Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2005 - XII ZR 31/03

bei uns veröffentlicht am09.11.2005
vorgehend
Amtsgericht Haldensleben, 16 F 3/02, 06.06.2002
Oberlandesgericht Naumburg, 8 UF 163/02, 19.12.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 31/03 Verkündet am:
9. November 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1612 b Abs. 5, 1610 Abs. 1; Regelbetrag-VO § 2

a) Zur Anrechnung des Kindergeldes, wenn der Unterhaltspflichtige
außerstande ist, mindestens 135 % des Regelbetrags der Regelbetrag
-Verordnung (hier: § 2, Regelbetrag Ost) zu leisten (Festhaltung an Senatsurteil
vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 447).

b) Zur pauschalierenden unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung berufsbedingter
Aufwendungen mit 5 % vom Nettoeinkommen und zu den Anforderungen
an die Darlegung und den Nachweis höherer Fahrt- und Übernachtungskosten
eines bundesweit auf wechselnden Baustellen eingesetzten Leiharbeitnehmers.
BGH, Urteil vom 9. November 2005 - XII ZR 31/03 - OLG Naumburg
AG Haldensleben
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Sprick, die Richterinnen Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats - 2. Familiensenat - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Dezember 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die im Beitrittsgebiet lebenden Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Die im August 1997 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten und seiner 2001 von ihm geschiedenen Ehefrau, in deren Obhut sie sich befindet.
3
Mit ihrer Klage beantragte sie, den Beklagten zu verurteilen, an sie rückständigen Kindesunterhalt für die Monate Juni bis Dezember 2001 in Höhe von insgesamt 408,01 € nebst Zinsen sowie ab 1. Januar 2002 laufenden monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 123,5 % des jeweiligen Regelbetrages gemäß § 2 Regelbetrag-Verordnung der jeweiligen Altersstufe "unter Abzug des jeweilig gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB anteilig anzurechnenden Kindergeldes zu zahlen, was ab 01.01.2002 einem Betrag in Höhe von 215 € gemäß der ersten Altersstufe abzüglich eines anzurechnenden anteiligen staatlichen Kindergeldes in Höhe von 57 €, somit monatlich 158 € entspricht".
4
Das Amtsgericht gab der Klage statt, hinsichtlich des laufenden Unterhalts allerdings "unter Abzug eines anteiligen Kindergeldes von derzeit 0,-- Euro".
5
Die Berufung des Beklagten, mit der er zuletzt noch seine Verurteilung zu mehr als 88,86 € rückständigem Unterhalt und im übrigen zu mehr als 60 % des jeweiligen Regelbetrages bekämpfte, hatte nur geringen Erfolg, nämlich insoweit, als das Berufungsgericht den laufenden Unterhalt auf 116 % des jeweiligen Regelbetrages - ebenfalls ohne Anrechnung von Kindergeld - herabsetzte.
6
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht wegen der Frage der Anrechnung des Kindergeldes zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seine zuletzt gestellten Berufungsanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe der Klägerin unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zugesprochen, als sie beantragt habe. Insoweit kann dahinstehen, ob schon das Amtsgericht ge- gen diese Vorschrift verstoßen hatte, indem es laufenden Unterhalt ohne Anrechnung des im Klageantrag angegebenen Kindergeldanrechnungsbetrages von 57 € zusprach, oder ob diese bezifferte Angabe lediglich eine das Klagebegehren nicht einschränkende Erläuterung der eigenen Berechnung der Klägerin darstellte. Jedenfalls wäre ein solcher Verstoß dadurch geheilt worden, dass die Klägerin ausweislich des Protokolls der Berufungsverhandlung das angefochtene Urteil verteidigt und Zurückweisung der Berufung beantragt hat.
9
Dem steht - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht entgegen , dass die Klägerin sich in ihrer Berufungserwiderung der Auffassung des Beklagten angeschlossen hatte, das Amtsgericht habe § 1612 b Abs. 5 BGB verkannt, indem es von einer anteiligen Anrechnung des Kindergeldes abgesehen habe. Maßgeblich ist, was die Klägerin zuletzt beantragt hat, und dieser Antrag ist auch im Hinblick auf ihre in der Berufungserwiderung dargelegte Rechtsauffassung schon deshalb nicht einschränkend auszulegen, weil sie das angefochtene Urteil in der letzten mündlichen Verhandlung ohne ersichtliche Einschränkung "verteidigt" hat, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, sie habe auch dann noch an ihrer insoweit entgegenstehenden Ansicht festhalten wollen.
10
2. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Naumburg 2003, 297 ff. veröffentlicht ist, geht anhand vorgelegter Gehaltsabrechnungen von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen - ohne Aufwandsentschädigungen - des als Leiharbeiter beschäftigten Beklagten in Höhe von rund 2.146 DM aus. Weitere rund 1.000 DM monatlich, die er als Aufwendungsersatz für Fahrtkosten und auswärtige Unterbringung erhält (aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur auswärtige Übernachtungen und erhöhten Verpflegungsaufwand abdecken sollen), rechnet es nach den Leitli- nien des OLG Naumburg mit einem Drittel hinzu und gelangt so zu einem Einkommen von rund 2.472 DM (richtig: 2.479 DM).
11
Das Berufungsgericht lehnt es ab, davon die vom Beklagten behaupteten Fahrtkosten von monatlich rund 800 DM in Abzug zu bringen, weil diese durch die vorgelegten Aufstellungen nicht nachgewiesen seien, und berücksichtigt stattdessen lediglich pauschal 5 % als berufsbedingte Aufwendungen. Somit sei von einem Einkommen von 2.349 DM auszugehen, was der 1. Einkommensgruppe der Leitlinien des OLG Naumburg entspreche. Allerdings sei ein Verpflichteter nach diesen Leitlinien um eine Einkommensgruppe höher einzustufen, wenn er nur einem Kind und einem Ehegatten unterhaltspflichtig sei. Da der Beklagte allein der Klägerin Unterhalt schulde, sei er daher erst recht höher einzustufen. Allerdings sei eine weitergehende Korrektur durch Höhergruppierung um zwei Einkommensstufen, wie sie das Amtsgericht vorgenommen habe, angesichts des hohen zeitlichen Aufwandes des Beklagten für Überstunden und Fahrten zu auswärtigen Arbeitsstellen hier nicht angemessen. Der Bedarf der Klägerin sei daher nach der 2. Einkommensgruppe der Tabellen des OLG Naumburg (Stand 1.7.2001/1.1.2002, FamRZ 2001, 966, 967, Einkommen 1.300 bis 1.500 €), 1. Altersstufe, mit 392 DM (202 €) anzusetzen, was 116 % des Regelbetrages gemäß § 2 Regelbetrag-Verordnung (174 €) entspreche.
12
3. Zwar sei das an einen anderen als den Barunterhaltspflichtigen gezahlte Kindergeld nach § 1612 b Abs. 1 BGB grundsätzlich hälftig auf den Unterhaltsanspruch des Kindes anzurechnen. Dies gelte nach Absatz 5 dieser Vorschrift aber nicht, wenn der Unterhaltspflichtige außerstande sei, Unterhalt in Höhe von mindestens 135 % des Regelbetrages zu leisten. Das sei hier der Fall. Insoweit könne dahinstehen, ob auf den Regelbetrag des § 1 oder des für das Beitrittsgebiet maßgeblichen § 2 der Regelbetrag-Verordnung abzustellen sei, weil der Beklagte schon nicht in der Lage sei, mehr als 116 % des geringeren Regelbetrages des § 2 zu leisten.
13
Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur vertrete zwar die Auffassung, bei einer Leistungsfähigkeit von unter 135 % sei das hälftige Kindergeld jedenfalls mit dem Teilbetrag anzurechnen, der die Differenz zwischen 135 % des Regelbetrages und dem, was der Unterhaltspflichtige zahlen könne, übersteige. Dem sei jedoch nicht zu folgen, weil § 1612 b Abs. 5 BGB das Barexistenzminimum des unterhaltsberechtigten Kindes sicherstellen solle, dieser Betrag bei der genannten Anrechnungsmethode aber nur fiktiv und nicht tatsächlich erreicht werde.
14
4. Das hält den Angriffen der Revision nicht stand.
15
a) Die Frage, ob bei einer Leistungsfähigkeit von unter 135 % des Regelsatzes das dem anderen Elternteil ausgezahlte Kindergeld nach § 1612 b Abs. 5 BGB nur anteilig oder gar nicht anzurechnen ist, hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils ebenso geklärt wie die Frage, ob insoweit der Regelbetrag des § 1 oder gegebenenfalls des § 2 der Regelbetrag-Verordnung maßgeblich ist.
16
Schuldet der Unterhaltspflichtige Kindesunterhalt nach § 2 der Regelbetrag -Verordnung, richtet sich auch die Anrechnung des Kindergeldes im Sinne von § 1612 b Abs. 5 BGB nach den Werten dieser Regelbeträge (Ost), vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 48/04 - FamRZ 2005, 611 f.
17
Nach § 1612 b Abs. 5 BGB unterbleibt eine Anrechnung des Kindergeldes , "soweit" (und nicht: "wenn") der Unterhaltspflichtige außer Stande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages zu leisten. Übersteigt das hälftige Kindergeld die Differenz zwischen 135 % des maßgeblichen Regelbetrages und dem Betrag, den der Verpflichtete nach seinen Einkommensverhältnissen zu leisten hat, ist der verbleibende Teilbetrag, der zur rechnerischen "Auffüllung" auf 135 % des Regelbetrages nicht benötigt wird, anzurechnen (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 447; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 aaO S. 612; siehe zur Anrechnung des Kindergeldes allgemein auch Senatsurteil BGHZ 150, 12, 28 ff.).
18
Dieser Rechtsprechung haben sich die Oberlandesgerichte inzwischen durchweg angeschlossen und zum Teil entsprechende Anrechnungstabellen entwickelt (vgl. Anlage zu Teil A Anmerkung 10 der Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Juli 2005 - FamRZ 2005, 1303; Berliner Tabelle FamRZ 2005, 1305; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 1311; OLG Bremen FamRZ 2005, 1316; OLG Celle FamRZ 2005, 1320; OLG Dresden FamRZ 2005, 1325; OLG Frankfurt FamRZ 2005, 1335; OLG Hamburg FamRZ 2005, 1339, OLG Hamm FamRZ 2005, 1345; KG Berlin FamRZ 2005, 1352; OLG Köln FamRZ 2005, 1361; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 1366; OLG Rostock FamRZ 2005, 1371; OLG Schleswig FamRZ 2005, 1376; Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland FamRZ 2005, 1380).
19
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Revisionserwiderung fest. Insbesondere kann die Revisionserwiderung sich für ihre Auslegung des § 1612 b Abs. 5 BGB nicht darauf stützen, auch der Senat verwende offenbar, einem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend, das Wort "soweit" als Synonym für "wenn", so namentlich in seinem Urteil vom 22. Januar 2003 (- XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 a.E.). Der dort sprachlich ungenauen Wiedergabe der gesetzlichen Regelung kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Senat im vorletzten Absatz seiner Entscheidungsgründe (aaO S. 367) ausgeführt hat, eine Anrechnung des Kindergeldes komme in diesem Fall nicht in Betracht, weil das hälftige Kindergeld zusammen mit dem geschuldeten Unterhalt den Regelbetrag nach der Regelbetrag-Verordnung nicht übersteige (und damit erst recht nicht 135 % des Regelbetrags). Auch diese Entscheidung steht daher im Einklang mit der bereits zitierten Rechtsprechung des Senats.
20
b) Ob somit im vorliegenden Fall Kindergeld anteilig anzurechnen ist, kann allerdings nicht beurteilt werden, weil auch die Entscheidung des Berufungsgerichts , der Beklagte schulde laufenden Kindesunterhalt in Höhe von 116 % des jeweiligen Regelbetrages, der revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhält.
21
aa) Bei der Feststellung, in welchem Umfang der Beklagte leistungsfähig ist, hätte das Berufungsgericht dessen berufsbedingte Aufwendungen nicht pauschal mit nur 5 % vom Einkommen absetzen dürfen.
22
Grundsätzlich obliegt es zwar den Instanzgerichten, den Umfang berufsbedingter Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen im Rahmen des ihnen eingeräumten tatrichterlichen Ermessens zu berücksichtigen, wobei auch auf pauschalierende Berechnungsmethoden zurückgegriffen werden darf (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 537) .
23
Deshalb ist aus Rechtsgründen im Ansatz nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht Ziffer 2.1.1 seiner Unterhaltsleitlinien (Stand 1.7.2001/1.1.2002 FamRZ 2001, 966; ähnlich Ziffer 10.2.1 der Leitlinien Stand 1.7.2005 FamRZ 2005, 1361, 1364) anwendet. Diese sehen vor, dass solche Aufwendungen in der Regel mit 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden und dass, wenn höhere Aufwendungen geltend gemacht werden oder ein Mangelfall vorliegt, die (gesamten) Aufwendungen im einzelnen darzulegen, nachzuweisen und gegebenenfalls nach § 287 ZPO zu schätzen sind.
24
Zu Recht rügt die Revision aber, dass das Berufungsgericht hier die Anforderungen an die erforderliche Darlegung der Fahrtkosten und an ihren Nachweis überspannt hat.
25
Der Beklagte ist Leiharbeitnehmer und wird auf kurzfristigen Abruf auf Großbaustellen im gesamten Bundesgebiet eingesetzt. Angesichts der hierfür erforderlichen Mobilität wird er nicht auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen werden können. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass eine Pauschale von 5 % des Einkommens dem Aufwand für Fahrtkosten in einem solchen Fall jedenfalls dann ersichtlich nicht gerecht wird, wenn - wie hier - der Unterhaltspflichtige unter Bezeichnung der wechselnden Arbeitsstellen nachvollziehbar darlegt, von Mai 2001 bis April 2002 rund 23.400 km, monatlich also fast 2.000 km, für Fahrten zwischen seinem Wohnort bzw. dem Ort seiner auswärtigen Unterbringung und der jeweiligen Arbeitsstelle zurückgelegt zu haben, und der Arbeitgeber ihm diese Kosten nicht ersetzt.
26
Angesichts der detaillierten und übersichtlichen Zusammenstellung in Form von Monatstabellen, in denen für jeden Arbeitstag der Einsatzort und die zurückgelegte Entfernung aufgeführt sowie angegeben wird, ob eine Heimfahrt oder eine Übernachtung am Einsatzort stattfand, hätte die Klägerin sich nicht auf ein pauschales Bestreiten dieser Angaben beschränken dürfen. Zumindest hätten diese für eine nach § 287 ZPO vorzunehmende Schätzung ausgereicht.
27
Auch soweit der Beklagte für einzelne Monate, teilweise unter Vorlage von Gehaltsabrechnungen, Fahrtkostenerstattungen seines Arbeitgebers angegeben hat, waren diese nicht geeignet, den behaupteten Aufwand insgesamt in Frage zu stellen, sondern hätten davon abgezogen werden können.
28
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dürfte auch der Umstand , dass der Beklagte ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 2000 keine Fahrtkosten als Werbungskosten geltend gemacht hat, nicht geeignet sein, seine Darlegungen insgesamt in Zweifel zu ziehen. Denn immerhin wurden darin 4.818 DM als Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung anerkannt. Dem Arbeitnehmer stand nämlich bei Einsatzwechseltätigkeit ein Wahlrecht zu, Heimfahrten entweder als Fahrtkosten von und zum Arbeitsort und damit als Werbungskosten oder aber als Mehraufwand im Rahmen doppelter Haushaltsführung geltend zu machen (vgl. BFH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - VI R 2/92 - BB 1995, 179 ff.; Änderung dieser Rechtsprechung erst durch BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 - VI R 7/02 - BB 2005, 1826 ff.).
29
bb) Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Das Revisionsgericht kann auch nicht selbst entscheiden, weil zuverlässige Feststellungen zum einsetzbaren Einkommen des Beklagten fehlen und daher schon nicht abschließend beurteilt werden kann, in welche Einkommensgruppe der Beklagte einzustufen ist. Dies ist Voraussetzung für die Beantwortung der weiteren Fragen, ob wegen des Umstandes, dass er nur seinem Kind unterhaltspflichtig ist, eine Höherstufung vorzunehmen ist, und ob gegebenenfalls sein notwendiger Selbstbehalt gewahrt wäre und eine Anrechnung von Kindergeld angesichts des zu zahlenden Unterhalts überhaupt noch in Betracht kommen kann. Dies gilt sowohl für die Höhe des geltend gemachten Rückstandes als auch für den laufenden Unterhalt.
30
5. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen daher - notfalls im Wege der Schätzung - nachzuholen haben. Die Zurückverweisung gibt den Parteien zugleich Gelegenheit, zur weiteren Entwicklung des Einkommens des Beklagten vorzutragen.
31
Dabei wird, da insoweit Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen und das Berufungsurteil auch nicht ergänzend auf den Akteninhalt Bezug nimmt, insbesondere zu berücksichtigen sein, dass der Beklagte seit dem 1. Januar 2002 bei einem neuen Arbeitgeber beschäftigt ist und Ziffer 6.4 des zu den Akten gereichten Mitarbeitervertrages vorsieht, dass neben dem vereinbarten Stundenlohn "Aufwandsentschädigungen und Auslösen … im Rahmen des derzeit gültigen Steuerrechts gezahlt (werden), wenn dem Mitarbeiter zum Erreichen des zugewiesenen Arbeitsplatzes Aufwendungen entstehen, die das normal zumutbare Maß übersteigen".
32
Dem entsprechen die Angaben des Beklagten in den von ihm vorgelegten monatlichen Aufstellungen, für den Einsatz auf den Arbeitsstellen B. , L. und S. von seinem Arbeitgeber - neben Erstattungen für Verpflegungsmehraufwand - im Januar 2002 380 €, im Februar 2002 400 €, im März 2002 380 € und im April 2002 320 € "Fahrgeld" erhalten zu haben. Diese waren im übrigen steuerfrei, wie sich aus der Lohnabrechnung für März 2002 ergibt (die ein Fahrgeld von 400 € und nicht von nur 380 € ausweist ). Das hat die Klägerin sich auf Seite 3 ihrer Berufungserwiderung zu eigen gemacht.
33
Diese Beträge entsprechen nahezu den gesamten Fahrtkosten, die der Beklagte durchgängig geltend macht, so dass zu prüfen sein wird, ob der Beklagte derartige Erstattungen nur vorübergehend oder auch weiterhin erhalten hat und Übernachtungskosten auch in der Folgezeit nicht mehr anfielen. Auch dazu fehlt es bisher an entsprechenden Feststellungen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Haldensleben, Entscheidung vom 06.06.2002 - 16 F 3/02 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 19.12.2002 - 8 UF 163/02 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2005 - XII ZR 31/03

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(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen. (2) Haben Eltern einem unverheirat
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Referenzen

(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

(3) Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 48/04
vom
9. Februar 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1612 b Abs. 5; Regelbetrag-VO §§ 1 und 2
Schuldet der Unterhaltspflichtige Kindesunterhalt nach § 2 der RegelbetragVerordnung
, richtet sich auch die Anrechnung des Kindergeldes i.S. von
§ 1612 b Abs. 5 BGB nach den Werten dieser Regelbeträge (Ost).
BGH, Beschluß vom 9. Februar 2005 - XII ZB 48/04 - OLG Naumburg
AG Halle-Saalkreis
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Kindesunterhalt. Der Antragsgegner hatte mit Zustimmung der Kindesmutter anerkannt, der Vater des Antragstellers zu sein, und sich in einer Jugendamtsurkunde vom 16. Dezember 1999 verpflichtet, an ihn Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes zu leisten. Mit dem vorliegenden Antrag im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger begehrt der Antragsteller im Hinblick auf die Neuregelung in § 1612 b Abs. 5 BGB einen vollständigen Wegfall der Kindergeldanrechnung. Das Amtsgericht hat ausgesprochen, daß sich der festgesetzte Unterhalt ab Antragseingang nur insoweit um das hälftige Kindergeld vermindert, als es zusammen mit dem Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages übersteigt. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die
Anrechnung des Kindergeldes für die Zeit ab Antragseingang bis zum 30. September 2005 konkret auf monatlich 12 € begrenzt und entschieden, daß eine Anrechnung des Kindergeldes ab dem 1. Oktober 2005 nicht mehr erfolgt. Dagegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde des Antragstellers, für die er Prozeßkostenhilfe begehrt.

II.

Dem Antragsteller ist die begehrte Prozeßkostenhilfe zu versagen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Zwar dürfen die Voraussetzungen an eine Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überspannt werden, weil Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes gebietet (BVerfG FuR 2004, 400, 401 m.w.N.). Auch bei Anlegung dieses strengen Maßstabs war es im vorliegenden Fall aber nicht geboten, dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe zur Durchführung seiner Rechtsbeschwerde zu gewähren, weil schon nach einer summarischen Prüfung von vornherein keine Erfolgsaussicht gegeben war. 1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in OLGR Naumburg 2004, 333 veröffentlicht ist, ist zutreffend von § 1612 b Abs. 5 BGB ausgegangen , wonach eine Anrechnung des Kindergeldes unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung (Regelbetrag-VO) zu leisten. Weil die Parteien in den neuen Bundesländern leben und der Antragsgegner deswegen lediglich in Höhe der Regelbeträge nach § 2 der Regelbetrag-VO unterhaltspflichtig
ist, sei auch im Rahmen des § 1612 b Abs. 5 BGB auf diese Beträge abzustellen. Deswegen verbleibe bei dem vom Antragsgegner geschuldeten Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags während der ersten Altersstufe bis zur Vollendung des fünften Lebensjahres lediglich eine Anrechnung in Höhe von 12 € monatlich (Regelbetrag Ost = 183 € abzüglich 171 €, die sich als Differenz zwischen 135 % des Regelbetrags Ost <248 €> und dem halben Kindergeld <77 €> ergeben). Ab Beginn des sechsten Lebensjahres verbleibe in der zweiten Altersstufe kein anrechenbares Kindergeld mehr (Regelbetrag Ost = 222 € abzüglich 223 €, die sich als Differenz zwischen 135 % des Regelbetrags Ost <300 €> und dem halben Kindergeld <77 €> ergeben). Der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil er von der ständigen Rechtsprechung des 2. Senats für Familiensachen dieses Gerichts abweiche, wonach für die Begrenzung der Kindergeldanrechnung nach § 1612 b Abs. 5 BGB stets auf die Regelbeträge des § 1 der Regelbetrag-VO abzustellen sei. 2. Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch bei der Begrenzung der Kindergeldanrechnung nach § 1612 b Abs. 5 BGB auf die - geringeren - Regelbeträge für die neuen Bundesländer in § 2 der Regelbetrag-VO abgestellt.
a) Zwar verfolgt die gesetzliche Regelung in § 1612 b Abs. 5 BGB allgemein das Ziel, das Existenzminimum eines Kindes sicherzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats besitzen minderjährige Kinder ohne Einkünfte allerdings keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 1 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Mit der Aufhebung der früheren Vorschrift des § 1610 Abs. 3 BGB über den Regelunterhalt nichtehelicher Kinder ist auch
die Definition des Mindestbedarfs im Unterhaltsrecht entfallen. Die an dessen Stelle getretenen Regelbeträge sollten als Basiswerte der Unterhaltstabellen und als Bezugsgrößen für die Unterhaltsanpassung dienen. In Höhe der Regelbeträge sollte das Kind zwar von der Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf befreit sein; von der Festlegung eines Mindestbedarfs wurde aber bewußt abgesehen (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 538 m.w.N. aus dem Gesetzgebungsverfahren). Da § 1612 b Abs. 5 BGB allerdings vorsieht, daß eine Anrechnung des Kindergeldes bereits dann unterbleibt, wenn der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-VO zu leisten, erscheint es gerechtfertigt, diesen pauschalen Satz auch für das in die Mangelverteilung einzustellende Existenzminimum von Kindern heranzuziehen (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 447 m.w.N. und BVerfG FamRZ 2003, 1370, 1373 = BVerfGE 108, 52 ff.).
b) Allerdings ist damit noch nichts darüber gesagt, ob das sächliche Existenzminimum in den neuen und den alten Bundesländern in gleicher Höhe bemessen werden muß. Solches ergibt sich jedenfalls nicht aus der einheitlichen Höhe des Kindergeldes nach § 6 BKGG. Denn das Kindergeld kann die Unterhaltslast der Eltern allenfalls mindern; Rückschlüsse auf die Höhe des sächlichen Existenzminimums und damit auch auf die Frage, ob dieses in den neuen Bundesländern gleich hoch ist wie im übrigen Bundesgebiet, lassen sich daraus nicht ziehen. Gegen ein einheitliches sächliches Existenzminimum spricht vielmehr der Inhalt der nach § 1612 a Abs. 3 bis 5 BGB erlassenen und in § 1612 b Abs. 5 BGB in Bezug genommenen Regelbetrag-VO, die auf der Grundlage der durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelte, die letztlich auch zu unterschiedlichen Lebenshaltungskosten führen, für die neuen Bundesländer und das übrige Bundesgebiet unterschiedliche Regelbeträge festlegt. Entspre-
chend verweist § 1612 b Abs. 5 BGB, der einen Barunterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags der ersten Einkommensstufe abzüglich halben Kindergeldes sicherstellen will, nicht ausdrücklich auf einen der Regelbeträge in den §§ 1 und 2 der Regelbetrag-VO. Vielmehr erklärt § 1612 b Abs. 5 BGB nach seinem Wortlaut die Vorschriften der Regelbetrag-VO allgemein für anwendbar , ohne sich auf die Regelbeträge nach dessen § 1 oder § 2 zu beschränken. Auch aus systematischer Sicht spricht dieser allgemeine Verweis deswegen für die Anwendbarkeit des jeweils geschuldeten Regelbetrags bei der Anrechnung des Kindergeldes nach § 1612 b Abs. 5 BGB. Letztlich würde es auch zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn der Antragsgegner Unterhalt zwar nur nach den geringeren Regelbeträgen des § 2 der Regelbetrag-VO schuldet, nach § 1612 b Abs. 5 BGB das ihm zustehende hälftige Kindergeld aber einsetzen müßte, um Kindesunterhalt in Höhe von 135 % nach den höheren Regelbeträgen des § 1 der Regelbetrag-VO sicherzustellen. Deswegen wird auch in der Literatur ganz überwiegend die Auffassung vertreten , daß die Anrechnung des Kindergeldes nach § 1612 b Abs. 5 BGB im Rahmen einer Unterhaltsverpflichtung nach § 2 der Regelbetrag-VO nur insoweit unterbleibt, wie der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % nach § 2 der Regelbetrag-VO zu leisten (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2 Rn. 510; FA-FamR/ Gerhardt , 4. Aufl., 6. Kap. Rn. 151 a; Scholz/Stein/Erdrich, Praxishandbuch Familienrecht , Teil I Rn. 35; Weinreich/Klein, Kompaktkommentar Familienrecht, § 1612 b Rn. 46; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Teil IV Rn. 1109). Entsprechend sieht auch die als Vortabelle zur Düsseldorfer Tabelle auf der Grundlage der Regelbeträge (Ost) erstellte Berliner Tabelle (FamRZ 2003, 906, 908) eine eigenständige Kindergeldabzugstabelle für solche Fälle vor, in denen Unterhalt nach den Regelbeträgen für die neuen Bundesländer (§ 2 Regelbetrag-VO) geschuldet wird.
Der Antragsgegner schuldet deswegen nach § 1612 b Abs. 5 BGB nur einen Zahlbetrag in Höhe von 135 % nach § 2 der Regelbetrag-VO abzüglich des hälftigen Kindergeldes, also in Höhe von 171 € (248 € - 77 €). Der anerkannte Tabellenbetrag nach § 2 der Regelbetrag-VO, der mit dem Betrag der ersten Einkommensgruppe der Berliner Tabelle übereinstimmt, beläuft sich hingegen auf 183 € monatlich. In Höhe der Differenz von monatlich 12 € (183 € - 171 €) kann der Antragsgegner deswegen nach § 1612 b Abs. 1, 5 BGB das Kindergeld auf seine Unterhaltspflicht während der ersten Altersstufe anrechnen , so daß sich ein Zahlbetrag in Höhe von monatlich 171 € für den Zeitraum vom 7. August 2003 bis zum 30. September 2005, um den es hier allein geht, ergibt.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 289/01 Verkündet am:
29. Januar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 3 Abs. 1 und 2.; Art. 6 Abs. 1
BGB § 1612 b Abs. 5
Die Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB, wonach eine Anrechnung des Kindergeldes
auf den Barunterhalt unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige nicht 135 % des Regelbetrages
leistet, dient der Sicherstellung des sächlichen Existenzminimums des
Kindes und verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1 GG (im Anschluß
an das Urteil des Senats vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536).
BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - OLG Stuttgart
AG Ravensburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. September 2001 wird als unzulässig verworfen, soweit der Beklagte das vorgenannte Urteil für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2000 angreift. Im übrigen wird auf die Revision des Beklagten das vorgenannte Urteil unter Zurückverweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten für die Zeit ab 1. März 2002 zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Wege der Abänderungsklage die Heraufsetzung des Unterhalts, den der Beklagte an sie aufgrund einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde zu zahlen hat.
Die am 10. März 1984 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus dessen zwischenzeitlich geschiedener Ehe mit der Mutter der Klägerin. Aus der Ehe ist außerdem die Tochter Andrea, geboren am 15. Oktober 1981, hervorgegangen. Beide Mädchen leben bei ihrer Mutter, die das Kindergeld bezieht. Die Klägerin geht zur Schule. Andrea, die die allgemeine Schulausbildung im Juli 2000 abgeschlossen hat, befindet sich seit 1. September 2000 mit einem Bruttoverdienst von rund 1.000 DM in der Berufsausbildung. Die Mutter der Klägerin ist seit Ende 1989 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe hat sie ein im September 1990 geborenes Kind. Sie verrichtet eine Teilzeitarbeit , mit der sie monatlich rund 1.000 DM netto verdient. Der Beklagte ist ebenfalls wieder verheiratet. Sein bereinigtes monatliches Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit beläuft sich nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen auf 2.789 DM. Er bewohnt mit seiner Ehefrau und einem von deren volljährigen Kindern ein Einfamilienhaus, welches er zusammen mit seiner Ehefrau im Juni 1999 gekauft hat. Im Rahmen der Finanzierung des Kaufes sind monatliche Raten von insgesamt 1.783 DM aufzubringen. Der Mietwert des Hausgrundstücks beträgt 1.000 DM. Die Ehefrau des Beklagten haftet gesamtschuldnerisch für die genannten Verbindlichkeiten. Sie ist vollschichtig erwerbstätig; ihr Einkommen hat der Beklagte nicht offengelegt. 1992 verpflichtete sich der Beklagte in einer Jugendamtsurkunde, an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von 325 DM zu bezahlen. Nachdem er von der Klägerin zur Auskunft über seine Einkommensverhältnisse und zur Erhöhung des Unterhalts aufgefordert worden war, verpflichtete er sich in Abänderung des vorgenannten Titels durch vollstreckbare Jugendamtsurkunde vom 5. April 2000 an die Klägerin ab 1. April 2000 einen monatlichen Unterhalt von 546 DM abzüglich hälftigen Kindergelds zu zahlen.
Das Familiengericht hat den Beklagten auf die Abänderungsklage der Klägerin antragsgemäß verurteilt, in Abänderung der Jugendamtsurkunde an die Klägerin ab 1. April 2000 121 % und ab 1. September 2000 128 % des jeweiligen Regelbetrags der dritten Altersstufe nach § 1 der RegelbetragVerordnung jeweils abzüglich hälftiges Kindergeld sowie ab 1. Januar 2001 einen monatlichen Unterhalt von 554 DM zu bezahlen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegt. Er hat im wesentlichen geltend gemacht, daß die Verbindlichkeiten aus dem Hauskauf einkommensmindernd zu berücksichtigen seien und daß die ab 1. Januar 2001 geltende Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB, wonach für ihn eine Kindergeldanrechnung auf den zu leistenden Unterhalt teilweise entfalle, offensichtlich verfassungswidrig sei. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Familiengerichts abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin für die Zeit von April bis Juli 2000 einen höheren als den in der Jugendamtsurkunde titulierten Unterhalt geltend gemacht hat. Im übrigen hat es die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat nur teilweise Erfolg.

A.

Die Revision ist nicht zulässig, soweit der Beklagte eine Herabsetzung des der Klägerin für die Zeit von August 2000 bis einschließlich Dezember 2000 zuerkannten Unterhalts begehrt; denn hierzu fehlt es an einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich jedoch auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. nur BGHZ 48, 134, 136; Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - zur Veröffentlichung bestimmt). Dies ist hier der Fall. In den Gründen seines Urteils hat das Oberlandesgericht zur Frage der Zulassung der Revision nach § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F. ausgeführt, daß die Frage, ob der Mindestbedarf des minderjährigen Kindes nach der Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB für die Zeit ab 1. Januar 2001 mit 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung anzusetzen sei, grundsätzliche Bedeutung habe. Darin ist eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf den ab 1. Januar 2001 geltend gemachten Unterhaltsanspruch zu sehen. Bezieht sich nämlich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des Zeitraums, für den ein Unterhaltsanspruch im Streit steht, treten keine Schwierigkeiten auf, den Umfang des Rechtsmittels zu bestimmen. In einem solchen Fall liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils des Unterhaltszeitraums zulassen wollen (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89 - BGHR ZPO § 546 Abs. 1 Satz 1 Revisionszulassung, beschränkte). Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung und verhindert umgekehrt, daß durch eine
formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streit- stoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen. Gerade im Unterhaltsrecht, das vielfach mehrere aufeinanderfolgende Zeiträume einer ganz unterschiedlichen rechtlichen Betrachtung unterwirft, kommt diesen Zielen eine gesteigerte Bedeutung zu. Besondere Gründe, die im vorliegenden Fall ein anderes Verständnis der Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zulassung der Revision als das einer bloßen Teilzulassung nahelegen könnten, sind nicht erkennbar.

B.

Hingegen ist die Revision in bezug auf die Unterhaltsansprüche der Klägerin ab 1. Januar 2001 zulässig. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, soweit sich der Beklagte gegen seine Verurteilung bis einschließlich Februar 2002 wehrt; für die Zeit danach, nämlich mit Rücksicht auf den Eintritt der Volljährigkeit der Klägerin im März 2002, führt die Revision zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. I. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin sei von einem bereinigten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten von 2.789 DM auszugehen. Hiervon seien die Kreditverbindlichkeiten zur Finanzierung des Einfamilienhauses des Beklagten und seiner Ehefrau auch insoweit nicht abzusetzen, als die Verbindlichkeiten den Wohnwert überstiegen. Denn Kredite, die der Unterhaltspflichtige zur Vermögensbildung aufnehme, müßten sich in einem angemessenen Rahmen
zum Wert des gebildeten Vermögens, hier also zum Wohnwert, halten. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Kredite, wie vorliegend, in Kenntnis der Unterhaltspflicht aufgenommen worden seien. Der Beklagte habe nicht dargetan , daß es für ihn unmöglich gewesen sei, die Finanzierung in einem angemessenen Rahmen zu halten. Ab Januar 2001 sei allerdings unabhängig vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten allgemein ein Betrag von 135 % des Regelbetrags (= 689 DM) als Mindestbedarf eines Kindes der dritten Altersstufe anzusehen. Es errechne sich somit ein Zahlbetrag von 554 DM (689 DM abzüglich 135 DM hälftiges Kindergeld). Denn der Gesetzgeber habe durch die Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB zum Ausdruck gebracht, daß ab diesem Zeitpunkt das Barexistenzminimum des Kindes gewährleistet sein müsse. Auch wenn in dieser Vorschrift der Mindestunterhalt nicht normiert sei, so weise sie jedoch authentisch darauf hin, daß der angemessene Kindesbedarf im Sinne von § 1610 Abs. 1 BGB wenigstens mit dem Existenzminimum zu bemessen sei. Dieses aber werde mit 135 % des Regelbetrags konkretisiert. Die Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB sei nicht verfassungswidrig. Ihre Neufassung stelle das Interesse des Kindes, Unterhalt in bedarfsdeckender Höhe vom barunterhaltspflichtigen Elternteil erhalten zu können, über das Interesse dieses Elternteils nach finanzieller Entlastung durch das staatliche Kindergeld. Dies sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. § 1612 b Abs. 5 BGB führe nur dazu, daß der Unterhaltspflichtige der Verpflichtung, um derentwillen ihm das Kindergeld gewährt werde, auch tatsächlich nachkommen könne. Das Existenzminimum des Barunterhaltspflichtigen sei in jedem Falle durch den Selbstbehalt gewahrt. Zwischen dem barunterhaltspflichtigen Elternteil und dem Kinde liege daher keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Zu einer solchen komme es auch nicht im Verhältnis zwischen dem barunterhaltspflichtigen und dem betreuenden Elternteil, da beide Formen des Unterhalts gleichwertig seien.
Schließlich sei die Schlechterstellung der Geringverdienenden, die das Kindergeld einsetzen müßten, gegenüber den Höherverdienenden, denen es belassen werde, jedenfalls durch das gesetzgeberische Ziel gerechtfertigt, das Existenzminimum des barunterhaltsbedürftigen Kindes zu sichern. II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur zum Teil stand. 1. Zu Unrecht macht die Revision allerdings geltend, das Oberlandesgericht hätte die Darlehensbelastungen des Beklagten aus der Finanzierung des mit seiner Ehefrau gekauften Einfamilienhauses einkommensmindernd berücksichtigen müssen. Das ist nach den vorliegenden Gegebenheiten nicht der Fall. Minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Lebensstandard im wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Deshalb sind unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 297/94 - FamRZ 1996, 160, 161 und vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 537). Ob die Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung , die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände an-
kommt (Senatsurteile vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 184 und vom 6. Februar 2002 aaO S. 537). Im Rahmen dieser in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Interessen- abwägung ist das Oberlandesgericht - bei der Prüfung des Bedarfs der Klägerin - für die Zeit vor dem 1. Januar 2001 zu dem Ergebnis gelangt, daß die monatlichen Raten von 1.783 DM, auch soweit sie den Wohnwert überstiegen, nicht anzurechnen seien, weil der Beklagte, der die Kredite in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht aufgenommen habe, nicht zu Lasten der Beklagten Vermögen bilden dürfe, und er außerdem nicht dargelegt habe, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, die Finanzierung in einem angemessenen Rahmen zum Wohnwert zu halten. Dabei hat es auch dem Umstand Bedeutung beigemessen, daß die Tilgungsrate des werthöchsten Darlehens von 245.000 DM nicht 1 %, sondern 2 % beträgt. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal der Beklagte auch nicht dargetan hat, ob und in welchem Umfang sich seine berufstätige zweite Ehefrau an den Lasten beteiligt. Die Revision zeigt solche Rechtsfehler auch nicht auf. 2. Nach diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Klägerin auch für die Zeit ab 1. Januar 2001, dem Inkrafttreten der Neufassung des § 1612 b Abs. 5 BGB durch Art. 1 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhalts vom 2. November 2000 (BGBl. I S. 1479) bemessen müssen. Es durfte nicht unabhängig vom Einkommen des Beklagten von einem Unterhaltsbedarf der Klägerin von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung ausgehen. Wie der Senat im Urteil vom 6. Februar 2002 (aaO S. 538 ff.) im einzelnen dargelegt hat, regelt § 1612 b BGB nicht den Mindestbedarf des Kindes, sondern allein die Anrechnung staatlicher kindbezogener Leistungen auf den Kindesunterhalt. Mit der Neufassung des § 1612 b Abs. 5 BGB hat der Gesetzgeber le-
diglich den Ausgleichsanspruch zwischen den Eltern dahingehend geändert, daß der barunterhaltspflichtige Elternteil seinen hälftigen Kindergeldanteil einzusetzen hat und keine Anrechnung erfolgt, bis wenigstens 135 % des Regelbetrages - abzüglich hälftiges Kindergeld - an Barunterhalt geleistet wird. Zwar verfolgte der Gesetzgeber damit das Anliegen, den Barunterhalt des Kindes in Höhe des Existenzminimums des Kindes möglichst sicherzustellen (vgl. BVerfG FamRZ 2001, 541). Doch hat dies mit dem zivilrechtlichen Anspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil unmittelbar nichts zu tun (Senatsurteil vom 6. Februar 2002 aaO S. 541). Dies führt jedoch nicht zu einer Abänderung des Berufungsurteils. Vielmehr erweist sich dieses insoweit, als der Beklagte ab 1. Januar 2001 bis Februar 2002 an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 554 DM zu zahlen hat, aus anderen Gründen als richtig (§ 563 a.F. ZPO): Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat sich durch die Neufassung des § 1612 b Abs. 5 BGB zum 1. Januar 2001 der Unterhaltsbedarf der Klägerin nicht geändert. Vielmehr ist über diesen Zeitpunkt hinaus von dem Bedarf auszugehen, den die Klägerin bereits zuvor hatte. Diesen hatte das Oberlandesgericht für die Zeit vor dem 1. Januar 2001 im Hinblick auf das bereinigte Einkommen des Beklagten von monatlich 2789 DM mit monatlich 128 % (= 653 DM) des Regelbetrags der dritten Altersstufe nach § 1 Regelbetrag -Verordnung angenommen, wobei es den Beklagten, da er nur noch einem Kind unterhaltspflichtig war, in Gruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle eingestuft hatte. Dies gilt auch über den genannten Zeitpunkt hinaus, da sich die maßgebenden Verhältnisse in keiner Beziehung geändert haben. Vielmehr ist ab diesem Zeitpunkt lediglich das Kindergeld in anderer Weise zu berücksichtigen.
Nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des § 1612 b Abs. 5 BGB unterbleibt nämlich eine Anrechnung des Kindergelds, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags der Regelbetrag-Verordnung zu leisten. Dies sind nach der RegelbetragVerordnung in der Fassung vom 28. Mai 1999 (BGBl. I S. 1110) in bezug auf die Klägerin 689 DM. Der Beklagte ist jedoch nach seinen Einkommensverhältnissen nur verpflichtet, 128 % des Regelbetrags zu leisten, was in bezug auf die Klägerin einem Betrag von 653 DM entspricht. Der Unterschied der beiden Beträge beläuft sich auf 36 DM. In dieser Höhe hat daher nach § 1612 b Abs. 5 BGB die Anrechnung des dem Beklagten zustehenden hälftigen Kindergeldes zu unterbleiben. Anzurechnen sind daher nur 99 DM (135 DM – 36 DM), so daß sich ein Zahlbetrag von 554 DM errechnet. 3. Die Revision dringt nicht mit der Rüge durch, § 1612 b Abs. 5 BGB sei verfassungswidrig. Der Senat hält die Vorschrift für verfassungsgemäß. Die Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG über die Gültigkeit der Norm kommen daher nicht in Betracht.
a) Nach Meinung der Revision verstößt § 1612 b Abs. 5 BGB gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Norm sehe nämlich vor, daß derjenige, der außerstande sei, mit Hilfe seines anrechenbaren Einkommens das Barexistenzminimum des Kindes zu sichern, seinen Kindergeldanteil für Unterhaltszwecke einsetzen müsse. Dabei würden die Geringverdiener schlechter gestellt als die Bezieher höherer Einkommen, die ohnehin in der Lage seien, das Existenzminimum des Kindes aus ihrem Einkommen zu bestreiten. Allein weil die "Besserverdienenden" über ein höheres Einkommen verfügten , dürften sie zusätzlich noch das Kindergeld behalten. Dies sei eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung (vgl. in diesem
Sinne auch AG Kamenz FamRZ 2001, 1090, 1094 f.; Böttner NJ 2001, 169; zweifelnd zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift Scholz FamRZ 2000, 1541, 1544 und MünchKomm/Born 4. Aufl. § 1612 b Rdn. 118, die in der Regelung eine "bedenkliche Gleichmacherei" sehen, da in den ersten sechs Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle jeweils der gleiche Unterhaltsbetrag zu bezahlen sei). Dem kann nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, daß § 1612 b Abs. 5 BGB, auf den es nach dem Vorstehenden bei der Entscheidung ankommt, die Bezieher niedrigerer Einkommen insofern ungünstiger behandelt als die Bezieher höherer Einkommen, als die Vorschrift den Beziehern niedrigerer Einkommen die Anrechnung des Kindergeldes (teilweise) versagt. Dies führt dazu, daß die Barunterhaltspflichtigen, die aufgrund ihres Einkommens in die Gruppen 1 bis 6 der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen sind, trotz ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit regelmäßig den gleichen Unterhaltsbetrag zu zahlen haben (vgl. im einzelnen die Berechnungen bei Vossenkämper FamRZ 2000, 1547, 1548 f.). Der Senat sieht mit der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (vgl. OLG Brandenburg - 10. Senat - NJ 2002 320, 321; OLG Brandenburg - 9. Senat - RPfleger 2002, 204, 205; OLG München - 2. Senat - NJW-RR 2001, 1664, 1665; OLG München - 26. Senat - MDR 2001, 1354, 1355; OLG Celle JAmt 2001, 368; OLG Hamm JAmt 2001, 368; OLG Stuttgart - 16. Senat - FamRZ 2002, 177, 179; OLG Stuttgart - 17. Senat - FamRZ 2002, 901, 903; OLG München - 12. Senat - FamRZ 2002, 903, 904; OLG Nürnberg FamRZ 2002, 904, 905; OLG Düsseldorf FamRZ 2001, 1096, 1097) und mit der überwiegend in der Literatur vertretenen Meinung (vgl. Graba NJW 2001, 249, 252; Heger, FamRZ 2001, 1409, 1413; Schwonberg JAmt 2001, 309 ff. und 392 ff.) in der geschilderten Ungleichbehandlung aber keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Diffe- renzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls verletzt, wenn sich ein vernünftiger , aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt. Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich auch darauf an, in welchem Maße sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfG NJW 2002, 1103, 1104 m.N.). Mit der Regelung des § 1612 b Abs. 5 BGB verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die wirtschaftliche Lage minderjähriger Barunterhaltsberechtigter zu stärken und ihnen unter Wahrung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen einen Barunterhalt in Höhe ihres Barexistenzminimums zu sichern (vgl. BVerfG FamRZ 2001, 541). Gleichzeitig sollen in Ergänzung zu dem Familienförderungsgesetz , das auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (FamRZ 1999, 285 ff.) in einer ersten Stufe zusätzlich zum Kinderfreibetrag einen Betreuungsfreibetrag in das Einkommensteuergesetz
(vgl. § 32 Abs. 6 EStG) eingeführt hatte, die Alleinerziehenden unterhaltsrechtlich entlastet werden. Beide Ziele wurden dadurch erreicht, daß das Existenzminimum des Kindes auch Anknüpfungspunkt für die unterhaltsrechtliche Verteilung des Kindergeldes zwischen den Eltern wurde. Der barunterhaltleistende Elternteil soll so lange verpflichtet werden, die ihm an sich nach § 1612 b Abs. 1 BGB zustehende Hälfte des Kindergeldes für den Unterhalt des Kindes zu verwenden , bis das Barexistenzminimum des Kindes gesichert ist (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/3781, S. 7 f.). Die hierzu in § 1612 b Abs. 5 BGB festgelegte Anrechnungsgrenze von 135 % des Regelbetrags entspricht in etwa dem von der Bundesregierung auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs ermittelten, steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum für ein Kind (vgl. hierzu den 3. Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001, BT-Drucks. 14/1926, S. 5 sowie Senatsurteil vom 6. Februar 2002 aaO S. 538 f.). Die unterhaltsrechtliche Sicherung des sächlichen Existenzminimums des Kindes ist Teil der dem Gesetzgeber nach Art. 6 Abs. 1 GG obliegenden Familienförderung. Hierbei handelt es sich um ein gewichtiges im Allgemeininteresse liegendes Ziel. Zur Förderung dieses Ziels ist die in § 1612 b Abs. 5 BGB vorgesehene Nichtanrechnung des Kindergeldes auf den aufzubringenden Unterhalt geeignet und auch erforderlich, da ansonsten das sächliche Existenzminimum des Kindes gefährdet wäre. Insbesondere ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die Geringverdienenden durch ein höheres Kindergeld, als gegenwärtig bezahlt wird, zu entlasten. Vielmehr steht die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen unter dem Vorbehalt des Möglichen und im Kontext anderer Fördernotwendigkeiten. Der Gesetzgeber bewegt sich, was die gegenwärtige Höhe des Kindergelds betrifft, in dem ihm hierbei zukommenden Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG FamRZ 2001, 605, 607). Die unterschiedliche Behandlung von Beziehern höherer und niedri-
gerer Einkommen rechtfertigt sich aus dem Umstand, daß die Bezieher höherer Einkommen das sächliche Existenzminimum des Kindes auch bei voller Anrechnung des Kindergelds aus ihrem Einkommen sicherstellen können. Hingegen wäre das Barexistenzminimum der Kinder nicht gewährleistet, wenn auch bei Beziehern niedriger Einkommen, die ihren Kindern Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags nicht leisten können, eine Anrechnung des Kindergeldes stets in voller Höhe erfolgte. Der Einsatz ihres Kindergeldanteils ist den Beziehern geringerer Einkommen bis zur Sicherstellung des Barexistenzminimums der Kinder zuzumuten. Dies gilt auch insoweit, als das Kindergeld nach § 31 Satz 1 und 3 EStG als Steuervergütung bezahlt wird. Denn der Steuerpflichtige erhält das Kindergeld als Steuervergütung wegen des Kindes, eben weil er bis zur Gewährleistung des Existenzminimums des Kindes steuerlich nicht leistungsfähig ist. Dann ist es aber dem Steuerpflichtigen auch zuzumuten, entsprechend § 1612 b Abs. 5 BGB diese Steuervergütung bis zur Sicherstellung des Existenzminimums des Kindes einzusetzen (vgl. Schwonberg aaO 313; Heger aaO S. 1412). Dies gilt erst recht, soweit es sich bei dem Kindergeld gemäß § 31 Satz 2 EStG um eine staatliche Sozialleistung zur Förderung der Familie handelt. Deren Zweckbestimmung steht ohnehin im weiten Ermessen des Gesetzgebers. Der Sozialanteil am Kindergeld ist im übrigen um so höher, je niedriger das zu versteuernde Einkommen des Barunterhaltspflichtigen ist (vgl. Schürmann FamRZ 2002, S. 1440, 1443 f.).
b) Aber auch im Vergleich zum betreuenden Elternteil liegt keine ungerechtfertigte Schlechterstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils vor. Zwar wird dem betreuenden Elternteil sein Kindergeldanteil belassen. Die Verpflichtung des barunterhaltspflichtigen Elternteils, seinen Kindergeldanteil vorrangig vor dem betreuenden Elternteil zur Gewährleistung des Barexistenzminimums einzusetzen, ist jedoch schon angesichts der allgemein anerkannten Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt sachgerecht und führt keineswegs
zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung des barunterhaltspflichtigen Elternteils (vgl. auch OLG Stuttgart FamRZ 2002, 901, 903). Denn der betreuende Elternteil erfüllt den ihm obliegenden Unterhalt durch die Betreuung regelmäßig in vollem Umfang. Der barunterhaltspflichtige Elternteil, der außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags zu leisten, erfüllt zwar durch Zahlung des entsprechenden geringeren Unterhalts seine Unterhaltsverpflichtung ebenfalls in vollem Umfang. Es bleibt aber insofern eine Lücke, als diese Leistung nicht ausreicht, das Barexistenzminimum des Kindes zu decken. Der Gesetzgeber handelt daher sachgerecht, wenn er anordnet, daß diese Lücke nunmehr durch Heranziehung des Kindergeldanteils des barunterhaltspflichtigen und nicht mehr durch den faktischen Einsatz des Anteils des betreuenden Elternteils zu füllen ist. Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang, daß die steuerrechtlichen Vorschriften zum Kinderfreibetrag, der allein das sächliche Existenzminimum betrifft, und dem Freibetrag für Betreuung in § 36 Abs. 6 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. 1999 I S. 2552) bzw. die Vorschriften zum Kinderfreibetrag und dem Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in § 36 Abs. 6 EStG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl. I 2001 S. 2074) mit der in § 1612 b Abs. 5 BGB getroffenen Regelung über die Anrechnung des Kindergelds zwischen den Elternteilen nicht harmonieren (vgl. zu den Regelungen zum Familienleistungsausgleich in den beiden Gesetzen im einzelnen Seer/Wendt NJW 2000, 1904 und Felix NJW 2001, 3073). So erhält der barunterhaltspflichtige Elternteil, auch wenn er seiner Unterhaltspflicht in vollem Umfang nachkommt und auch das Existenzminimum des Kindes sicherstellt, nur den halben Kinderfreibetrag, obwohl nur der volle Freibetrag das Existenzminimum betragsmäßig erreicht (vgl. Schürmann aaO 1443). Zwar wird ihm auch der halbe Freibetrag für Betreuung bzw. für Betreu-
ungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf gegebenenfalls vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Doch kann der betreuende Elternteil die- sen (halben) Freibetrag unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 6 Satz 6 EStG auch gegen den Willen des barunterhaltspflichtigen Elternteils auf sich übertragen lassen, obwohl dieser seiner Unterhaltsverpflichtung in vollem Umfang nachkommt (vgl. Heuermann DStR 2000, 1546, 1548 f.). Eine Übertragung des halben Kindergeldanteils des betreuenden Elternteils auf den barunterhaltleistenden ist hingegen nicht möglich. Ungeklärt erscheint weiter, ob der barunterhaltpflichtige Elternteil, dem nach § 1612 b Abs. 5 BGB die Anrechnung des Kindergelds versagt wird, bei der sogenannten Günstigerprüfung gemäß § 31 EStG die Verrechnung des halben Kindergelds als bereits erhaltene Steuervergütung hinnehmen muß (vgl. FG Sachsen Anhalt EFG 1999, 1283; Schmidt/Glanegger Kommentar zum Einkommensteuergesetz 21. Aufl. § 31 EStG Rdn. 31, 35). Außerdem wird Alleinerziehenden in § 32 Abs. 7 EStG ein Haushaltsfreibetrag bis zum Veranlagungszeitraum 2004, wenn auch in abgeschmolzenem Umfang (vgl. § 52 Abs. 40 a EStG), gewährt, der regelmäßig allein dem betreuenden Elternteil zugute kommt. All dies mag Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der genannten steuerlichen Regelungen begründen (vgl. zu weiteren Bedenken aus steuerrechtlicher Sicht Tipke/Lang Steuerrecht § 9 Rdn. 92 ff.). Eine etwaige Verfassungswidrigkeit dieser steuerlichen Vorschriften und ihre fehlende Abstimmung mit der zivilrechtlichen Aufteilung des Kindergeldes zwischen den unterhaltspflichtigen Elternteilen in § 1612 b BGB bewirkt aber nicht die Verfassungswidrigkeit der zivilrechtlichen Aufteilung der Kindergeldanteile nach § 1612 b Abs. 5 BGB. Vielmehr sind die steuerrechtliche Ebene, die das Verhältnis des Bürgers zum Staat betrifft, und die privatrechtliche Ebene streng voneinander zu scheiden (vgl. Graba aaO S. 252). Eine etwaige im Steuerrecht bestehende, gegen Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 2 GG verstoßende Bevorzugung des betreuenden Elternteils
gegenüber dem barunterhaltspflichtigen ist daher ohne Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit der zivilrechtlichen Anrechnungsvorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB.
c) Der (teilweise) Entzug des Kindergelds durch § 1612 b Abs. 5 BGB verstößt auch nicht im Hinblick auf die Umgangsrechte und -pflichten des barunterhaltspflichtigen Elternteils mit dem Kind gegen Art. 6 GG. Zwar stehen die in § 1684 Abs. 1 BGB genannten Rechte und Pflichten unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 809). Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgen aber keine konkreten Ansprüche auf Teilhabe an bestimmten staatlichen Leistungen (BVerfGE 39, 316, 326; 87, 1, 35; vgl. auch BVerfG FamRZ 95, 86 zum Anspruch auf Sozialhilfe zur Wahrnehmung des Umgangsrechts). Jedenfalls war der Gesetzgeber durch Art. 6 GG nicht gehindert, in § 1612 b Abs. 5 BGB anzuordnen, daß der Kindergeldanteil des Barunterhaltspflichtigen vorrangig der Gewährleistung des Barexistenzminimums des Kindes dienen soll. Eine solche Regelung liegt im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Allerdings wird die Rechtsprechung zu erwägen haben, ob und in welchem Umfang Umgangskosten eines Barunterhaltsverpflichteten, dem sein Kindergeldanteil infolge der Anrechnungsvorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB (teilweise) nicht verbleibt, nunmehr mit Blick auf die Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB zu einer angemessenen Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens oder einer angemessenen Erhöhung des Selbstbehalts des Unterhaltsverpflichteten führen können (zur bisherigen Rechtsprechung vgl. Senatsurteil vom 9. November 1994 - XII ZR 206/93 - FamRZ 1995, 215). 4. Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht, soweit der Unterhaltsanspruch der Klägerin ab März 2002 betroffen ist. Die Klägerin ist in diesem Monat volljährig geworden. Damit hat sich möglicherweise ihr Unterhaltsanspruch gegen den
Beklagten verringert. Zwar hat sich einerseits der Unterhaltsbedarf der Klägerin aufgrund ihrer Volljährigkeit erhöht; andererseits ist jedoch mit Eintritt der Volljährigkeit der Klägerin, auch wenn es sich bei ihr um ein im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiertes Kind handelt, die Mutter der Klägerin dieser gegenüber grundsätzlich ebenfalls barunterhaltpflichtig geworden (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 34/00 - FamRZ 2002, 815, 817). Allerdings wäre die Mutter, die nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts lediglich 1.000 DM netto monatlich verdient, nur dann leistungsfähig, wenn ihr eigener Unterhalt aufgrund eines Unterhaltsanspruchs nach §§ 1360, 1360 a BGB gegenüber ihrem Ehemann gesichert wäre. Das Oberlandesgericht hat zu diesen Punkten - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, hierzu weiter vorzutragen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 2/00 Verkündet am:
22. Januar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 1601, 1603 Abs. 1, 1360, 1360 a Abs. 1, 1361 Abs. 1 Satz 1, 1578 Abs. 1
Satz 1

a) Im absoluten Mangelfall ist für den unterhaltsberechtigten Ehegatten der seiner
jeweiligen Lebenssituation entsprechende notwendige Eigenbedarf als Einsatzbetrag
in die Mangelverteilung einzustellen.

b) Für (gleichrangige) Kinder ist insoweit ein Betrag in Höhe von 135 % des Regelbetrags
nach der Regelbetrag-Verordnung zugrunde zu legen (in Abweichung von
u.a. Senatsurteilen BGHZ 104, 158 ff.; vom 11. Januar 1995 - XII ZR 122/93 -
FamRZ 1995, 346 ff.; vom 15. November 1995 - XII ZR 231/94 - FamRZ 1996,
345 ff.; und vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806).
BGH, Urteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - OLG Nürnberg
AG Regensburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 29. November 2002 Schriftsätze eingereicht werden konnten,
durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, WeberMonecke
, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Oktober 1999 teilweise aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Regensburg vom 20. Mai 1999 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 31. Mai 1996 - RU 33/10 016.327/95/6 - wird dahin abgeändert, daß der Kläger an die Beklagte nur den folgenden Unterhalt zu zahlen hat: für Februar 1999: 299 DM vom 1. März bis 30. April 1999: monatlich 301 DM vom 1. bis 7. Mai 1999: monatlich 295 DM vom 8. Mai bis 30. Juni 1999: monatlich 232 DM vom 1. Juli bis 31. Dezember 1999: monatlich 227 DM vom 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2001: monatlich 222 DM ab 1. Juli 2001: monatlich 214 DM.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen. Die Kosten der Revisionsinstanz tragen der Kläger zu 1/20 und die Beklagte zu 19/20, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 19/20 und die Beklagte zu 1/20. Die Kosten der ersten Instanz werden dem Kläger zu 3/5 und der Beklagten zu 2/5 auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege der Abänderungsklage Herabsetzung des Unterhalts, den er an die Beklagte zu zahlen hat. Durch Urteil des Kreisgerichts Dresden - Stadtbezirk West - vom 5. September 1987 wurde der Kläger als Vater der am 28. Februar 1987 nichtehelich geborenen Beklagten festgestellt und zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt. Der Regelunterhalt wurde zuletzt mit Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 31. Mai 1996 wie folgt festgesetzt: vom 1. Januar bis 31. Dezember 1996 auf monatlich 326 DM, vom 1. Januar 1997 bis 27. Februar 1999 auf monatlich 314 DM und vom 28. Februar 1999 bis 27. Februar 2005 auf monatlich 392 DM. Der Kläger hat aus anderen Verbindungen noch fünf weitere minderjährige Kinder, nämlich Aline S. , geboren am 18. März 1986, Wilhelm B. ,
geboren am 2. Januar 1988, Marcel E. , geboren am 27. Dezember 1992, Pascal B. , geboren am 19. Juli 1993 und Marius G. , geboren am 8. Januar 1998. Mit der Mutter des Kindes Marius G. ist er seit dem 8. Mai 1999 verheiratet. Mit seiner Abänderungsklage hat der Kläger die Herabsetzung des an die Beklagte zu leistenden Unterhalts für die Zeit ab 1. Mai 1997 auf monatlich 200 DM erstrebt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei aufgrund seines Einkommens von monatlich höchstens 2.500 DM als selbständiger Nachrichtenund Elektrotechniker und unter Berücksichtigung seiner weiteren Unterhaltsverpflichtungen zu höheren Unterhaltsleistungen nicht in der Lage. Seine Ehefrau verfüge über kein Einkommen, da sie außer dem Kind Marius noch die in dem gemeinsamen Haushalt lebenden beiden minderjährigen Kinder aus ihrer ersten Ehe zu betreuen habe und deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Die Beklagte hat den Abänderungsanspruch mit Rücksicht auf die zum 1. Januar 1999 erfolgte Kindergelderhöhung teilweise anerkannt; im übrigen ist sie der Klage entgegengetreten. Das Amtsgericht hat der Klage lediglich im Umfang des Anerkenntnisses stattgegeben und die Unterhaltsverpflichtung für die Zeit vom 1. Januar bis 27. Februar 1999 auf monatlich 299 DM und für die Zeit ab 28. Februar 1999 auf monatlich 377 DM reduziert. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hat der Kläger sein Abänderungsbegehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat das angefochtene Urteil - unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Klageabweisung im übrigen - teilweise abgeändert und den Unterhalt wie folgt herabgesetzt: für Februar 1999 auf 299 DM, für März und April 1999 auf monatlich 301 DM, für
Mai und Juni 1999 auf monatlich 216 DM und für die Zeit ab Juli 1999 auf mo- natlich 214 DM. Mit der - nur insoweit zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte für die Zeit ab 1. Mai 1999 die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist teilweise begründet. Das Abänderungsbegehren ist nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang gerechtfertigt. 1. Die Berufung des Klägers war allerdings zulässig. Die Revision rügt ohne Erfolg, die zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers sei - ausweislich des verwendeten Briefkopfs - zur Zeit der Einlegung und Begründung des Rechtsmittels bei dem Oberlandesgericht Nürnberg noch nicht zugelassen gewesen, weshalb der Kläger entgegen § 78 Abs. 2 Nr. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Wie sich aus dem im Revisionsverfahren vorgelegten Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 7. August 1998 ergibt, ist Rechtsanwältin M. an dem vorgenannten Tag bei diesem Oberlandesgericht zugelassen worden und war demzufolge bei Einlegung der Berufung am 21. Juni 1999 bei dem Oberlandesgericht postulationsfähig. 2. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung - auszugsweise - in FamRZ 2000, 1177 veröffentlicht ist, hat das Abänderungsbegehren für die Zeit ab 1. Februar 1999 teilweise für begründet gehalten, weil von diesem Zeitpunkt an eine wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse eingetreten sei, die für
die Bestimmung der Höhe der Unterhaltsleistungen maßgebend gewesen seien.
a) Zu den insofern zugrunde zu legenden Einkommensverhältnissen hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe in den Jahren 1993 bis 1996 ausweislich der vorgelegten Gewinnermittlungen seines Steuerberaters zwar nur Betriebseinnahmen bzw. Gewinne von - gerundet - 27.077 DM/2.280 DM für 1993, 70.764 DM/40.640 DM für 1994, 29.873 DM/ 11.686 DM für 1995 und 42.604 DM/23.025 DM für 1996 erzielt. Auf den durchschnittlichen Gewinn (vor Abzug von Steuern und Vorsorgeaufwendungen) könne aber schon deshalb nicht abgestellt werden, weil dieser mit den eigenen Angaben des Klägers, der sein Nettoeinkommen mit monatlich maximal 2.500 DM eingeschätzt habe, nicht in Einklang stehe. Vielmehr sei das Einkommen des Klägers ausgehend von dieser Einschätzung und unter Hinzurechnung eines Privatanteils der - von dem Betriebsgewinn bereits in Abzug gebrachten - Pkw-Kosten sowie eines zu schätzenden Teilbetrages der Abschreibungen , nämlich soweit diese über den unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Umfang hinausgingen, mit monatlich 3.000 DM netto anzusetzen. Fiktive Nebeneinnahmen durch eine Zusatzbeschäftigung seien dagegen mit Rücksicht auf die selbständige Tätigkeit des Klägers, die seinen Angaben zufolge bereits einen Arbeitseinsatz von mindestens 60 Stunden pro Woche erfordere, nicht anzurechen. Gegen diese tatrichterliche Beurteilung bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
b) Sie rügt indessen, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten übergangen, der Kläger sei bei Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit und Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung in der Lage, ein durchschnittli-
ches monatliches Nettoeinkommen von mindestens 4.000 DM zu erzielen. Im Rahmen der Erfüllung der Unterhaltspflichten gegenüber seinen minderjährigen Kindern sei ihm zuzumuten, seine Arbeitskraft möglichst ertragreich einzusetzen. Hierzu habe er nichts dargetan. Damit kann die Revision nicht durchdringen. Der Kläger hat auf den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, er könne durch eine nichtselbständige Tätigkeit monatlich mindestens 3.200 DM netto verdienen, erwidert, er habe von 1998 an bis Ende Februar 1999 über 90 Bewerbungen verfaßt, die ohne Erfolg geblieben seien; dabei sei ihm auch mitgeteilt worden, mehr als 4.000 DM brutto monatlich könne er nicht erzielen. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Mit Rücksicht darauf ist ihr pauschales Vorbringen im Berufungsverfahren, der Kläger könne bei Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit sogar monatlich mindestens 4.000 DM netto verdienen, jedenfalls nicht hinreichend substantiiert, weshalb das Berufungsgericht dem Einwand nicht nachzugehen brauchte. 3. Zu der Unterhaltsbemessung für die Zeit ab Mai 1999 hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt: Nachdem der Kläger die Mutter seines damals einjährigen Kindes Marius am 8. Mai 1999 geheiratet habe, sei auch die Unterhaltspflicht gegenüber dieser zu berücksichtigen, da ihr im Hinblick auf das Alter des Kindes nicht angesonnen werden könne, ihren Lebensbedarf durch eine eigene Erwerbstätigkeit zu decken. Der Streit der Parteien gehe darum, ob auch in einem derart gestalteten Mangelfall der Bedarf der Ehefrau nach Abzug der vollen Tabellenunterhaltssätze der Kinder zu berechnen und in die Mangelverteilung einzustellen sei oder ob insoweit ein Mindestbedarf angesetzt werden müsse, wie er in der Düsseldorfer Tabelle (B VI 2) mit pauschal 950 DM monatlich ausgewiesen werde. Maßgebend für die Entscheidung dieser Streitfrage
sei, daß es sich im vorliegenden Fall nicht um Unterhaltspflichten innerhalb eines aufgelösten Familienverbands handele, sondern die Unterhaltspflichten gegenüber sechs minderjährigen Kindern sowie der Ehefrau des Klägers, die zugleich Mutter seines jüngsten Kindes sei, beurteilt werden müßten. Bei dieser Fallgestaltung gehe es nicht an, den Unterhalt der Kinder, seien sie ehelich oder nichtehelich, bei der Bemessung des Unterhalts des Ehegatten vorweg abzuziehen und auf diese Weise zu einem Bedarf für letzteren zu gelangen, der weit unter dem Sozialhilfesatz liege (hier: 3.000 DM abzüglich Kindesunterhalt nach Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle in Höhe von insgesamt 2.506 DM = 494 DM : 2 = 247 DM). Vielmehr müßten alle zu berücksichtigenden Ansprüche zu den insgesamt für Unterhaltszahlungen verfügbaren Mitteln in Relation gesetzt werden, zumal auch die jetzige Ehefrau des Klägers angesichts des Alters des betreuten Kindes dringend auf Unterhalt angewiesen sei, weshalb sich ihre Situation nicht wesentlich von derjenigen der Beklagten unterscheide. Hinzu komme, daß der notwendige Selbstbehalt des Klägers gegenüber den minderjährigen Kindern nur 1.500 DM betrage. Deshalb erscheine es insgesamt sachgerecht, für die Ehefrau denjenigen Betrag in die Mangelverteilung einzustellen , der in der Düsseldorfer Tabelle als Mindestbedarf eines nicht erwerbstätigen , mit dem Unterhaltspflichtigen in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten aufgeführt sei, nämlich monatlich 950 DM. Dies führe auch nach der Mangelfallberechnung zu keinem unbilligen Ergebnis: Der Gesamtbedarf von monatlich 2.506 DM (für die Kinder) steige ab Mai 1999 um monatlich 950 DM auf 3.456 DM. Der Kläger könne deshalb den Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau nur zu 43 %, also in Höhe von 408,50 DM, befriedigen. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten belaufe sich demgegenüber auf rund 216 DM (43 % von 502 DM). Für die Zeit ab 1. Juli 1999 erhöhe sich der Gesamtbedarf auf monatlich 3.567 DM, da das Kind Pascal B. in die zweite Altersstufe gelangt sei. Dieser Bedarf könne von dem Kläger nur zu 42 % gedeckt werden,
so daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten ab Juli 1999 auf monatlich 214 DM sinke. Eine anteilige Anrechnung des für sie gezahlten Kindergeldes habe jeweils zu unterbleiben. 4. Diese Berechnungsweise stößt auf Bedenken, weil einerseits für die Ehefrau des Klägers der - am Sozialhilfebedarf ausgerichtete und diesen noch maßvoll übersteigende - notwendige Eigenbedarf, der in der Düsseldorfer Tabelle auch als Existenzminimum bezeichnet wird, und andererseits für die Kinder - von dem Kind Wilhelm B. abgesehen - die Tabellensätze aus Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle in die Mangelverteilung eingestellt worden sind. Letztere liegen indessen deutlich unter den Beträgen des sozialhilferechtlichen Existenzminimums von Kindern (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 540). Diese strukturell unterschiedlichen Ansätze führen zwangsläufig zu Verzerrungen der gewonnenen Ergebnisse, was sich hier zum Nachteil der Kinder auswirkt.
a) Den Ansatz von Mindestbedarfssätzen für den Ehegatten hat der Senat allerdings in ständiger Rechtsprechung für mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar gehalten. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bemesse sich nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, die den ehelichen Lebensstandard bestimmten bzw. bestimmt hätten, ggf. erhöht um einen konkret darzulegenden trennungsbedingten Mehrbedarf. Es sei nicht auszuschließen, daß der pauschalierende Mindestbedarf den nach den ehelichen Lebensverhältnissen individuell ermittelten Betrag übersteige und damit zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung des Ehegatten führe. Dies gelte gleichermaßen in einem sog. echten Mangelfall, und zwar auch im Hinblick auf die Übung, die konkurrierenden Unterhaltsansprüche der Kinder nach Tabel-
lenwerten zu bemessen und in die Mangelberechnung einzustellen. Denn die Bemessung des Kindesunterhalts nach Tabellenwerten rechtfertige es auch im echten Mangelfall nicht, den Unterhalt des Ehegatten auf einen Mindestbe- darfssatz zu erhöhen, weil sich dies zu Lasten der als besonders schutzwürdig anzusehenden Kinder auswirke (Senatsurteile vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 93/85 - FamRZ 1987, 266, 267; BGHZ 104, 158, 168; vom 11. Januar 1995 - XII ZR 122/93 - FamRZ 1995, 346, 347; vom 15. November 1995 - XII ZR 231/94 - FamRZ 1996, 345, 346 und vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 808).
b) Diese Rechtsprechung ist nicht ohne Kritik geblieben. Dabei ist insbesondere hervorgehoben worden, die nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts individuell ermittelte Unterhaltsquote für den Ehegatten stelle in Mangelfällen keinen geeigneten Maßstab für die Bemessung des Bedarfs dar, weil sich dabei - je nach Kinderzahl und Kargheit der Mittel - Beträge ergeben könnten, die das Sozialhilfeniveau deutlich unterschritten oder sogar Null betrügen. Es werde verkannt, daß der Bedarf einer Familie bei bestehender Lebens- und Unterhaltsgemeinschaft insgesamt aus den vorhandenen Mitteln gedeckt und nicht nach Maßstäben bestritten werde, die für den Fall der Trennung oder Scheidung vom Gesetz geregelt und von der Rechtsprechung entwickelt worden seien. In sehr beengten wirtschaftlichen Verhältnissen könne gerade nicht davon ausgegangen werden, daß den Kindern tatsächlich ein Mindestbedarf vorab zur Verfügung stehe; durch ein geringes Familieneinkommen würden nämlich in der Regel alle Familienmitglieder betroffen. Deshalb müsse auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Einsatzbetrag zugebilligt werden, der in angemessenem Verhältnis zu den für die Kinder angesetzten Beträgen stehe (Becker FamRZ 1995, 667 ff.; Göppinger/Kodal Unterhaltsrecht 7. Aufl. Rdn. 1639 f.; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 3. Aufl. § 1361 Rdn. 120; Kalthoener/ Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl.
Rdn. 101; Luthin FamRZ 1995, 472; Scholz in Kemnade/Scholz/Zieroth Familienrecht ’96, S. 445, 515 f.; vgl. auch Gutdeutsch FamRZ 1995, 1065).
c) Daß für Kinder jedenfalls ein Mindestbedarf entsprechend der Grup- pe 1 der Düsseldorfer Tabelle bestehe, kann seit dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes vom 6. April 1998 (BGBl. I 666) allerdings nicht mehr angenommen werden. Denn seitdem gibt es keine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder im Unterhaltsrecht mehr. Als solcher ist auch weder das 1 1/2fache des Regelbetrages anzusehen, das nach § 645 ZPO im vereinfachten Verfahren ohne weitere Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse geltend gemacht werden kann, noch das auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs ermittelte rechtliche Existenzminimum eines Kindes oder - in Anlehnung an § 1612 b Abs. 5 BGB in der zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I 1479) - ein Betrag von 135 % nach der Regelbetrag-Verordnung (Senatsurteil vom 6. Februar 2002 aaO S. 538 f., 540 f.). Damit ist die gesetzliche Vorgabe dafür entfallen, den Unterhaltsbedarf von Kindern auf jeden Fall mit einem Mindestbedarfssatz bei der Mangelverteilung zu berücksichtigen, soweit nicht das unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen eine höhere Eingruppierung in den Unterhaltstabellen zuläßt (vgl. auch Göppinger/Kodal aaO Rdn. 1640).
e) Es stellt sich deshalb die Frage, welche Beträge nunmehr zum einen für die Kinder und zum anderen für den unterhaltsberechtigten Ehegatten anzusetzen sind. Letzterem schuldet der Unterhaltspflichtige entweder den nach den Verhältnissen der Ehegatten zu bemessenden Familienunterhalt (§ 1360 a Abs. 1 BGB) oder im Falle des Getrenntlebens bzw. nach Scheidung den Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§§ 1361 Abs. 1
Satz 1, 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Falls diese auch von der Unterhaltslast ge- genüber Kindern mitbestimmt werden, ist es in der Praxis üblich, für die Bemessung des Ehegattenunterhalts nach den §§ 1361, 1570 ff. BGB den Kindesunterhalt von dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorweg abzuziehen , und zwar sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder, die nicht von dem Unterhaltsberechtigten abstammen, soweit sich daraus nicht ein Mißverhältnis zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten ergibt (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f. und vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493). Wenn hinsichtlich des Kindesunterhalts indessen kein Mindestbedarf mehr definiert ist, der tatsächlich aufzubringende Kindesunterhalt aber noch nicht bekannt ist, weil seine Höhe erst nach der verhältnismäßigen Kürzung aller Bedarfsbeträge feststeht , erscheint die Vorwegabzugsmethode zur Ermittlung des Einsatzbetrages für den Ehegatten nicht angemessen. Sie würde nämlich bei Heranziehung von Kindesunterhaltssätzen, die z.B. der Düsseldorfer Tabelle entnommen werden, in vielen Fällen zu Unterhaltsquoten führen, die realistischerweise nicht für sich beanspruchen können, den eheangemessenen Unterhaltsbedarf des Ehegatten darzustellen. Dieser Beurteilung kann nicht mehr uneingeschränkt mit dem Argument begegnet werden, eine drohende Verkürzung der Unterhaltsansprüche von Ehegatten sei grundsätzlich hinzunehmen, während eine solche gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder u.a. deshalb nicht gerechtfertigt erscheine, weil ihnen - im Gegensatz zu Erwachsenen - wegen ihres Alters von vornherein jede Möglichkeit verschlossen sei, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1995 aaO S. 346 f. m.w.N.). Durch das Kindesunterhaltsgesetz ist die gesteigerte Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern unter bestimmten Voraussetzungen auf volljährige unverhei-
ratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres erstreckt worden. Nach der am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Neufassung des § 1603 Abs. 1 Satz 2 BGB stehen den minderjährigen unverheirateten Kindern volljährige unverheiratete Kinder unter den genannten Voraussetzungen gleich. Damit kommt ihnen nach § 1609 BGB auch der gleiche Rang zu wie den minderjährigen Kindern und dem Ehegatten des Unterhaltspflichtigen (Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 34/00 - FamRZ 2002, 815, 816). Dem privilegierten volljährigen Kind ist indessen durchaus die Möglichkeit eröffnet, etwa durch Aufnahme einer Aushilfsbeschäftigung , zur Deckung seines notwendigen Lebensbedarfs selbst beizutragen , obwohl der für dieses Kind vorgesehene Tabellenunterhalt in vielen Fällen bereits über der Unterhaltsquote des Ehegatten aus dem um den Kindesunterhalt bereinigten Einkommen des Verpflichteten liegen dürfte. Andererseits dürfte eine Berechnung des für den Ehegatten in die Mangelverteilung einzustellenden Betrages ohne einen Vorwegabzug des Kindesunterhalts häufig zu einem Ergebnis führen, das mit Rücksicht auf die tatsächlich bestehende Unterhaltslast gegenüber Kindern sowohl den Unterhaltsbedarf nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse als auch das sozialhilferechtliche Existenzminimum übersteigt. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht , bei der Bestimmung des Einsatzbetrages an die Überlegung anzuknüpfen , daß der Bedarf der Familie bei bestehender Lebens- und Unterhaltsgemeinschaft aus den zur Verfügung stehenden Mitteln bestritten worden ist, ein vorliegender Mangel deshalb in der Regel von allen Familienmitgliedern getragen worden ist. Die Familie mußte mit den vorhandenen Mitteln auskommen und hat das - erforderlichenfalls unter Hinnahme von Einschränkungen - auch geschafft, so daß regelmäßig das Existenzminimum gewahrt gewesen sein dürfte. Wenn nach Trennung oder Scheidung dem Unterhaltsverpflichteten selbst aber jedenfalls der an dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichtete notwendige Selbstbehalt zu verbleiben hat, erscheint es angemessen
und sachgerecht, auch den der jeweiligen Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Ehegatten entsprechenden Eigenbedarf in die Mangelverteilung ein- zustellen. In welcher Höhe der so angesetzte Bedarf befriedigt werden kann, ist eine - von den vorhandenen Mitteln und den weiteren Unterhaltspflichten abhängige - andere Frage.
f) Wenn indessen der Einsatzbetrag für den Ehegatten in Höhe des jeweiligen Eigenbedarfs (Existenzminimum) in die Mangelverteilung eingestellt wird, kann für die zu berücksichtigenden Kinder vom Ansatz her nichts anderes gelten, d.h. ein unter dem Existenzminimum liegender Einsatzbetrag nicht angenommen werden. Anderenfalls würde die anschließend gebotene proportionale Kürzung aller Bedarfsbeträge zu verzerrten Ergebnissen führen, und zwar zum Nachteil der den gleichen unterhaltsrechtlichen Rang genießenden Kinder. Von daher erscheint es nicht angemessen, den Kindesunterhalt lediglich in Höhe der Regelbeträge anzusetzen, die erheblich unter dem Existenzminimum angesiedelt sind (a.A. Büttner FamRZ 2002, 542; Graba NJW 2001, 249, 253 f.; Oelkers/Kraeft FamRZ 1999, 1476, 1486). Nachdem § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vorsieht, daß eine Anrechnung des Kindergeldes bereits dann unterbleibt, wenn der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der RegelbetragVerordnung zu leisten, und der Gesetzgeber beabsichtigt hat, mit dieser Änderung der Kindergeldanrechnung das Barexistenzminimum eines Kindes sicherzustellen (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/3781, S. 8; Senatsurteil vom 6. Februar 2002 aaO S. 540 f.), erscheint es aus Gründen der vereinfachten Handhabung gerechtfertigt, diesen pauschalen Satz auch für das in die Mangelverteilung einzustellende Existenzminimum von Kindern heranzuziehen (ebenso Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 3322; Unterhaltsrechtliche Hinweise des OLG Stuttgart, Stand: 1. Juli
2000, FamRZ 2001, 979, 980 unter III; vgl. auch Scholz FamRZ 2000, 1541, 1545; Göppinger/Kodal aaO Rdn. 1640; Luthin FamRZ 2001, 334, 336; Wohlfahrt FF 2001, 2, 8). Damit wird zum einen für den Ehegatten und die Kinder von Einsatzbeträgen für die Mangelverteilung ausgegangen, die in angemessener Relation zueinander stehen: Für den in einem eigenen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Ehegatten sind - nach der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Juli 1998, Anmerkung B IV - bei Erwerbstätigkeit monatlich 1.500 DM und - falls keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird - monatlich 1.300 DM anzusetzen; für den in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebenden Ehegatten sind - unter Berücksichtigung der durch die gemeinsame Haushaltsführung eintretenden Ersparnis - bei Erwerbstätigkeit monatlich 1.100 DM bzw. für den nicht erwerbstätigen Ehegatten monatlich 950 DM zu veranschlagen (Anmerkung B VI zur Düsseldorfer Tabelle). Demgegenüber liegen die für die Kinder zu berücksichtigenden Beträge zwischen rund 471 DM (1. Altersstufe ) und rund 678 DM (3. Altersstufe). Zum anderen wird durch die pauschalierende und schematisierende Berechnungsweise ein zur Bewältigung der Vielzahl von Unterhaltsfällen praktikabler Weg beschritten. Dabei begegnet die Heranziehung des in § 1612 b Abs. 5 BGB n.F. zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten der Neufassung am 1. Januar 2001 keinen Bedenken. Denn die Regelbeträge konnten schon zuvor nicht beanspruchen, das Existenzminimum eines Kindes sicherzustellen (vgl. BT-Drucks. 13/9596, S. 31). Nach den Berichten der Bundesregierung vom 2. Februar 1995 (BT-Drucks. 13/381) und vom 17. Dezember 1997 (BT-Drucks. 13/9561) betrug das steuerrechtliche Existenzminimum eines Kindes entsprechend dem sozialhilferechtlichen Mindestbedarf für alle Altersgruppen unter 18 Jahren bis 1998 monatlich 524 DM und seit 1999 monatlich 558 DM. Demgegenüber belief sich der durchschnittliche Unterhaltsbetrag der Gruppe 1 der
Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Juli 1998, auf monatlich 425 DM und mit Stand: 1. Juli 1999 auf monatlich 432 DM.
g) Schließlich steht den derart bemessenen Einsatzbeträgen nicht entgegen , daß weder der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen noch dessen Kinder grundsätzlich Unterhalt in Höhe des Existenzminimums beanspruchen können, sondern der Unterhalt jeweils nach den individuellen Verhältnissen, insbesondere den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Unterhaltsschuldners bzw. nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Ehegatten, zu bestimmen ist. Denn die auf der Grundlage des jeweiligen Existenzminimums ermittelten Einsatzbeträge dienen allein dem Zweck, eine angemessene Verteilung des unter Berücksichtigung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt der gleichrangigen Berechtigten einzusetzenden Einkommens vorzunehmen. Erst das Ergebnis der proportionalen Kürzung des Gesamtbedarfs im Verhältnis zu den zur Verfügung stehenden Mitteln ergibt - vorbehaltlich der vorzunehmenden Angemessenheitsprüfung - den jeweils geschuldeten Unterhalt.
h) Bei der abschließend vorzunehmenden Überprüfung des im Rahmen der Mangelverteilung gewonnenen Ergebnisses auf seine Angemessenheit im Einzelfall ist darauf zu achten, daß die Aufteilung des verfügbaren Einkommens auf die minderjährigen Kinder und den Ehegatten insgesamt angemessen und billig ist. Diese Beurteilung umfaßt, insbesondere bei der Berechnung mit - unterhaltsrechtlich grundsätzlich nicht geschuldeten - Bedarfssätzen in Höhe des jeweiligen Existenzminimums, auch eine Kontrolle dahingehend, ob die Ehefrau oder die Kinder sich aufgrund der Mangelfallberechnung etwa besser stehen als ohne Vorliegen eines Mangelfalles, was nicht als ausgewogenes Ergebnis angesehen werden könnte.
5. Da das Oberlandesgericht somit seiner Unterhaltsberechnung zu nied- rige Einsatzbeträge für die Kinder des Klägers zugrunde gelegt hat, kann das Berufungsurteil für die Zeit ab 1. Mai 1999, die allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, nicht bestehen bleiben. Die Sache ist indessen nach dem festgestellten Sachverhalt zur Endentscheidung reif, so daß der Senat in der Sache selbst befinden kann (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).
a) Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß ein absoluter Mangelfall vorliegt, der durch die fehlende Fähigkeit des Unterhaltspflichtigen gekennzeichnet ist, den Unterhaltsbedarf eines oder mehrerer gleichrangiger Unterhaltsberechtigter zu befriedigen. aa) Ob eine derartige Mangelfallgestaltung anzunehmen ist, muß grundsätzlich durch eine Gegenüberstellung der Gesamtheit der Unterhaltsansprüche und der zu ihrer Erfüllung zur Verfügung stehenden Mittel festgestellt werden. Dabei sind die für die zu berücksichtigenden Kinder anzusetzenden Unterhaltsbeträge der jeweiligen Einkommensstufe der Unterhaltstabellen zu entnehmen, wobei mit Rücksicht auf die Anzahl der Unterhaltsberechtigten Ab- oder Zuschläge angemessen sein können (vgl. etwa Anm. 1 zur Düsseldorfer Tabelle). Der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ist grundsätzlich mit einer Quote des nach Vorwegabzug des Tabellenkindesunterhalts verbleibenden Einkommens des Unterhaltspflichtigen zu ermitteln, soweit sich daraus nicht ein Mißverhältnis zu den für die Kinder festgestellten Beträgen ergibt (Senatsurteil vom 25. November 1998 aaO). Ist das der Fall, so hat ein Vorwegabzug zu unterbleiben. Wenn allerdings der so errechnete Unterhaltsbedarf zu einem Betrag führt, der über dem Mindestbedarfssatz liegt, und deshalb mit den ehelichen Lebensverhältnissen nicht in Einklang steht, können auch hier Mindestbedarfssätze, erforderlichenfalls nach Vornahme eines Abschlags, herangezogen werden. Ein solcher Abschlag kann etwa inso-
weit in Betracht kommen, als das Existenzminimum der Kinder den Regelbetrag nach der Regelbetrag-Verordnung prozentual übersteigt, bei einem Mindestbe- darf des Ehegatten von 950 DM also in Höhe von rund 250 DM (950 DM - [950 : 135 x 100] = rund 704 DM). Der in einer intakten Ehe bestehende Familienunterhaltsanspruch gemäß §§ 1360, 1360 a BGB läßt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, daß jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfaßt er gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und der gemeinsamen Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so daß § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann (Senatsurteil vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 - FamRZ 1995, 537 m.N.). Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den - im vorliegenden Fall maßgeblichen - Anspruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen (vgl. Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066 und vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742). Daher kann der anzusetzende Betrag insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden. bb) Im vorliegenden Fall errechnen sich für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis zu der Heirat des Klägers am 8. Mai 1999 - ausgehend von dessen Einkommen
von monatlich 3000 DM netto und nach Herabstufung von Gruppe 3 in Gruppe 1 der vom Berufungsgericht angewandten Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Juli 1998 - Unterhaltsbeträge der Kinder in Höhe von insgesamt 2.550 DM monatlich (2 x 502 DM, 2 x 424 DM, 2 x 349 DM). Dabei ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch für das Kind Wilhelm B. der Tabellenunterhalt und nicht ein Betrag von nur 380 DM monatlich anzusetzen, selbst wenn nur in Höhe des letzteren ein Unterhaltstitel vorliegen sollte. Denn in welcher Höhe der Unterhalt eines Kindes tituliert ist, ist im Rahmen eines andere Unterhaltsansprüche betreffenden Rechtsstreits im Regelfall ohne Bedeutung, weil davon ausgegangen werden kann, daß bei Abweichungen von der materiellen Rechtslage die Abänderung des Titels möglich ist (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1990 - XII ZR 85/89 - FamRZ 1990, 1091, 1094 f. und vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798 f.). Den Unterhaltsbeträgen steht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Klägers von 1.500 DM ein für Unterhaltszwecke einsetzbares Einkommen von (ebenfalls) 1.500 DM gegenüber; Kindergeld hat insoweit außer Betracht zu bleiben (vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 aaO S. 808 ff.). Somit liegt bereits für die Zeit bis zum 7. Mai 1999 ein absoluter Mangelfall vor. Für die Zeit danach gilt dies erst recht. Denn der Kläger ist seit seiner Heirat auch gegenüber seiner Ehefrau unterhaltspflichtig, die das 1998 geborene gemeinsame Kind Marius betreut und mit Rücksicht darauf nicht gehalten ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch dieser gegenüber ist die Annahme einer Unterhaltsverpflichtung bis zur Grenze des notwendigen Selbstbehalts des Klägers angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtsbedenkenfrei (vgl. Senatsurteil BGHZ 109, 72, 85).

b) In der ersten Stufe der somit durchzuführenden Mangelfallberechnung sind die Einsatzbeträge für die Ermittlung der gekürzten Unterhaltsansprüche aller Unterhaltsberechtigten festzustellen. Dabei ist nach verschiedenen Zeitabschnitten zu unterscheiden: 1. bis 7. Mai 1999: Da der Kläger in dieser Zeit nur seinen Kindern gegenüber unterhaltspflichtig war, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Mangelverteilung ohne Berücksichtigung der Ehefrau vorzunehmen. Der Tabellenunterhalt für alle Kinder beläuft sich auf 2.550 DM monatlich (siehe unter 5 a bb). Ein Ansatz des Existenzminimums erübrigt sich im Verhältnis der Kinder zueinander , denn ohne Einbeziehung eines auf den Ehegatten entfallenden Betrages kann es insoweit nicht zu Verzerrungen kommen. 8. Mai bis 30. Juni 1999: Die Einsatzbeträge in Höhe des Existenzminimums für die Kinder belaufen sich - bei unverändertem Tabellenunterhalt von 2550 DM - auf insgesamt rund 3.443 DM (2.550 DM + 35 %). Für die Ehefrau des Klägers ist - wie vom Berufungsgericht angenommen - der monatliche Eigenbedarf (Existenzminimum ) eines mit dem Unterhaltspflichtigen in einem gemeinsamen Haushalt lebenden , nicht erwerbstätigen Ehegatten anzusetzen, der bis zum 30. Juni 2001 monatlich 950 DM betrug, insgesamt also 4.393 DM. 1. Juli bis 31. Dezember 1999: Die Einsatzbeträge für die Kinder belaufen sich, nachdem das Kind Pascal B. im Juli 1999 das 6. Lebensjahr vollendet hat und dieser Umstand vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen ist (§ 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB) auf rund 3.602 DM (Düsseldorfer Tabelle Stand: 1. Juli 1999: 2 x 510 DM,
3 x 431 DM, 1 x 355 DM, zusammen: 2.668 DM + 35 % = rund 3.602 DM), unter Hinzurechnung des Betrages von 950 DM für die Ehefrau des Klägers mithin auf 4.552 DM. 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2001: Die Einsatzbeträge für die Kinder sind, nachdem das Kind Wilhelm B. im Januar 2000 12 Jahre alt geworden ist, mit insgesamt rund 3.708 DM zugrunde zu legen (3 x 510 DM, 2 x 431 DM, 1 x 355 DM, zusammen: 2.747 DM + 35 % = rund 3.708 DM). Zusammen mit dem Einsatzbetrag für die Ehefrau ergeben sich 4.658 DM.
c) Den Einsatzbeträgen steht in den vorgenannten Zeiträumen ein zu verteilendes Einkommen von monatlich 1.500 DM gegenüber.
d) Aus dem Verhältnis dieser Verteilungsmasse zu den jeweiligen Einsatzbeträgen errechnet sich die Quote, nach der der für die Beklagte in die Mangelfallberechnung einzustellende Betrag zu kürzen ist. Danach ergibt sich für sie folgender Unterhalt: 1. bis 7. Mai 1999: Kürzungsfaktor (1.500 DM : 2.550 DM): 58,82 %; Unterhalt: rund 295 DM monatlich (502 DM x 58,82 %). 8. Mai bis 30. Juni 1999: Kürzungsfaktor (1.500 DM : 4.393 DM): 34,15 %; Unterhalt: rund 232 DM monatlich (502 DM + 35 % = rund 678 DM x 34,15 %)
1. Juli bis 31. Dezember 1999: Kürzungsfaktor: 32,95 %; Unterhalt: rund 227 DM monatlich (510 DM + 35 % = rund 689 DM x 32,95 %) 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2001: Kürzungsfaktor: 32,2 %; Unterhalt: rund 222 DM monatlich (689 DM x 32,2 %) Für die Zeit ab 1. Juli 2001 errechnet sich mit Rücksicht auf den seitdem in Höhe von 1.640 DM anzusetzenden notwendigen Selbstbehalt des Klägers kein den vom Berufungsgericht ausgeurteilten Unterhalt von monatlich 214 DM übersteigender Betrag mehr. Auf die vorgenannten Beträge ist das für die Beklagte gezahlte anteilige Kindergeld bereits nach § 1612 b Abs. 5 BGB in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung nicht anzurechnen, da das hälftige Kindergeld zusammen mit dem geschuldeten Unterhalt den Regelbetrag nach der Regelbetrag -Verordnung nicht übersteigt. Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 1612 b Abs. 5 BGB in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung kommt es im vorliegenden Fall deshalb nicht an.
e) Die notwendige Überprüfung des im Rahmen der Mangelverteilung gewonnenen Ergebnisses auf seine Angemessenheit im Einzelfall gibt zu Korrekturen keinen Anlaß: Die errechneten Beträge stehen - angesichts des für die Ehefrau des Klägers anzusetzenden Mindestbedarfs von (hier nur) 950 DM - in
einem angemessenen Verhältnis zueinander. Keiner der Unterhaltsberechtigten steht sich im übrigen aufgrund der Mangelverteilung besser als ohne Vorliegen eines Mangelfalls.
Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Ahlt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 20/00 Verkündet am:
6. Februar 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frage des Mindestbedarfs eines unterhaltsberechtigten Kindes nach Wegfall
des § 1610 Abs. 3 BGB durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 zum
1. Juli 1998 (- KindUG - BGBl. I, S. 666).
BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - OLG Zweibrücken
AG Pirmasens
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrükken vom 21. Dezember 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die vom Beklagten getrenntlebende Klägerin macht gegen ihn in Prozeßstandschaft Unterhalt für die gemeinsamen Kinder geltend. Aus der im Juli 1989 geschlossenen Ehe der Parteien sind die Tochter Marie-Christine, geboren am 4. Dezember 1990, und der Sohn Maximilian, geboren am 28. Dezember 1993, hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung der Eltern Ende Juni 1998 bei der Klägerin, die sie betreut und die das staatliche Kindergeld erhält. An seinen nicht aus der Ehe stammenden
Sohn Leon Sebastian, geboren am 6. April 1998, zahlt der Beklagte monatlich 300 DM Unterhalt. Der Beklagte arbeitet als Verwaltungsbeamter in S. . Sein monatliches Nettoeinkommen betrug 1998, bereinigt um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge , rund 4.700 DM. Die Klägerin ist Lehrerin und verdient monatlich netto ebenfalls rund 4.700 DM. Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer eines mit Krediten belasteten Anwesens, in dem die Klägerin mit den gemeinsamen Kindern verblieben ist. Sie trägt den überwiegenden Teil dieser Kreditverbindlichkeiten. Der Beklagte macht für sich weitere monatliche Kreditverbindlichkeiten in Höhe von 1.425 DM geltend. Außerdem zahlt er für einen im März 1998 geleasten Pkw, auf den er eine Sonderleistung von 10.000 DM erbracht hat, monatliche Raten von rund 672 DM. Mit dem Pkw fährt er arbeitstäglich von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstelle rund 110 Kilometer. Die Klägerin bezieht seit Dezember 1998 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für Marie-Christine in Höhe von monatlich 299 DM und für Maximilian von 224 DM. Der Beklagte hat nach der Trennung an die Klägerin im Jahre 1998 für beide Kinder einen einmaligen Unterhaltsbetrag von insgesamt 500 DM und von Januar bis November 1999 monatlich 299 DM für MarieChristine und 244 DM für Maximilian an die Verwaltungsbehörde gezahlt. Diese hat die auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche der Kinder auf die Klägerin zurückübertragen. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung des weitergehenden Begehrens verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für beide Kinder für Juli und August 1998 in Höhe von insgesamt 1.142 DM zu zahlen,
ferner für die Zeit vom 1. September 1998 bis 31. Dezember 1998 jeweils monatlich 460 DM für Marie-Christine und 361 DM für Maximilian, sowie ab 1. Januar 1999 jeweils monatlich 418 DM für Marie-Christine und 322 DM für Maximilian. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Beklagte hat geltend gemacht, er schulde wegen seiner anderweitigen Verbindlichkeiten und der anfallenden Fahrtkosten von monatlich 583 DM nur den Unterhalt nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich hälftigen Kindergeldes, für die Zeit ab Januar 1999 somit für MarieChristine monatlich 299 DM und für Maximilian 224 DM. Die Klägerin hat mit der Berufung die Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils dahingehend begehrt, daû für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998 restlicher Unterhalt von insgesamt 5.547 DM für beide Kinder sowie ab 1. Januar 1999 für Marie-Christine monatlich 595 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 299 DM und für Maximilian monatlich 469 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 224 DM an sie zu zahlen seien. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. November 1999 rückständigen Unterhalt für Marie-Christine in Höhe von 3.702 DM und für Maximilian in Höhe von 2.890 DM sowie ab 1. Dezember 1999 für beide Kinder monatlich je 427 DM zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

A.

I. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2000, 765 f. veröffentlicht ist, hat den Bedarf für die Kinder der Parteien nach der Düsseldorfer Tabelle, Einkommensgruppe 5 ermittelt. Dies ergab für die am 4. Dezember 1990 geborene Marie-Christine in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 monatlich 543 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 2) und ab 1. Juli 1999 monatlich 552 DM (Düss.Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2). Für den am 28. Dezember 1993 geborenen Maximilian hat es den Bedarf entsprechend für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 mit 447 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 1), für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. November 1999 mit monatlich 455 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 1) und ab 1. Dezember 1999 mit 552 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2) angenommen. Für die Bedarfsbemessung ist das Oberlandesgericht dabei zunächst richtig und von der Revision nicht beanstandet von einem durchschnittlichen, um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verminderten Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von monatlich rund 4.700 DM für das Jahr 1998 und in Höhe von rund 4.450 DM für das Jahr 1999 ausgegangen. Von diesem Einkommen hat es - unter Berücksichtigung der Fahrten des Beklagten zur Ar-
beitsstelle - eine Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abgezogen , so daû es zu einem bereinigten Nettoeinkommen von monatlich rund 4.466 DM für das Jahr 1998 und von 4.228 DM für das Jahr 1999 gelangt ist. Die Berücksichtigung der monatlichen Leasingraten für den Pkw des Beklagten in Höhe von rund 672 DM hat es abgelehnt, da diese Verpflichtung in keiner Weise der finanziellen Gesamtsituation entspreche und auch nicht berufsbedingt notwendig sei. 1. Insoweit ist nicht zu beanstanden, daû das Oberlandesgericht für die Fahrten zur Arbeitsstelle nur die Pauschale von 5 % und nicht die geltend gemachten konkreten Fahrtkosten von monatlich 583 DM vom Nettoeinkommen abgezogen hat. Da es sich bei Unterhaltsfällen um Massenerscheinungen handelt , ist aus Vereinfachungsgründen eine pauschalierende Berechnungsmethode notwendig (Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 807). Dies schlieût zwar die Berücksichtigung konkreter Aufwendungen nicht aus, soweit diese notwendig und angemessen sind. Es hält sich aber im Rahmen der revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Bewertung, wenn das Oberlandesgericht es für zumutbar gehalten hat, daû der Beklagte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeitsstelle gelangt oder den Wohnsitz an den Dienstort verlegt. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die Bemessung der Aufwendungen mit 5 % hält sich ebenfalls im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493). 2. Entgegen der Revision kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen , von seinem Einkommen seien weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 672 DM Leasingraten abzuziehen.
Minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maûgebliche Lebensstandard im wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Deshalb sind unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 247/94 - FamRZ 1996, 160, 161). Ob die Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt (Senatsurteile vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 184 und vom 25. Oktober 1995 aaO S. 161). Im Rahmen dieser in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Interessenabwägung ist das Oberlandesgericht - bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit - zu dem Ergebnis gelangt, daû die monatlichen Leasingraten von 672 DM zum einen der finanziellen Gesamtsituation nicht entsprächen und zum anderen nicht berufsbedingt notwendig seien. Der Beklagte könne diese Raten bei Nutzung eines preiswerten Gebrauchtwagens oder öffentlicher Verkehrsmittel in zumutbarer Weise vermeiden, so daû seine Kinder sich diese Verpflichtung nicht entgegenhalten lassen müûten. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision zeigt solche auch nicht auf.

II. Zu Recht rügt jedoch die Revision, das Oberlandesgericht habe den Bedarf der Kinder nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Beklagten mit dem Existenzminimum gleichsetzen und ihn darauf verweisen dürfen , die ehebedingten Verbindlichkeiten in Höhe von 120.000 DM, die er mit monatlich 1.425 DM zurückführe, zu strecken. 1. Das Oberlandesgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob diese Verbindlichkeiten - wie der Beklagte unter Beweisantritt behauptet hat - als ehebedingt anzusehen sind oder aber zur Wahrnehmung persönlicher Bedürfnisse des Beklagten aufgenommen wurden. Dies ist für die Frage ihrer Berücksichtigung von Bedeutung (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). In der Revisionsinstanz ist daher zugunsten des Beklagten zu unterstellen, daû es sich um ehebedingte Schulden handelt. Werden die monatlichen Kreditraten von 1.425 DM in voller Höhe berücksichtigt, würde sich das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten im Jahre 1998 von 4.466 DM auf 3.041 DM und im Jahre 1999 von 4.228 DM auf 2.803 DM vermindern , was der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle und einem Unterhaltsbedarf von 484 DM (ab 1. Juli 1999 492 DM) in der Altersstufe 2 und von 398 DM (ab 1. Juli 1999 405 DM) in der Altersstufe 1 entspräche. Damit hätte der Beklagte zwar mehr als den Regelbetrag, aber weniger als den vom Oberlandesgericht angenommenen "Mindestbedarf" zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, den ehegemeinschaftlichen Kindern stehe wenigstens ein Mindestbedarf im Sinne des zur Sicherung des Existenzminimums erforderlichen Unterhaltsbetrages zu. Die Lebensstellung eines minderjährigen Kindes leite sich vom barunterhaltspflichtigen Elternteil ab. Der Unterhaltsanspruch genieûe grundsätzlich keinen Bestandsschutz hin-
sichtlich der tatsächlichen Lebensverhältnisse. Das Kind müsse deshalb hinnehmen , wenn nur noch ein geringerer - den Mindestbedarf allerdings nicht unterschreitender - Unterhaltsbetrag geschuldet werde. Die Festlegung des Mindestbedarfs sei mit dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes aufgrund der Aufhebung der Verweisung in § 1610 Abs. 3 BGB a.F. aufgegeben worden. Der Regelbetrag nach der Regelbetrag -Verordnung (= Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle) liege unter dem Existenzminimum und solle nicht bedarfsdeckend sein, sondern diene primär als Bemessungsgröûe für das vereinfachte Verfahren. Ihm sei daher ein Mangelfall immanent, weshalb er nicht mehr dem Mindestbedarf entspreche. Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben sei für den Mindestbedarf auf das nach dem Sozialhilfebedarf ermittelte Existenzminimum abzustellen. Dieses betrage bei einer Verteilung auf die drei Altersstufen ab 1996 431 DM, 510 DM und 631 DM, ab 1999 461 DM, 544 DM und 670 DM. Die genannten Beträge seien nicht genau in die Unterhaltstabelle einzupassen, da sie zwischen den Einkommensgruppen 4 bis 6 der Tabelle lägen. Deshalb sei es angemessen, den Mindestbedarf unter Zuordnung zur Einkommensgruppe 5 zu bemessen. Dieser Mindestbedarf stehe den Kindern in jedem Falle zu. Da der Beklagte drei Kindern unterhaltspflichtig sei, sei eine Höherstufung nicht angezeigt. 2. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, daû es seit dem am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (KindUG-BGBl. I, 666) keine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder im Unterhaltsrecht mehr gibt (so auch Schumacher/Grün FamRZ 1998, 778, 779; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 2 Rdn. 127 a f.).
Bis zum 30. Juni 1998 definierte § 1615 f Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. den Regelunterhalt als den Betrag (Regelbedarf), der zum Unterhalt eines nichtehelichen Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderlich sei. Verlangte ein eheliches Kind Barunterhalt , so galt als Bedarf mindestens der für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzte Regelbedarf, § 1610 Abs. 3 BGB a.F.. Durch Art. 1 Nr. 8, 16, Art. 6 KindUG wurden § 1610 Abs. 3 BGB und die Vorschriften über den Regelunterhalt nichtehelicher Kinder aufgehoben. § 1610 Abs. 3 BGB war nicht mehr erforderlich, da in § 1612 a Abs. 1 BGB für alle Kinder die Möglichkeit geschaffen wurde, die Regelbeträge geltend zu machen. Damit war die Definition des Mindestbedarfs im Unterhaltsrecht entfallen. Die Regelbeträge sollten als Basiswerte der Unterhaltstabellen und als Bezugsgröûen für die Unterhaltsanpassung dienen (Regierungsentwurf - im folgenden : RegE -, BT-Drucks. 13/7338, S. 22; Stellungnahme des Rechtsausschusses - im folgenden: RA -, BT-Drucks. 13/9596, S. 36). In Höhe der Regelbeträge (im RegE noch Regelunterhalt genannt) sollte das Kind von der Darlegungs - und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein (RegE aaO S. 19). Die Festlegung eines Mindestbedarfs erfolgte bewuût nicht (Bericht des RA aaO S. 31 f.). Die Empfehlung des Bundesrats, den im Regierungsentwurf verwendeten Begriff "Regelunterhalt" durch den Begriff "Mindestunterhalt" zu ersetzen, und die Forderung , der Mindestunterhalt der Kinder müsse sich an deren Bedarf orientieren und mindestens deren Existenzminimum abdecken (Stellungnahme des Bundesrats , BT-Drucks. 13/7338, S. 56), sind nicht Gesetz geworden. In ihrer Gegenäuûerung hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daû nicht der Eindruck erweckt werden solle, ein Mindestunterhalt sei unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten geschuldet (BT-Drucks. 13/7338, S. 59).
Insbesondere im Hinblick auf das Ziel des Entwurfs, die verfahrensrechtlich erleichterte Durchsetzung der Regelbeträge zu ermöglichen, wurde auf eine dem § 1615 f Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Definition der Regelbeträge verzichtet. Es war bekannt, daû eine erhebliche Erhöhung der Regelbeträge voraussichtlich dazu führen würde, daû die gesetzlich vorgesehenen Beträge für die Mehrzahl der Berechtigten wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Verpflichteten nicht erreichbar wären. Auûerdem sollten Mehrkosten für gesteigerte Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuûgesetz und eine erhebliche Mehrbelastung der Justiz durch die Geltendmachung von Unterhaltsbeträgen , die nicht der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen entsprechen, vermieden werden (Gegenäuûerung der Bundesregierung, aaO S. 60; Bericht des RA aaO S. 31). Die wesentliche Bedeutung des Regelbetrages sollte daher nicht in der Festlegung eines Mindestunterhalts, sondern darin liegen, daû mit ihm eine Bezugsgröûe für den Zugang zum vereinfachten Verfahren und für die im Zweijahresrhythmus erfolgende Anpassung der Unterhaltsansprüche geschaffen werden sollte (vgl. § 645 ZPO). Daû die Beträge hinter dem Existenzminimum zurückblieben, sei unschädlich, da das vereinfachte Verfahren auch für Unterhaltsbeträge in Höhe des Existenzminimums und sogar darüber hinaus eröffnet sei (Bericht des RA aaO S. 31, 36, vgl. auch Wendl/Scholz aaO). Die gegenteilige Auffassung, der Regelbetrag sei auch nach Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes entsprechend dem früheren Regelunterhalt dem Mindestbedarf gleichzusetzen, widerspricht daher dem im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers (so aber: KG FamRZ 1999, 405 f.; OLG München FamRZ 1999, 884; OLG Bamberg FamRZ 2000, 307,308; OLG Koblenz FamRZ 2000, 313; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1432, 1433; Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozeû, 2. Aufl., Rdn. 3025).

b) Die Auffassung, ein Mindestbedarf sei in Höhe des Eineinhalbfachen des Regelbetrages festzulegen, weil dieser Betrag nach § 645 ZPO im vereinfachten Verfahren ohne weitere Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse geltend gemacht werden könne (so Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 3. Aufl., § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12), wird vom Oberlandesgericht zutreffend abgelehnt. Die erweiterte Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens für Beträge in Höhe von 150 % des Regelbetrages ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, während der Regierungsentwurf in § 645 ZPO nur die Geltendmachung des Regelbetrages vorsah (Bericht des RA aaO S. 11). Dabei hat der Rechtsausschuû aber den Unterschied zwischen dem nicht festgesetzten materiell-rechtlichen Mindestunterhaltsanspruch und der Verbesserung der prozessualen Situation der Kinder betont (Bericht des RA aaO S. 31). Angesichts des auch im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers kann daher aus § 645 ZPO kein Mindestbedarf in entsprechender Höhe hergeleitet werden. Soweit in der Literatur gelegentlich befürwortet wird (Johannsen/Henrich/Graba aaO § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12; Graba NJW 2001, 249, 253), die Regelung des vereinfachten Verfahrens aus Gründen des Gleichklangs ins Klageverfahren zu übernehmen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ein vorausgegangenes vereinfachtes Verfahren kann weder Wirkungen für den materiellen Unterhaltsbedarf und -anspruch noch für die Darlegungs- und Beweislast im streitigen Prozeû begründen.
c) Der Senat folgt andererseits auch nicht der vom Oberlandesgericht und Teilen der Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; OLG Stuttgart (18. ZS) FamRZ 2000, 376; abweichend davon OLG Stuttgart (16. ZS), Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01; Göppinger /Wax/
Strohal, Unterhaltsrecht, 7. Aufl. Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz , Das neue Kindschaftsrecht § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 mit eingehender Darstellung des Streitstandes und Nachweisen; ders. FamRZ 2001, 334, 335; Rühl/Greûmann, Kindesunterhaltsgesetz Rdn. 58 ff.; vgl. weiter den Überblick bei Miesen, Neuere Entwicklung im Familienrecht bis Herbst 2001, FF Sonderheft, S. 4 f.) vertretenen Auffassung, daû es geboten sei, anstelle des im Unterhaltsrecht seit 1. Juli 1998 nicht mehr definierten Mindestbedarfs nunmehr auf das von der Bundesregierung auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs ermittelte, steuerfrei zu stellende rechtliche Existenzminimum eines Kindes abzustellen (für das Jahr 1996: 524 DM (BT-Drucks. 13/381, S. 4); für das Jahr 1999: 558 DM (BT-Drucks. 13/9561, S. 4); für das Jahr 2001: 564 DM (BT-Drucks. 14/1926, S. 5)). Aus dem für alle Kinder bis 18 Jahre unterschiedslos ermittelten Existenzminimum sollten gestaffelte Werte für die drei Altersstufen nach § 1612 a Abs. 3 BGB errechnet werden (vgl. die Berechung bei Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.). Die gewonnenen Ergebnisse entsprächen allerdings nicht den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle, sondern lägen je nach Altersstufe im Bereich der Einkommensgruppen 4 bis 6. Deshalb sollte im Wege der Interpolation der Mindestbedarf einheitlich nach der Einkommensgruppe 5 festgesetzt werden, wie es hier auch das Oberlandesgericht vorgeschlagen hat. aa) Für diese Auffassung wird teilweise angeführt, der Rechtsausschuû habe die aus dem Bericht der Bundesregierung vom 2. Februar 1995 ersichtlichen durchschnittlichen Sozialhilfebeträge ausdrücklich als Existenzminimum von Kindern bezeichnet. Deshalb seien in einem Nicht-Mangelfall mindestens diese Sätze geschuldet (Kleinle ZfJ 1998 aaO S. 226). Diese Ansicht widerspricht den bereits dargelegten Beratungen des Ausschusses, der bewuût von der Festsetzung eines Mindestunterhalts in Höhe des Existenzminimums abge-
sehen hat (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 59; Bericht des RA aaO S. 31). bb) Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums und zum Familienleistungsausgleich (vgl. nur BVerfG FamRZ 1999, 285 ff. und 291 ff.) zwingt nicht zur Annahme eines entsprechenden Mindestbedarfs. Danach müsse dem Steuerpflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts bedürfe (Existenzminimum). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaûstab sei der sich aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz, daû der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen müsse, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt werde (BVerfGE 82, 60, 85, BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer (BVerfGE 87, 153, 169; FamRZ 1999 aaO S. 292). Art. 6 Abs. 1 GG gebiete darüber hinaus, daû bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben müsse (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 287; FamRZ 1999 aaO, S. 292 jew. m.N.). Dabei müûten die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf - realitätsgerecht - bemessen werden (BVerfGE 91, 93, 111; BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292 m.N.). Dessen Untergrenze sei durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollten, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäûig den veränderten Lebensverhältnissen angepaût werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stelle, müsse er auch dem Einkommensbezieher von dessen Er-
werbsbezügen belassen (BVerfGE 87 aaO S. 171; 91, aaO S. 111; FamRZ 1999 aaO S. 292). Letzteres gelte sinngemäû für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums von Kindern (BVerfGE 82, 60, 93 f.), bei denen allerdings nach der neueren Rechtsprechung zusätzlich ab 1. Januar 2000 ein Betreuungsbedarf und ab 1. Januar 2002 auch der Erziehungsbedarf im Rahmen des steuerlichen Existenzminimums der Kinder zu berücksichtigen sei (BVerfGE 99, 216, 233 f., 240 f., 242). Diese Grundsätze werden bei der Festlegung eines Mindestbedarfs teilweise auf das Unterhaltsrecht übertragen (OLG Stuttgart FamRZ 2000, 376; OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; Göppinger/Wax/Strohal aaO Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz aaO § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 m.N.; ders. FamRZ 2001, aaO 335; Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.; Miesen, aaO S. 4 f.), vereinzelt unter Hinweis auf die der Sozialhilfe vorrangige Verwandtenunterhaltspflicht (Graba NJW 2001 aaO S. 251 f.). Dabei werden jedoch die unterschiedliche Struktur und Funktion des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts auf der einen Seite sowie des Einkommensteuer- und Sozialhilferechts auf der anderen Seite nicht ausreichend beachtet. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum und zum Familienleistungsausgleich betreffen das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Das Bundesverfassungsgericht fordert, daû der verminderten Leistungsfähigkeit der Bürger, die Kindern unterhaltspflichtig sind, durch eine entsprechende steuerliche Entlastung im Vergleich zu kinderlosen Steuerzahlern Rechnung getragen wird. Der sozialhilferechtlich anerkannte Bedarf als dafür entscheidende Bemessungsgröûe ist naheliegend, da diese pauschalierenden Sätze nach dem Verständnis des Sozialstaates und dem Sozialrecht das Existenzminimum zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins si-
chern. Aus den Entscheidungen ergeben sich also in erster Linie Pflichten des Staates, während sich zivilrechtliche Unterhaltsansprüche nach wie vor nach den Regelungen im Verwandtenunterhaltsrecht richten (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 127 b). cc) Anders als der im Steuerrecht für alle gleichmäûig festzusetzende, gegenüber dem Zugriff des Staates geschützte Grenzbetrag geht das Unterhaltsrecht von einem individuell zu bemessenden Unterhaltsanspruch aus. Im Verwandtenunterhalt bestimmt sich das Maû des zu gewährenden angemessenen Unterhalts grundsätzlich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Jedoch wird Unterhalt nicht geschuldet, soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zur Zahlung auûerstande ist (§ 1603 Abs. 1 BGB). Das Recht des Kindesunterhalts ist dadurch gekennzeichnet , daû minderjährige Kinder ohne Einkünfte keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB besitzen. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des bar-unterhaltspflichtigen Elternteils. An dieser individuellen Bemessung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimum nichts geändert. Ist nach diesen unterhaltsrechtlichen, dem § 1610 Abs. 1 BGB zu entnehmenden Grundsätzen der Unterhaltspflichtige (und auch ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter) nicht in der Lage, das sozialhilferechtlich ermittelte Existenzminimum sicherzustellen, so hat insoweit der Staat im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip die notwendigen Leistungen zu erbringen. Soweit
dagegen der Unterhaltspflichtige den Unterhalt selbst sicherstellen kann, ist die Sozialhilfe subsidiär. Im übrigen zeigt die gerichtliche Praxis, daû das sozialhilferechtliche Existenzminimum, das als Bedarf nach der Einkommensgruppe 5 (um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Nettoeinkommen 1998 bis Juni 2001 mindestens 3.500 DM, ab Juli 2001 mindestens 3720 DM) angesetzt wird, von der Mehrzahl der Barunterhaltspflichtigen nicht geleistet werden kann. Dies wuûte auch der Gesetzgeber, als er auf die Festsetzung eines entsprechenden Mindestbedarfs verzichtete (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 60). dd) Die Rechtsprechung hat zwar an den früher kodifizierten Mindestbedarf eine Reihe von Folgen geknüpft. So konnte etwa im Wege der einstweiligen Verfügung nur der Mindestbedarf als Notunterhalt verlangt werden. Diese Funktion hat jedoch nach dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes an Bedeutung verloren (so auch Luthin FamRZ 2001 aaO S. 336). Denn nach § 644 ZPO kann nunmehr im Unterhaltsprozeû und weiterhin während eines Scheidungsverfahrens nach § 620 ZPO Unterhalt im Wege einstweiliger Anordnung und damit ohne die zeitlichen und betragsmäûigen Beschränkungen der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden (OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 662). Auch soweit die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bisher den gesetzlich festgelegten Mindestbedarf im Mangelfall als Einsatzbetrag herangezogen hat (vgl. nur Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Januar 1996 - FamRZ 1995, 1323, 1324 unter C.), nötigt dies nicht zu einer Festschreibung des Existenzminimums als Mindestbedarf. Die Ermittlung des zu leistenden Unterhalts mit Hilfe von Einsatzbeträgen, z.B. der Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle, beruht nicht auf einer mathematisch exakten Rechenope-
ration, die das Gesetz auch in § 1610 Abs. 2, § 1603 Abs. 1 BGB nicht vorsieht. Vielmehr sind die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung. Deshalb ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen Mangelfall handelt oder nicht (Senatsurteil vom 19. Juli 2000, aaO 1493). Die Vorgehensweise für die Berechnung der Unterhaltsansprüche im Mangelfall ist daher von der Festsetzung eines Mindestbedarfs nicht abhängig. Von maûgeblicher Bedeutung war der gesetzliche Mindestbedarf gemäû § 1610 Abs. 3 BGB a.F. allerdings für die Darlegungs- und Beweislast. Da der Regelunterhalt als Mindestbedarf "galt", war eine weitere Darlegung der Bedarfshöhe nicht erforderlich (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Nach Aufhebung dieser Vorschrift könnte die allgemeine Darlegungs- und Beweislast für Unterhaltsansprüche eingreifen. Das minderjährige Kind wäre für die bedarfsprägenden Lebensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils und dessen Leistungsfähigkeit in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig (so Klinkhardt DAVorm 1998, 655). Dies würde eine Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position minderjähriger Kinder bedeuten, die der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der mit dem Kindesunterhaltsgesetz die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder verbessern wollte. In der Begründung zum Regierungsentwurf wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daû in Höhe des Regelunterhalts das Kind von der Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein solle (BT-Drucks. 13/7338, S. 19). Dieses Ziel ist auch mit der im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Formulierung des § 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB-E "Ein minderjähriges Kind kann... den Regelunterhalt verlangen." (RegE aaO
S. 5) zum Ausdruck gekommen. Als in den Beratungen des Rechtsausschusses auf den Anspruch auf Regelunterhalt verzichtet wurde, hat man dessen Funktion für die Darlegungs- und Beweislast übersehen. Der Rechtsausschuû hat ausgeführt, ein materiell rechtlicher Anspruch auf einen das Existenzminimum nicht abdeckenden und nur unter den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit zu rechtfertigenden Regelunterhalt erscheine zur Verwirklichung der Reformziele nicht erforderlich (Bericht des RA aaO S. 31). Daraus läût sich nur herleiten, daû der Gesetzgeber jedenfalls nicht zu Lasten des Kindes von der bisherigen Rechtslage abweichen und ihm die Beweiserleichterung im Rahmen des Regelbetrages nehmen wollte. Es kann aber nicht geschlossen werden, daû der Gesetzgeber das Kind bis zur Höhe des Existenzminimums vollständig von der Darlegungs- und Beweislast freistellen wollte (im Ergebnis ebenso Eschenbruch/Wohl-gemuth aaO Rdn. 3025). Soweit der bisherige Mindestbedarf als "relative Grenze" für die Berücksichtigung von Drittverbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners herangezogen wurde, rechtfertigt und erfordert dies ebenfalls keine Festsetzung eines Mindestbedarfs. Aus § 1603 Abs. 1 BGB ergibt sich, daû es nicht schlechthin ausgeschlossen ist, Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners bei der Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen. Dies galt vor dem 1. Juli 1998 auch dann, wenn der Mindestunterhalt nach § 1610 Abs. 3 BGB a.F. nicht gewahrt werden konnte (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 659 und vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 80/84 - FamRZ 1986, 254, 257). Allerdings war in diesen Fällen die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten nur in Ausnahmefällen möglich, insbesondere deshalb, weil den Kindern, denen der Verpflichtete nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verschärft unterhaltspflichtig ist, jegliche Möglichkeit fehlt, durch eigene Anstren-
gungen zur Deckung des notwendigen Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). Auch nach Wegfall des Mindestbedarfs hat eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen. Dabei bleiben die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Gesichtspunkte unabhängig vom nicht mehr bestimmten Mindestbedarf von Bedeutung. 3. Auch nach dem 1. Januar 2001 ist ein Mindestbedarf für das Kind gesetzlich nicht festgelegt (so auch OLG Hamm, Urteil vom 9. November 2001 - 12 UF 43/01 -; Heger FamRZ 2001, 1409, 1412; Soyka FamRZ 2001, 740; Wendl/Scholz aaO Nachtrag zu § 2 zu Rdn. 2/127 b; ders. FamRZ 2000, 1541, 1545). Zu diesem Zeitpunkt ist das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I 1479) hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen in Kraft getreten. Dadurch wurde § 1612 b Abs. 5 BGB insoweit geändert, als eine Anrechnung des Kindergeldes bereits dann unterbleibt, wenn der Unterhaltspflichtige auûerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten. Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend gefolgert, daû nunmehr der gesetzliche Mindestbedarf bei 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung liege (OLG München FamRZ 2002, 52; OLG Stuttgart, 16. Zivilsenat, Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01 -; Gerhardt FamRZ 2001, 73; Graba NJW 2001, aaO 252, 253; Luthin FamRZ 2001, 334, 336; Miesen FF Sonderheft 2001, S. 4 m.N.; Vossenkämper FamRZ 2000, 1547, 1551; Wohlgemuth FamRZ 2001, 742, 744).
a) Den Vertretern dieser Auffassung ist einzuräumen, daû der Gesetzgeber mit der Änderung des § 1612 b Abs. 5 BGB beabsichtigt hat, das Barexi-
stenzminimum des Kindes zu sichern (Bericht des RA BT-Drucks. 14/3781, S. 8). Dies war allerdings nicht der Ausgangspunkt für die erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetzentwurf zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vorgenommene Änderung (Bericht des RA aaO S. 6). Vielmehr wurde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (FamRZ 1999, 285 ff.) Bezug genommen, in der es - unabhängig von der Art der Betreuung - den Betreuungsbedarf der Kinder stets als Bestandteil des Existenzminimums angesehen hat (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 288). Ein entsprechender Steuerfreibetrag wurde zum 1. Januar 2000 durch das Familienförderungsgesetz eingeführt. In Ergänzung dazu sollten die Alleinerziehenden nun auch unterhaltsrechtlich entlastet werden. Nur durch eine unterhaltsrechtliche Neuregelung könne sichergestellt werden, daû das Existenzminimum des Kindes nicht nur steuerrechtlich freigestellt, sondern auch Anknüpfungspunkt für die Verteilung bzw. Verwendung des Kindergeldes werde (Bericht des RA aaO S. 7). Eine Regelung, die das hälftige Kindergeld beim Barunterhaltspflichtigen belasse, selbst wenn dieser das Existenzminimum des Kindes noch nicht sichergestellt habe, sei kaum mehr zu rechtfertigen. Um die Unterhaltsberechnung nicht noch weiter zu erschweren, seien 135 % des Regelbetrages als Grenze anzusetzen. Mit diesem Prozentsatz werde an den Barunterhalt in Höhe des Existenzminimums in allen Altersstufen angeknüpft und eine bruchlose Umsetzung der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle gewährleistet (Bericht des RA aaO S. 8).
b) Dieser Ausgangspunkt des Gesetzgebers verdeutlicht die bereits im Gesetz angelegte Systematik. § 1612 b BGB regelt allein die Anrechnung staatlicher kindbezogener Leistungen auf den Kindesunterhalt.
Bereits vor Einführung des § 1612 b BGB betraf der Ausgleich des Kindergeldes nach der Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, nur das Verhältnis der Ehegatten zueinander und hatte für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des Kindes keine Bedeutung (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 808). Staatliches Kindergeld wird gewährt, um die Unterhaltslast der Eltern gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Diese öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung darf nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, daû sie - im Wege einer Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen - zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt (Senatsurteil BGHZ 70, 151, 153). Beim Ausgleichsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen handelt es sich um einen Unterfall des von der Rechtsprechung entwickelten besonderen familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 809), der nunmehr in § 1612 b BGB kodifiziert ist. Der Ausgleich vollzieht sich aus Vereinfachungsgründen zwar meist über die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils für das Kind. Das ändert jedoch nichts daran, daû es um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen daher auch unmittelbar auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes in Anspruch nehmen kann (Senatsurteile vom 24. Februar 1988 - IVb ZR 29/87 - FamRZ 1988, 607, 609, und vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834, m.N.). Grundsätzlich ordnet § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB den hälftigen Ausgleich des Kindergeldes an, der im Wege der Anrechnung auf den Barunterhaltsanspruch erfolgt. Bereits § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Kindesunterhaltsgesetzes sah eine Beschränkung der Anrechnungsmöglichkeit vor, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht den vollen Regelbetrag als Unterhalt leisten konnte. Im Ergebnis wurde der bar-unterhaltspflichtige Elternteil dadurch so gestellt, als habe er das Kinder-
geld in Höhe des nicht angerechneten Teils erhalten und für den Kindesunterhalt verwenden müssen (RegE zum KindUG aaO S. 30).
c) In Kenntnis dieser Rechtsprechung und der Gesetzesgeschichte des Kindesunterhaltsgesetzes hat der Gesetzgeber nur den Ausgleichsanspruch zwischen den Ehegatten geändert. Er hat - wie sich aus der Begründung ergibt - mit der Bezugnahme auf das verfassungsrechtliche Existenzminimum das rechtspolitische Anliegen verfolgt, unterhaltsrechtlich den betreuenden Elternteil zu entlasten (Graba NJW 2001 aaO S. 251). Es ging dem Gesetzgeber nicht um die Festlegung eines Mindestunterhalts der Kinder, auch wenn deren Existenzminimum möglichst gesichert werden soll. Vielmehr hat er eine Frage der Familienleistungsförderung geregelt, indem dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zugemutet wird, notfalls seinen Kindergeldanteil zur Unterhaltssicherung einzusetzen. Das Kindergeld soll der Entlastung für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen und nicht der Unterstützung weniger zahlungsfähiger Elternteile dienen (Heger aaO S. 1413). Eine Leistung des Staates wird daher in diesen Fällen dem Leistungsempfänger indirekt wieder entzogen. Mit dem zivilrechtlichen Anspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil hat dies unmittelbar nichts zu tun (so auch Heger aaO S. 1412; Soyka aaO 740; Scholz aaO S. 1545). Es kann dahinstehen, ob § 1612 b Abs. 5 verfassungsgemäû ist (vgl. zur Problematik nur Vorlagebeschluû des AG Kamenz FamRZ 2001, 1090 ff.; Scholz aaO 1543 f.; weitere Nachweise bei Heger aaO 1409). Das Anliegen des Gesetzgebers, den Barunterhalt des Kindes in Höhe des Existenzminimums möglichst sicherzustellen (vgl. auch BVerfG FamRZ 2001, 541), kann der Anrechnungsbestimmung entnommen werden. Der Festlegung eines entsprechenden Mindestunterhalts bedarf es dazu nicht. § 1612 b Abs. 5 BGB wäre dazu auch systematisch nicht der richtige Ort. Vielmehr würde eine solche Regelung - wie vor Inkrafttreten des Kindesunterhalts-
gesetzes - in den § 1610 BGB gehören. Die Anrechnungsvorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB spiegelt dagegen nur die verfassungsrechtlich gebotene, auf einheitlichen Pauschalbeträgen beruhende Entlastung der unterhaltspflichtigen Eltern wider und regelt den zivilrechtlichen Ausgleich dieses Vorteils zwischen ihnen. In einem Spannungsverhältnis dazu steht der nach § 1610 Abs. 1 BGB am individuellen Einkommen der Eltern ausgerichtete Unterhaltsanspruch des Kindes. Durch das Unterbleiben der Anrechung wird eine Brücke zwischen diesen Polen geschlagen, aber nicht der Individualanspruch zugunsten eines allgemeinen Pauschalbetrages aufgegeben (Heger, aaO S. 1412). Danach durfte das Oberlandesgericht nicht unabhängig vom Einkommen des Beklagten und dessen Verbindlichkeiten ohne weiteres von einem Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle ausgehen, sondern hätte den Bedarf nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen ermitteln müssen. Bei vollständiger Berücksichtigung der - für die Revision als ehebedingt unterstellten - Verbindlichkeiten des Beklagten ergäbe sich ein Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle.

B.

Der Senat kann in der Sache nicht abschlieûend entscheiden. Verbindlichkeiten können aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Zweck, Art und Umfang der Verbindlichkeit sowie Zeitpunkt und Umstände ihrer Entstehung, teilweise oder vollständig bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen sein. Auf Seiten der Klägerin ist zu bedenken, daû minderjährige Kinder keine Möglichkeit haben,
durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995, aaO S. 161). Es hat ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unterhaltsgläubigers, des Unterhaltsschuldners und der Drittgläubiger zu erfolgen, gegebenenfalls auch durch eine Streckung der Tilgung (Senatsurteil vom 11. Dezember 1985, aaO S. 257). Da für die Interessenabwägung von entscheidender Bedeutung ist, ob die Verbindlichkeiten ehebedingt sind oder - wie die Klägerin behauptet - allein der Befriedigung der persönlichen Bedürfnissen des Beklagten dienten, hat das Oberlandesgericht zunächst diese Feststellungen zu treffen und sodann die erforderliche Abwägung vorzunehmen. Sollte sich dabei ergeben, daû der Beklagte zur Unterhaltsleistung in einer Höhe verpflichtet ist, die es nicht erlaubt, den angemessenen Selbstbehalt zu wahren, wird bei der Beurteilung, ob die Klägerin anteiligen Barunterhalt zu leisten hat, zu berücksichtigen sein, daû sie unstreitig überwiegend die Finanzierung des Hauses sicherstellt und damit bereits zur Deckung des Wohnbedarfs der Kinder beiträgt. Bei der neuen Entscheidung wird das Gericht auch das zum 1. Januar 2000 auf monatlich 270 DM erhöhte staatliche Kindergeld zu berücksichtigen haben. Hahne Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Vézina

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.