurch erhöhen absehbare Steigerungen des Einkommens des Unterhaltsberechtigten regelmäßig auch dessen Unterhaltsbedarf, sodass es erst viel später zu einer vollständigen Bedarfsdeckung kommt, nämlich dann, wenn der Unterhaltsberechtigte mindestens das gleiche Einkommen erzielt wie der Unterhaltspflichtige. Auch deswegen hat der Senat dem Umstand der zeitlichen Befristung des Aufstockungsunterhalts in seiner neueren Rechtsprechung eine größere Bedeutung beigemessen (vgl. insoweit Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f., vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203 f. und schon BGHZ 148, 105, 121 = FamRZ 2001, 986, 991).
- 58
- Die neuere Rechtsprechung des Senats zur Bewertung der Kindererziehung und Haushaltsführung während der Ehe wirkt sich deswegen unmittelbar auf die Höhe des geschuldeten Unterhalts und damit zugleich auf die Umstände aus, die der Gesamtwürdigung im Rahmen der Befristung des Aufstockungsunterhalts zugrunde zu legen sind. Auch insoweit kommt die neuere Rechtsprechung des Senats deswegen einer wesentlichen Änderung der den früheren Unterhaltstiteln zugrunde liegenden Verhältnisse gleich (vgl. insoweit BGHZ 153, 372, 383 f. = FamRZ 2003, 848, 851 f.), die einer Präklusion entgegensteht. Soweit der Senat dies nach der Änderung seiner Rechtsprechung zur Anrechnungs- und Differenzmethode zunächst abweichend beurteilt hat (Senatsurteil vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1359 f.), hält er daran nicht mehr fest.
- 59
- bb) Hinzu kommt, dass sich im vorliegenden Fall seit Verkündung des abzuändernden Urteils des Oberlandesgerichts vom 19. September 1997 auch tatsächliche Änderungen ergeben haben, die inzwischen sicher beurteilt werden können und eine Befristung rechtfertigen.
- 60
- Zwar setzt die Billigkeitsentscheidung nach § 1573 Abs. 5 BGB über eine Befristung des Aufstockungsunterhalts ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht voraus, dass dieser Zeitpunkt bereits erreicht ist. Wenn sämtliche relevanten Umstände eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist die Befristung vielmehr schon im Ausgangsverfahren auszusprechen und nicht einem späteren Abänderungsverfahren zu überlassen (Senatsurteile vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499, 1501 und vom 5. Juli 2000 - XII ZR 104/98 - FamRZ 2001, 905, 906). Zuverlässig voraussehbar sind solche relevanten Umstände aber nur, wenn sie - etwa wie das Alter der Kinder - vom bloßen Zeitablauf abhängen. Konnte im Zeitpunkt der abzuändernden Entscheidung hingegen noch nicht abschließend beurteilt werden, ob das Einkommen aus einer neu aufgenommenen Vollzeittätigkeit die ehebedingten Nachteile vollständig und nachhaltig ausgleicht (vgl. insoweit Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 204), waren die Voraussetzungen einer Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB noch nicht erfüllt, was eine Präklusion mit solchen Umständen ausschließt. So liegt der Fall hier:
- 61
- Ob die Klägerin schon im Zeitpunkt der abzuändernden Entscheidung des Oberlandesgerichts ein Einkommen erzielte, das sie bei fortdauernder Berufstätigkeit ohne die Ehe erzielt hätte, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Auch das annähernd mietfreie Wohnen in der eigenen Doppelhaushälfte hat sich erst jetzt realisiert und war seinerzeit noch davon abhängig, dass die Klägerin den darauf lastenden Kredit weiterhin fortlaufend abtragen würde. Mit hinreichender Sicherheit waren die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien deswegen erst nach Verkündung des abzuändernden Urteils des Oberlandesgerichts entflochten, was eine Präklusion der insoweit relevanten Tatsachen ausschließt.
- 62
- 2. Nach § 1573 Abs. 5 BGB kann u.a. ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung steht insoweit der Ehedauer gleich. Die Voraussetzungen einer Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt liegen hier aber - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - vor.
- 63
- a) Die erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) eingeführte Möglichkeit zur Befristung des Aufstockungsunterhalts beruht auf dem Gedanken, dass eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen ist, wenn etwa die Ehe lange gedauert hat, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, die der Berechtigte betreut oder betreut hat, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen hat oder wenn sonstige Gründe (z.B. Alter oder Gesundheitszustand des Berechtigten) für eine dauerhafte Lebens- standardgarantie sprechen. Liegen diese Voraussetzungen dagegen nicht vor, hat sich aber der Lebensstandard des Berechtigten durch die Ehe verbessert, wird es oft angemessen sein, ihm nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, der demjenigen entspricht, den er vor der Ehe gehabt hat. Ein Aufstockungsunterhalt kommt dann nicht mehr bis zum vollen eheangemessenen Unterhalt (§ 1578 Abs. 1 BGB) in Betracht. Mit dem Moment der Ehedauer will das Gesetz auf die Unangemessenheit hinweisen, einen Ehegatten, der in seinem beruflichen Fortkommen durch die Ehe nicht benachteiligt wurde, selbst dann zu begünstigen, wenn die Ehe nicht lange gedauert hat (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007).
- 64
- Bei einer diese Zweckrichtung berücksichtigenden Gesetzesanwendung hat der Tatrichter vorrangig zu prüfen, ob sich die Einkommensdivergenz der Ehegatten, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigt. Dieser Gesichtspunkt hat durch die Änderung der Rechtsprechung des Senats zur eheprägenden Haushaltsführung und den sich daraus ergebenden ehelichen Lebensverhältnissen ein noch stärkeres Gewicht erhalten. Denn die Haushaltsführung und die Kindererziehung beeinflussen jetzt - über den Wert des später an ihre Stelle tretenden Surrogats (Senatsurteile BGHZ 148, 105, 115 f. = FamRZ 2001, 986, 989 und vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173, 1174) - die ehelichen Lebensverhältnisse, was zu einem erhöhten Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten und, im Falle hinreichender Leistungsfähigkeit, zu einem dauerhaft höheren Unterhaltsanspruch führt, wie der vorliegende Fall verdeutlicht.
- 65
- b) Das Berufungsgericht hat die Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats nicht an der Ehedauer scheitern lassen.
- 66
- Das Gesetz legt in § 1573 Abs. 5 BGB, ebenso wie in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB, keine bestimmte Ehedauer fest, von der ab eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht mehr in Betracht kommt. Wie der Senat mehrfach ausgeführt hat, widerspräche es auch dem Sinn und Zweck des § 1573 Abs. 5 BGB, den Billigkeitsgesichtspunkt "Dauer der Ehe" im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Begrenzung mehr zugänglich sein kann. Vielmehr stellt das Gesetz die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die "Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit". Bei der Billigkeitsabwägung sind zudem die Arbeitsteilung der Ehegatten und die Ehedauer lediglich zu "berücksichtigen"; jeder einzelne Umstand lässt sich also nicht zwingend für oder gegen eine Befristung ins Feld führen. Zudem beanspruchen beide Aspekte , wie das Wort "insbesondere" verdeutlicht, für die Billigkeitsprüfung keine Ausschließlichkeit. Die Abwägung aller danach in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe nicht verkannt und alle für die Einordnung unter diese Begriffe wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 und vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203).
- 67
- 3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung bestehen keine Bedenken gegen die Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin bis Dezember 2006.
- 68
- a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Lebensverhältnisse der Parteien schon seit langem "entflochten" sind und die Klägerin inzwischen eine vollschichtige, angemessen vergütete Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 BGB ausübt. Damit sind ehebedingte Nachteile auf Seiten der Klägerin nicht mehr ersichtlich. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit dem Alleineigentum an der Doppelhaushälfte einen Vermögenswert erlangt hat, der ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert und insoweit auch im Rahmen der hier gebotenen Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist. Denn inzwischen ist der überwiegende Teil der Belastungen entfallen, so dass der Wohnwert die noch verbliebene monatliche Rate von rund 105 € deutlich übersteigt.
- 69
- b) Insoweit bleibt aber auch der Anschlussrevision des Beklagten ein Erfolg versagt, weil die Billigkeitsabwägung des Berufungsgerichts auch deren Angriffen standhält und von Rechts wegen keine kürzere Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt geboten ist. Immerhin war die Klägerin nach der Heirat im Juli 1973 und der Geburt des ältesten Sohns im Dezember 1975 bis April 1990 nicht erwerbstätig. Erst dann hat sie ihre Halbtagsbeschäftigung als kaufmännische Angestellte und im April 1995 eine Vollzeittätigkeit aufgenommen. Wenn das Berufungsgericht im Hinblick darauf und auf die zunächst noch vorhandenen höheren Belastungen der übernommenen Doppelhaushälfte von einer früheren Befristung abgesehen hat, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III.
- 70
- Das Urteil war deswegen lediglich wegen des Unterhaltsanspruchs für die Zeit von April 2002 bis Dezember 2004 auf die Revision der Klägerin und für die Zeit von April 2002 bis Oktober 2003 sowie für die Zeit von Januar 2005 bis Dezember 2006 auf die Anschlussrevision des Beklagten aufzuheben. Insoweit ist dem Senat eine abschließende Entscheidung versagt, weil keine rechtsfehlerfreien Feststellungen zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Beklagten vorliegen. Insbesondere die Feststellungen zum Realsplittingvorteil des Beklagten entsprechen nicht der Rechtsprechung des Senats. Das Berufungsgericht wird dies nachzuholen und sodann erneut über diese Unterhaltsansprüche zu entscheiden haben.
Vorinstanzen:
AG Hamm, Entscheidung vom 18.02.2004 - 3 F 150/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.01.2005 - 11 UF 59/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007.
- 2
- Sie hatten im April 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus ihrer Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen , von denen nur noch die im Oktober 1987 geborene jüngste Tochter, die im Haushalt der Klägerin wohnt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe der Partei- en wurde im Mai 1998 geschieden. Im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Beklagten für die gemeinsamen Kinder machte die Klägerin zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend.
- 3
- Die Klägerin ist nach einer im Jahre 1989 diagnostizieren Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich zunächst auf 1.039,21 € belief und seit Juli 2007 1.040,19 € beträgt. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 €. Um den Arbeitsplatz zu erreichen , muss sie zweimal wöchentlich mit dem Pkw 30 km zurücklegen. Für eine Lebensversicherung zahlt die Klägerin monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 €. Im Jahre 2007 musste sie eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 74 €, im Jahre 2008 eine solche in Höhe von 488 € leisten.
- 4
- Der Beklagte erzielt als Beamter Nettoeinkünfte in Höhe von 2.601,28 €, in denen eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 104,17 € enthalten ist. Hinzu kommt eine Steuererstattung, die sich nach Abzug der Kosten für die Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2007 auf insgesamt 790,02 € und im Jahre 2008 auf insgesamt 744,78 € belief. Die Beiträge des Beklagten zur Krankenversicherung betrugen im Jahre 2007 monatlich 303,98 € und belaufen sich ab Januar 2008 auf monatlich 314,85 €. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlte der Beklagte ursprünglich monatlich 302,16 €, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 111,85 € auf die Berufsunfähigkeitsversicherung und 190,31 € auf die Lebensversicherung entfielen. Für die Zeit ab Juli 2007 ist der Gesamtbeitrag auf monatlich 317,27 € gestiegen. Für sich und die noch unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine Krankenhaustagegeldversicherung , die ursprünglich 13,01 € betrugen und sich seit November 2007 auf 17,51 € belaufen. Außerdem zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine weitere Lebensversicherung in Höhe von ursprünglich 49,49 € und von 52,02 € seit September 2007. Schließlich zahlt er Monatsraten auf einen Bausparvertrag in Höhe von 75 €. Auf den Unterhaltsanspruch der Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatlich 250 €, während die Klägerin für den restlichen Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommt.
- 5
- Das Amtsgericht hat der auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 111,40 € gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der mit einer Klagerweiterung verbundenen Anschlussberufung der Klägerin - der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab dem 20. Februar 2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 € zu zahlen. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt. Die Revision hat das Berufungsgericht "im Hinblick auf die Anwendung des neuen Unterhaltsrechts zur Frage der Beschränkung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB" zugelassen.
- 6
- Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revision des Beklagten, mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrt, und die Anschlussrevision der Klägerin, die auf einen höheren Unterhalt für die Zeit ab Juli 2007, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 €, gerichtet ist.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision des Beklagten ist nur teilweise zulässig, die Anschlussrevision der Klägerin hingegen in vollem Umfang.
I.
- 8
- Die Revision des Beklagten ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 9
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 10
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulas- sen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
II.
- 11
- Die Anschlussrevision der Klägerin ist hingegen nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in vollem Umfang zulässig.
- 12
- Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit zur Einlegung einer Anschlussrevision durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1887, 1901) dadurch erweitert, dass nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO - abweichend vom bis dahin geltenden Recht (vgl. insoweit Senatsurteil vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 287) - eine Anschlussrevision auch ohne eine vorherige Zulassung statthaft ist. Dem Revisionsbeklagten soll nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeit eröffnet wer- den, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss. Es sei unbillig , der friedfertigen Partei, die bereit sei, sich mit der Entscheidung abzufinden, die Anschließungsmöglichkeit für den Fall abzuschneiden, dass der Gegner die Entscheidung wider Erwarten angreife (BT-Drucks. 14/4722, S. 108). Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGHZ 174, 244, 253 = FamRZ 2008, 402 m.w.N.).
- 13
- Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Es kommt hinzu, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision führt dazu, dass der Revisionskläger das Urteil im Revisionsverfahren nur zum Teil angreifen kann. Soweit kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, muss er das Berufungsurteil hinnehmen. Im Falle der Einlegung der Revision könnte dann aber bei einer uneingeschränkten Statthaftigkeit der Anschlussrevision der Revisionsbeklagte das Urteil - soweit er unterlegen ist - insgesamt anfechten, selbst wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fehlens eines Zulassungsgrundes oder mangels Erreichens des Beschwerdewerts gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erfolgreich gewesen wäre. Eine Benachteiligung des Revisionsklägers wäre nur dann nicht gegeben, wenn man ihm das Recht zu einer Gegenanschließung gewährte. Eine derartige Möglichkeit hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Gegenstand der Anschlussrevision in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hauptrevision steht (BGHZ 174, 244, 253 f. = FamRZ 2008, 402 f. m.w.N.).
- 14
- Diese Einschränkung der Zulässigkeit einer Anschlussrevision kommt hier allerdings nicht zum Tragen. Denn der Unterhaltszeitraum von Februar bis Dezember 2007 steht wegen der auch insoweit zu entscheidenden Rechtsfragen schon in rechtlichem Zusammenhang mit dem von der Revision zulässig angegriffenen Unterhaltszeitraum ab Januar 2008.
B.
- 15
- Soweit die Revision des Beklagten zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg, während die Anschlussrevision der Klägerin im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führt.
I.
- 16
- Das Berufungsgericht hat der Klage zur Höhe lediglich teilweise stattgegeben und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:
- 17
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin richte sich nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil diese bereits im Zeitpunkt der Ehescheidung wegen ihrer Krebserkrankung erwerbsunfähig bzw. nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig gewesen sei und dieser Zustand unverändert andauere. Auf ihren Unterhaltsanspruch habe die Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend verzichtet. Der Anspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453) auch nicht verwirkt, weil kein Unterhalt geltend gemacht werde, der länger als ein Jahr zurück gelegen habe. Weil die Klägerin den Unterhaltsanspruch erst mit Mahnschreiben vom 16. Februar 2007 geltend gemacht habe, das dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 20. Februar 2007 zugegangen sei, könne sie auch erst ab diesem Zeitpunkt Unterhalt verlangen.
- 18
- Im Rahmen der Unterhaltsbemessung sei von dem unstreitigen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € auszugehen. Ein fiktiv höheres Nettoeinkommen wegen einer ausgeschlagenen Beförderung könne nicht berücksichtigt werden, weil die Klägerin einen solchen Sachverhalt nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe und eine Beweisaufnahme deswegen auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufe. Dem Nettoeinkommen seien die dem Kläger in den Jahren 2007 und 2008 zugeflossenen Steuererstattungen hinzuzurechnen. Davon seien allerdings die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abzusetzen, die untrennbar mit den Steuererstattungen verbunden seien. Weiter abzusetzen seien die Dienstaufwandsentschädigung sowie die Kosten für die Krankenversicherung, die Tagegeldversicherung für den Beklagten und die unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne, die Berufsunfähigkeitsversicherung sowie der Zahlbetrag des Unterhalts für die Tochter. Die Beiträge für die weiteren Lebensversicherungen und den Bausparvertrag seien ebenfalls in voller Höhe abzusetzen, weil schon die ehelichen Lebensverhältnisse von diesen Beiträgen geprägt gewesen seien.
- 19
- Für die Klägerin sei von ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und den Einkünften aus der geringfügigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Von diesem Er- werbseinkommen seien allerdings monatliche Fahrtkosten abzusetzen, die sich auf zunächst 55,20 € beliefen und ab Januar 2008 (0,30 €/km) 69 € betrügen. Außerdem seien die Beiträge der Klägerin für ihre Lebensversicherung und die Steuernachzahlungen abzusetzen. Daraus ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 20. Februar bis Juni 2007 in Höhe von 119 €, für die Zeit von Juli bis August 2007 in Höhe von 109 €, für die Zeit von September bis Oktober 2007 in Höhe von 108 €, für die Zeit von November bis Dezember 2007 in Höhe von 106 € und für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von 103 €.
- 20
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht zeitlich zu befristen und auch nicht zur Höhe zu beschränken. Eine Befristung unter dem Gesichtspunkt der gesteigerten Eigenverantwortlichkeit geschiedener Ehegatten scheide aus, obwohl die Klägerin erst 1955 geboren und im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch nicht 53 Jahre alt gewesen sei. Denn sie sei bereits seit 1993 dauerhaft und zu 100 % schwerbehindert und deswegen nicht in der Lage, eine weitergehende Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB scheide aus, weil ein zeitlich unbefristeter Unterhaltsanspruch in der zugesprochenen Höhe nicht unbillig sei. Zwar sei die Krebserkrankung der Klägerin nicht ehebedingt. Im Rahmen des Krankheitsunterhalts gewinne die nacheheliche Solidarität allerdings gesteigerte Bedeutung, während einem ehebedingten Nachteil als Voraussetzung für eine Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs weniger Gewicht zukomme. Die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die sehr lange Ehedauer, die fehlende Berufsausbildung im Zeitpunkt der Heirat im Alter von 16 Jahren und die sodann folgende Hausfrauenehe mit Kindererziehung sowie das Alter der jüngsten Tochter im Zeitpunkt der Scheidung sprächen gegen eine Befristung oder Begrenzung des Unterhalts. Der Beklagte werde schon durch die Er- werbsunfähigkeitsrente der Klägerin entlastet und eine weitere Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs sei aus Billigkeitsgründen nicht geboten.
II.
- 21
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
- 22
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die Einwände des Beklagten gegen den Anspruch auf Krankheitsunterhalt zurückgewiesen, soweit sie auf einen Verzicht der Klägerin oder eine Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs gerichtet sind. Auch die Revision des Beklagten erinnert hierzu nichts.
- 23
- 2. Die Anschlussrevision der Klägerin hat schon deswegen Erfolg, weil das Oberlandesgericht ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zutreffend ermittelt hat.
- 24
- a) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "ehelichen Lebensverhältnisse" ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vor- gegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
- 25
- b) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil nicht in allen Punkten stand.
- 26
- aa) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin allerdings von den unstreitigen Nettoeinkünften des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € ausgegangen und hat dem - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 = FamRZ 2008, 968, 971) - die vom Beklagten erhaltenen Steuererstattungen hinzugerechnet.
- 27
- Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Steuererstattungen hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abgesetzt. In seiner neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen knüpft der Senat grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts musste der Beklagte für seine Steuererklärung im Jahre 2007 84 € und im Jahre 2008 115 € aufwenden, die seine Steuererstattung entsprechend schmälern. Eine Berücksichtigung dieser Verringerung des verfügbaren Einkommens findet nach der neueren Rechtsprechung des Senats erst in der nachehelichen Solidarität ihre Grenze. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten ist deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften auszugehen (Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 f. = FamRZ 2008, 968, 971 f.). Ein solches unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das Oberlandesgericht bezüglich der Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen zu Recht abgelehnt. Denn die steuerliche Behandlung der Erwerbseinkünfte ist auch für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht offenkundig, eine geringere Steuerlast kommt auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugute und oftmals ergibt sich erst durch die Beratung, ob steuerrechtlich zu beachtende Besonderheiten vorliegen. Ein Abzug tatsächlich angefallener Kosten für die Steuererklärung ist deswegen nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass für das abgelaufene Steuerjahr weder eine Steuerpflicht noch eine Erstattung in Betracht kommt (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 108; a.A. OLG Hamm FamRZ 1992, 1177 und Kalthoener/Büttner/ Niepmann Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 1051).
- 28
- Zu Recht hat das Berufungsgericht vom Nettoeinkommen des Beklagten auch neben der Dienstaufwandsentschädigung die Kosten für seine Krankenversicherung , seine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung abgesetzt. Diese Beiträge dienen der Sicherung des Erwerbseinkommens des Beklagten im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ohne dass der Beklagte dadurch zu Lasten der Klägerin eigenes Vermögen bildet. Die Kosten für diese reinen Risikoversicherungen sind deswegen als Kosten zur Erhaltung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen.
- 29
- bb) Zutreffend weist die Anschlussrevision der Klägerin allerdings darauf hin, dass das Berufungsgericht mit dem Abzug der Beiträge für zwei Lebensversicherungen und einen Bausparvertrag Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt hat, die den nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Höchstbetrag der zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen.
- 30
- Nach der Rechtsprechung des Senats darf auch der Unterhaltspflichtige von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793 und vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - FamRZ 2006, 1511, 1514) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. und BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795) betragen kann.
- 31
- Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Denn wenn der Unterhaltspflichtige bereits während der Ehezeit eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betrieben hatte, profitiert der andere Ehegatte regelmäßig im Zugewinnausgleich davon. Für die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags , die vom Zugewinnausgleich nicht mehr erfasst wird, können überhöhte ehezeitliche Vorsorgekosten keine Rechtfertigung für deren Fortdauer geben. Dies würde nunmehr auf eine einseitige Vermögensbildung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu Lasten der Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Ehegatten hinauslaufen (vgl. zum Wohnvorteil Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 965 Tz. 17 ff.). Umgekehrt ist nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen allerdings auch eine erst nachehelich hinzutretende zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen, weil darin kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liegt, welches die nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten verletzt (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
- 32
- Das Oberlandesgericht durfte danach die der Altersvorsorge dienenden Beiträge des Beklagten für seine beiden Lebensversicherungen und den Bausparvertrag nicht in voller Höhe von monatlich 314,80 € (190,31 € + 49,49 € + 75 €), sondern lediglich in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens berücksichtigen. Der Senat kann insoweit aber nicht selbst abschließend entscheiden, weil es an den erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht fehlt. Denn es hat weder das Bruttoeinkommen des Beklagten festgestellt, noch die Höhe des auf die Lebensversicherung entfallenden Beitrags für den mit der Berufsunfähigkeitsversicherung verbundenen Versicherungsvertrag. Zwar hatte das Amtsgericht die monatlichen Kosten für diesen Versicherungsvertrag in Höhe von ursprünglich 302,16 € entsprechend dem Vortrag des Beklagten in einen Teil für die Berufsunfähigkeitsversicherung von 111,85 € und einen weiteren Teil für die Lebensversicherung in Höhe von 190,31 € aufgeteilt. Dies widerspricht allerdings der in Bezug genommenen Auskunft der Versicherungsgesellschaft , die den Beitrag in einen Teil von 122,14 € für die Berufsunfähigkeitsversicherung und einen Teil von 180,02 € für die Lebensversicherung aufgeteilt hatte. Auch die Aufteilung für die Zeit ab der Erhöhung des Gesamtbeitrages zum 1. Juli 2007 von 302,16 € auf 317,27 € hat das Oberlandesgericht - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- 33
- 3. Soweit der Beklagte mit seiner Revision eine zeitliche Befristung oder eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB begehrt, hat diese hingegen keinen Erfolg. Denn das Oberlandesgericht hat im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.
- 34
- a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.
- 35
- aa) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328). Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
- 36
- Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB führt etwa eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist (vgl. insoweit Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 ff.). Auch bei der Entscheidung über eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wegen Alters nach § 1571 BGB ist zu berücksichtigen, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geringere Renteneinkünfte erzielt, als er ohne die Ehe und die Erziehung der gemeinsamen Kinder erzielen würde. Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigenrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 408). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen , dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511).
- 37
- bb) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
- 38
- Allerdings handelt es sich bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Der Einsatzzeitpunkt in § 1572 BGB schließt deswegen eine Einstandspflicht des geschiedenen Ehegatten für erst nachehelich eingetretene Erkrankungen aus (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
- 39
- Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.
- 40
- b) Soweit das Berufungsgericht auf dieser rechtlichen Grundlage eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
- 41
- aa) Zwar ist die Krebserkrankung der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unabhängig von Ehe, Kindererziehung und Rollenverteilung in der Ehe eingetreten und somit nicht ehebedingt. Dass die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und der damit verbundenen Anrechnungszeiten sowie des durchgeführten Versorgungsausgleichs geringer ist, als sie ohne die Ehe und Kindererziehung wäre , hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt.
- 42
- bb) Der unbegrenzte Ausspruch des nachehelichen Unterhalts als Billigkeitsentscheidung ist gleichwohl aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat der nachehelichen Solidarität der Ehegatten hier zu Recht eine besondere Bedeutung eingeräumt. Denn die Parteien waren 26 Jahre verheiratet und hatten eine reine Hausfrauenehe geführt. Die Klägerin hatte bereits im Alter von 16 Jahren wegen der eingetretenen Schwangerschaft geheiratet und konnte deswegen keine Berufsausbildung absolvieren. Die vier ehelich geborenen Kinder sind von ihr betreut und erzogen worden. Im Zeitpunkt der Scheidung war die jüngste Tochter erst zehn Jahre alt und noch betreuungsbedürftig. Die Klägerin hat sich somit seit Abschluss ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung im Jahre 1989 hinaus allein für die Ehe der Parteien eingesetzt. Dies begründet ein besonders gewichtiges Vertrauen, das im Rahmen einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist.
- 43
- Auch die weiteren Umstände stehen der Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der notwendigen Gesamtschau aus revisionsrechtlicher Sicht nicht entgegen. Denn die Klägerin erzielt aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und ihren Nebeneinkünften abzüglich aller Kosten lediglich Einkünfte in Höhe von rund 1.140 €, die nur wenig über den angemessenen Selbstbehalt hinausgehen. Demgegenüber verbleiben dem Beklagten nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des für die volljährige Tochter gezahlten Unterhalts deutlich höhere Einkünfte, von denen er den relativ geringen Unterhaltsanspruch der Klägerin ohne besondere Einschränkung erbringen kann. Ein berechtigtes Vertrauen, das einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Klägerin entgegenstehen könnte, konnte sich schon deswegen nicht bilden, weil die Klägerin bereits im Jahre 1989 erkrankt und seit 1993 dauerhaft als zu 100 % erwerbsunfähig eingestuft war, während die Ehe der Parteien erst im Jahre 1998 geschieden wurde.
Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 10.10.2007 - 13 F 90/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.06.2008 - 13 UF 272/07 -
(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.
(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Juli 1989 die Ehe geschlossen, aus der der im Februar 1994 geborene Sohn S. und der im April 1996 geborene Sohn T. hervorgegan- gen sind. Nach der Trennung zum Jahreswechsel 2002/2003 wurde die Ehe im Juni 2004 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Die gemeinsamen Kinder leben seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Der ältere Sohn S. leidet seit seiner Geburt unter ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom
).
- 4
- Die Klägerin ist Krankengymnastin und übte diesen Beruf bis zur Geburt des älteren Kindes in Vollzeit aus. Nach der Geburt der Kinder nahm sie ihren Beruf zunächst stundenweise wieder auf. Seit 1998 geht sie freiberuflich einer Teilzeitbeschäftigung in einer Gemeinschaftspraxis nach. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug im Jahre 2005 15 bis 18 Stunden, im Jahre 2006 ca. 20 Stunden und beläuft sich seit Januar 2007 auf jedenfalls 25 bis 30 Stunden. Der Beklagte ist als Verwaltungsleiter vollschichtig erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 in Höhe von monatlich 796 € verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und die Unterhaltspflicht des Beklagten - zeitlich gestaffelt - herabgesetzt, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 auf monatlich 405 € (81 € Altersvorsorgeunterhalt und 324 € Elementarunterhalt ) und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 € (76 € Altersvorsorgeunterhalt und 302 € Elementarunterhalt). Es hat die Revision zugelassen, "weil die Rechtssache wegen der Neuregelung des § 1578 b BGB grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil begehrt der Beklagte Abweisung der Klage für die Zeit ab Januar 2006.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regel- mäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B.
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Oberlandesgericht hat der Berufung des Beklagten nur teilweise stattgegeben, seine Unterhaltspflicht für die Zeit von Januar bis März 2008 auf monatlich 405 € und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 € herabgesetzt und eine zeitliche Befristung der Unterhaltspflicht abgelehnt.
- 12
- Bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Klägerin seien die steuerlich anerkannten Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zu berücksichtigen, weil ein entsprechender unterhaltsrechtlicher Bedarf nicht nachgewiesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739, 1745 Tz. 67 f.) seien für die Altersvorsorge der selbständig tätigen Klägerin maximal 20 % des Bruttoeinkommens sowie weitere 4 % als zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen. Für die Zeit ab 2007 ergebe sich aus der Teilzeiterwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden nach Abzug der Altersvorsorge sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 838 €.
- 13
- Nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Recht komme die Klägerin mit ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder ihrer Erwerbsobliegenheit in ausreichendem Maße nach. Gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB könne ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt beanspruchen. Die Neuregelung verlange jedoch keinen abrupten, übergangslosen Wechsel von einer Betreuung des Kindes hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Im Interesse des Kindes sei vielmehr auch in Zukunft ein gestufter , kontinuierlicher Übergang möglich. Der Betreuungsunterhalt verlängere sich, wenn dies der Billigkeit entspreche. Dafür seien in erster Linie kindbezogene Gründe ausschlaggebend, wobei auf eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes abzustellen sei. Dabei sei zwar auch von Bedeutung, ob eine geeignete andere Betreuungsmöglichkeit bestehe; eine Fremdbetreuung müsse jedoch zumutbar sein und mit dem Kindeswohl im Einklang stehen.
- 14
- Von der Klägerin könne aus solchen kindbezogenen Gründen keine Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt werden. Weil der ältere Sohn seit seiner Geburt unter ADS leide, bedürfe er nach wie vor einer intensiven Betreuung. Er habe Konzentrationsschwierigkeiten, könne sich nicht organisieren und entwickle keine Eigeninitiative. Ihm müsse eine Tagesstruktur vorgegeben und er müsse zu den Hausaufgaben angeleitet und dabei überwacht werden. Auch zu der erforderlichen täglichen Einnahme von Medikamenten müsse er angehalten werden. Er bedürfe somit einer ständigen Kontrolle, Hilfe und Anleitung durch die Klägerin. Ihr sei es deswegen nicht zumutbar, den Jungen einer Fremdbetreuung zu überlassen. Eine solche Fremdbetreuung entspreche auch nicht dem Kindeswohl, da der Sohn an die Betreuung durch die Mutter gewöhnt sei und diese den Betreuungsbedarf am besten einschätzen könne.
- 15
- Auch aus elternbezogenen Gründen, die auf der nachehelichen Solidarität beruhten und das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung schützten, sei der Klägerin noch keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Die während des ehelichen Zusammenlebens praktizierte Rollenverteilung einer Vollzeitbeschäftigung des Beklagten sowie der Kinderbetreuung durch die Klägerin stehe auch jetzt noch einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit entgegen. Aus Gründen der nachehelichen Solidarität sei es vielmehr geboten, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern.
- 16
- Der Beklagte sei gehalten, alle Steuervorteile auszunutzen und müsse sich deswegen einen Kinderfreibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Ein Freibetrag für den Realsplittingvorteil durch Unterhaltszahlungen an die Klägerin sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 171, 206, 221 f. = FamRZ 2007, 793, 797 Tz. 41 ff.) allerdings nicht zu verlangen, weil der Beklagte weder freiwillig Ehegattenunterhalt zahle, noch diesen anerkannt habe oder rechtskräftig dazu verurteilt sei. Unter Berücksichtigung seiner zusätzlichen Altersvorsorge von maximal 4 % ergebe sich ein Nettoeinkommen des Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 2.366 €. Davon sei der Zahlbetrag auf den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle abzusetzen. Daraus ergebe sich ein Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit von Januar bis März 2008 in Höhe von monatlich 405 € (81 € Altersvorsorgeunterhalt und 324 € Elementarunterhalt) und für die Zeit ab April 2008 in Höhe von monatlich 378 € (76 € Altersvorsorgeunterhalt und 302 € Elementarunterhalt).
- 17
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht nach § 1579 BGB verwirkt. Soweit der Beklagte eine höher dotierte Stelle als Verwaltungsdirektor nicht erhalten habe, weil die Klägerin ihren titulierten Unterhaltsanspruch mit Pfändungs - und Überweisungsbeschluss bei dem Arbeitgeber des Beklagten vollstrecke , sei dies der Klägerin nicht vorzuwerfen. Der Beklagte habe zwar zugesichert , den pfändbaren Betrag seines Einkommens freiwillig zu zahlen. Er habe aber auch darauf hingewiesen, dass er die Zusage nicht absichern könne. Im Hinblick auf das angespannte Verhältnis der Parteien sei es der Klägerin nicht vorwerfbar, wenn sie der Zusage des Beklagten nicht vertraue.
- 18
- Auch die Strafanzeigen der Klägerin gegen den Beklagten führten nicht zur Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs. Zwar könne eine bewusst wahrheitswidrige Strafanzeige gegen den Unterhaltspflichtigen zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen führen. Dies sei aber dann nicht der Fall, wenn die Vorwürfe zumindest teilweise berechtigt seien und der Unterhaltsberechtigte wegen des engen Zusammenhangs mit dem Rechtsstreit der Parteien in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Vorliegend habe der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die Strafanzeigen bewusst wahrheitswidrig erstattet habe. Der Beklagte habe nach dem Inhalt der einstweiligen Anordnung vom 18. Oktober 2005 monatlichen Unterhalt von 700 € für die Zeit vom 15. Februar bis Juni 2005 und von 708 € für die Zeit ab Juli 2005 zu zahlen, im Jahr 2005 aber keinen Ehegattenunterhalt geleistet. Wenn er trotz Auszahlung eines Veräußerungserlöses aus dem Verkauf des Hausgrundstücks in Höhe von ca. 33.000 € fehlende Leis- tungsfähigkeit vorgetragen und in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben habe, über kein Vermögen zu verfügen, könne die Strafanzeige wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Unterhaltsverletzung und Vollstreckungsvereitelung nicht als mutwillig bewertet werden. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung sei auch nur wegen geringer Schuld gemäß § 153 a StPO eingestellt worden.
- 19
- Die Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Dienstvorgesetzten des Beklagten seien zwar zu missbilligen, ebenfalls aber nicht geeignet, eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu begründen. Die Schreiben enthielten zwar eine Beleidigung und eine üble Nachrede. Der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 3 und Nr. 5 BGB sei unter Berücksichtigung aller Umstände allerdings nicht erfüllt. Denn dies setze ein schwerwiegendes vorsätzliches Vergehen voraus. Hier seien durch die Schreiben weder die Vermögensinteressen des Beklagten schwerwiegend gefährdet noch sein Arbeitsplatz gefährdet worden, denn der Beklagte habe nicht konkret dargelegt, dass ihm die Schreiben berufliche Nachteile gebracht hätten. Schließlich habe sich der Rechtsanwalt des Beklagten zuvor an die Mitarbeiter in der Gemeinschaftspraxis der Klägerin gewandt und deren Glaubwürdigkeit in Frage gestellt.
- 20
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Im Rahmen einer Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB seien die Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Außerdem sei entscheidend, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Eine über die dem § 1570 BGB immanente Begrenzung hinausgehende Beschränkung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt komme deswegen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.
- 21
- Hier scheide eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs schon mangels hinreichend sicherer Prognose über die weitere Entwicklung aus. Die Klägerin könne wegen der notwendigen Betreuung der Kinder, insbesondere des älteren Sohnes, derzeit noch keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, sodass die ehebedingten Nachteile für sie noch fortwirkten. Gegenwärtig sei noch nicht absehbar , ob und in welchem Umfang wegen der nur eingeschränkten Berufstätigkeit der Klägerin künftig weitere ehebedingte Nachteile entstehen könnten. Aus Billigkeitsgründen könne der Klägerin die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen nicht versagt werden, soweit und solange sie aufgrund der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder an einer Vollzeitbeschäftigung gehindert sei.
II.
- 22
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 23
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach dem neuen Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 24
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 19 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse der Kinder gewährt, um deren Betreuung und Erziehung sicher zu stellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 25
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will. Ein während dieser Zeit erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch und der betreuende Elternteil kann die bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Entscheidet er sich allerdings dafür, das Kind auf andere Weise betreuen zu lassen , und erzielt er eigene Einkünfte, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 20 f. m.w.N. und vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 115 f.).
- 26
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 22 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 27
- Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 28
- 2. Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 und 5 GG. Sie entfalten damit im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 24).
- 29
- a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII).
- 30
- Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8). Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 f. Tz. 25 f. m.w.N.).
- 31
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Das beschränkt sich nicht auf einen rein zeitlichen Aspekt, sondern erstreckt sich auch auf den Umfang der möglichen Betreuung. Umfasst etwa die mögliche Betreuung von Schulkindern in einem Hort auch die Hausaufgaben- betreuung, bleibt auch insoweit für eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil kein Bedarf.
- 32
- Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 27 m.w.N.). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, auch der konkrete Betreuungsumfang der kindgerechten Einrichtung und die Möglichkeit , auf einen eingeschränkten Gesundheitszustand des Kindes einzugehen.
- 33
- Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur noch vertretenen pauschalen Altersphasenmodelle hat der Senat ausdrücklich abgelehnt (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 28 m.w.N.). Die Betreuungsbedürftigkeit ist nun nach den individuellen Verhältnissen des Kindes zu ermitteln. Haben die Kinder allerdings ein Alter erreicht, in dem sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zeitweise sich selbst überlassen werden können, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf die vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen an.
- 34
- c) Nach diesem gesetzlich vorgegebenen Maßstab hat das Berufungsgericht die Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nicht ausreichend begründet.
- 35
- Es hat nicht festgestellt, ob im näheren Einzugsbereich eine kindgerechte Einrichtung existiert, die die Betreuung der beiden Söhne nach ihrem Schulbesuch einschließlich der Hausaufgabenhilfe ganztags sicherstellt. Soweit das Berufungsgericht unabhängig von der Existenz und dem Leistungsspektrum einer solchen kindgerechten Einrichtung eine persönliche Betreuung durch die Klägerin für erforderlich erachtet, hält die Entscheidung der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Auch wenn die ADS-Erkrankung des inzwischen 15 Jahre alten Sohnes nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts einen zusätzlichen Betreuungsbedarf begründet, sagt dies noch nichts darüber aus, durch wen eine solche zusätzliche Betreuung sichergestellt werden kann. Wie der problemlose Schulbesuch des Sohnes und seine sportlichen Aktivitäten zeigen, ist eine auswärtige Betreuung nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie hängt vielmehr vom konkreten Betreuungsangebot der kindgerechten Einrichtung ab. Weil das Berufungsgericht dazu keine Feststellungen getroffen hat, kann die Entscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen keinen Bestand haben.
- 36
- 3. Soweit die Betreuung der Kinder auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Solche elternbezogenen Gründe sind schon nach der Systematik des § 1570 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 37
- a) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Be- deutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte und verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn Kinder ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen werden, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall - abhängig von der Anzahl der Kinder und deren Gesundheitszustand - unterschiedlich sein kann. Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 32).
- 38
- b) Auch die Voraussetzungen solcher elternbezogener Verlängerungsgründe hat das Berufungsgericht hier nicht hinreichend festgestellt.
- 39
- Zwar hat es im Ansatz zutreffend darauf abgestellt, dass die Parteien während ihres ehelichen Zusammenlebens eine Rollenverteilung praktiziert hatten , wonach der Beklagte einer Vollzeitbeschäftigung nachging, während die Klägerin die Kinderbetreuung übernommen hatte und daneben lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübte. Diese Rollenverteilung führte allerdings schon nach dem früher praktizierten Altersphasenmodell (vgl. Ziffer 17.1 der Süddeutschen Leitlinien FamRZ 2005 1376, 1379) zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils, wenn das jüngste Kind die dritte Grundschulklasse begonnen hatte. Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes sollte lediglich eine teilweise Erwerbsobliegenheit, danach aber eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt werden.
- 40
- Entscheidend ist aber, dass auch im Rahmen der elternbezogenen Gründe nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden gesetzlichen Neuregelung nicht mehr allein auf das Lebensalter der Kinder, sondern auf die individuellen Umstände abgestellt werden muss. Ob und in welchem Umfang im Falle einer möglichen Vollzeitbetreuung der gemeinsamen Kinder in kindgerechten Einrichtungen gleichwohl noch eine überobligationsmäßige Belastung der Klägerin verbleibt, hat das Oberlandesgericht nicht geprüft. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum genauen Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit und zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder nach Beendigung einer Ganztagsbetreuung kann der Senat auch insoweit nicht abschließend entscheiden.
- 41
- 4. Das angefochtene Urteil ist deswegen insoweit aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 42
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 43
- 1. Das Oberlandesgericht hat den Verwirkungseinwand des Beklagten zu Recht zurückgewiesen.
- 44
- a) Soweit der Beklagte einen Verwirkungsgrund nach § 1579 Nr. 5 BGB darin sieht, dass die Klägerin nicht auf ihre Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für ihren Unterhaltsanspruch verzichtet hat, was seine Beförderung zum Verwaltungsdirektor mit einem um 300 € monatlich höheren Einkommen verhindert habe, hat das Oberlandesgericht dies zu Recht abgelehnt.
- 45
- aa) Der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB setzt objektiv einen gravierenden Verstoß des Unterhaltsberechtigten voraus, wie sich aus der Wortwahl "schwerwiegende" und "hinwegsetzen" gibt. Damit stellt die Vorschrift nicht allein auf den Umfang der Vermögensgefährdung ab, sondern auch auf die Intensität der Pflichtverletzung (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327).
- 46
- bb) Weil der Beklagte im Jahr 2005 keinen Betreuungsunterhalt an die Klägerin geleistet hatte, hatte das Amtsgericht ihm mit einstweiliger Anordnung vom 18. Oktober 2005 aufgegeben, monatlichen Unterhalt für die Zeit bis Juni 2005 in Höhe von 700 € und für die Zeit ab Juli 2005 in Höhe von 708 € zu zahlen. Diese Zahlungsverpflichtung wurde durch das vorläufig vollstreckbare Urteil des Amtsgerichts auf monatlich wechselnde Beträge, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 auf monatlich 796 € sogar erhöht. Aufgrund dieser Unterhaltstitel hatte die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Arbeitgeber des Beklagten erwirkt, woraus sie Teilbeträge auf den geschuldeten Unterhalt erhielt. Mit Schreiben vom 18. April 2006 forderte der Beklagte die Klägerin auf, auf ihre Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu verzichten, um seine in Aussicht genommene Beförderung zum Verwaltungsdirektor nicht zu gefährden. Ergänzend wies er allerdings darauf hin, dass er seine Zusage zur fortlaufenden Zahlung der pfändbaren Beträge nicht absichern könne. In dieser Situation hat das Berufungsgericht die fortdauernde Vollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu Recht als Wahrnehmung berechtigter Interessen der Klägerin und nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung im Sinne des § 1579 Nr. 5 BGB angesehen.
- 47
- b) Auch die Strafanzeigen der Klägerin gegen den Beklagten hat das Oberlandesgericht zutreffend nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung eingestuft , die zu einer Verwirkung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1579 Nr. 3 oder 5 BGB führen könnten (vgl. insoweit Senatsurteil vom 24. Oktober 2001 - XII ZR 284/99 - FamRZ 2002, 23, 25 f.).
- 48
- Die Anzeigen wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Vollstreckungsvereitelung und Unterhaltspflichtverletzung sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls nicht aus der Luft gegriffen. Obwohl der Beklagte im Jahre 2005 aus der Veräußerung des Hausgrundstücks rund 33.000 € erhalten hatte, hatte er sich auf Leistungsunfähigkeit berufen und im gesamten Jahr 2005 keinen Ehegattenunterhalt gezahlt. Selbst wenn die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung und Vollstreckungsvereitelung letztlich mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, steht der vom Oberlandesgericht festgestellte Sachverhalt einer schwerwiegenden Pflichtverletzung durch die Klägerin entgegen. Hinzu kommt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen falscher eidesstattlicher Versicherung wegen geringer Schuld nach § 153 a StPO eingestellt worden ist. Jedenfalls insoweit hat die Staatsanwaltschaft also ein strafbares Verhalten festgestellt und die Klägerin hat bei ihren Strafanzeigen im Rahmen der Vollstreckung ihres Unterhaltsanspruchs in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt.
- 49
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Verwirkung der Unterhaltsansprüche der Klägerin wegen ihrer Schreiben an die Dienstvor- gesetzten des Beklagten abgelehnt (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1981 - IVb ZR 622/80 - NJW 1982, 100, 101).
- 50
- Zwar setzt der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB nicht voraus, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entstanden ist; vielmehr genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327). Eine solche schwerwiegende Vermögensgefährdung folgt aber nicht schon daraus , dass die Kenntnis des Arbeitgebers von einer erheblichen strafrechtlichen Verurteilung grundsätzlich auch Auswirkungen auf den Beamtenstatus und den Arbeitsplatz des Verurteilten haben kann. Dies setzt aber eine strafrechtliche Verurteilung voraus. Die Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen sind dann primär nicht durch die Mitteilung an den Arbeitgeber, sondern durch das vorangegangene eigene strafbare Verhalten gefährdet.
- 51
- Soweit das Oberlandesgericht den Schreiben der Klägerin an die Vorgesetzten der Beklagten auch sonst keinen Verwirkungsgrund entnommen hat, hält dies den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die Vorwürfe der Klägerin entstammten dem Unterhaltsrechtsstreit der Parteien und waren - wie bereits ausgeführt - nicht aus der Luft gegriffen. Sie waren an den Arbeitgeber des Beklagten gerichtet, bei dem bereits eine Lohnpfändung durchgesetzt werden musste, die nur Teile des Unterhaltsanspruchs sicherstellte. Hinzu kommt, dass der Beklagte sich zuvor über seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich an die Mitarbeiterinnen der Gemeinschaftspraxis der Klägerin und somit an unbeteiligte Dritte gewandt hatte, um daraus Vorteile für seine Rechtsposition zu erzielen. Dabei hatte er der Klägerin unterstellt, die Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen seien nicht zutreffend, was die Reaktion der Klägerin in einem milderen Licht darstellt. Wenn das Oberlandesgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung des beiderseitigen Verhaltens ein schwerwiegendes vorsätzliches Ver- gehen der Klägerin abgelehnt hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
- 52
- d) Schließlich führt auch die Gesamtheit der genannten Umstände nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin. Denn sie hat in Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen gehandelt und dem Beklagten eine falsche eidesstattliche Versicherung vorgeworfen, was sich nachträglich sogar als strafrechtlich relevant erwiesen hat. Soweit sie mit den Vorwürfen gegen den Beklagten an dessen Dienstvorgesetzten getreten ist, hat das Oberlandesgericht zutreffend darauf abgestellt, dass auch der Beklagte die Klägerin gegenüber unbeteiligten Dritten als nicht glaubwürdig dargestellt hat.
- 53
- Hinzu kommt, dass der Klägerin hier Betreuungsunterhalt zugesprochen wurde, der vor allem die Interessen der gemeinsamen Kinder berücksichtigt. Da der Klägerin bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 838 € für die Zeit ab Januar 2008 lediglich weiterer Elementarunterhalt in Höhe von 324 € bzw. 302 € zugesprochen wurde, bleibt schon im Hinblick auf die beengten finanziellen Verhältnisse kaum Raum für eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen.
- 54
- 2. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht eine Befristung oder Begrenzung eines möglichen Anspruchs der Klägerin auf Betreuungsunterhalt abgelehnt.
- 55
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und eltern- bezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 42 m.w.N.).
- 56
- b) Auch eine Begrenzung eines Betreuungsunterhalts der Klägerin vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung kommt gegenwärtig nicht in Betracht.
- 57
- Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings einerseits voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 44 m.w.N.).
- 58
- Diese Voraussetzungen hat das Oberlandesgericht hier in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt. Auf der Grundlage einer noch eingeschränkten Erwerbsobliegenheit verfügt die Klägerin lediglich über monat- liche Nettoeinkünfte in Höhe von 838 €. Zuzüglich des vom Oberlandesgericht für die Zeit ab April 2008 zugesprochen Elementarunterhalts liegen die Einkünfte der Klägerin allenfalls unwesentlich über ihrem angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung ohne ehebedingte Nachteile. Wenn das Oberlandesgericht im Hinblick darauf eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 20.01.2006 - 2 F 107/05 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 30.06.2008 - 5 UF 36/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Januar 2000 die Ehe geschlossen, aus der ihr im November 2001 geborener Sohn hervorgegangen ist. Nach der Trennung im September 2003 wurde die Ehe im April 2006 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Seit 2005 besuchte er eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung, seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16.00Uhr in einen Hort. Er leidet unter chronischem Asthma.
- 4
- Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungs - und Aufstockungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab November 2007 in Höhe von monatlich 837 € verurteilt. Das Kammergericht hat die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 € für die Zeit ab November 2007 und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt hat, zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, "weil die Fragen, ob die Klägerin aufgrund des seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrechts gehalten ist, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen und ihr Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen ist, grundsätzliche Bedeutung haben".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil verfolgt der Beklagte seine Berufungsanträge in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
A
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2008, 1948 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gegenwärtig nicht in Betracht komme.
- 12
- Die für die Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe schlüssig dargelegt, dass es ihr aus Kindeswohlgründen derzeit nicht zumutbar sei, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das gemeinsame Kind sei im November 2007 erst sechs Jahre alt geworden und gehe seit September 2007 zur Schule. Es leide unstreitig an chronischem Asthma. Selbst wenn der Gesetzgeber für das neue Unterhaltsrecht das frühere Altersphasenmodell aufgegeben habe, folge daraus nicht automatisch , dass der betreuende Elternteil mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu verweisen sei. Vielmehr entspreche es jedenfalls bei der hier gegebenen Konstellation der Billigkeit, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern. Eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils beeinträchtige auch die Belange des Kindes. Ein gerade erst eingeschultes Kind benötige noch die Zuwendung und Betreu- ung eines Elternteils, was mit erheblichem zeitlichem Aufwand verbunden sei. Jedes Kind solle sich darauf verlassen können, dass es jedenfalls nach einem Hortbesuch zu Hause auf einen Elternteil treffe, der genügend Zeit habe, sich ihm zu widmen und nicht durch die Führung des Haushalts oder andere der Grundversorgung dienende Tätigkeiten daran gehindert sei.
- 13
- Die Klägerin sei nicht darauf verwiesen, die Großeltern mütterlicherseits oder andere Privatpersonen zu Betreuungszwecken in Anspruch zu nehmen, weil das Kind sich nicht zugunsten des unterhaltspflichtigen Elternteils darauf verweisen lassen müsse, zwischen den einzelnen Betreuungsinstitutionen hin und her geschoben zu werden, damit der betreuende Elternteil seinen Lebensunterhalt verdienen oder berufliche Nachteile ausgleichen könne. Eine regelmäßige Inanspruchnahme dritter Bezugspersonen neben der Hortbetreuung stelle eine Zumutung dar, zumal die Klägerin ohnehin im Falle einer Erkrankung des Kindes auf diese Betreuungsmöglichkeit angewiesen sei. Schließlich sei die Klägerin bereits jetzt zu fast 70 % teilschichtig erwerbstätig.
- 14
- Vom Nettoeinkommen des Beklagten seien keine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen, weil es sich bei den wesentlichen Aufwendungen für die Eigentumswohnung nicht um Erhaltungs-, sondern um Modernisierungsarbeiten handele, die in den hier relevanten Folgejahren nicht entstünden. Es seien deswegen insoweit zusätzliche Einnahmen in Höhe von 389 € monatlich zu berücksichtigen. Vom Nettoeinkommen der Klägerin seien neben den Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung auch weitere Aufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge abzusetzen. Die Aufwendungen seien allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf 4 % des Bruttoeinkommens, also auf rund 105 €, begrenzt.
- 15
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Zwar lege die Aufspaltung des Unterhaltsanspruchs in einen Basisunterhalt von drei Jahren und einen Folgeunterhalt aus kind- und ehebezogenen Gründen nahe, in Anknüpfung an den Verlängerungsgrund eine Befristung auszusprechen, soweit der Wegfall des Verlängerungsgrundes absehbar sei. Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt sei aus sich heraus durch die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes begrenzt, dessen genaue Dauer nicht exakt absehbar sei. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs und eine Verweisung des betreuenden Elternteils auf eine prozessuale Durchsetzung seines künftigen Anspruchs widersprächen auch dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Denn der Anspruch solle die wirtschaftlichen Grundlagen für eine stabile Betreuungs- und Lebenssituation schaffen.
- 16
- Zurzeit komme eine Befristung schon deswegen nicht in Betracht, weil die weitere Entwicklung des Kindes nicht vorhersehbar sei. Außerdem könne noch keine sichere Prognose abgegeben werden, ob und in welchem Umfang der Klägerin infolge der Kindesbetreuung weitere ehebedingte Nachteile entstünden. Derzeit stehe lediglich fest, dass die Klägerin wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes keine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausüben könne. Ehebedingte Nachteile könnten sich daraus ergeben, dass sie wegen der Kindesbetreuung nicht an wichtigen Fortbildungsveranstaltungen oder Klassenfahrten teilnehmen könne. Eine Herabsetzung vom eheangemessenen auf den angemessenen Unterhaltsbedarf nach der eigenen Lebensstellung der Klägerin als Studienrätin komme ebenfalls nicht in Betracht. Zwar beruhe der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur teilweise auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und im Übrigen auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs komme aber nur in Betracht, wenn die Unterhaltspflicht in Höhe des eheangemessenen Bedarfs für den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Belange des gemeinsamen Kindes unbillig sei.
II.
- 17
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 18
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 19
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 20
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber die Regelung übernommen, die er mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 2942) für den Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes in § 1615 l Abs. 2 BGB eingeführt hatte. Der betreuende Elternteil kann danach frei entscheiden, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will (vgl. Dose Jugendamt 2009, 1).
- 21
- Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er allerdings eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
- 22
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 23
- Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe , die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 24
- 2. Die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden kindbezogenen Verlängerungsgründe finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 GG, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht ist. Da den nichtehelich geborenen Kindern nach Art. 6 Abs. 5 GG durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind wie den ehelichen Kindern, sind kindbezogene Verlängerungsgründe bei den Ansprüchen auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB und auf Unterhalt bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen in § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB und § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB deswegen auch wortgleich ausgestaltet. Wegen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes der Kinder sind diese Verlängerungsgründe stets vorrangig zu prüfen und entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 3).
- 25
- a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; Puls FamRZ 1998, 865, 870 f.; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; zur früheren Regelung in § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. schon Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, 1365).
- 26
- Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist.
- 27
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (BVerfGE FamRZ 2007, 965, 968; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998; OLG München FamRZ 2008, 1945 f.; vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 67; Viefhues ZFE 2008, 44, 45; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.; Graba FamRZ 2008, 1217, 1221 f.; Zimmermann FPR 2009, 97, 98). Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (vgl. Meier FamRZ 2008, 101, 104).
- 28
- Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (OLG Köln FamRZ 2008, 2119, 2129; OLG Celle FF 2009, 81, 82; wohl auch OLG Jena FamRZ 2008, 2203, 2205; Wellenhofer FamRZ 2007, 1282, 1283; Büttner FPR 2009, 92, 94; Leitlinien des OLG Hamm unter Nr. 17.1.1 NJW 2008 Beilage zu Heft 10 S. 50; vgl. dazu Born FF 2009, 92, 94 ff. und Borth FamRZ 2008, 1, 6), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.
- 29
- c) Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. schwere Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten.
- 30
- Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.
- 31
- 3. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Wie sich schon aus der Systematik des § 1570 BGB ergibt, sind elternbezogene Verlängerungsgründe im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 32
- Diese Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.
- 33
- 4. Diesen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trägt die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung.
- 34
- a) Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Klägerin vorrangig auf das Alter des gemeinsamen Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kind nach Beendigung der Schulzeit bis 16.00 Uhr einen Hort aufsucht. Die Beaufsichtigung und Betreuung des Kindes ist deswegen werktäglich bis 16.00 Uhr sichergestellt. Weil das Berufungsge- richt über die pauschale Angabe, das Kind leide unter chronischem Asthma, hinaus keine konkreten Auswirkungen festgestellt hat, sind auch keine Umstände ersichtlich, die zusätzliche Betreuungsleistungen der Klägerin in der Zeit bis 16.00 Uhr erfordern könnten. Andererseits hat das Berufungsgericht auch nicht festgestellt, dass die Klägerin als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16.00 Uhr hinaus berufstätig sein müsste. Kindbezogene Gründe für eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit und somit für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus hat das Berufungsgericht damit nicht festgestellt.
- 35
- Auch die Billigkeitsabwägung, ob elternbezogene Gründe, insbesondere der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung, zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führen , obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Senat nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des Kammergerichts im Ergebnis gerechtfertigt sein. An den hierzu erforderlichen Feststellungen fehlt es indessen. Denn das Berufungsgericht hat im Rahmen der kindbezogenen Gründe vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und deswegen schon kindbezogene Verlängerungsgründe angenommen. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit oder zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes nach Beendigung der Hortbetreuung, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 36
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 37
- 1. Soweit sich die Revision auch gegen die Unterhaltsberechnung wendet , sind ihre Angriffe gegen das angefochtene Urteil nicht begründet.
- 38
- a) Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Einkommen des Beklagten - abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts - zusätzliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 389 € hinzugerechnet. Zwar hatte der Beklagte in der für die Einkommensbemessung herangezogenen Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 erhebliche Beträge für die Badsanierung investiert. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber darauf abgestellt, dass es sich dabei um einmalige Modernisierungsarbeiten und nicht um wiederkehrenden Erhaltungsaufwand handelt. Im Rahmen der Prognose für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 kann deswegen nicht von derartigen Kosten ausgegangen werden.
- 39
- b) Auch soweit die Revision die Bemessung des Einkommens der Klägerin angreift, hat dies - vorbehaltlich des Umfangs ihrer Erwerbsobliegenheit - keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat von den Kosten der Klägerin für ihre Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung einen Anteil von 4 % ihres Bruttoeinkommens abgesetzt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1822). Danach ist sowohl ein Unterhaltspflichtiger als auch ein Unterhaltsberechtigter im Rahmen des Ehegattenunterhalts berechtigt, von seinen eigenen Einkünften 4 % des Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersvorsorge zu verwenden. Jedenfalls unter Berücksichtigung der jüngsten Kürzungen der Beamtenpensionen gilt dies auch für die Klägerin als Lehrerin.
- 40
- 2. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hat das Berufungsgericht gegenwärtig noch zu Recht abgelehnt.
- 41
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts ist jedenfalls nicht schon nach der Systematik des § 1570 BGB geboten. Danach steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zu. Der Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhalt bilden somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 4 f.). Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen, ist ein künftiger Betreuungsunterhalt abzuweisen (Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 83).
- 42
- b) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 155; Peschel-Gutzeit Unterhaltsrecht aktuell Rdn. 57; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 Rdn. 335; Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1578 b BGB Rdn. 5).
- 43
- c) Soweit nach bisheriger Rechtsprechung des Senats hier neben einem Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt noch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Betracht kommen sollte (vgl. insoweit Senatsurteile vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407 f. [zu § 1572 BGB]; vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 [zu § 1571 BGB] und vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. [zu § 1570 BGB]; so auch Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rdn. 423 ff.; a.A. für das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 76 und FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 355; vgl. auch OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450) scheidet eine Befristung schon mangels hinreichend klarer Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus. Einer Befristung dieses Anspruchs steht aber auch entgegen , dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar ist, ob die Klägerin infolge der Kindererziehung ehebedingte Nachteile erlitten hat oder noch erleiden wird.
- 44
- d) Zu Recht hat das Berufungsgericht hier auch noch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin der Höhe nach - vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung - abgelehnt. Zwar kommt eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt (Graba FamRZ 2008, 1217, 1222). Besonders in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung bis auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung des gemeinsamen Kindes trotz des abgesenkten Un- terhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, während eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Soweit das Berufungsgericht hier eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, weil der Umfang eventueller ehebedingter Nachteile noch nicht hinreichend feststehe , ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 29.08.2007 - 20 F 5145/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.04.2008 - 18 UF 160/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten noch um Ansprüche der Klägerin zu 1 (im Folgenden : Klägerin) auf Betreuungsunterhalt für die Zeit ab März 2003.
- 2
- Die Klägerin und der Beklagte hatten sich 1996 kennen gelernt, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und den am 1. März 1995 geborenen ehelichen Sohn K. versorgte. Vor der Geburt dieses Kindes hatte sie als Fernmeldetechnikerin monatlich 1.335 € erzielt. Wegen der Pflege und Erziehung des ehelichen Kindes erhielt sie von ihrem damaligen Ehemann Betreuungsunterhalt, dessen Höhe zwischen den Parteien streitig ist.
- 3
- Als die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter K. der Parteien schwanger war, zogen diese in eine gemeinsame Wohnung und vereinbarten, dass der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin keinen Unterhalt mehr zahlen müsse, was ihm auch mitgeteilt wurde. Die Tochter K. wurde am 28. Dezember 1997 geboren. Die Klägerin war bereits wieder stundenweise berufstätig, als sie im Jahre 2000 erneut von dem Beklagten schwanger wurde. Sie trug das Kind trotz eines zunächst beabsichtigten Schwangerschaftsabbruchs aus, weil sie u.a. die psychischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs fürchtete. Am 12. Januar 2001 wurde der gemeinsame Sohn N. geboren. Im Juni 2002 trennten sich die Parteien innerhalb der gemeinsamen Wohnung. Auf Wunsch der Klägerin wurde die Beziehung im Dezember 2002 vollständig beendet, indem der Beklagte auszog.
- 4
- Der Beklagte ist seit August 1997 geschäftsführender Mitgesellschafter einer GmbH und bezieht ein Geschäftsführergehalt, das sich nach den Gesellschafterbeschlüssen für die Zeit bis September 2002 auf monatlich 4.090 € (= jährlich 49.080 €) sowie für die Zeit von Oktober bis Dezember 2002 auf monatlich 3.290 € belief und für die Zeit ab Januar 2003 monatlich 3.300 € beträgt. Zusätzlich steht ihm ein Pkw zur Verfügung, den er jedenfalls bis August 2003 auch privat unentgeltlich nutzen durfte. Aus der Untervermietung einer Mietwohnung erzielt der Beklagte weitere Einnahmen. Seit dem Jahre 2003 betreibt er außerdem eine Internet-Partnerschaftsagentur.
- 5
- In der hier relevanten Zeit ab März 2003 zahlte der Beklagte an die Klägerin neben dem Kindesunterhalt zunächst monatlichen Betreuungsunterhalt in Höhe von 200 €. Auf eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 26. August 2003 zahlte der Beklagte für die Zeit von Juni 2003 bis Januar 2004 Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 638 €. Seitdem zahlt er keinen Unterhalt mehr.
- 6
- Seit Februar 2004 ist die Klägerin mit einem neuen Freund zusammen. Der Beklagte ist seit dem 27. Oktober 2004 verheiratet.
- 7
- Die Parteien streiten darüber, ob sich das unterhaltsrelevante Gesamteinkommen des Beklagten seit dem Jahre 2002 verringert hat, ob die Klägerin mit ihrem neuen Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen wohnt und ob und für welche Dauer ihr Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hinaus zusteht.
- 8
- Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von März bis November 2003 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von insgesamt 1.314 € und für die Zeit von Dezember 2003 bis Januar 2007 laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 638 € zu zahlen. Die Widerklage des Beklagten auf Rückzahlung eines Teils des auf Grund der einstweiligen Anordnung geleisteten Unterhalts hat es abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von März bis Juli 2003 in Höhe von insgesamt 2.669 € sowie laufenden Unterhalt für die Zeit ab August 2003 bis einschließlich Januar 2007 in unterschiedlicher Höhe, zuletzt in Höhe von monatlich 216 €, zu zahlen. Auch das Berufungsgericht hat die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin auf die Zeit bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes begrenzt. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision der Klägerin und die unselbständige Anschlussrevision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
I.
- 9
- Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten wenden sich lediglich gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts zum Betreuungsunterhalt der Klägerin. Beide Rechtsmittel sind begründet und führen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
II.
- 10
- Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 1772 veröffentlicht ist, hat der Klage sowohl zur Höhe als auch zur Dauer des Betreuungsunterhalts lediglich teilweise stattgegeben. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:
- 11
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Höhe des - bis Januar 2004 dem Grunde nach unstreitigen - Unterhaltsanspruchs bemesse sich gemäß den §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach den Lebensverhältnissen der Klägerin im Zeitpunkt vor der Geburt. Streitig sei allerdings, auf welchen Zeitpunkt abzustellen sei, wenn die Kindesmutter zuvor für längere Zeit in eheähnlicher Gemeinschaft mit dem Vater zusammengelebt und einen seinen Einkommensverhältnissen entsprechenden Lebensstil geführt habe. Teilweise werde vertreten, der Vater müsse der Mutter lediglich die Kinderbetreuung durch Zahlung der Mindestunterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle ermöglichen, nicht aber Unterhalt nach den früheren gemeinsamen Verhältnissen leisten, da die eheähnliche Gemeinschaft keine Lebensstandardgarantie begründe. Nach anderer Auffassung sei entscheidend, ob die Mutter in einer eheähnlichen Gemeinschaft nachhaltig unterhalten worden sei und das Lebensverhältnis mit dem Vater des Kindes die eigene Lebensstellung entsprechend geprägt habe. In einem solchen Fall sei der Betreuungsunterhalt - wie beim Ehegattenunterhalt - nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts als Quotenunterhalt zu berechnen. Dieser letztgenannten Auffassung sei zu folgen.
- 12
- Es sei nicht sachgerecht, den angemessenen Bedarf der Klägerin auf der Grundlage der Einkünfte vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes oder sogar auf der Grundlage ihres früheren Einkommens zu bemessen. Eine solche Bedarfsbemessung sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes infolge der durch die Geburt notwendigen Betreuung an der Beibehaltung ihres bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Einkommens gehindert sei. Notwendig sei also eine Kausalität zwischen dem Betreuungsbedarf des Kindes einerseits und den Einkommenseinbußen der Mutter andererseits, wie dies in § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich festgelegt sei. Davon könne hier schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil die Parteien zwei gemeinsame Kinder hätten und im Rahmen der Bedarfsbemessung deswegen nicht auf den Zeitraum vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes abgestellt werden könne, wie dies von den Parteien und dem Amtsgericht vertreten werde. Gingen aus der nichtehelichen Gemeinschaft mehrere Kinder hervor, könne für die Entstehung und die Dauer des Unterhaltsanspruchs nur die Geburt des letzten gemeinsamen Kindes maßgeblich sein. Auch dürfe der Unterhalt in solchen Fällen nicht auf einen Mindestbedarf begrenzt werden, da bei mehreren aus der Beziehung hervorgegangenen Kindern davon ausgegangen werden müsse, dass die Partner sich auf ein länger andauerndes Zusammenleben eingestellt hätten mit der Folge, dass die Verhältnisse bei Geburt des letztgeborenen Kindes auch für die Lebensverhältnisse der Mutter prägend seien. Dies führe im Umkehrschluss allerdings auch dazu, dass die Mutter Veränderungen , insbesondere Einkommenseinbußen des Vaters, ebenso mittragen müsse, wie sie dies bei einer Fortdauer des Zusammenlebens hätte tun müssen.
- 13
- Da der Beklagte sein Einkommen nicht in ausreichender und nachvollziehbarer Weise dargelegt habe, sei für die hier maßgebende Zeit ab März 2003 von seinen Einkünften als Geschäftsführer im Jahre 2002 sowie von den weiteren Einkünften gemäß dem für dieses Steuerjahr vorliegenden Einkommensteuerbescheid auszugehen. Geringere Einkünfte seien nicht anzusetzen, obwohl der Beklagte Gesellschafterbeschlüsse vorgelegt habe, wonach Umsatzeinbrüche zu einem geringeren Einkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit geführt hätten, was auch durch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 belegt sei. Denn abgesehen davon, dass der Beklagte keine aktuelle Gehaltsbescheinigung vorgelegt habe, betreibe er unstreitig neben seiner Geschäftsführertätigkeit eine Internet-Agentur, deren Existenz er nicht offen gelegt habe und zu der nach wie vor jegliche Angaben und Belege fehlten. Weiter erziele der Beklagte Einnahmen aus Vermietung, ohne dass er die Höhe hinreichend belegt habe. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 weise solche Einnahmen nicht aus, obwohl der Beklagte selbst einräume, jedenfalls in diesem Jahr solche Gewinne erzielt zu haben. Hinzu komme, dass der Beklagte ausweislich seiner vorgelegten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 und 2003 über Einkünfte aus Kapitalvermögen verfüge, die er ebenfalls im Verlauf des Verfahrens nicht freiwillig offenbart habe. Weil die Einkommenssituation des Beklagten für den maßgeblichen Zeitraum ab März 2003 in keiner Weise nachvollziehbar sei, müsse er sich an den für das Jahr 2002 festgestellten Ein- nahmen festhalten lassen. Auch die im Jahre 2002 geflossene Tantieme für das Jahr 2001 müsse der Beklagte sich anrechnen lassen, zumal er diesen Betrag nach seinem eigenen Vortrag als Darlehen an die Gesellschaft gegeben habe und ihm somit ein entsprechend werthaltiger Rückzahlungsanspruch zustehe. Die private Nutzung des dienstlich zur Verfügung stehenden Pkw sei auch für die Zeit ab August 2003 Einkommens erhöhend zu berücksichtigen. Denn er nutze dieses Fahrzeug auch privat und erlange somit einen geldwerten Vorteil. Der Wert dieses Nutzungsvorteils sei anhand der Kosten zu bemessen, die sonst für die Vorhaltung eines Mittelklassewagens aufzuwenden wären, also mit 200 € monatlich. Aus steuerlicher Sicht sei ihm dieser Nutzungsvorteil allerdings lediglich bis Juli 2003 zuzurechnen gewesen, so dass sich sein zu versteuerndes Einkommen für die Folgezeit entsprechend vermindere.
- 14
- An Vorsorgeaufwendungen sei von den Einkünften des Beklagten neben der Direktversicherung mit monatlich 153,39 € nicht die gesamte Lebensversicherungsprämie abzusetzen, sondern lediglich ein Anteil, der sich auf 19,5 % seines Geschäftsführergehalts belaufe. Auch eine fünfprozentige Pauschale sei von den Einkünften des Beklagten nicht in Abzug zu bringen, da berufsbedingte Aufwendungen eines geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH bereits bei der Gewinnermittlung berücksichtigt seien und regelmäßig von der Gesellschaft getragen würden. Das sei hier umso mehr sachgerecht, als der Beklagte auch nach dem unterbliebenen Abzug im amtsgerichtlichen Urteil nicht vorgetragen habe, welche berufsbedingten Aufwendungen konkret vorhanden seien und nicht von der GmbH übernommen würden. Von dem so ermittelten Einkommen schulde der Beklagte vorrangig Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder, und zwar für 2003 nach der 8. Einkommensgruppe und für die Zeit ab 2004 nach der 9. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle.
- 15
- Der Klägerin seien fiktive Einkünfte in Form eines Unterhaltsanspruchs gegen ihren früheren Ehemann zuzurechnen, der wegen der fortdauernden Betreuung des ehelichen Kindes nach der Trennung von dem Beklagten wieder auflebe. Der Unterhaltsanspruch lebe jedenfalls dann wieder auf, wenn eine Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu einem neuen Lebenspartner, die zunächst eine objektive Unzumutbarkeit im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB (jetzt § 1579 Nr. 2 BGB) begründet habe, beendet sei. Anders sei die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn die Belastung durch eine wieder auflebende Unterhaltspflicht für den Unterhaltspflichtigen die Zumutbarkeitsgrenze überschreite. Dies sei bei Erziehung minderjähriger gemeinsamer Kinder regelmäßig nicht der Fall. Der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann lebe allerdings erst ab dem Zeitpunkt wieder auf, ab dem der Beklagte die Klägerin darauf verwiesen habe und sie dies ihrem früheren Ehemann habe mitteilen können und müssen. Das sei erst für die Zeit ab Juni 2003 der Fall. Zur Höhe sei der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann durch den Mindestbedarfssatz der Düsseldorfer Tabelle begrenzt. Dabei sei zu berücksichtigen , dass nur eines der drei von der Klägerin betreuten Kinder aus ihrer früheren Ehe stamme. Der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann belaufe sich deswegen allenfalls auf 1/3 des Mindestbedarfs der Klägerin. Dieser Anspruch sei zusätzlich zu kürzen, weil die Klägerin im Hinblick auf das Alter des ehelichen Kindes im Verhältnis zu ihrem früheren Ehemann zu einer Teilzeittätigkeit verpflichtet sei, die aber noch nicht das Ausmaß einer Halbtagstätigkeit erreichen müsse. Anzusetzen seien deswegen lediglich 2/3 des mit 1/3 des Mindestbedarfs angesetzten Betrages, also (730 € : 3 = 243,33 € x 2 : 3 =) 162 €.
- 16
- Der Vorteil, den der Beklagte durch seine Heirat im Jahre 2004 steuerlich erlangt habe, sei bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nicht zu berücksichtigen, weil diese an dem Splittingvorteil des Beklagten nicht partizipieren dürfe. Das unterhaltsrelevante Einkommen sei deswegen fiktiv nach der Grundtabelle zu ermitteln. Soweit von dem Einkommen des Beklagten vorab der Kindesunterhalt abzuziehen sei, sei dieser ebenfalls auf der Grundlage eines Einkommens nach der Grundtabelle zu ermitteln. Dass der Beklagte tatsächlich höheren Kindesunterhalt nach dem gegenwärtig erzielten Nettoeinkommen schulde, stehe dieser Berechnung nicht entgegen, da dies im Verhältnis zur Klägerin ohne Bedeutung sei.
- 17
- Für die Zeit ab Eheschließung des Beklagten reduziere sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin erheblich, weil der Beklagte ab dann seiner neuen Ehefrau unterhaltspflichtig sei, der nach § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB a. F. vorrangig Unterhalt zustehe. Eigene Einkünfte der Ehefrau des Beklagten seien nicht zu berücksichtigen, weil sie bislang trotz ausreichender Suche keinen Arbeitsplatz gefunden habe. Ausgangspunkt für die Ermittlung dieses Unterhaltsanspruchs der Ehefrau des Beklagten sei dessen Nettoeinkommen, wovon der Ehefrau ein Anteil von 3/7 zustehe. Zwar gelte im Rahmen der bestehenden Ehe der Halbteilungsgrundsatz. Weil seine neue Ehefrau den Beklagten allerdings in Kenntnis seiner bestehenden Unterhaltsverpflichtung geheiratet habe, sei es sachgerecht, auch bei der Ermittlung des Familienunterhalts den Erwerbstätigenbonus abzusetzen. Soweit der Ehefrau des Beklagten wegen der Versteuerung nach der Splittingtabelle und des sich daraus ergebenden höheren Nettoeinkommens ein höherer Unterhaltsanspruch zustehe, sei dieser aus dem Splittingvorteil zu begleichen. Der Selbstbehalt des Beklagten sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit einem Mittelwert zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt festzusetzen und belaufe sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles für diese Zeit auf 920 € monatlich.
- 18
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin bestehe auch über die Vollendung des 3. Lebensjahres des jüngsten Kindes (Januar 2004) hinaus bis zum vollendeten 6. Lebensjahr fort. Dabei sei von der grundsätzlichen Beschränkung des Unterhaltsanspruchs auf 3 Jahre und einer Verlängerungsmöglichkeit für besondere Einzelfälle auszugehen. Diese Regelung sei nicht verfassungswidrig und verstoße insbesondere nicht gegen Art. 6 Abs. 5 oder Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit der Unterhaltsanspruch der Kinder selbst betroffen sei, seien die nichtehelich geborenen Kinder schon durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I 1998, S. 666) gleichgestellt. Hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs der Mutter wegen der Betreuung der beiden nichtehelich geborenen Kinder liege schon kein Sachverhalt vor, der dem Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB entspreche. Eine Ehe begründe ein besonderes Maß an Solidarität und Beistandspflicht; dessen seien sich die Ehegatten bei der Eheschließung regelmäßig auch bewusst. Im Rahmen einer Ehe werde ein Ausgleich ehebedingter Nachteile deswegen bewusst und gewollt sichergestellt. Ein entscheidender Unterschied zu dem hier relevanten Betreuungsunterhalt bei nichtehelicher Geburt liege darin, dass dieser Unterhaltsanspruch eine Vielzahl unbestimmter Sachverhalte erfasse und deswegen abstrakt ausgestaltet werden müsse, zumal eine gegenseitige Solidarität und Beistandspflicht nicht für alle Fälle unterstellt werden könne. Die Mutter des nichtehelich geborenen Kindes wisse deswegen, dass sie ab einem gewissen Zeitpunkt selbst für den eigenen Unterhalt werde aufkommen müssen. Demgegenüber stehe die Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz des Staates, was eine weitreichendere nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertige. Die Ehe sei also Ausdruck einer gemeinsamen Lebensplanung, woraus das Recht folgen könne, ein gemeinsames Kind länger zu betreuen. Zwischen den Grundrechten auf Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und auf Gleichbehandlung nichtehelich geborener Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) bestehe deswegen eine Wechselwirkung.
- 19
- Allerdings sei eine Vielzahl von Fällen denkbar, in denen eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf 3 Jahre grob unbillig sei. Durch die in § 1615 l Abs. 2 BGB geregelte Ausnahme sei in solchen Fällen aber eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Mutter möglich. Eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sei aus kindbezogenen Gründen, aber auch aus sonstigen , nicht allein kindbezogenen Aspekten möglich. Allerdings müsse stets beachtet werden, dass diese Billigkeitsregelung Ausnahmecharakter habe und die unterhaltsberechtigte Mutter nicht einer betreuenden geschiedenen Ehefrau gleichzustellen sei. Wann der Unterhaltsanspruch der Mutter des nichtehelich geborenen Kindes aus Billigkeitsgründen zu verlängern sei, sei bislang in Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärt. Über die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens deutlich gewordene Absicht hinaus, hierdurch insbesondere den Belangen behinderter Kinder Rechnung zu tragen, sei es sachgerecht, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters jedenfalls dann zu verlängern , wenn die Eltern - wie hier - nicht nur über viele Jahre zusammengelebt und mehrere Kinder gezeugt hätten, sondern dies auch mitbestimmend für den Entschluss der Mutter gewesen sei, das Kind auszutragen. Hier habe der Beklagte zudem das Versprechen abgegeben, für die gesamte Familie zu sorgen, was nur so zu verstehen sei, dass es im Hinblick auf die Notwendigkeit der Kindesbetreuung abgegeben worden sei. Unabhängig davon sei eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs aber auch wegen des langjährigen Zusammenlebens der Parteien und des Entschlusses geboten, mehrere Kinder miteinander zu haben und aufzuziehen. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf 3 Jahre sei schon deswegen grob unbillig, weil die Betreuung mehrerer Kinder einen deutlich größeren Aufwand erfordere als die Betreuung eines Einzelkindes. Das Amtsgericht habe den Unterhaltsanspruch der Klägerin deswegen zu Recht bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten Kindes verlängert. Hingegen komme eine weitere Verlängerung des Unterhaltsanspruches nicht in Betracht, weil der Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine volle Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Das sei im Hinblick auf die Lebensumstände der Parteien und auch deswegen geboten, weil die Klägerin schon während des Zusammenlebens versucht habe, ihre Berufstätigkeit wieder aufzunehmen.
- 20
- Weil eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin durch Zusammenleben mit einem neuen Partner im Hinblick auf die Belange der minderjährigen Kinder nicht in Betracht komme, sei eine Beweisaufnahme dazu entbehrlich. Ob der Rechtsgedanke der Verletzung der nachehelichen Solidarität auch den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes beeinflussen könne, sei zudem zweifelhaft.
III.
- 21
- Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 22
- Schon die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin steht nicht in allen Punkten mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Aber auch die Beschränkung des Unterhaltsanspruchs bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hält den Angriffen der Revision unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles und der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung des § 1615 l Abs. 2 BGB nicht stand.
- 23
- 1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einem Unterhaltsbedarf der Klägerin ausgegangen, den es aus den Einkünften des Beklagten abgeleitet hat.
- 24
- a) Das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Anders als beim Trennungs- oder dem nachehelichen Unterhalt , bei dem der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) bestimmt wird, sind daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils für die Bedarfsbemessung grundsätzlich nicht maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Elternteils bis zur Geburt des Kindes entwickelt hatten. Dabei ist danach zu differenzieren, ob er über eigenes Einkommen verfügte, Unterhalt bezogen oder staatliche Hilfen - etwa in Form von Sozialhilfeleistungen - in Anspruch genommen hat.
- 25
- aa) War der betreuende Elternteil bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig , bemisst sich seine Lebensstellung nach seinem nachhaltig erzielten Ein- kommen. Der Unterhaltsbedarf ist deshalb an diesem Einkommensniveau auszurichten , soweit dies nicht dazu führt, dass dem Unterhaltsberechtigten aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt mehr zur Verfügung steht, als dem Unterhaltspflichtigen verbleibt. Ist das der Fall, so ist der Unterhaltsbedarf zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443 f.).
- 26
- bb) War der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Geburt des nichtehelichen Kindes verheiratet oder geschieden und stand ihm ein Unterhaltsanspruch gegen den (früheren) Ehegatten zu, ergibt sich der Unterhaltsbedarf aus der Lebensstellung in dieser familiären Situation. Der Unterhaltsanspruch gegen den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten richtet sich gemäß den §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB nach den (wandelbaren) ehelichen Lebensverhältnissen der (geschiedenen) Ehe. Dieser Anspruch auf Quotenunterhalt aus der früheren Ehe im Zeitpunkt der Geburt des weiteren Kindes bestimmt somit auch den Unterhaltsbedarf für den Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 BGB (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305). Allerdings ist der Unterhaltsbedarf der Mutter auch in solchen Fällen durch den Grundsatz der Halbteilung nach den Möglichkeiten des unterhaltspflichtigen Elternteils beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443 f.).
- 27
- cc) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bestimmt sich die Lebensstellung der Klägerin und damit ihr Unterhaltsbedarf im Sinne des § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB nicht gleichermaßen im Wege des Quotenunterhalts nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb ihrer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten.
- 28
- (1) Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die maßgebliche Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils sich auch aus den wirtschaftlichen Verhältnissen während eines nichtehelichen Zusammenlebens mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil ergeben kann.
- 29
- Teilweise wird darauf abgestellt, ob die Mutter in der nichtehelichen Gemeinschaft nachhaltig unterhalten wurde und das Zusammenleben mit dem Vater ihre Stellung aus wirtschaftlicher Sicht nachhaltig geprägt hat. In solchen Fällen soll sich der Bedarf der Mutter - wie beim Ehegattenunterhalt - als Quotenunterhalt aus dem vorhandenen Einkommen errechnen (so neben dem Berufungsgericht auch OLG Bremen FamRZ 2008, 1281 und OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288; vgl. auch Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 7 Rdn. 27; Schnitzler/Wever, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, 2. Aufl. § 10 Rdn. 53 ff.; Hamm, Strategien im Unterhaltsrecht, § 4 Rdn. 35; Büttner FamRZ 2000, 781, 783; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 370).
- 30
- Nach anderer Auffassung kann auf die wirtschaftlichen Verhältnisse während eines nichtehelichen Zusammenlebens schon deswegen nicht abgestellt werden, weil solche Unterstützungsleistungen vor Beginn des Anspruchs aus § 1615 l BGB als freiwillige Leistungen keine Lebensstandardgarantie begründen können (vgl. OLG Düsseldorf [7. Familiensenat] FamRZ 2008, 87, 88; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 974; OLG Hamm FF 2000, 137, 138; vgl. auch Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl. Rdn. 4019).
- 31
- (2) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
- 32
- Die Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB richtet sich nicht allein nach den tatsächlichen Umständen, sondern setzt stets eine nachhaltig gesicherte Position voraus. Wenn die Eltern vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes in nichtehelicher Gemeinschaft zusammengelebt haben, beruht ein gemeinsamer Lebensstandard regelmäßig noch auf freiwilligen Leistungen des besser verdienenden Lebenspartners (zur Behandlung von freiwilligen Leistungen im Unterhaltsrecht vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdn. 468 ff.). Denn ein Unterhaltsrechtsverhältnis entsteht nicht schon mit der Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern gemäß § 1615 l BGB erst aus Anlass der Geburt eines gemeinsamen Kindes. Weil der Lebenspartner seine Leistungen vor Beginn des Mutterschutzes für ein gemeinsames Kind deswegen jederzeit einstellen kann und das deutsche Recht keine Unterhaltsansprüche außerhalb von Verwandtschaft und Ehe vorsieht, ist der in einer nichtehelichen Gemeinschaft erreichte Lebensstandard nicht ausreichend gesichert, um damit eine Lebensstellung im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 und 3, 1610 Abs. 1 BGB begründen zu können.
- 33
- Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts gilt auch dann nichts anderes, wenn aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mehrere gemeinsame Kinder hervorgegangen sind. Auch dann sind für einen späteren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB die Verhältnisse bei Geburt des ersten Kindes maßgeblich. Denn diese Verhältnisse bestimmen zunächst als Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten die Höhe des Unterhaltsbedarfs während der Erziehung und Betreuung des ersten Kindes. Dieser Unterhaltsbedarf wiederum bestimmt als Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten regelmäßig auch den Unterhaltsbedarf nach der Geburt eines weiteren Kindes. Denn einen Rechtsanspruch nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen sieht der Unterhaltstatbestand des § 1615 l Abs. 2 BGB aus gemeinsamer Elternschaft auch für die Zeit des Zusammenlebens nicht vor. Der Betreuungsunterhalt aus Anlass der Betreuung und Erziehung eines weiteren Kindes kann allenfalls dann auf einen höheren Unterhaltsbedarf gerichtet sein, wenn der betreuende Elternteil zwischenzeitlich, z.B. durch ein nachhaltig gesichertes höheres Einkommen, eine höhere Lebensstellung erworben hatte.
- 34
- dd) Sollte die so ermittelte Lebensstellung der Klägerin im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zu einem Unterhaltsbedarf unterhalb des jeweils geltenden Sozialhilfesatzes führen, müsste das Berufungsgericht prüfen, ob von einem Mindestbedarf auszugehen wäre und ob ein solcher ggf. mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen pauschaliert werden könnte. Das Berufungsgericht hat die Höhe des für die Lebensstellung der Klägerin relevanten nachehelichen Unterhaltsanspruchs gegen ihren geschiedenen Ehemann zwar nicht festgestellt. Allerdings dürfte die Lebensstellung der Klägerin angesichts ihrer Unterhaltsansprüche im Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Kinder über dem Sozialhilfesatz liegen. Denn die Parteien hatten gegenüber dem Berufungsgericht klargestellt, dass von dem monatlichen Gesamtunterhalt in Höhe von 1.900 DM ein Anteil von 1.433,95 DM (= 733,17 €) auf den nachehelichen Betreuungsunterhalt und der Rest auf den Kindesunterhalt entfallen war. Jedenfalls bei der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes überstieg der Unterhaltsbedarf der Klägerin nach der aus ihrer früheren Ehe abgeleiteten Lebensstellung einen eventuellen Mindestunterhalt. Das wird sich auch in der Folgezeit nicht geändert haben, wenn die von dem nachehelichen Unterhaltsanspruch abgeleitete Lebensstellung sich etwa in der gleichen Weise entwickelt hat wie der am Sozialhilfesatz orientierte notwendige Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen , der derzeit 770 € beträgt (vgl. die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte Beilage zu Heft 17/2008 der NJW jeweils unter Ziff. 21.2).
- 35
- (1) Allerdings wird auch die Frage, ob für den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB generell von einem Mindestbedarf ausgegangen werden kann, in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht einheitlich beantwortet.
- 36
- Teilweise wird dies mit der Begründung abgelehnt, die nichteheliche Mutter sei sonst besser gestellt als die eheliche Mutter, die nach der Rechtsprechung des Senats keinen pauschalen Mindestbedarf verlangen könne (OLG Köln FamRZ 2001, 1322; OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288).
- 37
- Überwiegend wird allerdings die Auffassung vertreten, für den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB sei jedenfalls von einem Mindestbedarf in Höhe des notwendigen Selbstbehalts Nichterwerbstätiger auszugehen , da der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs. 1 BGB das Existenzminimum nicht unterschreiten könne (OLG Karlsruhe NJW 2004, 523; vgl. auch Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. § 7 Rdn. 27; Schnitzler/Wever, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht , 2. Aufl., § 10 Rdn. 50 und 59; Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl. Rdn. 4016; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. Rdn. 215; Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 370).
- 38
- (2) Der Senat konnte diese Rechtsfrage bislang dahin stehen lassen. Lediglich für Fälle, in denen sich der Unterhaltsbedarf nach der Lebensstellung im Zeitpunkt der Geburt aus einem Unterhaltsanspruch gegen einen früheren Ehegatten ableitet, hat er - wie bislang beim Ehegattenunterhalt - einen Mindestbedarf abgelehnt (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1304 f.). Ob daran festzuhalten ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 39
- Der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB soll allerdings eine Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen. Dass der betreuende Elternteil daran nicht durch eine Erwerbstätigkeit gehindert sein soll, könnte dafür sprechen, den Unterhaltsbedarf mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem Sozialhilfesatz liegt und ihm deswegen nicht zwingend eine Erwerbstätigkeit abverlangt.
- 40
- In Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Elternteil vor der Geburt des Kindes Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, dürfte dessen Lebensstellung nicht mit Null anzusetzen sein, weil sonst für solche Eltern ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB von vornherein ausgeschlossen wäre. Die Lebensstellung könnte sich vielmehr aus der Höhe der gezahlten Sozialhilfe ergeben, weil Einkünfte in dieser Höhe nach den §§ 8 ff. SGB XII gesetzlich garantiert sind, und könnte dann etwa in Höhe des notwendigen Selbstbehalts eines nicht Erwerbstätigen pauschaliert werden. Dann könnte aber auch einiges dafür sprechen, Unterhaltsberechtigten mit geringen Einkünften ebenfalls einen solchen Mindestbedarf in Höhe des Sozialhilfesatzes zuzubilligen, weil ihr Bedarf nicht geringer sein kann als der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten ohne eigene Einkünfte. Dies könnte es wiederum folgerichtig erscheinen lassen, diesen Gesichtspunkt auch auf eine aus nachehelichen Unterhaltsleistungen abgeleitete Lebensstellung zu erstrecken, wie es der gegenwärtigen Rechtsprechung des Senats entspricht.
- 41
- Auch der Schutz der minderjährigen Kinder dürfte inzwischen nicht mehr gegen einen Mindestbedarf der Eltern sprechen. Denn einerseits steht seit der gesetzlichen Neuregelung durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch den minderjährigen Kindern nach § 1612 a BGB ein Mindestunterhalt zu, der jetzt nach § 1609 Nr. 1 BGB gegenüber allen anderen Unterhaltsansprüchen vorrangig ist. Andererseits hatte der Senat schon in seiner Rechtsprechung zum früheren Unterhaltsrecht im Rahmen der für Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 gebotenen Mangelfallberechnung einen Einsatzbetrag gewählt, der dem notwendigen Selbstbehalt entspricht (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.).
- 42
- Der Grundsatz der Halbteilung dürfte ebenfalls nicht gegen einen solchen Mindestbedarf sprechen. Denn auch dem Unterhaltspflichtigen bleibt regelmäßig ein Selbstbehalt von seinen eigenen Einkünften, dessen Höhe zwar von der Art seiner Unterhaltspflicht abhängig ist, der den nur geringfügig über dem Sozialhilfesatz pauschalierten Mindestbedarf aber nicht unterschreitet (Senatsurteile vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 596 f. und BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684).
- 43
- Schließlich dürfte das Argument, dass der betreuende Elternteil eines nichtehelich geborenen Kindes nicht besser gestellt werden dürfe als der betreuende Elternteil eines ehelich geborenen Kindes, lediglich gegen eine Ungleichbehandlung , nicht aber gegen einen Mindestbedarf als solchen sprechen. Denn wenn beim Ehegattenunterhalt ein Mindestbedarf in Betracht käme, würde dieses vergleichende Argument auch nicht gegen einen Mindestbedarf der Mutter eines nichtehelichen Kindes sprechen.
- 44
- 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht aber berücksichtigt, dass der Klägerin nach dem bis Ende 2007 geltenden Unterhaltsrecht (§ 36 Nr. 7 EGZPO) wegen der Pflege und Erziehung des ehelichen Kindes auch ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB gegen ihren geschiedenen Ehemann zustand.
- 45
- a) Steht einem geschiedenen Ehegatten wegen der Betreuung eines ehelichen Kindes ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) zu und geht im Anschluss daran aus einer nichtehelichen Beziehung ein weiteres Kind hervor, haftet der andere Elternteil des später nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) nach ständiger Rechtsprechung des Senats anteilig neben dem geschiedenen Ehegatten (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 543 f., vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 26/03 - FamRZ 2005, 357, 358 und vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305; zum umgekehrten Fall einer späteren Heirat nach Geburt eines nichtehelich geborenen Kindes vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 124, 132 f. = FamRZ 2005, 347, 349). Dieser Unterhaltsanspruch vermindert somit die Bedürftigkeit der Klägerin und damit ihren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Beklagten, er schließt den Anspruch aber nicht vollständig aus.
- 46
- b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Ehemann wegen der Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten nicht auf Dauer untergegangen war. Zwar war dieser nacheheliche Unterhaltsanspruch wegen der Aufnahme der neuen Lebensgemeinschaft zunächst nach § 1579 Nr. 2 BGB (= § 1579 Nr. 7 BGB a.F.) verwirkt, weil die Klägerin sodann in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebte. Mit Auflösung dieser Lebensgemeinschaft ist der Unterhaltsanspruch wegen Betreuung des ehelich geborenen Kindes aber wieder aufgelebt.
- 47
- Nach § 1586a Abs. 1 BGB lebt selbst der infolge einer späteren Heirat erloschene Betreuungsunterhalt wieder auf, wenn die neue Ehe aufgelöst wird und der Unterhaltsberechtigte nach wie vor ein Kind aus der früheren Ehe pflegt oder erzieht. Erst recht muss der ursprüngliche nacheheliche Unterhaltsanspruch auch dann wieder aufleben, wenn er nicht wegen einer Wiederheirat nach § 1586 Abs. 1 BGB erloschen, sondern wegen einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt war.
- 48
- cc) Bei der Bemessung der anteiligen Haftung der verschiedenen Väter in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB führt der Maßstab der jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse in einer Vielzahl der Fälle zu angemessenen Lösungen. Die Anknüpfung an diesen eher sche- matischen Maßstab ist allerdings nicht in allen Fällen der Betreuung von Kindern aus verschiedenen Verbindungen zwingend. Da § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB allerdings nur entsprechend anwendbar ist, lässt dies auch Raum für eine Berücksichtigung anderer Umstände, insbesondere der Anzahl, des Alters, der Entwicklung und der Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder. So kann - wie hier - im Einzelfall von Bedeutung sein, dass die Mutter durch die vermehrte Betreuungsbedürftigkeit eines jüngeren Kindes von jeglicher Erwerbstätigkeit abgehalten wird, obwohl das fortgeschrittene Alter eines anderen Kindes an sich eine teilweise Erwerbstätigkeit erlauben würde. Eine schematische Aufteilung der Haftungsquote nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des geschiedenen Ehemannes und des Vaters wäre dann unbefriedigend. Der Erzeuger des vermehrt betreuungsbedürftigen Kindes muss dann in entsprechend höherem Umfang, gegebenenfalls auch allein, zum Unterhalt für die Mutter herangezogen werden (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 544 und vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305).
- 49
- Für die Ermittlung der Haftungsquoten sind danach - im Gegensatz zu der vom Oberlandesgericht gewählten abstrakten Methode - zunächst die Einkommens - und Vermögensverhältnisse beider anteilig haftenden Väter zu berücksichtigen. Im Anschluss daran kann der Haftungsanteil des Beklagten nach den Umständen des Einzelfalles - hier nach der Anzahl und dem Alter der jeweiligen Kinder - nach oben oder nach unten korrigiert werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305).
- 50
- 3. Im Ausgangspunkt zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass die neue Partnerschaft der Klägerin ihren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten (noch) nicht notwendig zu Fall bringt.
- 51
- a) Es kann dahin stehen, ob sich eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches der Klägerin wegen Betreuung der nichtehelich geborenen Kinder gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1611 BGB nach den Vorschriften über den Verwandtenunterhalt richtet oder ob wegen der großen Nähe zum nachehelichen Betreuungsunterhalt in entsprechender Anwendung des § 1579 BGB das nacheheliche Verwirkungsrecht anwendbar ist. Denn die Voraussetzungen einer Verwirkung nach § 1611 BGB liegen unzweifelhaft ebenso wenig vor, wie die Voraussetzungen des auf eine nacheheliche Solidarität abstellenden § 1579 Nr. 7 BGB (vgl. insoweit Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 7/05 - FamRZ 2008, 1414, 1416 f.).
- 52
- Hier käme allenfalls eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB in Betracht. Diese Vorschrift setzt aber eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft der Klägerin voraus, was im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht der Fall war. Zudem steht einer Verwirkung des Betreuungsunterhalts auch eine Betreuungsbedürftigkeit der beiden gemeinsamen - 1997 bzw. 2001 geborenen - minderjährigen Kinder entgegen.
- 53
- b) Das Berufungsgericht hätte der Behauptung des Beklagten, die Klägerin unterhalte mit ihrem neuen Freund eine Haushaltsgemeinschaft, allerdings aus einem anderen Grund nachgehen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich der Unterhaltsberechtigte den Wert von Versorgungsleistungen anrechnen lassen, die er einem neuen Lebenspartner erbringt (Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173 f.). Sofern die Klägerin einem neuen Lebenspartner also den Haushalt führt und dieser in der Lage ist, ihr dafür ein Entgelt zu zahlen, müsste sie sich dieses ggf. auch fiktiv als eigenes Einkommen anrechnen lassen, was ihre Unterhaltsbedürftigkeit herabsetzen würde.
- 54
- 4. Das insbesondere für die Leistungsfähigkeit relevante Einkommen des Beklagten hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht vollständig rechtsbedenkenfrei festgestellt.
- 55
- a) Aus Rechtsgründen ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Bemessung der Leistungsfähigkeit des Beklagten auf dessen im Jahre 2002 erzielte Einkünfte abgestellt hat.
- 56
- Zwar bemisst sich ein Unterhaltsanspruch grundsätzlich nach den relevanten Einkünften in dem betreffenden Unterhaltszeitraum, hier also in der Zeit seit März 2003. Rückständiger Unterhalt bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 2. Mai 2005 konnte deswegen grundsätzlich nach den bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorhandenen Einkünften bemessen werden. Erst hinsichtlich des laufenden künftigen Unterhalts war auf eine Prognose abzustellen, die sich an einem zuvor nachhaltig erzielten Einkommen orientiert.
- 57
- Gleichwohl durfte das Berufungsgericht hier für den gesamten Unterhaltsanspruch der Klägerin auf das feststehende Einkommen des Beklagten im Jahre 2002 abstellen. Denn der Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit, der er für die Folgezeit nicht in der erforderlichen Weise nachgekommen ist. Aber selbst soweit sich das Einkommen des Beklagten - über den Halbteilungsgrundsatz - begrenzend auf den Unterhaltsbedarf der Klägerin auswirken würde, ergäbe sich für die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin keine andere Beurteilung (allgemein zur Darlegungs- und Beweislast vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 700 ff.). Nachdem das Einkommen des Beklagten im Jahre 2002 feststand, hätte dieser einen Rückgang seiner Gesamteinkünfte hinreichend schlüssig vortragen müssen. Steht nämlich ein unterhaltsrelevantes Ein- kommen für einen bestimmten Zeitabschnitt zur Überzeugung des Gerichts fest, obliegt es der Prozesspartei nicht nur, einen Rückgang der Gesamteinkünfte schlüssig vorzutragen. Sie muss auch den Grund für einen Einkommensrückgang substantiiert vortragen und notfalls beweisen. Das ist hier insbesondere deswegen geboten, weil der Beklagte nur einen weiteren Mitgesellschafter hat und die Gewinne im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung des Beklagten erheblich zurückgegangen sein sollen. Dem ist der Beklagte entgegen seinen Angriffen in der Anschlussrevision nicht in der erforderlichen Weise nachgekommen , weil sich sein Vortrag auf einzelne Einkommensteile beschränkt und andere Einkommensarten übergeht.
- 58
- aa) Das Berufungsgericht ist bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten von dessen Einkünften als Geschäftsführer ausgegangen. Die streitige Frage, ob er daneben gewinnabhängige Tantiemen oder sonstige Gesellschaftergewinne erzielt hat, musste das Gericht offen lassen, weil der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Jahresabschlüsse für die Zeit ab 2003 nicht vorgelegt hatte (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 15/03 - FamRZ 2004, 1179, 1180).
- 59
- bb) Auch die Einkünfte aus seiner Internet-Agentur hat der Beklagte nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Die Vorlage der vorläufigen EinnahmeÜberschussrechnung für das Jahr 2004 genügt dem nicht. Auch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 mit den darin enthaltenen Einkünften aus Gewerbetrieb in Höhe von 422 € ermöglicht es nicht, die Gewinne aus der Internet-Agentur in diesem Jahr nachzuprüfen und festzustellen. Denn Steuerbescheide sind für die Höhe des zugrunde liegenden Einkommens regelmäßig lediglich im Zusammenhang mit der entsprechenden Steuererklärung nachvollziehbar und auf die unterhaltsrechtliche Relevanz prüfbar (vgl.
- 60
- cc) Gleiches gilt für die zu berücksichtigenden Einnahmen des Beklagten aus der Untervermietung zweier Wohnungen, von denen er inzwischen eine selbst nutzt. Soweit der Beklagte insoweit einen negativen Saldo errechnet hat, bezieht dieser sich auf die Zeit von Mai 2000 bis April 2003 und ist dadurch begründet , dass die Wohnungen zeitweise leer standen. Für die hier relevante Zeit ab März 2003 war die Erdgeschosswohnung allerdings für monatlich 306,78 € untervermietet, während der Beklagte selbst monatlich lediglich 210 € Mietkosten aufwenden musste. Die Differenz in Höhe von 96,78 € dürfte deswegen als weiterer Gewinn zu berücksichtigen sein, was auch gegen eine Reduzierung des Gesamteinkommens spricht.
- 61
- dd) Auch seine Einkünfte aus Kapitalvermögen hat der Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Zwar ergibt sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 ein Einkommen aus Kapitalvermögen in Höhe von 386 € und aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 ein solches in Höhe von 366 €, jeweils abzüglich einer Werbungskostenpauschale in Höhe von 51 €. Auch diese Einkünfte sind allerdings allein anhand der Einkommensteuerbescheide schon angesichts möglicher Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens nicht nachprüfbar und deswegen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
- 62
- b) Auf der Grundlage der festgestellten Einkünfte im Jahre 2002 hat das Berufungsgericht das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten gleichwohl nicht vollständig rechtsbedenkenfrei ermittelt.
- 63
- aa) Das Berufungsgericht ist bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten zunächst von seinem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen im Jahre 2002 abzüglich eines Nutzungsvorteils für das zur Verfügung stehende Kraftfahrzeug und zuzüglich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgegangen. Weil es das Nettoeinkommen des Beklagten auf der Grundlage dieser Einkünfte errechnet hat, ist es konsequent, diesem Nettoeinkommen die Differenz zwischen dem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen und dem Bruttogesamteinkommen , die dem Beklagten ebenfalls als Einkommen zur Verfügung steht, hinzuzurechnen. Soweit die Anschlussrevision darauf verweist, dass sich die Differenz zwischen dem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen und dem Bruttogesamteinkommen aus den Jahresbeträgen der Direktversicherung (monatlich 445,21 €) und der Lebensversicherung (monatlich 613,55 €) ergibt, kann dies keine andere Beurteilung rechtfertigen. Diese Beträge stehen dem Beklagten zwar als Altersvorsorge nicht zur Verfügung. Den Höchstbetrag der zulässigen Altersvorsorge hat das Berufungsgericht allerdings an anderer Stelle wieder abgesetzt. Gegen die Berechnung des Oberlandesgerichts, die eine doppelte Kürzung um diese Beträge vermeidet, bestehen deswegen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken.
- 64
- bb) Auch soweit das Berufungsgericht dem Beklagten einen monatlichen Vorteil für die private Nutzung des dienstlich zur Verfügung stehenden Pkw in Höhe von 200 € hinzugerechnet hat, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Jedenfalls für die Zeit bis Juli 2003 stand der Pkw dem Beklagten auch für private Zwecke unentgeltlich zur Verfügung. Aus der Abrechnung der Geschäftsführerbezüge im Jahr 2002 ergibt sich, dass dem Beklagten insoweit ein zu versteuernder Nutzungswert in Höhe von monatlich 403,61 € brutto als Einkommen zugerechnet wurde. Soweit der Nutzungsvorteil schließlich von dem errechneten Nettoeinkommen abgesetzt wurde, was zu einer Reduzierung des Auszahlungsbetrages führt, ist dies allein darauf zurückzuführen, dass die Fahrzeugnutzung dem Beklagten als Sachwert zur Verfügung stand und ihm deswegen nicht zusätzlich monetär ausgezahlt werden konnte.
- 65
- Zutreffend weist die Anschlussrevision zwar darauf hin, dass der Beklagte ausweislich der vorgelegten Abrechnungen für die private Nutzung des Pkw ab August 2003 ein Kilometergeld in Höhe von 0,30 € zahlen musste. Im Hinblick auf die Höhe dieses Pauschalbetrages, der dem Satz des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG entspricht, verbliebe dem Beklagten insoweit entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts auch kein anteiliger Steuer- oder Versicherungsvorteil. Denn der Kilometersatz von 0,30 € deckt neben den Benzinkosten auch die weiteren Kosten der Fahrzeugnutzung ab.
- 66
- Gleichwohl kann der spätere Wegfall des Nutzungsvorteils einer Berücksichtigung des noch im Jahre 2002 vorhandenen Nutzungsvorteils schon deswegen nicht entgegenstehen, weil der Beklagte - wie ausgeführt - für die unterhaltsrelevante Folgezeit keine sonstige Reduzierung seiner Gesamteinkünfte nachgewiesen hat.
- 67
- cc) Soweit das Berufungsgericht die Altersvorsorge des Beklagten durch Zahlung einer Lebensversicherungsprämie auf den Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung für sein Geschäftsführergehalt begrenzt hat, entspricht dies nicht in jeder Hinsicht der Rechtsprechung des Senats. Der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, der sich ab 2003 auf 19,5 % des Bruttoeinkommens belief und seit 2007 19,9 % beträgt, sichert rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern eine Grundversorgung. Dem entspricht es, wenn es der Senat nicht rentenversicherungspflichtigen Beschäftigten und Selbständigen zubilligt, einen Anteil von rund 20 % des Bruttoeinkommens für die primäre Altersvorsorge einzusetzen (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2005 - XII ZR 51/03 - FamRZ 2006, 387, 389 und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 863).
- 68
- Allerdings hat der Senat inzwischen in ständiger Rechtsprechung bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens für eine - über die primäre Altersversorgung hinausgehende - zusätzliche Altersvorsorge akzeptiert (Senatsurteile BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795 und BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f.). Jedenfalls die Summe dieser primären und zusätzlichen Altersvorsorge, also 24 % des Bruttoeinkommens, darf der Beklagte nach der Rechtsprechung des Senats vorab für seine Altersvorsorge aufwenden. Zwar hat das Berufungsgericht neben den (auf 19,5 % begrenzten) Beiträgen für die Lebensversicherung des Beklagten weitere Beiträge zu einer Direktversicherung mit monatlich 153,39 € abgesetzt. Auch die Summe dieser vom Oberlandesgericht akzeptierten Vorsorgeaufwendungen liegt jedoch unter dem Höchstbetrag der nach der Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigenden zusätzlichen Altersvorsorge.
- 69
- dd) Zu Recht ist das Berufungsgericht bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten auch für die Zeit ab 2004 (Eheschließung ) fiktiv von einer Steuerpflicht nach der Grundtabelle ausgegangen.
- 70
- (1) Mit Beschluss vom 7. Oktober 2003 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass steuerliche Vorteile, die der neuen Ehe eines geschiedenen Unterhaltspflichtigen durch das Ehegattensplitting erwachsen, von Verfassungs wegen nicht schon in der früheren Ehe angelegt sind und deswegen die Lebensverhältnisse dieser Ehe auch nicht bestimmt haben. Denn diese steuerlichen Vorteile, die in Konkretisierung des Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 1 GG durch das Gesetz allein der bestehenden Ehe eingeräumt sind, dürfen ihr durch die Gerichte nicht wieder entzogen und der geschiedenen Ehe zugeordnet werden (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Dem ist der Senat inzwischen gefolgt. Danach ist für den Ehegattenunterhalt bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).
- 71
- Gleiches gilt für den Unterhaltsanspruch der Klägerin aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn auch insoweit muss der Splittingvorteil der neuen Ehe verbleiben und kann deswegen nicht zugleich bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Beklagten gegenüber der Mutter der nichtehelich geborenen Kinder berücksichtigt werden.
- 72
- (2) Ob an dieser Rechtsprechung auch für die Zeit nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsreformgesetzes zum 1. Januar 2008 generell festzuhalten ist, obwohl in § 1609 Nr. 2 BGB der Betreuungsunterhalt der darin genannten Unterhaltsberechtigten jetzt gleichrangig ausgestaltet ist und dem Splittingvorteil der neuen Ehe nach den §§ 26, 32 a Abs. 5 EStG wegen der Unterhaltszahlungen an einen geschiedenen Ehegatten der Realsplittingvorteil nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder wegen Unterhaltszahlungen nach § 1615 l Abs. 2 BGB der Steuervorteil nach § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG gegenüberstehen, kann hier dahinstehen. Denn aus der Ehe des Beklagten sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bislang keine Kinder hervorgegangen, so dass die Klägerin nach der Neuregelung in § 1609 Nr. 2 und 3 BGB hier der Ehefrau des Beklagten vorgeht. Jedenfalls in solchen Fällen muss es bei der Rechtsprechung des Senats zum Splittingvorteil verbleiben.
- 73
- ee) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Unrecht eine Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen mit der allgemeinen Begründung abgelehnt , solche Kosten würden bei geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH bereits im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt. Demgegenüber hatte der Beklagte sich auf berufsbedingte Aufwendungen berufen, die ihm als Geschäftsführer nicht erstattet würden. Entsprechend sind in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2002 und 2003 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anerkannt worden. Auch dies zeigt, dass der Beklagte in seiner Funktion als Geschäftsführer neben den berücksichtigten Einkünften keinen Aufwendungsersatz erhält. Die steuerrechtliche Berücksichtigung führt naturgemäß nur zu einem anteiligen und nicht zu einem vollständigen Ausgleich dieser Aufwendungen.
- 74
- Die Begründung des Berufungsgerichts, wonach berufsbedingte Aufwendungen bereits bei der Einkommensermittlung berücksichtigt sind, trägt hier jedenfalls nicht für das Geschäftsführergehalt des Beklagten. Selbst wenn diese Erwägungen regelmäßig für die Bemessung unterhaltsrelevanter Einkünfte Selbständiger gelten sollten, könnte dies eine Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen hier nicht ausschließen, zumal das Berufungsgericht lediglich auf das Geschäftsführergehalt und nicht auf eventuelle weitere Einkünfte des Beklagten als Gesellschafter abgestellt hat.
- 75
- 5. Wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht die Unterhaltsansprüche der vorrangigen gemeinsamen Kinder (§ 1609 Nr. 1 BGB bzw. für die Zeit bis Ende 2007 § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. i.V.m. § 36 Nr. 7 EGZPO) nur in dem Umfang abgesetzt, in dem sie sich ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe ergeben würden.
- 76
- Zwar schuldet der Beklagte seinen beiden Kindern Barunterhalt auf der Grundlage seiner tatsächlich erzielten Einkünfte (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 101 f. = FamRZ 2005, 1817, 1822). Denn das Maß des den Kindern geschuldeten Unterhalts richtet sich gemäß § 1610 BGB nicht nach den Lebensverhältnissen der Klägerin als ihrer Mutter, sondern nach ihrer eigenen Lebensstel- lung. Diese Lebensstellung leiten die Kinder regelmäßig aus der gegenwärtigen Lebenssituation des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab (Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - XII ZR 4/04 - FamRZ 2006, 612). Auf die Unterhaltsanträge der Kinder hat das Berufungsgericht den Beklagten deswegen zu Unterhaltsleistungen nach den tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten verurteilt.
- 77
- Dieser - höhere - Unterhaltsanspruch der Kinder wäre dann aber auch von dem höheren tatsächlich erzielten Einkommen des Beklagten abzusetzen. Weil sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin allerdings auf der Grundlage eines - ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe geringeren - fiktiven Einkommens bemisst, darf dieser nicht zusätzlich durch die Berücksichtigung des höheren Kindesunterhalts reduziert werden. Von dem fiktiv ermittelten Nettoeinkommen nach der Grundtabelle ist deswegen auch nur ein entsprechend geringerer Kindesunterhalt abzusetzen (Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1235).
- 78
- 6. Auch die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin auf die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hält den Angriffen der Revision weder für die bis zum 31. Dezember 2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche nach dem darauf anwendbaren alten Recht (§ 36 Nr. 7 EGZPO) noch für die danach fällig gewordenen Ansprüche nach neuem Recht stand.
- 79
- a) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB in der Fassung des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes).
- 80
- Lediglich für Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem 1. Januar 2008 fällig waren, bleibt nach § 36 Nr. 7 EGZPO das frühere Recht, hier also § 1615 l Abs. 2 BGB a.F., anwendbar. Danach verlängert sich die Unterhaltspflicht über die Mindestdauer von drei Jahren hinaus, sofern es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Allerdings schied nach der Rechtsprechung des Senats schon für das frühere Recht von Verfassungs wegen eine restriktive Auslegung der Verlängerungsmöglichkeit aus (Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
- 81
- b) Bei der Auslegung der in beiden Fassungen des Gesetzes geregelten Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen über die Dauer von drei Jahren hinaus sind einerseits die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Regelung zu beachten und andererseits auf eine historische , teleologische und systematische Auslegung abzustellen.
- 83
- Ursprünglich sah das Gesetz für die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entbindung sowie weiterer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachter Kosten sowie einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen nach der Entbindung vor.
- 84
- Durch das Nichtehelichengesetz (NEhelG) wurde der Unterhaltsanspruch der Mutter auf die gesamte Zeit des Mutterschutzes erweitert, um ihn mit sonstigen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften zu harmonisieren. Außerdem wurde ein Betreuungsunterhalt für die Zeit bis zum Ablauf eines Jahres nach der Entbindung eingeführt, der die Betreuung des Kindes durch die Mutter ermöglichen sollte, aber voraussetzte, dass diese keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes gefunden hatte.
- 85
- Durch das zum 1. Oktober 1995 in Kraft getretene Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt auf drei Jahre nach der Geburt des Kindes erweitert und die Anspruchsvoraussetzungen deutlich herabgesetzt. Fortan konnte die Mutter frei entscheiden, ob sie in den ersten drei Jahren das Kind selbst erzieht oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nimmt. Die Dauer des Betreuungsunterhalts orientierte sich an dem durch § 24 SGB VIII geschaffenen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des dritten Lebensjahres.
- 86
- Zum 1. Juli 1998 wurde durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) die starre Befristung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes aufgegeben und mit § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB a.F. eine Billigkeitsregelung eingeführt, die es ermöglichte, der Mutter über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus einen Unterhaltsanspruch zuzusprechen, sofern es "insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen" (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
- 87
- Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UnterhRÄndG) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eine weitere Änderung in Kraft getreten, die die Schwelle für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus von einer groben Unbilligkeit auf eine bloße Billigkeitsregelung herabsetzt.
- 88
- bb) Bei dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB handelt es sich sowohl in der bis Ende 2007 anwendbaren Fassung als auch in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Neuregelung um einen Unterhaltsanspruch der Mutter. Darin unterscheidet sich der Anspruch nicht von dem Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB.
- 89
- (1) Beide Unterhaltsansprüche unterschieden sich in der bis Ende 2007 geltenden Fassung allerdings erheblich, weil der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB a.F. grundsätzlich auf drei Jahre begrenzt war und lediglich bei grober Unbilligkeit verlängert werden konnte, während der Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB a.F. einen zeitlich unbefristeten Unterhaltsanspruch vorsah. Diesen Unterschied hatte der Senat für das bis Ende 2007 geltende Recht hingenommen, weil die von Verfassungs wegen gebotene Gleichbehandlung der kindbezogenen Gründe durch eine weite Auslegung der Verlängerungsmöglichkeit sichergestellt werden könne und der längere Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB a.F. als Nachwirkung der Ehe durch besondere elternbezogene Gründe gerechtfertigt sei (Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
- 90
- (2) Diese Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht nicht geteilt, sondern entschieden, dass es gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstößt, wenn der Gesetzgeber die Dauer eines Unterhaltsanspruchs, den er einem Elternteil wegen der Betreuung seines Kindes gegen den anderen Elternteil einräumt, für eheliche und nichteheliche Kinder unterschiedlich bestimmt. Es hat den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine dem Art. 6 Abs. 5 GG genügende Neuregelung zu schaffen. Bis zum Inkrafttreten dieser Neuregelung sei der gleichheitswidrige Zustand allerdings hinzunehmen (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 973).
- 91
- In der Begründung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch ausgeführt, dass die zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf regelmäßig drei Jahre mit einer Möglichkeit zur Verlängerung im Lichte des Art. 6 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden sei. Zum einen liege es in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, für wie lange er es aus Kindeswohlgesichtspunkten für erforderlich und dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar erachte, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil mit Hilfe der Einräumung eines Unterhaltsanspruchs an diesen zu ermöglichen. Zum anderen habe er jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz eingeräumt. Damit habe er sichergestellt, dass ein Kind ab diesem Alter in der Regel eine außerhäusliche Betreuung erfahren könne, während sein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgehe.
- 92
- Zur Beseitigung des (früheren) verfassungswidrigen Zustandes hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten eingeräumt. Er könne eine Gleichbehandlung der Regelungssachverhalte durch eine Änderung des Betreuungsunterhalts der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB, durch eine Änderung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB oder auch durch eine Neuregelung beider Unterhaltstatbestände vornehmen. Dabei habe er allerdings in jedem Fall einen gleichen Maßstab hinsichtlich der Dauer des wegen der Kinderbetreuung gewährten Unterhaltsanspruchs bei nichtehelichen und ehelichen Kindern zugrunde zu legen (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 969, 973).
- 93
- cc) Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruht im Wesentlichen darauf, dass Art. 6 Abs. 2 und 5 GG eine gleiche Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts bei der Betreuung und Erziehung nichtehelich oder ehelich geborener Kinder verlangt, soweit die Betreuung durch einen Elternteil aus kindbezogenen Gründen erforderlich ist. In diesen Fällen verbietet Art. 6 Abs. 5 GG eine Differenzierung zwischen dem Wohl ehelich oder außerehelich geborener Kinder (vgl. schon Senatsurteil BGHZ 168, 245, 257 f. = FamRZ 2006, 1362, 1366; BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 968 f.). Wegen des Schutzzwecks des Betreuungsunterhalts haben diese kindbezogenen Gründe im Rahmen der Billigkeitsabwägung für eine Verlängerung das stärkste Gewicht (vgl. Borth FamRZ 2008, 2, 5 ff.; Meier FamRZ 2008, 101, 102 f.; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.).
- 94
- Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, ist es allerdings aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht ausgeschlossen, die Dauer des Betreuungsunterhalts über den aus kindbezogenen Gründen notwendigen Unterhaltszeitraum hinaus aus elternbezogenen Gründen weiter auszudehnen. Die nach Art. 6 Abs. 5 GG gebotene Schaffung gleicher Lebensbedingungen für ehelich wie nichtehelich geborene Kinder schließt es nicht aus, wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, einen geschiedenen Elternteil unterhaltsrechtlich besser zu stellen als einen unverheirateten Elternteil, was sich mittelbar auch auf die Lebenssituation der mit diesen Elternteilen zusammenlebenden Kinder auswirken kann (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 970). Allerdings wird durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht nur die Ehe, son- dern auch die Familie verfassungsrechtlich geschützt. Eine Familie in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, aber gemeinsam mit dem Kind zusammenleben. Aus verfassungsrechtlicher Sicht können deswegen auch ein dauerhaftes Zusammenleben der Eltern und die sich daraus ergebenden Nachwirkungen der Familie elternbezogene Umstände begründen, die für eine weitere Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können.
- 95
- dd) Infolge dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB erweitert, den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB eingeschränkt und damit beide Ansprüche im Wesentlichen gleich ausgestaltet.
- 96
- (1) Die Angleichung hat der Gesetzgeber nicht nach Maßgabe des früheren großzügigen Altersphasenmodells beim nachehelichen Betreuungsunterhalt durchgeführt (vgl. Schnitzler FF 2008, 270, 271). Stattdessen hat er - umgekehrt - auch den nachehelichen Betreuungsunterhalt auf einen regelmäßigen Anspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes begrenzt und die Verlängerungsmöglichkeit aus Billigkeitsgründen in beiden Unterhaltstatbeständen annähernd gleich ausgestaltet.
- 97
- Damit hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil bei beiden Unterhaltstatbeständen die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (vgl. Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 22; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998 und OLG Hamm FPR 2008, 311, 314). Für die Dauer der ersten drei Lebensjahre des Kindes bleibt es allerdings dabei, dass der betreuende Elternteil die freie Wahl hat, ob er die Betreuung und Erziehung des Kindes in dieser Zeit selbst vornehmen möchte oder - um eine eigene Erwerbstätigkeit zu ermöglichen - staatliche Hilfen in Anspruch nimmt.
- 98
- (2) Bei der weiteren Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet und mit dem Ziel einer deutlichen Verkürzung des vollen nachehelichen Betreuungsunterhalts für den Regelfall umgesetzt.
- 99
- Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB verlängert sich der Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, so lange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Eine wortgleiche Regelung enthalten § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB für den Betreuungsunterhalt der Mutter eines ehelich geborenen Kindes (vgl. insoweit Borth FamRZ 2008, 2, 5 ff.). Nach diesen gesetzlichen Vorschriften kommt also eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts vorrangig aus kindbezogenen Gründen in Betracht (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Im Hinblick auf die insoweit wortgleiche Ausgestaltung der Unterhaltstatbestände und die verfassungsrechtliche Grundlage haben die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in beiden Unterhaltstatbeständen das gleiche Gewicht.
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- Daneben sieht § 1570 Abs. 2 BGB für die Mutter eines ehelich geborenen Kindes eine weitere Verlängerungsmöglichkeit aus elternbezogenen Gründen vor. Denn danach verlängert sich der nacheheliche Betreuungsunterhalt über die Verlängerung aus kindbezogenen Gründen hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer der Billigkeit entspricht. Insoweit ist also ausdrück- lich auch ein Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen, der sich aus den Nachwirkungen der Ehe ergeben kann. Im Rahmen des - hier relevanten - Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes ist diese Regelung zwar nicht ausdrücklich übernommen worden. Weil § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB jedoch eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" aus kindbezogenen Gründen zulässt, sind auch daneben elternbezogene Umstände für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nicht ausgeschlossen (vgl. Wever FamRZ 2008, 553, 557 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen auch ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Dabei ist allerdings stets zu beachten, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur für drei Jahre geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 21 ff.; Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4012 ff.; Schnitzler/Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 28 ff.; FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 209 c; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 358 f.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 214; Hamm Strategien im Unterhaltsrecht § 4 Rdn. 20 ff.; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 2. Aufl. Rdn. 86 f. und Klein Das neue Unterhaltsrecht 2008 S. 204 ff.).
- 101
- (3) Kindbezogene Gründe, die eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts unabhängig davon gebieten, ob das Kind ehelich oder nichtehelich geboren ist, liegen insbesondere dann vor, wenn die notwendige Betreuung des Kindes auch unter Berücksichtigung staatlicher Hilfen nicht gesichert ist und der unterhaltsberechtigte Elternteil deswegen dem Kind wenigstens zeitweise weiterhin zur Verfügung stehen muss. Dieser im Einzelfall zu prüfende Gesichtspunkt dürfte mit der zunehmenden Ausweitung der Vollzeitbetreuung in Kindergärten und Ganztagsschulen allerdings künftig an Bedeutung verlieren (vgl. BT-Drucks. 13/8511 S. 71; vgl. auch Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 108/07 in FamRZ 2007, 611 sowie Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 23 f.; Schnitzler /Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 30; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Eschenbruch/Klinkhammer /Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4014). Allerdings können auch individuelle Umstände auf Seiten des Kindes, z.B. eine Behinderung oder schwere Erkrankung, eine Fortdauer des Betreuungsbedarfs begründen.
- 102
- Die regelmäßig mit geringerem Gewicht zu wertenden elternbezogenen Gründe können für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen, wenn die geschiedene Ehe oder die gelebte Familie einen besonderen Vertrauenstatbestand für den Unterhaltsberechtigten geschaffen hat. Solches kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein oder mehrere gemeinsame Kinder im Hinblick auf eine gemeinsame Verantwortung beider Eltern gezeugt wurden, was auch nach Auflösung der Ehe oder der Familie für eine Fortdauer der Verantwortung des nicht betreuenden Elternteils sprechen kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Insoweit ist also regelmäßig auf die individuellen Umstände der Eltern und das Maß ihrer Bindung abzustellen (vgl. Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 25; Schnitzler /Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 30 a ff.; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Eschenbruch/Klinkhammer /Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4014).
- 103
- Im Rahmen der elternbezogenen Gründe kommt allerdings ein weiterer Gesichtspunkt in Betracht, der sich für eine pauschalierende Beurteilung in der Praxis, etwa anhand des Alters des Kindes, anbieten dürfte. Bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist nämlich stets zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (vgl. insoweit Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - FamRZ 2006, 846, 847 f. für den Trennungsunterhalt nach früherem Recht). Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang den persönlichen Zuspruch der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. insoweit Meier FamRZ 2008, 101, 103), der entsprechend der gesetzlichen Wertung für den Kindesunterhalt in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben kann. In solchen Fällen ist eine Prüfung geboten, ob, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt die Erwerbspflicht des unterhaltsberechtigten Elternteils noch eingeschränkt ist. In welchem Umfang die verbleibende Kinderbetreuung neben einer Erwerbstätigkeit im Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zum Unterhaltspflichtigen überobligationsmäßig ist, hängt allerdings auch von ihrer früheren Lebensplanung und -gestaltung ab nämlich davon, ob der Unterhaltsberechtigte auch weiterhin auf eine derartige Aufgabenverteilung vertrauen durfte.
- 104
- Ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalles eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, wird das Berufungsgericht prüfen müssen. Angesichts einer zumindest eingeschränkten Erwerbsobliegenheit wird dieser Gesichtspunkt allerdings regelmäßig nicht zu einem vollen Unterhaltsanspruch führen.
- 105
- c) Nach diesen Maßstäben kann die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Dauer des Unterhaltsanspruchs der Klägerin sowohl hinsichtlich der nach altem Recht zu beurteilenden Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 (§ 36 Nr. 7 EGZPO) als auch hinsichtlich der nach neuem Recht zu beurteilenden Unterhaltsansprüche ab 2008 keinen Bestand haben.
- 106
- Das Berufungsgericht hat schon auf der Grundlage der früheren gesetzlichen Regelung in § 1615 l Abs. 2 BGB nicht abschließend geprüft, ob kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts der Mutter sprechen. Zwar dürfte das jüngste gemeinsame Kind im Hinblick auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres im Jahre 2007 eingeschult worden sein. Ob in dem örtlichen Bereich der Klägerin eine Vollzeitbetreuung zur Verfügung stand und steht, die es ihr erlaubt, ggf. sogar vollschichtig berufstätig zu sein, oder ob aus anderen Gründen zeitweise keine persönliche Betreuung durch die Klägerin erforderlich war und ist, hat das Oberlandesgericht nicht geprüft. Das gilt in gleichem Maße für den nach neuem Recht zu beurteilenden Betreuungsunterhalt ab Januar 2008.
- 107
- Weitere elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die zutreffend auch schon nach altem Recht (vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, 1367) vom Berufungsgericht berücksichtigte Anzahl der gemeinsamen Kinder, die fünfjährige Dauer des Zusammenlebens und die Zusage des Beklagten, für die Klägerin zu sorgen, hinaus hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin zwar nicht vorgetragen. Das Berufungsgericht hat aber nicht berücksichtigt, dass selbst bei einer vollzeitigen Fremdbetreuung der beiden gemeinsamen Kinder ein anschließender Betreuungsbedarf erforderlich sein kann, der unter dem Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Tätigkeit gegen eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit der Klägerin sprechen kann. Dies kann mangels vollständiger Bedarfsdeckung ebenfalls für eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin, gegebenenfalls auch über die Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten Kindes hinaus, sprechen, zumal die Klägerin nach dem Zusammenleben und dem erfolgreichen gemeinsamen Kinderwunsch auf eine Fortsetzung der angemessenen Aufgabenverteilung vertrauen durfte. Auch insoweit bleibt die gesetzliche Neuregelung für eventuelle Ansprüche ab Januar 2008 jedenfalls nicht hinter der genannten Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung elternbezogener Umstände zurück.
- 108
- 7. Das Berufungsurteil ist deswegen auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten zur Dauer und Höhe des Betreuungsunterhalts aufzuheben. Das Berufungsgericht wird über den Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats und der für die Zeit ab 1. Januar 2008 zu beachtenden gesetzlichen Neuregelung erneut zu entscheiden haben.
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.03.2004 - 253 F 174/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 23.05.2005 - II-2 UF 125/04 -
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Juli 1989 die Ehe geschlossen, aus der der im Februar 1994 geborene Sohn S. und der im April 1996 geborene Sohn T. hervorgegan- gen sind. Nach der Trennung zum Jahreswechsel 2002/2003 wurde die Ehe im Juni 2004 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Die gemeinsamen Kinder leben seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Der ältere Sohn S. leidet seit seiner Geburt unter ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom
).
- 4
- Die Klägerin ist Krankengymnastin und übte diesen Beruf bis zur Geburt des älteren Kindes in Vollzeit aus. Nach der Geburt der Kinder nahm sie ihren Beruf zunächst stundenweise wieder auf. Seit 1998 geht sie freiberuflich einer Teilzeitbeschäftigung in einer Gemeinschaftspraxis nach. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug im Jahre 2005 15 bis 18 Stunden, im Jahre 2006 ca. 20 Stunden und beläuft sich seit Januar 2007 auf jedenfalls 25 bis 30 Stunden. Der Beklagte ist als Verwaltungsleiter vollschichtig erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 in Höhe von monatlich 796 € verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und die Unterhaltspflicht des Beklagten - zeitlich gestaffelt - herabgesetzt, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 auf monatlich 405 € (81 € Altersvorsorgeunterhalt und 324 € Elementarunterhalt ) und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 € (76 € Altersvorsorgeunterhalt und 302 € Elementarunterhalt). Es hat die Revision zugelassen, "weil die Rechtssache wegen der Neuregelung des § 1578 b BGB grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil begehrt der Beklagte Abweisung der Klage für die Zeit ab Januar 2006.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regel- mäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B.
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Oberlandesgericht hat der Berufung des Beklagten nur teilweise stattgegeben, seine Unterhaltspflicht für die Zeit von Januar bis März 2008 auf monatlich 405 € und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 € herabgesetzt und eine zeitliche Befristung der Unterhaltspflicht abgelehnt.
- 12
- Bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Klägerin seien die steuerlich anerkannten Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zu berücksichtigen, weil ein entsprechender unterhaltsrechtlicher Bedarf nicht nachgewiesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739, 1745 Tz. 67 f.) seien für die Altersvorsorge der selbständig tätigen Klägerin maximal 20 % des Bruttoeinkommens sowie weitere 4 % als zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen. Für die Zeit ab 2007 ergebe sich aus der Teilzeiterwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden nach Abzug der Altersvorsorge sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 838 €.
- 13
- Nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Recht komme die Klägerin mit ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder ihrer Erwerbsobliegenheit in ausreichendem Maße nach. Gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB könne ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt beanspruchen. Die Neuregelung verlange jedoch keinen abrupten, übergangslosen Wechsel von einer Betreuung des Kindes hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Im Interesse des Kindes sei vielmehr auch in Zukunft ein gestufter , kontinuierlicher Übergang möglich. Der Betreuungsunterhalt verlängere sich, wenn dies der Billigkeit entspreche. Dafür seien in erster Linie kindbezogene Gründe ausschlaggebend, wobei auf eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes abzustellen sei. Dabei sei zwar auch von Bedeutung, ob eine geeignete andere Betreuungsmöglichkeit bestehe; eine Fremdbetreuung müsse jedoch zumutbar sein und mit dem Kindeswohl im Einklang stehen.
- 14
- Von der Klägerin könne aus solchen kindbezogenen Gründen keine Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt werden. Weil der ältere Sohn seit seiner Geburt unter ADS leide, bedürfe er nach wie vor einer intensiven Betreuung. Er habe Konzentrationsschwierigkeiten, könne sich nicht organisieren und entwickle keine Eigeninitiative. Ihm müsse eine Tagesstruktur vorgegeben und er müsse zu den Hausaufgaben angeleitet und dabei überwacht werden. Auch zu der erforderlichen täglichen Einnahme von Medikamenten müsse er angehalten werden. Er bedürfe somit einer ständigen Kontrolle, Hilfe und Anleitung durch die Klägerin. Ihr sei es deswegen nicht zumutbar, den Jungen einer Fremdbetreuung zu überlassen. Eine solche Fremdbetreuung entspreche auch nicht dem Kindeswohl, da der Sohn an die Betreuung durch die Mutter gewöhnt sei und diese den Betreuungsbedarf am besten einschätzen könne.
- 15
- Auch aus elternbezogenen Gründen, die auf der nachehelichen Solidarität beruhten und das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung schützten, sei der Klägerin noch keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Die während des ehelichen Zusammenlebens praktizierte Rollenverteilung einer Vollzeitbeschäftigung des Beklagten sowie der Kinderbetreuung durch die Klägerin stehe auch jetzt noch einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit entgegen. Aus Gründen der nachehelichen Solidarität sei es vielmehr geboten, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern.
- 16
- Der Beklagte sei gehalten, alle Steuervorteile auszunutzen und müsse sich deswegen einen Kinderfreibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Ein Freibetrag für den Realsplittingvorteil durch Unterhaltszahlungen an die Klägerin sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 171, 206, 221 f. = FamRZ 2007, 793, 797 Tz. 41 ff.) allerdings nicht zu verlangen, weil der Beklagte weder freiwillig Ehegattenunterhalt zahle, noch diesen anerkannt habe oder rechtskräftig dazu verurteilt sei. Unter Berücksichtigung seiner zusätzlichen Altersvorsorge von maximal 4 % ergebe sich ein Nettoeinkommen des Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 2.366 €. Davon sei der Zahlbetrag auf den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle abzusetzen. Daraus ergebe sich ein Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit von Januar bis März 2008 in Höhe von monatlich 405 € (81 € Altersvorsorgeunterhalt und 324 € Elementarunterhalt) und für die Zeit ab April 2008 in Höhe von monatlich 378 € (76 € Altersvorsorgeunterhalt und 302 € Elementarunterhalt).
- 17
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht nach § 1579 BGB verwirkt. Soweit der Beklagte eine höher dotierte Stelle als Verwaltungsdirektor nicht erhalten habe, weil die Klägerin ihren titulierten Unterhaltsanspruch mit Pfändungs - und Überweisungsbeschluss bei dem Arbeitgeber des Beklagten vollstrecke , sei dies der Klägerin nicht vorzuwerfen. Der Beklagte habe zwar zugesichert , den pfändbaren Betrag seines Einkommens freiwillig zu zahlen. Er habe aber auch darauf hingewiesen, dass er die Zusage nicht absichern könne. Im Hinblick auf das angespannte Verhältnis der Parteien sei es der Klägerin nicht vorwerfbar, wenn sie der Zusage des Beklagten nicht vertraue.
- 18
- Auch die Strafanzeigen der Klägerin gegen den Beklagten führten nicht zur Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs. Zwar könne eine bewusst wahrheitswidrige Strafanzeige gegen den Unterhaltspflichtigen zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen führen. Dies sei aber dann nicht der Fall, wenn die Vorwürfe zumindest teilweise berechtigt seien und der Unterhaltsberechtigte wegen des engen Zusammenhangs mit dem Rechtsstreit der Parteien in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Vorliegend habe der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die Strafanzeigen bewusst wahrheitswidrig erstattet habe. Der Beklagte habe nach dem Inhalt der einstweiligen Anordnung vom 18. Oktober 2005 monatlichen Unterhalt von 700 € für die Zeit vom 15. Februar bis Juni 2005 und von 708 € für die Zeit ab Juli 2005 zu zahlen, im Jahr 2005 aber keinen Ehegattenunterhalt geleistet. Wenn er trotz Auszahlung eines Veräußerungserlöses aus dem Verkauf des Hausgrundstücks in Höhe von ca. 33.000 € fehlende Leis- tungsfähigkeit vorgetragen und in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben habe, über kein Vermögen zu verfügen, könne die Strafanzeige wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Unterhaltsverletzung und Vollstreckungsvereitelung nicht als mutwillig bewertet werden. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung sei auch nur wegen geringer Schuld gemäß § 153 a StPO eingestellt worden.
- 19
- Die Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Dienstvorgesetzten des Beklagten seien zwar zu missbilligen, ebenfalls aber nicht geeignet, eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu begründen. Die Schreiben enthielten zwar eine Beleidigung und eine üble Nachrede. Der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 3 und Nr. 5 BGB sei unter Berücksichtigung aller Umstände allerdings nicht erfüllt. Denn dies setze ein schwerwiegendes vorsätzliches Vergehen voraus. Hier seien durch die Schreiben weder die Vermögensinteressen des Beklagten schwerwiegend gefährdet noch sein Arbeitsplatz gefährdet worden, denn der Beklagte habe nicht konkret dargelegt, dass ihm die Schreiben berufliche Nachteile gebracht hätten. Schließlich habe sich der Rechtsanwalt des Beklagten zuvor an die Mitarbeiter in der Gemeinschaftspraxis der Klägerin gewandt und deren Glaubwürdigkeit in Frage gestellt.
- 20
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Im Rahmen einer Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB seien die Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Außerdem sei entscheidend, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Eine über die dem § 1570 BGB immanente Begrenzung hinausgehende Beschränkung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt komme deswegen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.
- 21
- Hier scheide eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs schon mangels hinreichend sicherer Prognose über die weitere Entwicklung aus. Die Klägerin könne wegen der notwendigen Betreuung der Kinder, insbesondere des älteren Sohnes, derzeit noch keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, sodass die ehebedingten Nachteile für sie noch fortwirkten. Gegenwärtig sei noch nicht absehbar , ob und in welchem Umfang wegen der nur eingeschränkten Berufstätigkeit der Klägerin künftig weitere ehebedingte Nachteile entstehen könnten. Aus Billigkeitsgründen könne der Klägerin die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen nicht versagt werden, soweit und solange sie aufgrund der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder an einer Vollzeitbeschäftigung gehindert sei.
II.
- 22
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 23
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach dem neuen Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 24
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 19 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse der Kinder gewährt, um deren Betreuung und Erziehung sicher zu stellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 25
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will. Ein während dieser Zeit erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch und der betreuende Elternteil kann die bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Entscheidet er sich allerdings dafür, das Kind auf andere Weise betreuen zu lassen , und erzielt er eigene Einkünfte, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 20 f. m.w.N. und vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 115 f.).
- 26
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 22 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 27
- Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 28
- 2. Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 und 5 GG. Sie entfalten damit im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 24).
- 29
- a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII).
- 30
- Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8). Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 f. Tz. 25 f. m.w.N.).
- 31
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Das beschränkt sich nicht auf einen rein zeitlichen Aspekt, sondern erstreckt sich auch auf den Umfang der möglichen Betreuung. Umfasst etwa die mögliche Betreuung von Schulkindern in einem Hort auch die Hausaufgaben- betreuung, bleibt auch insoweit für eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil kein Bedarf.
- 32
- Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 27 m.w.N.). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, auch der konkrete Betreuungsumfang der kindgerechten Einrichtung und die Möglichkeit , auf einen eingeschränkten Gesundheitszustand des Kindes einzugehen.
- 33
- Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur noch vertretenen pauschalen Altersphasenmodelle hat der Senat ausdrücklich abgelehnt (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 28 m.w.N.). Die Betreuungsbedürftigkeit ist nun nach den individuellen Verhältnissen des Kindes zu ermitteln. Haben die Kinder allerdings ein Alter erreicht, in dem sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zeitweise sich selbst überlassen werden können, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf die vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen an.
- 34
- c) Nach diesem gesetzlich vorgegebenen Maßstab hat das Berufungsgericht die Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nicht ausreichend begründet.
- 35
- Es hat nicht festgestellt, ob im näheren Einzugsbereich eine kindgerechte Einrichtung existiert, die die Betreuung der beiden Söhne nach ihrem Schulbesuch einschließlich der Hausaufgabenhilfe ganztags sicherstellt. Soweit das Berufungsgericht unabhängig von der Existenz und dem Leistungsspektrum einer solchen kindgerechten Einrichtung eine persönliche Betreuung durch die Klägerin für erforderlich erachtet, hält die Entscheidung der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Auch wenn die ADS-Erkrankung des inzwischen 15 Jahre alten Sohnes nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts einen zusätzlichen Betreuungsbedarf begründet, sagt dies noch nichts darüber aus, durch wen eine solche zusätzliche Betreuung sichergestellt werden kann. Wie der problemlose Schulbesuch des Sohnes und seine sportlichen Aktivitäten zeigen, ist eine auswärtige Betreuung nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie hängt vielmehr vom konkreten Betreuungsangebot der kindgerechten Einrichtung ab. Weil das Berufungsgericht dazu keine Feststellungen getroffen hat, kann die Entscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen keinen Bestand haben.
- 36
- 3. Soweit die Betreuung der Kinder auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Solche elternbezogenen Gründe sind schon nach der Systematik des § 1570 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 37
- a) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Be- deutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte und verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn Kinder ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen werden, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall - abhängig von der Anzahl der Kinder und deren Gesundheitszustand - unterschiedlich sein kann. Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 32).
- 38
- b) Auch die Voraussetzungen solcher elternbezogener Verlängerungsgründe hat das Berufungsgericht hier nicht hinreichend festgestellt.
- 39
- Zwar hat es im Ansatz zutreffend darauf abgestellt, dass die Parteien während ihres ehelichen Zusammenlebens eine Rollenverteilung praktiziert hatten , wonach der Beklagte einer Vollzeitbeschäftigung nachging, während die Klägerin die Kinderbetreuung übernommen hatte und daneben lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübte. Diese Rollenverteilung führte allerdings schon nach dem früher praktizierten Altersphasenmodell (vgl. Ziffer 17.1 der Süddeutschen Leitlinien FamRZ 2005 1376, 1379) zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils, wenn das jüngste Kind die dritte Grundschulklasse begonnen hatte. Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes sollte lediglich eine teilweise Erwerbsobliegenheit, danach aber eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt werden.
- 40
- Entscheidend ist aber, dass auch im Rahmen der elternbezogenen Gründe nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden gesetzlichen Neuregelung nicht mehr allein auf das Lebensalter der Kinder, sondern auf die individuellen Umstände abgestellt werden muss. Ob und in welchem Umfang im Falle einer möglichen Vollzeitbetreuung der gemeinsamen Kinder in kindgerechten Einrichtungen gleichwohl noch eine überobligationsmäßige Belastung der Klägerin verbleibt, hat das Oberlandesgericht nicht geprüft. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum genauen Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit und zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder nach Beendigung einer Ganztagsbetreuung kann der Senat auch insoweit nicht abschließend entscheiden.
- 41
- 4. Das angefochtene Urteil ist deswegen insoweit aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 42
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 43
- 1. Das Oberlandesgericht hat den Verwirkungseinwand des Beklagten zu Recht zurückgewiesen.
- 44
- a) Soweit der Beklagte einen Verwirkungsgrund nach § 1579 Nr. 5 BGB darin sieht, dass die Klägerin nicht auf ihre Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für ihren Unterhaltsanspruch verzichtet hat, was seine Beförderung zum Verwaltungsdirektor mit einem um 300 € monatlich höheren Einkommen verhindert habe, hat das Oberlandesgericht dies zu Recht abgelehnt.
- 45
- aa) Der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB setzt objektiv einen gravierenden Verstoß des Unterhaltsberechtigten voraus, wie sich aus der Wortwahl "schwerwiegende" und "hinwegsetzen" gibt. Damit stellt die Vorschrift nicht allein auf den Umfang der Vermögensgefährdung ab, sondern auch auf die Intensität der Pflichtverletzung (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327).
- 46
- bb) Weil der Beklagte im Jahr 2005 keinen Betreuungsunterhalt an die Klägerin geleistet hatte, hatte das Amtsgericht ihm mit einstweiliger Anordnung vom 18. Oktober 2005 aufgegeben, monatlichen Unterhalt für die Zeit bis Juni 2005 in Höhe von 700 € und für die Zeit ab Juli 2005 in Höhe von 708 € zu zahlen. Diese Zahlungsverpflichtung wurde durch das vorläufig vollstreckbare Urteil des Amtsgerichts auf monatlich wechselnde Beträge, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 auf monatlich 796 € sogar erhöht. Aufgrund dieser Unterhaltstitel hatte die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Arbeitgeber des Beklagten erwirkt, woraus sie Teilbeträge auf den geschuldeten Unterhalt erhielt. Mit Schreiben vom 18. April 2006 forderte der Beklagte die Klägerin auf, auf ihre Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu verzichten, um seine in Aussicht genommene Beförderung zum Verwaltungsdirektor nicht zu gefährden. Ergänzend wies er allerdings darauf hin, dass er seine Zusage zur fortlaufenden Zahlung der pfändbaren Beträge nicht absichern könne. In dieser Situation hat das Berufungsgericht die fortdauernde Vollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu Recht als Wahrnehmung berechtigter Interessen der Klägerin und nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung im Sinne des § 1579 Nr. 5 BGB angesehen.
- 47
- b) Auch die Strafanzeigen der Klägerin gegen den Beklagten hat das Oberlandesgericht zutreffend nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung eingestuft , die zu einer Verwirkung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1579 Nr. 3 oder 5 BGB führen könnten (vgl. insoweit Senatsurteil vom 24. Oktober 2001 - XII ZR 284/99 - FamRZ 2002, 23, 25 f.).
- 48
- Die Anzeigen wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Vollstreckungsvereitelung und Unterhaltspflichtverletzung sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls nicht aus der Luft gegriffen. Obwohl der Beklagte im Jahre 2005 aus der Veräußerung des Hausgrundstücks rund 33.000 € erhalten hatte, hatte er sich auf Leistungsunfähigkeit berufen und im gesamten Jahr 2005 keinen Ehegattenunterhalt gezahlt. Selbst wenn die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung und Vollstreckungsvereitelung letztlich mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, steht der vom Oberlandesgericht festgestellte Sachverhalt einer schwerwiegenden Pflichtverletzung durch die Klägerin entgegen. Hinzu kommt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen falscher eidesstattlicher Versicherung wegen geringer Schuld nach § 153 a StPO eingestellt worden ist. Jedenfalls insoweit hat die Staatsanwaltschaft also ein strafbares Verhalten festgestellt und die Klägerin hat bei ihren Strafanzeigen im Rahmen der Vollstreckung ihres Unterhaltsanspruchs in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt.
- 49
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Verwirkung der Unterhaltsansprüche der Klägerin wegen ihrer Schreiben an die Dienstvor- gesetzten des Beklagten abgelehnt (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1981 - IVb ZR 622/80 - NJW 1982, 100, 101).
- 50
- Zwar setzt der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB nicht voraus, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entstanden ist; vielmehr genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327). Eine solche schwerwiegende Vermögensgefährdung folgt aber nicht schon daraus , dass die Kenntnis des Arbeitgebers von einer erheblichen strafrechtlichen Verurteilung grundsätzlich auch Auswirkungen auf den Beamtenstatus und den Arbeitsplatz des Verurteilten haben kann. Dies setzt aber eine strafrechtliche Verurteilung voraus. Die Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen sind dann primär nicht durch die Mitteilung an den Arbeitgeber, sondern durch das vorangegangene eigene strafbare Verhalten gefährdet.
- 51
- Soweit das Oberlandesgericht den Schreiben der Klägerin an die Vorgesetzten der Beklagten auch sonst keinen Verwirkungsgrund entnommen hat, hält dies den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die Vorwürfe der Klägerin entstammten dem Unterhaltsrechtsstreit der Parteien und waren - wie bereits ausgeführt - nicht aus der Luft gegriffen. Sie waren an den Arbeitgeber des Beklagten gerichtet, bei dem bereits eine Lohnpfändung durchgesetzt werden musste, die nur Teile des Unterhaltsanspruchs sicherstellte. Hinzu kommt, dass der Beklagte sich zuvor über seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich an die Mitarbeiterinnen der Gemeinschaftspraxis der Klägerin und somit an unbeteiligte Dritte gewandt hatte, um daraus Vorteile für seine Rechtsposition zu erzielen. Dabei hatte er der Klägerin unterstellt, die Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen seien nicht zutreffend, was die Reaktion der Klägerin in einem milderen Licht darstellt. Wenn das Oberlandesgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung des beiderseitigen Verhaltens ein schwerwiegendes vorsätzliches Ver- gehen der Klägerin abgelehnt hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
- 52
- d) Schließlich führt auch die Gesamtheit der genannten Umstände nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin. Denn sie hat in Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen gehandelt und dem Beklagten eine falsche eidesstattliche Versicherung vorgeworfen, was sich nachträglich sogar als strafrechtlich relevant erwiesen hat. Soweit sie mit den Vorwürfen gegen den Beklagten an dessen Dienstvorgesetzten getreten ist, hat das Oberlandesgericht zutreffend darauf abgestellt, dass auch der Beklagte die Klägerin gegenüber unbeteiligten Dritten als nicht glaubwürdig dargestellt hat.
- 53
- Hinzu kommt, dass der Klägerin hier Betreuungsunterhalt zugesprochen wurde, der vor allem die Interessen der gemeinsamen Kinder berücksichtigt. Da der Klägerin bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 838 € für die Zeit ab Januar 2008 lediglich weiterer Elementarunterhalt in Höhe von 324 € bzw. 302 € zugesprochen wurde, bleibt schon im Hinblick auf die beengten finanziellen Verhältnisse kaum Raum für eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen.
- 54
- 2. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht eine Befristung oder Begrenzung eines möglichen Anspruchs der Klägerin auf Betreuungsunterhalt abgelehnt.
- 55
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und eltern- bezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 42 m.w.N.).
- 56
- b) Auch eine Begrenzung eines Betreuungsunterhalts der Klägerin vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung kommt gegenwärtig nicht in Betracht.
- 57
- Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings einerseits voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 44 m.w.N.).
- 58
- Diese Voraussetzungen hat das Oberlandesgericht hier in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt. Auf der Grundlage einer noch eingeschränkten Erwerbsobliegenheit verfügt die Klägerin lediglich über monat- liche Nettoeinkünfte in Höhe von 838 €. Zuzüglich des vom Oberlandesgericht für die Zeit ab April 2008 zugesprochen Elementarunterhalts liegen die Einkünfte der Klägerin allenfalls unwesentlich über ihrem angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung ohne ehebedingte Nachteile. Wenn das Oberlandesgericht im Hinblick darauf eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 20.01.2006 - 2 F 107/05 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 30.06.2008 - 5 UF 36/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Januar 2000 die Ehe geschlossen, aus der ihr im November 2001 geborener Sohn hervorgegangen ist. Nach der Trennung im September 2003 wurde die Ehe im April 2006 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Seit 2005 besuchte er eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung, seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16.00Uhr in einen Hort. Er leidet unter chronischem Asthma.
- 4
- Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungs - und Aufstockungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab November 2007 in Höhe von monatlich 837 € verurteilt. Das Kammergericht hat die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 € für die Zeit ab November 2007 und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt hat, zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, "weil die Fragen, ob die Klägerin aufgrund des seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrechts gehalten ist, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen und ihr Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen ist, grundsätzliche Bedeutung haben".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil verfolgt der Beklagte seine Berufungsanträge in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
A
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2008, 1948 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gegenwärtig nicht in Betracht komme.
- 12
- Die für die Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe schlüssig dargelegt, dass es ihr aus Kindeswohlgründen derzeit nicht zumutbar sei, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das gemeinsame Kind sei im November 2007 erst sechs Jahre alt geworden und gehe seit September 2007 zur Schule. Es leide unstreitig an chronischem Asthma. Selbst wenn der Gesetzgeber für das neue Unterhaltsrecht das frühere Altersphasenmodell aufgegeben habe, folge daraus nicht automatisch , dass der betreuende Elternteil mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu verweisen sei. Vielmehr entspreche es jedenfalls bei der hier gegebenen Konstellation der Billigkeit, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern. Eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils beeinträchtige auch die Belange des Kindes. Ein gerade erst eingeschultes Kind benötige noch die Zuwendung und Betreu- ung eines Elternteils, was mit erheblichem zeitlichem Aufwand verbunden sei. Jedes Kind solle sich darauf verlassen können, dass es jedenfalls nach einem Hortbesuch zu Hause auf einen Elternteil treffe, der genügend Zeit habe, sich ihm zu widmen und nicht durch die Führung des Haushalts oder andere der Grundversorgung dienende Tätigkeiten daran gehindert sei.
- 13
- Die Klägerin sei nicht darauf verwiesen, die Großeltern mütterlicherseits oder andere Privatpersonen zu Betreuungszwecken in Anspruch zu nehmen, weil das Kind sich nicht zugunsten des unterhaltspflichtigen Elternteils darauf verweisen lassen müsse, zwischen den einzelnen Betreuungsinstitutionen hin und her geschoben zu werden, damit der betreuende Elternteil seinen Lebensunterhalt verdienen oder berufliche Nachteile ausgleichen könne. Eine regelmäßige Inanspruchnahme dritter Bezugspersonen neben der Hortbetreuung stelle eine Zumutung dar, zumal die Klägerin ohnehin im Falle einer Erkrankung des Kindes auf diese Betreuungsmöglichkeit angewiesen sei. Schließlich sei die Klägerin bereits jetzt zu fast 70 % teilschichtig erwerbstätig.
- 14
- Vom Nettoeinkommen des Beklagten seien keine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen, weil es sich bei den wesentlichen Aufwendungen für die Eigentumswohnung nicht um Erhaltungs-, sondern um Modernisierungsarbeiten handele, die in den hier relevanten Folgejahren nicht entstünden. Es seien deswegen insoweit zusätzliche Einnahmen in Höhe von 389 € monatlich zu berücksichtigen. Vom Nettoeinkommen der Klägerin seien neben den Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung auch weitere Aufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge abzusetzen. Die Aufwendungen seien allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf 4 % des Bruttoeinkommens, also auf rund 105 €, begrenzt.
- 15
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Zwar lege die Aufspaltung des Unterhaltsanspruchs in einen Basisunterhalt von drei Jahren und einen Folgeunterhalt aus kind- und ehebezogenen Gründen nahe, in Anknüpfung an den Verlängerungsgrund eine Befristung auszusprechen, soweit der Wegfall des Verlängerungsgrundes absehbar sei. Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt sei aus sich heraus durch die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes begrenzt, dessen genaue Dauer nicht exakt absehbar sei. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs und eine Verweisung des betreuenden Elternteils auf eine prozessuale Durchsetzung seines künftigen Anspruchs widersprächen auch dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Denn der Anspruch solle die wirtschaftlichen Grundlagen für eine stabile Betreuungs- und Lebenssituation schaffen.
- 16
- Zurzeit komme eine Befristung schon deswegen nicht in Betracht, weil die weitere Entwicklung des Kindes nicht vorhersehbar sei. Außerdem könne noch keine sichere Prognose abgegeben werden, ob und in welchem Umfang der Klägerin infolge der Kindesbetreuung weitere ehebedingte Nachteile entstünden. Derzeit stehe lediglich fest, dass die Klägerin wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes keine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausüben könne. Ehebedingte Nachteile könnten sich daraus ergeben, dass sie wegen der Kindesbetreuung nicht an wichtigen Fortbildungsveranstaltungen oder Klassenfahrten teilnehmen könne. Eine Herabsetzung vom eheangemessenen auf den angemessenen Unterhaltsbedarf nach der eigenen Lebensstellung der Klägerin als Studienrätin komme ebenfalls nicht in Betracht. Zwar beruhe der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur teilweise auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und im Übrigen auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs komme aber nur in Betracht, wenn die Unterhaltspflicht in Höhe des eheangemessenen Bedarfs für den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Belange des gemeinsamen Kindes unbillig sei.
II.
- 17
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 18
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 19
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 20
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber die Regelung übernommen, die er mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 2942) für den Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes in § 1615 l Abs. 2 BGB eingeführt hatte. Der betreuende Elternteil kann danach frei entscheiden, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will (vgl. Dose Jugendamt 2009, 1).
- 21
- Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er allerdings eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
- 22
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 23
- Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe , die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 24
- 2. Die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden kindbezogenen Verlängerungsgründe finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 GG, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht ist. Da den nichtehelich geborenen Kindern nach Art. 6 Abs. 5 GG durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind wie den ehelichen Kindern, sind kindbezogene Verlängerungsgründe bei den Ansprüchen auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB und auf Unterhalt bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen in § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB und § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB deswegen auch wortgleich ausgestaltet. Wegen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes der Kinder sind diese Verlängerungsgründe stets vorrangig zu prüfen und entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 3).
- 25
- a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; Puls FamRZ 1998, 865, 870 f.; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; zur früheren Regelung in § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. schon Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, 1365).
- 26
- Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist.
- 27
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (BVerfGE FamRZ 2007, 965, 968; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998; OLG München FamRZ 2008, 1945 f.; vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 67; Viefhues ZFE 2008, 44, 45; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.; Graba FamRZ 2008, 1217, 1221 f.; Zimmermann FPR 2009, 97, 98). Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (vgl. Meier FamRZ 2008, 101, 104).
- 28
- Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (OLG Köln FamRZ 2008, 2119, 2129; OLG Celle FF 2009, 81, 82; wohl auch OLG Jena FamRZ 2008, 2203, 2205; Wellenhofer FamRZ 2007, 1282, 1283; Büttner FPR 2009, 92, 94; Leitlinien des OLG Hamm unter Nr. 17.1.1 NJW 2008 Beilage zu Heft 10 S. 50; vgl. dazu Born FF 2009, 92, 94 ff. und Borth FamRZ 2008, 1, 6), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.
- 29
- c) Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. schwere Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten.
- 30
- Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.
- 31
- 3. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Wie sich schon aus der Systematik des § 1570 BGB ergibt, sind elternbezogene Verlängerungsgründe im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 32
- Diese Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.
- 33
- 4. Diesen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trägt die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung.
- 34
- a) Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Klägerin vorrangig auf das Alter des gemeinsamen Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kind nach Beendigung der Schulzeit bis 16.00 Uhr einen Hort aufsucht. Die Beaufsichtigung und Betreuung des Kindes ist deswegen werktäglich bis 16.00 Uhr sichergestellt. Weil das Berufungsge- richt über die pauschale Angabe, das Kind leide unter chronischem Asthma, hinaus keine konkreten Auswirkungen festgestellt hat, sind auch keine Umstände ersichtlich, die zusätzliche Betreuungsleistungen der Klägerin in der Zeit bis 16.00 Uhr erfordern könnten. Andererseits hat das Berufungsgericht auch nicht festgestellt, dass die Klägerin als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16.00 Uhr hinaus berufstätig sein müsste. Kindbezogene Gründe für eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit und somit für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus hat das Berufungsgericht damit nicht festgestellt.
- 35
- Auch die Billigkeitsabwägung, ob elternbezogene Gründe, insbesondere der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung, zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führen , obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Senat nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des Kammergerichts im Ergebnis gerechtfertigt sein. An den hierzu erforderlichen Feststellungen fehlt es indessen. Denn das Berufungsgericht hat im Rahmen der kindbezogenen Gründe vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und deswegen schon kindbezogene Verlängerungsgründe angenommen. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit oder zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes nach Beendigung der Hortbetreuung, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 36
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 37
- 1. Soweit sich die Revision auch gegen die Unterhaltsberechnung wendet , sind ihre Angriffe gegen das angefochtene Urteil nicht begründet.
- 38
- a) Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Einkommen des Beklagten - abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts - zusätzliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 389 € hinzugerechnet. Zwar hatte der Beklagte in der für die Einkommensbemessung herangezogenen Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 erhebliche Beträge für die Badsanierung investiert. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber darauf abgestellt, dass es sich dabei um einmalige Modernisierungsarbeiten und nicht um wiederkehrenden Erhaltungsaufwand handelt. Im Rahmen der Prognose für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 kann deswegen nicht von derartigen Kosten ausgegangen werden.
- 39
- b) Auch soweit die Revision die Bemessung des Einkommens der Klägerin angreift, hat dies - vorbehaltlich des Umfangs ihrer Erwerbsobliegenheit - keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat von den Kosten der Klägerin für ihre Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung einen Anteil von 4 % ihres Bruttoeinkommens abgesetzt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1822). Danach ist sowohl ein Unterhaltspflichtiger als auch ein Unterhaltsberechtigter im Rahmen des Ehegattenunterhalts berechtigt, von seinen eigenen Einkünften 4 % des Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersvorsorge zu verwenden. Jedenfalls unter Berücksichtigung der jüngsten Kürzungen der Beamtenpensionen gilt dies auch für die Klägerin als Lehrerin.
- 40
- 2. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hat das Berufungsgericht gegenwärtig noch zu Recht abgelehnt.
- 41
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts ist jedenfalls nicht schon nach der Systematik des § 1570 BGB geboten. Danach steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zu. Der Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhalt bilden somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 4 f.). Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen, ist ein künftiger Betreuungsunterhalt abzuweisen (Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 83).
- 42
- b) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 155; Peschel-Gutzeit Unterhaltsrecht aktuell Rdn. 57; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 Rdn. 335; Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1578 b BGB Rdn. 5).
- 43
- c) Soweit nach bisheriger Rechtsprechung des Senats hier neben einem Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt noch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Betracht kommen sollte (vgl. insoweit Senatsurteile vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407 f. [zu § 1572 BGB]; vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 [zu § 1571 BGB] und vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. [zu § 1570 BGB]; so auch Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rdn. 423 ff.; a.A. für das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 76 und FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 355; vgl. auch OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450) scheidet eine Befristung schon mangels hinreichend klarer Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus. Einer Befristung dieses Anspruchs steht aber auch entgegen , dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar ist, ob die Klägerin infolge der Kindererziehung ehebedingte Nachteile erlitten hat oder noch erleiden wird.
- 44
- d) Zu Recht hat das Berufungsgericht hier auch noch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin der Höhe nach - vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung - abgelehnt. Zwar kommt eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt (Graba FamRZ 2008, 1217, 1222). Besonders in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung bis auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung des gemeinsamen Kindes trotz des abgesenkten Un- terhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, während eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Soweit das Berufungsgericht hier eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, weil der Umfang eventueller ehebedingter Nachteile noch nicht hinreichend feststehe , ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 29.08.2007 - 20 F 5145/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.04.2008 - 18 UF 160/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Abänderung zweier Jugendamtsurkunden über die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt. Die Kläger sind minderjährige Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Die Mutter der Kläger ist neben der Kindeserziehung in Teilzeit (3/4 Stelle ) berufstätig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.700 DM. Der Beklagte erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.393 DM. Er ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist im Oktober 1999 ein weiteres Kind hervorgegangen, das von der nicht erwerbstätigen Ehefrau des Be-klagten betreut wird. Im Haushalt der Ehegatten leben außerdem zwei weitere Kinder der neuen Ehefrau des Beklagten. Mit Jugendamtsurkunden vom 18. Januar 2001 hatte sich der Beklagte verpflichtet, an die Kläger jeweils monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 289 DM zu zahlen. Das Amtsgericht hat den Beklagten in Abänderung der Jugendamtsurkunden verurteilt, nebst Unterhaltsrückständen monatlichen Unterhalt an den Kläger zu 1 für die Zeit ab Juli 2001 in Höhe von 213 € und für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 in Höhe von 212 € sowie an den Kläger zu 2 für die Zeit ab Juli 2001 in Höhe von 180 € zu zahlen. Mit seiner Berufung hat der Beklagte zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen, soweit er in Abänderung der Jugendamtsurkunden zu höheren monatlichen Unterhaltszahlungen als 200 € ab Juli 2001 sowie 180 € ab Januar 2002 an den Kläger zu 1 und als 165 € ab Juli 2001 sowie 150 € ab Januar 2002 an den Kläger zu 2 verurteilt wurde. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.I.
Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2003, 611 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil den Klägern jedenfalls ein Unterhaltsanspruch in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe. Von dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beklagten sei der Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen nicht in Abzug zu bringen. Kreditbelastungen für den Erwerb eines Einfamilienhauses könnten ebenfalls nicht abgesetzt werden, weil dem ein Wohnwert in gleicher Höhe gegenüberstehe und der Beklagte diese Verbindlichkeiten in Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung eingegangen sei und dadurch Vermögensbildung betreibe. Kosten für den Unterhalt der zweiten Ehefrau des Beklagten seien nicht zu berücksichtigen, weil die neue Ehefrau bei der Unterhaltsermittlung gegenüber den Klägern und der geschiedenen Ehefrau nachrangig sei. Das gelte auch dann, wenn der ersten Ehefrau ein Unterhaltsanspruch zustehe, sie diesen aber nicht geltend mache. Der geschiedenen Ehefrau des Beklagten stehe noch ein Unterhaltsanspruch zu, weil ihre eigenen, überobligatorisch erzielten Einkünfte lediglich zur Hälfte - und zwar im Wege der Differenzmethode - in die Unterhaltsberechnung einzustellen seien. Weil die geschiedene Ehefrau ihren Unterhaltsanspruch nicht geltend mache, stehe das für Unterhaltszwecke einsetzbare Einkommen des Beklagten allein für den Unterhalt der Kläger und des mit ihnen gleichrangigen Sohnes des Beklagten aus zweiter Ehe zur Verfügung. Die dann durchzuführende Mangelfallberechnung ergebe eine erhöhte Unterhaltsquote in Höhe von 94,83 %. Von dem sich so ergebenden Unterhaltsbetrag sei das an die Mutter der Kläger ausgezahlte Kindergeld nach § 1612 b Abs. 5 BGB auch nicht teilweise abzuziehen. Damit übersteige der geschuldete Unterhalt sogar den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag.II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß in die Mangelfallberechnung Unterhaltsansprüche der zweiten Ehefrau des Beklagten dann nicht einzubeziehen sind, wenn der geschiedenen Ehefrau, der Mutter der Kläger, noch ein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Reichen die Mittel, die nach Deckung des Selbstbehalts des Verpflichteten für den Unterhalt mehrerer Berechtigter zur Verfügung stehen, nicht aus, sämtliche Ansprüche zu erfüllen, so sind gleichrangig Berechtigte anteilig zu befriedigen. Hingegen kommt ein nachrangig Berechtigter mit seinem Anspruch nur zum Zuge, soweit nach voller Befriedigung der vorrangigen Ansprüche ein freier Betrag verbleibt (BGH Urteil vom 23. Januar 1980 - IV ZR 2/78 - FamRZ 1980, 555, 557). Hier hat das Berufungsgericht die neue Ehefrau des Beklagten zutreffend als gegenüber den minderjährigen Kindern nachrangig behandelt.a) Allerdings sind die insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nach ihrem Wortlaut in sich widersprüchlich. Denn § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB bestimmt, daß "der Ehegatte" - also sowohl der geschiedene als auch der neue Ehegatte (BVerfGE 66, 84, 87) - den minderjährigen unverheirateten Kindern und den sogenannten privilegierten volljährigen Kindern im Rang gleichsteht. Danach hätten sowohl die Mutter der Kläger als auch die neue Ehefrau des Beklagten denselben Rang wie die Kläger und das aus der zweiten Ehe hervorgegangene weitere minderjährige Kind des Beklagten. Andererseits sieht § 1582 BGB vor, daß bei mehreren unterhaltsbedürftigen Ehegatten der geschiedene Ehegatte jedenfalls wegen seiner Unterhaltsansprüche nach §§ 1570, 1576 BGB oder bei langer Ehedauer dem neuen Ehegatten vorgeht (BVerfGE 108,
351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Mit dieser Rechtsfolge wäre es nicht vereinbar , die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder sowohl den Ansprüchen eines geschiedenen Ehegatten als auch denen eines neuen Ehegatten im Rang gleichzustellen. Weil das Gesetz wegen des Widerspruchs zwischen § 1582 BGB einerseits und § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB andererseits keine zwingende Regelung vorgibt, bedarf es einer Auslegung über den Wortlaut der widerstreitenden Regelungen hinaus. Diese muß sich von dem Ziel leiten lassen, dem mit den Rangregelungen verfolgten Sinn des Gesetzes gerecht zu werden, der darin zu sehen ist, in Mangelfällen in erster Linie den Unterhalt bestimmter, als besonders schutzwürdig anerkannter Angehöriger zu sichern. Zu den nach dem Willen des Gesetzes in besonderem Maße schutzbedürftigen und schutzwürdigen Unterhaltsberechtigten gehören zunächst die minderjährigen unverheirateten und die ihnen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kinder (§ 1609 Abs. 1 und 2 BGB), denen die Eltern nach § 1603 Abs. 2 BGB - über den Maßstab des § 1603 Abs. 1 BGB hinaus - erweitert unterhaltspflichtig sind. Neben ihnen räumt das Gesetz in den Fällen des § 1582 BGB als Nachwirkung der früheren Ehe dem geschiedenen Ehegatten einen besonderen Schutz ein, der seinen Niederschlag in dem Vorrang gegenüber einem neuen Ehegatten des Unterhaltsverpflichteten findet. Diese Vorrangstellung des geschiedenen Ehegatten setzt sich in Mangelfällen uneingeschränkt durch (Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790, 792), selbst wenn der neue Ehegatte hierdurch im äußersten Fall, auch unter Berücksichtigung des Splittingvorteils aus der neuen Ehe (BVerfGE 108, aaO = FamRZ aaO, 1824), darauf verwiesen wird, für seinen Unterhalt Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, und wenn der Unterhaltspflichtige auf diese Weise gehalten ist, den ihm an sich für seine eigenen Bedürfnisse zustehenden Selbstbehalt mit dem neuen Ehegatten zu teilen (BVerfGE 66, 84, 94 ff.). Dem in dieser Weise gekennzeichneten Rangverhält-
nis zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten kann bei Vorhandensein minderjähriger unverheirateter Kinder nur dadurch Rechnung getragen werden, daß der Anwendungsbereich des § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB in Mangelfällen bei einer Kollision mit der Rangregelung des § 1582 BGB im Wege der teleologischen Reduktion dahin eingeschränkt wird, daß der in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB angeordnete Gleichrang mit "dem Ehegatten" nur für den nach § 1582 BGB privilegierten geschiedenen, und nicht auch für den (relativ) nachrangigen neuen Ehegatten gilt (Senatsurteil BGHZ 104, 158, 165 = FamRZ 1988, 705, 707 m.w.N.).
b) Allerdings ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 1609 Abs. 2 BGB nur für solche Fälle geboten, in denen Unterhaltsansprüche zweier (geschiedener) Ehefrauen nebeneinander bestehen und deswegen zu klären ist, welcher dieser Ansprüche gleichrangig mit den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder ist. Nur in solchen Fällen ist es nach dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften geboten, den (relativen) Nachrang der späteren Ehefrau gegenüber der ersten Ehefrau auch auf das Rangverhältnis gegenüber den minderjährigen und den privilegierten volljährigen Kindern zu übertragen. Aus § 1582 BGB folgt deswegen kein genereller Nachrang neuer Ehegatten gegenüber minderjährigen Kindern auch für solche Fälle, in denen dem (relativ) vorrangigen geschiedenen Ehegatten kein Unterhalt zusteht. Denn ist die geschiedene Ehefrau des Unterhaltspflichtigen nicht (mehr) unterhaltsberechtigt, spricht nichts gegen den vom Wortlaut des § 1609 Abs. 2 BGB gebotenen Gleichrang der Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder auch mit denen neuer Ehegatten. Das sog. relative Rangverhältnis eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem neuen Ehegatten kommt also dann nicht zum Tragen, wenn nur der Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten mit den Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder konkurriert (OLG Köln FamRZ 1993, 1239; OLG Hamm FamRZ
1993, 1237, 1238; OLG Bamberg FamRZ 1999, 250; OLG München FamRZ 1999, 251 f.).
c) Steht dem geschiedenen Ehegatten allerdings an sich ein Unterhaltsanspruch zu und macht er diesen lediglich nicht geltend, um wenigstens den Regelbedarf seiner minderjährigen Kinder zu sichern, bleibt es bei dem (relativen ) Nachrang des neuen Ehegatten gemäß § 1582 BGB, mit der Folge, daß diesem die minderjährigen Kinder im Rang vorgehen. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß ein Widerspruch zwischen § 1609 Abs. 2 BGB und § 1582 BGB bereits dann besteht, wenn der geschiedene und der neue Ehegatte neben den Kindern unterhaltsberechtigt sind. Denn § 1582 BGB stellt nicht darauf ab, ob der geschiedene Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch tatsächlich geltend macht, sondern lediglich darauf, ob dieser nach dem Gesetz überhaupt unterhaltsberechtigt ist. Zwar entfällt das relative Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche zweier Ehegatten immer dann, wenn dem geschiedenen Ehegatten schon kein Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1581 BGB zusteht, wenn er nicht mehr unterhaltsbedürftig ist oder wenn der Unterhaltsanspruch aus sonstigen Gründen entfallen ist. Letzteres kann auch dann der Fall sein, wenn der geschiedene Ehegatte - z.B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung - wirksam auf nachehelichen Ehegattenunterhalt verzichtet hat (§ 1585 c BGB). Auch dann fehlt es an einem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau, der über den Vorrang nach § 1582 BGB das Rangverhältnis der neuen Ehefrau zu den minderjährigen Kindern beeinflussen könnte (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 5 Rdn. 52; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 494; Scholz/Stein/Kleffmann Praxishandbuch Familienrecht September 2004 Teil K Rdn. 18; Heiß/Born Unterhaltsrecht Januar 2004 4. Kap. Rdn. 34; wohl auch Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 3121).
Anders ist die Rechtslage hingegen zu beurteilen, wenn der geschiedene Ehegatte noch immer unterhaltsberechtigt ist und er seine Ansprüche lediglich nicht geltend macht, sei es um den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder nicht zu gefährden, sei es auch in Unkenntnis seiner Unterhaltsberechtigung oder aus anderen Gründen. Dann bleibt es beim (relativen) Vorrang der Unterhaltsansprüche und bei der sich nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der teleologischen Reduktion des § 1609 Abs. 2 BGB ergebenden Nachrangigkeit der Unterhaltsansprüche einer neuen Ehefrau auch gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte nicht gezwungen sein kann, einen eigenen Unterhaltsanspruch tatsächlich geltend zu machen, nur um den Vorrang der Unterhaltsansprüche seiner minderjährigen Kinder vor denen eines neuen Ehegatten zu wahren (so auch AnwK-BGB/Lier 2005 § 1582 Rdn. 10; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 96; a.A. Staudinger/Engler BGB Neubearbeitung 2000 § 1609 Rdn. 30; Luthin Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 2260; Johannsen/Henrich/Graba Eherecht 4. Aufl. § 1609 Rdn. 3). Insbesondere wenn der geschiedene Ehegatte die Durchsetzung seiner eigenen Unterhaltsansprüche deswegen unterläßt, weil er seinen Kindern eine höhere Quote bei der Mangelverteilung sichern will, liegt darin eine zweckgerichtete Verfügung, die nicht dazu dient, dem sonst nachrangigen Recht des neuen Ehegatten Gleichrang mit dem Kindesunterhalt zu verschaffen. Damit verzichtet der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte weder auf seinen Unterhaltsanspruch, noch auf den Vorrang gegenüber einem neuen Ehegatten. Die fehlende Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau ist deswegen nach der Zweckrichtung mit freiwilligen Leistungen Dritter vergleichbar , die ebenfalls nur demjenigen zugute kommen, dem sie nach der Bestimmung des nicht Leistungsverpflichteten allein Vorteile erbringen sollen (vgl.
Senatsurteil vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 523/80 - FamRZ 1980, 879; Wendl/ Scholz aaO § 3 Rdn. 114 a). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Mutter der Kläger nach § 1585 b Abs. 2 BGB mangels Verzugs oder Rechtshängigkeit ihres Unterhaltsanspruchs keinen rückständigen Unterhalt mehr verlangen kann. Auch dann verbleibt es bei dem einmal entstandenen (relativen) Vorrang gegenüber dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau nach § 1582 BGB. 2. Mithin kommt es darauf an, ob der Mutter der Kläger ein Unterhaltsanspruch zusteht. Das wird maßgeblich davon abhängen, ob die Erwerbstätigkeit der Mutter neben der Kindesbetreuung als überobligatorische Tätigkeit anzusehen ist und ob, in welchem Umfang und auf welche Weise ihr Einkommen aus solcher Tätigkeit in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist.
a) Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung des fiktiven Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau des Beklagten von ihrem Nettoeinkommen nach Abzug berufsbedingter Kosten lediglich die Hälfte in die Unterhaltsberechnung eingestellt hat, hält dieses den Angriffen der Revision nicht stand. aa) Ob und in welchem Umfang ein eigenes Einkommen des unterhaltsbedürftigen geschiedenen Ehegatten, das dieser neben der Kindeserziehung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, läßt sich nach der Rechtsprechung des Senats nicht pauschal beantworten , sondern ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 m.w.N.). Dabei kann die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit ein maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit im konkreten Einzelfall sein (Senatsurteil vom 23. Sep-
tember 1981 - IVb ZR 600/80 - FamRZ 1981, 1159, 1161). Ein überobligatorisch erzieltes Einkommen ist bei der Unterhaltsbemessung deswegen nicht von vornherein unberücksichtigt zu lassen. Über die Anrechnung ist vielmehr nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn jedenfalls der Betrag abgesetzt wird, der für die infolge dieser Berufstätigkeit notwendig gewordene anderweitige Betreuung des Kindes aufgewendet werden muß (sog. konkreter Betreuungsaufwand; AnwK-BGB/Schürmann § 1577 Rdn. 64 m.w.N., zum Unterhaltspflichtigen vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1982 - IVb ZR 702/80 - FamRZ 1982, 779, 780, vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 570 und vom 29. November 2000 - XII ZR 212/98 - FamRZ 2001, 350, 352). Die Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrages des auf einer überobligationsmäßigen Tätigkeit beruhenden Mehreinkommens hat der Senat aber auch dann für gerechtfertigt gehalten, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen, etwa weil die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten das Kind aus dessen Ehe mitbetreut, (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 1983 - IVb ZR 379/81 - veröffentlicht bei JURIS und vom 29. November 2000, aaO). bb) In welchem Umfang ein überobligatorisch erzieltes Einkommen nach diesen Grundsätzen unberücksichtigt bleiben kann, muß zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Entscheidung überlassen bleiben. Der Senat hat einen Abzug von monatlich 300 DM in einem Fall, in dem die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten dessen 13 und 14 Jahre alte Kinder aus erster Ehe mitbetreute, nicht beanstandet (Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790, 791). Dabei entzieht sich die Bemessung des nach § 1577 Abs. 2 BGB anrechnungsfrei zu belassenden Teils des Einkommens allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Senats einer schematischen Beurteilung und hängt im Einzelfall davon ab, wie etwa die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren
ist und ob und ggf. zu welchen Zeiten die Kinder infolge eines Kindergartenoder Schulbesuchs zeitweise der Betreuung ohnehin nicht bedürfen (Senatsurteil vom 29. November 2000 aaO). Der vom Berufungsgericht lediglich pauschal bemessene hälftige Ansatz der von der Mutter der Kläger erzielten Einkünfte hält diesen Anforderungen nicht stand. Konkrete Betreuungskosten haben die Kläger insoweit nicht vorgetragen. Bei der Bemessung eines anrechnungsfreien Betrages ist zu berücksichtigen , daß die Kläger im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 13 bzw. 10 Jahre alt waren und ihre Mutter einen Teil ihrer Tätigkeit während einer Zeit ausüben kann, in der die Kläger die Schule besuchen. Letztlich ist im Rahmen der Ermessensausübung auch zu berücksichtigen, daß die Mutter der Kläger durch ihre Teilzeittätigkeit immerhin ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.700 DM erzielt, während der Beklagte bei einem Monatseinkommen von ca. 3.400 DM neben den Klägern jedenfalls auch seinem weiteren Kind aus zweiter Ehe und seiner zweiten Ehefrau unterhaltspflichtig ist.
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht ein der Mutter der Kläger gemäß § 1577 Abs. 2 BGB nach Billigkeit zuzurechnendes eigenes Einkommen allerdings im Wege der Differenzmethode berücksichtigt. aa) Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2001 - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung - entschieden, daß die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mitbestimmt werden und hierdurch eine Verbesserung erfahren. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse umfassen alles, was während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten nicht nur vorübergehend tatsächlich von Bedeutung ist, mithin auch den durch die häusliche Mitarbeit des nicht erwerbstätigen Ehegat-
ten erreichten sozialen Standard (Senatsurteil BGHZ 148, 105, 115 f. = FamRZ 2001, 986, 989). Entsprechend orientiert sich auch die Teilhabequote an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen, so daß beide Ehegatten hälftig an dem durch Erwerbseinkommen einerseits, Haushaltsführung andererseits geprägten ehelichen Lebensstandard teilhaben. Nimmt der haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit auf oder erweitert er sie über den bisherigen Umfang hinaus, so kann sie als Surrogat für seine bisherige Familienarbeit angesehen werden, weil sich der Wert seiner Haushaltstätigkeit dann, von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen, in dem daraus erzielten oder erzielbaren Einkommen widerspiegelt. Wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung solche Einkünfte erzielt oder erzielen kann, die gleichsam als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Tätigkeit angesehen werden können, ist dieses Einkommen nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Senatsurteil BGHZ aaO 120 f.). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligt. Danach entspricht es dem gleichen Recht und der gleichen Verantwortung bei der Ausgestaltung des Ehe- und Familienlebens, auch die Leistungen, die jeweils im Rahmen der gemeinsamen Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbracht werden, als gleichwertig anzusehen. Deshalb sind die von den Ehegatten für die eheliche Gemeinschaft jeweils erbrachten Leistungen unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig. Auch der zeitweilige Verzicht eines Ehegatten auf Erwerbstätigkeit, um die Haushaltsführung oder die Kindererziehung zu übernehmen, prägt also die ehelichen Verhältnisse, wie die vorher ausgeübte Berufstätigkeit und die danach wieder aufgenommene oder angestrebte Erwerbstätigkeit (BVerfGE 105, 1, 11 f. = FamRZ 2002, 527, 529; vgl. auch Senatsurteile vom 5. Mai 2004 - XII ZR 10/03 - FamRZ 2004, 1170 und - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173).
bb) Ebenso hat der Senat bereits entschieden, daß bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß § 1578 BGB der sich im Surrogat fortsetzende Wert der Haushaltstätigkeit auch in den Fällen im Wege der Additions- oder Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist, "in denen ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bisher nicht als eheprägend in die Bedarfsbemessung einbezogen wurde, weil es durch eine unzumutbare und die ehelichen Lebensverhältnisse deshalb nicht nachhaltig prägende Erwerbstätigkeit erzielt wurde" (Senatsurteil BGHZ 148, 368, 381 = FamRZ 2001, 1687, 1691). Schon damit hatte der Senat seine frühere Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - XII ZR 117/96 - FamRZ 1998, 1501 m.w.N.) aufgegeben, wonach Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich nicht nachhaltig prägen können, weil der Unterhaltsberechtigte diese Tätigkeit jederzeit wieder aufgeben kann (zur Kritik an der früheren Rechtsprechung vgl. Scholz FamRZ 2002, 733, 734). Den Umfang des somit zu berücksichtigenden Einkommens hat der Senat bislang lediglich negativ dahin abgegrenzt, daß "bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß 1578 BGB nach der sogenannten Additions- bzw. Differenzmethode … ein vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil nicht einzubeziehen" ist (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518, 520 m.Anm. Büttner ). Denn auch als Surrogat kann nur der zu berücksichtigende Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens an die Stelle der eheprägenden früheren Haushaltstätigkeit oder Kindererziehung treten. Zu Recht hat das Berufungsgericht deswegen den nach den §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB zu bemessenden Anteil der überobligationsmäßigen Einkünfte (im folgenden: unterhaltsrelevanter Anteil) der Mutter der Kläger in die Differenzmethode einbezogen.
Soweit teilweise aus dieser Rechtsprechung des Senats hergeleitet wird, ein nicht unterhaltsrelevanter überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil sei im Wege der Anrechnungsmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Büttner Anm. zum Senatsurteil vom 22. Januar 2003 aaO), verkennt dieses die Rechtsprechung des Senats. Mit Urteil vom 22. Januar 2003 (aaO) hat der Senat lediglich ausgeführt, daß bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß § 1578 BGB der nicht unterhaltsrelevante Teil eines vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielten Einkommensanteils nicht in die sog. Additions- bzw. Differenzmethode einzubeziehen ist. Damit hat der Senat seinen schon zuvor angelegten Wechsel der Rechtsprechung fortgeführt und entschieden, daß nur der unterhaltsrelevante Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens die ehelichen Lebensverhältnisse prägen kann und deswegen bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen ist. Umgekehrt prägt der in Anwendung der §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse nicht. Das gilt allerdings in gleicher Weise auch für die Stufe der Bedarfsdeckung; auch insoweit ist nur der unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte einzubeziehen. Der nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte bleibt bei der Unterhaltsermittlung also vollständig unberücksichtigt. Denn eine Einbeziehung des nicht unterhaltsrelevanten Anteils der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte würde stets zu Ergebnissen führen, die mit der Rechtsprechung des Senats nicht vereinbar sind. Würde dieser Einkommensanteil im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt, widerspräche das schon allgemein der Surrogatrechtsprechung des Senats zur Bemessung des Umfangs der eheprägenden Haushaltstätigkeit bzw. Kindererziehung. Danach ist - von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheb-
lich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen - ein später erzieltes Einkommen regelmäßig mit dem gleichen Betrag sowohl als eheprägend und damit als bedarfsbegründend, als auch als bedarfsdeckend zu berücksichtigen, was der Anwendung der Additions- bzw. Differenzmethode entspricht. Zudem würde eine Berücksichtigung dieses Anteils stets zu untragbaren Ergebnissen führen. Denn würde auch dieser Einkommensanteil im Wege der Additions- oder Differenzmethode berücksichtigt, stünde der Unterhaltsberechtigte so wie ein Unterhaltsberechtigter , dem ein in gleicher Höhe erzieltes Einkommen in vollem Umfang zurechenbar ist und das deswegen insgesamt im Wege der Additionsbzw. Differenzmethode Berücksichtigung findet. Würde man den nicht unterhaltsrelevanten Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte hingegen im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigen, stünde der Unterhaltsberechtigte mit überobligationsmäßig erzielten Einkünften sogar schlechter als ein Unterhaltsberechtigter , dem ein in gleicher Höhe erzieltes Einkommen in vollem Umfang zurechenbar ist. Zu Recht und im Einklang mit dieser Surrogatrechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht deswegen dem unterhaltsrelevanten und somit eheprägenden Teil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte der geschiedenen Ehefrau des Beklagten auch im Rahmen der Bedarfsdeckung nur Einkünfte in diesem Umfang gegengerechnet. 3. Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das Oberlandesgericht bei der fiktiven Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs der Mutter der Kläger zu prüfen haben, ob die Anlage vermögenswirksamer Leistungen schon die ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe des Beklagten geprägt hat. Dann können diese Beträge, die auch während der Ehezeit für den Konsum nicht zur Verfügung standen, bei der fiktiven Bedarfsbemessung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Zwar sind vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers grund-
sätzlich Bestandteil des Arbeitsentgelts und daher lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. In Höhe der Zusatzleistungen des Arbeitgebers verbleiben sie allerdings anrechnungsfrei, weil sie dem Arbeitnehmer insoweit zweckgebunden nur für eine Vermögensanlage zur Verfügung stehen. In diesem Umfang sind die vermögenswirksamen Leistungen daher mit der Nettoquote von dem Arbeitsentgelt abzuziehen (vgl. unterhaltsrechtliche Leitlinien der Oberlandesgerichte Ziff. 10.6 sowie Luthin/Margraf aaO Rdn. 1086). Nur soweit der Beklagte über die zweckgebundenen vermögenswirksamen Leistungen seines Arbeitgebers hinaus Teile seines Arbeitsentgelts vermögenswirksam anlegt, sind diese als freiwillige Vermögensbildung von seinem Einkommen nicht absetzbar. Weiter wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Mutter der Kläger von einem Einkommen des Beklagten auszugehen ist, das den Splittingvorteil des Beklagten aus seiner zweiten Ehe außer Acht läßt (BVerfGE 108, aaO = FamRZ aaO, 1824).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Juli 1989 die Ehe geschlossen, aus der der im Februar 1994 geborene Sohn S. und der im April 1996 geborene Sohn T. hervorgegan- gen sind. Nach der Trennung zum Jahreswechsel 2002/2003 wurde die Ehe im Juni 2004 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Die gemeinsamen Kinder leben seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Der ältere Sohn S. leidet seit seiner Geburt unter ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom
).
- 4
- Die Klägerin ist Krankengymnastin und übte diesen Beruf bis zur Geburt des älteren Kindes in Vollzeit aus. Nach der Geburt der Kinder nahm sie ihren Beruf zunächst stundenweise wieder auf. Seit 1998 geht sie freiberuflich einer Teilzeitbeschäftigung in einer Gemeinschaftspraxis nach. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug im Jahre 2005 15 bis 18 Stunden, im Jahre 2006 ca. 20 Stunden und beläuft sich seit Januar 2007 auf jedenfalls 25 bis 30 Stunden. Der Beklagte ist als Verwaltungsleiter vollschichtig erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 in Höhe von monatlich 796 € verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und die Unterhaltspflicht des Beklagten - zeitlich gestaffelt - herabgesetzt, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 auf monatlich 405 € (81 € Altersvorsorgeunterhalt und 324 € Elementarunterhalt ) und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 € (76 € Altersvorsorgeunterhalt und 302 € Elementarunterhalt). Es hat die Revision zugelassen, "weil die Rechtssache wegen der Neuregelung des § 1578 b BGB grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil begehrt der Beklagte Abweisung der Klage für die Zeit ab Januar 2006.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regel- mäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B.
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Oberlandesgericht hat der Berufung des Beklagten nur teilweise stattgegeben, seine Unterhaltspflicht für die Zeit von Januar bis März 2008 auf monatlich 405 € und für die Zeit ab April 2008 auf monatlich 378 € herabgesetzt und eine zeitliche Befristung der Unterhaltspflicht abgelehnt.
- 12
- Bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Klägerin seien die steuerlich anerkannten Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zu berücksichtigen, weil ein entsprechender unterhaltsrechtlicher Bedarf nicht nachgewiesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739, 1745 Tz. 67 f.) seien für die Altersvorsorge der selbständig tätigen Klägerin maximal 20 % des Bruttoeinkommens sowie weitere 4 % als zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen. Für die Zeit ab 2007 ergebe sich aus der Teilzeiterwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden nach Abzug der Altersvorsorge sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 838 €.
- 13
- Nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Recht komme die Klägerin mit ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder ihrer Erwerbsobliegenheit in ausreichendem Maße nach. Gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB könne ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt beanspruchen. Die Neuregelung verlange jedoch keinen abrupten, übergangslosen Wechsel von einer Betreuung des Kindes hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Im Interesse des Kindes sei vielmehr auch in Zukunft ein gestufter , kontinuierlicher Übergang möglich. Der Betreuungsunterhalt verlängere sich, wenn dies der Billigkeit entspreche. Dafür seien in erster Linie kindbezogene Gründe ausschlaggebend, wobei auf eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes abzustellen sei. Dabei sei zwar auch von Bedeutung, ob eine geeignete andere Betreuungsmöglichkeit bestehe; eine Fremdbetreuung müsse jedoch zumutbar sein und mit dem Kindeswohl im Einklang stehen.
- 14
- Von der Klägerin könne aus solchen kindbezogenen Gründen keine Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt werden. Weil der ältere Sohn seit seiner Geburt unter ADS leide, bedürfe er nach wie vor einer intensiven Betreuung. Er habe Konzentrationsschwierigkeiten, könne sich nicht organisieren und entwickle keine Eigeninitiative. Ihm müsse eine Tagesstruktur vorgegeben und er müsse zu den Hausaufgaben angeleitet und dabei überwacht werden. Auch zu der erforderlichen täglichen Einnahme von Medikamenten müsse er angehalten werden. Er bedürfe somit einer ständigen Kontrolle, Hilfe und Anleitung durch die Klägerin. Ihr sei es deswegen nicht zumutbar, den Jungen einer Fremdbetreuung zu überlassen. Eine solche Fremdbetreuung entspreche auch nicht dem Kindeswohl, da der Sohn an die Betreuung durch die Mutter gewöhnt sei und diese den Betreuungsbedarf am besten einschätzen könne.
- 15
- Auch aus elternbezogenen Gründen, die auf der nachehelichen Solidarität beruhten und das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung schützten, sei der Klägerin noch keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Die während des ehelichen Zusammenlebens praktizierte Rollenverteilung einer Vollzeitbeschäftigung des Beklagten sowie der Kinderbetreuung durch die Klägerin stehe auch jetzt noch einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit entgegen. Aus Gründen der nachehelichen Solidarität sei es vielmehr geboten, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern.
- 16
- Der Beklagte sei gehalten, alle Steuervorteile auszunutzen und müsse sich deswegen einen Kinderfreibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Ein Freibetrag für den Realsplittingvorteil durch Unterhaltszahlungen an die Klägerin sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 171, 206, 221 f. = FamRZ 2007, 793, 797 Tz. 41 ff.) allerdings nicht zu verlangen, weil der Beklagte weder freiwillig Ehegattenunterhalt zahle, noch diesen anerkannt habe oder rechtskräftig dazu verurteilt sei. Unter Berücksichtigung seiner zusätzlichen Altersvorsorge von maximal 4 % ergebe sich ein Nettoeinkommen des Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 2.366 €. Davon sei der Zahlbetrag auf den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle abzusetzen. Daraus ergebe sich ein Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit von Januar bis März 2008 in Höhe von monatlich 405 € (81 € Altersvorsorgeunterhalt und 324 € Elementarunterhalt) und für die Zeit ab April 2008 in Höhe von monatlich 378 € (76 € Altersvorsorgeunterhalt und 302 € Elementarunterhalt).
- 17
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht nach § 1579 BGB verwirkt. Soweit der Beklagte eine höher dotierte Stelle als Verwaltungsdirektor nicht erhalten habe, weil die Klägerin ihren titulierten Unterhaltsanspruch mit Pfändungs - und Überweisungsbeschluss bei dem Arbeitgeber des Beklagten vollstrecke , sei dies der Klägerin nicht vorzuwerfen. Der Beklagte habe zwar zugesichert , den pfändbaren Betrag seines Einkommens freiwillig zu zahlen. Er habe aber auch darauf hingewiesen, dass er die Zusage nicht absichern könne. Im Hinblick auf das angespannte Verhältnis der Parteien sei es der Klägerin nicht vorwerfbar, wenn sie der Zusage des Beklagten nicht vertraue.
- 18
- Auch die Strafanzeigen der Klägerin gegen den Beklagten führten nicht zur Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs. Zwar könne eine bewusst wahrheitswidrige Strafanzeige gegen den Unterhaltspflichtigen zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen führen. Dies sei aber dann nicht der Fall, wenn die Vorwürfe zumindest teilweise berechtigt seien und der Unterhaltsberechtigte wegen des engen Zusammenhangs mit dem Rechtsstreit der Parteien in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Vorliegend habe der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die Strafanzeigen bewusst wahrheitswidrig erstattet habe. Der Beklagte habe nach dem Inhalt der einstweiligen Anordnung vom 18. Oktober 2005 monatlichen Unterhalt von 700 € für die Zeit vom 15. Februar bis Juni 2005 und von 708 € für die Zeit ab Juli 2005 zu zahlen, im Jahr 2005 aber keinen Ehegattenunterhalt geleistet. Wenn er trotz Auszahlung eines Veräußerungserlöses aus dem Verkauf des Hausgrundstücks in Höhe von ca. 33.000 € fehlende Leis- tungsfähigkeit vorgetragen und in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben habe, über kein Vermögen zu verfügen, könne die Strafanzeige wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Unterhaltsverletzung und Vollstreckungsvereitelung nicht als mutwillig bewertet werden. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung sei auch nur wegen geringer Schuld gemäß § 153 a StPO eingestellt worden.
- 19
- Die Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Dienstvorgesetzten des Beklagten seien zwar zu missbilligen, ebenfalls aber nicht geeignet, eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu begründen. Die Schreiben enthielten zwar eine Beleidigung und eine üble Nachrede. Der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 3 und Nr. 5 BGB sei unter Berücksichtigung aller Umstände allerdings nicht erfüllt. Denn dies setze ein schwerwiegendes vorsätzliches Vergehen voraus. Hier seien durch die Schreiben weder die Vermögensinteressen des Beklagten schwerwiegend gefährdet noch sein Arbeitsplatz gefährdet worden, denn der Beklagte habe nicht konkret dargelegt, dass ihm die Schreiben berufliche Nachteile gebracht hätten. Schließlich habe sich der Rechtsanwalt des Beklagten zuvor an die Mitarbeiter in der Gemeinschaftspraxis der Klägerin gewandt und deren Glaubwürdigkeit in Frage gestellt.
- 20
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Im Rahmen einer Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB seien die Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Außerdem sei entscheidend, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Eine über die dem § 1570 BGB immanente Begrenzung hinausgehende Beschränkung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt komme deswegen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.
- 21
- Hier scheide eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs schon mangels hinreichend sicherer Prognose über die weitere Entwicklung aus. Die Klägerin könne wegen der notwendigen Betreuung der Kinder, insbesondere des älteren Sohnes, derzeit noch keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, sodass die ehebedingten Nachteile für sie noch fortwirkten. Gegenwärtig sei noch nicht absehbar , ob und in welchem Umfang wegen der nur eingeschränkten Berufstätigkeit der Klägerin künftig weitere ehebedingte Nachteile entstehen könnten. Aus Billigkeitsgründen könne der Klägerin die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen nicht versagt werden, soweit und solange sie aufgrund der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder an einer Vollzeitbeschäftigung gehindert sei.
II.
- 22
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 23
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach dem neuen Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 24
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 19 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse der Kinder gewährt, um deren Betreuung und Erziehung sicher zu stellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 25
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will. Ein während dieser Zeit erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch und der betreuende Elternteil kann die bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Entscheidet er sich allerdings dafür, das Kind auf andere Weise betreuen zu lassen , und erzielt er eigene Einkünfte, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 20 f. m.w.N. und vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 115 f.).
- 26
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 22 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 27
- Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 28
- 2. Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 und 5 GG. Sie entfalten damit im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 24).
- 29
- a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII).
- 30
- Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8). Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 f. Tz. 25 f. m.w.N.).
- 31
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Das beschränkt sich nicht auf einen rein zeitlichen Aspekt, sondern erstreckt sich auch auf den Umfang der möglichen Betreuung. Umfasst etwa die mögliche Betreuung von Schulkindern in einem Hort auch die Hausaufgaben- betreuung, bleibt auch insoweit für eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil kein Bedarf.
- 32
- Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 27 m.w.N.). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, auch der konkrete Betreuungsumfang der kindgerechten Einrichtung und die Möglichkeit , auf einen eingeschränkten Gesundheitszustand des Kindes einzugehen.
- 33
- Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur noch vertretenen pauschalen Altersphasenmodelle hat der Senat ausdrücklich abgelehnt (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 28 m.w.N.). Die Betreuungsbedürftigkeit ist nun nach den individuellen Verhältnissen des Kindes zu ermitteln. Haben die Kinder allerdings ein Alter erreicht, in dem sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zeitweise sich selbst überlassen werden können, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf die vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen an.
- 34
- c) Nach diesem gesetzlich vorgegebenen Maßstab hat das Berufungsgericht die Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nicht ausreichend begründet.
- 35
- Es hat nicht festgestellt, ob im näheren Einzugsbereich eine kindgerechte Einrichtung existiert, die die Betreuung der beiden Söhne nach ihrem Schulbesuch einschließlich der Hausaufgabenhilfe ganztags sicherstellt. Soweit das Berufungsgericht unabhängig von der Existenz und dem Leistungsspektrum einer solchen kindgerechten Einrichtung eine persönliche Betreuung durch die Klägerin für erforderlich erachtet, hält die Entscheidung der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Auch wenn die ADS-Erkrankung des inzwischen 15 Jahre alten Sohnes nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts einen zusätzlichen Betreuungsbedarf begründet, sagt dies noch nichts darüber aus, durch wen eine solche zusätzliche Betreuung sichergestellt werden kann. Wie der problemlose Schulbesuch des Sohnes und seine sportlichen Aktivitäten zeigen, ist eine auswärtige Betreuung nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie hängt vielmehr vom konkreten Betreuungsangebot der kindgerechten Einrichtung ab. Weil das Berufungsgericht dazu keine Feststellungen getroffen hat, kann die Entscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen keinen Bestand haben.
- 36
- 3. Soweit die Betreuung der Kinder auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Solche elternbezogenen Gründe sind schon nach der Systematik des § 1570 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 37
- a) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Be- deutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte und verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn Kinder ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen werden, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall - abhängig von der Anzahl der Kinder und deren Gesundheitszustand - unterschiedlich sein kann. Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 32).
- 38
- b) Auch die Voraussetzungen solcher elternbezogener Verlängerungsgründe hat das Berufungsgericht hier nicht hinreichend festgestellt.
- 39
- Zwar hat es im Ansatz zutreffend darauf abgestellt, dass die Parteien während ihres ehelichen Zusammenlebens eine Rollenverteilung praktiziert hatten , wonach der Beklagte einer Vollzeitbeschäftigung nachging, während die Klägerin die Kinderbetreuung übernommen hatte und daneben lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübte. Diese Rollenverteilung führte allerdings schon nach dem früher praktizierten Altersphasenmodell (vgl. Ziffer 17.1 der Süddeutschen Leitlinien FamRZ 2005 1376, 1379) zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils, wenn das jüngste Kind die dritte Grundschulklasse begonnen hatte. Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes sollte lediglich eine teilweise Erwerbsobliegenheit, danach aber eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt werden.
- 40
- Entscheidend ist aber, dass auch im Rahmen der elternbezogenen Gründe nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden gesetzlichen Neuregelung nicht mehr allein auf das Lebensalter der Kinder, sondern auf die individuellen Umstände abgestellt werden muss. Ob und in welchem Umfang im Falle einer möglichen Vollzeitbetreuung der gemeinsamen Kinder in kindgerechten Einrichtungen gleichwohl noch eine überobligationsmäßige Belastung der Klägerin verbleibt, hat das Oberlandesgericht nicht geprüft. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum genauen Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit und zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder nach Beendigung einer Ganztagsbetreuung kann der Senat auch insoweit nicht abschließend entscheiden.
- 41
- 4. Das angefochtene Urteil ist deswegen insoweit aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 42
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 43
- 1. Das Oberlandesgericht hat den Verwirkungseinwand des Beklagten zu Recht zurückgewiesen.
- 44
- a) Soweit der Beklagte einen Verwirkungsgrund nach § 1579 Nr. 5 BGB darin sieht, dass die Klägerin nicht auf ihre Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für ihren Unterhaltsanspruch verzichtet hat, was seine Beförderung zum Verwaltungsdirektor mit einem um 300 € monatlich höheren Einkommen verhindert habe, hat das Oberlandesgericht dies zu Recht abgelehnt.
- 45
- aa) Der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB setzt objektiv einen gravierenden Verstoß des Unterhaltsberechtigten voraus, wie sich aus der Wortwahl "schwerwiegende" und "hinwegsetzen" gibt. Damit stellt die Vorschrift nicht allein auf den Umfang der Vermögensgefährdung ab, sondern auch auf die Intensität der Pflichtverletzung (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327).
- 46
- bb) Weil der Beklagte im Jahr 2005 keinen Betreuungsunterhalt an die Klägerin geleistet hatte, hatte das Amtsgericht ihm mit einstweiliger Anordnung vom 18. Oktober 2005 aufgegeben, monatlichen Unterhalt für die Zeit bis Juni 2005 in Höhe von 700 € und für die Zeit ab Juli 2005 in Höhe von 708 € zu zahlen. Diese Zahlungsverpflichtung wurde durch das vorläufig vollstreckbare Urteil des Amtsgerichts auf monatlich wechselnde Beträge, zuletzt für die Zeit ab Februar 2006 auf monatlich 796 € sogar erhöht. Aufgrund dieser Unterhaltstitel hatte die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Arbeitgeber des Beklagten erwirkt, woraus sie Teilbeträge auf den geschuldeten Unterhalt erhielt. Mit Schreiben vom 18. April 2006 forderte der Beklagte die Klägerin auf, auf ihre Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu verzichten, um seine in Aussicht genommene Beförderung zum Verwaltungsdirektor nicht zu gefährden. Ergänzend wies er allerdings darauf hin, dass er seine Zusage zur fortlaufenden Zahlung der pfändbaren Beträge nicht absichern könne. In dieser Situation hat das Berufungsgericht die fortdauernde Vollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu Recht als Wahrnehmung berechtigter Interessen der Klägerin und nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung im Sinne des § 1579 Nr. 5 BGB angesehen.
- 47
- b) Auch die Strafanzeigen der Klägerin gegen den Beklagten hat das Oberlandesgericht zutreffend nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung eingestuft , die zu einer Verwirkung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1579 Nr. 3 oder 5 BGB führen könnten (vgl. insoweit Senatsurteil vom 24. Oktober 2001 - XII ZR 284/99 - FamRZ 2002, 23, 25 f.).
- 48
- Die Anzeigen wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Vollstreckungsvereitelung und Unterhaltspflichtverletzung sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls nicht aus der Luft gegriffen. Obwohl der Beklagte im Jahre 2005 aus der Veräußerung des Hausgrundstücks rund 33.000 € erhalten hatte, hatte er sich auf Leistungsunfähigkeit berufen und im gesamten Jahr 2005 keinen Ehegattenunterhalt gezahlt. Selbst wenn die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung und Vollstreckungsvereitelung letztlich mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, steht der vom Oberlandesgericht festgestellte Sachverhalt einer schwerwiegenden Pflichtverletzung durch die Klägerin entgegen. Hinzu kommt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen falscher eidesstattlicher Versicherung wegen geringer Schuld nach § 153 a StPO eingestellt worden ist. Jedenfalls insoweit hat die Staatsanwaltschaft also ein strafbares Verhalten festgestellt und die Klägerin hat bei ihren Strafanzeigen im Rahmen der Vollstreckung ihres Unterhaltsanspruchs in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt.
- 49
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Verwirkung der Unterhaltsansprüche der Klägerin wegen ihrer Schreiben an die Dienstvor- gesetzten des Beklagten abgelehnt (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1981 - IVb ZR 622/80 - NJW 1982, 100, 101).
- 50
- Zwar setzt der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB nicht voraus, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entstanden ist; vielmehr genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327). Eine solche schwerwiegende Vermögensgefährdung folgt aber nicht schon daraus , dass die Kenntnis des Arbeitgebers von einer erheblichen strafrechtlichen Verurteilung grundsätzlich auch Auswirkungen auf den Beamtenstatus und den Arbeitsplatz des Verurteilten haben kann. Dies setzt aber eine strafrechtliche Verurteilung voraus. Die Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen sind dann primär nicht durch die Mitteilung an den Arbeitgeber, sondern durch das vorangegangene eigene strafbare Verhalten gefährdet.
- 51
- Soweit das Oberlandesgericht den Schreiben der Klägerin an die Vorgesetzten der Beklagten auch sonst keinen Verwirkungsgrund entnommen hat, hält dies den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die Vorwürfe der Klägerin entstammten dem Unterhaltsrechtsstreit der Parteien und waren - wie bereits ausgeführt - nicht aus der Luft gegriffen. Sie waren an den Arbeitgeber des Beklagten gerichtet, bei dem bereits eine Lohnpfändung durchgesetzt werden musste, die nur Teile des Unterhaltsanspruchs sicherstellte. Hinzu kommt, dass der Beklagte sich zuvor über seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich an die Mitarbeiterinnen der Gemeinschaftspraxis der Klägerin und somit an unbeteiligte Dritte gewandt hatte, um daraus Vorteile für seine Rechtsposition zu erzielen. Dabei hatte er der Klägerin unterstellt, die Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen seien nicht zutreffend, was die Reaktion der Klägerin in einem milderen Licht darstellt. Wenn das Oberlandesgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung des beiderseitigen Verhaltens ein schwerwiegendes vorsätzliches Ver- gehen der Klägerin abgelehnt hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
- 52
- d) Schließlich führt auch die Gesamtheit der genannten Umstände nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin. Denn sie hat in Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen gehandelt und dem Beklagten eine falsche eidesstattliche Versicherung vorgeworfen, was sich nachträglich sogar als strafrechtlich relevant erwiesen hat. Soweit sie mit den Vorwürfen gegen den Beklagten an dessen Dienstvorgesetzten getreten ist, hat das Oberlandesgericht zutreffend darauf abgestellt, dass auch der Beklagte die Klägerin gegenüber unbeteiligten Dritten als nicht glaubwürdig dargestellt hat.
- 53
- Hinzu kommt, dass der Klägerin hier Betreuungsunterhalt zugesprochen wurde, der vor allem die Interessen der gemeinsamen Kinder berücksichtigt. Da der Klägerin bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 838 € für die Zeit ab Januar 2008 lediglich weiterer Elementarunterhalt in Höhe von 324 € bzw. 302 € zugesprochen wurde, bleibt schon im Hinblick auf die beengten finanziellen Verhältnisse kaum Raum für eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen.
- 54
- 2. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht eine Befristung oder Begrenzung eines möglichen Anspruchs der Klägerin auf Betreuungsunterhalt abgelehnt.
- 55
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und eltern- bezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 42 m.w.N.).
- 56
- b) Auch eine Begrenzung eines Betreuungsunterhalts der Klägerin vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung kommt gegenwärtig nicht in Betracht.
- 57
- Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings einerseits voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 774 Tz. 44 m.w.N.).
- 58
- Diese Voraussetzungen hat das Oberlandesgericht hier in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt. Auf der Grundlage einer noch eingeschränkten Erwerbsobliegenheit verfügt die Klägerin lediglich über monat- liche Nettoeinkünfte in Höhe von 838 €. Zuzüglich des vom Oberlandesgericht für die Zeit ab April 2008 zugesprochen Elementarunterhalts liegen die Einkünfte der Klägerin allenfalls unwesentlich über ihrem angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung ohne ehebedingte Nachteile. Wenn das Oberlandesgericht im Hinblick darauf eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 20.01.2006 - 2 F 107/05 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 30.06.2008 - 5 UF 36/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Januar 2000 die Ehe geschlossen, aus der ihr im November 2001 geborener Sohn hervorgegangen ist. Nach der Trennung im September 2003 wurde die Ehe im April 2006 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Seit 2005 besuchte er eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung, seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16.00Uhr in einen Hort. Er leidet unter chronischem Asthma.
- 4
- Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungs - und Aufstockungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab November 2007 in Höhe von monatlich 837 € verurteilt. Das Kammergericht hat die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 € für die Zeit ab November 2007 und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt hat, zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, "weil die Fragen, ob die Klägerin aufgrund des seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrechts gehalten ist, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen und ihr Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen ist, grundsätzliche Bedeutung haben".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil verfolgt der Beklagte seine Berufungsanträge in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
A
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2008, 1948 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gegenwärtig nicht in Betracht komme.
- 12
- Die für die Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe schlüssig dargelegt, dass es ihr aus Kindeswohlgründen derzeit nicht zumutbar sei, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das gemeinsame Kind sei im November 2007 erst sechs Jahre alt geworden und gehe seit September 2007 zur Schule. Es leide unstreitig an chronischem Asthma. Selbst wenn der Gesetzgeber für das neue Unterhaltsrecht das frühere Altersphasenmodell aufgegeben habe, folge daraus nicht automatisch , dass der betreuende Elternteil mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu verweisen sei. Vielmehr entspreche es jedenfalls bei der hier gegebenen Konstellation der Billigkeit, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern. Eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils beeinträchtige auch die Belange des Kindes. Ein gerade erst eingeschultes Kind benötige noch die Zuwendung und Betreu- ung eines Elternteils, was mit erheblichem zeitlichem Aufwand verbunden sei. Jedes Kind solle sich darauf verlassen können, dass es jedenfalls nach einem Hortbesuch zu Hause auf einen Elternteil treffe, der genügend Zeit habe, sich ihm zu widmen und nicht durch die Führung des Haushalts oder andere der Grundversorgung dienende Tätigkeiten daran gehindert sei.
- 13
- Die Klägerin sei nicht darauf verwiesen, die Großeltern mütterlicherseits oder andere Privatpersonen zu Betreuungszwecken in Anspruch zu nehmen, weil das Kind sich nicht zugunsten des unterhaltspflichtigen Elternteils darauf verweisen lassen müsse, zwischen den einzelnen Betreuungsinstitutionen hin und her geschoben zu werden, damit der betreuende Elternteil seinen Lebensunterhalt verdienen oder berufliche Nachteile ausgleichen könne. Eine regelmäßige Inanspruchnahme dritter Bezugspersonen neben der Hortbetreuung stelle eine Zumutung dar, zumal die Klägerin ohnehin im Falle einer Erkrankung des Kindes auf diese Betreuungsmöglichkeit angewiesen sei. Schließlich sei die Klägerin bereits jetzt zu fast 70 % teilschichtig erwerbstätig.
- 14
- Vom Nettoeinkommen des Beklagten seien keine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen, weil es sich bei den wesentlichen Aufwendungen für die Eigentumswohnung nicht um Erhaltungs-, sondern um Modernisierungsarbeiten handele, die in den hier relevanten Folgejahren nicht entstünden. Es seien deswegen insoweit zusätzliche Einnahmen in Höhe von 389 € monatlich zu berücksichtigen. Vom Nettoeinkommen der Klägerin seien neben den Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung auch weitere Aufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge abzusetzen. Die Aufwendungen seien allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf 4 % des Bruttoeinkommens, also auf rund 105 €, begrenzt.
- 15
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Zwar lege die Aufspaltung des Unterhaltsanspruchs in einen Basisunterhalt von drei Jahren und einen Folgeunterhalt aus kind- und ehebezogenen Gründen nahe, in Anknüpfung an den Verlängerungsgrund eine Befristung auszusprechen, soweit der Wegfall des Verlängerungsgrundes absehbar sei. Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt sei aus sich heraus durch die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes begrenzt, dessen genaue Dauer nicht exakt absehbar sei. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs und eine Verweisung des betreuenden Elternteils auf eine prozessuale Durchsetzung seines künftigen Anspruchs widersprächen auch dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Denn der Anspruch solle die wirtschaftlichen Grundlagen für eine stabile Betreuungs- und Lebenssituation schaffen.
- 16
- Zurzeit komme eine Befristung schon deswegen nicht in Betracht, weil die weitere Entwicklung des Kindes nicht vorhersehbar sei. Außerdem könne noch keine sichere Prognose abgegeben werden, ob und in welchem Umfang der Klägerin infolge der Kindesbetreuung weitere ehebedingte Nachteile entstünden. Derzeit stehe lediglich fest, dass die Klägerin wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes keine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausüben könne. Ehebedingte Nachteile könnten sich daraus ergeben, dass sie wegen der Kindesbetreuung nicht an wichtigen Fortbildungsveranstaltungen oder Klassenfahrten teilnehmen könne. Eine Herabsetzung vom eheangemessenen auf den angemessenen Unterhaltsbedarf nach der eigenen Lebensstellung der Klägerin als Studienrätin komme ebenfalls nicht in Betracht. Zwar beruhe der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur teilweise auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und im Übrigen auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs komme aber nur in Betracht, wenn die Unterhaltspflicht in Höhe des eheangemessenen Bedarfs für den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Belange des gemeinsamen Kindes unbillig sei.
II.
- 17
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 18
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 19
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 20
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber die Regelung übernommen, die er mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 2942) für den Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes in § 1615 l Abs. 2 BGB eingeführt hatte. Der betreuende Elternteil kann danach frei entscheiden, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will (vgl. Dose Jugendamt 2009, 1).
- 21
- Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er allerdings eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
- 22
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 23
- Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe , die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 24
- 2. Die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden kindbezogenen Verlängerungsgründe finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 GG, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht ist. Da den nichtehelich geborenen Kindern nach Art. 6 Abs. 5 GG durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind wie den ehelichen Kindern, sind kindbezogene Verlängerungsgründe bei den Ansprüchen auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB und auf Unterhalt bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen in § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB und § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB deswegen auch wortgleich ausgestaltet. Wegen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes der Kinder sind diese Verlängerungsgründe stets vorrangig zu prüfen und entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 3).
- 25
- a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; Puls FamRZ 1998, 865, 870 f.; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; zur früheren Regelung in § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. schon Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, 1365).
- 26
- Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist.
- 27
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (BVerfGE FamRZ 2007, 965, 968; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998; OLG München FamRZ 2008, 1945 f.; vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 67; Viefhues ZFE 2008, 44, 45; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.; Graba FamRZ 2008, 1217, 1221 f.; Zimmermann FPR 2009, 97, 98). Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (vgl. Meier FamRZ 2008, 101, 104).
- 28
- Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (OLG Köln FamRZ 2008, 2119, 2129; OLG Celle FF 2009, 81, 82; wohl auch OLG Jena FamRZ 2008, 2203, 2205; Wellenhofer FamRZ 2007, 1282, 1283; Büttner FPR 2009, 92, 94; Leitlinien des OLG Hamm unter Nr. 17.1.1 NJW 2008 Beilage zu Heft 10 S. 50; vgl. dazu Born FF 2009, 92, 94 ff. und Borth FamRZ 2008, 1, 6), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.
- 29
- c) Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. schwere Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten.
- 30
- Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.
- 31
- 3. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Wie sich schon aus der Systematik des § 1570 BGB ergibt, sind elternbezogene Verlängerungsgründe im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 32
- Diese Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.
- 33
- 4. Diesen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trägt die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung.
- 34
- a) Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Klägerin vorrangig auf das Alter des gemeinsamen Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kind nach Beendigung der Schulzeit bis 16.00 Uhr einen Hort aufsucht. Die Beaufsichtigung und Betreuung des Kindes ist deswegen werktäglich bis 16.00 Uhr sichergestellt. Weil das Berufungsge- richt über die pauschale Angabe, das Kind leide unter chronischem Asthma, hinaus keine konkreten Auswirkungen festgestellt hat, sind auch keine Umstände ersichtlich, die zusätzliche Betreuungsleistungen der Klägerin in der Zeit bis 16.00 Uhr erfordern könnten. Andererseits hat das Berufungsgericht auch nicht festgestellt, dass die Klägerin als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16.00 Uhr hinaus berufstätig sein müsste. Kindbezogene Gründe für eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit und somit für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus hat das Berufungsgericht damit nicht festgestellt.
- 35
- Auch die Billigkeitsabwägung, ob elternbezogene Gründe, insbesondere der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung, zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führen , obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Senat nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des Kammergerichts im Ergebnis gerechtfertigt sein. An den hierzu erforderlichen Feststellungen fehlt es indessen. Denn das Berufungsgericht hat im Rahmen der kindbezogenen Gründe vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und deswegen schon kindbezogene Verlängerungsgründe angenommen. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit oder zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes nach Beendigung der Hortbetreuung, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 36
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 37
- 1. Soweit sich die Revision auch gegen die Unterhaltsberechnung wendet , sind ihre Angriffe gegen das angefochtene Urteil nicht begründet.
- 38
- a) Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Einkommen des Beklagten - abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts - zusätzliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 389 € hinzugerechnet. Zwar hatte der Beklagte in der für die Einkommensbemessung herangezogenen Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 erhebliche Beträge für die Badsanierung investiert. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber darauf abgestellt, dass es sich dabei um einmalige Modernisierungsarbeiten und nicht um wiederkehrenden Erhaltungsaufwand handelt. Im Rahmen der Prognose für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 kann deswegen nicht von derartigen Kosten ausgegangen werden.
- 39
- b) Auch soweit die Revision die Bemessung des Einkommens der Klägerin angreift, hat dies - vorbehaltlich des Umfangs ihrer Erwerbsobliegenheit - keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat von den Kosten der Klägerin für ihre Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung einen Anteil von 4 % ihres Bruttoeinkommens abgesetzt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1822). Danach ist sowohl ein Unterhaltspflichtiger als auch ein Unterhaltsberechtigter im Rahmen des Ehegattenunterhalts berechtigt, von seinen eigenen Einkünften 4 % des Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersvorsorge zu verwenden. Jedenfalls unter Berücksichtigung der jüngsten Kürzungen der Beamtenpensionen gilt dies auch für die Klägerin als Lehrerin.
- 40
- 2. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hat das Berufungsgericht gegenwärtig noch zu Recht abgelehnt.
- 41
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts ist jedenfalls nicht schon nach der Systematik des § 1570 BGB geboten. Danach steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zu. Der Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhalt bilden somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 4 f.). Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen, ist ein künftiger Betreuungsunterhalt abzuweisen (Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 83).
- 42
- b) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 155; Peschel-Gutzeit Unterhaltsrecht aktuell Rdn. 57; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 Rdn. 335; Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1578 b BGB Rdn. 5).
- 43
- c) Soweit nach bisheriger Rechtsprechung des Senats hier neben einem Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt noch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Betracht kommen sollte (vgl. insoweit Senatsurteile vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407 f. [zu § 1572 BGB]; vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 [zu § 1571 BGB] und vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. [zu § 1570 BGB]; so auch Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rdn. 423 ff.; a.A. für das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 76 und FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 355; vgl. auch OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450) scheidet eine Befristung schon mangels hinreichend klarer Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus. Einer Befristung dieses Anspruchs steht aber auch entgegen , dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar ist, ob die Klägerin infolge der Kindererziehung ehebedingte Nachteile erlitten hat oder noch erleiden wird.
- 44
- d) Zu Recht hat das Berufungsgericht hier auch noch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin der Höhe nach - vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung - abgelehnt. Zwar kommt eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt (Graba FamRZ 2008, 1217, 1222). Besonders in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung bis auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung des gemeinsamen Kindes trotz des abgesenkten Un- terhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, während eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Soweit das Berufungsgericht hier eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, weil der Umfang eventueller ehebedingter Nachteile noch nicht hinreichend feststehe , ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 29.08.2007 - 20 F 5145/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.04.2008 - 18 UF 160/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten noch um Ansprüche der Klägerin zu 1 (im Folgenden : Klägerin) auf Betreuungsunterhalt für die Zeit ab März 2003.
- 2
- Die Klägerin und der Beklagte hatten sich 1996 kennen gelernt, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und den am 1. März 1995 geborenen ehelichen Sohn K. versorgte. Vor der Geburt dieses Kindes hatte sie als Fernmeldetechnikerin monatlich 1.335 € erzielt. Wegen der Pflege und Erziehung des ehelichen Kindes erhielt sie von ihrem damaligen Ehemann Betreuungsunterhalt, dessen Höhe zwischen den Parteien streitig ist.
- 3
- Als die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter K. der Parteien schwanger war, zogen diese in eine gemeinsame Wohnung und vereinbarten, dass der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin keinen Unterhalt mehr zahlen müsse, was ihm auch mitgeteilt wurde. Die Tochter K. wurde am 28. Dezember 1997 geboren. Die Klägerin war bereits wieder stundenweise berufstätig, als sie im Jahre 2000 erneut von dem Beklagten schwanger wurde. Sie trug das Kind trotz eines zunächst beabsichtigten Schwangerschaftsabbruchs aus, weil sie u.a. die psychischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs fürchtete. Am 12. Januar 2001 wurde der gemeinsame Sohn N. geboren. Im Juni 2002 trennten sich die Parteien innerhalb der gemeinsamen Wohnung. Auf Wunsch der Klägerin wurde die Beziehung im Dezember 2002 vollständig beendet, indem der Beklagte auszog.
- 4
- Der Beklagte ist seit August 1997 geschäftsführender Mitgesellschafter einer GmbH und bezieht ein Geschäftsführergehalt, das sich nach den Gesellschafterbeschlüssen für die Zeit bis September 2002 auf monatlich 4.090 € (= jährlich 49.080 €) sowie für die Zeit von Oktober bis Dezember 2002 auf monatlich 3.290 € belief und für die Zeit ab Januar 2003 monatlich 3.300 € beträgt. Zusätzlich steht ihm ein Pkw zur Verfügung, den er jedenfalls bis August 2003 auch privat unentgeltlich nutzen durfte. Aus der Untervermietung einer Mietwohnung erzielt der Beklagte weitere Einnahmen. Seit dem Jahre 2003 betreibt er außerdem eine Internet-Partnerschaftsagentur.
- 5
- In der hier relevanten Zeit ab März 2003 zahlte der Beklagte an die Klägerin neben dem Kindesunterhalt zunächst monatlichen Betreuungsunterhalt in Höhe von 200 €. Auf eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 26. August 2003 zahlte der Beklagte für die Zeit von Juni 2003 bis Januar 2004 Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 638 €. Seitdem zahlt er keinen Unterhalt mehr.
- 6
- Seit Februar 2004 ist die Klägerin mit einem neuen Freund zusammen. Der Beklagte ist seit dem 27. Oktober 2004 verheiratet.
- 7
- Die Parteien streiten darüber, ob sich das unterhaltsrelevante Gesamteinkommen des Beklagten seit dem Jahre 2002 verringert hat, ob die Klägerin mit ihrem neuen Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen wohnt und ob und für welche Dauer ihr Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hinaus zusteht.
- 8
- Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von März bis November 2003 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von insgesamt 1.314 € und für die Zeit von Dezember 2003 bis Januar 2007 laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 638 € zu zahlen. Die Widerklage des Beklagten auf Rückzahlung eines Teils des auf Grund der einstweiligen Anordnung geleisteten Unterhalts hat es abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von März bis Juli 2003 in Höhe von insgesamt 2.669 € sowie laufenden Unterhalt für die Zeit ab August 2003 bis einschließlich Januar 2007 in unterschiedlicher Höhe, zuletzt in Höhe von monatlich 216 €, zu zahlen. Auch das Berufungsgericht hat die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin auf die Zeit bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes begrenzt. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision der Klägerin und die unselbständige Anschlussrevision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
I.
- 9
- Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten wenden sich lediglich gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts zum Betreuungsunterhalt der Klägerin. Beide Rechtsmittel sind begründet und führen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
II.
- 10
- Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 1772 veröffentlicht ist, hat der Klage sowohl zur Höhe als auch zur Dauer des Betreuungsunterhalts lediglich teilweise stattgegeben. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:
- 11
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Höhe des - bis Januar 2004 dem Grunde nach unstreitigen - Unterhaltsanspruchs bemesse sich gemäß den §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach den Lebensverhältnissen der Klägerin im Zeitpunkt vor der Geburt. Streitig sei allerdings, auf welchen Zeitpunkt abzustellen sei, wenn die Kindesmutter zuvor für längere Zeit in eheähnlicher Gemeinschaft mit dem Vater zusammengelebt und einen seinen Einkommensverhältnissen entsprechenden Lebensstil geführt habe. Teilweise werde vertreten, der Vater müsse der Mutter lediglich die Kinderbetreuung durch Zahlung der Mindestunterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle ermöglichen, nicht aber Unterhalt nach den früheren gemeinsamen Verhältnissen leisten, da die eheähnliche Gemeinschaft keine Lebensstandardgarantie begründe. Nach anderer Auffassung sei entscheidend, ob die Mutter in einer eheähnlichen Gemeinschaft nachhaltig unterhalten worden sei und das Lebensverhältnis mit dem Vater des Kindes die eigene Lebensstellung entsprechend geprägt habe. In einem solchen Fall sei der Betreuungsunterhalt - wie beim Ehegattenunterhalt - nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts als Quotenunterhalt zu berechnen. Dieser letztgenannten Auffassung sei zu folgen.
- 12
- Es sei nicht sachgerecht, den angemessenen Bedarf der Klägerin auf der Grundlage der Einkünfte vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes oder sogar auf der Grundlage ihres früheren Einkommens zu bemessen. Eine solche Bedarfsbemessung sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes infolge der durch die Geburt notwendigen Betreuung an der Beibehaltung ihres bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Einkommens gehindert sei. Notwendig sei also eine Kausalität zwischen dem Betreuungsbedarf des Kindes einerseits und den Einkommenseinbußen der Mutter andererseits, wie dies in § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich festgelegt sei. Davon könne hier schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil die Parteien zwei gemeinsame Kinder hätten und im Rahmen der Bedarfsbemessung deswegen nicht auf den Zeitraum vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes abgestellt werden könne, wie dies von den Parteien und dem Amtsgericht vertreten werde. Gingen aus der nichtehelichen Gemeinschaft mehrere Kinder hervor, könne für die Entstehung und die Dauer des Unterhaltsanspruchs nur die Geburt des letzten gemeinsamen Kindes maßgeblich sein. Auch dürfe der Unterhalt in solchen Fällen nicht auf einen Mindestbedarf begrenzt werden, da bei mehreren aus der Beziehung hervorgegangenen Kindern davon ausgegangen werden müsse, dass die Partner sich auf ein länger andauerndes Zusammenleben eingestellt hätten mit der Folge, dass die Verhältnisse bei Geburt des letztgeborenen Kindes auch für die Lebensverhältnisse der Mutter prägend seien. Dies führe im Umkehrschluss allerdings auch dazu, dass die Mutter Veränderungen , insbesondere Einkommenseinbußen des Vaters, ebenso mittragen müsse, wie sie dies bei einer Fortdauer des Zusammenlebens hätte tun müssen.
- 13
- Da der Beklagte sein Einkommen nicht in ausreichender und nachvollziehbarer Weise dargelegt habe, sei für die hier maßgebende Zeit ab März 2003 von seinen Einkünften als Geschäftsführer im Jahre 2002 sowie von den weiteren Einkünften gemäß dem für dieses Steuerjahr vorliegenden Einkommensteuerbescheid auszugehen. Geringere Einkünfte seien nicht anzusetzen, obwohl der Beklagte Gesellschafterbeschlüsse vorgelegt habe, wonach Umsatzeinbrüche zu einem geringeren Einkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit geführt hätten, was auch durch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 belegt sei. Denn abgesehen davon, dass der Beklagte keine aktuelle Gehaltsbescheinigung vorgelegt habe, betreibe er unstreitig neben seiner Geschäftsführertätigkeit eine Internet-Agentur, deren Existenz er nicht offen gelegt habe und zu der nach wie vor jegliche Angaben und Belege fehlten. Weiter erziele der Beklagte Einnahmen aus Vermietung, ohne dass er die Höhe hinreichend belegt habe. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 weise solche Einnahmen nicht aus, obwohl der Beklagte selbst einräume, jedenfalls in diesem Jahr solche Gewinne erzielt zu haben. Hinzu komme, dass der Beklagte ausweislich seiner vorgelegten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 und 2003 über Einkünfte aus Kapitalvermögen verfüge, die er ebenfalls im Verlauf des Verfahrens nicht freiwillig offenbart habe. Weil die Einkommenssituation des Beklagten für den maßgeblichen Zeitraum ab März 2003 in keiner Weise nachvollziehbar sei, müsse er sich an den für das Jahr 2002 festgestellten Ein- nahmen festhalten lassen. Auch die im Jahre 2002 geflossene Tantieme für das Jahr 2001 müsse der Beklagte sich anrechnen lassen, zumal er diesen Betrag nach seinem eigenen Vortrag als Darlehen an die Gesellschaft gegeben habe und ihm somit ein entsprechend werthaltiger Rückzahlungsanspruch zustehe. Die private Nutzung des dienstlich zur Verfügung stehenden Pkw sei auch für die Zeit ab August 2003 Einkommens erhöhend zu berücksichtigen. Denn er nutze dieses Fahrzeug auch privat und erlange somit einen geldwerten Vorteil. Der Wert dieses Nutzungsvorteils sei anhand der Kosten zu bemessen, die sonst für die Vorhaltung eines Mittelklassewagens aufzuwenden wären, also mit 200 € monatlich. Aus steuerlicher Sicht sei ihm dieser Nutzungsvorteil allerdings lediglich bis Juli 2003 zuzurechnen gewesen, so dass sich sein zu versteuerndes Einkommen für die Folgezeit entsprechend vermindere.
- 14
- An Vorsorgeaufwendungen sei von den Einkünften des Beklagten neben der Direktversicherung mit monatlich 153,39 € nicht die gesamte Lebensversicherungsprämie abzusetzen, sondern lediglich ein Anteil, der sich auf 19,5 % seines Geschäftsführergehalts belaufe. Auch eine fünfprozentige Pauschale sei von den Einkünften des Beklagten nicht in Abzug zu bringen, da berufsbedingte Aufwendungen eines geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH bereits bei der Gewinnermittlung berücksichtigt seien und regelmäßig von der Gesellschaft getragen würden. Das sei hier umso mehr sachgerecht, als der Beklagte auch nach dem unterbliebenen Abzug im amtsgerichtlichen Urteil nicht vorgetragen habe, welche berufsbedingten Aufwendungen konkret vorhanden seien und nicht von der GmbH übernommen würden. Von dem so ermittelten Einkommen schulde der Beklagte vorrangig Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder, und zwar für 2003 nach der 8. Einkommensgruppe und für die Zeit ab 2004 nach der 9. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle.
- 15
- Der Klägerin seien fiktive Einkünfte in Form eines Unterhaltsanspruchs gegen ihren früheren Ehemann zuzurechnen, der wegen der fortdauernden Betreuung des ehelichen Kindes nach der Trennung von dem Beklagten wieder auflebe. Der Unterhaltsanspruch lebe jedenfalls dann wieder auf, wenn eine Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu einem neuen Lebenspartner, die zunächst eine objektive Unzumutbarkeit im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB (jetzt § 1579 Nr. 2 BGB) begründet habe, beendet sei. Anders sei die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn die Belastung durch eine wieder auflebende Unterhaltspflicht für den Unterhaltspflichtigen die Zumutbarkeitsgrenze überschreite. Dies sei bei Erziehung minderjähriger gemeinsamer Kinder regelmäßig nicht der Fall. Der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann lebe allerdings erst ab dem Zeitpunkt wieder auf, ab dem der Beklagte die Klägerin darauf verwiesen habe und sie dies ihrem früheren Ehemann habe mitteilen können und müssen. Das sei erst für die Zeit ab Juni 2003 der Fall. Zur Höhe sei der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann durch den Mindestbedarfssatz der Düsseldorfer Tabelle begrenzt. Dabei sei zu berücksichtigen , dass nur eines der drei von der Klägerin betreuten Kinder aus ihrer früheren Ehe stamme. Der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann belaufe sich deswegen allenfalls auf 1/3 des Mindestbedarfs der Klägerin. Dieser Anspruch sei zusätzlich zu kürzen, weil die Klägerin im Hinblick auf das Alter des ehelichen Kindes im Verhältnis zu ihrem früheren Ehemann zu einer Teilzeittätigkeit verpflichtet sei, die aber noch nicht das Ausmaß einer Halbtagstätigkeit erreichen müsse. Anzusetzen seien deswegen lediglich 2/3 des mit 1/3 des Mindestbedarfs angesetzten Betrages, also (730 € : 3 = 243,33 € x 2 : 3 =) 162 €.
- 16
- Der Vorteil, den der Beklagte durch seine Heirat im Jahre 2004 steuerlich erlangt habe, sei bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nicht zu berücksichtigen, weil diese an dem Splittingvorteil des Beklagten nicht partizipieren dürfe. Das unterhaltsrelevante Einkommen sei deswegen fiktiv nach der Grundtabelle zu ermitteln. Soweit von dem Einkommen des Beklagten vorab der Kindesunterhalt abzuziehen sei, sei dieser ebenfalls auf der Grundlage eines Einkommens nach der Grundtabelle zu ermitteln. Dass der Beklagte tatsächlich höheren Kindesunterhalt nach dem gegenwärtig erzielten Nettoeinkommen schulde, stehe dieser Berechnung nicht entgegen, da dies im Verhältnis zur Klägerin ohne Bedeutung sei.
- 17
- Für die Zeit ab Eheschließung des Beklagten reduziere sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin erheblich, weil der Beklagte ab dann seiner neuen Ehefrau unterhaltspflichtig sei, der nach § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB a. F. vorrangig Unterhalt zustehe. Eigene Einkünfte der Ehefrau des Beklagten seien nicht zu berücksichtigen, weil sie bislang trotz ausreichender Suche keinen Arbeitsplatz gefunden habe. Ausgangspunkt für die Ermittlung dieses Unterhaltsanspruchs der Ehefrau des Beklagten sei dessen Nettoeinkommen, wovon der Ehefrau ein Anteil von 3/7 zustehe. Zwar gelte im Rahmen der bestehenden Ehe der Halbteilungsgrundsatz. Weil seine neue Ehefrau den Beklagten allerdings in Kenntnis seiner bestehenden Unterhaltsverpflichtung geheiratet habe, sei es sachgerecht, auch bei der Ermittlung des Familienunterhalts den Erwerbstätigenbonus abzusetzen. Soweit der Ehefrau des Beklagten wegen der Versteuerung nach der Splittingtabelle und des sich daraus ergebenden höheren Nettoeinkommens ein höherer Unterhaltsanspruch zustehe, sei dieser aus dem Splittingvorteil zu begleichen. Der Selbstbehalt des Beklagten sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit einem Mittelwert zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt festzusetzen und belaufe sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles für diese Zeit auf 920 € monatlich.
- 18
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin bestehe auch über die Vollendung des 3. Lebensjahres des jüngsten Kindes (Januar 2004) hinaus bis zum vollendeten 6. Lebensjahr fort. Dabei sei von der grundsätzlichen Beschränkung des Unterhaltsanspruchs auf 3 Jahre und einer Verlängerungsmöglichkeit für besondere Einzelfälle auszugehen. Diese Regelung sei nicht verfassungswidrig und verstoße insbesondere nicht gegen Art. 6 Abs. 5 oder Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit der Unterhaltsanspruch der Kinder selbst betroffen sei, seien die nichtehelich geborenen Kinder schon durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I 1998, S. 666) gleichgestellt. Hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs der Mutter wegen der Betreuung der beiden nichtehelich geborenen Kinder liege schon kein Sachverhalt vor, der dem Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB entspreche. Eine Ehe begründe ein besonderes Maß an Solidarität und Beistandspflicht; dessen seien sich die Ehegatten bei der Eheschließung regelmäßig auch bewusst. Im Rahmen einer Ehe werde ein Ausgleich ehebedingter Nachteile deswegen bewusst und gewollt sichergestellt. Ein entscheidender Unterschied zu dem hier relevanten Betreuungsunterhalt bei nichtehelicher Geburt liege darin, dass dieser Unterhaltsanspruch eine Vielzahl unbestimmter Sachverhalte erfasse und deswegen abstrakt ausgestaltet werden müsse, zumal eine gegenseitige Solidarität und Beistandspflicht nicht für alle Fälle unterstellt werden könne. Die Mutter des nichtehelich geborenen Kindes wisse deswegen, dass sie ab einem gewissen Zeitpunkt selbst für den eigenen Unterhalt werde aufkommen müssen. Demgegenüber stehe die Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz des Staates, was eine weitreichendere nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertige. Die Ehe sei also Ausdruck einer gemeinsamen Lebensplanung, woraus das Recht folgen könne, ein gemeinsames Kind länger zu betreuen. Zwischen den Grundrechten auf Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und auf Gleichbehandlung nichtehelich geborener Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) bestehe deswegen eine Wechselwirkung.
- 19
- Allerdings sei eine Vielzahl von Fällen denkbar, in denen eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf 3 Jahre grob unbillig sei. Durch die in § 1615 l Abs. 2 BGB geregelte Ausnahme sei in solchen Fällen aber eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Mutter möglich. Eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sei aus kindbezogenen Gründen, aber auch aus sonstigen , nicht allein kindbezogenen Aspekten möglich. Allerdings müsse stets beachtet werden, dass diese Billigkeitsregelung Ausnahmecharakter habe und die unterhaltsberechtigte Mutter nicht einer betreuenden geschiedenen Ehefrau gleichzustellen sei. Wann der Unterhaltsanspruch der Mutter des nichtehelich geborenen Kindes aus Billigkeitsgründen zu verlängern sei, sei bislang in Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärt. Über die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens deutlich gewordene Absicht hinaus, hierdurch insbesondere den Belangen behinderter Kinder Rechnung zu tragen, sei es sachgerecht, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters jedenfalls dann zu verlängern , wenn die Eltern - wie hier - nicht nur über viele Jahre zusammengelebt und mehrere Kinder gezeugt hätten, sondern dies auch mitbestimmend für den Entschluss der Mutter gewesen sei, das Kind auszutragen. Hier habe der Beklagte zudem das Versprechen abgegeben, für die gesamte Familie zu sorgen, was nur so zu verstehen sei, dass es im Hinblick auf die Notwendigkeit der Kindesbetreuung abgegeben worden sei. Unabhängig davon sei eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs aber auch wegen des langjährigen Zusammenlebens der Parteien und des Entschlusses geboten, mehrere Kinder miteinander zu haben und aufzuziehen. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf 3 Jahre sei schon deswegen grob unbillig, weil die Betreuung mehrerer Kinder einen deutlich größeren Aufwand erfordere als die Betreuung eines Einzelkindes. Das Amtsgericht habe den Unterhaltsanspruch der Klägerin deswegen zu Recht bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten Kindes verlängert. Hingegen komme eine weitere Verlängerung des Unterhaltsanspruches nicht in Betracht, weil der Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine volle Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Das sei im Hinblick auf die Lebensumstände der Parteien und auch deswegen geboten, weil die Klägerin schon während des Zusammenlebens versucht habe, ihre Berufstätigkeit wieder aufzunehmen.
- 20
- Weil eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin durch Zusammenleben mit einem neuen Partner im Hinblick auf die Belange der minderjährigen Kinder nicht in Betracht komme, sei eine Beweisaufnahme dazu entbehrlich. Ob der Rechtsgedanke der Verletzung der nachehelichen Solidarität auch den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes beeinflussen könne, sei zudem zweifelhaft.
III.
- 21
- Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 22
- Schon die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin steht nicht in allen Punkten mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Aber auch die Beschränkung des Unterhaltsanspruchs bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hält den Angriffen der Revision unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles und der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung des § 1615 l Abs. 2 BGB nicht stand.
- 23
- 1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einem Unterhaltsbedarf der Klägerin ausgegangen, den es aus den Einkünften des Beklagten abgeleitet hat.
- 24
- a) Das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Anders als beim Trennungs- oder dem nachehelichen Unterhalt , bei dem der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) bestimmt wird, sind daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils für die Bedarfsbemessung grundsätzlich nicht maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Elternteils bis zur Geburt des Kindes entwickelt hatten. Dabei ist danach zu differenzieren, ob er über eigenes Einkommen verfügte, Unterhalt bezogen oder staatliche Hilfen - etwa in Form von Sozialhilfeleistungen - in Anspruch genommen hat.
- 25
- aa) War der betreuende Elternteil bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig , bemisst sich seine Lebensstellung nach seinem nachhaltig erzielten Ein- kommen. Der Unterhaltsbedarf ist deshalb an diesem Einkommensniveau auszurichten , soweit dies nicht dazu führt, dass dem Unterhaltsberechtigten aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt mehr zur Verfügung steht, als dem Unterhaltspflichtigen verbleibt. Ist das der Fall, so ist der Unterhaltsbedarf zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443 f.).
- 26
- bb) War der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Geburt des nichtehelichen Kindes verheiratet oder geschieden und stand ihm ein Unterhaltsanspruch gegen den (früheren) Ehegatten zu, ergibt sich der Unterhaltsbedarf aus der Lebensstellung in dieser familiären Situation. Der Unterhaltsanspruch gegen den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten richtet sich gemäß den §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB nach den (wandelbaren) ehelichen Lebensverhältnissen der (geschiedenen) Ehe. Dieser Anspruch auf Quotenunterhalt aus der früheren Ehe im Zeitpunkt der Geburt des weiteren Kindes bestimmt somit auch den Unterhaltsbedarf für den Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 BGB (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305). Allerdings ist der Unterhaltsbedarf der Mutter auch in solchen Fällen durch den Grundsatz der Halbteilung nach den Möglichkeiten des unterhaltspflichtigen Elternteils beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443 f.).
- 27
- cc) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bestimmt sich die Lebensstellung der Klägerin und damit ihr Unterhaltsbedarf im Sinne des § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB nicht gleichermaßen im Wege des Quotenunterhalts nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb ihrer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten.
- 28
- (1) Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die maßgebliche Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils sich auch aus den wirtschaftlichen Verhältnissen während eines nichtehelichen Zusammenlebens mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil ergeben kann.
- 29
- Teilweise wird darauf abgestellt, ob die Mutter in der nichtehelichen Gemeinschaft nachhaltig unterhalten wurde und das Zusammenleben mit dem Vater ihre Stellung aus wirtschaftlicher Sicht nachhaltig geprägt hat. In solchen Fällen soll sich der Bedarf der Mutter - wie beim Ehegattenunterhalt - als Quotenunterhalt aus dem vorhandenen Einkommen errechnen (so neben dem Berufungsgericht auch OLG Bremen FamRZ 2008, 1281 und OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288; vgl. auch Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 7 Rdn. 27; Schnitzler/Wever, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, 2. Aufl. § 10 Rdn. 53 ff.; Hamm, Strategien im Unterhaltsrecht, § 4 Rdn. 35; Büttner FamRZ 2000, 781, 783; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 370).
- 30
- Nach anderer Auffassung kann auf die wirtschaftlichen Verhältnisse während eines nichtehelichen Zusammenlebens schon deswegen nicht abgestellt werden, weil solche Unterstützungsleistungen vor Beginn des Anspruchs aus § 1615 l BGB als freiwillige Leistungen keine Lebensstandardgarantie begründen können (vgl. OLG Düsseldorf [7. Familiensenat] FamRZ 2008, 87, 88; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 974; OLG Hamm FF 2000, 137, 138; vgl. auch Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl. Rdn. 4019).
- 31
- (2) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
- 32
- Die Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB richtet sich nicht allein nach den tatsächlichen Umständen, sondern setzt stets eine nachhaltig gesicherte Position voraus. Wenn die Eltern vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes in nichtehelicher Gemeinschaft zusammengelebt haben, beruht ein gemeinsamer Lebensstandard regelmäßig noch auf freiwilligen Leistungen des besser verdienenden Lebenspartners (zur Behandlung von freiwilligen Leistungen im Unterhaltsrecht vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdn. 468 ff.). Denn ein Unterhaltsrechtsverhältnis entsteht nicht schon mit der Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern gemäß § 1615 l BGB erst aus Anlass der Geburt eines gemeinsamen Kindes. Weil der Lebenspartner seine Leistungen vor Beginn des Mutterschutzes für ein gemeinsames Kind deswegen jederzeit einstellen kann und das deutsche Recht keine Unterhaltsansprüche außerhalb von Verwandtschaft und Ehe vorsieht, ist der in einer nichtehelichen Gemeinschaft erreichte Lebensstandard nicht ausreichend gesichert, um damit eine Lebensstellung im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 und 3, 1610 Abs. 1 BGB begründen zu können.
- 33
- Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts gilt auch dann nichts anderes, wenn aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mehrere gemeinsame Kinder hervorgegangen sind. Auch dann sind für einen späteren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB die Verhältnisse bei Geburt des ersten Kindes maßgeblich. Denn diese Verhältnisse bestimmen zunächst als Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten die Höhe des Unterhaltsbedarfs während der Erziehung und Betreuung des ersten Kindes. Dieser Unterhaltsbedarf wiederum bestimmt als Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten regelmäßig auch den Unterhaltsbedarf nach der Geburt eines weiteren Kindes. Denn einen Rechtsanspruch nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen sieht der Unterhaltstatbestand des § 1615 l Abs. 2 BGB aus gemeinsamer Elternschaft auch für die Zeit des Zusammenlebens nicht vor. Der Betreuungsunterhalt aus Anlass der Betreuung und Erziehung eines weiteren Kindes kann allenfalls dann auf einen höheren Unterhaltsbedarf gerichtet sein, wenn der betreuende Elternteil zwischenzeitlich, z.B. durch ein nachhaltig gesichertes höheres Einkommen, eine höhere Lebensstellung erworben hatte.
- 34
- dd) Sollte die so ermittelte Lebensstellung der Klägerin im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zu einem Unterhaltsbedarf unterhalb des jeweils geltenden Sozialhilfesatzes führen, müsste das Berufungsgericht prüfen, ob von einem Mindestbedarf auszugehen wäre und ob ein solcher ggf. mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen pauschaliert werden könnte. Das Berufungsgericht hat die Höhe des für die Lebensstellung der Klägerin relevanten nachehelichen Unterhaltsanspruchs gegen ihren geschiedenen Ehemann zwar nicht festgestellt. Allerdings dürfte die Lebensstellung der Klägerin angesichts ihrer Unterhaltsansprüche im Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Kinder über dem Sozialhilfesatz liegen. Denn die Parteien hatten gegenüber dem Berufungsgericht klargestellt, dass von dem monatlichen Gesamtunterhalt in Höhe von 1.900 DM ein Anteil von 1.433,95 DM (= 733,17 €) auf den nachehelichen Betreuungsunterhalt und der Rest auf den Kindesunterhalt entfallen war. Jedenfalls bei der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes überstieg der Unterhaltsbedarf der Klägerin nach der aus ihrer früheren Ehe abgeleiteten Lebensstellung einen eventuellen Mindestunterhalt. Das wird sich auch in der Folgezeit nicht geändert haben, wenn die von dem nachehelichen Unterhaltsanspruch abgeleitete Lebensstellung sich etwa in der gleichen Weise entwickelt hat wie der am Sozialhilfesatz orientierte notwendige Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen , der derzeit 770 € beträgt (vgl. die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte Beilage zu Heft 17/2008 der NJW jeweils unter Ziff. 21.2).
- 35
- (1) Allerdings wird auch die Frage, ob für den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB generell von einem Mindestbedarf ausgegangen werden kann, in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht einheitlich beantwortet.
- 36
- Teilweise wird dies mit der Begründung abgelehnt, die nichteheliche Mutter sei sonst besser gestellt als die eheliche Mutter, die nach der Rechtsprechung des Senats keinen pauschalen Mindestbedarf verlangen könne (OLG Köln FamRZ 2001, 1322; OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288).
- 37
- Überwiegend wird allerdings die Auffassung vertreten, für den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB sei jedenfalls von einem Mindestbedarf in Höhe des notwendigen Selbstbehalts Nichterwerbstätiger auszugehen , da der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs. 1 BGB das Existenzminimum nicht unterschreiten könne (OLG Karlsruhe NJW 2004, 523; vgl. auch Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. § 7 Rdn. 27; Schnitzler/Wever, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht , 2. Aufl., § 10 Rdn. 50 und 59; Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl. Rdn. 4016; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. Rdn. 215; Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 370).
- 38
- (2) Der Senat konnte diese Rechtsfrage bislang dahin stehen lassen. Lediglich für Fälle, in denen sich der Unterhaltsbedarf nach der Lebensstellung im Zeitpunkt der Geburt aus einem Unterhaltsanspruch gegen einen früheren Ehegatten ableitet, hat er - wie bislang beim Ehegattenunterhalt - einen Mindestbedarf abgelehnt (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1304 f.). Ob daran festzuhalten ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 39
- Der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB soll allerdings eine Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen. Dass der betreuende Elternteil daran nicht durch eine Erwerbstätigkeit gehindert sein soll, könnte dafür sprechen, den Unterhaltsbedarf mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem Sozialhilfesatz liegt und ihm deswegen nicht zwingend eine Erwerbstätigkeit abverlangt.
- 40
- In Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Elternteil vor der Geburt des Kindes Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, dürfte dessen Lebensstellung nicht mit Null anzusetzen sein, weil sonst für solche Eltern ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB von vornherein ausgeschlossen wäre. Die Lebensstellung könnte sich vielmehr aus der Höhe der gezahlten Sozialhilfe ergeben, weil Einkünfte in dieser Höhe nach den §§ 8 ff. SGB XII gesetzlich garantiert sind, und könnte dann etwa in Höhe des notwendigen Selbstbehalts eines nicht Erwerbstätigen pauschaliert werden. Dann könnte aber auch einiges dafür sprechen, Unterhaltsberechtigten mit geringen Einkünften ebenfalls einen solchen Mindestbedarf in Höhe des Sozialhilfesatzes zuzubilligen, weil ihr Bedarf nicht geringer sein kann als der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten ohne eigene Einkünfte. Dies könnte es wiederum folgerichtig erscheinen lassen, diesen Gesichtspunkt auch auf eine aus nachehelichen Unterhaltsleistungen abgeleitete Lebensstellung zu erstrecken, wie es der gegenwärtigen Rechtsprechung des Senats entspricht.
- 41
- Auch der Schutz der minderjährigen Kinder dürfte inzwischen nicht mehr gegen einen Mindestbedarf der Eltern sprechen. Denn einerseits steht seit der gesetzlichen Neuregelung durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch den minderjährigen Kindern nach § 1612 a BGB ein Mindestunterhalt zu, der jetzt nach § 1609 Nr. 1 BGB gegenüber allen anderen Unterhaltsansprüchen vorrangig ist. Andererseits hatte der Senat schon in seiner Rechtsprechung zum früheren Unterhaltsrecht im Rahmen der für Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 gebotenen Mangelfallberechnung einen Einsatzbetrag gewählt, der dem notwendigen Selbstbehalt entspricht (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.).
- 42
- Der Grundsatz der Halbteilung dürfte ebenfalls nicht gegen einen solchen Mindestbedarf sprechen. Denn auch dem Unterhaltspflichtigen bleibt regelmäßig ein Selbstbehalt von seinen eigenen Einkünften, dessen Höhe zwar von der Art seiner Unterhaltspflicht abhängig ist, der den nur geringfügig über dem Sozialhilfesatz pauschalierten Mindestbedarf aber nicht unterschreitet (Senatsurteile vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 596 f. und BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684).
- 43
- Schließlich dürfte das Argument, dass der betreuende Elternteil eines nichtehelich geborenen Kindes nicht besser gestellt werden dürfe als der betreuende Elternteil eines ehelich geborenen Kindes, lediglich gegen eine Ungleichbehandlung , nicht aber gegen einen Mindestbedarf als solchen sprechen. Denn wenn beim Ehegattenunterhalt ein Mindestbedarf in Betracht käme, würde dieses vergleichende Argument auch nicht gegen einen Mindestbedarf der Mutter eines nichtehelichen Kindes sprechen.
- 44
- 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht aber berücksichtigt, dass der Klägerin nach dem bis Ende 2007 geltenden Unterhaltsrecht (§ 36 Nr. 7 EGZPO) wegen der Pflege und Erziehung des ehelichen Kindes auch ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB gegen ihren geschiedenen Ehemann zustand.
- 45
- a) Steht einem geschiedenen Ehegatten wegen der Betreuung eines ehelichen Kindes ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) zu und geht im Anschluss daran aus einer nichtehelichen Beziehung ein weiteres Kind hervor, haftet der andere Elternteil des später nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) nach ständiger Rechtsprechung des Senats anteilig neben dem geschiedenen Ehegatten (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 543 f., vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 26/03 - FamRZ 2005, 357, 358 und vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305; zum umgekehrten Fall einer späteren Heirat nach Geburt eines nichtehelich geborenen Kindes vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 124, 132 f. = FamRZ 2005, 347, 349). Dieser Unterhaltsanspruch vermindert somit die Bedürftigkeit der Klägerin und damit ihren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Beklagten, er schließt den Anspruch aber nicht vollständig aus.
- 46
- b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Ehemann wegen der Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten nicht auf Dauer untergegangen war. Zwar war dieser nacheheliche Unterhaltsanspruch wegen der Aufnahme der neuen Lebensgemeinschaft zunächst nach § 1579 Nr. 2 BGB (= § 1579 Nr. 7 BGB a.F.) verwirkt, weil die Klägerin sodann in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebte. Mit Auflösung dieser Lebensgemeinschaft ist der Unterhaltsanspruch wegen Betreuung des ehelich geborenen Kindes aber wieder aufgelebt.
- 47
- Nach § 1586a Abs. 1 BGB lebt selbst der infolge einer späteren Heirat erloschene Betreuungsunterhalt wieder auf, wenn die neue Ehe aufgelöst wird und der Unterhaltsberechtigte nach wie vor ein Kind aus der früheren Ehe pflegt oder erzieht. Erst recht muss der ursprüngliche nacheheliche Unterhaltsanspruch auch dann wieder aufleben, wenn er nicht wegen einer Wiederheirat nach § 1586 Abs. 1 BGB erloschen, sondern wegen einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt war.
- 48
- cc) Bei der Bemessung der anteiligen Haftung der verschiedenen Väter in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB führt der Maßstab der jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse in einer Vielzahl der Fälle zu angemessenen Lösungen. Die Anknüpfung an diesen eher sche- matischen Maßstab ist allerdings nicht in allen Fällen der Betreuung von Kindern aus verschiedenen Verbindungen zwingend. Da § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB allerdings nur entsprechend anwendbar ist, lässt dies auch Raum für eine Berücksichtigung anderer Umstände, insbesondere der Anzahl, des Alters, der Entwicklung und der Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder. So kann - wie hier - im Einzelfall von Bedeutung sein, dass die Mutter durch die vermehrte Betreuungsbedürftigkeit eines jüngeren Kindes von jeglicher Erwerbstätigkeit abgehalten wird, obwohl das fortgeschrittene Alter eines anderen Kindes an sich eine teilweise Erwerbstätigkeit erlauben würde. Eine schematische Aufteilung der Haftungsquote nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des geschiedenen Ehemannes und des Vaters wäre dann unbefriedigend. Der Erzeuger des vermehrt betreuungsbedürftigen Kindes muss dann in entsprechend höherem Umfang, gegebenenfalls auch allein, zum Unterhalt für die Mutter herangezogen werden (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 544 und vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305).
- 49
- Für die Ermittlung der Haftungsquoten sind danach - im Gegensatz zu der vom Oberlandesgericht gewählten abstrakten Methode - zunächst die Einkommens - und Vermögensverhältnisse beider anteilig haftenden Väter zu berücksichtigen. Im Anschluss daran kann der Haftungsanteil des Beklagten nach den Umständen des Einzelfalles - hier nach der Anzahl und dem Alter der jeweiligen Kinder - nach oben oder nach unten korrigiert werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305).
- 50
- 3. Im Ausgangspunkt zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass die neue Partnerschaft der Klägerin ihren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten (noch) nicht notwendig zu Fall bringt.
- 51
- a) Es kann dahin stehen, ob sich eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches der Klägerin wegen Betreuung der nichtehelich geborenen Kinder gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1611 BGB nach den Vorschriften über den Verwandtenunterhalt richtet oder ob wegen der großen Nähe zum nachehelichen Betreuungsunterhalt in entsprechender Anwendung des § 1579 BGB das nacheheliche Verwirkungsrecht anwendbar ist. Denn die Voraussetzungen einer Verwirkung nach § 1611 BGB liegen unzweifelhaft ebenso wenig vor, wie die Voraussetzungen des auf eine nacheheliche Solidarität abstellenden § 1579 Nr. 7 BGB (vgl. insoweit Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 7/05 - FamRZ 2008, 1414, 1416 f.).
- 52
- Hier käme allenfalls eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB in Betracht. Diese Vorschrift setzt aber eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft der Klägerin voraus, was im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht der Fall war. Zudem steht einer Verwirkung des Betreuungsunterhalts auch eine Betreuungsbedürftigkeit der beiden gemeinsamen - 1997 bzw. 2001 geborenen - minderjährigen Kinder entgegen.
- 53
- b) Das Berufungsgericht hätte der Behauptung des Beklagten, die Klägerin unterhalte mit ihrem neuen Freund eine Haushaltsgemeinschaft, allerdings aus einem anderen Grund nachgehen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich der Unterhaltsberechtigte den Wert von Versorgungsleistungen anrechnen lassen, die er einem neuen Lebenspartner erbringt (Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173 f.). Sofern die Klägerin einem neuen Lebenspartner also den Haushalt führt und dieser in der Lage ist, ihr dafür ein Entgelt zu zahlen, müsste sie sich dieses ggf. auch fiktiv als eigenes Einkommen anrechnen lassen, was ihre Unterhaltsbedürftigkeit herabsetzen würde.
- 54
- 4. Das insbesondere für die Leistungsfähigkeit relevante Einkommen des Beklagten hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht vollständig rechtsbedenkenfrei festgestellt.
- 55
- a) Aus Rechtsgründen ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Bemessung der Leistungsfähigkeit des Beklagten auf dessen im Jahre 2002 erzielte Einkünfte abgestellt hat.
- 56
- Zwar bemisst sich ein Unterhaltsanspruch grundsätzlich nach den relevanten Einkünften in dem betreffenden Unterhaltszeitraum, hier also in der Zeit seit März 2003. Rückständiger Unterhalt bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 2. Mai 2005 konnte deswegen grundsätzlich nach den bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorhandenen Einkünften bemessen werden. Erst hinsichtlich des laufenden künftigen Unterhalts war auf eine Prognose abzustellen, die sich an einem zuvor nachhaltig erzielten Einkommen orientiert.
- 57
- Gleichwohl durfte das Berufungsgericht hier für den gesamten Unterhaltsanspruch der Klägerin auf das feststehende Einkommen des Beklagten im Jahre 2002 abstellen. Denn der Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit, der er für die Folgezeit nicht in der erforderlichen Weise nachgekommen ist. Aber selbst soweit sich das Einkommen des Beklagten - über den Halbteilungsgrundsatz - begrenzend auf den Unterhaltsbedarf der Klägerin auswirken würde, ergäbe sich für die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin keine andere Beurteilung (allgemein zur Darlegungs- und Beweislast vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 700 ff.). Nachdem das Einkommen des Beklagten im Jahre 2002 feststand, hätte dieser einen Rückgang seiner Gesamteinkünfte hinreichend schlüssig vortragen müssen. Steht nämlich ein unterhaltsrelevantes Ein- kommen für einen bestimmten Zeitabschnitt zur Überzeugung des Gerichts fest, obliegt es der Prozesspartei nicht nur, einen Rückgang der Gesamteinkünfte schlüssig vorzutragen. Sie muss auch den Grund für einen Einkommensrückgang substantiiert vortragen und notfalls beweisen. Das ist hier insbesondere deswegen geboten, weil der Beklagte nur einen weiteren Mitgesellschafter hat und die Gewinne im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung des Beklagten erheblich zurückgegangen sein sollen. Dem ist der Beklagte entgegen seinen Angriffen in der Anschlussrevision nicht in der erforderlichen Weise nachgekommen , weil sich sein Vortrag auf einzelne Einkommensteile beschränkt und andere Einkommensarten übergeht.
- 58
- aa) Das Berufungsgericht ist bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten von dessen Einkünften als Geschäftsführer ausgegangen. Die streitige Frage, ob er daneben gewinnabhängige Tantiemen oder sonstige Gesellschaftergewinne erzielt hat, musste das Gericht offen lassen, weil der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Jahresabschlüsse für die Zeit ab 2003 nicht vorgelegt hatte (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 15/03 - FamRZ 2004, 1179, 1180).
- 59
- bb) Auch die Einkünfte aus seiner Internet-Agentur hat der Beklagte nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Die Vorlage der vorläufigen EinnahmeÜberschussrechnung für das Jahr 2004 genügt dem nicht. Auch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 mit den darin enthaltenen Einkünften aus Gewerbetrieb in Höhe von 422 € ermöglicht es nicht, die Gewinne aus der Internet-Agentur in diesem Jahr nachzuprüfen und festzustellen. Denn Steuerbescheide sind für die Höhe des zugrunde liegenden Einkommens regelmäßig lediglich im Zusammenhang mit der entsprechenden Steuererklärung nachvollziehbar und auf die unterhaltsrechtliche Relevanz prüfbar (vgl.
- 60
- cc) Gleiches gilt für die zu berücksichtigenden Einnahmen des Beklagten aus der Untervermietung zweier Wohnungen, von denen er inzwischen eine selbst nutzt. Soweit der Beklagte insoweit einen negativen Saldo errechnet hat, bezieht dieser sich auf die Zeit von Mai 2000 bis April 2003 und ist dadurch begründet , dass die Wohnungen zeitweise leer standen. Für die hier relevante Zeit ab März 2003 war die Erdgeschosswohnung allerdings für monatlich 306,78 € untervermietet, während der Beklagte selbst monatlich lediglich 210 € Mietkosten aufwenden musste. Die Differenz in Höhe von 96,78 € dürfte deswegen als weiterer Gewinn zu berücksichtigen sein, was auch gegen eine Reduzierung des Gesamteinkommens spricht.
- 61
- dd) Auch seine Einkünfte aus Kapitalvermögen hat der Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Zwar ergibt sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 ein Einkommen aus Kapitalvermögen in Höhe von 386 € und aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 ein solches in Höhe von 366 €, jeweils abzüglich einer Werbungskostenpauschale in Höhe von 51 €. Auch diese Einkünfte sind allerdings allein anhand der Einkommensteuerbescheide schon angesichts möglicher Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens nicht nachprüfbar und deswegen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
- 62
- b) Auf der Grundlage der festgestellten Einkünfte im Jahre 2002 hat das Berufungsgericht das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten gleichwohl nicht vollständig rechtsbedenkenfrei ermittelt.
- 63
- aa) Das Berufungsgericht ist bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten zunächst von seinem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen im Jahre 2002 abzüglich eines Nutzungsvorteils für das zur Verfügung stehende Kraftfahrzeug und zuzüglich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgegangen. Weil es das Nettoeinkommen des Beklagten auf der Grundlage dieser Einkünfte errechnet hat, ist es konsequent, diesem Nettoeinkommen die Differenz zwischen dem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen und dem Bruttogesamteinkommen , die dem Beklagten ebenfalls als Einkommen zur Verfügung steht, hinzuzurechnen. Soweit die Anschlussrevision darauf verweist, dass sich die Differenz zwischen dem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen und dem Bruttogesamteinkommen aus den Jahresbeträgen der Direktversicherung (monatlich 445,21 €) und der Lebensversicherung (monatlich 613,55 €) ergibt, kann dies keine andere Beurteilung rechtfertigen. Diese Beträge stehen dem Beklagten zwar als Altersvorsorge nicht zur Verfügung. Den Höchstbetrag der zulässigen Altersvorsorge hat das Berufungsgericht allerdings an anderer Stelle wieder abgesetzt. Gegen die Berechnung des Oberlandesgerichts, die eine doppelte Kürzung um diese Beträge vermeidet, bestehen deswegen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken.
- 64
- bb) Auch soweit das Berufungsgericht dem Beklagten einen monatlichen Vorteil für die private Nutzung des dienstlich zur Verfügung stehenden Pkw in Höhe von 200 € hinzugerechnet hat, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Jedenfalls für die Zeit bis Juli 2003 stand der Pkw dem Beklagten auch für private Zwecke unentgeltlich zur Verfügung. Aus der Abrechnung der Geschäftsführerbezüge im Jahr 2002 ergibt sich, dass dem Beklagten insoweit ein zu versteuernder Nutzungswert in Höhe von monatlich 403,61 € brutto als Einkommen zugerechnet wurde. Soweit der Nutzungsvorteil schließlich von dem errechneten Nettoeinkommen abgesetzt wurde, was zu einer Reduzierung des Auszahlungsbetrages führt, ist dies allein darauf zurückzuführen, dass die Fahrzeugnutzung dem Beklagten als Sachwert zur Verfügung stand und ihm deswegen nicht zusätzlich monetär ausgezahlt werden konnte.
- 65
- Zutreffend weist die Anschlussrevision zwar darauf hin, dass der Beklagte ausweislich der vorgelegten Abrechnungen für die private Nutzung des Pkw ab August 2003 ein Kilometergeld in Höhe von 0,30 € zahlen musste. Im Hinblick auf die Höhe dieses Pauschalbetrages, der dem Satz des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG entspricht, verbliebe dem Beklagten insoweit entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts auch kein anteiliger Steuer- oder Versicherungsvorteil. Denn der Kilometersatz von 0,30 € deckt neben den Benzinkosten auch die weiteren Kosten der Fahrzeugnutzung ab.
- 66
- Gleichwohl kann der spätere Wegfall des Nutzungsvorteils einer Berücksichtigung des noch im Jahre 2002 vorhandenen Nutzungsvorteils schon deswegen nicht entgegenstehen, weil der Beklagte - wie ausgeführt - für die unterhaltsrelevante Folgezeit keine sonstige Reduzierung seiner Gesamteinkünfte nachgewiesen hat.
- 67
- cc) Soweit das Berufungsgericht die Altersvorsorge des Beklagten durch Zahlung einer Lebensversicherungsprämie auf den Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung für sein Geschäftsführergehalt begrenzt hat, entspricht dies nicht in jeder Hinsicht der Rechtsprechung des Senats. Der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, der sich ab 2003 auf 19,5 % des Bruttoeinkommens belief und seit 2007 19,9 % beträgt, sichert rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern eine Grundversorgung. Dem entspricht es, wenn es der Senat nicht rentenversicherungspflichtigen Beschäftigten und Selbständigen zubilligt, einen Anteil von rund 20 % des Bruttoeinkommens für die primäre Altersvorsorge einzusetzen (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2005 - XII ZR 51/03 - FamRZ 2006, 387, 389 und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 863).
- 68
- Allerdings hat der Senat inzwischen in ständiger Rechtsprechung bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens für eine - über die primäre Altersversorgung hinausgehende - zusätzliche Altersvorsorge akzeptiert (Senatsurteile BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795 und BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f.). Jedenfalls die Summe dieser primären und zusätzlichen Altersvorsorge, also 24 % des Bruttoeinkommens, darf der Beklagte nach der Rechtsprechung des Senats vorab für seine Altersvorsorge aufwenden. Zwar hat das Berufungsgericht neben den (auf 19,5 % begrenzten) Beiträgen für die Lebensversicherung des Beklagten weitere Beiträge zu einer Direktversicherung mit monatlich 153,39 € abgesetzt. Auch die Summe dieser vom Oberlandesgericht akzeptierten Vorsorgeaufwendungen liegt jedoch unter dem Höchstbetrag der nach der Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigenden zusätzlichen Altersvorsorge.
- 69
- dd) Zu Recht ist das Berufungsgericht bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten auch für die Zeit ab 2004 (Eheschließung ) fiktiv von einer Steuerpflicht nach der Grundtabelle ausgegangen.
- 70
- (1) Mit Beschluss vom 7. Oktober 2003 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass steuerliche Vorteile, die der neuen Ehe eines geschiedenen Unterhaltspflichtigen durch das Ehegattensplitting erwachsen, von Verfassungs wegen nicht schon in der früheren Ehe angelegt sind und deswegen die Lebensverhältnisse dieser Ehe auch nicht bestimmt haben. Denn diese steuerlichen Vorteile, die in Konkretisierung des Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 1 GG durch das Gesetz allein der bestehenden Ehe eingeräumt sind, dürfen ihr durch die Gerichte nicht wieder entzogen und der geschiedenen Ehe zugeordnet werden (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Dem ist der Senat inzwischen gefolgt. Danach ist für den Ehegattenunterhalt bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).
- 71
- Gleiches gilt für den Unterhaltsanspruch der Klägerin aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn auch insoweit muss der Splittingvorteil der neuen Ehe verbleiben und kann deswegen nicht zugleich bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Beklagten gegenüber der Mutter der nichtehelich geborenen Kinder berücksichtigt werden.
- 72
- (2) Ob an dieser Rechtsprechung auch für die Zeit nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsreformgesetzes zum 1. Januar 2008 generell festzuhalten ist, obwohl in § 1609 Nr. 2 BGB der Betreuungsunterhalt der darin genannten Unterhaltsberechtigten jetzt gleichrangig ausgestaltet ist und dem Splittingvorteil der neuen Ehe nach den §§ 26, 32 a Abs. 5 EStG wegen der Unterhaltszahlungen an einen geschiedenen Ehegatten der Realsplittingvorteil nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder wegen Unterhaltszahlungen nach § 1615 l Abs. 2 BGB der Steuervorteil nach § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG gegenüberstehen, kann hier dahinstehen. Denn aus der Ehe des Beklagten sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bislang keine Kinder hervorgegangen, so dass die Klägerin nach der Neuregelung in § 1609 Nr. 2 und 3 BGB hier der Ehefrau des Beklagten vorgeht. Jedenfalls in solchen Fällen muss es bei der Rechtsprechung des Senats zum Splittingvorteil verbleiben.
- 73
- ee) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Unrecht eine Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen mit der allgemeinen Begründung abgelehnt , solche Kosten würden bei geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH bereits im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt. Demgegenüber hatte der Beklagte sich auf berufsbedingte Aufwendungen berufen, die ihm als Geschäftsführer nicht erstattet würden. Entsprechend sind in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2002 und 2003 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anerkannt worden. Auch dies zeigt, dass der Beklagte in seiner Funktion als Geschäftsführer neben den berücksichtigten Einkünften keinen Aufwendungsersatz erhält. Die steuerrechtliche Berücksichtigung führt naturgemäß nur zu einem anteiligen und nicht zu einem vollständigen Ausgleich dieser Aufwendungen.
- 74
- Die Begründung des Berufungsgerichts, wonach berufsbedingte Aufwendungen bereits bei der Einkommensermittlung berücksichtigt sind, trägt hier jedenfalls nicht für das Geschäftsführergehalt des Beklagten. Selbst wenn diese Erwägungen regelmäßig für die Bemessung unterhaltsrelevanter Einkünfte Selbständiger gelten sollten, könnte dies eine Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen hier nicht ausschließen, zumal das Berufungsgericht lediglich auf das Geschäftsführergehalt und nicht auf eventuelle weitere Einkünfte des Beklagten als Gesellschafter abgestellt hat.
- 75
- 5. Wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht die Unterhaltsansprüche der vorrangigen gemeinsamen Kinder (§ 1609 Nr. 1 BGB bzw. für die Zeit bis Ende 2007 § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. i.V.m. § 36 Nr. 7 EGZPO) nur in dem Umfang abgesetzt, in dem sie sich ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe ergeben würden.
- 76
- Zwar schuldet der Beklagte seinen beiden Kindern Barunterhalt auf der Grundlage seiner tatsächlich erzielten Einkünfte (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 101 f. = FamRZ 2005, 1817, 1822). Denn das Maß des den Kindern geschuldeten Unterhalts richtet sich gemäß § 1610 BGB nicht nach den Lebensverhältnissen der Klägerin als ihrer Mutter, sondern nach ihrer eigenen Lebensstel- lung. Diese Lebensstellung leiten die Kinder regelmäßig aus der gegenwärtigen Lebenssituation des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab (Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - XII ZR 4/04 - FamRZ 2006, 612). Auf die Unterhaltsanträge der Kinder hat das Berufungsgericht den Beklagten deswegen zu Unterhaltsleistungen nach den tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten verurteilt.
- 77
- Dieser - höhere - Unterhaltsanspruch der Kinder wäre dann aber auch von dem höheren tatsächlich erzielten Einkommen des Beklagten abzusetzen. Weil sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin allerdings auf der Grundlage eines - ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe geringeren - fiktiven Einkommens bemisst, darf dieser nicht zusätzlich durch die Berücksichtigung des höheren Kindesunterhalts reduziert werden. Von dem fiktiv ermittelten Nettoeinkommen nach der Grundtabelle ist deswegen auch nur ein entsprechend geringerer Kindesunterhalt abzusetzen (Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1235).
- 78
- 6. Auch die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin auf die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hält den Angriffen der Revision weder für die bis zum 31. Dezember 2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche nach dem darauf anwendbaren alten Recht (§ 36 Nr. 7 EGZPO) noch für die danach fällig gewordenen Ansprüche nach neuem Recht stand.
- 79
- a) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB in der Fassung des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes).
- 80
- Lediglich für Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem 1. Januar 2008 fällig waren, bleibt nach § 36 Nr. 7 EGZPO das frühere Recht, hier also § 1615 l Abs. 2 BGB a.F., anwendbar. Danach verlängert sich die Unterhaltspflicht über die Mindestdauer von drei Jahren hinaus, sofern es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Allerdings schied nach der Rechtsprechung des Senats schon für das frühere Recht von Verfassungs wegen eine restriktive Auslegung der Verlängerungsmöglichkeit aus (Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
- 81
- b) Bei der Auslegung der in beiden Fassungen des Gesetzes geregelten Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen über die Dauer von drei Jahren hinaus sind einerseits die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Regelung zu beachten und andererseits auf eine historische , teleologische und systematische Auslegung abzustellen.
- 83
- Ursprünglich sah das Gesetz für die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entbindung sowie weiterer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachter Kosten sowie einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen nach der Entbindung vor.
- 84
- Durch das Nichtehelichengesetz (NEhelG) wurde der Unterhaltsanspruch der Mutter auf die gesamte Zeit des Mutterschutzes erweitert, um ihn mit sonstigen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften zu harmonisieren. Außerdem wurde ein Betreuungsunterhalt für die Zeit bis zum Ablauf eines Jahres nach der Entbindung eingeführt, der die Betreuung des Kindes durch die Mutter ermöglichen sollte, aber voraussetzte, dass diese keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes gefunden hatte.
- 85
- Durch das zum 1. Oktober 1995 in Kraft getretene Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt auf drei Jahre nach der Geburt des Kindes erweitert und die Anspruchsvoraussetzungen deutlich herabgesetzt. Fortan konnte die Mutter frei entscheiden, ob sie in den ersten drei Jahren das Kind selbst erzieht oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nimmt. Die Dauer des Betreuungsunterhalts orientierte sich an dem durch § 24 SGB VIII geschaffenen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des dritten Lebensjahres.
- 86
- Zum 1. Juli 1998 wurde durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) die starre Befristung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes aufgegeben und mit § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB a.F. eine Billigkeitsregelung eingeführt, die es ermöglichte, der Mutter über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus einen Unterhaltsanspruch zuzusprechen, sofern es "insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen" (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
- 87
- Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UnterhRÄndG) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eine weitere Änderung in Kraft getreten, die die Schwelle für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus von einer groben Unbilligkeit auf eine bloße Billigkeitsregelung herabsetzt.
- 88
- bb) Bei dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB handelt es sich sowohl in der bis Ende 2007 anwendbaren Fassung als auch in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Neuregelung um einen Unterhaltsanspruch der Mutter. Darin unterscheidet sich der Anspruch nicht von dem Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB.
- 89
- (1) Beide Unterhaltsansprüche unterschieden sich in der bis Ende 2007 geltenden Fassung allerdings erheblich, weil der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB a.F. grundsätzlich auf drei Jahre begrenzt war und lediglich bei grober Unbilligkeit verlängert werden konnte, während der Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB a.F. einen zeitlich unbefristeten Unterhaltsanspruch vorsah. Diesen Unterschied hatte der Senat für das bis Ende 2007 geltende Recht hingenommen, weil die von Verfassungs wegen gebotene Gleichbehandlung der kindbezogenen Gründe durch eine weite Auslegung der Verlängerungsmöglichkeit sichergestellt werden könne und der längere Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB a.F. als Nachwirkung der Ehe durch besondere elternbezogene Gründe gerechtfertigt sei (Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
- 90
- (2) Diese Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht nicht geteilt, sondern entschieden, dass es gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstößt, wenn der Gesetzgeber die Dauer eines Unterhaltsanspruchs, den er einem Elternteil wegen der Betreuung seines Kindes gegen den anderen Elternteil einräumt, für eheliche und nichteheliche Kinder unterschiedlich bestimmt. Es hat den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine dem Art. 6 Abs. 5 GG genügende Neuregelung zu schaffen. Bis zum Inkrafttreten dieser Neuregelung sei der gleichheitswidrige Zustand allerdings hinzunehmen (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 973).
- 91
- In der Begründung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch ausgeführt, dass die zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf regelmäßig drei Jahre mit einer Möglichkeit zur Verlängerung im Lichte des Art. 6 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden sei. Zum einen liege es in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, für wie lange er es aus Kindeswohlgesichtspunkten für erforderlich und dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar erachte, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil mit Hilfe der Einräumung eines Unterhaltsanspruchs an diesen zu ermöglichen. Zum anderen habe er jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz eingeräumt. Damit habe er sichergestellt, dass ein Kind ab diesem Alter in der Regel eine außerhäusliche Betreuung erfahren könne, während sein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgehe.
- 92
- Zur Beseitigung des (früheren) verfassungswidrigen Zustandes hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten eingeräumt. Er könne eine Gleichbehandlung der Regelungssachverhalte durch eine Änderung des Betreuungsunterhalts der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB, durch eine Änderung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB oder auch durch eine Neuregelung beider Unterhaltstatbestände vornehmen. Dabei habe er allerdings in jedem Fall einen gleichen Maßstab hinsichtlich der Dauer des wegen der Kinderbetreuung gewährten Unterhaltsanspruchs bei nichtehelichen und ehelichen Kindern zugrunde zu legen (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 969, 973).
- 93
- cc) Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruht im Wesentlichen darauf, dass Art. 6 Abs. 2 und 5 GG eine gleiche Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts bei der Betreuung und Erziehung nichtehelich oder ehelich geborener Kinder verlangt, soweit die Betreuung durch einen Elternteil aus kindbezogenen Gründen erforderlich ist. In diesen Fällen verbietet Art. 6 Abs. 5 GG eine Differenzierung zwischen dem Wohl ehelich oder außerehelich geborener Kinder (vgl. schon Senatsurteil BGHZ 168, 245, 257 f. = FamRZ 2006, 1362, 1366; BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 968 f.). Wegen des Schutzzwecks des Betreuungsunterhalts haben diese kindbezogenen Gründe im Rahmen der Billigkeitsabwägung für eine Verlängerung das stärkste Gewicht (vgl. Borth FamRZ 2008, 2, 5 ff.; Meier FamRZ 2008, 101, 102 f.; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.).
- 94
- Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, ist es allerdings aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht ausgeschlossen, die Dauer des Betreuungsunterhalts über den aus kindbezogenen Gründen notwendigen Unterhaltszeitraum hinaus aus elternbezogenen Gründen weiter auszudehnen. Die nach Art. 6 Abs. 5 GG gebotene Schaffung gleicher Lebensbedingungen für ehelich wie nichtehelich geborene Kinder schließt es nicht aus, wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, einen geschiedenen Elternteil unterhaltsrechtlich besser zu stellen als einen unverheirateten Elternteil, was sich mittelbar auch auf die Lebenssituation der mit diesen Elternteilen zusammenlebenden Kinder auswirken kann (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 970). Allerdings wird durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht nur die Ehe, son- dern auch die Familie verfassungsrechtlich geschützt. Eine Familie in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, aber gemeinsam mit dem Kind zusammenleben. Aus verfassungsrechtlicher Sicht können deswegen auch ein dauerhaftes Zusammenleben der Eltern und die sich daraus ergebenden Nachwirkungen der Familie elternbezogene Umstände begründen, die für eine weitere Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können.
- 95
- dd) Infolge dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB erweitert, den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB eingeschränkt und damit beide Ansprüche im Wesentlichen gleich ausgestaltet.
- 96
- (1) Die Angleichung hat der Gesetzgeber nicht nach Maßgabe des früheren großzügigen Altersphasenmodells beim nachehelichen Betreuungsunterhalt durchgeführt (vgl. Schnitzler FF 2008, 270, 271). Stattdessen hat er - umgekehrt - auch den nachehelichen Betreuungsunterhalt auf einen regelmäßigen Anspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes begrenzt und die Verlängerungsmöglichkeit aus Billigkeitsgründen in beiden Unterhaltstatbeständen annähernd gleich ausgestaltet.
- 97
- Damit hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil bei beiden Unterhaltstatbeständen die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (vgl. Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 22; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998 und OLG Hamm FPR 2008, 311, 314). Für die Dauer der ersten drei Lebensjahre des Kindes bleibt es allerdings dabei, dass der betreuende Elternteil die freie Wahl hat, ob er die Betreuung und Erziehung des Kindes in dieser Zeit selbst vornehmen möchte oder - um eine eigene Erwerbstätigkeit zu ermöglichen - staatliche Hilfen in Anspruch nimmt.
- 98
- (2) Bei der weiteren Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet und mit dem Ziel einer deutlichen Verkürzung des vollen nachehelichen Betreuungsunterhalts für den Regelfall umgesetzt.
- 99
- Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB verlängert sich der Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, so lange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Eine wortgleiche Regelung enthalten § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB für den Betreuungsunterhalt der Mutter eines ehelich geborenen Kindes (vgl. insoweit Borth FamRZ 2008, 2, 5 ff.). Nach diesen gesetzlichen Vorschriften kommt also eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts vorrangig aus kindbezogenen Gründen in Betracht (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Im Hinblick auf die insoweit wortgleiche Ausgestaltung der Unterhaltstatbestände und die verfassungsrechtliche Grundlage haben die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in beiden Unterhaltstatbeständen das gleiche Gewicht.
- 100
- Daneben sieht § 1570 Abs. 2 BGB für die Mutter eines ehelich geborenen Kindes eine weitere Verlängerungsmöglichkeit aus elternbezogenen Gründen vor. Denn danach verlängert sich der nacheheliche Betreuungsunterhalt über die Verlängerung aus kindbezogenen Gründen hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer der Billigkeit entspricht. Insoweit ist also ausdrück- lich auch ein Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen, der sich aus den Nachwirkungen der Ehe ergeben kann. Im Rahmen des - hier relevanten - Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes ist diese Regelung zwar nicht ausdrücklich übernommen worden. Weil § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB jedoch eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" aus kindbezogenen Gründen zulässt, sind auch daneben elternbezogene Umstände für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nicht ausgeschlossen (vgl. Wever FamRZ 2008, 553, 557 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen auch ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Dabei ist allerdings stets zu beachten, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur für drei Jahre geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 21 ff.; Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4012 ff.; Schnitzler/Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 28 ff.; FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 209 c; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 358 f.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 214; Hamm Strategien im Unterhaltsrecht § 4 Rdn. 20 ff.; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 2. Aufl. Rdn. 86 f. und Klein Das neue Unterhaltsrecht 2008 S. 204 ff.).
- 101
- (3) Kindbezogene Gründe, die eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts unabhängig davon gebieten, ob das Kind ehelich oder nichtehelich geboren ist, liegen insbesondere dann vor, wenn die notwendige Betreuung des Kindes auch unter Berücksichtigung staatlicher Hilfen nicht gesichert ist und der unterhaltsberechtigte Elternteil deswegen dem Kind wenigstens zeitweise weiterhin zur Verfügung stehen muss. Dieser im Einzelfall zu prüfende Gesichtspunkt dürfte mit der zunehmenden Ausweitung der Vollzeitbetreuung in Kindergärten und Ganztagsschulen allerdings künftig an Bedeutung verlieren (vgl. BT-Drucks. 13/8511 S. 71; vgl. auch Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 108/07 in FamRZ 2007, 611 sowie Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 23 f.; Schnitzler /Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 30; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Eschenbruch/Klinkhammer /Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4014). Allerdings können auch individuelle Umstände auf Seiten des Kindes, z.B. eine Behinderung oder schwere Erkrankung, eine Fortdauer des Betreuungsbedarfs begründen.
- 102
- Die regelmäßig mit geringerem Gewicht zu wertenden elternbezogenen Gründe können für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen, wenn die geschiedene Ehe oder die gelebte Familie einen besonderen Vertrauenstatbestand für den Unterhaltsberechtigten geschaffen hat. Solches kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein oder mehrere gemeinsame Kinder im Hinblick auf eine gemeinsame Verantwortung beider Eltern gezeugt wurden, was auch nach Auflösung der Ehe oder der Familie für eine Fortdauer der Verantwortung des nicht betreuenden Elternteils sprechen kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Insoweit ist also regelmäßig auf die individuellen Umstände der Eltern und das Maß ihrer Bindung abzustellen (vgl. Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 25; Schnitzler /Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 30 a ff.; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Eschenbruch/Klinkhammer /Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4014).
- 103
- Im Rahmen der elternbezogenen Gründe kommt allerdings ein weiterer Gesichtspunkt in Betracht, der sich für eine pauschalierende Beurteilung in der Praxis, etwa anhand des Alters des Kindes, anbieten dürfte. Bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist nämlich stets zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (vgl. insoweit Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - FamRZ 2006, 846, 847 f. für den Trennungsunterhalt nach früherem Recht). Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang den persönlichen Zuspruch der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. insoweit Meier FamRZ 2008, 101, 103), der entsprechend der gesetzlichen Wertung für den Kindesunterhalt in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben kann. In solchen Fällen ist eine Prüfung geboten, ob, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt die Erwerbspflicht des unterhaltsberechtigten Elternteils noch eingeschränkt ist. In welchem Umfang die verbleibende Kinderbetreuung neben einer Erwerbstätigkeit im Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zum Unterhaltspflichtigen überobligationsmäßig ist, hängt allerdings auch von ihrer früheren Lebensplanung und -gestaltung ab nämlich davon, ob der Unterhaltsberechtigte auch weiterhin auf eine derartige Aufgabenverteilung vertrauen durfte.
- 104
- Ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalles eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, wird das Berufungsgericht prüfen müssen. Angesichts einer zumindest eingeschränkten Erwerbsobliegenheit wird dieser Gesichtspunkt allerdings regelmäßig nicht zu einem vollen Unterhaltsanspruch führen.
- 105
- c) Nach diesen Maßstäben kann die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Dauer des Unterhaltsanspruchs der Klägerin sowohl hinsichtlich der nach altem Recht zu beurteilenden Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 (§ 36 Nr. 7 EGZPO) als auch hinsichtlich der nach neuem Recht zu beurteilenden Unterhaltsansprüche ab 2008 keinen Bestand haben.
- 106
- Das Berufungsgericht hat schon auf der Grundlage der früheren gesetzlichen Regelung in § 1615 l Abs. 2 BGB nicht abschließend geprüft, ob kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts der Mutter sprechen. Zwar dürfte das jüngste gemeinsame Kind im Hinblick auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres im Jahre 2007 eingeschult worden sein. Ob in dem örtlichen Bereich der Klägerin eine Vollzeitbetreuung zur Verfügung stand und steht, die es ihr erlaubt, ggf. sogar vollschichtig berufstätig zu sein, oder ob aus anderen Gründen zeitweise keine persönliche Betreuung durch die Klägerin erforderlich war und ist, hat das Oberlandesgericht nicht geprüft. Das gilt in gleichem Maße für den nach neuem Recht zu beurteilenden Betreuungsunterhalt ab Januar 2008.
- 107
- Weitere elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die zutreffend auch schon nach altem Recht (vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, 1367) vom Berufungsgericht berücksichtigte Anzahl der gemeinsamen Kinder, die fünfjährige Dauer des Zusammenlebens und die Zusage des Beklagten, für die Klägerin zu sorgen, hinaus hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin zwar nicht vorgetragen. Das Berufungsgericht hat aber nicht berücksichtigt, dass selbst bei einer vollzeitigen Fremdbetreuung der beiden gemeinsamen Kinder ein anschließender Betreuungsbedarf erforderlich sein kann, der unter dem Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Tätigkeit gegen eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit der Klägerin sprechen kann. Dies kann mangels vollständiger Bedarfsdeckung ebenfalls für eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin, gegebenenfalls auch über die Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten Kindes hinaus, sprechen, zumal die Klägerin nach dem Zusammenleben und dem erfolgreichen gemeinsamen Kinderwunsch auf eine Fortsetzung der angemessenen Aufgabenverteilung vertrauen durfte. Auch insoweit bleibt die gesetzliche Neuregelung für eventuelle Ansprüche ab Januar 2008 jedenfalls nicht hinter der genannten Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung elternbezogener Umstände zurück.
- 108
- 7. Das Berufungsurteil ist deswegen auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten zur Dauer und Höhe des Betreuungsunterhalts aufzuheben. Das Berufungsgericht wird über den Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats und der für die Zeit ab 1. Januar 2008 zu beachtenden gesetzlichen Neuregelung erneut zu entscheiden haben.
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.03.2004 - 253 F 174/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 23.05.2005 - II-2 UF 125/04 -
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
- 2
- Sie hatten im Januar 2000 die Ehe geschlossen, aus der ihr im November 2001 geborener Sohn hervorgegangen ist. Nach der Trennung im September 2003 wurde die Ehe im April 2006 rechtskräftig geschieden.
- 3
- Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Seit 2005 besuchte er eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung, seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16.00Uhr in einen Hort. Er leidet unter chronischem Asthma.
- 4
- Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.
- 5
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Betreuungs - und Aufstockungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab November 2007 in Höhe von monatlich 837 € verurteilt. Das Kammergericht hat die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 € für die Zeit ab November 2007 und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt hat, zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, "weil die Fragen, ob die Klägerin aufgrund des seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrechts gehalten ist, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen und ihr Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen ist, grundsätzliche Bedeutung haben".
- 6
- Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil verfolgt der Beklagte seine Berufungsanträge in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
A
- 7
- Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 8
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
- 9
- Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).
B
- 10
- Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 11
- Das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2008, 1948 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gegenwärtig nicht in Betracht komme.
- 12
- Die für die Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe schlüssig dargelegt, dass es ihr aus Kindeswohlgründen derzeit nicht zumutbar sei, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das gemeinsame Kind sei im November 2007 erst sechs Jahre alt geworden und gehe seit September 2007 zur Schule. Es leide unstreitig an chronischem Asthma. Selbst wenn der Gesetzgeber für das neue Unterhaltsrecht das frühere Altersphasenmodell aufgegeben habe, folge daraus nicht automatisch , dass der betreuende Elternteil mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu verweisen sei. Vielmehr entspreche es jedenfalls bei der hier gegebenen Konstellation der Billigkeit, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern. Eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils beeinträchtige auch die Belange des Kindes. Ein gerade erst eingeschultes Kind benötige noch die Zuwendung und Betreu- ung eines Elternteils, was mit erheblichem zeitlichem Aufwand verbunden sei. Jedes Kind solle sich darauf verlassen können, dass es jedenfalls nach einem Hortbesuch zu Hause auf einen Elternteil treffe, der genügend Zeit habe, sich ihm zu widmen und nicht durch die Führung des Haushalts oder andere der Grundversorgung dienende Tätigkeiten daran gehindert sei.
- 13
- Die Klägerin sei nicht darauf verwiesen, die Großeltern mütterlicherseits oder andere Privatpersonen zu Betreuungszwecken in Anspruch zu nehmen, weil das Kind sich nicht zugunsten des unterhaltspflichtigen Elternteils darauf verweisen lassen müsse, zwischen den einzelnen Betreuungsinstitutionen hin und her geschoben zu werden, damit der betreuende Elternteil seinen Lebensunterhalt verdienen oder berufliche Nachteile ausgleichen könne. Eine regelmäßige Inanspruchnahme dritter Bezugspersonen neben der Hortbetreuung stelle eine Zumutung dar, zumal die Klägerin ohnehin im Falle einer Erkrankung des Kindes auf diese Betreuungsmöglichkeit angewiesen sei. Schließlich sei die Klägerin bereits jetzt zu fast 70 % teilschichtig erwerbstätig.
- 14
- Vom Nettoeinkommen des Beklagten seien keine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen, weil es sich bei den wesentlichen Aufwendungen für die Eigentumswohnung nicht um Erhaltungs-, sondern um Modernisierungsarbeiten handele, die in den hier relevanten Folgejahren nicht entstünden. Es seien deswegen insoweit zusätzliche Einnahmen in Höhe von 389 € monatlich zu berücksichtigen. Vom Nettoeinkommen der Klägerin seien neben den Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung auch weitere Aufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge abzusetzen. Die Aufwendungen seien allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf 4 % des Bruttoeinkommens, also auf rund 105 €, begrenzt.
- 15
- Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei weder zeitlich zu befristen noch zur Höhe zu begrenzen. Zwar lege die Aufspaltung des Unterhaltsanspruchs in einen Basisunterhalt von drei Jahren und einen Folgeunterhalt aus kind- und ehebezogenen Gründen nahe, in Anknüpfung an den Verlängerungsgrund eine Befristung auszusprechen, soweit der Wegfall des Verlängerungsgrundes absehbar sei. Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt sei aus sich heraus durch die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes begrenzt, dessen genaue Dauer nicht exakt absehbar sei. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs und eine Verweisung des betreuenden Elternteils auf eine prozessuale Durchsetzung seines künftigen Anspruchs widersprächen auch dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Denn der Anspruch solle die wirtschaftlichen Grundlagen für eine stabile Betreuungs- und Lebenssituation schaffen.
- 16
- Zurzeit komme eine Befristung schon deswegen nicht in Betracht, weil die weitere Entwicklung des Kindes nicht vorhersehbar sei. Außerdem könne noch keine sichere Prognose abgegeben werden, ob und in welchem Umfang der Klägerin infolge der Kindesbetreuung weitere ehebedingte Nachteile entstünden. Derzeit stehe lediglich fest, dass die Klägerin wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes keine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausüben könne. Ehebedingte Nachteile könnten sich daraus ergeben, dass sie wegen der Kindesbetreuung nicht an wichtigen Fortbildungsveranstaltungen oder Klassenfahrten teilnehmen könne. Eine Herabsetzung vom eheangemessenen auf den angemessenen Unterhaltsbedarf nach der eigenen Lebensstellung der Klägerin als Studienrätin komme ebenfalls nicht in Betracht. Zwar beruhe der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur teilweise auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und im Übrigen auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs komme aber nur in Betracht, wenn die Unterhaltspflicht in Höhe des eheangemessenen Bedarfs für den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Belange des gemeinsamen Kindes unbillig sei.
II.
- 17
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 18
- Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I S. 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
- 19
- 1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1746 ff.). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).
- 20
- a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber die Regelung übernommen, die er mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 2942) für den Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes in § 1615 l Abs. 2 BGB eingeführt hatte. Der betreuende Elternteil kann danach frei entscheiden, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will (vgl. Dose Jugendamt 2009, 1).
- 21
- Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er allerdings eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
- 22
- b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
- 23
- Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Kind- oder elternbezogene Gründe , die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 24
- 2. Die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden kindbezogenen Verlängerungsgründe finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 GG, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht ist. Da den nichtehelich geborenen Kindern nach Art. 6 Abs. 5 GG durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind wie den ehelichen Kindern, sind kindbezogene Verlängerungsgründe bei den Ansprüchen auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB und auf Unterhalt bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen in § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB und § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB deswegen auch wortgleich ausgestaltet. Wegen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes der Kinder sind diese Verlängerungsgründe stets vorrangig zu prüfen und entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 3).
- 25
- a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG FamRZ 2007, 965, 969 ff.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; Puls FamRZ 1998, 865, 870 f.; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 11 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB XII). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII; BT-Drucks. 16/6980 S. 8; zur früheren Regelung in § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. schon Senatsurteil vom 5. Juli 2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, 1365).
- 26
- Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist.
- 27
- b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (BVerfGE FamRZ 2007, 965, 968; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998; OLG München FamRZ 2008, 1945 f.; vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 67; Viefhues ZFE 2008, 44, 45; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.; Graba FamRZ 2008, 1217, 1221 f.; Zimmermann FPR 2009, 97, 98). Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (vgl. Meier FamRZ 2008, 101, 104).
- 28
- Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (OLG Köln FamRZ 2008, 2119, 2129; OLG Celle FF 2009, 81, 82; wohl auch OLG Jena FamRZ 2008, 2203, 2205; Wellenhofer FamRZ 2007, 1282, 1283; Büttner FPR 2009, 92, 94; Leitlinien des OLG Hamm unter Nr. 17.1.1 NJW 2008 Beilage zu Heft 10 S. 50; vgl. dazu Born FF 2009, 92, 94 ff. und Borth FamRZ 2008, 1, 6), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.
- 29
- c) Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. schwere Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten.
- 30
- Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.
- 31
- 3. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.). Wie sich schon aus der Systematik des § 1570 BGB ergibt, sind elternbezogene Verlängerungsgründe im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.
- 32
- Diese Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748 f.), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.
- 33
- 4. Diesen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trägt die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung.
- 34
- a) Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Klägerin vorrangig auf das Alter des gemeinsamen Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kind nach Beendigung der Schulzeit bis 16.00 Uhr einen Hort aufsucht. Die Beaufsichtigung und Betreuung des Kindes ist deswegen werktäglich bis 16.00 Uhr sichergestellt. Weil das Berufungsge- richt über die pauschale Angabe, das Kind leide unter chronischem Asthma, hinaus keine konkreten Auswirkungen festgestellt hat, sind auch keine Umstände ersichtlich, die zusätzliche Betreuungsleistungen der Klägerin in der Zeit bis 16.00 Uhr erfordern könnten. Andererseits hat das Berufungsgericht auch nicht festgestellt, dass die Klägerin als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16.00 Uhr hinaus berufstätig sein müsste. Kindbezogene Gründe für eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit und somit für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus hat das Berufungsgericht damit nicht festgestellt.
- 35
- Auch die Billigkeitsabwägung, ob elternbezogene Gründe, insbesondere der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung, zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führen , obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Senat nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des Kammergerichts im Ergebnis gerechtfertigt sein. An den hierzu erforderlichen Feststellungen fehlt es indessen. Denn das Berufungsgericht hat im Rahmen der kindbezogenen Gründe vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und deswegen schon kindbezogene Verlängerungsgründe angenommen. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit oder zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes nach Beendigung der Hortbetreuung, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
III.
- 36
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 37
- 1. Soweit sich die Revision auch gegen die Unterhaltsberechnung wendet , sind ihre Angriffe gegen das angefochtene Urteil nicht begründet.
- 38
- a) Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Einkommen des Beklagten - abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts - zusätzliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 389 € hinzugerechnet. Zwar hatte der Beklagte in der für die Einkommensbemessung herangezogenen Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 erhebliche Beträge für die Badsanierung investiert. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber darauf abgestellt, dass es sich dabei um einmalige Modernisierungsarbeiten und nicht um wiederkehrenden Erhaltungsaufwand handelt. Im Rahmen der Prognose für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 kann deswegen nicht von derartigen Kosten ausgegangen werden.
- 39
- b) Auch soweit die Revision die Bemessung des Einkommens der Klägerin angreift, hat dies - vorbehaltlich des Umfangs ihrer Erwerbsobliegenheit - keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat von den Kosten der Klägerin für ihre Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung einen Anteil von 4 % ihres Bruttoeinkommens abgesetzt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1822). Danach ist sowohl ein Unterhaltspflichtiger als auch ein Unterhaltsberechtigter im Rahmen des Ehegattenunterhalts berechtigt, von seinen eigenen Einkünften 4 % des Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersvorsorge zu verwenden. Jedenfalls unter Berücksichtigung der jüngsten Kürzungen der Beamtenpensionen gilt dies auch für die Klägerin als Lehrerin.
- 40
- 2. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hat das Berufungsgericht gegenwärtig noch zu Recht abgelehnt.
- 41
- a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts ist jedenfalls nicht schon nach der Systematik des § 1570 BGB geboten. Danach steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zu. Der Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhalt bilden somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; vgl. auch Dose Jugendamt 2009, 1, 4 f.). Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen, ist ein künftiger Betreuungsunterhalt abzuweisen (Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 83).
- 42
- b) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 155; Peschel-Gutzeit Unterhaltsrecht aktuell Rdn. 57; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 Rdn. 335; Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1578 b BGB Rdn. 5).
- 43
- c) Soweit nach bisheriger Rechtsprechung des Senats hier neben einem Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt noch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Betracht kommen sollte (vgl. insoweit Senatsurteile vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407 f. [zu § 1572 BGB]; vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 [zu § 1571 BGB] und vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. [zu § 1570 BGB]; so auch Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rdn. 423 ff.; a.A. für das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 76 und FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 355; vgl. auch OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450) scheidet eine Befristung schon mangels hinreichend klarer Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus. Einer Befristung dieses Anspruchs steht aber auch entgegen , dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar ist, ob die Klägerin infolge der Kindererziehung ehebedingte Nachteile erlitten hat oder noch erleiden wird.
- 44
- d) Zu Recht hat das Berufungsgericht hier auch noch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin der Höhe nach - vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung - abgelehnt. Zwar kommt eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt (Graba FamRZ 2008, 1217, 1222). Besonders in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung bis auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung des gemeinsamen Kindes trotz des abgesenkten Un- terhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, während eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Soweit das Berufungsgericht hier eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, weil der Umfang eventueller ehebedingter Nachteile noch nicht hinreichend feststehe , ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
Vorinstanzen:
AG Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 29.08.2007 - 20 F 5145/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.04.2008 - 18 UF 160/07 -