Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 8/08

bei uns veröffentlicht am25.11.2009
vorgehend
Amtsgericht Neuss, 45 F 52/07, 16.05.2007
Oberlandesgericht Düsseldorf, 7 UF 137/07, 06.12.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 8/08 Verkündet am:
25. November 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist in einem pauschalen Unterhaltsvergleich keine Geschäftsgrundlage niedergelegt
, kann dies für einen Ausschluss der Anpassung an die abweichenden
tatsächlichen Verhältnisse bei Vertragsschluss sprechen. Die Abänderbarkeit
wegen Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) durch geänderte tatsächliche
Verhältnisse seit Vertragsschluss oder durch eine Änderung des Gesetzes
oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dadurch aber regelmäßig
nicht ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - OLG Düsseldorf
AG Neuss
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dose und Schilling

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2007 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Abänderung eines Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt.
2
Der im Jahre 1959 geborene Kläger und die im Jahre 1963 geborene Beklagte hatten 1982 die Ehe geschlossen, aus der drei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen sind. Nach der Trennung wurde die Ehe der Parteien am 11. Juli 2006 rechtskräftig geschieden. Unmittelbar zuvor hatten die Parteien im Scheidungsverbundverfahren einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger verpflichtet hatte, nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 750 € zu zahlen. Eine Grundlage des gerichtlichen Vergleichs wurde nicht niedergelegt.
3
Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 2. Januar 2007 erfolglos aufgefordert hatte, auf Rechte aus dem abgeschlossenen Vergleich zu verzichten, begehrt er im vorliegenden Rechtsstreit eine Abänderung des Vergleichs und einen Wegfall des nachehelichen Unterhalts ab Januar 2007. Amtsgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Antrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. OLG Köln FamRZ 2009, 1852 f.; OLG Stuttgart Beschluss vom 22. Oktober 2009 - 18 UF 233/09 - veröffentlicht bei juris; OLG Schleswig Beschluss vom 21. Oktober 2009 - 2 W 152/09 - veröffentlicht bei juris und OLG Dresden Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 W 1077/09 - veröffentlicht bei juris).

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in FamRZ 2008, 1002 veröffentlicht ist, hat die Abänderungsklage abgewiesen, weil der Unterhaltsvergleich der Parteien keine Geschäftsgrundlage enthalte, die sich nachträglich geändert habe.
7
Die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs richte sich materiell-rechtlich nach den Voraussetzungen des § 313 BGB. Da es sich bei dem Vergleich um eine Parteivereinbarung handele, könne im Rahmen der Vertragsfreiheit und den Grenzen von Treu und Glauben auch eine Unabänderbarkeit vereinbart werden. Nur wenn nach dem Parteiwillen eine Abänderbarkeit des Unterhaltsvergleichs in Betracht komme, sei darauf abzustellen, ob eine seinerzeit einvernehmlich vereinbarte Vergleichsgrundlage derart gestört sei, dass dem Kläger eine weitere Unterhaltspflicht ganz oder teilweise nicht mehr zumutbar sei. Dafür sei der Abänderungskläger darlegungs- und beweisbelastet. Der für die Abänderbarkeit ausschlaggebende Parteiwille sei im Wege der Auslegung zu ermitteln.
8
Eine Abänderung nach § 313 BGB komme hier nicht in Betracht, weil unstreitig keine Vergleichsgrundlage existiere. Schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers ergebe sich nicht, dass der Vergleich - zumal so kurze Zeit nach dessen Protokollierung - überhaupt abänderbar sein solle. Die Parteivereinbarung sei auch nicht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt. Auf eine Grundlage des Vergleichs sei bewusst verzichtet worden, weil es den Parteien um eine schnelle Erledigung dieses Streitpunkts im Zusammenhang mit dem Scheidungsverbundverfahren gegangen sei. Diese Motivlage habe sich nicht geändert, sondern wirke mit ihren Folgen weiterhin fort. Am Tage des Vergleichsschlusses und der abschließenden Entscheidung im Scheidungsverbundverfahren sei zwar zur Folgesache des nachehelichen Unterhalts ein Schriftsatz eingegangen, in dem als Teilbetrag des nachehelichen Unterhalts monatlich 663 € verlangt worden seien. Diese Antragsschrift sei allerdings unstreitig nicht zugestellt worden und der Vergleich beruhe nicht darauf, sondern auf einem "Angebot zur Güte" des Klägers in exakt der später vereinbarten Höhe ohne Verhandlung und Erörterung etwaiger Einkommens- oder sonstiger Verhältnisse. Die Beklagte habe dieses Angebot ohne weitere Verhandlungen angenommen. Unter diesen Umständen fehle nicht nur eine Vergleichsgrundlage. Nach dem Parteiwillen sei vielmehr bewusst ein Unterhaltsbetrag ohne Grundlagen festgelegt worden, der somit im Grunde unabänderbar sein solle. Anderenfalls sei der Vergleich für die Parteien nichts wert gewesen, weil sonst jede Partei mangels niedergelegter Vergleichsgrundlage schon am Folgetag eine Abänderungsklage ohne Bindung an eine Veränderung der Umstände hätte erheben können. Das sei von beiden Parteien offensichtlich nicht gewollt gewesen. Auch der in gleicher Höhe vereinbarte Trennungsunterhalt sei nicht auf der Grundlage der dort vorgetragenen Verhältnisse vereinbart worden. Wenn eine solche Grundlage erwünscht gewesen wäre, sei ein Hinweis auf die Berechnung in den Schriftsätzen möglich gewesen, wovon die Parteien indessen abgesehen hätten. Soweit der Vergleich zum Trennungsunterhalt unvollständige Grundlagen enthalte, spreche die abweichende Handhabung beim nachehelichen Unterhalt gerade für einen abweichenden Parteiwillen.
9
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die eine vom Ersttitel losgelöste Neufestsetzung zulasse, wenn keine Vergleichsgrundlage feststellbar sei, beziehe sich auf andere Sachverhalte. Dies komme nur im Falle einer grundsätzlichen Abänderbarkeit in Betracht, wenn die Unterhaltsberechnung und damit die frühere Vergleichsgrundlage nicht mehr nachvollziehbar und deswegen eine Anpassung nicht möglich sei. Hier fehle es nicht an der Nachvollziehbarkeit , sondern schon an einer Berechnung des Vergleichsbetrages und somit an der grundsätzlichen Abänderbarkeit. Der Kläger könne sich für seine Rechtsauffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abänderbarkeit eines Anerkenntnisurteils stützen. Auch die Bindungswirkung eines Anerkenntnisurteils verhindere eine freie Abänderbarkeit.
Im Übrigen übersehe der Kläger, dass die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit übereinstimmend auf Grundlagen verzichtet hätten, während die prozessuale Lage beim Anerkenntnisurteil sich hiervon grundlegend unterscheide.
10
Eine Ausnahme sei allenfalls in einem - hier allerdings offensichtlich nicht vorliegenden - Fall der Not geboten. Der Kläger habe im Jahre 2006 über ein durchschnittliches bereinigtes Nettoeinkommen von gut 2.500 € verfügt und wendet sich insoweit lediglich gegen den hinzugerechneten Wohnvorteil in Höhe von 450 € mit dem Ziel einer Reduzierung auf 200 € monatlich.
11
Das Oberlandesgericht hat die Revision "im Hinblick auf die entscheidende Rechtsfrage der Abänderbarkeit des Vergleichs" zugelassen.

II.

12
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Abänderung des vereinbarten laufenden nachehelichen Unterhalts nach § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Wege der Abänderungsklage erfolgt, weil mit dem gerichtlichen Vergleich bereits ein vollstreckbarer Titel über den nachehelichen Unterhalt vorliegt. Wegen der fehlenden materiellen Rechtskraft des Prozessvergleichs richtet sich die Abänderung in der Sache - wie das Oberlandesgericht ebenfalls zutreffend ausführt - nicht nach § 323 Abs. 1 bis 3 ZPO, sondern gemäß § 313 BGB nach den Grundsätzen über eine Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (Senatsurteile vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314, 315 und vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 346/00 - FamRZ 2003, 304, 306). Dabei ist zunächst im Wege der Auslegung des Parteiwillens eine Geschäftsgrundlage des Vergleichs zu ermitteln (vgl. Graba Die Abänderung von Unterhaltstiteln 3. Aufl. Rdn. 62; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 19 Rdn. 169). Ist in den danach maßgeblichen Verhältnissen seit Abschluss des Vergleichs eine Änderung eingetreten, muss die gebotene Anpassung der getroffenen Unterhaltsregelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen.
14
Lässt sich dem Vergleich und dem ihm zugrunde liegenden Parteiwillen kein hinreichender Ansatz für eine Anpassung an veränderte Umstände entnehmen , kann es geboten sein, die Abänderung ohne fortwirkende Bindung an die Grundlage des abzuändernden Vergleichs vorzunehmen. Der Unterhalt ist dann wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bemessen (Senatsurteil vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1142 m.w.N. und vom 26. November 1986 - IV b ZR 91/85 - FamRZ 1987, 257, 259).
15
Das gilt allerdings nicht, soweit die Parteien in dem Unterhaltsvergleich bewusst eine restlose und endgültige Regelung getroffen und damit eine spätere Abänderung wegen nicht vorhersehbarer Veränderungen der maßgeblichen Verhältnisse ausdrücklich ausgeschlossen haben. Die abschließende Einigung auf der Grundlage einer bloßen Prognose ist dann Vertragsinhalt und nicht nur dessen Geschäftsgrundlage. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Parteien mit der Vereinbarung eines Abfindungsbetrages eine abschließende Regelung ihres Unterhaltsrechtsverhältnisses herbeiführen wollen, auch wenn der Betrag in künftigen Raten zu zahlen ist (Senatsurteil vom 10. August 2005 - XII ZR 73/05 - FamRZ 2005, 1662 f.).
16
2. Im Ansatz zutreffend hat das Oberlandesgericht für die Abänderbarkeit des Unterhaltsvergleichs der Parteien deswegen auf den Inhalt des Vergleichs abgestellt, der im Wege einer für beide Parteien interessengerechten Auslegung zu ermitteln ist (vgl. Senatsurteile vom 4. März 2009 - XII ZR 18/08 - FamRZ 2009, 768, 770 und vom 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02 - NJW-RR 2004, 1452, 1453). Soweit das Oberlandesgericht dabei allerdings zu einem vollständigen Ausschluss der Abänderbarkeit gelangt ist, hält dies der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Ermittlung des Inhalts und der Bedeutung von Individualvereinbarungen grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Die Auslegung durch den Tatrichter kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf geprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht (BGHZ 150, 32, 37 = NJW 2002, 3248, 3249 und Senatsurteil vom 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02 - NJW-RR 2004, 1452, 1453).
18
a) Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass die Parteien eine spätere Korrektur ihres Vergleichs nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse bei Vergleichsschluss ausgeschlossen haben. Auch wenn die tatsächlichen Verhältnisse bei Vergleichsschluss, die von den Parteien bewusst nicht zugrunde gelegt wurden, zu einem anderen gesetzlichen Unterhalt geführt hätten, kann dies allein also nicht zu einer Anpassung ihres Unterhaltsvergleichs führen.
19
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass allein aus der fehlenden Geschäftsgrundlage in dem gerichtlichen Vergleich noch nicht darauf ge- schlossen werden kann, der Vergleich sei unter keinen Umständen abänderbar. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein Unterhaltsvergleich grundsätzlich auch dann abänderbar, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die dem Vergleich zugrunde liegenden Umstände aber nicht mehr nachvollziehbar sind. Der nach den geänderten Umständen geschuldete Unterhalt ist dann unabhängig von der früheren Vereinbarung allein nach den gesetzlichen Vorschriften zu berechnen (Senatsurteile vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1142 und vom 26. November 1986 - IV b ZR 91/85 - FamRZ 1987, 257, 259).
20
Das Oberlandesgericht hat im Rahmen seiner Auslegung des Parteiwillens allerdings weitere Umstände berücksichtigt, die hier einen Ausschluss der Abänderbarkeit allein wegen der fehlenden Vergleichsgrundlage nahe legen. Danach hatten die Parteien die Höhe des Unterhalts unabhängig von den genauen tatsächlichen Umständen und ohne konkrete Berechnung pauschal auf der Grundlage eines Angebots des Klägers vereinbart, um eine abschließende Regelung zu erreichen. Die gewünschte Bindung an diese pauschale Vereinbarung wäre aber in Frage gestellt, wenn die Parteien wegen der fehlenden Geschäftsgrundlage jederzeit eine Abänderung verlangen könnten, ohne dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit Vergleichsschluss geändert haben. An diese Auslegung des Prozessvergleichs durch das Berufungsgericht ist der Senat revisionsrechtlich gebunden.
21
b) Soweit das Berufungsgericht den Prozessvergleich allerdings so ausgelegt hat, dass eine Abänderung auch bei einer späteren wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Parteien ausscheidet, trägt die hierzu gegebene Begründung dies nicht.
22
Wenn die Parteien sich im Zeitpunkt des Vergleichs verbindlich verpflichten wollten, spricht dies zwar dafür, dass sie eine Abänderung für den Fall ausgeschlossen haben, dass die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen anderen Unterhaltsbetrag ergeben, als von ihnen pauschal vereinbart wurde. Für den Fall einer späteren Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sagt dies aber nichts aus. Auch dann bleibt es vielmehr bei der grundsätzlichen Abänderbarkeit des Prozessvergleichs nach § 313 BGB, wobei den Abänderungskläger allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse seit dem Vergleichsschluss überhaupt wesentlich geändert haben.
23
Für eine solche weitgehende Vereinbarung der Parteien wie den Ausschluss der Abänderbarkeit bei späteren Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der Ausschluss der Abänderbarkeit wäre insoweit Teil der Vereinbarung und nicht bloß dessen Geschäftsgrundlage. Dafür, dass die Parteien in ihrem Vergleich ausdrücklich auch eine Abänderbarkeit für den Fall einer späteren Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ausgeschlossen haben, trägt die Beklagte die Darlegungs - und Beweislast, die sich auf einen solchen Ausschluss beruft.
24
c) Soweit das Berufungsgericht die Vereinbarung der Parteien dahin ausgelegt hat, dass durch sie eine Abänderbarkeit wegen späterer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen ist, hält auch dies der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
25
Unstreitig lebte die Beklagte seit Januar 2005 mit dem Zeugen G. zusammen und unterhielt mit diesem auch eine gemeinsame Wohnung. Zwar weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB, der durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz zum 1. Januar 2008 aus dem allgemeinen Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB a.F. hervorgegangen ist, im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses noch nicht erfüllt war (vgl. Senatsurteil BGHZ 150, 209, 215 = FamRZ 2002, 810, 811 und BT-Drucks. 16/1830 S. 21). Weil seinerzeit also noch nicht endgültig feststand, ob sich die neue Lebensgemeinschaft der Beklagten im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB endgültig verfestigen würde, musste der Kläger sich diesen Einwand auch nicht ausdrücklich vorbehalten. Nach dem streitigen und in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vortrag des Klägers hat sich die Lebensgemeinschaft seitdem weiter verfestigt, was jetzt zu einer Verwirkung des nachehelichen Unterhalts führen kann.
26
Die Argumente des Berufungsgerichts im Rahmen der Auslegung des Unterhaltsvergleichs tragen einen Ausschluss der Abänderbarkeit wegen nachträglichen Eintritts eines Verwirkungstatbestandes nicht.
27
d) Schließlich kann die angefochtene Entscheidung auch deswegen keinen Bestand haben, weil sich die für die Unterhaltsberechnung relevanten gesetzlichen Grundlagen und die höchstrichterliche Rechtsprechung nach Abschluss des Vergleichs grundlegend geändert haben und das Berufungsgericht einen Ausschluss der daraus grundsätzlich folgenden Abänderbarkeit nicht geprüft hat.
28
aa) Für Prozessvergleiche über Dauerschuldverhältnisse hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass eine Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen kann, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. In solchen Fällen kann eine beiderseitige irrtümliche Vorstellung über die künftige Rechtslage eine Anpassung nach den Grundsätzen über die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertigen, wenn die Vereinbarung ohne diesen Rechtsirrtum und in Kenntnis der künftigen Rechtsprechung nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen worden wäre. Das gilt ebenso, wenn der Geschäftswille der Parteien auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage aufgebaut war, was regelmäßig der Fall ist. Auch dann ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, welche Verhältnisse die Parteien zur Grundlage ihrer Einigung gemacht haben und von welcher Rechtslage sie ausgegangen sind. Ob und in welcher Weise sodann eine Anpassung an die veränderte Rechtslage erfolgen kann, bedarf einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien. Es genügt nicht, dass ein weiteres Festhalten am Vereinbarten nur für eine Partei unzumutbar erscheint, vielmehr muss hinzukommen , dass das Abgehen vom Vereinbarten der anderen Partei auch zumutbar ist. Dabei ist auch zu beachten, ob die im Vergleich insgesamt getroffenen Regelungen noch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen (Senatsurteile vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1358 und BGHZ 148, 368, 377 f. = FamRZ 2001, 1687, 1690).
29
Der Ausschluss der Abänderbarkeit eines Unterhaltsvergleichs wegen nachträglicher Änderung der gesetzlichen Grundlagen oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann deswegen nur auf einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung beruhen, für die derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft. Die Darlegungs- und Beweislast für einen solchen Ausschluss der Abänderbarkeit trotz geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung trifft hier also die Beklagte. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber weder festgestellt, noch sind diese sonst ersichtlich. Vielmehr liegt es hier nahe, dass jedenfalls nachträgliche gesetzliche Änderungen oder Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich unmittelbar auf den geschuldeten Unterhalt auswirken, Berücksichtigung finden müssen.
30
bb) Solche Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind hier in zweierlei Hinsicht von Bedeutung.
31
(1) Der Kläger ist als Unterhaltsschuldner inzwischen neu verheiratet. Dies wirkt sich nach der neueren Rechtsprechung des Senats bereits auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten aus. Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung, auch auf der Grundlage der zum 1. Januar 2008 durch § 1609 BGB geänderten Rangfolge, neu hinzutretende Unterhaltspflichten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB mit berücksichtigt. Dadurch gelangt er im Ergebnis zu einer Dreiteilung des verfügbaren Einkommens in Fällen , in denen wie hier ein geschiedener Ehegatte mit einem neuen Ehegatten konkurriert (Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - XII ZR 119/07 - FamRZ 2009, 579, 583; BGHZ 179, 196, 205 f. = FamRZ 2009, 411, 414; vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23, 24 ff.; BGHZ 177, 356, 367 f. = FamRZ 2008, 1911, 1913 f. und vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971 f.). Diese Rechtsprechung ist auch dadurch bedingt, dass der Halbteilungsgrundsatz bereits im Rahmen der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der Quotenmethode Berücksichtigung findet (Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - zur Veröffentlichung bestimmt).
32
Diese neuere Rechtsprechung konnten die Parteien bei Abschluss ihres Vergleichs am 11. Juli 2006 noch nicht berücksichtigen. Auch insoweit kommt eine Abänderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, soweit für die neue Ehefrau des Klägers auf der Grundlage der Maßstäbe des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten ein konkurrierender Unterhaltsanspruch besteht.
33
(2) Hinzu kommt die neue Rechtsprechung des Senats zur Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts. Der Senat hatte bereits infolge der Änderung seiner früheren Rechtsprechung zur Bewertung von Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der bestehenden Ehe (Übergang von der Anrechnungsmethode zur Differenzmethode durch Urteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - FamRZ 2001, 986, 987 ff.) darauf hingewiesen, dass damit die Vorschriften zur Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts erheblich an Bedeutung gewinnen werden. In der Folgezeit hat der Senat seine Rechtsprechung durch eine nach Abschluss des hier relevanten Unterhaltsvergleichs veröffentlichte Entscheidung grundlegend geändert und nicht mehr entscheidend auf die - hier besonders lange - Dauer der Ehe, sondern vorgreiflich auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abgestellt (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f.). Diese Rechtsprechung hat der Senat in der Folgezeit kontinuierlich fortentwickelt (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 135; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328; vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1510; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207, 1210 und BGHZ 179, 43, 51 ff. = FamRZ 2009, 406, 408 f.).
34
Durch die geänderte gesetzliche Grundlage und die neue höchstrichterliche Rechtsprechung ist die Geschäftsgrundlage des Vergleichs, die im Zweifel auf den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur überragenden Bedeutung der Ehedauer bei der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen abstellte, entfallen, was ebenfalls zu einer Anpassung des Unterhaltstitels führen kann.
35
3. Die angefochtene Entscheidung kann deswegen keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache ent- scheiden, weil es zunächst weiterer Feststellungen zu den nach der Rechtsprechung des Senats relevanten Tatsachen bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).
36
Das Oberlandesgericht wird den Parteien zunächst Gelegenheit geben müssen, ergänzend zu den Abänderungsvoraussetzungen vorzutragen. In diesem Umfang dürfte dem abgeschlossenen Vergleich ein Ausschluss jeglicher Abänderung nicht zu entnehmen sein.
37
Soweit der Antrag auf Unterhaltsabänderung auf geänderte tatsächliche Verhältnisse seit Abschluss des Vertrages gestützt ist, setzt er allerdings voraus , dass der Abänderungskläger eine erhebliche Änderung dieser Verhältnisse darlegt und ggf. beweist. Hinsichtlich der Frage einer nach Abschluss des Vergleichs neu eingetretenen Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wird das Oberlandesgericht klären müssen, ob die Beklagte nach wie vor mit dem Zeugen eine feste Lebensgemeinschaft unterhält. Hahne Fuchs Vézina Dose Schilling
Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 16.05.2007 - 45 F 52/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2007 - II-7 UF 137/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 8/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 8/08

Referenzen - Gesetze

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578 Maß des Unterhalts


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit


Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes gro

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 346/00 Verkündet am: 2. Oktober 2002 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08

bei uns veröffentlicht am 27.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 111/08 Verkündet am: 27. Mai 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2001 - XII ZR 62/99

bei uns veröffentlicht am 03.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 62/99 Verkündet am: 3. Mai 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO §

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2009 - XII ZR 119/07

bei uns veröffentlicht am 28.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 119/07 Verkündet am: 28. Januar 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02

bei uns veröffentlicht am 28.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 292/02 Verkündet am: 28. Juli 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99

bei uns veröffentlicht am 13.06.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 343/99 Verkündet am: 13. Juni 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2008 - XII ZR 182/06

bei uns veröffentlicht am 03.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 182/06 Verkündet am: 3. Dezember 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07

bei uns veröffentlicht am 25.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 109/07 Verkündet am: 25. Juni 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Okt. 2008 - XII ZR 62/07

bei uns veröffentlicht am 01.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 62/07 Verkündet am: 1. Oktober 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Okt. 2009 - 18 UF 233/09

bei uns veröffentlicht am 22.10.2009

Tenor 1. Dem Antragsgegner wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist bewilligt. 2. Die Antragstellerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen bis zum 16.11.2009.
19 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 8/08.

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2013 - XII ZB 106/10

bei uns veröffentlicht am 03.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 106/10 vom 3. Juli 2013 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2010 - XII ZR 205/08

bei uns veröffentlicht am 29.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 205/08 Verkündet am: 29. September 2010 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Okt. 2010 - XII ZR 53/09

bei uns veröffentlicht am 20.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 53/09 Verkündet am: 20. Oktober 2010 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2010 - II ZB 1/10

bei uns veröffentlicht am 01.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 1/10 vom 1. März 2010 in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Nachschlagewerk: nein BGHZ: nein BGHR: nein AktG § 142 Abs. 8 a.F.; FamFG §§ 64, 70; FGG-RG Art. 111 a) Ist das Verfahren

Referenzen

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist

bewilligt.

2. Die Antragstellerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen bis zum

16.11.2009.

3. Das Jugendamt wird um Erstattung eines Berichts gebeten bis zum

16.11.2009.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten X. (Antragstellerin) und Y. (Antragsgegner) sind die getrennt lebenden Eltern des am … 2002 geborenen Kindes X.
Am 10.06.2009 ging beim Familiengericht der Antrag der Antragstellerin auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für X. ein. Nach Anhörung aller Beteiligter erging am 18.08.2009 der gerichtliche Beschluss, durch welchen das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Antragstellerin übertragen wurde. Die Zustellung an den Antragsgegner erfolgte am 27.08.2009. Dessen Beschwerde ging am 24.09.2009, beim Familiengericht ein. Der Familienrichter verfügte am Freitag, 25.09.2009, die Weiterleitung an das Oberlandesgericht, welche Verfügung am Montag, 28.09.2009, von der Geschäftsstelle ausgeführt wurde. Das Rechtsmittel ging am 01.10.2009 beim Oberlandesgericht ein.
Durch Verfügung vom 07.10.2009 wurde der Antragsgegner auf die verspätete, da beim falschen Gericht eingereichte, Einlegung der Beschwerde hingewiesen.
Am 16.10.2009 äußerte die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners unter Hinweis auf Ausführungen in einer Fortbildungsveranstaltung und eine Kommentarstelle die Rechtsauffassung, dass die Beschwerde beim richtigen Gericht eingereicht worden sei und beantragte hilfsweise bei nochmaliger Einlegung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist.
II.
Die Beschwerde ist verfristet, da sie beim unzuständigen Gericht eingelegt wurde.
Im isolierten Sorgerechtsverfahren nach § 621 I Nr. 1 ZPO findet gemäß § 621e I ZPO das Rechtsmittel der Beschwerde statt. Diese wird gemäß § 621e III S. 1 ZPO beim Beschwerdegericht eingelegt, was gemäß §§ 621 III S. 2, 517 ZPO binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses zu geschehen hat. Die Frist endete am Montag, 28.09.2009. Durch den Eingang des Rechtsmittels am Donnerstag, 24.09.2009, beim Familiengericht konnte diese Frist nicht gewahrt werden, da selbst im Falle, dass ein Rechtsmittel 4 Werktage vor Ablauf der Frist mit einem dazwischen liegenden Wochenende beim unzuständigen Gericht eingeht, nicht damit gerechnet werden kann, dass eine fristwahrende Weiterleitung erfolgt (BGH FamRZ 2009, 320). Tatsächlich ist das Rechtsmittel auch erst nach Fristablauf, nämlich am 01.10.2009 beim Oberlandesgericht eingegangen.
Eine fristgerechte Einlegung der Beschwerde beim Ausgangsgericht nach § 64 FamFG ist nicht möglich, da auch in Fällen, in denen ein Verfahren in Familiensachen erster Instanz vor dem 01.09.2009 eingeleitet war, eine Beschwerde aber fristgerecht noch nach dem 01.09.2009 möglich ist, nicht das neue FamFG, sondern das alte Recht gilt.
Gemäß Art 111 I S. 1 FGG-RG sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit am 01.09.2009 eingeleitet worden sind, weiter die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden. Ein selbständiges Verfahren im Sinne dieser Vorschrift ist nach Art 111 II FGG-RG jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/6308, S. 359) „erstreckt sich die Übergangsregelung einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen gleichermaßen. Ist das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden, so erfolgt auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht.“
An diesem Grundsatz hat sich auch durch die spätere Einfügung des Art 111 II FGG-RG nichts geändert, da dieser lediglich klarstellen sollte, welche Verfahren grundsätzlich nicht von der Übergangsvorschrift erfasst werden sollen, nämlich diejenigen, die nicht mit einer Endentscheidung im Sinne von § 38 FamFG abgeschlossen werden können (Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., Rn. 3 zu Art 111 FGGRG).
10 
Eine anderweitige Auslegung scheitert bereits daran, dass ein gerichtliches Verfahren im Sinne des Art 111 II FGG-RG von dessen Einleitung bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss andauert, gleich in welcher Instanz dies der Fall ist. Nicht dagegen stellen bereits nach dem eindeutigen Wortlaut verschiedene Instanzzüge ein und desselben Verfahrens jeweils selbständige Verfahren dar. Dieses Verständnis des Gebrauchs des Wortes Verfahrens durch den Gesetzgeber im FamFG konkretisiert sich beispielsweise im Zusammenhang mit der Regelung des Verfahrensbeistandes nach § 158 FamFG. Dessen Bestellung endet nach § 158 VI FamFG mit der Rechtskraft der ein Verfahren abschließenden Entscheidung, ohne dass es in einer zweiten oder dritten Instanz einer nochmaligen Bestellung bedürfte. Dementsprechend bezog sich auch die Vergütungsregelung in § 258 VII FamFG zunächst auf das gesamte Verfahren, nämlich alle Instanzen, bevor durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und kostenrechtlicher Vorschriften der Zusatz eingeführt wurde, dass die geregelte Vergütung „jeweils in jedem Rechtszug“ anfällt.
11 
Die Rechtsauffassung des Senats steht in Übereinstimmung mit der nahezu einheitlichen Meinung der bislang hierzu veröffentlichten Literatur (u.a. Geißler in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 7. Aufl., Kap 1, Rn. 581; Müther in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, rn. 18 zu Vor § 58; Hoppenz in Hoppenz, Familiensachen, 9. Aufl., Rn. 1 zu Art 111 FGG-RG; abweichend lediglich ohne Begründung Prütting in Prütting/Helms, FamFG, Rn. 5 zu Art 111 FGG-RG).
III.
12 
Da sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die unzutreffende Darstellung der Rechtslage im Kommentar Prütting/Helms beruft und darüber hinaus noch vorträgt, dass diese fehlerhafte Rechtsauffassung in einer bei ihr am 04.09.2009 besuchten Anwaltsfortbildung bei Rechtsanwalt Y. nachdrücklich vertreten worden sei, geht der Senat angesichts der Tatsache, dass zu dieser Frage bislang veröffentlichte obergerichtliche Rechtsprechung nicht ergangen ist, von einem unverschuldeten Rechtsirrtum aus, weshalb antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 233 ZPO bewilligt wird.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 182/06 Verkündet am:
3. Dezember 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige
die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu
finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und bei genügenden
Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte.

b) Trotz der nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber
minderjährigen Kindern können dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte
aus einer Nebentätigkeit nur insoweit zugerechnet werden, als ihm eine
solche Tätigkeit im Einzelfall zumutbar ist.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - OLG Naumburg
AG Zeitz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2008 durch den
Richter Sprick, die Richterinnen Weber-Monecke und Dr. Vézina und die Richter
Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. Oktober 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Zeit bis 31. Juli 2008 betrifft, nachdem der Rechtsstreit für die Zeit ab dem 1. August 2008 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Höhe des vom Beklagten geschuldeten Kindesunterhalts.
2
Der Beklagte ist der Vater des am 6. April 1990 geborenen Klägers. Er ist außerdem seinem am 16. Mai 1992 geborenen weiteren Kind unterhaltspflichtig. Aus einer Vollzeittätigkeit erzielt er monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 1.157,69 €. In der Zeit bis zum 14. November 2005 lebte der Beklagte in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und musste Wohnkosten in Höhe von monatlich 266,94 € aufwenden. Seit dem 15. November 2005 wohnt er allein und muss für die Wohnkosten incl. Stellplatz/Garage monatlich 318,45 € zahlen.
3
Mit Jugendamtsurkunde vom 5. Juni 1990 hatte sich der Beklagte verpflichtet , an den Kläger monatlichen Unterhalt in Höhe von 155 DM zu zahlen. Nachdem das Jugendamt ihn aufgefordert hatte, ab Mai 2004 für den Kläger monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 147 € zu zahlen, zahlte der Beklagte diesen Betrag und verpflichtete sich mit Jugendamtsurkunde vom 3. August 2004 zur Zahlung dieses Monatsbetrags.
4
Zuvor hatte der Kläger den Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Juli 2004 aufgefordert, Auskunft über seine Einkommensverhältnisse und Wohnkosten zu erteilen und den sich daraus ergebenden Unterhalt zu zahlen. Im Rahmen der Stufenklage verlangt der Kläger nach Erledigung der Auskunftsstufe von dem Beklagten über den mit der Jugendamtsurkunde anerkannten Unterhalt hinaus weiteren Unterhalt, nämlich insgesamt in Höhe von 100 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe gemäß § 2 der früheren Regelbetrag-Verordnung.
5
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er sein Klagabweisungsbegehren weiter verfolgt.
6
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien den Rechtsstreit für die Zeit ab dem 1. August 2008 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe:


I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung bei Juris (OLG Naumburg - 4 UF 33/06) veröffentlicht ist, hat die Klage für zulässig und begründet erachtet. Der im Zeitpunkt seiner Entscheidung 16-jährige Kläger sei bedürftig, weil er sich nicht selbst unterhalten könne und auch nicht über Vermögen verfüge. Der Beklagte könne sich gegenüber dem Anspruch auf Kindesunterhalt nicht auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit berufen. Er habe nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Von ihm seien alle zumutbaren Anstrengungen zu erwarten , um seine Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. herzustellen. Um den Regelunterhalt sicherzustellen, sei der Unterhaltspflichtige grundsätzlich auch zur Übernahme einer Nebentätigkeit verpflichtet. Diese Pflicht entfalle nur bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall. Zwar schränke die Unterhaltspflicht den Unterhaltsschuldner in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Diese sei jedoch nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung geschützt, zu der auch das Unterhaltsrecht gehöre, soweit dies mit Art. 6 Abs. 1 GG im Einklang stehe. Zu einer Nebentätigkeit sei der Unterhaltsschuldner nur verpflichtet, wenn und soweit ihm die Aufnahme dieser zusätzlichen Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zumutbar sei und ihn nicht unverhältnismäßig belaste. Diese Grenze sei vorliegend nicht erreicht.
8
Dem Beklagten sei neben seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit das Austragen von Zeitungen, Zeitschriften oder Werbematerial an den Wochenenden zumutbar. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er seinen Arbeitsplatz am Wohnort habe und an den Wochenenden nicht arbeite. Zwar sei neben der zeit- lichen und gesundheitlichen Belastung durch eine solche Nebentätigkeit im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung auch zu berücksichtigen, ob eine Beschäftigungsmöglichkeit überhaupt vorhanden sei. Dafür, dass keine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit bestehe, sei allerdings der Beklagte darlegungsund beweisbelastet. Weil es an Vortrag hierzu fehle, sei das Familiengericht zu Recht von einer zumutbaren Nebentätigkeit ausgegangen und habe das dadurch erzielbare monatliche Nettoeinkommen zutreffend gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf 150 € geschätzt. Zusammen mit dem vorhandenen Erwerbseinkommen sei deswegen von einem fiktiven monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.307,69 € auszugehen. Anhaltspunkte für berufsbedingte Aufwendungen seien vom Beklagten nicht vorgetragen.
9
Für die Zeit bis Juni 2005 sei ein notwendiger monatlicher Selbstbehalt in Höhe von 775 € und für die Zeit ab Juli 2005 ein solcher in Höhe von 820 € zugrunde zu legen. Dieser Selbstbehalt sei allerdings wegen der darin enthaltenen und vom Beklagten nicht ausgeschöpften Wohnkosten zu kürzen. Zwar habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen unterliege, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutze. Diese Rechtsprechung betreffe allerdings den Elternunterhalt und nicht den notwendigen Selbstbehalt gegenüber einem minderjährigen Kind. Darin liege ein zu beachtender Unterschied. Denjenigen Oberlandesgerichten, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf den notwendigen Selbstbehalt übertrügen, sei nicht zu folgen. Für die Zeit des Zusammenlebens mit seiner Lebensgefährtin sei nach dem Vortrag des Beklagten zu unterstellen, dass er die geschuldete Miete allein gezahlt habe. Die Miete habe aber schon in dieser Zeit deutlich unter dem im notwendigen Selbstbehalt enthaltenen Betrag gelegen. Soweit der Beklagte jetzt eine Zweizimmerwohnung mit einer Kaltmiete von 5 €/m² bewohne, sei darin keine Einschränkung des sonst üblichen angemessenen Wohnkomforts zu erblicken. Der notwendige Selbstbehalt sei deswegen für die Zeit bis zum 14. November 2005 um monatlich 93 € und für die Zeit ab dem 15. November 2005 um monatlich 62 € zu kürzen.
10
Die vom Beklagten geltend gemachten Kreditkosten von monatlich 35 € für den Kauf einer Küche seien nicht zu berücksichtigen. Zwar könne die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen durch die Tilgung von Verbindlichkeiten in beachtlicher Weise eingeschränkt sein. Dies gelte aber grundsätzlich nicht, soweit es sich um Kosten der privaten Lebensführung handele. Nur wenn und soweit eine Anschaffung für eine normale Haushaltsführung dringend erforderlich sei und nicht mit den zur Verfügung stehenden Mitteln finanziert werden könne, komme ein Abzug in Betracht. Dies setze aber voraus, dass die Aufnahme der Verbindlichkeit unvermeidbar gewesen sei, was der Unterhaltspflichtige im Einzelnen darzulegen habe. Der Beklagte habe zwar vorgetragen, dass mit dem Darlehen eine Küche angeschafft worden sei, weil er sich von seiner Lebensgefährtin getrennt und für seine neue Wohnung eine Küche benötigt habe. Im Hinblick auf seine gesteigerte Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB sei es ihm aber zumutbar gewesen, eine kostengünstigere gebrauchte Küche anzuschaffen.
11
Für die Zeit ab Juli 2004 sei der Beklagte deswegen auch neben der Unterhaltspflicht für sein weiteres Kind in der Lage, dem Kläger Unterhalt in Höhe von 100 % gemäß § 2 der Regelbetrag-Verordnung zu zahlen.

II.

12
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. http://www.juris.de/jportal/portal/t/101q/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=11&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE038103301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 -
13
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Klage auf weiteren Kindesunterhalt nach § 323 Abs. 1 und 4 ZPO als Klage auf Abänderung der vom Beklagten errichteten Jugendamtsurkunde für zulässig erachtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine neue Leistungsklage auf Unterhalt nur dann zulässig, wenn keine Abänderungsklage zu erheben ist. Eine Nachforderung im Wege der Leistungsklage ist danach nur dann möglich, wenn sich der schon vorliegende Unterhaltstitel eindeutig nur auf einen Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts beschränkt (Senatsurteil BGHZ 94, 145, 146 ff. = FamRZ 1985, 690 f.). Dabei spricht im Zweifel eine Vermutung dafür, dass in einem Vorprozess der Unterhalt in voller Höhe geltend gemacht worden ist (Senatsurteil BGHZ 98, 353, 357 f. = FamRZ 1987, 259, 262; vgl. auch Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 151 f.). Das gilt auch, wenn der geschuldete Kindesunterhalt in einer Jugendamtsurkunde nach den §§ 59 Abs. 1 Nr. 3, 60 SGB VIII festgelegt worden ist. Entsprechend hat der Beklagte in der Jugendamtsurkunde vom 3. August 2004 unter Abänderung der früheren Jugendamtsurkunde den aus seiner Sicht vollen geschuldeten Kindesunterhalt titulieren lassen. Höherer Unterhalt kann deswegen nur im Wege der Abänderungsklage geltend gemacht werden (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24).
14
Daraus folgt aber noch nicht, welchen materiellen Voraussetzungen die Abänderungsklage unterliegt. Denn bei einer nach den §§ 59 Abs. 1 Nr. 3, 60 SGB VIII errichteten Jugendamtsurkunde handelt es sich um einen Vollstreckungstitel im Sinne des § 323 Abs. 4 ZPO, dessen Abänderung mangels Rechtskraft nicht den Beschränkungen des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO unterliegt (BGHZ GSZ 85, 64, 73 ff; Senatsurteile vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989 und vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 21/83 - FamRZ 1984, 997 f.). Der Umfang der Abänderung richtet sich deshalb allein nach materiellem Recht. Liegt der Jugendamtsurkunde allerdings eine Vereinbarung der Par- teien zugrunde, können diese sich davon nicht frei lösen, sondern sind im Rahmen der Abänderung auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verwiesen (Senatsurteil vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 346/00 - FamRZ 2003, 304, 306). Fehlt es an einer solchen Vereinbarung bei der Errichtung der Jugendamtsurkunde, kommt eine materiell-rechtliche Bindung allenfalls für den Unterhaltspflichtigen in Betracht, der die Urkunde einseitig erstellt hat. Ob eine solche Bindung als Folge eines Anerkenntnisses dazu führt, dass der Unterhaltspflichtige sich nicht frei, sondern nur bei Änderung der Verhältnisse von der Unterhaltspflicht aus der Jugendamtsurkunde lösen kann, kann hier dahinstehen. Der Unterhaltsberechtigte, der an der Errichtung der Urkunde nicht mitgewirkt und deren Inhalt auch nicht zugestimmt hat, ist materiell -rechtlich nicht daran gebunden und kann deshalb uneingeschränkt Abänderung auf der Grundlage der aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen (Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24; vgl. auch Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 168).
15
Nach diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht die Begründetheit der Abänderungsklage zu Recht ohne Bindung an den Inhalt der Jugendamtsurkunde allein nach den gegenwärtigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten beurteilt. Der Kläger hatte dem Inhalt der Jugendamtsurkunde vom 3. August 2004 nicht zugestimmt und den Beklagten schon zuvor mit Schreiben vom 20. Juli 2004 zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert. Das steht einer einvernehmlichen Errichtung der Jugendamtsurkunde entgegen, da der Kläger Auskunft mit dem Ziel eines höheren Unterhalts verlangt hatte.
16
2. Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Unterhaltsbedarf des seinerzeit noch minderjährigen Klägers jedenfalls den mit der Klage begehrten Regelbetrag nach § 2 der früheren RegelbetragVerordnung erreichte (vgl. Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 127 d). Seit Januar 2008 beläuft sich der Unterhaltsbedarf für die Dauer der Minderjährigkeit jedenfalls auf die Höhe des Mindestunterhalts nach § 1612 a BGB i.V.m. § 36 Nr. 4 c EGZPO.
17
3. Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 1.307,69 € zugerechnet und ihn in Höhe des begehrten Unterhalts für leistungsfähig gehalten hat, hält dies den Angriffen der Revision allerdings nicht stand.
18
a) Unstreitig erzielte der Beklagte lediglich ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.157,69 €. In diesem Nettoeinkommen sind Zuschläge enthalten, die sich für die zugrunde liegende Zeit von Juli 2004 bis Juni 2005 aus insgesamt 135 Überstunden ergeben.
19
b) Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten weitere fiktive Nettoeinkünfte in Höhe von 150 € monatlich zugerechnet hat, trägt die Begründung diese Entscheidung nicht.
20
aa) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Trotz der nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern muss die Anrechnung fiktiver Einkünfte aber stets die Grenze des Zumutbaren beachten. Übersteigt die Gesamtbelastung des Unterhaltsschuldners diese Grenze, ist die Beschränkung seiner Dispositionsfreiheit als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsgemäßen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (BVerfG FamRZ 2007, 273 f., 2006, 469 f. und 2003, 661 f.).
21
bb) Voraussetzung einer Zurechnung fiktiver Einkünfte ist mithin, dass der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und dass bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte.
22
(1) Im Rahmen der Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit sind zunächst die objektiven Grenzen einer Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung des Umfangs der schon ausgeübten Vollzeittätigkeit zu berücksichtigen. Übt der Unterhaltspflichtige eine Berufstätigkeit aus, die 40 Stunden wöchentlich unterschreitet, kann grundsätzlich eine Nebentätigkeit von ihm verlangt werden. Denn wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB muss der Unterhaltspflichtige sich mindestens an der Höchstgrenze der regelmäßigen Erwerbstätigkeit orientieren, die gegenwärtig noch 40 Stunden wöchentlich beträgt. Allerdings sind im Rahmen der objektiven Zumutbarkeit auch die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Ausnahmen kommen nur in engen Grenzen in Betracht. Nach § 9 Abs. 1 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Damit ist die wöchentliche Arbeitszeit regelmäßig auf (6 Tage x 8 Stunden =) 48 Stunden begrenzt, wobei nach § 2 ArbZG die Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzurechnen sind. Lediglich in mehrschichtigen Betrieben kann der Beginn und das Ende der Sonn- und Feiertagsruhe verschoben werden. Darüber hinaus sieht § 10 ArbZG Ausnahmen für bestimmte Arbeiten vor, die nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Mit diesen Vorschriften ist aus objektiver Sicht die Obergrenze der zumutbaren Erwerbstätigkeit auch für die Fälle vorgegeben, in denen der Unterhaltspflichtige nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB gesteigert unterhaltspflichtig ist (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 875 und BVerfG FamRZ 2003, 661, 662).
23
Das Berufungsgericht hat schon nicht hinreichend festgestellt, ob und in welchem Umfang die Vollzeittätigkeit des Beklagten die regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden erreicht oder gar übersteigt. Die vorliegenden Monatsjournale für die Zeit von Januar bis Mai 2006 legen die Annahme nahe, dass die regelmäßige Arbeitszeit des Beklagten 40 Wochenstunden beträgt. Das unterhaltsrelevante Einkommen haben die Instanzgerichte aber auf der Grundlage der Einkommensnachweise für die Zeit von Juli 2004 bis Juni 2005 ermittelt, die neben dem Festgehalt und sonstigen Zulagen sogar Vergütungen für insgesamt 135 Überstunden enthalten.
24
(2) Im Rahmen der Zurechnung fiktiver Nebenverdienste ist weiterhin zu prüfen, ob und in welchem Umfang es dem Unterhaltspflichtigen unter Abwägung seiner von ihm darzulegenden besonderen Lebens- und Arbeitssituation einerseits und der Bedarfslage des Unterhaltsberechtigten andererseits zugemutet werden kann, eine Nebentätigkeit auszuüben (vgl. BVerfG FamRZ 2003, 661, 662). Auch die insoweit relevanten weiteren subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Zurechnung fiktiver Einkünfte hat das Oberlandesgericht nicht hinreichend gewürdigt.
25
Zwar hat es in zutreffender Weise in seine Entscheidung einbezogen, dass der Beklagte an den Wochenenden nicht berufstätig und deswegen grundsätzlich samstags nicht an einer Nebentätigkeit gehindert ist. Soweit es weiter darauf abstellt, dass sich der Arbeitsplatz des Beklagten an seinem Wohnort befindet, spricht auch dieser Umstand gegen eine übermäßige Belastung durch die in Vollzeit ausgeübte Berufstätigkeit. Für die Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit sagt dies allerdings noch nichts aus, solange ungeklärt ist, ob auch die Nebentätigkeit am Wohnort des Beklagten möglich wäre. Völlig unberücksichtigt hat das Berufungsgericht gelassen, dass der Beklagte der Vater des Klägers und eines weiteren Kindes ist und Art. 6 Abs. 2 GG ihm nicht nur das Recht zum Umgang einräumt, sondern auch eine entsprechende Pflicht auferlegt (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 845, 847 ff. und Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 225/06 - FamRZ 2008, 1334 f.). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte seit dem 15. November 2005 wieder allein lebt und auch seinen Haushalt allein führen muss, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
26
Das Oberlandesgericht hat deswegen nicht unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände geprüft, ob dem Beklagten neben seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit, eventuellen Überstunden, der Kontaktpflege mit seinen Kindern und der Belastung durch die Haushaltsführung überhaupt genügend Zeit für eine Nebentätigkeit an Samstagen verbleibt.
27
(3) Schließlich halten auch die Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte eine zumutbare Nebentätigkeit finden und daraus monatlich 150 € netto erzielen könnte, den Angriffen der Revision nicht stand.
28
Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance voraus. Die Gerichte müssen deswegen prüfen, ob es Nebentätigkeiten entsprechender Art für den Unterhaltspflichtigen überhaupt gibt und der Aufnahme einer solchen Tätigkeit keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, für die der Unterhaltspflichtige darlegungs- und beweispflichtig ist (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359; BVerfGE 68, 256, 270 = FamRZ 1985, 143, 146).
29
Auch die Höhe der fiktiv berücksichtigten Einkünfte hält einer rechtlichen Kontrolle nicht stand. Denn das Oberlandesgericht hat dem Beklagten Nettoeinkünfte in Höhe von 150 € monatlich angerechnet, ohne im Einzelnen darzulegen , wie diese sich errechnen. Weil das Berufungsgericht weder den vom Beklagten durch eine Nebentätigkeit erzielbaren Stundensatz noch den Umfang der ihm zugemuteten Nebenerwerbstätigkeit genau bemessen hat, kann die Entscheidung nach dem auch verfassungsrechtlich gebotenen Maßstab der Zumutbarkeit nicht überprüft werden. Die Begründung des Oberlandesgerichts trägt deswegen die Zurechnung der angesetzten fiktiven Einkünfte nicht.
30
4. Soweit das Berufungsgericht eine Berücksichtigung der Kreditverpflichtung des Beklagten abgelehnt hat, hält dies im Ergebnis der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Allerdings kann die Begründung des Oberlandesgerichts nicht überzeugen. Denn der aufgenommene Kredit beläuft sich ohnehin nur auf knapp 900 € und die monatliche Rate beträgt lediglich 35 €. Wenn das Oberlandesgericht meint, den Beklagten treffe aus unterhaltsrechtlicher Sicht eine Obliegenheit, eine kostengünstigere gebrauchte Küche anzuschaffen, hätte es folgerichtig Kreditraten für deren Kosten berücksichtigen müssen.
31
Im Ergebnis können die Kreditraten aber deswegen unberücksichtigt bleiben, weil es sich wegen der geringen Höhe um Kosten der privaten Lebensführung handelt (vgl. auch Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - FamRZ 2006, 1511, 1514 f.). Diese sind von dem verbleibenden Einkommen zu tragen und können unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden.
32
5. Soweit das Berufungsgericht den Beklagten wegen eines im Einzelfall herabzusetzenden Selbstbehalts für voll leistungsfähig erachtet hat, hält dies den Angriffen der Revision nicht stand.
33
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Beklagten wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kläger nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB lediglich der notwendige Selbstbehalt zu wahren ist (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 596 f.). Dieser betrug nach den Leitlinien des Oberlandesgerichts für erwerbstätige Unterhaltspflichtige zunächst monatlich 775 €, ab Juli 2005 monatlich 820 € und beläuft sich für die Zeit ab Januar 2008 auf monatlich 900 € (vgl. FamRZ 2003, 1722, 1725, 2005, 1361, 1362 und 2008, 359,363 jeweils unter Ziff. 21.2).
34
b) Zwar ist im Selbstbehalt ein jeweils konkret aufgeführter Anteil für Wohnkosten enthalten. Soweit das Oberlandesgericht den Selbstbehalt des Beklagten wegen der tatsächlich geringeren Wohnkosten herabgesetzt hat, widerspricht dies aber der Rechtsprechung des Senats. Danach ist dem Unterhaltspflichtigen gegenüber seinen minderjährigen Kindern der notwendige Selbstbehalt zu belassen, auch wenn die Wohnkosten den insoweit im Selbstbehalt berücksichtigten Betrag unterschreiten (Senatsurteil vom 23. August 2006 - XII ZR 26/04 - FamRZ 2006, 1664, 1666). Es unterliegt grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen, wie er die ihm zu belassenden, oh- nehin knappen Mittel nutzt. Ihm ist es deswegen nicht verwehrt, seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen, einsetzen zu können. Diese Lebensgestaltungsautonomie kann dem Unterhaltsschuldner auch gegenüber Unterhaltsansprüchen für ein minderjähriges Kind nicht verwehrt werden.
35
c) Eine Absenkung des Selbstbehalts käme danach allenfalls für die Zeit bis zum 14. November 2005 in Betracht, in der der Beklagte in einer Haushaltsgemeinschaft mit seiner früheren Lebensgefährtin wohnte. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kann der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen wegen einer infolge gemeinsamer Haushaltsführung tatsächlich eintretenden Ersparnis herabgesetzt werden, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 598). Eine solche Herabsetzung kommt in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Haushaltsgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen - im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft - geringeren Bedarf verweisen lassen müsste. Selbst wenn der Beklagte die relativ geringen Kosten der Wohnung hier allein getragen haben sollte, schließt dies eine gewisse Ersparnis durch die gemeinsame Haushaltsführung nicht aus. Ob und in welchem Umfang eine solche Ersparnis eingetreten ist, bedarf der tatrichterlichen Feststellung.
36
6. Das Berufungsurteil kann deswegen keinen Bestand haben.
37
Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Zurechnung fiktiver Einkünfte weder dem Grunde noch der Höhe nach. Im Rahmen der Leistungsfä- higkeit des Beklagten hat das Berufungsgericht dem Beklagten abweichend von der Rechtsprechung des Senats jedenfalls für den Zeitraum seines Alleinlebens einen zu geringen Selbstbehalt belassen.
38
7. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
39
Das Berufungsgericht muss bei der Prüfung der Zumutbarkeit eines Nebenerwerbs alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen und die Höhe eines eventuell erzielbaren weiteren Einkommens in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise ermitteln. Sollte es dem Beklagten nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ein Einkommen aus einer fiktiven Nebentätigkeit zurechnen, wird es insoweit auch pauschale berufsbedingte Kosten berücksichtigen müssen, weil ein konkreter Vortrag hinsichtlich fiktiver Einkünfte nicht verlangt werden kann.
40
Auf einen erhöhten Unterhaltsbedarf des Klägers ab Eintritt der Volljährigkeit am 6. April 2008 bis zum Ende des Unterhaltszeitraums am 31. Juli 2008 wird nach § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB das volle Kindergeld anzurechnen sein. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit wird auch ein Nachrang gegenüber dem am 16. Mai 1992 geborenen weiteren Kind des Beklagten zu prüfen sein (§ 1609 Nr. 4 BGB).
Sprick Weber-Monecke Vézina Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Zeitz, Entscheidung vom 28.06.2006 - 6 F 342/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 26.10.2006 - 4 UF 33/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 346/00 Verkündet am:
2. Oktober 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KindUG Art. 5 § 3 Abs. 2; ZPO §§ 323, 654
Zur Abgrenzung der Abänderungsklage nach § 323 ZPO zu der Korrekturklage nach
§ 654 ZPO in Fällen des übergangsrechtlichen Dynamisierungsverfahrens von Unterhaltstiteln
nach Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG.
BGH, Urteil vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 346/00 - OLG Stuttgart
AG Freudenstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Fuchs, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. November 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt die Herabsetzung des Unterhalts, den er aufgrund einer im vereinfachten Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG geänderten Jugendamtsurkunde an den Beklagten zu zahlen hat. Der am 23. März 1987 geborene Beklagte, ist der Sohn des Klägers aus einer nichtehelichen Beziehung. Er ist Schüler und wohnt bei seiner Mutter, die ihn betreut und versorgt. Der Kläger ist verheiratet. Aus seiner Ehe ist ein 1991 geborenes Kind hervorgegangen. Die Ehefrau des Klägers ist Lehrerin im öffentlichen Dienst. Der Kläger ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter einer GmbH, die eine Fahrschule betreibt. Sein Gehalt belief sich 1999 auf 4.000 DM (= rund 2.045
1987 verpflichtete sich der Kläger in einer Jugendamtsurkunde, an den Beklagten den Regelunterhalt zuzüglich eines Betrages von 40 % zu bezahlen. Eine vom Kläger hiergegen erhobene Abänderungsklage wurde 1990 durch Urteil des Amtsgerichtes als unbegründet abgewiesen. Die Berufung des Klägers hiergegen wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Am 22. Dezember 1995 verpflichtete sich der Kläger in Ersetzung des früheren Unterhaltstitels durch Urkunde des Jugendamts, an den Beklagten den Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlags von 27 % bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu bezahlen. Hierauf wurde das von der Mutter bezogene Kindergeld zur Hälfte angerechnet. Der Kläger unterwarf sich außerdem der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Auf Antrag des Beklagten änderte das Amtsgericht mit Beschluß vom 19. Oktober 1999 die Urkunde vom 22. Dezember 1995 gemäß Art. 5 § 3 KindUG dahingehend ab, daß der Kläger an den Beklagten ab 1. Juli 1999 monatlich 127 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe gemäß § 1 der Regelbetrag-Verordnung abzüglich anzurechnendes hälftiges Kindergeld für ein erstes Kind als Unterhalt zu bezahlen hat. Vor Rechtskraft des Beschlusses erhob der Kläger gegen den Beklagten gemäß § 654 ZPO Klage mit dem Ziel, daß der monatliche Unterhalt ab 1. Juli 1999 auf 46 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe herabgesetzt werde, da er bei einem monatlichen NettoEinkommen von 1.900 DM, einem Eigenbedarf von monatlich 1.500 DM und einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber zwei Kindern nicht mehr als 235 DM bezahlen könne. Das Familiengericht hat die Klage nach § 654 ZPO für zulässig erachtet und den Beschluß vom 19. Oktober 1999 dahingehend abgeändert, daß der Kläger vom 1. Juli 1999 an monatlich nur mehr 100 % des jeweiligen Regelbe-
trags abzüglich anzurechnendes hälftiges Kindergeld für ein erstes Kind zu bezahlen habe. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt. Der Kläger hat im Wege einer unselbständigen Anschlußberufung vom 1. Juli 1999 an die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf monatlich 80 % des jeweiligen Regelbetrags abzüglich des anteiligen Kindergelds in Höhe von 84 DM begehrt. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die GmbH habe in den zurückliegenden Jahren nur Verluste erwirtschaftet. Dies sei bei Errichtung der Jugendamtsurkunde nicht absehbar gewesen. Der Konkurs der GmbH habe nur durch die Veräußerung von Fahrzeugen und durch eine Vereinbarung mit den Banken abgewendet werden können, wonach er sich von seinem Brutto-Gehalt von 4.000 DM nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben lediglich 1.000 DM ausbezahle und den Rest der GmbH als Darlehen zur Verfügung stelle. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten das amtsgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlußberufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein mit der Anschlußberufung erstrebtes Ziel einer Herabsetzung des Unterhalts auf 80 % des Regelbetrags abzüglich des anteiligen Kindergelds weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

I.

Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2001, 767 abgedruckt ist, hat ausgeführt, der Kläger könne im vorliegenden Fall im Rahmen einer Klage nach § 654 ZPO weder geltend machen, er sei in Höhe des festgesetzten Unterhalts von 127 % des Regelbetrages nicht leistungsfähig, noch könne er damit gehört werden, daß der unterhaltsrechtliche Bedarf des Beklagten nicht höher zu veranschlagen sei als der Regelbetrag. Zwar verweise Art. 5 § 3 KindUG, aufgrund dessen Abs. 1 der Beschluß vom 19. Oktober 1999 ergangen ist, in Abs. 2 für das Verfahren auch auf § 654 ZPO. Sinn und Zweck der Abänderungsklage nach § 654 ZPO bestehe jedoch darin, die pauschale Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls anzupassen. Dieses Bedürfnis bestehe nicht, wenn die Unterhaltshöhe in dem Verfahren, das zu dem nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG anzupassenden Titel geführt habe, bereits geprüft worden sei. Würde man § 654 ZPO in diesen Fällen dennoch anwenden, wäre die Umstellung statischer Alttitel im Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG für den Unterhaltsberechtigten mit erheblichen Risiken verbunden, weil dem Unterhaltsschuldner dann eine Abänderungsmöglichkeit ohne Bindung an die Grundlagen des ursprünglichen Titels eröffnet wäre. Eine solche Verschlechterung der Rechtsposition der unterhaltsberechtigten Kinder habe der Gesetzgeber mit dem Erlaß des Kindesunterhaltsgesetzes nicht beabsichtigt. Die Bezugnahme auf § 654 ZPO in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG sei daher mißverständlich. Festzuhalten sei
vielmehr, daß ein Unterhaltsschuldner, der sich in einer vollstreckbaren Urkunde zur Zahlung von Unterhalt in einer bestimmten Höhe verpflichtet habe, sich von dem hierin liegenden Anerkenntnis nicht durch Erhebung einer Klage nach § 654 ZPO befreien könne. Deshalb könnten Einwendungen des Unterhaltsschuldners , die bereits vor der Umstellung gemäß Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG entstanden seien und nicht mit dieser Umstellung zusammenhingen, nicht mittels einer Klage nach § 654 ZPO geltend gemacht werden. Die Klage sei daher in eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO umzudeuten. Diese sei jedoch unbegründet , weil der Kläger nicht den Nachweis geführt habe, daß ihm die Fortzahlung des titulierten Unterhalts unzumutbar sei.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. 1. Entgegen der Meinung der Revision ist die auf § 654 ZPO gestützte Klage unzulässig. Der Kläger kann in dieser Klageart nicht die Herabsetzung des Unterhalts verlangen, den er bereits aufgrund der nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG anzupassenden Jugendamtsurkunde vom 22. Dezember 1995 zu bezahlen hatte und deren Abänderung er vor der Anpassung klageweise nur im Rahmen von § 323 ZPO hätte erreichen können. Richtig ist zwar, worauf die Revision zu Recht hinweist, daß Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG für das in Abs. 1 angesprochene Verfahren auf § 654 ZPO verweist. Auch kann nach § 654 ZPO der Unterhaltsschuldner, sofern eine Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß § 649 Abs. 1 oder § 653 Abs. 1 ZPO rechtskräftig erfolgt ist, die Herabsetzung des Unterhalts verlangen,
ohne auf bestimmte Einwendungen beschränkt zu sein. Wird die Klage nach § 654 ZPO innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Unterhaltsfestsetzung erhoben, kann diese auch rückwirkend abgeändert werden. Eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse muß in keinem Fall vorliegen (vgl. Zöller/Philippi, 23. Aufl. § 654 ZPO Rdn. 2 a; Musielak/Borth, 3. Aufl. § 654 ZPO Rdn. 1). Die Verweisung in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG auf § 654 ZPO bedeutet jedoch nicht, daß auch im Rahmen des vereinfachten Verfahrens nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG die Vorschrift des § 654 ZPO uneingeschränkt ohne Rücksicht darauf zur Anwendung kommt, welche Titel angepaßt werden sollen. Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Meinung der Revision - nicht aus dem Wortlaut der Verweisungsnorm. Diese ordnet nämlich lediglich die entsprechende Anwendung des § 654 ZPO an. Daraus aber ist zu schließen, daß im Verfahren nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG die Bestimmung des § 654 ZPO nur soweit angewandt werden soll, wie dies nach Sinn und Zweck der Vorschriften gerechtfertigt ist. Der Zweck des § 654 ZPO erschließt sich aus seiner Bedeutung im Rahmen des vereinfachten Verfahrens nach §§ 645 ff. ZPO. Dieses ermöglicht allen minderjährigen Kindern, in einem einfachen Verfahren schnell einen ersten Vollstreckungstitel gegen einen Elternteil zu erhalten, in dessen Haushalt sie nicht leben (vgl. Bericht des Rechtsausschusses vom 13. Januar 1998, BT-Drucks. 13/9596, S. 36; Musielak/Borth vor § 645 ZPO Rdn. 2). Dabei sind, um die erwünschte Schnelligkeit zu gewährleisten, Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten limitiert (vgl. Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht § 654 ZPO Rdn. 1): Im Verfahren nach §§ 645, 649 Abs. 1 ZPO kann der Unterhaltsgläubiger höchstens den 1 ½-fachen Regelbetrag fordern (§ 645 Abs. 1 ZPO); der Unterhaltsschuldner kann Einwendungen nur unter den engen Vorausset-
zungen des § 648 ZPO vorbringen. Im Verfahren nach § 653 Abs. 1 ZPO, das in Kindschaftssachen nach § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Anwendung kommt, kann das Kind Unterhalt nur bis zur Höhe des Regelbetrags geltend machen; der Vater ist mit dem Einwand mangelnder oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit vollends ausgeschlossen. Die Unterhaltsfestsetzungen nach § 649 Abs. 1 bzw. § 653 Abs. 1 ZPO, auf deren Korrektur sich § 654 ZPO allein bezieht , erfolgen somit zwangsläufig in pauschaler Weise. Dies erfordert ein Verfahren , in dem die Parteien die Schaffung eines Unterhaltstitels herbeiführen können, der ihren jeweiligen individuellen Verhältnissen entspricht. Dem dient die Korrekturklage des § 654 ZPO, die einerseits dem Unterhaltsschuldner die Möglichkeit gibt, den Unterhalt auf den Betrag herabsetzen zu lassen, der dem Kind nach den individuellen Verhältnissen zusteht, und andererseits auch dem Kind die Heraufsetzung des Unterhalts erlaubt. Das Dynamisierungsverfahren nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG entspricht dem vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO nur insoweit, als die Dynamisierung als solche betroffen ist: Urteile, Beschlüsse und andere Schuldtitel im Sinne des § 794 ZPO, zu denen auch Jugendamtsurkunden zu rechnen sind (vgl. § 60 SGB VIII), können auf Antrag mit Wirkung für die Zukunft dahingehend abgeändert werden, daß die Unterhaltsrente entsprechend §§ 1612 a ff. BGB in Prozentsätzen der jeweils maßgebenden Regelbeträge festgesetzt wird. Hiergegen kann sich der Schuldner wie im vereinfachten Verfahren nach § 645 ff. ZPO nur in eingeschränktem Umfang wehren. Er kann insbesondere, was aus der entsprechenden Anwendung der §§ 646 bis 648 Abs. 1 und 3 ZPO folgt, nicht geltend machen, daß er, wenn die in Art. 5 § 1 KindUG vorgesehene Dynamisierung zu einer betragsmäßigen Erhöhung seiner Unterhaltspflicht führt, mangels Leistungsfähigkeit nicht zur Zahlung in der Lage sei. Diesen Einwand geltend zu machen, ermöglicht dem Unterhaltsschuldner erst die in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG angeordnete Verweisung auf § 654 ZPO, dessen An-
wendung insoweit aus den gleichen Gründen geboten ist wie im vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO. Hingegen widerspräche es Sinn und Zweck der Korrekturklage des § 654 ZPO, sie auch gegen eine Unterhaltsfestsetzung zuzulassen, die unabhängig von der späteren Dynamisierung in einem Unterhaltsurteil, einem Vergleich oder einer Jugendamtsurkunde erfolgt ist. Denn insoweit sind die individuellen Verhältnisse der Parteien - anders als bei Unterhaltsfestsetzungen nach § 649 Abs. 1 und § 653 Abs. 1 ZPO - entweder bereits berücksichtigt, oder der Unterhaltsschuldner ist, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hinweist, an sein in der Jugendamtsurkunde abgegebenes Anerkenntnis gebunden. Sinn und Zweck des § 654 ZPO ist es, eine erstmalige pauschalierte Unterhaltsfestsetzung zu korrigieren. Diese Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift liegen im Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG jedoch nur in bezug auf die Dynamisierung selbst, nicht aber hinsichtlich der Unterhaltsfestsetzung in den genannten Alttiteln vor. Aus diesem Grund ist die Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 654 ZPO in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG so auszulegen, daß sie sich ausschließlich auf das Verfahren der Dynamisierung im engen Sinne bezieht. Dies bedeutet, der Schuldner kann im Wege der Korrekturklage äußerstenfalls erreichen, daß die nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG erfolgte Dynamisierung wieder entfällt. Dagegen kann der ursprüngliche Vollstreckungstitel, der bis zu seiner Dynamisierung nur im Rahmen von § 323 ZPO abänderbar war, nach der Dynamisierung nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des § 654 ZPO korrigiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des Art. 5 § 3 KindUG. In der Begründung der Bundesregierung zu § 3 der Übergangsvorschrift ist ausgeführt, daß die Vorschrift ein vereinfachtes gerichtliches Verfahren zur Umstellung von Alttiteln über Kindesunterhalt vorsehe
und daß zur Geltendmachung der ausgeschlossenen Einwendung der Rechtsbehelf der Abänderungsklage nach § 654 ZPO zur Verfügung gestellt werde (BT-Drucks. 13/7338, S. 50). Damit sind ersichtlich Einwendungen gemeint, die sich gegen die Dynamisierung als solche richten. Hingegen kann aus diesen Ausführungen nicht geschlossen werden, daß mit der Verweisung auf § 654 ZPO eine generelle Abänderungsmöglichkeit von Alttiteln geschaffen werden sollte, sobald eine Dynamisierung erfolgt sei. Dies gilt um so mehr, als die uneingeschränkte Anwendung des § 654 ZPO auf Alttitel dem mit Art. 5 § 3 KindUG ersichtlich angestrebten Ziel einer Entlastung der Unterhaltsgläubiger und der Familiengerichtsbarkeit zuwiderliefe. Darüber hinaus ist, worauf auch das Oberlandesgericht zu Recht hingewiesen hat, kein sachlicher Grund ersichtlich , weshalb sich das Kind aufgrund der Stellung eines Dynamisierungsantrags der erleichterten Abänderung von Alttiteln ausgesetzt sehen sollte. Dies würde eine Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position minderjähriger Kinder bedeuten, die der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der mit dem Kindesunterhaltsgesetz die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder verbessern wollte (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 540). Da der Kläger nicht die Dynamisierung als solche angreift, sondern die Höhe des in der Jugendamtsurkunde festgesetzten Unterhaltsbetrags, ist seine auf § 654 ZPO gestützte Klage unzulässig. 2. Das Berufungsgericht hat, von der Revision unbeanstandet, die auf § 654 ZPO gestützte Klage zu Recht in eine solche nach § 323 ZPO umgedeutet. Die für eine Umdeutung erforderlichen Voraussetzungen lagen vor (vgl. Senatsurteile vom 6. November 1991 - XII ZR 240/90 - BGHR ZPO § 323, Umdeutung 1 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - BGHR ZPO § 323, Umdeutung 2): Die Klage war eindeutig als solche nach § 654 ZPO erhoben. Eine be-
richtigende Auslegung schied daher aus. Die Klage auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde ist nach § 323 ZPO zulässig (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IV b ZR 21/83 - FamRZ 1984, 997). Auch hat der Kläger jedenfalls eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse seit Errichtung der Urkunde behauptet. Weiter standen der Umdeutung weder der Parteiwille, noch schutzwürdige Interessen des Beklagten entgegen. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil der Kläger nicht bewiesen hat, daß ihm die weitere Zahlung des festgesetzten Unterhalts unzumutbar ist. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß sich die Abänderung von Jugendamtsurkunden im Rahmen von § 323 ZPO nach materiellem Recht richtet. Da es sich um eine Abänderungsklage des Verpflichteten handelt, erfolgt die Festsetzung nicht frei von den Grundlagen des abzuändernden Titels. Das Berufungsgericht hat die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angewandt, weil es - von der Revision unbeanstandet - davon ausging , daß die Parteien die Höhe des Unterhalts, zu dessen Zahlung sich der Kläger in der Jugendamtsurkunde verpflichtet hat (Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlages von 27 %), vorweg vereinbart hatten. Es ist gerechtfertigt, auf eine solche Jugendamtsurkunde, die auf einer Vereinbarung der Parteien beruht , wegen der Ähnlichkeit mit einer gerichtlichen oder notariellen Vereinbarung , die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzuwenden (vgl. Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der gerichtlichen Praxis 5. Aufl. § 8 Rdn. 174; Graba Abänderung von Unterhaltstiteln 2. Aufl. Rdn. 257). Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt , daß der Kläger nicht nachgewiesen hat, daß sich seine Leistungsfähigkeit nach der Zeit der Errichtung der Jugendamtsurkunde vermindert hat, sondern daß sich im Gegenteil die Verluste der GmbH, deren Geschäftsführer und
Gesellschafter der Kläger ist und von der er seit Jahren ein gleichbleibendes Gehalt bezieht, sich ständig vermindert haben. Die Revision rügt in diesem Zusammenhang lediglich, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß dem Kläger monatlich nur 1.000 DM ausbezahlt würden. Dann aber wäre er offensichtlich hinsichtlich des geforderten Unterhalts leistungsunfähig geworden, ohne Rücksicht darauf, daß er dem Finanzamt gegenüber weiterhin einen Brutto-Lohn von 4.000 DM angebe. Damit dringt die Revision nicht durch. Denn auf diesen von der Revision gerügten Ausführungen beruht das Berufungsurteil nicht (§ 549 ZPO a.F.). Vielmehr handelt es sich um Hilfserwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es zum Ausdruck bringen will, daß der Kläger in Höhe des zwischen den Parteien strittigen Unterhaltsbetrages Einkommensteuer sparen könnte, wenn er anstatt des Bezugs eines Brutto-Gehaltes von 4.000 DM und der Gewährung eines Darlehens an die GmbH, soweit sein Netto-Gehalt 1.000 DM übersteigt, gleich ein entsprechend niedrigeres Gehalt mit der GmbH vereinbarte. Damit hat das Oberlandesgericht die Darlehensbeträge, die der Kläger der GmbH gewährt, nicht etwa als Aufwendungen angesehen, die unterhaltsrechtlich seine Leistungsfähigkeit herabsetzen würden. Schließlich rügt die Revision eine Verletzung des § 286 ZPO, weil das Berufungsgericht die Möglichkeit eines Wechsels des Klägers in ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis als Fahrlehrer ohne Würdigung des Sachvortrags des Klägers bejaht habe. Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum möglichen Stellenwechsel des Klägers sind ebenfalls lediglich Hilfserwägungen, auf denen das Urteil nicht beruht (§ 549 ZPO a.F.). Darüber hinaus brauchte das Berufungsgericht nicht weiter auf die Behauptungen des Klägers einzugehen, er könne als angestellter Fahrlehrer monatlich allenfalls 2.000 DM brutto verdienen. Denn bei seiner eigenen Schät-
zung hat es ersichtlich auf die vom Beklagten vorgelegte Auskunft des Fahrlehrerverbandes vom 28. Dezember 1999 abgestellt, wonach ein Fahrlehrer im 3. Berufsjahr wenigstens 4.200 DM verdiene. Auch mußte das Berufungsgericht nicht ausdrücklich zum Vortrag des Klägers Stellung nehmen, er könne wegen der erheblichen Verbindlichkeiten der GmbH diese nicht einfach liquidieren. Denn gerade die vom Kläger behauptete sehr schlechte finanzielle Situation der GmbH, in der der Kläger nichts verdient, stellt den Grund dar, weshalb ihm - wie das Oberlandesgericht ausführt - notfalls ein Wechsel in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis obliegt.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Bundesrichterin Frau Dr. Vézina ist krankheitsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 62/99 Verkündet am:
3. Mai 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Weist das Gericht ein Unterhaltsbegehren zurück, weil es nicht im Wege der Abänderungsklage
, sondern im Wege der Leistungsklage geltend gemacht wurde,
so ist die dagegen eingelegte Berufung nicht deshalb unzulässig, weil der
Rechtsmittelkläger sein Begehren nunmehr im Wege der Abänderungsklage verfolgt.

b) Läßt sich die Berechnung des in einem Prozeßvergleich titulierten Unterhalts unter
Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht nachvollziehen und ist
deshalb eine Anpassung des Vergleichs an zwischenzeitlich geänderte Verhältnisse
nicht möglich, so ist der geschuldete Unterhalt nach den gesetzlichen Vorschriften
neu zu berechnen.
BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - OLG Braunschweig
AG Clausthal-Zellerfeld
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2001 durch die Richter Dr. Hahne, Dr. Krohn, Gerber, WeberMonecke
und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 2. Februar 1999 aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Ihre 1971 geschlossene Ehe ist seit 4. Januar 1994 rechtskräftig geschieden. Beide Parteien sind Diplom-Chemiker. Der Beklagte ist Universitätsbeamter und dienstunfähig erkrankt; er erhielt jedoch 1997/1998 seine Dienstbezüge in Höhe von monatlich rund 5.830 DM netto weiter. Nach der Geburt der beiden 1973 (Regina) und 1977 (Gabriele) aus der Ehe hervorgegangenen Kinder war die Klägerin zunächst nicht erwerbstätig. In den Jahren 1990 und 1991 bereitete sie durch den Besuch eines Seminars und durch ein Praktikum den beruflichen Wiedereinstieg vor. Vom 1. September 1991 bis 30. September
1997 arbeitete die Klägerin - mit kurzfristigen Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und eine Tätigkeit bei der P. AG - zum Teil aufgrund eines Stipendiums , zum Teil im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse als DiplomChemikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität. Im Sommer 1992 trennten sich die Parteien zunächst innerhalb des in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Einfamilienhauses. Während dieser Zeit zahlte der Beklagte weiterhin die Restkredite und sämtliche Hausnebenkosten. In einem vorausgegangenen Verfahren unter anderem über den Trennungsunterhalt schlossen die Parteien am 5. Oktober 1993 einen Prozeûvergleich mit folgendem Wortlaut: "Der Beklagte zahlt ab 01. September 1993 für die Klägerin eine monatliche Unterhaltsrente von 500,-- DM und für die Tochter Gabriele ... zu Händen der Klägerin ebenfalls eine monatliche Unterhaltsrente von 500,-- DM. Auf den Unterhalt für die Klägerin läût diese sich einen Anteil von 180,-- DM monatlich auf die vom Beklagten monatlich zu erbringenden Haus-Nebenkosten von zur Zeit 545,-- DM anrechnen, so daû der Beklagte monatlich einen Gesamt-Unterhaltsbetrag von 820,-- DM für die Klägerin und die Tochter Gabriele an die Klägerin auszuzahlen hat.
Diese Unterhaltsregelung gilt auch für die Zeit nach der Scheidung der Ehe der Parteien.
Bei der Bezifferung des Unterhaltsbetrags gehen die Parteien übereinstimmend von einem bereinigten Nettoeinkommen der Klägerin von mo-
natlich 2.400,-- DM, bei dem Beklagten von monatlich 4.800,-- DM aus. ..."
Später kamen die Parteien im Hinblick auf das von der Klägerin zwischenzeitlich erzielte Einkommen in Höhe von rund 3.600 DM auûergerichtlich überein, daû der Beklagte ab dem 1. Oktober 1995 keine Unterhaltsleistungen mehr an die Klägerin erbringen müsse. Ihr hälftiges Miteigentum am Haus der Parteien übertrug die Klägerin dem Beklagten. Als Entgelt erhielt sie im Juni 1997 vom Beklagten rund 154.000 DM, mit denen sie - unter Inanspruchnahme eines Darlehens in Höhe von 181.500 DM - ein Einfamilienhaus erwarb, in dem sie mit der jüngeren Tochter Gabriele wohnt. Die ältere Tochter Regina verblieb bis Mitte April 1998 bei dem Beklagten in dem ehemaligen Familienheim und wurde von ihm allein unterhalten. Für die Tochter Gabriele zahlte der Beklagte an die Klägerin zuletzt monatlich 600 DM. Beide Parteien bezogen das jeweilige Kindergeld für die jeweils bei ihnen lebende Tochter. Vom 1. Oktober 1997 bis 30. April 1998 war die Klägerin arbeitslos und bezog ein Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich rund 2621 DM bis Dezember 1997 und ab Januar 1998 in Höhe von wöchentlich rund 608 DM. Der Beklagte zahlte in dieser Zeit an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von 327,50 DM. Seit dem 1. Mai 1998 ist die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaûnahme am Institut für technische Chemie beschäftigt und verdiente 1998 durchschnittlich monatlich netto 3.115 DM und 1999 3.126 DM. Die Klägerin hat in erster Instanz zunächst im Wege einer Leistungsklage und - auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis - in einem nachgelassenen Schriftsatz hilfsweise im Wege der Abänderungsklage die Zahlung von Unter-
halt für die Zeit ab 1. Oktober 1997 begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgewiesen, weil eine Leistungsklage im Hinblick auf den von den Parteien geschlossenen Prozeûvergleich unzulässig sei. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt, den Beklagten in Abänderung des Vergleichs zu verurteilen, an sie ab dem 1. Oktober 1997 über die vereinbarten 500 DM monatlich hinaus weitere 529,43 DM monatlich , insgesamt also 1.029,43 DM monatlich, abzüglich der für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 30. April 1998 bereits erbrachten Unterhaltsleistungen von 327,50 DM monatlich zu zahlen. Der Beklagte hat Anschluûberufung eingelegt und widerklagend beantragt , den Vergleich dahin abzuändern, daû er der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 30. April 1998 keinen höheren als den von ihm bereits gezahlten Unterhalt und ab dem 1. Mai 1998 keinen Unterhalt mehr schulde. Das Oberlandesgericht hat dem Antrag der Klägerin - unter Zurückweisung ihrer Berufung im übrigen - teilweise entsprochen; die Anschluûberufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, die das Oberlandesgericht - beschränkt auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung - zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:

I.


Die Revision ist insgesamt statthaft. Das Berufungsgericht hat zwar im Entscheidungssatz ausgesprochen, daû die Revision nur hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Berufung zugelassen werde. Diese Einschränkung hat jedoch nicht zur Folge, daû der Senat nur überprüfen darf, ob die Berufung zulässig war und das Berufungsgericht in der Sache entscheiden durfte. Auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung kann die Revision nämlich nicht wirksam beschränkt werden (Senatsurteil vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86 - FamRZ 1987, 802 m.w.N.). Eine Einschränkung der Zulassung der Revision ist nur hinsichtlich solcher Streitpunkte möglich, über die das Berufungsgericht etwa durch ein selbständig anfechtbares Zwischenurteil hätte entscheiden können oder auf die der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Zu diesen Streitpunkten kann die Zulässigkeit der Berufung nicht gerechnet werden (Senat aaO). Hiernach ist von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen.

II.

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Soweit das Oberlandesgericht allerdings die Berufung der Klägerin für zulässig angesehen hat, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Revision des Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, daû die Berufung der Klägerin unzulässig sei, weil mit ihr nicht die Fehlerhaftigkeit des amtsgerichtlichen Urteils geltend gemacht worden sei. Zwar ist nach einer Klagabweisung eine Berufung nur zulässig, wenn das vorinstanzliche Begehren zumindest teilweise weiterverfolgt wird. Eine Be-
rufung, welche die Richtigkeit der vorinstanzlichen Klagabweisung nicht in Frage stellt und ausschlieûlich einen neuen, bisher noch nicht geltend gemachten Anspruch zum Gegenstand hat, ist unzulässig (BGH, Beschluû vom 26. Mai 1994 - III ZB 17/94 - NJW 1994, 2098, 2099). Diese Grundsätze stehen der Zulässigkeit der Berufung im vorliegenden Fall jedoch nicht entgegen. Die Klägerin hatte in erster Instanz im Wege der Leistungsklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Unterhalt begehrt. Das Amtsgericht hatte ihre Leistungsklage als unzulässig abgewiesen und die Klägerin auf die Möglichkeit einer Abänderungsklage verwiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin daraufhin beantragt, den Beklagten in Abänderung des zwischen den Parteien geschlossenen Prozeûvergleichs zur Zahlung des bereits zuvor begehrten Unterhalts zu verurteilen. Dieser Abänderungsantrag ist zwar eine prozessuale Gestaltungsklage, umfaût aber zugleich auch einen Leistungsantrag (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 22. Aufl., § 323 Rdn. 2). Mit ihrer Klagänderung hat die Klägerin keinen neuen materiellen Anspruch in den Prozeû eingeführt. Sie verfolgt vielmehr ihr Unterhaltsbegehren weiter, ergänzt um das prozessuale Verlangen, die in § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO normierte Bindungswirkung des zuvor geschlossenen Prozeûvergleichs zu durchbrechen. Damit fehlt es weder an der für ein Rechtsmittel erforderlichen Beschwer noch an dem weiteren Erfordernis, daû die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel die Beseitigung dieser Beschwer erstrebt. Denn die Klägerin ist im ersten Rechtszug mit ihrem Unterhaltsverlangen gegen den Beklagten unterlegen und verfolgt eben dieses Begehren - wenn auch jetzt in Gestalt eines Abänderungsstatt eines Leistungsantrags - weiter. Der zugrundeliegende Lebenssachverhalt , auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt - nämlich die seit Abschluû des
Unterhaltsvergleichs veränderte Einkommenssituation der Parteien - ist dabei derselbe. Auch wenn durch das amtsgerichtliche Urteil der Klägerin nicht der materielle Anspruch aberkannt, sondern rechtskraftfähig nur über die behandelte Prozeûfrage - nämlich die Frage nach der Zulässigkeit der Leistungsklage und der Notwendigkeit eines Abänderungsantrags - entschieden worden ist, wiederholt die Klägerin doch mit ihrem Berufungsbegehren die schon in erster Instanz - wenn auch im Ergebnis erfolglos - behauptete Begründetheit ihres Unterhaltsanspruchs; insoweit greift sie das vorinstanzliche Urteil jedenfalls im Ergebnis an (vgl. BGH, Beschluû vom 26. Mai 1994 aaO S. 2099). Der Klägerin kann nicht angesonnen werden, mit der Berufung zunächst die Abweisung der Leistungsklage als unzulässig zu bekämpfen, wenn sie im Berufungsrechtszug ohnehin wegen desselben Anspruchs sogleich zur Abänderungsklage übergehen will. Es wäre auch wenig prozeûökonomisch, der Klägerin aufzuerlegen , entweder im Berufungsrechtszug - jedenfalls zunächst - einen Haupt- und einen Hilfsantrag zu stellen oder gar erneut Klage zu erheben (BGH aaO). Dies gilt um so mehr, als die Abweisung der Klage als unzulässig auf einem Verfahrensfehler des Familiengerichts beruht und der Berufungsantrag der Klägerin geeignet ist, auch diese Beschwer der Klägerin zu beseitigen: Das Familiengericht hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf seine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Leistungsklage und die nach seiner Auffassung bestehende Notwendigkeit hingewiesen, ihre Unterhaltsforderung im Wege einer Klage auf Abänderung des Prozeûvergleichs zu verfolgen. Auf den Einwand der Klägerin, der Prozeûvergleich sei einvernehmlich aufgehoben, hat das Gericht der Klägerin aufgegeben, ihr Vorbringen binnen einer Frist schriftsätzlich einzureichen. Dieser Auflage ist die Klägerin mit einem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz nachgekommen, in dem sie hilfsweise einen Abän-
derungsantrag angekündigt hat. Das Familiengericht hat die Klage jedoch abgewiesen , ohne die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, wie es an sich erforderlich gewesen wäre, und dies damit begründet, daû der Leistungsantrag im Hinblick auf den Prozeûvergleich unzulässig und der erst nach Schluû der mündlichen Verhandlung eingegangene Hilfsantrag unbeachtlich sei. Damit hat das Gericht seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Der Verfahrensfehler kann auf den mit der Berufung verfolgten Abänderungsantrag hin behoben werden. 2. Die erstrebte Abänderung des von den Parteien geschlossenen gerichtlichen Vergleichs ist auch ihrerseits zulässig. Dabei kann offenbleiben, ob, wie die Revision meint, eine auûergerichtliche Aufhebung der materiell-rechtlichen Wirkungen des Prozeûvergleichs durch die Parteien einer gerichtlichen Abänderung nach § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entgegenstünde. Die Parteien haben, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, diesen Vergleich nämlich nicht einvernehmlich aufgehoben. Zwar sind die Parteien nach den Feststellungen des Berufungsgerichts übereingekommen, daû der Beklagte ab dem 1. Oktober 1995 keine Unterhaltsleistung für die Klägerin mehr erbringen müsse. Diese Abrede bezog sich aber nur auf die damalige Einkommenssituation der Klägerin, die aus einer auf den 30. September 1997 befristeten Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität C. ein Nettoeinkommen von 3.600 DM bezog. Daû mit dem situationsbezogenen Verzicht auf die gegenwärtige Geltendmachung weitergehender Unterhaltsansprüche ein dauerhafter Erlaû künftiger Unterhaltsforderungen und damit zugleich eine endgültige Aufhebung des früheren Unterhaltsvergleichs einhergehen sollte, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt; eine solche Abrede wäre nach den Lebensumständen der Klägerin auch nicht interessengerecht und im übrigen mit den im Oktober 1997 - also nach Beendi-
gung der befristeten Anstellung der Klägerin - wiederaufgenommenen Unterhaltszahlungen des Beklagten auch nicht vereinbar. 3. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist auch, daû das Oberlandesgericht keine Anpassung, sondern eine Neuberechnung des Unterhalts vorgenommen hat. Bei einem Prozeûvergleich erfolgt eine Abänderung nicht nach Maûgabe des § 323 Abs. 1 ZPO, sondern nach den aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätzen über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGHZ - GS - 85, 64, 73; Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790). Ob eine solche Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem Parteiwillen als dem Geltungsgrund des Vergleichs. Ist in den danach maûgeblichen Verhältnissen seit Abschluû des Vergleichs eine Änderung eingetreten , so muû die gebotene Anpassung der getroffenen Regelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen. Haben sich diese Grundlagen allerdings so tiefgreifend geändert, daû dem Parteiwillen für die vorzunehmende Änderung kein hinreichender Anhaltspunkt mehr zu entnehmen ist, kann in Betracht kommen, die Abänderung ausnahmsweise ohne fortwirkende Bindung an die (unbrauchbar gewordenen) Grundlagen des abzuändernden Vergleichs vorzunehmen und - im Falle einer Unterhaltsregelung - den Unterhalt wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bemessen (Senatsurteil vom 2. März 1994 - XII ZR 215/92 - FamRZ 1994, 696, 697 ff.). Diese Voraussetzungen sind zwar nicht, wie das Oberlandesgericht meint, schon deshalb erfüllt, weil alle im Vergleich genannten Berechnungsfaktoren - nämlich die beiderseitigen Einkünfte sowie die vom Beklagten für die
Klägerin mitgezahlten Hausnebenkosten und der für die Tochter Gabriele gezahlte Unterhalt - sich geändert hätten. Verschiebungen in den Einkommensverhältnissen der Ehegatten stellen sich grundsätzlich nicht als solche tiefgreifenden Änderungen dar, die es rechtfertigen könnten, den vom einen Ehegatten dem anderen Ehegatten geschuldeten Unterhalt losgelöst von den Grundlagen des von den Ehegatten zuvor geschlossenen Unterhaltsvergleichs neu zu berechnen. Die Veränderung der beiderseitigen Einkünfte erlaubt es vielmehr typischerweise, den abzuändernden Vergleich unter Wahrung seiner Grundlagen an die neue Einkommenssituation anzupassen. Dies gilt auch für einen Wandel in den Einkommensverhältnissen, der sich - wie unter anderem auch hier - aus dem Wegfall oder der Änderung der Unterhaltslast für ein unterhaltsberechtigtes Kind ergibt. Auch der Auszug eines Ehegatten aus dem nach der Trennung noch weiterhin gemeinsam bewohnten Familienheim stellt sich regelmäûig nicht als eine derart einschneidende Veränderung dar, daû sie nach dem im Unterhaltsvergleich zum Ausdruck kommenden Parteiwillen eine von den Vergleichsgrundlagen losgelöste Neuberechnung des Unterhalts erlaubt. Eine andere Beurteilung könnte sich möglicherweise bei einer völligen Umgestaltung der im Vergleich zugrunde gelegten Wohnsituation beider Ehegatten ergeben. Eine solche tiefgreifende Veränderung könnte im vorliegenden Fall im Erwerb und Bezug eines Einfamilienhauses durch die Klägerin, im Auszug der Tochter Regina aus dem bislang mit dem Beklagten gemeinsam bewohnten und früher im Miteigentum der Parteien stehenden Haus sowie aus dem von der Klägerin behaupteten Verkauf dieses Hauses durch den Beklagten gefunden werden. Diese Frage kann indes dahin stehen. Eine unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgende Anpassung eines Unterhaltsvergleichs ist nämlich naturgemäû immer dann
nicht möglich, wenn sich dem Vergleich nicht verläûlich entnehmen läût, auf welcher Geschäftsgrundlage er abgeschlossen worden ist (vgl. Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl., § 8 Rdn. 171; vgl. auch Senatsurteil vom 6. November 1985 - IVb ZR 69/84 - FamRZ 1986, 153). Dies gilt namentlich dann, wenn sich die Berechnung des im Vergleich titulierten Unterhalts unter Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht (mehr) nachvollziehen läût (vgl. Wendl/Thalmann aaO). In einem solchen Fall bleibt nur die Möglichkeit, den nunmehr geschuldeten Unterhalt - wie bei einer Erstfestsetzung - nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu bemessen; eine Bindung durch oder an den Prozeûvergleich kommt dann nicht in Betracht. So liegen die Dinge hier: Der von den Parteien geschlossene Vergleich geht - ausweislich des Protokolls über die ihm vorausgegangene Besprechung der Parteien vom 31. August 1993 - davon aus, daû das damals gemeinsame Haus weiterhin gemeinsam genutzt und das gemeinschaftliche Eigentum daran nicht vor Beendigung des Studiums der Tochter Regina und vor dem Abitur der Tochter Gabriele aufgehoben wird. Ob und wie der Wert des von beiden Parteien genutzten Hauses als Wohnwert bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden ist, wird weder aus dem Vergleich noch aus dem Protokoll erkennbar. Ebenso ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Weise die Unterhaltslast für die Tochter Regina in die Bemessung des Ehegattenunterhalts Eingang gefunden hat. Schlieûlich lassen sich auch in den übrigen Regelungen des Vergleichs keine nachvollziehbaren Berechnungsmaûstäbe für die Höhe des der Klägerin zuerkannten Unterhalts auffinden. Das Oberlandesgericht weist zu Recht darauf hin, daû die Parteien einen bestimmten Prozentsatz der Einkommensdifferenz, nach dem sich der vom Beklagten auf Dauer zu zahlende Unterhalt errechnen soll, in dem Vergleich nicht festgeschrieben haben. Auch mittelbar läût sich - wie eine Gegenüberstellung des für
eine Einkommensdifferenz von 2.400 DM ermittelten Unterhalts von 500 DM (= 20,83 %) und des im Protokoll für eine künftige Einkommensdifferenz von 3.000 DM errechneten Unterhalts von 700 DM (= 23,33 %) zeigt - ein bestimmter Schlüssel, den die Parteien der Verteilung ihrer Einkommen zugrundegelegt haben könnten, aus den getroffenen Abreden nicht herleiten. 4. Bedenken bestehen allerdings gegen die Art, wie das Oberlandesgericht die Einkünfte der Klägerin ermittelt und bei der Neufestsetzung des Unterhalts berücksichtigt hat. Der Vorteil, der einem Ehegatten aus dem mietfreien Wohnen im eigenen Haus zuwächst und der deshalb bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens dieses Ehegatten zu berücksichtigen ist, bemiût sich grundsätzlich nach den tatsächlichen Verhältnissen (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951). Für die Ermittlung der der Klägerin zuflieûenden Einkünfte ist deshalb grundsätzlich von deren tatsächlichem , um ihren Zinsaufwand geminderten Wohnvorteil auszugehen (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 12/96 - FamRZ 1998, 87, 88). Zwar kann einen Ehegatten die Obliegenheit treffen, sein in einem Eigenheim gebundenes Vermögen zur Erzielung höherer Erträge umzuschichten. Ob eine solche Obliegenheit zur Vermögensumschichtung besteht, bestimmt sich jedoch nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, auch der beiderseitigen früheren wie jetzigen Wohnverhältnisse , die Belange des Unterhaltsberechtigten und die des Unterhaltspflichtigen gegeneinander abzuwägen sind. Es kommt darauf an, ob den Unterhaltsverpflichteten die Unterhaltslast besonders hart trifft; andererseits muû dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muû sich als eindeutig unwirtschaftlich
darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (Senatsurteile vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423 ff. und vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 12/96 - aaO S. 89). Das hat das Oberlandesgericht bisher nicht festgestellt. Soweit danach ein etwaiger Vorteil, welcher der Klägerin aus dem mietfreien Wohnen im eigenen Haus zuwächst, oder der Zinsgewinn, den die Klägerin - im Falle einer Obliegenheit zur Vermögensumschichtung - aus dem in ihrem Eigenheim gebundenen Kapital erzielen könnte, einkommenssteigernd zu berücksichtigen ist, handelt es sich um eheprägendes Einkommen der Klägerin , das nach der Differenzmethode zu berücksichtigen ist und nicht nach der Anrechnungsmethode vom Bedarf der Klägerin in Abzug gebracht werden darf. Das hat das Oberlandesgericht verkannt. Die Parteien haben bereits während der Ehe mietfrei im eigenen Haus gewohnt. Mit dem Auszug der Klägerin und der Veräuûerung ihres Miteigentumsanteils an den Beklagten ist der Wohnvorteil , den die Klägerin aus der mietfreien Mitbenutzung des bis dahin gemeinsamen Hauses der Parteien gezogen hat, nicht ersatzlos entfallen. Er findet sein Surrogat in den Nutzungen, welche die Klägerin aus dem Erlös ihres Miteigentumsanteils am ursprünglich gemeinsamen Haus zieht. Soweit die Klägerin mit diesem Erlös ihr neues Eigenheim finanziert hat, setzt sich der eheprägende Wohnvorteil an dem ursprünglich gemeinsamen Haus der Parteien gegebenenfalls in dem Vorteil fort, welcher der Klägerin aus mietfreiem Wohnen in ihrem neuen Eigenheim zuwächst. Für den Zinsgewinn, den die Klägerin - im Falle einer Obliegenheit zur Vermögensumschichtung - aus dem in ihrem Eigenheim gebundenen Eigenkapital ziehen könnte, gilt, soweit dieses Kapital aus dem Erlös des früheren Miteigentumsanteils stammt, nichts anderes (vgl.
Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 9/89 - FamRZ 1990, 269, 272 unter 3 b) cc) am Ende). Das angefochtene Urteil konnte danach nicht bestehen bleiben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschlieûend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Das Oberlandesgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zum Wohnvorteil der Klägerin getroffen. Die vom Oberlandesgericht angenommene Obliegenheit der Klägerin zur Vermögensumschichtung verlangt, wie gezeigt, zudem eine Abwägung, für welche die erforderlichen Tatsachenfeststellungen (vgl. dazu insbesondere Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 12/96 - aaO) fehlen. Die Sache muû deshalb an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden, damit das Oberlandesgericht die erforderlichen Feststellungen nachholen und die gebotene Abwägung vornehmen kann.

III.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat noch auf folgendes hin: 1. Das Oberlandesgericht hat dem Einkommen des Beklagten den objektiven Nutzungswert des nach dem Auszug der Klägerin und nunmehr beider Töchter von ihm allein bewohnten Hauses als Einkommen zugerechnet. Dieser Wohnwert mindert sich jedoch um Zinsen, die der Beklagte zur Finanzierung des Erwerbs des früheren Miteigentumsanteils der Klägerin aufwenden muû (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - aaO S. 952 m.w.N.). Die erneute Verhandlung gibt dem Beklagten Gelegenheit, seinen Zinsaufwand, dessen Nichtberücksichtigung er mit der Revision gerügt hat, im einzelnen vorzu-
tragen. Zugleich erhält die Klägerin die Möglichkeit, auf ihre Behauptung, das Haus sei zwischenzeitlich veräuûert, zurückzukommen. 2. Berufsbedingte Aufwendungen des Beklagten, die das Oberlandesgericht mit pauschal 260 DM vom Erwerbseinkommen des Beklagten in Abzug bringen will, müssen auch bei der rechnerischen Ermittlung des der Klägerin geschuldeten Unterhalts einkommensmindernd berücksichtigt werden; das Oberlandesgericht hat dies - versehentlich - unterlassen. Hahne Krohn Gerber Weber-Monecke Wagenitz

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 73/05
vom
10. August 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wenn die Parteien eines Unterhaltsvergleichs mit der Vereinbarung eines Abfindungsbetrages
eine abschließende Regelung treffen wollten, ist der Fortbestand
der unterhaltsrelevanten Umstände nicht Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung.
Bei dieser Vereinbarung bleibt es folglich auch dann, wenn der Abfindungsbetrag
in Raten gezahlt werden sollte und die Unterhaltsberechtigte vor der Fälligkeit
der letzten Rate neu heiratet.
BGH, Beschluss vom 10. August 2005 - XII ZR 73/05 - OLG Frankfurt
AG Weilburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. August 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Der Antrag des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. April 2005 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen. Streitwert: 13.500 €

Gründe:

I.

Die Parteien sind geschiedene Ehegatten. Sie streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus zwei Vergleichen vom 7. Januar und 11. November 2003. Am 7. Januar 2003 schlossen die Parteien im Ehescheidungsverfahren einen umfassenden Scheidungsfolgenvergleich und vereinbarten zum nachehelichen Unterhalt folgendes: "… 6. Zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin Abfindungsbeträge zu leisten in Höhe von
13.500,-- Euro für 2003, 13.500,-- Euro für 2004 und 3.000,-- Euro für 2005. Die Beträge sind fällig in 2003 mit monatlich 800,-- Euro am 01.02., 01.03. und 01.04., in Höhe des Restbetrages für 2003 am 01.05.2003, mit insgesamt 13.500,-- Euro für 2004 am 01.01.2004 und in Höhe der restlichen 3.000,-- Euro für 2005 am 01.01.2005. Durch Zahlung dieser Beträge ist der Gesamtanspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt abgegolten. Die Parteien erklären bereits jetzt den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, auch für den Fall der Not und Gesetzesänderung und nehmen den Verzicht gegenseitig an. …" Nachdem der Kläger mit der Behauptung, die Beklagte lebe mit einem neuen Partner zusammen, in einem weiteren gerichtlichen Verfahren die Feststellung beantragt hatte, dass er nicht mehr zu Unterhaltsleistungen aus dem geschlossenen Vergleich verpflichtet sei, schlossen die Parteien am 11. November 2003 einen Abänderungsvergleich. Danach entfällt die ursprünglich vorgesehene Zahlungsverpflichtung des Klägers in Höhe von 3.000 € für das Jahr 2005. Die Fälligkeitsregelung für den nur noch geschuldeten Gesamtbetrag für das Jahr 2004 in Höhe von 13.500 € wurde dahin abgeändert, dass der Kläger jeweils 6.750 € zum 1. Januar und zum 1. Juli 2004 schuldete. Kurz darauf heiratete die Beklagte ihren Lebensgefährten. Auf Antrag des Klägers hat das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung aus den Vergleichen vom 7. Januar und 11. November 2003 gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 13.500 € einstweilen eingestellt und mit Urteil vom 29. Juni 2004 die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 11. November 2003 für unzulässig erklärt, weil der Anspruch der Beklagten auf
nachehelichen Unterhalt infolge ihrer Wiederverheiratung erloschen sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 1253 ff. mit Anm. Bergschneider veröffentlicht ist, die Klage abgewiesen und die Revision wegen der Abweichung von einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg (FamRZ 2002, 234 ff.) zugelassen. Das Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte hat am 29. April 2005 beim Amtsgericht einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss erwirkt, aufgrund dessen eine Drittschuldnerin am 23. Mai 2005 3.500 € an sie geleistet hat. Auf Antrag des Klägers hat das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit Beschluss vom 31. Mai 2005 für die Dauer von sechs Wochen ab Zugang des Beschlusses einstweilen eingestellt und dem Kläger aufgegeben, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 13.900 € nachzuweisen. Der Kläger hat diese Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung beim Amtsgericht hinterlegt. Der Kläger hat gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt. Er beantragt nunmehr bei noch offener (verlängerter) Frist zur Revisionsbegründung, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € einstweilen einzustellen.

II.

1. Der Antrag des Klägers auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil ist schon deswegen unbegründet, weil aus diesem - klagabweisenden - Urteil in der Hauptsache nicht gegen ihn vollstreckt werden
kann. Soweit eine Vollstreckung aus der Kostenentscheidung des Berufungsurteils möglich ist, scheidet eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO aus, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Einstellung nicht in Betracht kommt, wenn es der Schuldner - wie hier - versäumt hat, in der Berufungsinstanz einen Antrag nach § 712 ZPO zu stellen (Senatsbeschluss vom 24. November 1999 - XII ZR 69/99 - NJW-RR 2000, 746 m.w.N.). 2. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung käme aber auch dann nicht in Betracht, wenn der Antrag des Klägers als Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus den Vergleichen vom 7. Januar und 11. November 2003 auszulegen wäre (§ 769 ZPO). Zwar fehlt einem solchen Antrag nicht schon deswegen das Rechtsschutzbedürfnis , weil das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung aus diesen Vergleichen mit Beschluss vom 2. Februar 2004 gegen Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt hatte. Denn diese Entscheidung galt nur bis zur Verkündung des erstinstanzlichen Urteils (vgl. Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 769 Rdn. 9 m.w.N.) und ist jedenfalls durch das klagabweisende Berufungsurteil entfallen. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO kommt aber deswegen nicht in Betracht, weil das Rechtsmittel des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
a) Wenn die Parteien eines Unterhaltsvergleichs mit der Vereinbarung eines Abfindungsbetrages eine restlose und endgültige Regelung wollten, liegt darin regelmäßig auch ein Ausschluss weiterer Ansprüche für nicht vorhersehbare Veränderungen (BGHZ 2, 379, 385 f.). Die abschließende Wirkung auf der Grundlage einer bloßen Prognose ist dann wesentlicher Inhalt der vertraglichen
Vereinbarung und nicht bloß dessen Geschäftsgrundlage. Gleiches gilt dann auch umgekehrt für die Nachforderung noch ausstehender Abfindungsansprüche und für die Rückzahlung schon geleisteter Beträge. Eine andere rechtliche Beurteilung ist allenfalls für solche Fälle denkbar, in denen der Kapitalbetrag keine Abfindung, sondern eine bloße Vorauszahlung , also eine bloße Kapitalisierung, sein soll. Dann wird durch die Unterhaltsvereinbarung lediglich der gesetzliche Unterhaltsanspruch konkretisiert (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 28. November 1984 - IVb ZB 782/81 - FamRZ 1985, 263), während im Falle einer endgültigen, abschließenden Regelung an die Stelle des durch den Unterhaltsverzicht abbedungenen gesetzlichen Unterhalts eine eigenständige vertragliche Unterhaltsvereinbarung tritt (BGHZ aaO, 386). Es liegt im Wesen einer Abfindung, dass sie Elemente eines Vergleichs enthält. Wer statt laufender Unterhaltsbeträge einen festen Abfindungsbetrag wählt, nimmt das Risiko in Kauf, dass die für die Berechnung maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen. Deswegen gewährt das Gesetz dem Unterhaltsberechtigten regelmäßig Unterhalt in Form einer monatlich im Voraus zu entrichtenden Geldrente (§ 1585 Abs. 1 BGB) und räumt ihm nur unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise einen Anspruch auf Abfindung in Kapital ein (§ 1585 Abs. 2 BGB). Entscheidet sich der Unterhaltsberechtigte gleichwohl für eine Abfindung, dann deshalb, weil ihm dies, aus welchen Gründen auch immer, bei Abwägung solcher Risiken vorteilhafter erscheint. Darin liegt auch sein Verzicht darauf, dass ihm günstige zukünftige Entwicklungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Der Unterhaltspflichtige will und darf sich, wenn er aufgrund einer wirksamen Vereinbarung eine Kapitalabfindung leisten muss, andererseits darauf verlassen, dass mit der Erfüllung der Unterhaltsanspruch ein für
allemal erledigt ist. Auch für ihn bestehende Unsicherheiten der künftigen Entwicklung sind regelmäßig in die Berechnung der Abfindungssumme eingeflossen (vgl. BGH Urteil vom 8. Januar 1981 - VI ZR 128/79 - NJW 1981, 818, 820 = BGHZ 79, 187, 192 f.). Entsprechend geht auch die weit überwiegende Auffassung in der Literatur davon aus, dass bei einer Abfindungsvereinbarung eine Anpassung an veränderte Umstände, z.B. an eine Wiederverheiratung der Unterhaltsberechtigten, ausscheidet (Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 614; Göppinger/Wax/Hoffmann Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1378 f.; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 4. Aufl. § 1585 Rdn. 12; Luthin Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 2264; MünchKomm/ Maurer 4. Aufl. § 1586 Rdn. 7; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. Kap. 6 Rdn. 470; vgl. auch OLG Koblenz FamRZ 2002, 1040). Soweit das Oberlandesgericht Hamburg in dem vom Berufungsgericht zitierten Urteil (FamRZ 2002, 234) zu dem abweichenden Ergebnis gelangt ist, dass ein beim Tode des Unterhaltsberechtigten noch nicht erfüllter Anspruch auf Abfindung für künftigen Unterhalt erloschen und daher auch nicht vererbbar ist, beruht dies auf einer Auslegung des dortigen Einzelfalles, der neben dem nachehelichen Ehegattenunterhalt auch Ansprüche auf Trennungsunterhalt umfasste, auf die gemäß §§ 1360 a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB ohnehin nicht endgültig verzichtet werden konnte. Dieser Gesichtspunkt ist jedenfalls nicht auf Vergleiche übertragbar, die - wie hier - einen wirksamen Verzicht auf den gesetzlich geschuldeten Unterhaltsanspruch beinhalten.
b) Nach der Auffassung des Berufungsgerichts wollten die Parteien den Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Ehegattenunterhalt durch einen Kapitalbetrag endgültig abfinden. Diese Auslegung der Vergleiche liegt schon deswegen nahe, weil die vom Kläger zu leistenden Beträge als "Abfindungsbe-
träge" bezeichnet wurden. Außerdem haben die Parteien in dem Vergleich vom 7. Januar 2003 ausdrücklich wechselseitig auf nachehelichen Ehegattenunterhalt verzichtet und erklärt, dass mit den vereinbarten Zahlungen der Gesamtanspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt abgegolten sein sollte. Das wurde durch den späteren Wegfall des Abfindungsbetrages für 2005 und die neue Fälligkeitsregelung für die Abfindungsbeträge für 2004 auch nicht abgeändert. Gegen den Charakter einer endgültigen Abfindung des nachehelichen Ehegattenunterhalts kann der Kläger auch nicht einwenden, dass die Parteien eine Ratenzahlung der Abfindungsbeträge vereinbart haben. Die Bewilligung von Ratenzahlung erfolgt regelmäßig im Interesse des Unterhaltsschuldners, weil sie ihm die Zeit einräumt, sich auf die erst künftig fällig werdenden Teilbeträge einzustellen. Zu Recht hat das Berufungsgericht hier in der Möglichkeit des steuerlichen Realsplittings einen weiteren Grund gesehen, wonach die ratenweise Aufteilung des Abfindungsbetrages allein im Interesse des Klägers liegt. Denn sie ermöglicht es ihm, den gesamten Abfindungsbetrag - verteilt auf mehrere Jahre - als Sonderausgabe steuerlich abzusetzen, weil die jährlichen Abfindungsbeträge in Höhe von 13.500 € knapp unterhalb des Höchstbetrages liegen, der im Wege des steuerlichen Realsplittings nach § 10 EStG mit jährlich bis zu 13.805 € berücksichtigt werden kann. Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgte die Hinausschiebung der Fälligkeit von Teilen des Abfindungsbetrages deswegen allein im Interesse des Klägers. Umstände , die gegen eine endgültige und abschließende Unterhaltsvereinbarung sprechen, lassen sich deswegen daraus nicht gewinnen. 3. Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger zur Anfechtung der Vergleiche berechtigt wäre, wenn die Beklagte ihn bei Vertragsschluss über ihre Absicht, alsbald wieder zu heiraten, getäuscht
hätte. Dann käme unter Umständen auch ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 826 BGB in Betracht (vgl. Wendl/Pauling aaO; Luthin aaO). Solches hat das Berufungsgericht auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien allerdings nicht feststellen können. Zwar hat die Beklagte bereits am 20. Dezember 2003 und somit nur wenig mehr als einen Monat nach Abschluss des Abänderungsvergleichs vom 11. November 2003 geheiratet. Außerdem war sie in diesem Zeitpunkt schon im achten Monat schwanger, was allerdings dem im Verhandlungstermin ebenfalls anwesenden Kläger nicht entgangen sein kann. Entscheidend ist aber, dass die Zahlungsverpflichtung des Klägers schon auf dem ursprünglichen Vergleich vom 7. Januar 2003 beruht, der in dem späteren Vergleich vom 11. November 2003 lediglich hinsichtlich der Abfindungsrate für 2005 und der Fälligkeit für die Abfindungsrate für 2004 abgeändert wurde. Wollte der Kläger seine Willenserklärung zum Abschluss des Abfindungsvergleiches anfechten oder wollte er Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verlangen, müsste er deswegen eine Heiratsabsicht der Beklagten schon im Januar 2003 nachweisen. Dafür ist nach dem gegenwärtigen Sachund Streitstand aber nichts ersichtlich. Denn es ist durchaus nachvollziehbar,
dass die Beklagte sich erst infolge und gerade wegen des Scheidungsfolgenvergleichs vom 7. Januar 2003 zur Schwangerschaft und zur erneuten Heirat entschlossen hat. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 292/02 Verkündet am:
28. Juli 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Auslegung einer Vereinbarung, nach der der Mieter neben der Nettomiete die
"jeweils gültige Mehrwertsteuer" zu zahlen hat, wenn die Option des Vermieters zur
Steuerpflicht unwirksam ist, so daß die Vermietung tatsächlich steuerfrei bleibt.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juli 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. November 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses über die (Rück-)Zahlung von Mehrwertsteuer. Die P. GbR, deren Gesellschafter u.a. die Beklagten sind, vermietete mit Vertrag vom 22. Dezember 1997 in einem von ihr neu errichteten Gebäude Praxisräume mit Stellplätzen an die Radiologische Praxisgemeinschaft GbR (im folgenden: R. GbR), deren Mitglieder - darunter der Kläger - Ärzte sind. In § 6 Nr. 1 des Vertrages wurde ein Nett omietzins von 17.749,77 DM festgelegt. Nach § 6 Nr. 9 des Vertrages hatte die Mieterin au-
ßerdem eine bestimmte Nebenkostenvorauszahlung sowie anteilige Verwaltungskosten zu zahlen. In § 6 Nr. 10 des Vertrages heißt es: "Der Mieter hat neben dem Mietzins die jeweils gültige Mehrwertsteuer zu zahlen. Dies gilt auch für obige Nebenkosten und Verwaltungskosten. Der Mieter wird nach dem zehnten Vertragsjahr von der Zahlung der Mehrwertsteuer auf den Mietzins entbunden, sofern sie für ihn zu diesem Zeitpunkt nicht wegen einer Berechtigung zum Vorsteuerabzug zum durchlaufenden Posten wird. Die Verpflichtung zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf die Nebenkosten bleibt jedoch bestehen." Die R. GbR hat in der Zeit von April 1998 bis Juli 2000 zusätzlich zur Nettomiete und den Nebenkosten Umsatzsteuer in Höhe von 93.351,83 DM an die Vermieterin gezahlt. Seit August 2000 zahlt sie nur noch die Nettobeträge. Der Kläger, der Gesellschafter der R. GbR ist, verlangt mit Ermächtigung seiner Mitgesellschafter von den Beklagten die Rückzahlung der bezahlten Umsatzsteuer in Höhe von 93.351,83 DM an die R. GbR. Die Beklagten verlangen ihrerseits vom Kläger im Wege der Widerklage die Zahlung von Umsatzsteuer für die Zeit von August 2000 bis April 2001 in Höhe von rechnerisch unstreitig 30.775,32 DM an die Vermieterin, wozu sie von dieser ermächtigt sind. Das Landgericht hat der Klage unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung der Vermieterin stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert, die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 15.735,15 € (= 30.775,32 DM) an die Vermieterin verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die zugelassene Revision des Klägers , mit der er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Oberlandesgericht meint, die Zahlungen der Mieterin seien aufgrund der Regelung in § 6 Nr. 10 des Mietvertrages mit Rechtsgrund erfolgt. Zwar seien Mietverträge über Grundstücke gemäß § 4 Nr. 12 a UStG grundsätzlich steuerfrei; auch hätten, was jedoch dahingestellt bleibe, die Voraussetzungen für eine Option zur Steuerpflicht seitens der Vermieterin nicht vorgelegen. Die Vereinbarung in § 6 Nr. 10 des Vertrages sei aber auch in diesem Falle, was die Steuerpflicht betreffe, nicht gemäß § 134 BGB, § 9 Abs. 2 UStG nichtig. Die Durchsetzung des in § 9 Abs. 2 UStG normierten Optionsverbots möge zwar mittels einer Nichtigkeitssanktion erreicht werden. Das genüge jedoch für die Annahme eines Verbotsgesetzes im Sinne von § 134 BGB nicht. Das Gesetz müsse vielmehr die Nichtigkeit des verbotswidrigen Geschäftes erfordern, weil der Gesetzeszweck nicht anders erreicht werden könne. § 14 Abs. 3 UStG sehe aber als Folge einer gegen die Bestimmung des UStG verstoßenden Umsatzsteuerberechnung lediglich die Abführung der steuerrechtlich zu Unrecht erhobenen Steuer an das Finanzamt vor. Unter diesen Umständen könne die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung der Parteien nicht festgestellt werden. Gegen § 9 AGBG verstoße § 6 Nr. 10 Satz 1 des Vertrages schon deswegen nicht, weil es sich insoweit um eine Individualvereinbarung handle. Der Vertrag könne auch nicht über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dahingehend angepaßt werden, daß der Mieter nur den mehrwertsteuerfreien Mietzins zu zahlen habe. Die Mietparteien hätten sich nämlich nach dem Vortrag des Klägers hinsichtlich des Anwendungsbereichs des § 9 UStG nicht in
einem gemeinsamen Irrtum befunden. Vielmehr habe der Kläger ausdrücklich die Behauptung der Vermieterin in Abrede gestellt, daß der R. GbR bei Abschluß des Mietvertrags das Finanzierungskonzept unter Einschluß der Mehrwertsteuer erläutert worden sei.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte nicht dahinstehen lassen dürfen, ob der Verzicht der Vermieterin auf die Steuerbefreiung nach der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG wirksam war oder nicht. 1. Das Oberlandesgericht hat allerdings § 6 Nr. 10 des Mietvertrages insoweit rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet dahingehend ausgelegt , daß die R. GbR während der ersten zehn Jahre des Mietvertrages Mehrwertsteuer auf den Nettomietzins einschließlich der Neben- und Verwaltungskosten auch dann zahlen sollte, wenn sie selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigt sein sollte. Dies ergibt sich, wie das Oberlandesgericht zu Recht ausführt , aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des dritten Satzes der Klausel. Die Mehrwertsteuerpflicht der Vermietungsumsätze auf zehn Jahre entsprach dem Interesse der Vermieterin, die auf diese Weise die auf die Herstellungskosten des Mietobjekts bezahlte Mehrwertsteuer selbst wiederum als Vorsteuer nach Abzug der von ihr vereinnahmten Steuer auf ihre Vermietungsumsätze in vollem Umfang erstattet erhalten hätte (§§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG).
Angesichts der Steuerfreiheit der Ausgangsumsätze der Mieterin nach § 4 Nr. 14 UStG tritt dieser gewünschte steuerrechtliche Erfolg jedoch nur dann ein, wenn die Vermieterin aufgrund der Übergangsvorschrift in § 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG (Beginn der Errichtung des Gebäudes vor dem 11. November 1993; Fertigstellung vor dem 1. Januar 1998) noch nach § 9 Abs. 1 UStG wirksam zur Steuerpflicht optieren konnte. Das Oberlandesgericht hat jedoch dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen für eine solche Option erfüllt waren oder nicht. Dies hat es damit begründet, daß die genannte Klausel so auszulegen sei, daß die Mieterin der Vermieterin auch dann Mehrwertsteuer auf den Mietzins zahlen müsse, wenn der Vermietungsumsatz nach dem Gesetz steuerfrei sein sollte. 2. Diese Auslegung ist rechtsfehlerhaft. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Ermittlung des Inhalts und der Bedeutung von Individualvereinbarungen grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Die Auslegung durch den Tatrichter kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf geprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht (vgl. BGZ 150, 32, 37 m.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Oberlandesgericht legt seiner Auslegung eine unzutreffende Auffassung der einschlägigen steuerlichen Vorschriften zugrunde und gelangt auf diese Weise zu einem unvertretbaren Auslegungsergebnis. Bei Auslegung einer Individualvereinbarung ist nach §§ 133, 157 BGB vom Wortlaut auszugehen (vgl. BGHZ 124, 39, 44). Nach dem Wortlaut der Vereinbarung aber schuldet die Mieterin neben der Nettomiete die jeweils gültige Mehrwertsteuer. Ist jedoch der Vermietungsumsatz, wie vom Berufungsgericht angenommen, steuerfrei, existiert insoweit keine "gültige Mehrwertsteuer".
Ob ein Umsatz steuerpflichtig ist oder nicht, richtet sich allein nach dem Umsatzsteuergesetz. Die Parteien haben nicht die Möglichkeit, einen nach dem Gesetz steuerbaren, aber steuerfreien Umsatz durch Vereinbarung steuerpflichtig zu machen. Dies steht nicht zu ihrer Disposition. Eine gleichwohl getroffene Vereinbarung geht deswegen ins Leere, so daß sich die vom Oberlandesgericht geprüfte Frage eines Verstoßes gegen § 134 BGB nicht stellt. Allerdings geht das Oberlandesgericht offenbar davon aus, die Vermieterin sei nach § 14 Abs. 3 UStG a. F. zur Zahlung von 16 % Mehrwertsteuer auf die Nettoentgelte gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet, weil sie diese Steuer entsprechend § 6 Nr. 10 des Vertrages von der Mieterin erhebe. Dies ist schon deshalb unzutreffend, weil die genannte Klausel keine Rechnung nach § 14 Abs. 3 oder Abs. 2 UStG a.F. darstellt, so daß die genannten Vorschriften nicht zur Anwendung kommen. Vielmehr ist für eine Rechnungsstellung u.a. erforderlich, daß die Mehrwertsteuer in ihr betragsmäßig ausgewiesen wird (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb Umsatzsteuer § 14 c UStG Rdn. 20). Dies ist jedoch in § 6 Nr. 10 des Vertrages nicht geschehen. Darüber hinaus verstieße die Meinung des Oberlandesgerichts, die Mieterin habe der Vermieterin die Mehrwertsteuer zu ersetzen, welche diese allein im Fall einer Rechnungsstellung an das Finanzamt abführen müsse, gegen den Grundsatz der interessengerechten Auslegung von Parteivereinbarungen. Denn der Mieterin stünde trotz Zahlung dieser Steuer ein Vorsteuerabzug nicht zu. Auch die Vermieterin bliebe wegen des Wortlauts des § 15 Abs. 2 UStG, nach dem steuerfreie Umsätze vorsteuerschädlich sind, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen (vgl. EuGH Slg. 1989, 4227 Rdn. 19, wonach das in der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Recht auf Vorsteuerabzug sich nicht auf eine Steuer erstreckt, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist; Wagner aaO Rdn. 50; Sontheimer NJW 1997, 693,
697; a.A. Stadie in Rau/Dürrichter/Flick/Geist Umsatzsteuergesetz 8. Aufl. § 14 Rdn. 416, der den Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen zulassen will). Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Parteien eine Vereinbarung schließen wollten, die sie beide benachteiligte und nur den Fiskus begünstigte. Im übrigen aber liegt auf der Hand, daß die Mietvertragsparteien, den vom Gesetzgeber bewußt herbeigeführten Ausschluß der Option zur Steuerpflicht nicht dadurch umgehen können, daß sie unrichtige Mehrwertsteuerrechnungen ausstellen. Der Senat ist somit an die Auslegung des Berufungsgerichts nicht gebunden. Er kann jedoch die Auslegung nicht selbst vornehmen. Denkbar ist nämlich zum einen, daß die Auslegung ergeben wird, die Mieterin habe über die Nettozahlungen hinaus an die Vermieterin keine Leistungen mehr zu erbringen, da der Umsatz im ganzen, also auch hinsichtlich der Stellplätze sowie der Neben - und Verwaltungskosten, eine einheitliche steuerfreie Vermietungsleistung darstellt, weshalb keine gesetzliche Mehrwertsteuer anfällt und diese somit auch nicht geschuldet wird. Die Mieterin hätte dann in der Vergangenheit, soweit sie die Mehrwertsteuer bezahlt hat, diese ohne Rechtsgrund geleistet. Zum anderen ist noch zu prüfen, ob Zahlungsansprüche der Vermieterin über die vereinbarten Nettoentgelte hinaus unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen (vgl. BGH Urteil vom 19. Juni 1990 - XI ZR 280/89 - WM 1990, 1322, 1323; Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97 - NJW-RR 2000, 1652; Urteil vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99 - NJW 2002, 2312). Dabei wird es im wesentlichen darauf ankommen, ob die Mietvertragsparteien, wie dies die Beklagten behaupten, die Höhe der Miete unter Berücksichtigung der (später fehlgeschlagenen ) Option der Vermieterin zur Steuerpflicht und der damit verbundenen Steuervorteile (vgl. dazu Jatzek in Bub/Treier Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III A Rdn. 176 ff.) ausgehandelt haben oder
ob lediglich ein einseitiger Kalkulationsirrtum der Vermieterin vorliegt, dessen Folgen sie alleine zu tragen hat. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht vorweg zu prüfen haben, ob die Option der Vermieterin zur Steuerpflicht nach den Übergangsvorschriften wirksam war. Sollte sich erweisen, daß die Option unwirksam war, wird den Beklagten im Rahmen der dann zu prüfenden ergänzenden Vertragsauslegung Gelegenheit zu geben sein, gegebenenfalls konkret vorzutragen, welche Vorstellungen die Vertragsparteien bei der Festlegung des Mietzinses hatten, insbesondere auch welche finanziellen Nachteile die Vermieterin infolge der Steuerfreiheit des Vermietungsumsatzes im Vergleich zur Steuerpflicht bezüglich des Mietobjekts erlitten hat. Hahne RiBGH Fuchs ist urlaubsbedingt Sprick verhindert zu unterschreiben. Hahne Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 62/99 Verkündet am:
3. Mai 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Weist das Gericht ein Unterhaltsbegehren zurück, weil es nicht im Wege der Abänderungsklage
, sondern im Wege der Leistungsklage geltend gemacht wurde,
so ist die dagegen eingelegte Berufung nicht deshalb unzulässig, weil der
Rechtsmittelkläger sein Begehren nunmehr im Wege der Abänderungsklage verfolgt.

b) Läßt sich die Berechnung des in einem Prozeßvergleich titulierten Unterhalts unter
Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht nachvollziehen und ist
deshalb eine Anpassung des Vergleichs an zwischenzeitlich geänderte Verhältnisse
nicht möglich, so ist der geschuldete Unterhalt nach den gesetzlichen Vorschriften
neu zu berechnen.
BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - OLG Braunschweig
AG Clausthal-Zellerfeld
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2001 durch die Richter Dr. Hahne, Dr. Krohn, Gerber, WeberMonecke
und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 2. Februar 1999 aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Ihre 1971 geschlossene Ehe ist seit 4. Januar 1994 rechtskräftig geschieden. Beide Parteien sind Diplom-Chemiker. Der Beklagte ist Universitätsbeamter und dienstunfähig erkrankt; er erhielt jedoch 1997/1998 seine Dienstbezüge in Höhe von monatlich rund 5.830 DM netto weiter. Nach der Geburt der beiden 1973 (Regina) und 1977 (Gabriele) aus der Ehe hervorgegangenen Kinder war die Klägerin zunächst nicht erwerbstätig. In den Jahren 1990 und 1991 bereitete sie durch den Besuch eines Seminars und durch ein Praktikum den beruflichen Wiedereinstieg vor. Vom 1. September 1991 bis 30. September
1997 arbeitete die Klägerin - mit kurzfristigen Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und eine Tätigkeit bei der P. AG - zum Teil aufgrund eines Stipendiums , zum Teil im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse als DiplomChemikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität. Im Sommer 1992 trennten sich die Parteien zunächst innerhalb des in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Einfamilienhauses. Während dieser Zeit zahlte der Beklagte weiterhin die Restkredite und sämtliche Hausnebenkosten. In einem vorausgegangenen Verfahren unter anderem über den Trennungsunterhalt schlossen die Parteien am 5. Oktober 1993 einen Prozeûvergleich mit folgendem Wortlaut: "Der Beklagte zahlt ab 01. September 1993 für die Klägerin eine monatliche Unterhaltsrente von 500,-- DM und für die Tochter Gabriele ... zu Händen der Klägerin ebenfalls eine monatliche Unterhaltsrente von 500,-- DM. Auf den Unterhalt für die Klägerin läût diese sich einen Anteil von 180,-- DM monatlich auf die vom Beklagten monatlich zu erbringenden Haus-Nebenkosten von zur Zeit 545,-- DM anrechnen, so daû der Beklagte monatlich einen Gesamt-Unterhaltsbetrag von 820,-- DM für die Klägerin und die Tochter Gabriele an die Klägerin auszuzahlen hat.
Diese Unterhaltsregelung gilt auch für die Zeit nach der Scheidung der Ehe der Parteien.
Bei der Bezifferung des Unterhaltsbetrags gehen die Parteien übereinstimmend von einem bereinigten Nettoeinkommen der Klägerin von mo-
natlich 2.400,-- DM, bei dem Beklagten von monatlich 4.800,-- DM aus. ..."
Später kamen die Parteien im Hinblick auf das von der Klägerin zwischenzeitlich erzielte Einkommen in Höhe von rund 3.600 DM auûergerichtlich überein, daû der Beklagte ab dem 1. Oktober 1995 keine Unterhaltsleistungen mehr an die Klägerin erbringen müsse. Ihr hälftiges Miteigentum am Haus der Parteien übertrug die Klägerin dem Beklagten. Als Entgelt erhielt sie im Juni 1997 vom Beklagten rund 154.000 DM, mit denen sie - unter Inanspruchnahme eines Darlehens in Höhe von 181.500 DM - ein Einfamilienhaus erwarb, in dem sie mit der jüngeren Tochter Gabriele wohnt. Die ältere Tochter Regina verblieb bis Mitte April 1998 bei dem Beklagten in dem ehemaligen Familienheim und wurde von ihm allein unterhalten. Für die Tochter Gabriele zahlte der Beklagte an die Klägerin zuletzt monatlich 600 DM. Beide Parteien bezogen das jeweilige Kindergeld für die jeweils bei ihnen lebende Tochter. Vom 1. Oktober 1997 bis 30. April 1998 war die Klägerin arbeitslos und bezog ein Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich rund 2621 DM bis Dezember 1997 und ab Januar 1998 in Höhe von wöchentlich rund 608 DM. Der Beklagte zahlte in dieser Zeit an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von 327,50 DM. Seit dem 1. Mai 1998 ist die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaûnahme am Institut für technische Chemie beschäftigt und verdiente 1998 durchschnittlich monatlich netto 3.115 DM und 1999 3.126 DM. Die Klägerin hat in erster Instanz zunächst im Wege einer Leistungsklage und - auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis - in einem nachgelassenen Schriftsatz hilfsweise im Wege der Abänderungsklage die Zahlung von Unter-
halt für die Zeit ab 1. Oktober 1997 begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgewiesen, weil eine Leistungsklage im Hinblick auf den von den Parteien geschlossenen Prozeûvergleich unzulässig sei. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt, den Beklagten in Abänderung des Vergleichs zu verurteilen, an sie ab dem 1. Oktober 1997 über die vereinbarten 500 DM monatlich hinaus weitere 529,43 DM monatlich , insgesamt also 1.029,43 DM monatlich, abzüglich der für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 30. April 1998 bereits erbrachten Unterhaltsleistungen von 327,50 DM monatlich zu zahlen. Der Beklagte hat Anschluûberufung eingelegt und widerklagend beantragt , den Vergleich dahin abzuändern, daû er der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 30. April 1998 keinen höheren als den von ihm bereits gezahlten Unterhalt und ab dem 1. Mai 1998 keinen Unterhalt mehr schulde. Das Oberlandesgericht hat dem Antrag der Klägerin - unter Zurückweisung ihrer Berufung im übrigen - teilweise entsprochen; die Anschluûberufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, die das Oberlandesgericht - beschränkt auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung - zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:

I.


Die Revision ist insgesamt statthaft. Das Berufungsgericht hat zwar im Entscheidungssatz ausgesprochen, daû die Revision nur hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Berufung zugelassen werde. Diese Einschränkung hat jedoch nicht zur Folge, daû der Senat nur überprüfen darf, ob die Berufung zulässig war und das Berufungsgericht in der Sache entscheiden durfte. Auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung kann die Revision nämlich nicht wirksam beschränkt werden (Senatsurteil vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86 - FamRZ 1987, 802 m.w.N.). Eine Einschränkung der Zulassung der Revision ist nur hinsichtlich solcher Streitpunkte möglich, über die das Berufungsgericht etwa durch ein selbständig anfechtbares Zwischenurteil hätte entscheiden können oder auf die der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Zu diesen Streitpunkten kann die Zulässigkeit der Berufung nicht gerechnet werden (Senat aaO). Hiernach ist von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen.

II.

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Soweit das Oberlandesgericht allerdings die Berufung der Klägerin für zulässig angesehen hat, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Revision des Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, daû die Berufung der Klägerin unzulässig sei, weil mit ihr nicht die Fehlerhaftigkeit des amtsgerichtlichen Urteils geltend gemacht worden sei. Zwar ist nach einer Klagabweisung eine Berufung nur zulässig, wenn das vorinstanzliche Begehren zumindest teilweise weiterverfolgt wird. Eine Be-
rufung, welche die Richtigkeit der vorinstanzlichen Klagabweisung nicht in Frage stellt und ausschlieûlich einen neuen, bisher noch nicht geltend gemachten Anspruch zum Gegenstand hat, ist unzulässig (BGH, Beschluû vom 26. Mai 1994 - III ZB 17/94 - NJW 1994, 2098, 2099). Diese Grundsätze stehen der Zulässigkeit der Berufung im vorliegenden Fall jedoch nicht entgegen. Die Klägerin hatte in erster Instanz im Wege der Leistungsklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Unterhalt begehrt. Das Amtsgericht hatte ihre Leistungsklage als unzulässig abgewiesen und die Klägerin auf die Möglichkeit einer Abänderungsklage verwiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin daraufhin beantragt, den Beklagten in Abänderung des zwischen den Parteien geschlossenen Prozeûvergleichs zur Zahlung des bereits zuvor begehrten Unterhalts zu verurteilen. Dieser Abänderungsantrag ist zwar eine prozessuale Gestaltungsklage, umfaût aber zugleich auch einen Leistungsantrag (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 22. Aufl., § 323 Rdn. 2). Mit ihrer Klagänderung hat die Klägerin keinen neuen materiellen Anspruch in den Prozeû eingeführt. Sie verfolgt vielmehr ihr Unterhaltsbegehren weiter, ergänzt um das prozessuale Verlangen, die in § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO normierte Bindungswirkung des zuvor geschlossenen Prozeûvergleichs zu durchbrechen. Damit fehlt es weder an der für ein Rechtsmittel erforderlichen Beschwer noch an dem weiteren Erfordernis, daû die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel die Beseitigung dieser Beschwer erstrebt. Denn die Klägerin ist im ersten Rechtszug mit ihrem Unterhaltsverlangen gegen den Beklagten unterlegen und verfolgt eben dieses Begehren - wenn auch jetzt in Gestalt eines Abänderungsstatt eines Leistungsantrags - weiter. Der zugrundeliegende Lebenssachverhalt , auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt - nämlich die seit Abschluû des
Unterhaltsvergleichs veränderte Einkommenssituation der Parteien - ist dabei derselbe. Auch wenn durch das amtsgerichtliche Urteil der Klägerin nicht der materielle Anspruch aberkannt, sondern rechtskraftfähig nur über die behandelte Prozeûfrage - nämlich die Frage nach der Zulässigkeit der Leistungsklage und der Notwendigkeit eines Abänderungsantrags - entschieden worden ist, wiederholt die Klägerin doch mit ihrem Berufungsbegehren die schon in erster Instanz - wenn auch im Ergebnis erfolglos - behauptete Begründetheit ihres Unterhaltsanspruchs; insoweit greift sie das vorinstanzliche Urteil jedenfalls im Ergebnis an (vgl. BGH, Beschluû vom 26. Mai 1994 aaO S. 2099). Der Klägerin kann nicht angesonnen werden, mit der Berufung zunächst die Abweisung der Leistungsklage als unzulässig zu bekämpfen, wenn sie im Berufungsrechtszug ohnehin wegen desselben Anspruchs sogleich zur Abänderungsklage übergehen will. Es wäre auch wenig prozeûökonomisch, der Klägerin aufzuerlegen , entweder im Berufungsrechtszug - jedenfalls zunächst - einen Haupt- und einen Hilfsantrag zu stellen oder gar erneut Klage zu erheben (BGH aaO). Dies gilt um so mehr, als die Abweisung der Klage als unzulässig auf einem Verfahrensfehler des Familiengerichts beruht und der Berufungsantrag der Klägerin geeignet ist, auch diese Beschwer der Klägerin zu beseitigen: Das Familiengericht hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf seine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Leistungsklage und die nach seiner Auffassung bestehende Notwendigkeit hingewiesen, ihre Unterhaltsforderung im Wege einer Klage auf Abänderung des Prozeûvergleichs zu verfolgen. Auf den Einwand der Klägerin, der Prozeûvergleich sei einvernehmlich aufgehoben, hat das Gericht der Klägerin aufgegeben, ihr Vorbringen binnen einer Frist schriftsätzlich einzureichen. Dieser Auflage ist die Klägerin mit einem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz nachgekommen, in dem sie hilfsweise einen Abän-
derungsantrag angekündigt hat. Das Familiengericht hat die Klage jedoch abgewiesen , ohne die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, wie es an sich erforderlich gewesen wäre, und dies damit begründet, daû der Leistungsantrag im Hinblick auf den Prozeûvergleich unzulässig und der erst nach Schluû der mündlichen Verhandlung eingegangene Hilfsantrag unbeachtlich sei. Damit hat das Gericht seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Der Verfahrensfehler kann auf den mit der Berufung verfolgten Abänderungsantrag hin behoben werden. 2. Die erstrebte Abänderung des von den Parteien geschlossenen gerichtlichen Vergleichs ist auch ihrerseits zulässig. Dabei kann offenbleiben, ob, wie die Revision meint, eine auûergerichtliche Aufhebung der materiell-rechtlichen Wirkungen des Prozeûvergleichs durch die Parteien einer gerichtlichen Abänderung nach § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entgegenstünde. Die Parteien haben, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, diesen Vergleich nämlich nicht einvernehmlich aufgehoben. Zwar sind die Parteien nach den Feststellungen des Berufungsgerichts übereingekommen, daû der Beklagte ab dem 1. Oktober 1995 keine Unterhaltsleistung für die Klägerin mehr erbringen müsse. Diese Abrede bezog sich aber nur auf die damalige Einkommenssituation der Klägerin, die aus einer auf den 30. September 1997 befristeten Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität C. ein Nettoeinkommen von 3.600 DM bezog. Daû mit dem situationsbezogenen Verzicht auf die gegenwärtige Geltendmachung weitergehender Unterhaltsansprüche ein dauerhafter Erlaû künftiger Unterhaltsforderungen und damit zugleich eine endgültige Aufhebung des früheren Unterhaltsvergleichs einhergehen sollte, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt; eine solche Abrede wäre nach den Lebensumständen der Klägerin auch nicht interessengerecht und im übrigen mit den im Oktober 1997 - also nach Beendi-
gung der befristeten Anstellung der Klägerin - wiederaufgenommenen Unterhaltszahlungen des Beklagten auch nicht vereinbar. 3. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist auch, daû das Oberlandesgericht keine Anpassung, sondern eine Neuberechnung des Unterhalts vorgenommen hat. Bei einem Prozeûvergleich erfolgt eine Abänderung nicht nach Maûgabe des § 323 Abs. 1 ZPO, sondern nach den aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätzen über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGHZ - GS - 85, 64, 73; Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790). Ob eine solche Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem Parteiwillen als dem Geltungsgrund des Vergleichs. Ist in den danach maûgeblichen Verhältnissen seit Abschluû des Vergleichs eine Änderung eingetreten , so muû die gebotene Anpassung der getroffenen Regelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen. Haben sich diese Grundlagen allerdings so tiefgreifend geändert, daû dem Parteiwillen für die vorzunehmende Änderung kein hinreichender Anhaltspunkt mehr zu entnehmen ist, kann in Betracht kommen, die Abänderung ausnahmsweise ohne fortwirkende Bindung an die (unbrauchbar gewordenen) Grundlagen des abzuändernden Vergleichs vorzunehmen und - im Falle einer Unterhaltsregelung - den Unterhalt wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bemessen (Senatsurteil vom 2. März 1994 - XII ZR 215/92 - FamRZ 1994, 696, 697 ff.). Diese Voraussetzungen sind zwar nicht, wie das Oberlandesgericht meint, schon deshalb erfüllt, weil alle im Vergleich genannten Berechnungsfaktoren - nämlich die beiderseitigen Einkünfte sowie die vom Beklagten für die
Klägerin mitgezahlten Hausnebenkosten und der für die Tochter Gabriele gezahlte Unterhalt - sich geändert hätten. Verschiebungen in den Einkommensverhältnissen der Ehegatten stellen sich grundsätzlich nicht als solche tiefgreifenden Änderungen dar, die es rechtfertigen könnten, den vom einen Ehegatten dem anderen Ehegatten geschuldeten Unterhalt losgelöst von den Grundlagen des von den Ehegatten zuvor geschlossenen Unterhaltsvergleichs neu zu berechnen. Die Veränderung der beiderseitigen Einkünfte erlaubt es vielmehr typischerweise, den abzuändernden Vergleich unter Wahrung seiner Grundlagen an die neue Einkommenssituation anzupassen. Dies gilt auch für einen Wandel in den Einkommensverhältnissen, der sich - wie unter anderem auch hier - aus dem Wegfall oder der Änderung der Unterhaltslast für ein unterhaltsberechtigtes Kind ergibt. Auch der Auszug eines Ehegatten aus dem nach der Trennung noch weiterhin gemeinsam bewohnten Familienheim stellt sich regelmäûig nicht als eine derart einschneidende Veränderung dar, daû sie nach dem im Unterhaltsvergleich zum Ausdruck kommenden Parteiwillen eine von den Vergleichsgrundlagen losgelöste Neuberechnung des Unterhalts erlaubt. Eine andere Beurteilung könnte sich möglicherweise bei einer völligen Umgestaltung der im Vergleich zugrunde gelegten Wohnsituation beider Ehegatten ergeben. Eine solche tiefgreifende Veränderung könnte im vorliegenden Fall im Erwerb und Bezug eines Einfamilienhauses durch die Klägerin, im Auszug der Tochter Regina aus dem bislang mit dem Beklagten gemeinsam bewohnten und früher im Miteigentum der Parteien stehenden Haus sowie aus dem von der Klägerin behaupteten Verkauf dieses Hauses durch den Beklagten gefunden werden. Diese Frage kann indes dahin stehen. Eine unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgende Anpassung eines Unterhaltsvergleichs ist nämlich naturgemäû immer dann
nicht möglich, wenn sich dem Vergleich nicht verläûlich entnehmen läût, auf welcher Geschäftsgrundlage er abgeschlossen worden ist (vgl. Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl., § 8 Rdn. 171; vgl. auch Senatsurteil vom 6. November 1985 - IVb ZR 69/84 - FamRZ 1986, 153). Dies gilt namentlich dann, wenn sich die Berechnung des im Vergleich titulierten Unterhalts unter Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht (mehr) nachvollziehen läût (vgl. Wendl/Thalmann aaO). In einem solchen Fall bleibt nur die Möglichkeit, den nunmehr geschuldeten Unterhalt - wie bei einer Erstfestsetzung - nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu bemessen; eine Bindung durch oder an den Prozeûvergleich kommt dann nicht in Betracht. So liegen die Dinge hier: Der von den Parteien geschlossene Vergleich geht - ausweislich des Protokolls über die ihm vorausgegangene Besprechung der Parteien vom 31. August 1993 - davon aus, daû das damals gemeinsame Haus weiterhin gemeinsam genutzt und das gemeinschaftliche Eigentum daran nicht vor Beendigung des Studiums der Tochter Regina und vor dem Abitur der Tochter Gabriele aufgehoben wird. Ob und wie der Wert des von beiden Parteien genutzten Hauses als Wohnwert bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden ist, wird weder aus dem Vergleich noch aus dem Protokoll erkennbar. Ebenso ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Weise die Unterhaltslast für die Tochter Regina in die Bemessung des Ehegattenunterhalts Eingang gefunden hat. Schlieûlich lassen sich auch in den übrigen Regelungen des Vergleichs keine nachvollziehbaren Berechnungsmaûstäbe für die Höhe des der Klägerin zuerkannten Unterhalts auffinden. Das Oberlandesgericht weist zu Recht darauf hin, daû die Parteien einen bestimmten Prozentsatz der Einkommensdifferenz, nach dem sich der vom Beklagten auf Dauer zu zahlende Unterhalt errechnen soll, in dem Vergleich nicht festgeschrieben haben. Auch mittelbar läût sich - wie eine Gegenüberstellung des für
eine Einkommensdifferenz von 2.400 DM ermittelten Unterhalts von 500 DM (= 20,83 %) und des im Protokoll für eine künftige Einkommensdifferenz von 3.000 DM errechneten Unterhalts von 700 DM (= 23,33 %) zeigt - ein bestimmter Schlüssel, den die Parteien der Verteilung ihrer Einkommen zugrundegelegt haben könnten, aus den getroffenen Abreden nicht herleiten. 4. Bedenken bestehen allerdings gegen die Art, wie das Oberlandesgericht die Einkünfte der Klägerin ermittelt und bei der Neufestsetzung des Unterhalts berücksichtigt hat. Der Vorteil, der einem Ehegatten aus dem mietfreien Wohnen im eigenen Haus zuwächst und der deshalb bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens dieses Ehegatten zu berücksichtigen ist, bemiût sich grundsätzlich nach den tatsächlichen Verhältnissen (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951). Für die Ermittlung der der Klägerin zuflieûenden Einkünfte ist deshalb grundsätzlich von deren tatsächlichem , um ihren Zinsaufwand geminderten Wohnvorteil auszugehen (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 12/96 - FamRZ 1998, 87, 88). Zwar kann einen Ehegatten die Obliegenheit treffen, sein in einem Eigenheim gebundenes Vermögen zur Erzielung höherer Erträge umzuschichten. Ob eine solche Obliegenheit zur Vermögensumschichtung besteht, bestimmt sich jedoch nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, auch der beiderseitigen früheren wie jetzigen Wohnverhältnisse , die Belange des Unterhaltsberechtigten und die des Unterhaltspflichtigen gegeneinander abzuwägen sind. Es kommt darauf an, ob den Unterhaltsverpflichteten die Unterhaltslast besonders hart trifft; andererseits muû dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muû sich als eindeutig unwirtschaftlich
darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (Senatsurteile vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423 ff. und vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 12/96 - aaO S. 89). Das hat das Oberlandesgericht bisher nicht festgestellt. Soweit danach ein etwaiger Vorteil, welcher der Klägerin aus dem mietfreien Wohnen im eigenen Haus zuwächst, oder der Zinsgewinn, den die Klägerin - im Falle einer Obliegenheit zur Vermögensumschichtung - aus dem in ihrem Eigenheim gebundenen Kapital erzielen könnte, einkommenssteigernd zu berücksichtigen ist, handelt es sich um eheprägendes Einkommen der Klägerin , das nach der Differenzmethode zu berücksichtigen ist und nicht nach der Anrechnungsmethode vom Bedarf der Klägerin in Abzug gebracht werden darf. Das hat das Oberlandesgericht verkannt. Die Parteien haben bereits während der Ehe mietfrei im eigenen Haus gewohnt. Mit dem Auszug der Klägerin und der Veräuûerung ihres Miteigentumsanteils an den Beklagten ist der Wohnvorteil , den die Klägerin aus der mietfreien Mitbenutzung des bis dahin gemeinsamen Hauses der Parteien gezogen hat, nicht ersatzlos entfallen. Er findet sein Surrogat in den Nutzungen, welche die Klägerin aus dem Erlös ihres Miteigentumsanteils am ursprünglich gemeinsamen Haus zieht. Soweit die Klägerin mit diesem Erlös ihr neues Eigenheim finanziert hat, setzt sich der eheprägende Wohnvorteil an dem ursprünglich gemeinsamen Haus der Parteien gegebenenfalls in dem Vorteil fort, welcher der Klägerin aus mietfreiem Wohnen in ihrem neuen Eigenheim zuwächst. Für den Zinsgewinn, den die Klägerin - im Falle einer Obliegenheit zur Vermögensumschichtung - aus dem in ihrem Eigenheim gebundenen Eigenkapital ziehen könnte, gilt, soweit dieses Kapital aus dem Erlös des früheren Miteigentumsanteils stammt, nichts anderes (vgl.
Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 9/89 - FamRZ 1990, 269, 272 unter 3 b) cc) am Ende). Das angefochtene Urteil konnte danach nicht bestehen bleiben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschlieûend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Das Oberlandesgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zum Wohnvorteil der Klägerin getroffen. Die vom Oberlandesgericht angenommene Obliegenheit der Klägerin zur Vermögensumschichtung verlangt, wie gezeigt, zudem eine Abwägung, für welche die erforderlichen Tatsachenfeststellungen (vgl. dazu insbesondere Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 12/96 - aaO) fehlen. Die Sache muû deshalb an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden, damit das Oberlandesgericht die erforderlichen Feststellungen nachholen und die gebotene Abwägung vornehmen kann.

III.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat noch auf folgendes hin: 1. Das Oberlandesgericht hat dem Einkommen des Beklagten den objektiven Nutzungswert des nach dem Auszug der Klägerin und nunmehr beider Töchter von ihm allein bewohnten Hauses als Einkommen zugerechnet. Dieser Wohnwert mindert sich jedoch um Zinsen, die der Beklagte zur Finanzierung des Erwerbs des früheren Miteigentumsanteils der Klägerin aufwenden muû (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - aaO S. 952 m.w.N.). Die erneute Verhandlung gibt dem Beklagten Gelegenheit, seinen Zinsaufwand, dessen Nichtberücksichtigung er mit der Revision gerügt hat, im einzelnen vorzu-
tragen. Zugleich erhält die Klägerin die Möglichkeit, auf ihre Behauptung, das Haus sei zwischenzeitlich veräuûert, zurückzukommen. 2. Berufsbedingte Aufwendungen des Beklagten, die das Oberlandesgericht mit pauschal 260 DM vom Erwerbseinkommen des Beklagten in Abzug bringen will, müssen auch bei der rechnerischen Ermittlung des der Klägerin geschuldeten Unterhalts einkommensmindernd berücksichtigt werden; das Oberlandesgericht hat dies - versehentlich - unterlassen. Hahne Krohn Gerber Weber-Monecke Wagenitz

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 308/01 Verkündet am:
9. Juni 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Abänderung eines Prozeßvergleichs über einen nach § 1581 BGB herabgesetzten
nachehelichen Unterhalt nach Änderung der höchstri chterlichen Rechtsprechung
zur Anrechnungsmethode.

b) Zur Bindungswirkung an eine - nicht vorgenommene - zeitliche Begrenzung oder
Herabsetzung des Anspruchs auf Billigkeitsunterhalt.
BGH, Urteil vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - OLG Düsseldorf
AG Solingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und
den Richter Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Familiensenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über nachehelichen Ehegattenunterhalt. Die am 1. August 1980 geschlossene Ehe der Parteien ist seit dem 17. Juni 1989 rechtskräftig geschieden. Die am 20. September 1981 geborene gemeinsame Tochter N. lebte seit der Trennung der Parteien im Jahre 1987 im Haushalt der Beklagten; seit Frühjahr 2001 unterhält die Tochter eine eigene Wohnung. Der Kläger zahlt für sie monatlichen Unterhalt in Höhe von 825 DM. Der Kläger ist wieder verheiratet; aus dieser Ehe sind die am 20. Februar 1990 geborene Tochter L. und die am 18. August 1991 geborenen Zwillinge J.
und C. hervorgegangen. Die Ehefrau des Klägers ist neben der Kindererziehung erwerbstätig. Am 6. September 1996 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Unterhaltsvergleich , in dem sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte monatlichen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 2.000 DM zu zahlen. Die Parteien hatten folgende Vergleichsgrundlagen festgelegt: Für die Bedarfsberechnung war von dem zugrunde gelegten Einkommen des Klägers i.H.v. 10.500 DM nur der Unterhalt für die Tochter N. i.H.v. seinerzeit 925 DM abzuziehen. Der aus dem so bereinigten Einkommen des Klägers ermittelte eheliche Lebensbedarf der Beklagten i.H.v. 3/7 (= rd. 4.100 DM) wurde um einen trennungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 150 DM erhöht. Die Beklagte verfügte über ein eigenes anrechenbares Einkommen in Höhe von monatlich 1.745 DM, das zu 6/7 (= 1.495 DM) auf ihren Bedarf anzurechnen war, sowie über anrechenbare Zinseinkünfte in Höhe von 230 DM. Wegen der weiteren Unterhaltspflichten des Klägers gegenüber seinen drei Kindern aus zweiter Ehe hatten die Parteien den sich nach § 1581 BGB ergebenden Unterhalt der Beklagten auf monatlich 2.000 DM gekürzt, da dem Kläger 4/7 seines Einkommens (= 5.471 DM) verbleiben sollten. Das Amtsgericht hat die auf Wegfall der Unterhaltspflicht ab dem 1. April 1999 gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Unterhalt zeitlich gestaffelt, zuletzt für die Zeit ab Juli 2002 auf monatlich 1.340 DM, herabgesetzt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die unbeschränkt zugelassene Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, "soweit die zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten und die Anpassung des Vergleichs an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Juni 2001 (FamRZ 2001, 986) in Rede stehen". Letzteres erlangt zwar nur insoweit Bedeutung, als der Kläger einen geringeren Unterhalt für die Zeit ab dem 13. Juli 2001 begehrt, weil Anpassung an die geänderte Rechtsprechung des Senats nur für diese Zeit in Betracht kommt (Senatsurteile BGHZ 148, 368, 381 und BGHZ 153, 358, 360 f.). Da das Oberlandesgericht die Revision aber auch wegen der (unterlassenen) Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zugelassen hat, wirkt sich die Zulassungsfrage auf den gesamten Unterhaltszeitraum aus (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405, 1406).

II.

Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsanspruch der Beklagten für den Zeitraum bis Mai 2001 auf der Grundlage der neuen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse und für die Zeit ab Juni 2001 zusätzlich unter Anwen-
dung der Differenzmethode berechnet, weil ihr gegenwärtiges Erwerbseinkommen als Surrogat der eheprägenden Familienarbeit anzusehen sei und die Zinseinkünfte an die Stelle des während der Ehezeit prägenden mietfreien Wohnens getreten seien. Für die Zeit von April 1999 bis Juni 2001 greift die Revision diese Berechnung nicht an; sie läßt auch keine Rechtsfehler erkennen. Für das Jahr 2001 ist das Berufungsgericht von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen des Klägers nach Abzug des Unterhalts für die gemeinsame Tochter N. in Höhe von 9.042,66 DM und auf Seiten der Beklagten von monatlichen Einkünften in Höhe von 2.319,90 DM sowie weiterer Zinserträge in Höhe von 230 DM ausgegangen. Auf dieser Grundlage hat es für die Zeit ab Juni 2001 einen ungedeckten Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 2.916,18 DM errechnet. Wegen der weiteren Unterhaltspflicht des Klägers für seine drei Kinder aus zweiter Ehe, die sich im Juni auf insgesamt 2.457 DM (3 x 819 DM) und ab Juli 2001 auf monatlich insgesamt 2.532 DM (3 x 844 DM) beläuft, hat das Oberlandesgericht den geschuldeten Unterhalt nach § 1581 BGB im Wege der Billigkeit herabgesetzt. Es hat dem Kläger einen eigenen angemessenen Unterhalt belassen, den es - ausgehend von dem Vergleich - mit 4/7 seines eigenen anrechenbaren Arbeitseinkommens - nach Abzug des Unterhalts für die Tochter N. - d.h. mit 5.167,23 DM bemessen hat. Eine Befristung oder weitere Herabsetzung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB i.V.m. § 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil die Parteien sich in Kenntnis der Verhältnisse auf einen unbefristeten Unterhalt verständigt hätten. Auch die lange Ehedauer mit ehebedingten Nachteilen der Beklagten stehe einer weiteren Begrenzung entgegen. Die Revision macht demgegenüber geltend, dem Kläger müsse in Anknüpfung an den Unterhaltsvergleich der Parteien und unter Berücksichtigung
des Wechsels von der Anrechnungs- zur Differenzmethode ein angemessener Bedarf nach den gesamten ehelichen Lebensverhältnissen, einschließlich des eheprägenden Erwerbseinkommens der Beklagten, verbleiben. Wenn der eheangemessene Bedarf der Beklagten nunmehr nach der Differenzmethode auf der Grundlage des Erwerbseinkommens beider Ehegatten ermittelt werde, müsse dieser Maßstab folgerichtig auch auf den dem Kläger zu belassenden eigenen angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB übertragen werden. Deswegen sei der Kläger nach Billigkeit nur zu geringeren Unterhaltsleistungen verpflichtet, die sich für Juni 2001 auf 216,33 € (= 424,19 DM) und für die Zeit ab Juli 2001 auf monatlich 178,54 € (= 349,19 DM) beliefen. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht auch eine Befristung des Unterhaltsanspruchs abgelehnt. Seit Abschluß des Vergleichs sei eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dadurch eingetreten, daß der Unterhalt der Beklagten jetzt nicht mehr auf § 1570 BGB, sondern nur noch auf § 1573 Abs. 2 und 3 BGB gestützt werde und daß dieser nunmehr nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der Differenzmethode zu ermitteln sei. Auch die Dauer der Ehe stehe einer Befristung nicht entgegen, weil das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu ehebedingten Nachteilen getroffen habe.

III.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Unterhaltsschuld des Klägers an die geänderte Rechtsprechung des Senats angepaßt. Für Prozeßvergleiche über Dauerschuldverhältnisse hat
der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Ände rung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen kann, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Grundlage der Beurteilung in diesen Fällen ist, daß beim Abschluß einer Vereinbarung ein beiderseitiger Irrtum über die Rechtslage das Fehlen der Geschäftsgrundlage bedeuten kann, wenn die Vereinbarung ohne diesen Rechtsirrtum nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen worden wäre. Gleiches gilt, wenn der Geschäftswille der Parteien auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage aufgebaut war. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, welche Verhältnisse die Parteien zur Grundlage ihrer Einigung gemacht haben und von welcher Rechtslage sie ausgegangen sind. Ob und in welcher Weise sodann eine Anpassung an die veränderte Rechtslage erfolgen kann, bedarf einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien. Es genügt nicht, daß ein weiteres Festhalten am Vereinbarten nur für eine Partei unzumutbar erscheint, vielmehr muß hinzukommen, daß das Abgehen vom Vereinbarten der anderen Partei auch zumutbar ist. Dabei ist auch zu beachten , ob die im Vergleich insgesamt getroffenen Regelungen noch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen (Senatsurteil BGHZ 148, 368, 377 f.). 2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht - ausgehend von dem Prozeßvergleich der Parteien - den dem Kläger im Rahmen einer Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB zu belassenden Selbstbehalt auf 4/7 seiner eigenen Erwerbseinkünfte beschränkt. Dabei ist es von der Vereinbarung der Parteien ausgegangen, die - allerdings auf der Grundlage der Anrechnungsmethode und des Unterhaltsbedarfs der Beklagten allein nach den Erwerbseinkünften des Klägers - auch dessen eheangemessenen Selbstbehalt entsprechend ermittelt hat.

a) Zwar ist der eigene angemessene Unterhaltsbedarf des Unterhaltsschuldners grundsätzlich mit dem eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 BGB gleichzusetzen. Das folgt schon aus dem grundsätzlichen Anspruch beider Ehegatten an einer gleichen Teilhabe am verfügbaren Einkommen. Reicht das verfügbare Einkommen allerdings nicht aus, den angemessenen Unterhalt beider Ehegatten zu sichern, kann auch dem Unterhaltspflichtigen nicht stets der volle eheangemessene Unterhalt belassen bleiben; eine Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts eröffnet vielmehr lediglich den Einstieg in eine Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB. Ist der Verpflichtete also nach seinen Erwerbs - und Vermögensverhältnissen bei Berücksichtigung seiner sonstigen Belastungen außerstande, ohne Gefährdung seines eigenen eheangemessenen Unterhalts den vollen nach § 1578 BGB geschuldeten Unterhalt zu leisten, so schlägt der Unterhaltsanspruch des Berechtigten in einen Billigkeitsanspruch um, dessen Umfang das Gericht unter Abwägung der beiden Eheleuten zur Verfügung stehenden Mittel sowie der beiderseits zu befriedigenden Bedürfnisse nach individuellen Gesichtspunkten zu bestimmen hat (Senatsurteil BGHZ 109, 72, 83 f.). Das schließt indessen nicht aus, eine Mindestgrenze zu bestimmen , die grundsätzlich nicht unterschritten werden soll und von den Oberlandesgerichten durchweg bei dem sogenannten notwendigen Selbstbehalt angesetzt wird. Allerdings würde es auch der Billigkeit widersprechen, einem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten im Verhältnis zu dem anderen, dessen Existenzminimum nicht sichergestellt ist, regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Aus dem Erfordernis, die nach § 1581 BGB zu treffende Billigkeitsabwägung jeweils nach den Besonderheiten des Einzelfalles vorzunehmen, ergibt sich andererseits, daß auch der sogenannte große Selbstbehalt im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB nicht regelmäßig als untere Grenze des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenen Betrages gelten kann. Diese Größe kann allenfalls einen Anhalt bieten. Je nach den Umständen des Falles, insbe-
sondere auch den Verhältnissen des Berechtigten, kann der dem Verpflichteten zu belassende Teil seines Einkommens aber auch unter dem großen Selbstbehalt liegen (BGHZ aaO, 84 ff., 86).
b) Die Revision weist deswegen zu Recht darauf hin, daß im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB zunächst ein eigener Unterhaltsbedarf des Klägers zugrunde zu legen ist, der sich nach den gesamten eheprägenden Einkünften und somit auch nach dem - um einen Erwerbstätigenbonus verminderten - Erwerbseinkommen der Beklagten bemißt. Davon ist aber auch das Berufungsgericht ausgegangen, indem es den "vollen angemessenen Bedarf des Klägers“, dessen Gefährdung den Einstieg in die Billigkeitsprüfung eröffnet, mit 6.161,47 DM (4/7 seines eigenen Einkommens = 5.167,23 DM + 3/7 des Einkommens der Beklagten = 994,24 DM) bemessen hat. Zwar sind dem, wie bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten, zusätzlich die hälftigen Zinseinkünfte (115 DM) hinzuzurechnen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als Surrogat an die Stelle des mietfreien Wohnens während der Ehezeit getreten sind und damit auch die Lebensverhältnisse des Klägers geprägt haben. Ein weiterer trennungsbedingter Mehrbedarf - wie bei der Beklagten mit 150 DM berücksichtigt - ist dem allerdings nicht hinzuzurechnen. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats durfte der Tatrichter zwar die Höhe eines trennungsbedingten Mehrbedarfs schätzen, was aber stets einen konkreten Vortrag des betreffenden Ehegatten zu solchen Mehrkosten voraussetzt, der hier fehlt (vgl. Senatsurteile vom 31. Januar 1990 - XII ZR 21/89 - FamRZ 1990, 979, 981 und vom 11. Januar 1995 - XII ZR 122/93 - FamRZ 1995, 346, 347). Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil BGHZ 148, 105) ist schon der Quotenbedarf regelmäßig nach dem gesamten verfügbaren Einkommen zu bemessen, weil auch die Haushaltstätigkeit und Kindererziehung die ehelichen Lebensverhältnisse in einem Umfang geprägt haben, wie er sich aus dem als Surrogat an ihre Stelle getretenen Ein-
kommen ergibt. Neben dem deswegen im Wege der Differenzmethode zu ermittelnden (höheren) Unterhaltsbedarf würde ein konkret zu bemessener zusätzlicher Bedarf eines Ehegatten stets zu einem Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz führen. Weil ein trennungsbedingter Mehrbedarf regelmäßig auch nicht in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt ist, kann er deshalb in der Regel nicht neben dem nach der Differenzmethode ermittelten Quotenbedarf berücksichtigt werden (vgl. Graba FamRZ 2002, 857, 859; Wendl/Gutdeutsch , Unterhaltsrecht 6. Aufl., § 4 Rdn. 432 a; Johannsen/Henrich/Büttner, Eherecht 4. Aufl., § 1578 BGB Rdn. 25 ff.). Zugleich ist damit wegen der geänderten Rechtsprechung des Senats auch die - auf der Grundlage der Anrechnungsmethode vereinbarte - Vergleichsgrundlage insofern entfallen. Letztlich kommt es hier aber nicht darauf an, weil der Kläger keinen Mehrbedarf vorgetragen hat und der Unterhaltsbedarf der Beklagten auch ohne trennungsbedingten Mehrbedarf den vom Berufungsgericht zugesprochenen Unterhalt übersteigt. Vorbehaltlich des unterschiedlich hohen Erwerbstätigenbonus ist somit für beide Parteien von einem gleich hohen Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen auszugehen. Nur weil der Kläger wegen seiner weiteren, die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr prägenden Unterhaltsbelastungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts der Beklagten den vollen eheangemessenen Unterhalt zu zahlen, ist der Unterhaltsanspruch gemäß § 1581 BGB nach Billigkeit zu bestimmen. Dabei verkennt die Revision, daß der dem Unterhaltsschuldner im Rahmen einer Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB zu belassende angemessene Selbstbehalt nicht mit seinem eheangemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 BGB identisch ist. Der Billigkeitsanspruch nach § 1581 BGB ist vielmehr unter Abwägung der beiden Eheleuten zur Verfügung stehenden Mittel, der beiderseits zu befriedigenden Bedürfnisse und der individuellen Verhältnisse zu bestimmen. Danach ist
dem Kläger - auch auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs - jedenfalls kein Selbstbehalt zu belassen, der den vom Berufungsgericht berücksichtigten Betrag von monatlich 5.167,23 DM übersteigt. Denn der dem Kläger nach Abzug des Unterhalts für die gemeinsame Tochter N. und für die drei weiteren Kinder aus zweiter Ehe belassene Betrag übersteigt die der Beklagten verfügbaren Mittel aus Unterhalt und eigenen Einkünften von ca. 3.660 DM monatlich nicht unerheblich. Daran ändert auch die weitere Unterhaltslast des Klägers gegenüber seiner in Teilzeit tätigen zweiten Ehefrau nichts, weil deren Unterhaltsanspruch nach § 1582 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber der Beklagten nachrangig ist. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Parteien dem Kläger in dem abzuändernden Unterhaltsvergleich einen Selbstbehalt in Höhe des vollen - allerdings auf der Grundlage der Anrechnungsmethode ermittelten - eigenen angemessenen Unterhalts belassen hatten. Auch dafür ist mit der Änderung der Rechtsprechung des Senats die Geschäftsgrundlage entfallen. 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB in Verbindung mit § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB abgelehnt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB schon deswegen aus, weil der Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit der Tochter N. und die sich daraus ergebende volle Erwerbsobliegenheit der Beklagten schon bei Abschluss des Vergleichs bekannt gewesen sei und der Beklagten schon damals ein unbefristeter Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zugestanden habe. Gegen eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB spreche außerdem, daß die Beklagte mit der Tochter N. nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut habe. Das hält den Angriffen der Revision stand.
Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist eine Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als behauptet wird, daß die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klagantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen , entstanden seien. Konnte deswegen eine zeitliche Begrenzung des Ehegattenunterhalts bzw. seiner Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Ausgangsverfahrens vorgetragen und geltend gemacht werden, ist eine Abänderungsklage mit dem Ziel einer zeitlichen Unterhaltsbegrenzung bei gleichgebliebenen Verhältnissen wegen § 323 Abs. 2 ZPO unzulässig. Die Entscheidung, einen Unterhaltsanspruch von einem bestimmten Zeitpunkt an aus Billigkeitsgründen zu begrenzen, setzt dabei nicht voraus, daß dieser Zustand bereits erreicht ist. Soweit die betreffenden Gründe schon im Ausgangsverfahren entstanden oder jedenfalls zuverlässig vorauszusehen waren, mußten sie auch im Ausgangsverfahren berücksichtigt werden. Die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung kann dann wegen § 323 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht im Rahmen einer Abänderungsklage nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 104/98 - FamRZ 2001, 905). Da die Parteien im Zeitpunkt des Abschlusses des gerichtlichen Vergleichs bereits seit mehr als sieben Jahren geschieden waren, waren die Gründe , die zu einer Begrenzung des nachehelichen Ehegattenunterhalts führen könnten, schon damals bekannt. Zwar stand der Beklagten seinerzeit neben der mehr als halbschichtigen Berufstätigkeit noch ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1570 BGB zu. Allerdings hatte die gemeinsame Tochter der Parteien schon das 16. Lebensjahr begonnen und der Wegfall dieses Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt stand - für die Parteien erkennbar - unmittelbar bevor (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499). Entsprechend haben die Parteien in dem gerichtlichen Unterhaltsvergleich auch
nicht zwischen Unterhaltsansprüchen nach § 1570 und solchen nach § 1573 BGB unterschieden. Zwar gewinnt die Begrenzung oder Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt aus Billigkeitsgründen durch die Änderung der Rechtsprechung des Senats zur eheprägenden Haushaltsführung ein stärkeres Gewicht. Denn die Haushaltsführung und die Kindererziehung prägen - über den Wert des später an ihre Stelle tretenden Surrogats - die ehelichen Lebensverhältnisse , was zu einem erhöhten Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten und, im Falle hinreichender Leistungsfähigkeit, auch zu einem höheren Unterhaltsanspruch führt (Senatsurteil BGHZ 148, 105 ff.; Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - zur Veröffentlichung bestimmt). Schon bei der erstmaligen Geltendmachung des Unterhalts stellt sich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruches deswegen nunmehr in verstärktem Maße. Waren die zugrunde liegenden Tatsachen - wie hier - aber schon im Zeitpunkt des abzuändernden Vergleichs bekannt, führt allein die geänderte Senatsrechtsprechung insoweit nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Begrenzung des Unterhalts auch wegen der langen Ehedauer abgelehnt. Nach §§ 1573 Abs. 5 Satz 2, 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB stehen die Zeiten der Kindererziehung der Ehedauer gleich. Die Ehe der Parteien dauerte bis zur rechtskräftigen Scheidung schon annähernd neun Jahre. Sodann ist die gemeinsame Tochter N., die seit der Trennung der Parteien im Haushalt der Beklagten lebte, allein von dieser erzogen worden. Das 16. Lebensjahr hat sie ca. acht Jahre nach der rechtskräftigen Ehescheidung erreicht, so daß sich eine gesamte zu berücksichtigende Dauer von ca. 17 Jahren ergibt. Auf dieser Grundlage ist die Billigkeitsentscheidung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Zwar widerspräche es dem Sinn
und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 1573 Abs. 5 BGB, den Billigkeitsgesichtspunkt der "Dauer der Ehe" im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen , von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Begrenzung mehr zugänglich sein sollte. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem, vorbehaltlich stets zu berücksichtigender besonderer Umstände des Einzelfalles, der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhalts"Garantie" und gegen die Möglichkeit zeitlicher Begrenzung des Unterhalts zukommen wird (Senatsurteil vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859). Eine weiter zunehmende Ehedauer gewinnt nach und nach ein Gewicht , das nur bei außergewöhnlichen Umständen eine zeitlichen Begrenzung zulässt (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307, 310; vgl. auch Hahne FamRZ 1996, 305, 307; Wendl/Pauling aaO § 4 Rdn. 592). Die sich hier aus der ca. 17 Jahre dauernden Ehe ergebenden ehebedingten Nachteile hat das Berufungsgericht aufgezeigt. Besondere Umstände , die trotz dieser Feststellungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sprechen könnten, ergeben sich weder aus dem Berufungsurteil, noch zeigt die Revision solche auf.
Zu Recht hat das Berufungsgericht mit den gleichen Erwägungen auch eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruches nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB abgelehnt. Hinzu kommt, daß die Beklagte mit der Tochter N. nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat. Auch das steht nach § 1578 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. BGB einer Befristung des Unterhaltsanspruchs entgegen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Dose

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 119/07 Verkündet am:
28. Januar 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
(in Kraft ab 1. September 2009)

a) Schuldet der Unterhaltspflichtige neben dem unterhaltsberechtigten geschiedenen
Ehegatten auch nachehelich geborenen Kindern oder einem neuen
Ehegatten Unterhalt, sind die neu hinzugekommenen Unterhaltspflichten regelmäßig
auch bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578
Abs. 1 BGB) der geschiedenen Ehe zu berücksichtigen. Soweit ein nachehelicher
Karrieresprung lediglich einen neu hinzugetretenen Unterhaltsbedarf
auffängt, ist das daraus resultierende Einkommen in die Unterhaltsbemessung
einzubeziehen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Dezember
2008 - XII ZR 9/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) In Fällen einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden Leistungen ist die Anschließung
an eine gegnerische Berufung bis zum Schluss der letzten mündlichen
Verhandlung möglich. Dies setzt nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht
voraus, dass die zur Begründung vorgetragenen Umstände erst nach der
letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstanden sind.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2009 - XII ZR 119/07 - OLG Celle
AG Holzminden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Juli 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Abänderung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab Juni 2005.
2
Die 1964 geborene Klägerin und der 1963 geborene Beklagte hatten im Oktober 1992 die Ehe geschlossen. Seit Februar 1997 lebten sie dauerhaft getrennt , seit August 2000 sind sie rechtskräftig geschieden. Die gemeinsamen Kinder H.A., geboren am 1. April 1993, und R.H., geboren am 25. April 1995, leben seit der Trennung bei der Klägerin. Mit gerichtlichem Vergleich vom 28. April 2004 verpflichtete sich der Beklagte, an die Kinder Unterhalt in Höhe von 180 % des Regelbetrags der Regelbetrag-Verordnung abzüglich des anrechenbaren Kindergeldes zu zahlen. In einem weiteren gerichtlichen Vergleich vom 28. Juni 2006 wurde die Unterhaltspflicht des Beklagten für die gemeinsamen Kinder auf 190 % des Regelbetrags der Regelbetrag-Verordnung abzüglich des anrechenbaren Kindergeldes erhöht, wobei sich die Parteien einig waren , dass die Erhöhung einen schulbedingten Sonder- und Mehrbedarf der Kinder erfasst.
3
Mit Scheidungsverbundurteil vom 26. Mai 2000 wurde der Beklagte verurteilt , an die Klägerin nachehelichen Unterhalt einschließlich Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von (1.015 DM =) 518,96 € zu zahlen. Dabei ging das Amtsgericht von einem bereinigten Monatseinkommen des Beklagten nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen, des Kindesunterhalts und eines Erwerbstätigenbonus in Höhe von 2.446,57 DM aus. Von dem Nettoeinkommen der Klägerin in Höhe von 2.175 DM berücksichtigte es wegen überobligationsmäßiger Erwerbstätigkeit nach Abzug berufsbedingter Kosten und eines Erwerbstätigenbonus lediglich 1.238,57 DM.
4
Seinerzeit war der Beklagte als Assistenzarzt tätig. Mit dem Beginn dieser Tätigkeit im Dezember 1991 hatte er zugleich die Facharztausbildung für Innere Medizin begonnen. Diesen Facharzttitel erlangte er am 21. Oktober 1998. Am 1. September 1999 begann er eine weitere Facharztausbildung für Innere Medizin-Kardiologie und gab zugleich seine Praxisvertretung für einen Allgemeinmediziner auf. Nach der rechtskräftigen Scheidung erlangte der Beklagte im Februar 2002 auch diesen Facharzttitel und wurde zum 1. Dezember 2002 als Oberarzt übernommen. Seit April 2005 ist er als Oberarzt in einem anderen Krankenhaus tätig.
5
Der Beklagte ist seit dem 4. Mai 2001 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind seine beiden Kinder M., geboren am 3. September 2001, und J.O., geboren am 15. April 2004, hervorgegangen.
6
Auf die Abänderungsklage hat das Amtsgericht das Verbundurteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von Juni 2005 bis März 2006 in Höhe von insgesamt 1.400,40 € sowie ab April 2006 monatlichen Elementarunterhalt in Höhe von 612 € zuzüglich eines Altersvorsorgeunterhalts in Höhe von 152 € zu zahlen. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Die Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie neben einem Unterhaltsrückstand ab Juni 2005 für die Zeit ab April 2006 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.050 € incl. 200 € Altersvorsorgeunterhalt begehrte, hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen der Klägerin, die ihre Berufungsanträge weiter verfolgt, und des Beklagten, der nach wie vor Klagabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:


I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1821 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zustehe, der den vom Amtsgericht ausgeurteilten rückständigen und laufenden Unterhalt jedenfalls erreiche.
8
Bei der Unterhaltsbemessung sei von dem Einkommen des Beklagten als Oberarzt auszugehen. Zwar würden die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht durch eine unerwartete und vom Normalverlauf erheblich abweichende Entwicklung nach Rechtskraft der Ehescheidung, also einen nachehelichen Karrieresprung, geprägt. Ein solcher Karrieresprung liege aber nicht vor, wenn der Einkommenssteigerung eine Entwicklung zugrunde liege, die aus Sicht im Zeitpunkt der Scheidung mit so hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei, dass die Parteien ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise schon darauf einstellen konnten. Das sei hier der Fall. Der Beklagte habe schon vor der rechtskräftigen Scheidung seinen Facharzttitel für Innere Medizin erworben und auch die weitere Facharztausbildung Innere Medizin -Kardiologie als Voraussetzung der späteren Oberarztstelle bereits begonnen gehabt. Schon Anfang des Jahres 1996 sei der Beklagte im Krankenhaus für die Kardiologie eingeteilt worden, was seine weitere berufliche Entwicklung vorgegeben habe. Schon im Dezember 2002 habe er diese berufliche Entwicklung , die noch in der Ehe angelegt gewesen sei, durch Aufnahme der Oberarztstelle vollendet.
9
Danach ergebe sich für die Zeit ab Juni 2005 ein unterhaltsrelevantes monatliches Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 3.817 € und nach Abzug des Unterhalts für die beiden gemeinsamen Kinder ein für den Ehegattenunterhalt zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 2.871 € für Juni 2005 und von 2.848 € für die Zeit ab Juli 2005. Unterhaltsleistungen an die beiden jüngeren Kinder des Beklagten seien entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht abzusetzen, weil die Ehe der Parteien durch diese erst nachehelich entstandene Unterhaltspflicht nicht geprägt sein könne. Unter Berücksichtigung eines unterhaltsrelevanten Einkommens der Klägerin in Höhe von 1.363 € ergebe sich im Wege der Halbteilung ein Unterhaltsanspruch (incl. Altersvorsorgeunterhalt), der sich für Juni 2005 auf 729 € und für die Zeit ab Juli 2005 auf monatlich 718 € belaufe. Der Beklagte sei auch hinreichend leistungsfähig , zumal ihm nach Abzug der Unterhaltsansprüche seiner vier Kinder und des der Klägerin geschuldeten Unterhalts jedenfalls der notwendige Selbstbehalt verbleibe. Die neue Ehefrau des Beklagten sei gegenüber der Klägerin insoweit nachrangig.
10
Für die Zeit ab Januar 2006 sei eine Steuerstattung an den Beklagten aus dem begrenzten Realsplitting und aus seinen Kinderfreibeträgen zu berücksichtigen , wobei allerdings der Splittingvorteil der neuen Ehe herauszurechnen sei. Für diese Zeit seien deswegen unterhaltsrelevante Einkünfte des Beklagten nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und des Unterhalts für seine beiden ältesten Kinder in Höhe von 3.425 € sowie Einkünfte der Klägerin in Höhe von 1.424 € zu berücksichtigen. Das ergebe einen Unterhaltsanspruch incl. Altersvorsorgeunterhalts in Höhe von 970 €.
11
Für die Zeit ab Juli 2006 sei für die Kinder aus erster Ehe ein Unterhalt in Höhe von 190 % des Regelbetrags zu berücksichtigen, wodurch sich der geschuldete nacheheliche Unterhalt auf monatlich insgesamt 943 € verringere.
12
Für die Zeit ab Januar 2007 belaufe sich das Einkommen des Beklagten einschließlich einer anteiligen Steuerrückerstattung auf monatlich 3.869 €. Unter Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Klägerin in Höhe von monatlich 1.570 € ergebe sich ein Unterhaltsanspruch incl. Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 1.118 €.
13
Für April 2007 sinke der geschuldete Unterhalt auf 1.087 €, weil die Tochter R.H. 12 Jahre alt geworden sei und deswegen einen höheren Unterhaltsbedarf habe. Für Mai und Juni 2007 sei lediglich monatlicher Unterhalt in Höhe von 1.055 € geschuldet, weil die Krankenversicherungsbeiträge für die beiden Kinder aus erster Ehe angestiegen seien. Für die Zeit ab Juli 2007 schulde der Beklagte der Klägerin unter Berücksichtigung des etwas geringeren Kindesunterhalts nach der neuen Düsseldorfer Tabelle nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.060 €. Sämtliche geschuldete Unterhaltsbeträge überstiegen jedenfalls den vom Amtsgericht ausgeurteilten Unterhalt.
14
Im Hinblick auf das Alter der gemeinsamen Kinder sei von der Klägerin gegenwärtig noch keine Ausweitung ihrer halbschichtigen Erwerbstätigkeit zu erwarten. Im Übrigen sei ihr ein Wechsel des langjährigen Arbeitgebers kaum zumutbar. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs komme nicht in Betracht, weil der Beklagte keine entsprechende Widerklage erhoben habe und weil auch die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt seien. Denn die ehebedingten Nachteile der Klägerin durch die zeitweilige Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit dauerten noch auf unabsehbare Zeit an.
15
Die Anschlussberufung der Klägerin sei unzulässig, weil sie entgegen § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht innerhalb der verlängerten Berufungserwiderungsfrist eingegangen, sondern erst in der letzten mündlichen Verhandlung erhoben worden sei. Auch im Rahmen einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen entfalle die Frist nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur dann, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse nach der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz und nach Ablauf der Erwiderungsfrist geändert hätten. Dies sei hier nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Unzulässig sei die Anschlussberufung aber auch deswegen, weil es ihr an der erforderlichen Begründung fehle. Die pauschale Bezugnahme auf die Berufungserwiderung und den gesamten Vortrag in erster und zweiter Instanz sei unzulässig. Der Berufungserwiderung fehle es auch an dem erforderlichen Zahlenwerk und an einer Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil. Auch eine Wiedereinsetzung in die versäumte Anschlussfrist komme nicht in Betracht.
16
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten den Angriffen der Revisionen nicht stand.

II.

17
Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
18
1. Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihre Anschlussberufung in der letzten mündlichen Verhandlung nicht verspätet eingelegt.
19
a) Nach § 521 Abs. 1 ZPO in der bis Ende 2001 geltenden Fassung konnte sich der Berufungsbeklagte einer Berufung anschließen, selbst wenn er auf die Berufung verzichtet hatte oder wenn die Berufungsfrist verstrichen war. Eine Frist für den Anschluss an die Berufung des Gegners sah das Gesetz seinerzeit nicht vor. Erst durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (Zivilprozessreformgesetz BGBl. I S. 1887, 1896, in Kraft seit dem 1. Januar 2002) wurde die Regelung durch § 524 ZPO ersetzt, die eine Anschlussberufung lediglich bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift vorsah (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der bis August 2004 geltenden Fassung). Zur Begründung hatte der Gesetzgeber angeführt , dass mit der Beschränkung des Streitstoffes durch die Umgestaltung des Berufungsverfahrens unter Berücksichtigung des Zwecks der Anschlussmöglichkeit kein Grund bestehe, die Anschließung über den genannten Zeitpunkt hinaus zuzulassen (BT-Drucks. 14/4722 S. 98 f.).
20
Diese gesetzliche Neuregelung ist im Wesentlichen aus zwei Gründen in der Literatur auf Kritik gestoßen. Zum einen wurde kritisiert, dass die knapp bemessene Anschlussfrist nicht verlängert werden konnte, wie es bei der Erwiderungsfrist der Fall ist. Andererseits wurde im Hinblick auf den Zweck der gesetzlichen Regelung kritisiert, dass die Neuregelung keine Möglichkeit der Anpassung belasse, wenn in einem Verfahren auf künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen, wie regelmäßig im Unterhaltsrechtsstreit, eine Anpassung an veränderte Verhältnisse nach Ablauf der Monatsfrist nicht möglich sei (Born FamRZ 2003, 1245, 1246 f.; Gerken NJW 2002, 1095, 1096 f.).
21
Der Gesetzgeber hat diese Kritik aufgenommen und die Vorschrift des § 524 Abs. 2 ZPO durch das erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (1. Justizmodernisierungsgesetz, BGBl. I S. 2198, 2199) erneut geändert. Danach ist eine Anschlussberufung bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Zugleich wurde dem § 524 Abs. 2 ZPO ein weiterer Satz hinzugefügt, wonach diese Frist nicht gilt, "wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat". Zur Begründung dieser erneuten Änderung ist in den Gesetzesmaterialien ausgeführt, die vorherige Regelung habe dazu geführt, dass das Berufungsgericht eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse zugunsten des Berufungsbeklagten nach Ablauf der Anschließungsfrist in seiner Entscheidung nicht mehr berücksichtigen konnte. Praktisch sei diese Konstellation insbesondere im Bereich der unterhaltsrechtlichen Streitigkeiten. Der Berufungsbeklagte habe dann in einem neuen Rechtsstreit auf Abänderung des erstinstanzlichen Titels klagen müssen. Daher sei es notwendig, "dass eine gesetzliche Ausnahme von der Monatsfrist für solche Ausschlussberufungen eingeführt wird, die eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen gemäß § 323 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand haben". Es entspreche der Prozessökonomie, wesentliche Änderungen der für die Höhe der Leistung maßgebenden Umstände nicht erst im Abänderungsverfahren gemäß § 323 ZPO zu berücksichtigen, sondern den Rechts- streit zwischen den Parteien im Berufungsverfahren umfassend zu entscheiden. Es sei daher gerechtfertigt, eine Belastung des Berufungsverfahrens mit einem neuen Streitgegenstand zuzulassen, zumal die strikte Beschränkung der Zulassung neuer Tatsachen im Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO gewährleiste , dass nur solche Änderungen berücksichtigt werden, die erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eingetreten seien und daher nach bisheriger Rechtslage zulässigerweise im Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO hätten geltend gemacht werden können. Die Anschlussberufung , die eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden Leistungen zum Gegenstand habe, sei deswegen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zulässig (BT-Drucks. 15/3482 S. 18).
22
b) Infolge dieser gesetzlichen Neuregelung ist in Rechtsprechung und Literatur streitig geworden, ob die Anschlussfrist im Falle einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO stets entfällt, die Anschlussberufung in solchen Verfahren also immer bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingelegt werden kann, oder ob dies voraussetzt, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz oder sogar seit Ablauf der gesetzlichen Anschlussfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO geändert haben.
23
aa) Teilweise wird vertreten, die Frist für eine Anschlussberufung in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO entfalle gemäß §§ 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur dann, wenn die der Anschlussberufung zugrunde liegenden Umstände erst während der Berufungsinstanz entstanden seien. Denn in § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO werde nicht auf § 258 ZPO (Klage auf wiederkehrende Leistungen), sondern auf § 323 ZPO (Abänderungsklage) verwiesen. Die Abänderungsklage sei aber daran geknüpft, dass eine wesentliche Änderung der seinerzeit maßgeblichen Verhältnisse eintrete. Dieser Umstand sowie die Gesetzesbegründung sprä- chen dafür, eine unbefristete Anschlussberufung auf Fälle zu beschränken, in denen sich die Verhältnisse des Anschlussberufungsklägers während der Berufungsinstanz verändert haben (OLG Nürnberg - 7 UF 244/08 - veröffentlicht bei juris; OLG Düsseldorf FamRZ 2007, 1572; OLG Koblenz FamRZ 2007, 1999 mit Anm. Born NJW 2007, 3363; Born NJW 2005, 3038, 3040; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 305 a; Ehinger /Griesche/Rasch Handbuch Unterhaltsrecht 5. Aufl. Rdn. 916). Dem hat sich auch das Berufungsgericht angeschlossen.
24
bb) Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur wollen die Anschlussberufung im Falle einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen stets unbefristet zulassen. Schon der Gesetzeswortlaut sei bewusst weit gefasst. Eine unbefristete Anschließung setze danach lediglich eine Verurteilung voraus, die "künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen" zum Gegenstand habe. Die Nennung des § 323 ZPO beinhalte keine zusätzliche Einschränkung, weil sich aus dem Gesetz nicht entnehmen lasse, dass eine unbefristete Anschlussberufung nur "unter den Voraussetzungen" des § 323 ZPO zulässig sei. Die Vorschrift sei lediglich ein Hinweis darauf, dass der Begriff der künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen ebenso verstanden werden müsse wie in § 323 ZPO. Auch der Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO in der Gesetzesbegründung könne nicht dazu führen, die unbefristete Anschlussberufung auf nachträgliche Änderungen der zugrunde liegenden Tatsachen zu begrenzen. In Familiensachen gelte für die Zulassung neuer Angriffs - und Verteidigungsmittel ohnehin die wesentlich großzügigere Vorschrift des § 621 d ZPO. Schließlich sei der Gesetzgeber mit der Neuregelung bewusst über die zuvor im Schrifttum erhobene Kritik hinausgegangen und habe eine typisierende Regelung geschaffen, ohne eine Änderung der unterhaltsrelevanten Umstände zu verlangen. Die notwendige Beschränkung des Prozessstoffes sei schon nach Auffassung des Rechtsausschusses durch die strikte Beschränkung der Zulassung neuer Tatsachen gewährleistet. Schließlich sei eine Einschränkung von Verfahrensrechten nur dann wirksam, wenn sie sich eindeutig aus dem Gesetz entnehmen lasse (OLG Koblenz OLGR 2007, 788 f.; Klinkhammer FF 2006, 95, 97; Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rdn. 156; Schnitzler/Klinkhammer Familienrecht 2. Aufl. § 33 Rdn. 47).
25
cc) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
26
Schon der Wortlaut des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO spricht für die Zulässigkeit einer unbefristeten Anschlussberufung, "wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen zum Gegenstand hat". Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 323 ZPO verwiesen wird. Der Verweis kann ebenso als bloße Erläuterung der künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen verstanden werden. Auch der Umstand, dass in § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf § 323 ZPO und nicht auf § 258 ZPO verwiesen wird, lässt keinen anderen Schluss zu. Denn während sich § 258 ZPO lediglich mit der Zulässigkeit einer Klage auf wiederkehrende Leistungen befasst, regelt § 323 ZPO die Abänderung einer solchen Entscheidung, die auch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.
27
Soweit die Gesetzesbegründung auf § 531 Abs. 2 ZPO verweist, lässt sich auch daraus keine Einschränkung der unbefristeten Anschlussberufung bei Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen entnehmen. Denn der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es gerechtfertigt sei, "eine Belastung des Berufungsverfahrens mit einem neuen Streitgegenstand zuzulassen, zumal die strikte Beschränkung der Zulassung neuer Tatsachen im Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO gewährleis- tet" sei. Ist also ein neuer Tatsachenvortrag nach der im Unterhaltsrecht geltenden Vorschrift des § 621 d ZPO nicht mehr zulässig, bedarf es keiner zusätzlichen Frist für die Anschlussberufung, weil sie schon in der Sache keinen Erfolg haben kann. Sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel hingegen noch in zulässiger Weise vorgetragen, spricht der vom Gesetzgeber genannte Grundsatz der Prozessökonomie dafür, die für die Höhe des geschuldeten Unterhalts maßgebenden Umstände nicht einem Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO zu überlassen, sondern den Rechtsstreit zwischen den Parteien schon im Berufungsverfahren abschließend zu entscheiden.
28
Auch der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundsatz der Rechtsmittelklarheit spricht dafür, die Zulässigkeit der Anschlussberufung nicht daran zu knüpfen, dass Abänderungsgründe nach § 323 ZPO schlüssig vorgetragen sind.
29
Schließlich hat der Gesetzgeber auch bei Erlass des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FGG-Reformgesetz, BGBl. I S. 2586, 2603) in Kenntnis der unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur keine abweichende Regelung getroffen. Mit der neu geschaffenen Vorschrift des § 66 FamFG wird im allgemeinen Teil des Familienverfahrensgesetzes eine Anschlussbeschwerde zugelassen, ohne diese zeitlich zu befristen (vgl. BR-Drucks. 309/07 S. 455). Lediglich in § 117 Abs. 2 FamFG wird für Eheund Familienstreitsachen auf die Vorschrift des § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO verwiesen. Auch insoweit ist der Gesetzesbegründung keine zusätzliche Beschränkung des unbefristeten Anschlussrechtsmittels im Sinne einer späteren Änderung der unterhaltsrelevanten Umstände zu entnehmen. Der Gesetzgeber hat sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in Fällen einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen "die Anschlussberufungs- frist gemäß § 524 Abs. 2 ZPO weggefallen" ist (BT-Drucks. 16/6308 S. 225). Die auf einen Vorschlag des Bundesrates zurückgehende endgültige Fassung des § 117 Abs. 2 FamFG unterscheidet innerhalb der Familienstreitsachen ausdrücklich zwischen den Güterrechtssachen und den sonstigen Familiensachen, für "die die Befristung des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO Anwendung" findet, und Unterhaltssachen. Für letztere ist in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses ausdrücklich ausgeführt: "Keine Anwendung findet die Befristung demgegenüber, wie bereits nach geltender Rechtslage, gemäß § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO bei wiederkehrenden Leistungen, insbesondere also in Unterhaltssachen" (BT-Drucks. 16/9733 S. 292).
30
2. Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist die Anschlussberufung der Klägerin auch nicht deswegen unzulässig, weil es ihr an der nach § 524 Abs. 3 ZPO notwendigen Begründung fehlt. Das Berufungsgericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Anschlussberufungsschrift vom 4. Juni 2007 lediglich einen Antrag enthalte und im Übrigen auf die Berufungserwiderung sowie auf das Vorbringen der Klägerin in erster und zweiter Instanz verweise. Zutreffend ist daran zwar, dass eine Berufungsbegründung , die lediglich pauschal auf den Sachvortrag in erster Instanz verweist, die Voraussetzung des § 520 ZPO nicht erfüllt (BGH Urteil vom 9. März 1995 - IX ZR 143/94 - NJW 1995, 1560 f.).
31
a) Das Berufungsgericht verkennt dabei aber, dass die Klägerin sich im Rahmen ihrer Anschlussberufung nicht lediglich auf ihr Vorbringen in erster Instanz , sondern auch auf den Inhalt ihrer Berufungserwiderung bezogen hat. Für eine in zulässiger Weise nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO erst später erhobene Anschlussberufung reicht es aber aus, wenn sie auf einen zweitinstanzlichen Vortrag verweist, der die Voraussetzungen der §§ 524 Abs. 3 Satz 2, 520 Abs. 3 ZPO erfüllt und sich mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt.
Entsprechend kann auch eine schon erhobene Anschlussberufung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs später unter Bezug auf die schon vorliegende Begründung erweitert werden (Senatsurteil vom 6. Juli 2005 - XII ZR 293/02 - FamRZ 2005, 1538, 1539 f.; BGH Urteile vom 29. September 1992 - VI ZR 234/91 - NJW 1993, 269 f. und vom 3. Februar 1954 - VI ZR 40/53 - NJW 1954, 600).
32
b) Eine solche im Berufungsverfahren erforderliche Begründung der Anschlussberufung ist hier aber bereits in der Berufungserwiderung enthalten. Denn neben einer Erwiderung auf die Berufungsangriffe des Beklagten enthält dieser Schriftsatz weiteren Vortrag zu einem höheren Einkommen des Beklagten als vom Amtsgericht berücksichtigt. Entsprechend ist das Berufungsgericht auf der Grundlage des unstreitigen Sachvortrags der Parteien auch tatsächlich von höheren Einkünften ausgegangen, als sie das Amtsgericht berücksichtigt hatte. Während das Amtsgericht für das Jahr 2005 von unterhaltsrelevanten Einkünften des Beklagten nach Abzug des Kindesunterhalts in Höhe von 2.612 € und von Einkünften der Klägerin in Höhe von 1.341 € ausgegangen ist, hat das Oberlandesgericht ein solches Einkommen des Beklagten in Höhe von 2.848 € und der Klägerin in Höhe von 1.363 € festgestellt. Für die Zeit ab 2006 war das Amtsgericht von unterhaltsrelevanten Einkünften des Beklagten in Höhe von 2.902 € und der Klägerin in Höhe von 1.322 € ausgegangen, während das Oberlandesgericht ein solches Einkommen des Beklagten in Höhe von 3.425 € bzw. 3.371 € und der Klägerin in Höhe von 1.424 € zugrunde gelegt hat. Schon dies zeigt, dass auf der Grundlage der Berufungserwiderung der Klägerin hinreichender Sachvortrag zu der von ihr erhobenen Anschlussberufung vorlag.

III.

33
Auch die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
34
1. Zu Unrecht und abweichend von der Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht die Unterhaltspflicht des Beklagten für seine beiden nachehelich geborenen Kinder bei der Bemessung des der Klägerin zustehenden nachehelichen Unterhalts unberücksichtigt gelassen.
35
a) Der Unterhaltsanspruch der Klägerin bemisst sich gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats sind im Rahmen der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse auch spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 9/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23, 24 f. und BGHZ 175, 182, 185 ff. = FamRZ 2008, 968, 971 f.).
36
Ein Unterhaltsberechtigter, der seinen Unterhaltsanspruch von dem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen ableitet, kann nicht auf einen unveränderten Unterhalt vertrauen, wenn das relevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen zurückgeht. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenzen somit erst bei einer Verletzung der nachehelichen Solidarität. Die nacheheliche Solidarität findet ihren Niederschlag insbesondere in den gesetzlichen Unterhaltstatbeständen der §§ 1570 ff. BGB, die trotz des Grundsatzes der Eigenverantwortung gemäß § 1569 BGB aus verschiedenen Gründen zu nachehelichen Unterhaltsansprüchen führen können. Aus der nachehelichen Solidarität der geschiedenen Ehegatten folgt nicht nur die Pflicht zum Einsatz eines vorhandenen Einkommens im Rahmen der nachehelichen Unterhaltsansprüche, sondern auch die Verpflichtung zu einer angemessenen Erwerbstätigkeit. Nur wenn diese nacheheliche Solidarität in unterhaltsrechtlich vorwerfbarer Weise verletzt wird, etwa durch Aufgabe einer Berufstätigkeit, kann abweichend von den tatsächlich gegebenen Verhältnissen ein fiktives Einkommen berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972).
37
b) In konsequenter Fortführung dieser Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen hat der Senat entschieden, dass es sich ebenso auf den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen auswirkt, wenn später weitere Unterhaltsberechtigte hinzutreten. Auf den Rang dieser Unterhaltsansprüche kommt es bei der Bedarfsbemessung grundsätzlich nicht an.
38
Das dem Unterhaltspflichtigen für ihn selbst verbleibende Einkommen wird nicht nur in Fällen eines unverschuldeten Einkommensrückgangs, sondern auch durch die Unterhaltsansprüche später geborener Kinder gemindert. Auch dann erfordert der Halbteilungsgrundsatz eine Berücksichtigung der später entstandenen Unterhaltsansprüche bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse. Weil auch die Berücksichtigung dieser nachehelichen Veränderungen erst dort ihre Grenze findet, wo sie auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht und dies grundsätzlich im Falle einer Unterhaltspflicht für neu hinzutretende Kinder nicht der Fall ist, sind die Unterhaltsansprüche für nachehelich geborene eigene Kinder des Unterhaltspflichtigen (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 973) und für die in seinem Haushalt lebenden adoptierten Kinder (Senatsurteil vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23, 25) bei der Bedarfsermittlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen regelmäßig zu berücksichtigen.
39
2. Nichts anderes gilt nach der Rechtsprechung des Senats, wenn der Unterhaltspflichtige - wie hier - eine neue Ehe eingeht. Auch dann ist für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen grundsätzlich auf die geänderten tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums abzustellen, soweit dies nicht unterhaltsrechtlich vorwerfbar ist. Wie bei der Geburt eines weiteren Kindes kann dem Unterhaltspflichtigen auch seine weitere Unterhaltspflicht für einen neuen Ehegatten nicht vorgeworfen werden.
40
Weil sich die Unterhaltsansprüche eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten somit wechselseitig beeinflussen, ist der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen in solchen Fällen regelmäßig im Wege der Dreiteilung des tatsächlich vorhandenen Einkommens unter Einschluss des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zu bemessen. Lediglich als Obergrenze ist der Betrag zu beachten, der sich ohne die neue Ehe und den sich daraus ergebenden Splittingvorteil als Unterhalt im Wege der Halbteilung ergeben würde (Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 9/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914 ff.).
41
3. Soweit der Beklagte die Berücksichtigung seines gestiegenen Einkommens als Oberarzt beanstandet, haben seine Angriffe gegen das Berufungsurteil allerdings keinen Erfolg.
42
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bleibt bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse eine unerwartete Einkommenssteigerung in Form eines Karrieresprungs unberücksichtigt. Denn wie sich insbesondere aus den §§ 1569, 1574 und 1578 b BGB ergibt, will das Unterhaltsrecht einen geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Im Ausgangspunkt will das Recht des nachehelichen Unterhalts dem unterhaltsberechtigten Ehegatten jedenfalls seinen eigenen angemessenen Unterhalt sichern (§§ 1569, 1574, 1581 BGB). Indem § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB für das Maß des nachehelichen Unterhalts - mit der Begrenzungsmöglichkeit des § 1578 b BGB - darüber hinausgeht und dem Unterhaltsberechtigten einen Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen einräumt, schafft die Vorschrift einen vom Einkommen des besser verdienenden Ehegatten abgeleiteten Maßstab des nachehelichen Unterhalts. Die während der Ehe gelebten Verhältnisse bilden dann aber auch die Obergrenze eines insoweit entstandenen Vertrauens und damit auch des nachehelichen Unterhalts. Weitere Steigerungen des verfügbaren Einkommens sind deswegen grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie schon aus der Sicht des ehelichen Zusammenlebens absehbar waren, nicht aber, wenn der Einkommenszuwachs nach der Trennung der Parteien auf einen Karrieresprung zurückzuführen ist (Senatsurteil BGHZ 171, 206, 214 ff. = FamRZ 2007, 793, 795).
43
b) Die Nichtberücksichtigung nachehelicher Einkommensentwicklungen verliert allerdings dann ihre Rechtfertigung, wenn zugleich nachehelich weitere Unterhaltsberechtigte hinzutreten, die - mit entgegengesetzter Wirkung - den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen mindern. Die beiden Umstände dürfen bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen deswegen nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Soweit also ein nachehelicher Karrieresprung lediglich eine neu hinzugetretene Unterhaltspflicht auffängt, ist das daraus resultierende Einkommen nach der neueren Rechtsprechung des Senats grundsätzlich in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen. Der Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist in solchen Fällen deswegen auf der Grundlage des nach dem Karrieresprung aktuell erzielten Einkommens unter Berücksichtigung der später hinzugekommenen Unterhaltspflichten - im Falle einer Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten im Wege der Dreiteilung (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914 ff.) - zu bemessen (Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 9/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt

).

44
Nur soweit die Einkommensentwicklung infolge des Karrieresprungs darüber hinausgeht und zu einem höheren Unterhalt führen würde, als er sich ohne Karrieresprung und ohne Abzug des Unterhalts für später hinzugetretene Unterhaltsberechtigte ergäbe, kann der Einkommenszuwachs die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen und muss deswegen unberücksichtigt bleiben. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats zur Behandlung des Splittingvorteils aus einer neuen Ehe. Auch insoweit hat der Senat entschieden, dass der Splittingvorteil aus einer neuen Ehe im Rahmen der Dreiteilung bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten grundsätzlich zu berücksichtigen ist, zumal die Unterhaltsbemessung im Wege der Dreiteilung regelmäßig zu einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten führt. Dort wie hier ist als Obergrenze allerdings der Unterhalt zu beachten, der sich ohne den Einkommenszuwachs und ohne die Unterhaltspflicht gegenüber neu hinzugekommenen Unterhaltsberechtigten ergibt (Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 9/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1916).
45
Trotz der neu hinzugetretenen Unterhaltsverpflichtung für die zweite Ehefrau und die beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder darf eine Unterhaltsberechnung auf der Grundlage des gegenwärtigen Einkommens als Oberarzt also nicht zu einem höheren Unterhalt führen, als er sich ergäbe, wenn ohne diese zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen von dem ehezeitlich erzielten Einkommen als Assistenzarzt ausgegangen würde.
46
c) Unabhängig davon bestehen hier aber auch keine Bedenken gegen die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts, wonach sich die Ernennung zum Oberarzt hier als bloße Fortsetzung der schon in der Ehe angelegten Lebensverhältnisse darstellt, auf die sich die Parteien bereits seinerzeit einstellen konnten. Denn der Beklagte hatte seine erste Facharztausbildung zur Inneren Medizin bereits vor der Trennung begonnen und diese noch während der Trennungszeit abgeschlossen. Ebenfalls noch vor der Ehescheidung hatte er seine zweite Facharztausbildung zur Inneren Medizin-Kardiologie begonnen und die früher ausgeübte Praxisvertretung für einen Allgemeinmediziner aufgegeben. Für die Parteien war deswegen absehbar, dass sich die berufliche Stellung des Beklagten auf eine Oberarztstelle am Krankenhaus hin entwickeln würde, was nach den Verhältnissen während der Ehezeit auch nicht mehr unwahrscheinlich war.
47
4. Zu Lasten des Beklagten und entgegen der Rechtsprechung des Senats hat das Oberlandesgericht auch die Leistungsfähigkeit des Beklagten unzutreffend ermittelt.
48
a) Einem Unterhaltspflichtigen muss nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Selbstbehalt verbleiben, der den eigenen notwendigen Bedarf abdeckt und sich zusätzlich nach der konkreten Unterhaltspflicht bemisst. Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen muss einem Unterhaltspflichtigen jeden- falls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet deswegen jedenfalls dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern.
49
Zusätzlich sind bei der Bemessung eines Selbstbehalts, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters ist, die gesetzlichen Vorgaben zu beachten, die sich insbesondere aus dem Wesen der Unterhaltspflicht und der Rangfolge des Anspruchs im Verhältnis zu anderen Unterhaltsberechtigten ergeben. Der Senat hat deswegen bereits ausgeführt, dass er es nicht für vertretbar hält, einem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Eine darin zum Ausdruck kommende Gleichbehandlung des Unterhaltsanspruchs von Ehegatten mit demjenigen minderjähriger Kinder, wie sie für das Rangverhältnis in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. für die Zeit bis Ende 2007 angeordnet war, würde die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB außer Betracht lassen. Der Regelungshindergrund dieser Vorschrift ist darin zu sehen, dass minderjährigen Kindern wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit verschlossen ist, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 ff. = FamRZ 2006, 683, 684).
50
Das gilt für geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten nicht in gleichem Maße, auch nicht wenn es sich um Betreuungsunterhalt handelt. Diesen stärkeren Schutz des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder hat auch der Gesetzgeber durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz betont, indem er in § 1609 Nr. 1 BGB den Unterhalt minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder als gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen , auch gegenüber dem Betreuungsunterhalt nach den §§ 1570, 1615 l Abs. 2 BGB (vgl. insoweit § 1609 Nr. 2 BGB), vorrangig ausgestaltet hat. Gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt muss dem Beklagten deswegen ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber dem Unterhaltsanspruch des gemeinsamen minderjährigen Kindes nicht unerheblich übersteigt (Senatsurteil vom 19. November 2008 - XII ZR 51/08 - zur Veröffentlichung bestimmt).
51
5. Auch soweit das Berufungsgericht keine über die gegenwärtig ausgeübte halbschichtige Erwerbstätigkeit hinausgehende Erwerbspflicht der Klägerin angenommen hat, hält dies den Angriffen der Revision des Beklagten nicht stand.
52
a) Soweit das Berufungsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung allerdings über einen nachehelichen Betreuungsunterhalt für die Zeit bis Ende 2007 zu entscheiden hatte, bestehen gegen die eingeschränkte Erwerbspflicht keine Bedenken. Denn nach § 36 Nr. 7 EGZPO bleibt für diese Unterhaltsansprüche trotz der durch das Unterhaltsrechtsreformgesetz zum 1. Januar 2008 geänderten gesetzlichen Regelung das frühere Recht weiterhin anwendbar, das in § 1570 BGB einen Betreuungsunterhalt vorsah, "solange und soweit von dem geschiedenen Ehegatten wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden" konnte.
53
Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelung hatten Rechtsprechung und Literatur ein Altersphasenmodell entwickelt, das für die Zeit bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des Kindes grundsätzlich nur eine halbschichtige Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils vorsah. Diese Rechtsprechung ist auch aus verfassungsrechtlicher Sicht bis zum Inkrafttreten der Neuregelung Anfang 2008 hinzunehmen (BVerfG FamRZ 2007, 965, 973). Weil die gemeinsamen Kinder der Parteien im April 1993 und April 1995 geboren sind, musste die Klägerin jedenfalls bis Ende 2007 keiner über ihre halbschichtige Erwerbstätigkeit hinausgehenden Berufstätigkeit nachgehen.
54
b) Für die Zeit ab 2008 hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt in § 1570 BGB allerdings grundlegend umgestaltet (vgl. insoweit Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1747). Durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I 3189) sind der nacheheliche Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) und der Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) weitgehend angeglichen worden. Auch der nacheheliche Betreuungsunterhalt ist nunmehr auf einen regelmäßigen Anspruch bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes begrenzt und kann lediglich aus Billigkeit unter Berücksichtigung kind- oder elternbezogener Gründe verlängert werden. Damit hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Neuregelung ist zu prüfen, ob der Klägerin auch für die Zeit ab Januar 2008 noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zusteht. Im Hinblick darauf muss den Parteien Gelegenheit gegeben werden, zu den Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach neuem Recht ergänzend vorzutragen.
55
c) Soweit der Klägerin für die Zeit ab Januar 2008 kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt mehr zusteht, könnte sich noch ein Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB oder ein solcher auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB ergeben. Dann wird das Berufungsgericht allerdings zu prüfen haben, ob eine Begrenzung oder Befristung dieses Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB in Betracht kommt. Auch insoweit wird das Berufungsgericht den Parteien im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag geben müssen.

IV.

56
Das Berufungsurteil ist deswegen auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten aufzuheben. Das Verfahren ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , weil noch weitere Tatsachenfeststellungen erforderlich sind und der Senat deswegen nicht abschließend entscheiden kann.
57
Das Berufungsgericht wird bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen auch die Unterhaltspflichten des Beklagten für seine zweite Ehefrau und die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder zu berücksichtigen haben. Zum Ausgleich dieser nachehelich entstandenen weiteren Unterhaltspflichten wird es auf der Grundlage des gegenwärtig erzielten Einkommens auch den Splittingvorteil des Beklagten aus seiner neuen Ehe zu berücksichtigen haben.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Holzminden, Entscheidung vom 28.09.2006 - 12 F 269/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 18.07.2007 - 15 UF 236/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 62/07 Verkündet am:
1. Oktober 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten
nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist
sowohl der Unterhaltsbedarf eines vom Unterhaltspflichtigen nachehelich
adoptierten Kindes als auch der Unterhaltsbedarf seines neuen Ehegatten
zu berücksichtigen (im Anschluss an die Senatsurteile vom 6. Februar 2008
- XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971 f. und vom 30. Juli 2008 - XII ZR
177/06 - FamRZ 2008, 1911).

b) Der Wohnvorteil an der Familienwohnung setzt sich nach einem Verkauf
des Grundstücks an den Zinsen aus dem Verkaufserlös und, bei Einsatz
des Erlöses für den Erwerb eines neuen Grundstücks, an dem neuen
Wohnvorteil fort. Kommt ein neuer Wohnvorteil nicht in Betracht, weil die
Zinsbelastung der zusätzlich aufgenommenen Kredite den objektiven
Wohnwert übersteigt, ist zu prüfen, ob eine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung
besteht (im Anschluss an die Senatsurteile vom 1. Dezember
2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161 und vom 3. Mai 2001
- XII ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1143).
BGH, Urteil vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - OLG Celle
AG Peine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 11. April 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden wurde. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten noch um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Dezember 2005.
2
Sie waren von Januar 1978 bis zur rechtskräftigen Ehescheidung im Juni 2004 verheiratet. Für den während der Ehe im Februar 1987 geborenen gemeinsamen Sohn hat der Beklagte bis einschließlich Dezember 2005 Unterhalt gezahlt.
3
Die Klägerin ist vollzeitig im öffentlichen Dienst berufstätig und erzielt ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen, das sich nach Abzug des Erwerbstätigenbonus im Jahre 2005 auf 1.385 € und im Jahre 2006 auf 1.297 € belief und seit 2007 1.174 € beträgt.
4
Der Beklagte ist als Verwaltungsangestellter tätig und erzielt seit 2006 ein jährliches Bruttoeinkommen in Höhe von 49.582,94 €. Er hat am 28. Dezember 2004 erneut geheiratet und mit Beschluss vom (richtig) 1. Juli 2005 die am 8. Juni 1998 geborene Tochter seiner Ehefrau adoptiert. Die Ehefrau ist halbtags ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig.
5
Während ihrer Ehe wohnten die Parteien in einem Einfamilienhaus des Beklagten, das dieser nach der Trennung im Jahre 2004 veräußerte. Von dem Verkaufserlös blieben dem Beklagten nach Abzug der Verbindlichkeiten 97.000 €. Der Beklagte hat davon trennungsbedingte Kosten in Höhe von 3.000 €, Kosten des Scheidungsverfahrens in Höhe von gerundet 7.150 € sowie ein Restdarlehen in Höhe von gerundet 9.660 € beglichen. Den Restbetrag hat er überwiegend für den Bau eines Einfamilienhauses, das er mit seiner neuen Familie bewohnt, verwendet. Der Wohnwert dieses Hauses mit einer Wohnfläche von 140 m² übersteigt die Zinsbelastungen aus den zusätzlich aufgenommenen Krediten nicht.
6
Die Klägerin erhielt als Zugewinnausgleich einen Betrag in Höhe von 53.000 €. Damit hat sie verschiedene Kosten getragen u.a. für den Kauf eines Pkw, Gerichtskosten, einen Eigenanteil an Zahnarztkosten, die Rückzahlung eines Darlehens sowie Zuwendungen und Schuldentilgung für ihre Kinder. Das Vermögen ist nach ihrem Vortrag bis auf einen Rest von 6.000 € verbraucht.
7
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, an sie für die Zeit ab Dezember 2005 Unterhalt in gestaffelter Höhe, zuletzt ab Januar 2007 in Höhe von 237 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

9
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1818 veröffentlicht ist, hat der Klage für die Zeit ab Dezember 2005 teilweise stattgegeben.
10
Das unterhaltsrelevante Erwerbseinkommen des Beklagten sei nicht um einen Vorteil mietfreien Wohnens oder um fiktive Zinseinkünfte zu erhöhen. Zwar setzte sich der Vorteil des mietfreien Wohnens aus der Ehezeit über die Zinseinkünfte aus dem Veräußerungserlös auch an einer mit diesem Erlös neu erworbenen Immobilie fort. Dieser Nutzungsvorteil komme hier aber nicht zum Tragen, weil die Zinsbelastung durch die zusätzlich aufgenommenen Kredite die objektive Marktmiete überschreite. Ebenso seien auch dem Erwerbseinkommen der Klägerin nur die tatsächlich vorhandenen Zinseinkünfte hinzuzurechen. Weitere fiktive Zinseinkünfte seien auch bei ihr nicht zu berücksichtigen, weil sie den wesentlichen Teil des Zugewinns nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig , mutwillig oder in Benachteiligungsabsicht verbraucht habe.
11
Vom Erwerbseinkommen des Beklagten sei der bis Dezember 2005 an den gemeinsamen Sohn gezahlte Kindesunterhalt abzusetzen. Unterhaltszahlungen für die im Juli 2005 adoptierte Tochter seien hingegen nicht zu berücksichtigen. Zwar habe der Bundesgerichtshof sich von seiner früheren Rechtsprechung , wonach die Rechtskraft der Ehescheidung eine zeitliche Zäsur für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bilde, inzwischen distanziert und auch nacheheliche Entwicklungen in die Unterhaltsberechnung einbezogen. Das Berufungsgericht folge allerdings weiterhin der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, weil es dessen neue Auffassung nicht teile.
12
Der Adoption des Kindes seiner neuen Ehefrau fehle schon jeglicher Bezug zu der tatsächlichen Lebensgemeinschaft der Parteien. Verzichte man auf diese Anknüpfung, müssten auch sonstige nachehelich eingegangene Verbindlichkeiten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt werden. Zudem halte der Bundesgerichtshof auch bei nachehelichen Einkommensverbesserungen daran fest, dass diese zumindest ihre Wurzeln in den ehelichen Lebensverhältnissen haben müssten. Die nacheheliche Geburt eines Kindes sei zudem nicht mit einer Reduzierung des unterhaltsrelevanten Einkommens vergleichbar, weil jeder Bezug zur früheren Ehe oder ein "Angelegtsein" fehle. Zwar sei der Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht statisch i.S. eines starren Stichtagsprinzips zu betrachten, weil auch gewöhnliche Einkommensänderungen oder ein Steuerklassenwechsel zu berücksichtigen seien. Auch dabei müsse aber stets ein Bezug zur Ehe bestehen, sei es auch nur als Folge der Trennung oder der Ehescheidung. Auch der Splittingvorteil sei deswegen einer neuen Ehe vorbehalten. Anderenfalls hätte der Unterhaltspflichtige es in der Hand, den Bedarf eines geschiedenen Ehegatten zu beeinflussen. Hier habe die Klägerin schon deswegen nicht mehr mit weiteren unterhaltsberechtigten Kindern rechnen müssen, weil sich der Beklagte während der ersten Ehe habe sterilisieren lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne der Unterhaltspflichtige seiner geschiedenen Ehefrau auch nicht die Unterhaltsleistungen entgegenhalten, die er einem Stiefkind in seiner neuen Ehe erbringe.

II.

13
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14
1. Die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) entspricht nicht der - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - neueren Rechtsprechung des Senats.
15
a) Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten allerdings lediglich von dessen Erwerbseinkommen ausgegangen ist und dem weder ein fiktives Zinseinkommen noch einen Wohnvorteil hinzugerechnet hat, was die Revision als ihr günstig nicht angreift. Dies ist - worauf es im Weiteren auch ankommt - aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
16
aa) Zwar ist der Vorteil mietfreien Wohnens als Gebrauchsvorteil i.S. des § 100 BGB grundsätzlich dem unterhaltsrelevanten Einkommen hinzuzurechnen. Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten, bemisst sich der Gebrauchsvorteil grundsätzlich nach der objektiven Marktmiete. Wenn - wie hier - nur ein früherer Ehegatte Eigentümer ist und wegen einer ehevertraglichen Vereinbarung oder nach Zustellung des Scheidungsantrags ein weiterer Vermögenszuwachs nicht mehr ausgeglichen wird, können von dem Wohnvorteil lediglich die damit verbundenen Zinsbelastungen, nicht aber ein Tilgungsanteil abgesetzt werden (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 964 ff.).
17
Wurde die frühere Ehewohnung veräußert, treten an die Stelle des Nutzungsvorteils die Vorteile, die der frühere Eigentümer in Form von Zinseinkünften aus dem Erlös des Eigentums zieht oder ziehen könnte (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161). Hier hat der Beklagte die aus dem Verkauf seines früheren Einfamilienhauses erlangten 97.000 € allerdings in den Bau eines neuen Einfamilienhauses investiert und erzielt deswegen daraus keine Zinseinkünfte mehr. Zwar setzt sich der eheliche Wohnvorteil in solchen Fällen auch an dem daraus erwachsenen Wohnvorteil an dem neu erworbenen Eigentum fort. Weil die Zinsbelastung aus den zusätzlich aufgenommenen Krediten für das neue Einfamilienhaus aber den objektiven Wohnvorteil des neuen Hauses übersteigt, verbleibt dem Beklagten daraus gegenwärtig kein Gebrauchsvorteil.
18
bb) Im Ergebnis ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht dem Beklagten keine fiktiven Zinsen zugerechnet hat.
19
Der Vorteil, der einem Ehegatten aus dem mietfreien Wohnen im eigenen Haus zuwächst und der deshalb bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens dieses Ehegatten zu berücksichtigen ist, bemisst sich grundsätzlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Für die Ermittlung der dem Beklagten zufließenden Einkünfte ist deshalb grundsätzlich von dessen tatsächlichem , um seinen Zinsaufwand geminderten Wohnvorteil auszugehen. Zwar kann einen Ehegatten die Obliegenheit treffen, sein in einem Eigenheim gebundenes Vermögen zur Erzielung höherer Erträge umzuschichten. Ob eine solche Obliegenheit zur Vermögensumschichtung besteht, bestimmt sich jedoch nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, auch der beiderseitigen früheren wie jetzigen Wohnverhältnisse , der Belange des Unterhaltsberechtigten und der des Unterhaltspflichtigen gegeneinander abzuwägen sind. Es kommt einerseits darauf an, ob der Unterhaltsberechtigte den Unterhalt dringend benötigt oder die Unterhaltslast den Unterhaltspflichtigen besonders hart trifft; andererseits muss dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der betreffende Ehegatte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (Senatsurteile vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951, vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1143, vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1162 und vom 23. November 2005 - XII ZR 51/03 - FamRZ 2006, 387, 391; vgl. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 429 ff.).
20
Hier hat der Beklagte den nach Abzug eines Restdarlehens, der Kosten des Scheidungsverfahrens und weiterer trennungsbedingter Kosten noch verbliebenen Verkaufserlös für den Erwerb des neuen Einfamilienhauses eingesetzt , dessen Wohnvorteil durch die hohe weitere Zinsbelastung neutralisiert wird. Dabei hat der Beklagte nur einen sehr geringen Anteil der Kosten für den Erwerb des Einfamilienhauses aufgebracht. Denn nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts musste der Beklagte zur Finanzierung weitere Darlehen mit einer Gesamtsumme von 250.000 € aufnehmen. Bei der Billigkeitsabwägung konnte andererseits nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch die Parteien während ihrer Ehezeit in dem Einfamilienhaus des Beklagten lebten und durch dessen Wertentwicklung ein nicht unerheblicher Zugewinn entstanden ist. Entscheidend ist allerdings, dass auch die Klägerin die im Zugewinnausgleich erhaltenen 53.000 € überwiegend nachehelich verbraucht und das Oberlandesgericht ihr deswegen lediglich Zinseinkünfte aus den noch vorhandenen 6.000 € zugerechnet hat. Unter Berücksichtigung aller Umstände und des Entscheidungsspielraums des Beklagten als Vermögensinhaber ist es deswegen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn das Oberlandesgericht dem Beklagten keine fiktiven Vermögenseinkünfte zugerechnet hat.
21
b) Soweit das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner nachehelich adoptierten Tochter unberücksichtigt gelassen hat, hält dies den Angriffen der Revision allerdings nicht stand.
22
aa) Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsbezogen schuldhaftem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen Fällen von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die neue Unterhaltspflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971 f.).
23
An dieser - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht und in der Literatur geäußerten Bedenken (vgl. Maurer Anm. zu dem Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 975 ff.) fest. Ein Bezug des nachehelichen Rückgangs der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu den Lebensverhältnissen der früheren Ehe ist nicht erforderlich. Eine Begrenzung ergibt sich lediglich durch die nacheheliche Solidarität der früheren Ehegatten, was ein unterhaltsrechtlich schuldhaftes Verhalten ausschließt. Soweit der Rückgang des verfügbaren Einkommens auf höhere Belastungen zurückzuführen ist, entsprach dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon der früheren Rechtsprechung des Senats. Waren solche nachehelich eingegangenen Verbindlichkeiten nicht in unterhaltsrechtlich vorwerfbarer Weise herbeigeführt, sondern z.B. auf Krankheits- oder Unfallkosten zurückzuführen , wurden sie auch berücksichtigt. Schließlich weist das Berufungsgericht selbst zutreffend darauf hin, dass auch in der früheren Rechtsprechung das Stichtagsprinzip nicht grenzenlos durchgehalten wurde. Gewöhnliche Einkommensänderungen oder der Wegfall von Belastungen, wie z.B. des Kindesunterhalts , wurden stets bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt. Soweit das Berufungsgericht darauf hinweist, dass es der Unterhaltspflichtige damit in der Hand habe, den Bedarf eines geschiedenen Ehegatten zu beeinflussen, überzeugt dieses Argument nicht, weil solches auch dann der Fall wäre, wenn mit der früheren Rechtsprechung auf die Rechtskraft der Ehescheidung als Stichtag abgestellt würde. Auch dann konnte der unterhaltspflichtige Ehegatte nach der Trennung und vor der Rechtskraft der Scheidung einem weiteren Kind unterhaltspflichtig werden (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.). Schließlich schließt die mit einer weiteren Unterhaltspflicht entstandene eigene Belastung des Unterhaltspflichtigen einen finanziellen Vorteil aus. Die Rechtsprechung des Senats stellt vielmehr darauf ab, dass der durch die weitere Unterhaltspflicht entstandene finanzielle Nachteil aus Gründen der Halbteilung nicht allein dem Unterhaltspflichtigen verbleibt.
24
bb) Danach ist bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin auch die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner nachehelich adoptierten Tochter zu berücksichtigen.
25
Ein Vertrauen des Unterhaltsberechtigten in die Fortgeltung der früheren Verhältnisse ist nach der Rechtsprechung des Senats, die eine Lebensstandardgarantie ablehnt und allein auf die zusätzlich entstandene - unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbare - Verpflichtung abstellt, nicht geschützt. Deswegen kann auch die nacheheliche Adoption eines minderjährigen Kindes kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten begründen; sie zieht im Interesse des Kindeswohls lediglich die Konsequenzen aus den schon entstandenen persönlichen Verhältnissen. Denn § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt für die Annahme eines minderjährigen Kindes voraus, dass sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern -Kind-Verhältnis entsteht. Schon diese Voraussetzung und das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung nach § 1752 BGB schließen es aus, dass die Adoption allein mit dem Ziel ausgesprochen wird, die Unterhaltsansprüche eines geschiedenen Ehegatten zu kürzen. Deswegen unterscheidet sich die Annahme eines minderjährigen Kindes aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht von der Zeugung eines Kindes in einer neuen Lebensgemeinschaft.
26
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts liegt darin auch kein Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats, wonach Unterhaltsleistungen an ein Stiefkind in einer neuen Ehe unberücksichtigt bleiben. Denn wenn der Unterhaltspflichtige das Kind seines Ehegatten nicht adoptiert, entstehen zwischen ihm und dem Kind auch keine familiären Beziehungen, insbesondere keine Unterhaltspflicht. Die Unterhaltsleistungen erfolgen in solchen Fällen allein auf freiwilliger Basis, was nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1820).
27
c) Von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent hat das Berufungsgericht auch die Unterhaltslast des Beklagten für seine neue Ehefrau unberücksichtigt gelassen. Auch das widerspricht der neueren Rechtsprechung des Senats.
28
Wenn der Unterhaltsschuldner eine neue Ehe eingeht, kann die neu hinzugekommene Unterhaltspflicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines früheren Ehegatten nicht unberücksichtigt bleiben. Denn das würde dazu führen, dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug seiner weiteren Unterhaltspflicht für den eigenen Unterhalt verbleibende Einkommen übersteigt, was nur im Rahmen des Selbstbehalts korrigiert werden könnte. Eine weitere Unterhaltspflicht, die den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen unberührt lässt, würde deswegen zwangsläufig gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoßen.
29
Weil die neue Heirat des Beklagten unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar ist, muss auch die dadurch ausgelöste Unterhaltspflicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin berücksichtigt werden. Dabei kommt es nach der neueren Rechtsprechung nicht darauf an, ob die hinzugetretene Unterhalts- pflicht für einen neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten vor-, gleich- oder nachrangig ist. Denn der Rang des Unterhaltsanspruchs wirkt sich erst über die Leistungsfähigkeit im Mangelfall aus (Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1913 ff.).
30
Danach wird das Berufungsgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien auch einen eventuellen Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Beklagten feststellen und im Wege der Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung der Klägerin berücksichtigen müssen.
31
d) Auch soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Klägerin auf der Grundlage des Erwerbseinkommens des Beklagten ohne den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe bemessen hat, hält dies der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
32
Zwar hatte der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Vergangenheit entschieden, dass der Splittingvorteil einer neuen Ehe verbleiben müsse und der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten deswegen auf der Grundlage eines fiktiv zu ermittelnden Einkommens ohne den Splittingvorteil zu bemessen sei (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819). Diese Rechtsprechung hat der Senat allerdings - nach Erlass des angefochtenen Urteils - unter Hinweis auf seine neuere Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen für Fälle konkurrierender Unterhaltsansprüche eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten fortentwickelt. Wenn der Bedarf des neuen Ehegatten als weitere Unterhaltspflicht auch den fortgeschriebenen Bedarf des geschiedenen Ehegatten beeinflusst, was im Wege der Dreiteilung zu bemessen ist, führt die neue Ehe stets zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegat- ten. Dann ist es ausreichend, den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten im Wege einer Kontrollberechnung auf die Höhe zu begrenzen, die bestünde , wenn weder die neue Ehefrau noch der durch diese Ehe entstandene Splittingvorteil vorhanden wäre (Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1916 f.).
33
Das Berufungsgericht wird das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten deswegen auf der Grundlage der tatsächlichen steuerlichen Verhältnisse feststellen müssen. Weil die Klägerin vollschichtig arbeitet und lediglich Aufstockungsunterhalt begehrt, die neue Ehefrau des Beklagten aber lediglich halbtags berufstätig ist, dürfte die neue Rechtsprechung des Senats zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin führen, was die Kontrollberechnung hier erübrigt.
34
e) Auch das eigene Einkommen der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht vollständig rechtsbedenkenfrei festgestellt. Zwar ist es aus revisionsrechtlicher Sicht im Ansatz nicht zu beanstanden, wenn es von den tatsächlich vorhandenen Erwerbseinkünften und den vorhandenen Zinseinkünften ausgegangen ist (Senatsurteil vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989, 991). Es hätte aber im Hinblick auf das ursprünglich vorhandene Vermögen aus dem Zugewinnausgleich nicht lediglich pauschal, sondern individuell prüfen müssen, ob alle im Berufungsverfahren vorgetragenen Ausgaben aus unterhaltsrechtlicher Sicht hinzunehmen sind. Anderenfalls hätte es der Klägerin wegen eines weiteren Teilbetrags des erhaltenen Zugewinnausgleichs fiktive Zinseinkünfte zurechnen müssen.
35
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist von den tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen während des Unterhaltszeitraums auszugehen. Eine Grenze dafür bildet auch für den Unterhaltsberechtigten le- diglich ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972). Ob ein solches Verhalten vorliegt, wird das Oberlandesgericht hinsichtlich aller behaupteten Ausgaben prüfen müssen. Soweit die Revision diesbezüglich schon einen Widerspruch im Vortrag der Klägerin erkennt, lässt dieser sich allerdings damit erklären , dass erstinstanzlich (noch 23.000 € vorhanden) nur Ausgaben bis Juli 2006 berücksichtigt werden konnten, während der zweitinstanzliche Vortrag (noch 6.000 € vorhanden) weitere Ausgaben in der Folgezeit in Höhe von insgesamt 12.652,48 € erfasst. Schließlich liegt dem zweitinstanzlichen Vortrag die Rechtsauffassung zugrunde, dass auch kleinere Ausgaben aus diesem Vermögen beglichen werden durften.
36
Im Rahmen der gebotenen Billigkeitsprüfung wird das Oberlandesgericht aber auch auf die Gesamtumstände abzustellen haben und ist nicht gehindert, den Umstand mit einzubeziehen, dass auch der Beklagte aus seinem Veräußerungserlös gegenwärtig keine Erträge erzielt und sich der wechselseitige Fortfall der Vermögensgewinne jedenfalls nicht zugunsten der Klägerin auswirkt.
37
2. Sollte der Beklagte auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats zur Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte mit der Grenze einer Halbteilung des Einkommens der Parteien ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils nicht alle Unterhaltsansprüche befriedigen können, wird das Berufungsgericht zusätzlich den Rang der Unterhaltsansprüche der Klägerin und der neuen Ehefrau des Beklagten berücksichtigen müssen.
38
Für die Unterhaltsansprüche bis Ende 2007, auf die noch das frühere Unterhaltsrecht anwendbar ist (§ 36 Nr. 7 EGZPO), dürfte deswegen nach § 1582 Abs. 1 BGB a.F. von einem Vorrang der Unterhaltsansprüche der Klägerin auszugehen sein. Für die Zeit ab Januar 2008 wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau im Hinblick auf das Alter der am 8. Juni 1998 geborenen Tochter noch als Betreuungsunterhalt in den zweiten Rang nach § 1609 Nr. 2 BGB fällt und ob für die Klägerin ehebedingte Nachteile entstanden sind, die ebenfalls für einen Rang ihres Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt nach § 1609 Nr. 2 BGB sprechen könnten (Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1917 f.).
39
3. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zum unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des Beklagten unter Einschluss des Splittingvorteils und - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - auch nicht zum konkurrierenden Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Beklagten getroffen hat. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, insoweit mit Blick auf den Unterhaltsbedarf der Klägerin und den Rang der Unterhaltsansprüche ergänzend vorzutragen. Hahne Weber-Monecke Fuchs Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Peine, Entscheidung vom 12.09.2006 - 20 F 25/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 11.04.2007 - 15 UF 221/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 14/06 Verkündet am:
6. Februar 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen
(§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere Änderungen des
verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig
davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder
Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung aufseiten des Unterhaltspflichtigen
oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist.

b) Das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als
er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne
die Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren
Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren,
nicht aber z.B. ein Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs.

c) Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens
findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsrechtlich
leichtfertigem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen
auszugehen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner
Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen
Fällen von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die
neue Unterhaltspflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu
berücksichtigen.
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - OLG Karlsruhe
AG Heidelberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten noch um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts, Abänderung einer Jugendamtsurkunde über den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 3 sowie um Rückzahlung überzahlten Unterhalts einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung.
2
Der Kläger und die Beklagte zu 1 sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die am 9. November 1993 geborene Beklagte zu 2 und die am 29. Juli 1986 geborene Beklagte zu 3 hervorgegangen. Die Kinder leben noch bei ihrer Mutter.
3
Am 9. Juli 1999 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 1 einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Kläger zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts und - für den Fall der Scheidung - monatlichen nachehelichen Unterhalts in Höhe von 754 DM verpflichtete. Dabei gingen sie davon aus, dass der Kläger für die Beklagte zu 2 monatlich 522 DM und für die Beklagte zu 3 monatlich 618 DM jeweils abzüglich hälftigen Kindergeldes als Kindesunterhalt zahlt. Sie waren sich weiter darüber einig, dass die Beklagte zu 1 bis einschließlich Juli 2003 monatlich 1.000 DM netto anrechnungsfrei hinzuverdienen durfte und dass für diesen Zeitraum unmaßgeblich sein sollte, ob die Beklagte zu 1 in einer neuen Partnerschaft lebte. Für die Zeit ab August 2003 sollten sie hieran nicht mehr gebunden sein.
4
Der Kläger ist seit Juni 2000 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist am 11. Juli 2001 eine weitere Tochter hervorgegangen. Der Kläger wohnt mit seiner neuen Ehefrau und seiner jüngsten Tochter mietfrei in einem Haus der neuen Ehefrau.
5
Mit Vergleich vom 6. Februar 2002 änderten der Kläger und die Beklagte zu 1 den Unterhaltsvergleich vom 9. Juli 1999 ab. Der nacheheliche Unterhalt wurde auf monatlich 333 € herabgesetzt; im Übrigen sollte es bei der Grundlage des Vergleichs vom 9. Juli 1999 verbleiben.
6
Mit Jugendamtsurkunden vom 27. Februar 2002 erkannte der Kläger seine Unterhaltspflicht gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 in Höhe von 107 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe an.
7
Für die Zeit bis einschließlich Januar 2005 wurden auf den nachehelichen Unterhalt der Beklagten zu 1 monatlich 333 € beigetrieben. Ab Februar 2005 zahlte der Kläger an die Beklagten monatlich 568 €, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 249 € auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 2, 219 € auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 3 und 100 € auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 entfielen. Darüber hinaus hinterlegte der Kläger auf die Unterhaltsansprüche der Beklagten bei deren Prozessbevollmächtigten monatlich 287 €.
8
Mit der Klage hat der Kläger zuletzt den Wegfall seiner nachehelichen Unterhaltspflicht, eine Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten zu 3 auf monatlich 219 €, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung von Unterhaltszahlungen für die Zeit von August bis Oktober 2004 durch die Beklagte zu 2, Rückzahlung beigetriebenen nachehelichen Unterhalts und Kindesunterhalts sowie Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung verlangt.
9
Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es den nachehelichen Unterhalt aus dem Vergleich vom 6. Februar 2002 für die Zeit ab August 2004 auf monatlich 237 € herabgesetzt, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2 aus der Jugendamtsurkunde für die Zeit von August bis Oktober 2004 für unzulässig erklärt und die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten zu 3 für die Zeit ab Februar 2005 auf monatlich 219 € herabgesetzt hat. Außerdem hat es die Beklagten verurteilt, Unterhalt an den Kläger zurückzuzahlen , und zwar die Beklagte zu 1 in Höhe beigetriebener 96 € monatlich seit dem 22. Oktober 2004, die Beklagte zu 2 in Höhe von insgesamt 747 € für die Zeit von August bis Oktober 2004 und die Beklagte zu 3 in Höhe beigetriebener 54 € monatlich für die Zeit ab Februar 2005. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
10
Auf die Berufungen der Parteien hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert. Es hat die Unterhaltspflicht des Klägers aus dem Vergleich vom 6. Februar 2002 weiter herabgesetzt, und zwar zuletzt für die Zeit ab November 2005 auf monatlich 135 €. Auf die Berufung der Beklagten zu 3 hat es die Jugendamtsurkunde vom 27. Februar 2002 lediglich insoweit abgeändert , dass der Kläger ihr für die Zeit von Februar 2005 bis Juni 2005 monatlich 219 € und für die Zeit ab Juli 2005 monatlich 228 € schuldet. Ferner hat es die Verurteilung zur Rückzahlung überzahlten Unterhalts abgeändert und allein die Beklagte zu 1 verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 17. November 2004 bis zum 31. Januar 2005 insgesamt 351,47 € zurückzuzahlen. Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte zu 2 hat es unverändert bestehen lassen. Im Übrigen hat auch das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
11
Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Klägers, mit der er weiterhin den Wegfall des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt, eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 3 auf den vom Amtsgericht ausgesprochenen Betrag und eine Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung gegen ihn in Höhe von 608,54 € beantragt.

Entscheidungsgründe:

12
Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
13
Die Revision ist begründet. Sie führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

14
Das Oberlandesgericht hat die Klage auf Abänderung des Unterhaltsvergleichs für zulässig erachtet. Materiell-rechtlich richte sich die Abänderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Hier sei allerdings eine Neuberechnung ohne Bindung an die Grundlagen des Vergleichs erforderlich , weil sich die Vergleichsgrundlage, mit Ausnahme der bis Juli 2003 bindenden Vereinbarung über die Nichtberücksichtigung eines Hinzuverdienstes und eines Zusammenlebens der Beklagten zu 1 mit einem neuen Partner, weder aus dem Vergleich ergebe noch unstreitig sei. Maßgeblich für den sich aus § 1570 BGB ergebenden Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 seien deshalb die ehelichen Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten.
15
Zugrundezulegen sei das Erwerbseinkommen des Klägers im Jahre 2004, zumal seitdem keine weiteren Änderungen eingetreten seien. Ein steuerlicher Realsplittingvorteil sei lediglich für die Zeit bis einschließlich Juli 2004 zu berücksichtigen, weil der Kläger für die Zeit ab August 2004 eine Abänderung des Unterhaltsvergleichs und den Wegfall seiner Verpflichtung auf Zahlung nachehelichen Unterhalts beantragt habe. Zu berechnen sei der Realsplittingvorteil auf der Grundlage eines vom Kläger nach der Lohnsteuerklasse I zu ver- steuernden Einkommens. Der Splittingvorteil aus seiner neuen Ehe sei bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau nicht zu berücksichtigen. Auch der höhere Kinderfreibetrag des Klägers ab der Geburt seines weiteren Kindes in der neuen Ehe sei nicht zu berücksichtigen. Vom Einkommen des Klägers seien neben den gesetzlichen Abgaben weitere Beiträge für eine Direktversicherung sowie die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers abzusetzen. Nach Abzug einer 5 %-igen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen verblieben Einkünfte in Höhe von monatlich 1.670 €. Für das Jahr 2004 sei die in diesem Jahr erstattete Steuer mit monatlich 39,16 € hinzuzurechnen. Denn nach dem Steuerbescheid habe nur der Kläger und nicht seine zweite Ehefrau steuerpflichtiges Einkommen erzielt. Für 2005 könne hingegen keine Steuererstattung berücksichtigt werden, weil der Kläger in diesem Jahr keine erhalten habe.
16
Ein Wohnvorteil sei nicht zu berücksichtigen, obwohl der Kläger mit seiner neuen Ehefrau in deren Haus wohne. Selbst wenn er dort mietfrei wohnen würde, handele es sich dabei um freiwillige Leistungen Dritter, die der geschiedenen Ehefrau des Klägers nicht zugute kommen könnten.
17
Von dem Einkommen des Klägers sei der die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Kindesunterhalt abzusetzen. Dies gelte allerdings nicht für den Unterhalt des aus der neuen Ehe des Klägers hervorgegangen Kindes, weil es nach Rechtskraft der Scheidung geboren sei und die ihm gegenüber bestehende Unterhaltspflicht damit die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr geprägt habe. Im Übrigen sei bei der Bemessung des Kindesunterhalts der Splittingvorteil des Klägers aus seiner neuen Ehe zu berücksichtigen. Danach schulde der Kläger zwar Unterhalt nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle. Weil sich sein Einkommen allerdings an der unteren Grenze dieser Einkommensgruppe bewege und er neben der geschiedenen Ehefrau und den beiden Kindern aus erster Ehe noch seinem weiteren Kind aus zweiter Ehe unterhaltspflichtig sei, sei eine Herabstufung des Kindesunterhalts um zwei Einkommensgruppen gerechtfertigt.
18
Die Beklagte zu 1 sei im Hinblick auf das Alter der jüngsten Tochter, die in dem streitigen Unterhaltszeitraum die vierte bzw. fünfte Klasse der Grundschule besucht habe, zur Aufnahme einer Halbtagstätigkeit verpflichtet gewesen. Nachdem sie im Jahre 2004 zeitweise arbeitslos geworden sei bzw. Übergangsgeld bezogen habe, habe sie sich nicht hinreichend um die Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit bemüht. Für die gesamte relevante Zeit sei deswegen von einem aus Halbtagstätigkeit erzielbaren Einkommen in Höhe von 630 € netto monatlich auszugehen, wie es die Beklagte zu 1 seit März 2005 erziele. Denn nach der langen Haushaltstätigkeit sei sie nur für einfache Bürotätigkeit einsetzbar, nachdem sie in zwei Kursen Kenntnisse im Bereich der Datenverarbeitung erlangt habe. Ein auf der Grundlage halbschichtiger Tätigkeit erzielbares Einkommen aus einem nach Steuerklasse II zu versteuernden Stundenlohn von 8,50 € liege sogar geringfügig darunter. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und einem Erwerbstätigenbonus verbleibe ihr ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 538 € monatlich.
19
Der Kläger sei zur Zahlung des Unterhalts an die Beklagten und sein Kind aus zweiter Ehe hinreichend leistungsfähig. Der Splittingvorteil sei auch insoweit der zweiten Ehe zu belassen. Zunächst sei ein auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens nach Steuerklasse I zu ermittelnder Anteil des Kindesunterhalts gemeinsam mit dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu ermitteln. Sodann seien die Kinder in einem weiteren Schritt gleichrangig mit dem neuen Ehegatten am Splittingvorteil zu beteiligen. Der notwendige Selbstbehalt des Klägers sei wegen des Zusammenlebens mit einer neuen Ehefrau um 250 € zu reduzieren. Ob der Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs zu folgen sei, wonach eine Ersparnis schon durch das gemeinsame Wirtschaften eintrete, könne dahinstehen, weil der Kläger mit seiner neuen Familie in dem Haus seiner zweiten Ehefrau wohne. Ob er dafür Miete zahle, sei ohne Belang, weil dies nur zu einer Verschiebung von Einkommen innerhalb der Familie führe. Weil die Selbstbehaltssätze der Düsseldorfer Tabelle Wohnkosten von 360 € enthielten, sei jedenfalls eine Reduzierung des Selbstbehalts um 250 € angemessen.
20
Der Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 sei auch nicht verwirkt, obwohl sie in erster Instanz treuwidrig nicht offenbart habe, dass sie schon seit März 2005 einen festen Arbeitsplatz hatte. Das Verschweigen eigener Einkünfte im Prozess könne zwar die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 (jetzt: Nr. 3) BGB erfüllen. Verwirkung trete jedoch erst ein, wenn ein versuchter Prozessbetrug ein schwerwiegendes Fehlverhalten darstelle. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, obwohl die Beklagte zu 1 in erster Instanz nur das Arbeitslosengeld in Höhe von 538 € monatlich und nicht ihr ab März 2005 erzieltes Arbeitseinkommen in Höhe von 610 € monatlich angegeben habe. Denn schon mit der Berufungsbegründung habe sie ihr tatsächliches Einkommen ohne gerichtliche Nachfrage offen gelegt.
21
Die Berufung der volljährigen Beklagten zu 3 gegen die Abänderung der Jugendamtsurkunde sei nur in geringem Umfang begründet. Das für sie gezahlte Kindergeld sei in voller Höhe auf ihren Unterhaltsbedarf anzurechnen und entlaste in voller Höhe den Kläger, weil dieser allein für ihren Unterhalt aufkomme. Der vom Amtsgericht titulierte Unterhalt von monatlich (373 € - 154 € =) 219 € sei wegen der zum 1. Juli 2005 geltenden neuen Düsseldorfer Tabelle für die Folgezeit allerdings auf monatlich (382 € - 154 € =) 228 € zu erhöhen.
22
Der Kläger könne Unterhaltsleistungen lediglich für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Rückforderungsklage, also ab dem 17. November 2004, zurückfordern , weil die Beklagten für die davor liegende Zeit entreichert seien. Durch die Beitreibung von monatlich 333 € bis Januar 2005 habe die Beklagte zu 1 insgesamt 351,47 € mehr erhalten, als ihr an Unterhalt zustehe. Gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 liege hingegen keine Überzahlung vor. Den zusätzlich hinterlegten Betrag könne der Beklagte allenfalls aus dem zugrunde liegenden Treuhandverhältnis herausverlangen.
23
Die Kosten der Zwangsvollstreckung könne der Kläger nicht erstattet verlangen. § 788 Abs. 3 ZPO finde nach seinem Wortlaut nur auf Urteile Anwendung , während die Vollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich erfolgt sei. Weil der Vergleich das Ergebnis eines gegenseitigen Nachgebens sei und keinen rechtskräftigen Titel bilde, dessen Durchbrechung nur unter erschwerten Voraussetzungen und erst ab bestimmten Zeitpunkten möglich sei, liege insoweit auch keine planwidrige Regelungslücke vor. So wie der Gläubiger auch eine rückwirkende Abänderung eines Vergleichs hinnehmen müsse, müsse der Schuldner im Gegenzug akzeptieren, dass die Kosten einer im Nachhinein nicht vollständig gerechtfertigten Zwangsvollstreckung nur unter den Voraussetzungen der §§ 823, 826 BGB erstattet werden könnten. Diese lägen hier nicht vor.
24
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.

25
Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage zwar zu Recht für zulässig erachtet. Die Bemessung der Unterhaltsansprüche der Beklagten ent- spricht aber nicht in allen Punkten der Rechtsprechung des Senats. Das wirkt sich schließlich auch auf die Höhe des Rückforderungsanspruchs des Klägers aus.
26
1. Die Abänderungsklage ist nach § 323 Abs. 1, 2 und 4 ZPO zulässig, weil nach dem Vortrag der Parteien seit dem Vergleichsschluss und der Erstellung der Jugendamtsurkunden wesentliche Änderungen der den Unterhaltstiteln zugrunde liegenden Verhältnisse eingetreten sind. Materiell-rechtlich richtet sich die Abänderung des Unterhaltsvergleichs nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), was eine Veränderung der dem Vergleich zugrunde liegenden Umstände voraussetzt (zur Abänderung der Jugendamtsurkunden vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 346/00 - FamRZ 2003, 304, 306; s. auch Hoppenz FamRZ 2007, 716). Enthält der Unterhaltsvergleich - wie hier - allerdings keine ausdrückliche Vergleichsgrundlage und lässt diese sich auch nicht unzweifelhaft ermitteln, ist der Unterhaltsanspruch im Abänderungsverfahren ohne eine Bindung an den abzuändernden Vergleich allein nach den gesetzlichen Vorgaben zu ermitteln (Senatsurteile vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 570 und vom 26. November 1986 - IVb ZR 91/85 - FamRZ 1987, 257, 258; Johannsen/Henrich /Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 128 und Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 171).
27
2. Danach wird der Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 schon dem Grunde nach nur für die Zeit bis Ende 2007 von den Gründen der angefochtenen Entscheidung getragen.
28
aa) Auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechts hat das Oberlandesgericht der Beklagten zu 1 allerdings zu Recht einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt zugesprochen. Denn die jüngste gemeinsa- me Tochter der Parteien war im November 1993 geboren und in diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt. Nach dem zum früheren Unterhaltsrecht in Rechtsprechung und Literatur einhellig vertretenen Altersphasenmodell war die Beklagte zu 1 deswegen lediglich zu einer Halbtagstätigkeit verpflichtet und konnte im Übrigen vom Kläger Unterhalt nach § 1570 BGB verlangen.
29
bb) Im Gegensatz zur Darstellung der Revision ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des aus einer Halbtagstätigkeit erzielbaren Einkommens der Beklagten zu 1 zutreffend von den seit März 2005 tatsächlich erzielten Einkünften ausgegangen. Denn es hat ihr ab dieser Zeit tatsächlich erzieltes Nettoeinkommen von monatlich 630 € (nicht 610 €) für die gesamte unterhaltsrelevante Zeit als erzielbar zugrunde gelegt. Abzüglich pauschalierter berufsbedingter Ausgaben in Höhe von 5 % (32 €) und eines Erwerbstätigenbonus von weiteren 10 % ergibt sich daraus das berücksichtigte Einkommen in Höhe von rund 538 €. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
30
cc) Für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 wird das Berufungsgericht allerdings die Änderung des § 1570 BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. 2007 I S. 3189; vgl. insoweit Borth FamRZ 2008 2, 5 ff., Meier FamRZ 2008, 101, 102 ff.; Weinreich/Klein Familienrecht 3. Aufl. § 1570 Rdn. 8 ff.; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 57 ff.; Klein Das neue Unterhaltsrecht 2008 S. 45 ff.) zu berücksichtigen haben. Danach kann der geschiedene Ehegatte Betreuungsunterhalt ohne weitere Begründung nur für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes beanspruchen (§ 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zwar kann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt im Einzelfall aus kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB) oder aus elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründen verlängert werden (zum Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. Senatsurteil BGHZ 168, 245, 260 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1366 f.). Für die Umstände, die eine solche Verlängerung rechtfertigen können, ist allerdings die Beklagte zu 1 darlegungs- und beweispflichtig.
31
3. Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 1 gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet.
32
a) Das für die ehelichen Lebensverhältnisse relevante Einkommen des Klägers hat das Berufungsgericht zutreffend ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils aus seiner neuen Ehe ermittelt.
33
aa) Mit Beschluss vom 7. Oktober 2003 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass steuerliche Vorteile, die der neuen Ehe eines geschiedenen Unterhaltspflichtigen durch das Ehegattensplitting erwachsen, nicht schon in der früheren Ehe angelegt sind und deswegen die Lebensverhältnisse dieser Ehe auch nicht bestimmt haben. Denn diese steuerlichen Vorteile, die in Konkretisierung des Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 1 GG durch das Gesetz allein der bestehenden Ehe eingeräumt sind, dürfen ihr von Verfassungs wegen durch die Gerichte nicht wieder entzogen und an die geschiedene Ehe weitergeleitet werden (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Dem hat der Senat inzwischen Rechnung getragen. Danach sind bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines früheren Ehegatten der Splittingvorteil eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen außer Betracht zu lassen und sein unterhaltsrelevantes Einkommen anhand einer fiktiven Steuerberechnung nach der Grundtabelle zu ermitteln (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).
34
bb) Bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche der Beklagten zu 2 und 3 hat das Berufungsgericht den Splittingvorteil allerdings zu Recht berücksichtigt. Dieser steuerliche Vorteil aus der neuen Ehe ist schon deswegen bei der Bemessung des Kindesunterhalts zu berücksichtigen, weil das höhere Nettoeinkommen auch dem Kind des Klägers aus seiner zweiten Ehe zugute kommt und die Unterhaltsansprüche der leiblichen Kinder aus verschiedenen Ehen nicht auf unterschiedlichen Einkommensverhältnissen beruhen können (vgl. Senatsurteile BGHZ 163, 84, 101 = FamRZ 2005, 1817, 1820, vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885 und vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - FamRZ 2007, 1081, 1082).
35
cc) Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht den Splittingvorteil des Klägers aus seiner neuen Ehe auch im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit nur hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 2 und 3 und nicht hinsichtlich des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt der Beklagten zu 1 berücksichtigt. Allerdings wird sich die insoweit wegen des früheren Gleichrangs des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder mit dem Unterhaltsanspruch geschiedener Ehegatten (§ 1609 Abs. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung) notwendige zweistufige Berechnung für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 erübrigen, weil der Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder jetzt dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt im Rang vorgeht (§ 1609 Nr. 1 BGB).
36
b) Richtig ist ferner, dass das Berufungsgericht den Realsplittingvorteil des Klägers wegen der Unterhaltszahlungen an die Beklagte zu 1 lediglich für die Zeit bis Juli 2004 berücksichtigt und auf der Grundlage des Grundtarifs (Steuerklasse I) bemessen hat.
37
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen. Im Regelfall ist deswegen auch die Steuerlast in ihrer jeweils realen Höhe maßgebend, unabhängig da- von, ob sie im konkreten Fall seit der Trennung gestiegen oder gesunken ist und ob das auf einem gesetzlich vorgeschriebenen Wechsel der Steuerklasse oder auf einer Änderung des Steuertarifs beruht. Berichtigungen der tatsächlichen , durch Steuerbescheide oder Lohnabrechnungen nachgewiesenen Nettoeinkünfte sind nur in besonders gelagerten Fällen vorzunehmen, etwa dann, wenn nicht prägende Einkünfte eingeflossen sind, steuerliche Vergünstigungen vorliegen, die - wie z.B. das Ehegattensplitting - dem Unterhaltsberechtigten nicht zugute kommen dürfen oder wenn erreichbare Steuervorteile entgegen einer insoweit bestehenden Obliegenheit nicht in Anspruch genommen worden sind. Entsprechend trifft den Unterhaltspflichtigen grundsätzlich eine Obliegenheit , mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden.
38
Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus dem Realsplitting geht allerdings nur so weit, wie seine Unterhaltspflicht einem Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig erfüllt wird. Denn die steuerlichen Voraussetzungen des Realsplittings erfordern eine tatsächliche Unterhaltszahlung in dem jeweiligen Steuerjahr. Hat der Unterhaltsschuldner nachehelichen Ehegattenunterhalt auf eine feststehende Unterhaltspflicht in dem betreffenden Jahr geleistet, konnte und musste er den steuerlichen Vorteil des Realsplittings in Anspruch nehmen. Stand seine Unterhaltspflicht aufgrund eines Anerkenntnisses oder eines Unterhaltstitels fest, hätte er bei Erfüllung dieser Unterhaltspflicht ebenfalls den steuerlichen Vorteil des Realsplittings in Anspruch nehmen können, was zur fiktiven Zurechnung dieses Steuervorteils führt (vgl. Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793, 797).
39
bb) Für die Zeit bis Juli 2004 traf den Kläger wegen des Unterhaltsvergleichs und der tatsächlich geleisteten Zahlungen deswegen eine unterhalts- rechtliche Obliegenheit, den daraus folgenden steuerlichen Vorteil in Anspruch zu nehmen. Weil er für die Zeit ab August 2004 allerdings eine Abänderung des Vergleichs mit dem Ziel des Wegfalls seiner Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts beantragt hatte, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es ihm ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zumutbar war, steuerliche Vorteile in Anspruch zu nehmen, die er gegebenenfalls später zurückzahlen müsste.
40
cc) Auch soweit das Berufungsgericht den steuerlichen Vorteil des Realsplittings für die Zeit bis einschließlich Juli 2004 auf der Grundlage des Einkommens des Klägers nach der Grundtabelle (Steuerklasse I) errechnet hat, entspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Wie ausgeführt, muss der Splittingvorteil aus der neuen Ehe zwar grundsätzlich dieser Ehe vorbehalten bleiben. Die geschiedene unterhaltsberechtigte Ehefrau darf also nicht davon profitieren, dass ihr unterhaltspflichtiger früherer Ehemann wieder verheiratet ist und wegen der dadurch bedingten geringeren Steuerlast ein höheres Nettoeinkommen zur Verfügung hat. Umgekehrt darf die geschiedene Ehefrau durch die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen aber auch nicht schlechter gestellt werden. Deswegen muss sowohl der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau als auch der Steuervorteil aus dem begrenzten Realsplitting nach den Verhältnissen ohne Berücksichtigung der zweiten Ehe des Unterhaltspflichtigen bemessen werden. Wie das unterhaltsrelevante Einkommen des Klägers ist somit auch dessen Realsplittingvorteil wegen der Unterhaltszahlungen an die Beklagte zu 1 fiktiv nach der Grundtabelle zu bemessen (Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 f.).
41
c) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die im Jahre 2004 geflossene Steuerrückzahlung zu Recht bei der Bemessung des in diesem Jahr geschuldeten Unterhalts berücksichtigt. Denn nach den Feststel- lungen des Berufungsgerichts beruht die Steuererstattung allein auf dem steuerpflichtigen Einkommen des Klägers, zumal seine zweite Ehefrau in dieser Zeit nicht erwerbstätig war. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revision steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats zur Berücksichtigung des Ehegattensplittings dem nicht entgegen. Der Kläger ist bereits seit Juni 2000 erneut verheiratet, so dass davon auszugehen ist, dass der steuerliche Vorteil aus der Berücksichtigung der Splittingtabelle bereits bei der Bemessung des laufenden Einkommens berücksichtigt ist. Entsprechend hat das Berufungsgericht dieses Nettoeinkommen des Klägers für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Frau auch fiktiv neu berechnet. Die Steuerrückzahlung in Höhe von insgesamt 470 € dürfte deswegen im Wesentlichen auf andere steuerliche Abzugsposten zurückzuführen sein.
42
d) Im Ausgangspunkt ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht die Ansprüche der Beklagten zu 2 und 3 auf Kindesunterhalt bei der Bemessung des geschuldeten nachehelichen Unterhalts berücksichtigt. Zu Unrecht hat es dabei allerdings den Unterhaltsanspruch des weiteren Kindes des Klägers aus seiner zweiten Ehe unberücksichtigt gelassen.
43
aa) Nach der neueren Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen will die Anknüpfung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB für den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie begründen , die nur in den Grenzen fehlender Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten an dessen dauerhaft veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepasst und nur insoweit auch "nach unten korrigiert" werden könnte. Für eine solche Absicherung bietet das Recht des nachehelichen Unterhalts, das - jedenfalls im Grundsatz - nur die Risiken der mit der Scheidung fehlgeschlagenen Lebensplanung der Ehegatten und der von ihnen in der Ehe praktizierten Arbeitsteilung angemessen ausgleichen will, keine Rechtfertigung. Das Unterhaltsrecht will den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich nicht besser stellen, als er sich ohne die Scheidung stünde. Bei Fortbestehen der Ehe hätte ein Ehegatte die negative Einkommensentwicklung des anderen Ehegatten wirtschaftlich mit zu tragen. Es ist nicht einzusehen, warum die Scheidung ihm das Risiko einer solchen - auch vom unterhaltspflichtigen Ehegatten hinzunehmenden - Entwicklung, wenn sie dauerhaft und vom Schuldner nicht durch in Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheit gebotene Anstrengungen vermeidbar ist, abnehmen soll (Senatsurteile BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591 f. und BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793, 795; s. auch Gerhardt FamRZ 2007, 845 f.). Nichts anderes kann für sonstige Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse gelten, wenn sich dadurch das dem Unterhaltspflichtigen verfügbare Einkommen vermindert (vgl. schon BGHZ 166, 351, 361 f. = FamRZ 2006, 683, 685 f.). Daher muss eine Korrektur nicht erst bei der Leistungsfähigkeit, sondern schon bei der Bedarfsbemessung ansetzen.
44
Die Anknüpfung an den Stichtag der rechtskräftigen Scheidung, wonach für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich die Entwicklungen bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils maßgebend und Änderungen in der Folgezeit nur dann zu berücksichtigen seien, wenn diese schon in der Ehe angelegt gewesen seien (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f. mit kritischer Anmerkung Graba), ist damit überholt. Das gilt insbesondere für den früheren Ansatz, dass unvorhersehbare Änderungen nach der Trennung der Parteien nur deswegen grundsätzlich noch die ehelichen Lebensverhältnisse prägen sollten, weil sie - zufällig - noch vor Rechtskraft des Scheidungsurteils eintraten und deshalb etwa die Unterhaltspflicht für ein Kind aus einer anderen Verbindung bereits als "während der ehelichen Lebensgemeinschaft angelegt" anzusehen sei, wenn das Kind noch vor Rechtskraft der Scheidung geboren ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.). Entscheidend ist aber, wie der Senat in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt betont hat, dass dem Recht des nachehelichen Unterhalts keine Lebensstandardgarantie entnommen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 135; BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793, 795; BGHZ 166, 351, 361 f. = FamRZ 2006, 683, 685 f.; BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591 f.). Deswegen sind spätere Einkommensveränderungen bei der Bemessung des nachehelichen Ehegattenunterhalts grundsätzlich zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie vor der Rechtskraft der Ehescheidung oder erst später eingetreten sind, und grundsätzlich auch unabhängig davon , ob es sich um Einkommensminderungen oder -verbesserungen handelt, wobei allerdings wegen der Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Ausnahmen geboten sind.
45
Die Berücksichtigung einer nachehelichen Einkommensminderung findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität der geschiedenen Ehegatten (vgl. dazu jetzt ausdrücklich BT-Drucks. 253/06 S. 59). Soweit das Gesetz einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt vorsieht, darf der Unterhaltspflichtige diesen nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2000 - XII ZR 79/98 - FamRZ 2000, 815, 816 f.; zum umgekehrten Fall beim Unterhaltsberechtigten vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1983 - IVb ZR 38/82 - FamRZ 1984, 364, 367) oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltspflichtigen veranlasst und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können (vgl. Senatsurteile vom 25. Februar 1987 - IVb ZR 28/86 - FamRZ 1987, 930, 933 und vom 21. Januar 1987 - IVb ZR 94/85 - FamRZ 1987, 372, 374; s. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 494 ff.) bleiben sie deswegen unberücksichtigt , sodass stattdessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind.
46
In gleicher Weise sind auch Einkommenssteigerungen grundsätzlich zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie vor oder nach Rechtskraft der Ehescheidung auftreten. Ausnahmen bestehen nur dort, wo die Steigerungen nicht schon in der Ehe angelegt waren wie etwa allgemeine Lohnsteigerungen, sondern auf eine unerwartete Entwicklung, z.B. einen Karrieresprung, zurückzuführen sind. Nur solche unvorhersehbar gestiegenen Einkünfte sind deswegen nicht mehr den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zuzurechnen. Denn das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehezeit stand oder aufgrund einer schon absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob es sich um Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten handelt. Bereits in seiner Surrogatrechtsprechung zur Berücksichtigung der Erwerbseinkünfte aus einer späteren Erwerbstätigkeit anstelle früherer Haushaltstätigkeit und Kindererziehung (vgl. Senatsurteile vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - FamRZ 2001, 986, 989 ff., vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173, vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1157 und vom 7. September 2005 - XII ZR 311/02 - FamRZ 2005, 1979, 1981) hat der Senat ausgeführt , dass auch die später hinzugekommenen Einkünfte schon in Gestalt der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung in der Ehe angelegt waren. Ebenso kann es nach ständiger Rechtsprechung keinen Unterschied machen, ob die Steigerung des für Unterhaltszwecke verfügbaren Einkommens auf einer Einkommenssteigerung oder darauf beruht, dass Zahlungsverpflichtungen aufgrund einer absehbaren Entwicklung entfallen sind.
47
Im Hinblick auf diese Betrachtungsweise sind auch sonstige Veränderungen der maßgeblichen Verhältnisse zu berücksichtigen, wenn sie Einfluss auf das dem Unterhaltspflichtigen verfügbare Einkommen haben. Die Berücksichtigung dadurch bedingter Einkommensminderungen findet ihre Grenze ebenfalls erst in einem vorwerfbaren Verhalten, das - ähnlich wie bei der fiktiven Anrechnung vorwerfbar nicht erzielten Einkommens - unterhaltsbezogen mutwillig sein muss. Das ist nicht der Fall, wenn ein geschiedener Unterhaltsschuldner eine neue Familie gründet und in dieser neuen Ehe Kinder geboren werden. Auch in solchen Fällen wäre es verfehlt, die Unterhaltspflicht für das neu hinzu gekommene Kind bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts unberücksichtigt zu lassen, was dazu führen könnte, dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten das dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibende Einkommen übersteigen würde, was nur im Rahmen des Selbstbehalts korrigiert werden könnte (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 f.). Bei der Neuberechnung des der Beklagten zu 1 zustehenden nachehelichen Unterhalts wird das Berufungsgericht deswegen auch den Unterhaltsbedarf des in zweiter Ehe geborenen Kindes zu berücksichtigen haben.
48
bb) Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen hat das Berufungsgericht wiederum zu Recht den vollen Unterhaltsbedarf der Kinder des Klägers berücksichtigt. Daran hat sich auch durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 nichts geändert. Denn mit dem nunmehr in § 1609 BGB geschaffenen Vorrang des Unterhalts minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder ist insoweit keine Änderung der früheren Rechtslage verbunden. Die Vorschrift des § 1609 BGB beschränkt sich auf die Regelung der Rangfolgen mehrerer Unterhaltsberechtigter, betrifft also die Leistungsfähigkeit. Auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs hat diese Vorschrift hingegen keine Auswirkung. Soweit der Unterhaltsanspruch von Kindern ohne eigene Lebensstellung mit Ansprüchen anderer Unterhaltsberechtigter, wie Unterhaltsansprüchen getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten oder Ansprüchen nach § 1615 l BGB, konkurriert, kann eine ausgewogene Verteilung des Einkommens etwa mit Hilfe der Bedarfskontrollbeträge der Düsseldorfer Tabelle hergestellt werden (vgl. insoweit Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 197 f.). Mit dem Vorrang des Unterhaltsanspruchs minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder haben derartige Korrekturen für die Bemessung eines ausgewogenen Unterhaltsbedarfs aller Berechtigten allerdings eine noch größere Bedeutung gewonnen.
49
cc) Der bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zunächst abzusetzende volle Unterhaltsbedarf der Kinder des Klägers ist allerdings im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nach dem Nettoeinkommen aus der Grundtabelle (Steuerklasse I) und nicht aus der Splittingtabelle zu bemessen. Zwar schuldet der Kläger seinen Kindern Unterhalt auf der Grundlage seiner tatsächlich erzielten Einkünfte. Denn das Maß des den Kindern geschuldeten Unterhalts richtet sich gemäß § 1610 BGB nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien, sondern nach der Lebensstellung der unterhaltsbedürftigen Kinder. Diese leiten die Kinder regelmäßig aus der gegenwärtigen Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab. Auf die Anträge der Beklagten zu 2 und 3 hat das Oberlandesgericht deren Unterhalt deswegen zutreffend nach den tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers bemessen.
50
Dieser - höhere - Unterhaltsanspruch der Kinder wäre dann aber auch von dem höheren tatsächlich erzielten Einkommen des Klägers abzusetzen. Weil der nacheheliche Unterhalt der Beklagten zu 1 demgegenüber auf der Grundlage eines - ohne den Splittingvorteil aus neuer Ehe fiktiv errechneten - geringeren Einkommens ermittelt wird, darf dieser nicht zusätzlich durch die Berücksichtigung des höheren Kindesunterhalts reduziert werden. Denn schon die ehelichen Lebensverhältnisse sind regelmäßig dadurch geprägt, dass ein vorhandenes Einkommen in ausgewogenem Verhältnis für die Bedürfnisse aller Familienmitglieder verwendet wird. Im Interesse dieses ausgewogenen Verhältnisses der Unterhaltsansprüche von Kindern und geschiedenen Ehegatten ist bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils deswegen auch nur ein Kindesunterhalt auf der Grundlage dieses - geringeren - Einkommens abzusetzen (Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1235).
51
dd) Soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Kinder des Klägers wegen der Zahl der Unterhaltsberechtigten, nämlich einer geschiedenen Ehefrau und insgesamt dreier Kinder, um zwei Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle herabgesetzt hat, liegt dies im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens, das aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist. Das Berufungsgericht wird allerdings zu berücksichtigen haben, dass die ab dem 1. Januar 2008 auf der Grundlage des neuen Unterhaltsrechts geltende Düsseldorfer Tabelle höhere Einkommensschritte, nämlich jeweils 400 €, vorsieht , so dass künftig regelmäßig eine Herauf- oder Herabstufung um eine Einkommensstufe ausreichend sein dürfte (vgl. Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 195 f.).
52
4. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht den dem Kläger zu belassenden Selbstbehalt wegen des Zusammenlebens mit seinem neuen Ehegatten herabgesetzt. Die Bemessung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es ihm nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abwei- chung gebieten (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684). Der Tatrichter muss aber die gesetzlichen Wertungen und die Bedeutung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs berücksichtigen.
53
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen in der jeweiligen Lebenssituation sicherstellt. Eine Unterhaltspflicht besteht also nicht, soweit der Unterhaltsschuldner in Folge einer Unterhaltsleistung selbst sozialhilfebedürftig würde. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet spätestens dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684; vgl. dazu auch den 6. Existenzminimumbericht der Bundesregierung BT-Drucks. 16/3265).
54
Ob und in welchem Umfang der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt über den jeweils regional maßgeblichen sozialhilferechtlichen Mindestbedarf hinausgehen kann, haben die Gerichte unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen, die sich insbesondere aus der Bedeutung und Ausgestaltung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs und seiner Rangfolge im Verhältnis zu anderen Unterhaltsansprüchen ergeben. Für den Unterhaltsanspruch minderjähriger - wie der Beklagten zu 2 oder des weiteren Kindes des Klägers - oder privilegierter volljähriger Kinder ist nach ständiger Rechtsprechung deswegen von einem nur wenig über dem Sozialhilfebedarf liegenden notwendigen Selbstbehalt auszugehen (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt), während für den Anspruch der Beklagten zu 1 auf nachehelichen Ehegattenunterhalt der Ehegattenselbstbehalt (BGHZ 166, 351, 358 = FamRZ 2006, 683, 684) zu beachten ist.
55
b) Der notwendige Selbstbehalt gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings schon dann bis auf den jeweils konkret maßgeblichen Sozialhilfesatz herabgesetzt werden, wenn der Unterhaltsschuldner in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt und dadurch Kosten der gemeinsamen Haushaltsführung erspart (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt). Ist der Unterhaltsschuldner - wie hier - verheiratet, muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass der Unterhaltsschuldner und der neue Ehegatte nach § 1360 a BGB einander zum Familienunterhalt verpflichtet sind. Wechselseitig erbrachte Leistungen erfolgen deswegen auf dieser rechtlichen Grundlage und nicht als freiwillige Leistungen Dritter.
56
Zu Recht sehen die Leitlinien des Berufungsgerichts deswegen vor, dass der jeweilige Selbstbehalt beim Verwandtenunterhalt unterschritten werden kann, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (FamRZ 2008, 231, 234 Ziff. 21.5.1) und dass der Bedarf des neuen Ehegatten bei Unterhaltsansprüchen nachrangiger geschiedener Ehegatten oder nachrangiger volljähriger Kinder lediglich mindestens 800 € beträgt und damit unter dem Ehegattenselbstbehalt liegt (FamRZ 2008, 231, 234 Ziff. 22.1). Das Berufungsgericht wird deswegen zu klären haben, ob das Einkommen der neuen Ehefrau des Klägers in ihrer Bedarfsgemeinschaft eine Höhe erreicht, die eine Ersparnis für den Kläger durch das gemeinsame Wirtschaften rechtfertigt.
57
c) Zu diesen allgemeinen Ersparnissen kommt hinzu, dass der Kläger mit seiner Familie in dem Haus seiner neuen Ehefrau wohnt und diese ihm den Wohnvorteil nicht als freiwillige Leistung Dritter, sondern im Rahmen ihrer Pflicht zum Familienunterhalt nach § 1360 a BGB gewährt. Die Selbstbehaltsät- ze der Leitlinien des Berufungsgerichts enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung, die sich nach dem gegenwärtigen Stand beim notwendigen Selbstbehalt auf monatlich 360 € und beim Ehegattenselbstbehalt auf 400 € belaufen (vgl. die Leitlinien des Berufungsgerichts FamRZ 2008, 231, 233 Ziff. 21.2 und 21.4). Im Gegensatz dazu wohnt der Kläger mietfrei, was auch im Rahmen des Selbstbehalts unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist.
58
Zwar sind die ersparten Mietkosten nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch schon bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.). Denn es handelt sich dabei um Gebrauchsvorteile im Sinne des § 100 BGB, die schon das verfügbare Einkommen entsprechend erhöhen. Dieser Umstand steht einer weiteren Berücksichtigung im Rahmen der Leistungsfähigkeit aber nicht entgegen.
59
5. Soweit das Berufungsgericht eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 1 verneint hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB neben der Feststellung eines Härtegrundes aus Ziff. 1 bis 8 dieser Vorschrift stets eine grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen voraus (Senatsurteil vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612, 614). Das hat das Oberlandesgericht in seiner tatrichterlichen Verantwortung in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise verneint.
60
Zwar war die Beklagte zu 1 im letzten Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht am 2. März 2005 auch persönlich erschienen und hatte die Aufnahme ihrer Berufstätigkeit ab März 2005 nicht offenbart. Deswegen hat das Amtsgericht ihr auch nicht die damals tatsächlich erzielten 630 € monatlich zu- rechnen können, sondern lediglich ein fiktiv erzielbares Nettoeinkommen von 564 €. Schon in der Berufungsbegründung hat die Beklagte zu 1 dieses Versäumnis aber unaufgefordert klargestellt, was einen Schaden des Klägers verhindert hat. Unter Berücksichtigung der sehr engen finanziellen Verhältnisse der Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht deswegen zu Recht eine "grobe" Unbilligkeit verneint.
61
6. Im Grundsatz zu Recht hat das Berufungsgericht nur die Beklagte zu 1 zur Rückzahlung überzahlten Unterhalts verurteilt. Zutreffend hat es auch keine Bedenken dagegen erhoben, dass der Kläger seine Anträge auf Abänderung des Unterhaltsvergleichs und der Jugendamtsurkunden im Wege der Klagehäufung mit einer Klage auf Rückforderung überzahlten Unterhalts verbunden hat (vgl. Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 221).
62
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Rückzahlung der vor Rechtshängigkeit der Klage geleisteten Unterhaltszahlungen abgelehnt. Denn insoweit können die Beklagten als Unterhaltsgläubiger sich gegenüber dem bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Diese Vorschrift dient dem Schutz des gutgläubig Bereicherten , der das rechtsgrundlos Empfangene im Vertrauen auf das Fortbestehen des Rechtsgrundes verbraucht hat und daher nicht über den Betrag der bestehen gebliebenen Bereicherung hinaus zur Herausgabe oder zum Wertersatz verpflichtet werden soll. Bei der Überzahlung von Unterhalt kommt es daher darauf an, ob der Empfänger die Beträge restlos für seinen Lebensbedarf verbraucht oder sich noch in seinem Vermögen vorhandene Werte - auch in Form anderweitiger Ersparnisse, Anschaffungen oder Tilgung eigener Schulden - verschafft hat (Senatsurteile BGHZ 118, 383, 386 = FamRZ 1992, 1152, 1153 f. und vom 27. Oktober 1999 - XII ZR 239/97 - FamRZ 2000, 751).
63
b) Vom Eintritt der Rechtshängigkeit der Rückforderungsklage an kann sich der Empfänger einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung nach § 818 Abs. 4 BGB allerdings nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen, sondern haftet nach allgemeinen Vorschriften (Senatsurteile BGHZ 118, 383, 390 = FamRZ 1992, 1152, 1154 und vom 22. April 1998 - XII ZR 221/96 - FamRZ 1998, 951).
64
aa) Zur Höhe wird der Anspruch unter Berücksichtigung der monatlich bis einschließlich Januar 2005 beigetriebenen 333 € allerdings davon abhängen , inwieweit die Beklagte zu 1 nach dem Ergebnis der Abänderungsklage zum Unterhalt berechtigt war, der Unterhalt also mit Rechtsgrund geleistet worden ist.
65
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen Zahlungsanspruch auf Auskehr der beim Prozessbevollmächtigten der Beklagten hinterlegten Beträge abgewiesen. Denn insoweit steht dem Kläger allenfalls ein Anspruch auf Freigabe der hinterlegten Beträge zu. Die Voraussetzungen einer Erfüllung durch Hinterlegung nach §§ 372, 378 BGB hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen (vgl. insoweit Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - XII ZR 23/00 - NJW 2003, 1809, 1810).
66
c) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht den Antrag auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung durch die Beklagten zu 1 bis 3 abgewiesen. Die Beklagten hatten ihre aus dem Vergleich bzw. den Jugendamtsurkunden folgenden Unterhaltsansprüche für die Zeit bis einschließlich Januar 2005 vollstreckt. Die Klage auf Abänderung des Vergleichs über den nachehelichen Ehegattenunterhalt und die Vollstreckungsgegenklage vom 29. Oktober 2004 wurden den Beklagten zu 1 und 2 am 18. November 2004 zugestellt. Erst mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Dezember 2004, zugestellt am 1. Januar 2005, wurde die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich über den nachehelichen Ehegattenunterhalt teilweise gegen Sicherheitsleistung eingestellt.
67
aa) Soweit die Abänderungsklage lediglich zu einer Reduzierung des geschuldeten Unterhalts, nicht aber zum vollständigen Wegfall der Unterhaltspflicht des Klägers führt, hat die Beklagte zu 1 weiterhin zu Recht vollstreckt, so dass schon die Voraussetzungen des § 788 Abs. 3 ZPO nicht vorliegen.
68
bb) Unabhängig davon findet § 788 Abs. 3 ZPO auf die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche keine Anwendung; eine Erstattung solcher Kosten kommt lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 823, 826 BGB in Betracht. Zu Recht stellt das Berufungsgericht insoweit darauf ab, dass ein Unterhaltsvergleich keine materielle Rechtskraft entfaltet und deswegen - anders als ein gerichtliches Urteil (§ 323 Abs. 3 ZPO) - auch schon für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Abänderungsklage abgeändert werden kann. Weil der Unterhaltsgläubiger auf die Vollstreckung angewiesen ist, wenn der Schuldner seiner vergleichsweise vereinbarten Unterhaltspflicht nicht nachkommt, kann die verschärfte Haftung des § 788 Abs. 3 ZPO nicht in entsprechender Weise auf Unterhaltsvergleiche ausgedehnt werden. Denn sie würde sich dann auch auf eine Vollstreckung vor Rechtshängigkeit der Abänderungsklage erstrecken. Ein Schadensersatzanspruch kann dem Unterhaltsschuldner in solchen Fällen - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nur unter den Voraussetzungen der §§ 823, 826 BGB zustehen.

III.

69
Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht das unterhaltsrelevante Einkommen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats neu bemessen muss. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit, den Unterhaltsanspruch der Beklagten zu 1 für die Zeit ab Januar 2008 auf der Grundlage des neuen Unterhaltsrechts zu beurteilen.

IV.

70
Falls das Berufungsgericht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats zu einer geringeren Unterhaltspflicht des Klägers gelangt, wird es auch zu prüfen haben, ob sich sein Einkommen aus anderen Gründen höher darstellt.
71
Denn das Berufungsgericht hat bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Klägers dessen höheren Freibetrag nach der Geburt des weiteren Kindes in neuer Ehe nicht berücksichtigt. Falls sich dies hier im Ergebnis auswirken würde, widerspräche das der neueren Rechtsprechung des Senats. Der Freibetrag in Höhe von 1.824 € für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein weiterer Freibetrag in Höhe von 1.080 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes werden nämlich für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen gewährt (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG). Die Berücksichtigung eines Kindes für einen Kinder- freibetrag setzt - außer bei Pflegekindern - grundsätzlich nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das Kind in seinen Haushalt aufgenommen oder unterhalten hat. Da diese Freibeträge mithin unabhängig von einer Ehe der Eltern und sogar unabhängig von deren Zusammenleben eingeräumt werden, brauchen sie nicht der bestehenden Ehe vorbehalten zu werden.
72
Anders zu beurteilen sind lediglich die auf § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG beruhenden Freibeträge. Nach dieser Bestimmung verdoppeln sich die vorgenannten Beträge, wenn die Ehegatten - wie hier - nach den §§ 26, 26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden und das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht. Die Verdoppelung setzt mithin das Bestehen einer Ehe sowie das nicht dauernde Getrenntleben der Ehegatten voraus, so dass auf jeden Ehegatten ein Freibetrag in Höhe von insgesamt 2.904 € entfällt. Nur der aus § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG folgende - und damit der Ehefrau des Klägers zukommende - Steuervorteil muss deshalb der bestehenden Ehe vorbehalten werden und kann nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen (Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885 f.).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Heidelberg, Entscheidung vom 06.04.2005 - 33 F 245/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 22.12.2005 - 16 UF 104/05 -

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 65/09 Verkündet am:
18. November 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 1578, 1578 b, 1609; ZPO § 323; EGZPO § 36
a) Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten ist bei Wiederverheiratung
des unterhaltspflichtigen Ehegatten zur gleichmäßigen Aufteilung des
Einkommens der Beteiligten nach der sogenannten Drittelmethode zu bemessen
(im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008,
1911; vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23; BGHZ 179,
196 = FamRZ 2009, 411 und vom 28. Januar 2009 - XII ZR 119/07 - FamRZ
2009, 579).
b) Auf Seiten des neuen Ehegatten kommt es bei der Unterhaltsbemessung
nicht auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt an, sondern auf den hypothetischen
Unterhaltsanspruch im Fall einer Scheidung. Kommt hierfür ein
Anspruch wegen Kinderbetreuung in Frage, so haben elternbezogene Gründe
nach § 1570 Abs. 2 BGB, die auf der Rollenverteilung in der neuen Ehe
beruhen, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
c) Im Abänderungsverfahren ist der Einwand der Befristung ausgeschlossen,
wenn sich seit Schluss der mündlichen Verhandlung im vorausgegangenen
Verfahren die für eine Befristung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen
Verhältnisse nicht geändert haben (im Anschluss an Senatsurteile vom
9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357 und vom 5. Juli 2000
- XII ZR 104/98 - FamRZ 2001, 905). Beruht der Unterhaltsanspruch allein
auf § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) und wurde dieser zuletzt im
Jahr 2007 durch Urteil festgelegt, so ergibt sich aus dem Inkrafttreten des
§ 1578 b BGB am 1. Januar 2008 für sich genommen noch keine Änderung
der wesentlichen Verhältnisse. Auch § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall
gegenüber § 323 ZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit.
BGH, Urteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - OLG Hamm
AG Marl
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und
Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. März 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um die Abänderung eines Titels über nachehelichen Unterhalt.
2
Der 1957 geborene Kläger und die 1956 geborene Beklagte heirateten im Jahr 1975. Ihre Ehe blieb kinderlos. Sie trennten sich im Juli 2002. Auf den am 14. Februar 2003 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe geschieden , rechtskräftig seit dem 21. Oktober 2003.
3
Die Beklagte besuchte die Sonderschule und begann eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau, deren Abschluss zwischen den Parteien streitig ist. Zum Zeitpunkt der Eheschließung arbeitete die Beklagte als Hilfsarbeiterin und war bis 1978 erwerbstätig. Danach ging sie während des ehelichen Zusammen- lebens keiner Erwerbstätigkeit nach. Von 1995 bis 1997 pflegte sie ihren Vater. Seit der Trennung arbeitet die Beklagte teilschichtig als Reinigungskraft.
4
Der Kläger war zunächst Vulkaniseurmeister. Während des ehelichen Zusammenlebens bildete er sich zum Chemieingenieur fort und arbeitet in diesem Beruf bis heute. Der Kläger heiratete im Jahr 2004 erneut. Aus der Ehe ist ein im Februar 2005 geborener Sohn hervorgegangen. Außerdem adoptierte der Kläger im Jahr 2006 den 1997 geborenen Sohn seiner jetzigen Ehefrau. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig.
5
Durch einen Prozessvergleich vom 12. April 2005 legten die Parteien den nachehelichen Unterhalt der Beklagten ab Januar 2005 auf monatlich 618 € fest. Im Jahr 2007 erstrebte der Kläger eine Herabsetzung des Unterhalts. Durch Urteil vom 21. August 2007 setzte das Familiengericht den Unterhalt herab , zuletzt ab Januar 2008 auf monatlich 607 €.
6
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger wiederum die Herabsetzung des Unterhalts. Er beruft sich auf die seit 1. Januar 2008 geänderte Rechtslage, nach der - anders als bisher - seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner jetzigen Ehefrau zu berücksichtigen und in Anbetracht fehlender ehebedingter Nachteile der Beklagten außerdem eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts vorzunehmen sei.
7
Das Familiengericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat den Unterhalt ab dem 16. April 2008 auf monatlich 290 € reduziert, eine Befristung hingegen abgelehnt. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers, mit der er eine weitere Herabsetzung auf monatlich 214 € sowie eine Befristung des Unterhalts bis zum 30. Juni 2009 erstrebt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

9
Das Berufungsgericht hat in seinem in FPR 2009, 374 veröffentlichten Urteil die Abänderungsklage für zulässig gehalten, weil der Kläger sich auf die durch die Unterhaltsreform geänderte Rangfolge sowie die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen könne. Zur Berechnung des Unterhalts ist es auf Seiten des Klägers vom aktuellen Einkommen ausgegangen und auf Seiten der Beklagten von dem - teils fiktiven - Einkommen, wie es bereits dem Urteil im vorausgegangenen Verfahren zugrunde lag. Den Unterhaltsbedarf der Beklagten hat es nach Abzug des Kindesunterhalts unter Einbeziehung der jetzigen Ehefrau des Klägers mit einem Drittel des Gesamteinkommens bemessen.
10
Ab Januar 2009 führt die Unterhaltsberechnung des Berufungsgerichts zu einem Unterhalt, der unterhalb des vom Amtsgericht festgelegten Unterhalts liegt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch der neue Ehegatte "im Rahmen der Angemessenheitsprüfung" bezüglich seiner Erwerbsobliegenheiten nicht anders zu behandeln als der geschiedene Ehegatte. Das habe im vorliegenden Fall die Konsequenz, dass der neuen Ehefrau ein fiktives Einkommen im Geringverdienerbereich zuzurechnen sei, was im Ergebnis zu einem Unterhaltsanspruch der Beklagten jedenfalls in der titulierten Höhe führe.
11
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen mit der Folge, dass sogar Unterhaltsansprüche des neuen Ehegatten als bedarfsprägend angesehen würden, stoße jedoch auf Bedenken. Sie hebe die Unterscheidung zwischen dem Bedarf nach den eheli- chen Lebensverhältnissen und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen weitgehend auf und lasse sich deshalb nicht nur mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1578 Abs. 1, 1581 BGB schwerlich in Übereinstimmung bringen, sondern entferne sich auch von dem Verständnis der Ehe in der Gesellschaft, nach dem die Ehe von den Eheschließenden in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage (§ 1353 Abs. 1 BGB) als lebenslange Gemeinschaft und damit gerade nicht als eine Lebensabschnittsgemeinschaft geschlossen werde, in der bereits wegen der ihr innewohnenden zeitlichen Begrenzung die Unterhaltsansprüche zukünftiger Partner angelegt seien. Bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen und des neuen Ehegatten sei verfassungsrechtlich zu beachten, dass die geschiedene Ehe mit der neuen Ehe gleichwertig und gleichrangig sei. Es sei daher von zwei auf dieser Gewährleistung beruhenden Grundrechtspositionen auszugehen, die unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zur Entfaltung zu bringen seien.
12
Da die Berechnung nach der Dreiteilungsmethode zu einer "übermäßigen und unverhältnismäßigen Entwertung" des Aufstockungsunterhalts des geschiedenen Ehegatten führen könne, zu deren Verdeutlichung das Berufungsgericht ein Rechenbeispiel anführt, müsse das durch die Dreiteilungsmethode gewonnene Ergebnis überprüft und ggf. wertend korrigiert werden. Zur Korrektur sei die Bemessung des Unterhalts der neuen Ehefrau entsprechend den beim Geschiedenenunterhalt geltenden Grundsätzen ein geeignetes Mittel.
13
Den vom Kläger geltend gemachten Einwand der Befristung hat das Berufungsgericht schließlich wegen Präklusion nicht zugelassen. Der neu geschaffene § 1578 b BGB enthalte zur Begrenzung und Befristung keine über die Rechtsprechung des BGH seit dem Senatsurteil vom 12. April 2006 (- XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) zur früheren Rechtslage hinausgehenden Kriterien zugunsten des Klägers.

II.

14
Das hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
15
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit der Abänderungsklage ausgegangen.
16
Auf das Abänderungsverfahren ist wie auf das Verfahren im Allgemeinen nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1, 2 FGG-RG das vor dem 1. September 2009 geltende Recht anzuwenden. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage ergibt sich bereits aus § 323 ZPO, ohne dass es eines Rückgriffs auf die insoweit nur klarstellende Regelung in § 36 Nr. 1 EGZPO bedarf. Denn nach der Gesetzesbegründung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) handelt es sich bei § 36 EGZPO nicht um einen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf (BT-Drucks. 16/18130 S. 32). § 36 Nr. 1, 2 EGZPO stellt - neben dem einschränkenden Kriterium der Zumutbarkeit einer Abänderung - somit lediglich klar, dass die Gesetzesänderung, soweit sie zu einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse führt, ein Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO ist.
17
Das Berufungsgericht hat eine Änderung der wesentlichen Verhältnisse mit Recht in der durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geänderten Rangfolge gesehen, die auch - mittelbare - Auswirkungen auf die für die Bedarfsbemessung maßgeblichen Kriterien hat, des weiteren in der geänderten Rechtsprechung des Senats zur Bedarfsermittlung bei Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ehegatten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stellt neben der Gesetzesänderung auch eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl bei Urteilen als auch bei Vergleichen einen Abänderungsgrund dar (vgl. Senatsurteile vom 5. September 2001 - XII ZR 108/00 - FamRZ 2001, 1687, 1690 und vom 5. Feb- ruar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848, 851 f. und BGHZ 177, 356, 380 = FamRZ 2008, 1911, 1917 f.).
18
Ob die Abänderung bestehender Unterhaltstitel erst ab der Verkündung des Senatsurteils vom 30. Juli 2008 (BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911) zulässig ist (so OLG Celle NJW 2009, 1758; vgl. Senatsurteil vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848) oder - wofür die bereits im Jahr 2006 geänderte Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung nachehelich entstandener Unterhaltspflichten (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 362 = FamRZ 2006, 683, 686) im Zusammenhang mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 spricht - bereits ab dem 1. Januar 2008, kann hier offenbleiben. Denn das Amtsgericht ist bei der Unterhaltsfestsetzung zu Gunsten des Klägers von der Abänderbarkeit schon vor dem 30. Juli 2008 (hier: ab Rechtshängigkeit der Abänderungsklage am 16. April 2008) ausgegangen. Da allein der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat und die von ihm erstrebte weitere Herabsetzung bereits aus anderen Gründen scheitert, kommt es auf einen früheren Abänderungszeitpunkt nicht an.
19
2. Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, hat die Beklagte - lediglich - einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Übereinstimmend mit dem abzuändernden Prozessvergleich hat es einen teilweisen Anspruch wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB nicht zugesprochen und der Beklagten statt dessen ein teils fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit zugerechnet.
20
Die Revision rügt zu Unrecht, dass das Berufungsgericht dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers hätte nachgehen müssen, die Beklagte könne mehr als das berücksichtigte - teils fiktive - Einkommen von bereinigt 936 € erzielen. Hierfür hat sich der Kläger erstinstanzlich auf den Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeiter in der Gebäudereinigung berufen. Zwar ist das Berufungsgericht darauf nicht ausdrücklich eingegangen , sondern hat allein auf die Bindungswirkung des Ausgangstitels abgestellt. Das ist aber nicht zu beanstanden. Zweifelhaft ist hier bereits ein ordnungsgemäßer Berufungsangriff nach §§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, weil die Berufungsbegründung lediglich pauschal auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen nebst Beweisantritten verwiesen hat. Das begründet noch keine konkreten Anhaltspunkte, warum die vom Amtsgericht näher begründeten Feststellungen fehlerhaft sein sollten. Jedenfalls war das Berufungsgericht aber wegen des nicht hinreichend dargelegten Abänderungsgrundes nicht gehalten, dem Vorbringen des Klägers nachzugehen. Denn zur Darlegung einer wesentlichen Veränderung mangelt es an dem Vorbringen, dass das in den bisherigen Titeln zugrunde gelegte Einkommen dem Tariflohn und der dazu als einschlägig vorgetragenen Lohngruppe bereits entsprochen habe oder sonst daran orientiert worden sei. Das Berufungsgericht war daher nicht gehalten, den vom Kläger angebotenen Beweis zu erheben.
21
3. Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsbedarf der Beklagten - wie schon das Amtsgericht - ausgehend von den (erzielbaren) Einkommen der Parteien ermittelt, indem es neben den Parteien auch die jetzige Ehefrau des Klägers in die Berechnung einbezogen und den Bedarf nach einem Drittel der zusammengerechneten Einkünfte bemessen hat. Damit ist das Berufungsgericht der neueren Rechtsprechung des Senats gefolgt (Senatsurteile BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911; vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 und BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411; ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1254; OLG Bremen NJW 2009, 925; OLG Celle NJW 2009, 1758; OLG Braunschweig FamRZ 2009, 977).
22
Die vom Berufungsgericht - im Zusammenhang mit der Erwerbsobliegenheit der jetzigen Ehefrau des Klägers - gegen die Senatsrechtsprechung erhobenen Bedenken, die es unter Hinweis auf die Rechtssicherheit zurückgestellt hat, sind ebenso wie die im Schrifttum geäußerte Kritik (etwa von Maurer FamRZ 2008, 1919; FamRZ 2008, 1985; Griesche FPR 2008, 63; Grandel NJW 2008, 796) unbegründet. Der Senat nimmt die Kritik jedoch zum Anlass für eine ergänzende und zusammenfassende Begründung seiner Rechtsprechung.
23
a) Die Anknüpfung des Unterhaltsbedarfs an die ehelichen Lebensverhältnisse soll dem Unterhaltsberechtigten auch nach der Scheidung die Teilhabe am ehelichen Lebensstandard ermöglichen. Im Vergleich zu anderen Bedarfsmaßstäben , etwa dem angemessenen Lebensbedarf, der sich allein aus der Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergibt, knüpft das Gesetz damit den Unterhaltsbedarf an die Lebensstellung des Unterhaltspflichtigen an (abgeleitete Lebensstellung; vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 196, 204 f. = FamRZ 2009, 411, 414). Es handelt sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die dem geschiedenen Ehegatten eine Teilhabe an dem auch aufgrund eigener Leistungen des Unterhaltsberechtigten erreichten höheren Lebensstandard gewähren soll (Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 und vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848). Diese Wertung hat auch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) beibehalten.
24
aa) Eine Anknüpfung an den besseren Lebensstandard des Unterhaltspflichtigen aus dem Gesichtspunkt der Teilhabe ist indessen nur insoweit gerechtfertigt , als dieser selbst in den Genuss eines höheren Lebensstandards kommt. Mit anderen Worten ist die Verbesserung des Lebensstandards des Unterhaltsberechtigten, weil der geschiedene Ehegatte einen höheren Lebensstandard hat, auch nur berechtigt, wenn der Ehegatte den höheren Lebens- standard auch nach der Scheidung tatsächlich noch hat. Dementsprechend ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats eine nacheheliche Einkommensverringerung bereits bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen (Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 und vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848). Diese Rechtsprechung hat der Senat konsequent fortgeführt und auch auf nachehelich erstmals entstandene Unterhaltspflichten angewendet, zunächst auf den Kindesunterhalt (Senatsurteile BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 und vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972), später auch auf die nach Wiederverheiratung gegenüber dem neuen Ehegatten entstandene Unterhaltspflicht (Senatsurteile BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911; vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23; BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 und vom 28. Januar 2009 - XII ZR 119/07 - FamRZ 2009, 579). Daran ist festzuhalten.
25
bb) Die gegenteilige Sichtweise knüpft durch die Anwendung des Stichtagsprinzips auch auf Einkommensreduzierungen an den früheren Zustand an und schreibt diesen über die Scheidung hinaus fort. Die Fortschreibung eines früheren Zustands stellt jedoch der Sache nach eine Fiktion dar, indem der Unterhaltspflichtige rechtlich so gestellt wird, als hätte er sein früher höheres Einkommen noch immer, auch wenn dieses in Wirklichkeit entweder gesunken oder durch weitere Unterhaltspflichten geschmälert worden ist.
26
Eine solche Fortschreibung der früheren Einkommensverhältnisse bedarf indessen der besonderen Begründung. Sie setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige sich aus Rechtsgründen an dem früheren Zustand festhalten lassen muss. Das ist in Bezug auf die Wiederverheiratung jedenfalls nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage nicht mehr der Fall.
27
Eine Einkommensfiktion ist dann angebracht, wenn dem Unterhaltspflichtigen vorzuwerfen ist, dass er den früheren Zustand nicht aufrechterhalten hat. Das wäre etwa der Fall, wenn er unter Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit seine Arbeitsstelle aufgegeben hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 179, 196, 205 = FamRZ 2009, 411, 414 und vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972). Auf die Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen kann der Gesichtspunkt der Obliegenheitsverletzung allerdings von vornherein nicht zutreffen (Senatsurteil BGHZ 179, 196, 206 f. = FamRZ 2009, 411, 414). Der Unterhaltspflichtige ist von Rechts wegen an der Wiederverheiratung nicht gehindert. Diese wird auch ansonsten nicht rechtlich missbilligt, sondern ist als Bestandteil der Eheschließungsfreiheit nach Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantiert. Anders als nach dem bis 1977 geltenden Scheidungsrecht ist die Unterhaltspflicht auch nicht mehr mit dem Verschulden am Scheitern der Ehe verknüpft, was eine Fortschreibung der früher besseren Verhältnisse allenfalls aus dem Gesichtspunkt einer Entschädigung noch rechtfertigen könnte.
28
Eine Nichtberücksichtigung von Unterhaltspflichten und Fortschreibung des früheren Einkommens nach der Scheidung ließe sich demnach nur noch rechtfertigen, wenn von dem Unterhaltspflichtigen zu verlangen wäre, neu hinzu getretene Unterhaltspflichten entweder aus anderen Mitteln zu befriedigen oder aber seine eigene Lebensführung - und die seiner neuen Familie - im Hinblick auf eine ungeschmälerte Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten - zusätzlich (d.h. mehr, als er es auch bei einer Dreiteilung muss) - einzuschränken.
29
Ein darauf abzielender Wille des Gesetzgebers lag allerdings dem 1. EheRG noch zugrunde und kam in den Erwägungen zum Rangverhältnis des geschiedenen und des neuen Ehegatten zum Ausdruck. Nach den damaligen Vorstellungen war die zweite Ehe des Unterhaltspflichtigen mit einer "wirtschaft- lichen Hypothek" belastet, die von der zweiten Ehefrau mitgetragen werden müsse (BT-Drucks. 7/650 S. 143). Den Ehegatten der neuen Ehe werde die Möglichkeit, eine "Hausfrauenehe" zu wählen, oft nicht mehr offenstehen, und in manchen Fällen werde von ihnen auch auf Kinder verzichtet werden müssen (BT-Drucks. 7/650 S. 143). In diesem Zusammenhang steht auch das vom Berufungsgericht verwendete Argument aus § 1353 BGB, dass die Ehe auf Lebenszeit geschlossen werde (zu den Hintergründen s. Schubert Die Reform des Ehescheidungsrechts von 1976 S. XLIX f.) und keine "Lebensabschnittsgemeinschaft" sei.
30
Mit derartigen Erwägungen stellte der Gesetzgeber des 1. EheRG die (zeitliche) Priorität der ersten Ehe in den Vordergrund. Er nahm gleichzeitig Abstand von der bis 1977 gültigen Rechtslage. Danach hatte zwischen geschiedenem und neuem Ehegatten - ohne Rücksicht auf das Verschulden des Unterhaltspflichtigen am Scheitern der Ehe - Gleichrang bestanden (nahezu allg. Meinung zu § 59 EheG 1946; vgl. Hoffmann/Stephan Ehegesetz 2. Aufl. § 59 Rdn. 30). Schon nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts waren bei der Unterhaltsbemessung im Fall konkurrierender (geschiedener) Ehegatten die Interessen der neuen Ehefrau mit denen der geschiedenen Ehefrau zumindest gleichwertig zu berücksichtigen (vgl. RGZ 48, 112 und RGZ 75, 433, 434).
31
An den gegenüber der Rechtslage bis 1977 geänderten Wertungen des 1. EheRG hält das Gesetz seit dem 1. Januar 2008 nicht mehr fest. Das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) hat vom grundsätzlichen Vorrang der ersten Ehe Abstand genommen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zählt nicht mehr die zeitliche Priorität der Eheschließung , sondern allein die Schutzbedürftigkeit des Berechtigten (BTDrucks. 16/1830 S. 23). Der geschiedene Ehegatte müsse sich bei Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter eine Schmälerung des auf ihn entfallenden Un- terhaltsanteils gefallen lassen. Er habe keinen "Vertrauensschutz" dahingehend , dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößere und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt werde (BT-Drucks. 16/1830 S. 24). Damit ist hinreichend deutlich , dass insoweit die Erwägungen zum 1. EheRG, auf deren Grundlage sich die Argumentation des Berufungsgerichts noch bewegt, keine Gültigkeit mehr haben.
32
Auch bei langer Ehedauer ist der geschiedene Ehegatte schließlich nach der neuen Gesetzeslage gegenüber dem kinderbetreuenden Ehegatten aus der zweiten Ehe (ebenso wie auch einer kinderbetreuenden nicht verheirateten Mutter) nicht mehr vorrangig. Der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten ist überdies selbst bei langer Ehedauer nicht zwangsläufig in den zweiten Rang einzuordnen, sondern gemäß § 1609 Nr. 2 BGB nur unter Berücksichtigung ehebedingter Nachteile (Senatsurteil BGHZ 177, 356, 382 = FamRZ 2008, 1911, 1918).
33
cc) Eine Bedarfsbemessung ohne Berücksichtigung von nach der Scheidung hinzugetretenen Unterhaltspflichten ist demnach vom gesetzgeberischen Willen schon deswegen weder gefordert noch getragen, weil das Gesetz anders als noch das 1. EheRG vom Unterhaltspflichtigen nicht mehr verlangt, dass er sich bei Eingehung einer zweiten Ehe über die damit ohnehin verbundenen Einbußen beim Lebensstandard hinaus zusätzlich einschränkt, um den Unterhalt der geschiedenen Ehefrau auf einem Stand zu halten, der ihm selbst nicht mehr zur Verfügung steht.
34
b) Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass die vom Senat praktizierte Methode, die allerdings den vom Oberlandesgericht Hamm seit 1985 - für gleichrangige Ehegatten - aufgestellten Leitlinien im Wesentlichen entspricht (Nr. 40; FamRZ 1984, 963, 966; vgl. dazu auch Hampel Bemessung des Unterhalts Rdn. 646 ff. und FamRZ 1995, 1177; später Nr. 36, vgl. FamRZ 2001, 1121, 1125 und aktuell - Stand 1. Januar 2008 - Nr. 24.2.1, FamRZ 2008, 347, 353), jedenfalls gemessen an den ursprünglichen Vorstellungen des BGBGesetzgebers zu einer teilweisen Zusammenfassung von Bedarf und Leistungsfähigkeit führt und damit die Vorschrift des § 1581 BGB in der Bedarfsermittlung teilweise aufgeht (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351, 359 f. = FamRZ 2006, 683, 685). Hierbei handelt es sich indessen um eine vereinfachende Rechtsfortbildung, die vom allgemein praktizierten Halbteilungsgrundsatz sowie der darauf beruhenden Bedarfsbemessung nach Quoten ausgeht und sich an vorhandenen gesetzlichen Wertungen orientiert. Die Zusammenfassung von Bedarf und Leistungsfähigkeit wird bei Einkommensreduzierungen, die nicht durch hinzugetretene Unterhaltspflichten verursacht worden sind (etwa unverschuldete Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen), seit geraumer Zeit allgemein akzeptiert. Der Senat hat bereits anhand der Entwicklung der Rechtsprechung dargestellt, dass das zunächst auch vom Senat angewandte Stichtagsprinzip zunehmend zu lockern war (Senatsurteil BGHZ 179, 196, 201 ff. = FamRZ 2009, 411, 413 f.), weil es sowohl zu Lasten des Unterhaltspflichtigen als auch - im Hinblick auf nach der Scheidung hinzugetretenes Einkommen - zu Lasten des Unterhaltsberechtigten zu unbilligen (teils verfassungswidrigen , BVerfG FamRZ 2002, 527) Ergebnissen führte, die das Prinzip selbst und dessen schematische Anwendung schon frühzeitig in Frage stellten.
35
Die Bedarfsermittlung nach einer Quote vom Einkommen geht zudem davon aus, dass ein Einkommen in der fraglichen Größenordnung vollständig zur Bestreitung des Lebensunterhalts verbraucht wird und die - geschiedenen - Ehegatten daran gleichmäßig teilhaben sollen. Bei dieser in der Praxis durchweg angewendeten Methode bestimmt das Einkommen des Unterhaltspflichti- gen nicht erst dessen Leistungsfähigkeit, sondern schon den Bedarf des Unterhaltsberechtigten (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300, 1305). Die Bedarfsbemessung nach Quoten stellt damit in der Sache bereits einen Bedarf und Leistungsfähigkeit zusammenfassenden Verteilungsvorgang dar, bei dem die Interessen beider Parteien des Unterhaltsverhältnisses zu berücksichtigen sind (vgl. Klinkhammer FF 2009, 140, 142 f.). Diese vereinfachende Handhabung hat schon in der bisherigen Unterhaltspraxis dazu geführt, dass die Kontrolle der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB abgesehen von der festen Untergrenze des sogenannten Ehegattenselbstbehalts weitgehend entbehrlich geworden ist, weil der dem Unterhaltspflichtigen aufgrund des Quotenunterhalts verbleibende Anteil zugleich seinem eigenen angemessenen Unterhalt nach § 1581 Satz 1 BGB entspricht. Das ist jedenfalls seit der durch Senatsurteil vom 13. Juni 2001 (BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986) geänderten Rechtsprechung zur Behandlung des Einkommens des Unterhaltsberechtigten aus einer nach der Scheidung aufgenommenen Erwerbstätigkeit regelmäßig der Fall. Dementsprechend bleibt etwa ein trennungsbedingter Mehrbedarf der geschiedenen Ehegatten in der Praxis nunmehr regelmäßig außer Betracht, weil das gesamte Einkommen beider Ehegatten in die Bedarfsbemessung einbezogen wird und schon aufgrund der Halbteilung die Interessen beider Ehegatten angemessen berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305; vgl. auch Klinkhammer FF 2009, 140, 143).
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Dass es sich bei dieser Praxis wie auch bei ihrer Weiterentwicklung durch den Senat im Wesentlichen um eine vereinfachende Zusammenfassung handelt und die Wertungen des § 1581 BGB (z.B. die Heranziehung nicht prägenden Einkommens im Rahmen der Billigkeitsabwägung) dadurch nicht außer Kraft gesetzt werden, sondern weiterhin zu beachten sind, ist in die Rechtsprechung des Senats etwa bei der Einbeziehung zusätzlichen Einkommens aus einem Karrieresprung (Senatsurteile BGHZ 179, 196, 207 f. = FamRZ 2009, 411, 414 f. und vom 28. Januar 2009 - XII ZR 119/07 - FamRZ 2009, 579) oder des Splittingvorteils aus der neuen Ehe (Senatsurteil BGHZ 177, 356, 376 = FamRZ 2008, 1911, 1916) bereits eingeflossen. Ein unterschiedlicher Rang der Ehegatten wirkt sich schließlich erst dann aus, wenn der sogenannte Ehegattenselbstbehalt nicht gewahrt ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 und BGHZ 177, 356, 374 f. = FamRZ 2008, 1911, 1916), was auch in der Düsseldorfer Tabelle (Anm. B.IV) und den Leitlinien der Oberlandesgerichte (Nr. 21.4) seinen Niederschlag gefunden hat.
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c) Dass die Drittelmethode zur rechnerischen Ermittlung der wechselseitig voneinander abhängigen Unterhaltsansprüche auch besser geeignet ist, zeigt ein Vergleich mit der vom Berufungsgericht bevorzugten Bedarfsbemessung , wie sie aufgrund der bis 2007 bestehenden Rechtslage praktiziert worden ist.
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aa) Das vom Berufungsgericht angeführte Berechnungsbeispiel (Einkommen des Unterhaltspflichtigen: 3.000 €, des geschiedenen Ehegatten: 1.500 € und des neuen Ehegatten: 0 €), mit der es die nach seiner Auffassung übermäßige und unverhältnismäßige Entwertung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten verdeutlichen will, belegt bei näherem Hinsehen das Gegenteil.
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Nach dem Berufungsgericht ergibt sich im Beispielfall ein zusammengerechnetes Einkommen (nach jeweiligem Abzug des sog. Anreizsiebtels, vgl. Anm. B. I. der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Januar 2009) von 3.857,14 €, was zu einem Bedarf (je 1/3) von 1.285,71 € führt. Daraus errechne sich ein Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten von 1.285,71 €, während der Bedarf des geschiedenen Ehegatten durch eigenes Einkommen gedeckt sei, was in- soweit zutreffend ist. Unrichtig ist demgegenüber, dass dem neuen Ehegatten "ohne die Dreiteilung" ebenfalls 1.285,71 € zustünden (gegenüber - zutreffend - 428,57 € für den geschiedenen Ehegatten bei Abzug eines geschätzten Splittingvorteils von 500 €). Hierbei hat das Berufungsgericht übersehen, dass bei der Berechnung des Bedarfs des neuen Ehegatten folgerichtig der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten vorweg abzuziehen wäre, was zu einem Bedarf des neuen Ehegatten von nur 1.102,04 € führen würde (= [3.000 € - 428,57 €] x 3/7).
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Unter Berücksichtigung dieser Korrektur zeigt sich anhand des Beispiels, dass die vom Berufungsgericht gegenübergestellte "Berechnung ohne Dreiteilung" nicht zu angemessenen Ergebnissen führt. Denn im Ergebnis verblieben dem Unterhaltspflichtigen 1.469,39 € und der neuen Ehefrau 1.102,04 €, insgesamt also - einschließlich des für die zweite Ehe reservierten Splittingvorteils - 2.571,43 €. Demgegenüber stünde der geschiedenen Ehefrau als Einzelperson neben ihrem Einkommen von 1.500 € ein Unterhalt von 428,57 € zur Verfügung und insgesamt demnach 1.928,57 €. Ein solches Ergebnis ist offensichtlich unangemessen (zu ähnlichen Ergebnissen gelangt Grandel NJW 2008, 796, 797) und lässt sich vor allem nicht mit dem Gedanken der Teilhabe oder einem Vertrauensschutz zugunsten des geschiedenen Ehegatten rechtfertigen.
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Ein solches Ergebnis widerspräche insbesondere dem eigenen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach die geschiedene und die neue Ehe verfassungsrechtlich gleichwertig sind. Auch eine Ergebniskorrektur auf der Ebene der Leistungsfähigkeit, die ausgehend von der Ansicht des Berufungsgerichts und der von ihm unterstellten Gleichrangigkeit der Beklagten mit der jetzigen Ehefrau konsequent hätte durchgeführt werden müssen und zudem von einem - vom Senat abgelehnten - aus der Unterhaltsquote abgeleiteten Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen ausgehen müsste (vgl. Senatsurteile BGHZ 166, 351, 360 ff. = FamRZ 2006, 683, 684 f. und BGHZ 179, 196, 203 = FamRZ 2009, 411, 413), würde zu keiner gleichmäßigen Teilhabe führen. Denn bei der dann notwendigen Mangelfallberechnung wäre für die geschiedene Ehefrau aufgrund der vorherigen Bedarfsermittlung "ohne Dreiteilung" ein höherer Einsatzbetrag zu veranschlagen als für die neue Ehefrau, was wiederum zu einem nicht gerechtfertigten Ungleichgewicht zugunsten der geschiedenen Ehefrau führen würde.
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bb) Die vom Senat angewendete Drittelmethode führt demgegenüber ausgehend von der rechtlichen Gleichwertigkeit von erster (geschiedener) und zweiter Ehe zu einer gleichmäßigen Verteilung des vorhandenen Einkommens. Dass der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau in dem Berechnungsbeispiel des Berufungsgerichts entfällt, erklärt sich dadurch, dass das von ihr erzielte Einkommen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs ausreicht (vgl. Gerhardt /Gutdeutsch FamRZ 2007, 779, 781). Dass sich ihr Unterhaltsbedarf aufgrund der Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen reduziert hat, steht im Einklang damit, dass dessen eigener Lebensstandard aufgrund seiner weiteren Unterhaltspflicht zwangsläufig ebenfalls abgesunken ist und wahrt somit den Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe. Auch die neue Ehefrau kann schließlich durch den Unterhalt ohne weiteres keinen höheren Lebensstandard als die geschiedene Ehefrau erreichen.
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Etwas anderes ergibt sich nur bei einem nach der Scheidung hinzugetretenen Einkommen, etwa aufgrund des Splittingvorteils aus der neuen Ehe oder aber aufgrund eines bei Scheidung der ersten Ehe nicht vorhersehbaren Karrieresprungs. Dass sich der Unterhalt der geschiedenen Ehefrau in diesen Fällen nicht unangemessen verringert, wird dadurch gewährleistet, dass zusätzliches Einkommen hieraus in die Berechnung nach der Drittelmethode einzubeziehen ist. Dass dadurch wiederum die zweite Ehe nicht benachteiligt werden darf (vgl.
BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1823 f.), wird durch die notwendige Vergleichsberechnung mit dem hypothetischen Bedarf der geschiedenen Ehefrau ohne Wiederverheiratung sichergestellt (Senatsurteil BGHZ 177, 356, 376 = FamRZ 2008, 1911, 1916), die gewährleistet, dass der Bedarf der geschiedenen Ehefrau nicht höher liegt, als er ohne die zweite Eheschließung läge. Diese Berechnung ist vom Berufungsgericht schließlich für den vorliegenden Fall zutreffend durchgeführt worden, und auch das Amtsgericht hatte die Vergleichsbetrachtung bereits angestellt.
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4. Den offenen Unterhaltsbedarf der jetzigen Ehefrau des Klägers hat das Berufungsgericht ab Januar 2009 unter Berücksichtigung eines von ihr erzielbaren Erwerbseinkommens bemessen. Es hat damit den Unterhalt der jetzigen Ehefrau "im Rahmen der Angemessenheitsprüfung" entsprechend den für geschiedene Ehegatten geltenden Grundsätzen behandelt und dies mit der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung begründet. Das ist im Ergebnis richtig (ebenso Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 399; ähnlich FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. Rdn. 6/253 b; a. A. OLG Bremen FPR 2009, 181).
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a) Allerdings folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht, dass eine geschiedene Ehe mit einer bestehenden in jeder Hinsicht gleichzubehandeln wäre. Das Bürgerliche Gesetzbuch geht in vielerlei Hinsicht vom Gegenteil aus. Das zeigt sich insbesondere an den Unterhaltstatbeständen mit Einsatzzeitpunkten (§§ 1571 - 1573 BGB) sowie der Befristung und Begrenzung nach § 1578 b BGB, die den geschiedenen Ehegatten aufgrund der durch die Scheidung beendeten Rechtsbindung schlechter stellen als den Ehegatten in einer bestehenden Ehe. Das stimmt damit überein, dass aus einer bestehenden Ehe ihrer Natur nach stärkere rechtliche Bindungen erwachsen als aus einer geschiedenen. Das Abstellen auf den in § 1353 BGB enthaltenen Satz, dass die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird, ist in Anbetracht der durch die Scheidung beendeten Ehe dagegen widersprüchlich und läuft auf eine Fiktion des Fortbestands der geschiedenen Ehe und der aus ihr erwachsenden - gegenseitigen - Rechtswirkungen hinaus.
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b) Die vom Berufungsgericht angestellte Betrachtung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend. Im Fall der unterhaltsrechtlichen Konkurrenz eines geschiedenen Ehegatten mit dem jetzigen Ehegatten ist zu berücksichtigen , dass durch die von den Ehegatten der neuen Ehe frei gewählte Rollenverteilung der bestehende Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nicht über Gebühr geschmälert werden darf.
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Zwar ist die den Anspruch auf Familienunterhalt (§ 1360 BGB) begründende Rollenverteilung gemäß § 1356 BGB gesetzlich zulässig und kann regelmäßig nicht als rechtsmissbräuchlich bewertet werden (vgl. auch Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - XII ZR 54/06 - FamRZ 2009, 762 zum Verhältnis von Familienunterhalt und Volljährigenunterhalt und - zur bis 2007 geltenden Rechtslage - Senatsurteil vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - FamRZ 2007, 1081 zum Verhältnis von Familienunterhalt und Minderjährigenunterhalt).
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Andererseits darf die das Innenverhältnis der Ehegatten betreffende Rollenverteilung die - dem neuen Ehegatten bekannte - Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht übermäßig beeinträchtigen. Dieser Gedanke findet im Ansatz bereits in der sogenannten Hausmannrechtsprechung des Senats (Senatsurteil BGHZ 169, 200, 205 f. = FamRZ 2006, 1827, 1828 m.w.N.) seinen Ausdruck. Auch wenn in diesen Fällen die Wahl der Haushaltsführung durch den Unterhaltspflichtigen in Rede steht, sind mit der durch diese Rechtsprechung nur einschränkend akzeptierten Rollenverteilung mittelbare Auswirkungen auf die Aufgabenverteilung innerhalb der bestehenden Ehe verbunden, die der neue Ehegatte nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB mittragen muss. Die daraus entstehenden Einschränkungen der neuen Ehe sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG FamRZ 1985, 143, 145).
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Im Hinblick auf die hier vorliegende Unterhaltskonkurrenz von geschiedenem und neuem Ehegatten ist aber vor allem bestehenden gesetzlichen Wertungen Rechnung zu tragen, dass die Rollenverteilung der zweiten Ehe im Fall des Zusammentreffens mit Ansprüchen auf Geschiedenenunterhalt nicht ausschlaggebend sein darf. Dass es bei der Unterhaltskonkurrenz von geschiedenem und neuem Ehegatten nicht auf den dem neuen Ehegatten zustehenden Familienunterhalt ankommt, ist bereits in § 1609 Nr. 2 BGB und § 1582 BGB a.F. geregelt worden. Schon nach § 1582 BGB a.F. war im Rahmen des Vergleichs der beiden Unterhaltsansprüche aus erster und zweiter Ehe beim neuen Ehegatten nicht auf den Familienunterhalt abzustellen, sondern darauf, ob der neue Ehegatte bei entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis 1574 BGB, § 1576 BGB und des § 1577 Abs. 1 BGB unterhaltsberechtigt wäre. Hintergrund dieser Regelung war, dass der Gesetzgeber es für unbillig hielt, dass allein der geschiedene Ehegatte auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen würde. Es müsse vielmehr erwartet werden, dass der Ehegatte des Verpflichteten seine Möglichkeiten in gleichem Maße ausschöpfe, wie es dem Geschiedenen obliege (BT-Drucks. 7/650 S. 142 f.). An dieser Wertung - an deren Verfassungsmäßigkeit keine Zweifel bestehen - hat das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) festgehalten. Das zeigt sich daran, dass es nach § 1609 Nr. 2 BGB im Konkurrenzfall ebenfalls nicht darauf ankommt, ob dem ein Kind betreuenden neuen Ehegatten ein Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB zusteht. Auch hier ist statt dessen auf die hypothetische Betrachtung abzustellen, ob der neue Ehegatte im Fall einer Scheidung - wegen Kinderbetreuung - unterhaltsberechtigt wäre.
50
Damit bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die unterhaltsberechtigten (geschiedenen) Ehegatten im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit gleich zu behandeln sind und die das Innenverhältnis der neuen Ehe betreffende Rollenverteilung bei der Bemessung des für den neuen Ehegatten zu reservierenden Unterhaltsbetrages nicht entscheidend ist. Dass sich die genannten Regelungen auf den Unterhaltsrang beziehen, steht ihrer Heranziehung für die Frage der Unterhaltsbedürftigkeit im Rahmen der Drittelmethode schließlich nicht im Wege. Vielmehr ist eine Einbeziehung des vom neuen Ehegatten erzielbaren Einkommens bereits bei der Bedarfsermittlung erforderlich, weil das gesetzgeberische Ziel der Gleichbehandlung von geschiedener und neuer Ehe im Hinblick auf die Bedürftigkeit und die Erwerbsobliegenheit anderenfalls unterlaufen würde.
51
Das zeigt sich am folgenden Beispielfall: Der geschiedene Unterhaltspflichtige ist wiederverheiratet und hat mit seiner neuen Ehefrau ein fünfjähriges Kind. Er hat ein (um den Kindesunterhalt und Erwerbsanreiz bereinigtes) Einkommen von 2.400 €. Die nach langer Ehedauer geschiedene Ehefrau erzielt krankheitsbedingt kein Einkommen. Die neue Ehefrau könnte neben der Kinderbetreuung ein Einkommen von (bereinigt um den Erwerbsanreiz) 600 € erzielen. Würde man hier das erzielbare Einkommen erst bei der Mangelverteilung (auf der Ebene der Leistungsfähigkeit) berücksichtigen, so würde dies zu einem verzerrten Ergebnis führen. Der Bedarf nach der Drittelmethode betrüge jeweils 800 €. Es läge ein Mangelfall vor (2.400 € - 800 € - 800 € < 1.000 €). Bei der Mangelfallberechnung müsste nunmehr nach § 1609 Nr. 2 BGB das erzielbare Einkommen der neuen Ehefrau berücksichtigt werden. Sie hätte dann einen Unterhaltsanspruch von 200 € (= 800 € - 600 €), während der geschiedenen Ehefrau nicht mehr als 800 € zustünden. Dann würden aber dem Unterhaltspflichtigen trotz Mangelfalls sogar 1.400 € verbleiben. Die zu unterstellende Erwerbsobliegenheit der neuen Ehefrau würde sich im Ergebnis nicht nieder- schlagen. Bezieht man dagegen das von der neuen Ehefrau erzielbare Einkommen bereits bei der Bedarfsermittlung ein, so ergibt sich ein Bedarf von jeweils 1000 €. Ein Mangelfall liegt dann nicht vor.
52
c) Demnach ist für den in die Berechnung einzustellenden Unterhalt der neuen Ehefrau darauf abzustellen, ob diese nach § 1570 BGB unterhaltsberechtigt wäre. Das Berufungsgericht hat hier jedenfalls ein erzielbares Einkommen von nur 76 € unterstellt, welches rechnerisch bereits ausreicht, um den vom Amtsgericht der Beklagten noch aufrechterhaltenen Unterhalt von 290 € zu verteidigen. Das ist nicht zu beanstanden.
53
aa) Der aufgrund der gebotenen Gleichbehandlung maßgebliche hypothetische Geschiedenenunterhaltsanspruch der neuen Ehefrau macht eine Prüfung der nachehelichen Unterhaltstatbestände nach §§ 1570 ff. BGB erforderlich. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht mangels anderer Gründe, die für eine vollständige Unterhaltsbedürftigkeit in Betracht kommen, zu Recht allein auf § 1570 BGB abgestellt. Es hat jedenfalls ein Einkommen aus einer Arbeitstätigkeit im Umfang von vierzehn Stunden im Monat für erzielbar gehalten , welches rechnerisch zur Aufrechterhaltung des mit der Berufung allein angegriffenen Unterhalts von 290 € bereits ausreicht. Diese Feststellung wird von der Revision nicht angegriffen und ist im Hinblick auf § 1570 Abs. 1 BGB nicht zu beanstanden.
54
bb) Allerdings kommt jedenfalls im Ausgangspunkt auch die mögliche Unterhaltsverlängerung nach § 1570 Abs. 2 BGB aus elternbezogenen Gründen in Betracht. Der aus elternbezogenen Gründen verlängerte Betreuungsunterhalt weist indessen Besonderheiten auf, die im Konkurrenzfall nur eine eingeschränkte Berücksichtigung zulassen. Denn eine mögliche Unterhaltsverlängerung wegen der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe würde ebenfalls maßgeblich von der Rollenverteilung in der neuen Ehe abhängen. Damit wäre den Ehegatten der neuen Ehe wiederum die Möglichkeit eröffnet, durch die interne Rollenverteilung den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu entwerten, was der oben aufgeführten gesetzlichen Gleichbewertung der Erwerbsobliegenheiten des geschiedenen und des neuen Ehegatten widerspräche. Demzufolge kann es für die Berücksichtigung eines von der neuen Ehefrau erzielbaren Einkommens nicht darauf ankommen, dass dem neuen Ehegatten bei hypothetischer Betrachtung ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt nach § 1570 Abs. 2 BGB zustünde, wenn dieser sich allein aus der Rollenverteilung in der neuen Ehe ergäbe.
55
Etwas anderes mag gelten, wenn etwa der geschiedene Ehegatte seinerseits einen Anspruch aus elternbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 2 BGB gehabt hat oder noch hat, was im vorliegenden Fall aber nicht in Rede steht. Wenn dagegen der geschiedene Ehegatte bei inzwischen abgeschlossener Kinderbetreuung aufgrund der bis 2007 gültigen Rechtslage noch in den Genuss des inzwischen überholten Altersphasenmodells gekommen ist, kann dies wegen der Gesetzesänderung nicht für die Gleichbehandlung der neuen Ehe angeführt werden. Dass die erste Ehe - wie im vorliegenden Fall - noch als Hausfrauenehe geführt wurde, ist schließlich ebenfalls nicht maßgeblich, weil insoweit für die geschiedene und die neue Ehe unterschiedliche Ausgangslagen bestanden und im Rahmen der ersten Ehe anders als in der zweiten Ehe noch nicht auf weitere Unterhaltsansprüche Rücksicht zu nehmen war. Nach der für die Beurteilung maßgebenden Zeit nach der Scheidung unterlag die Beklagte gleichermaßen einer Erwerbsobliegenheit.
56
cc) Unter Berücksichtigung der aufgeführten Grundsätze könnte sich im vorliegenden Fall aufgrund der nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1570 Abs. 2 BGB allein aus Gründen ergeben, die mit der in der zweiten Ehe getroffenen Rollenverteilung zusammenhängen. Da sonstige elternbezogene oder kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit in dem vom Berufungsgericht festgestellten geringen Umfang jedenfalls nicht entgegen stehen, hat das Berufungsgericht zu Recht auch für die zweite Ehefrau ein erzielbares Einkommen in die Berechnung eingestellt.
57
d) Das Berufungsgericht hat zur Frage der sich aus dem Zusammenleben in der zweiten Ehe ergebenden Haushaltsersparnis (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 597 f.; OLG Braunschweig FamRZ 2009, 977, 980; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2007, 779, 780) keine Feststellungen getroffen. Das war hier im Ergebnis auch nicht notwendig, weil nur noch der Antrag des Klägers auf Herabsetzung unter den vom Amtsgericht ausgeurteilten Unterhaltsbetrag von 290 € im Streit stand und eine Herabsetzung schon aus den oben angeführten Gründen nicht in Betracht kam.
58
5. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Einwand der Befristung (§ 1578 b Abs. 2 BGB) als gemäß § 323 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen betrachtet. Der Kläger habe den Einwand der Befristung bereits im Vorverfahren geltend machen und ihn in seinem damaligen Klageantrag berücksichtigen müssen, weil unter den Umständen des vorliegenden Falles alle für eine zeitliche Begrenzung maßgeblichen Tatsachen seinerzeit bereits festgestanden hätten. Dem ist zu folgen.
59
Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist eine Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als behauptet wird, dass die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden seien. Konnte deswegen eine zeitliche Begrenzung des Ehegattenunterhalts bzw. seiner Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Ausgangsverfahrens vorgetragen und geltend gemacht werden, ist eine Abänderungsklage mit dem Ziel einer zeitlichen Unterhaltsbegrenzung bei gleich gebliebenen Verhältnissen wegen § 323 Abs. 2 ZPO unzulässig. Die Entscheidung , einen Unterhaltsanspruch von einem bestimmten Zeitpunkt an aus Billigkeitsgründen zu begrenzen, setzt dabei nicht voraus, dass dieser Zustand bereits erreicht ist. Soweit die betreffenden Gründe schon im Ausgangsverfahren entstanden oder jedenfalls zuverlässig vorauszusehen waren, mussten sie auch im Ausgangsverfahren berücksichtigt werden. Die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung kann dann wegen § 323 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht im Rahmen einer Abänderungsklage nachgeholt werden (Senatsurteile vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1360 und vom 5. Juli 2000 - XII ZR 104/98 - FamRZ 2001, 905).
60
Im vorliegenden Fall hat sich seit der mündlichen Verhandlung im Vorprozess für die Frage der Befristung des Unterhalts keine wesentliche Veränderung ergeben. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ergab sich schon seinerzeit allein aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) und konnte daher nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. zeitlich begrenzt werden. Dass es bei der anzustellenden Billigkeitsabwägung nicht mehr vorrangig auf die Dauer der Ehe ankam , sondern auf dem Unterhaltsberechtigten entstandene ehebedingte Nachteile, galt bereits aufgrund der Rechtsprechung des Senats seit dem Senatsurteil vom 12. April 2006 (- XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) und ist bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) durch die vom Berufungsgericht aufgeführten weiteren Senatsentscheidungen bestätigt worden. Insofern hat die Neuregelung in § 1578 b BGB somit die vom Senat angewandten Kriterien für eine Befristung des Unterhalts im Rahmen des Aufstockungsunterhalts lediglich gesetzlich klargestellt.
61
Entgegen der Revision kann die seit dem Senatsurteil vom 30. Juli 2008 (BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911) im Hinblick auf die Konkurrenz von geschiedener und neuer Ehe geänderte Rechtsprechung und die nunmehr anzuwendende Drittelmethode nicht für eine zusätzliche wirtschaftliche Entflechtung der geschiedenen Ehegatten angeführt werden, die ihrerseits eine Neubewertung der für die Befristung streitenden Umstände eröffnen könnte. Denn hierbei handelt es sich um eine dem Kläger als Unterhaltspflichtigen ohnedies günstige Änderung, die für sich genommen schon zu einer Unterhaltsreduzierung führt. Die weitere Unterhaltspflicht gegenüber seiner jetzigen Ehefrau bestand dagegen schon während des Vorprozesses und konnte im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. berücksichtigt werden. Die Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern waren schließlich seinerzeit bereits bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden. Auch das Senatsurteil vom 30. Juli 2008 (BGHZ 177, 356, 380 = FamRZ 2008, 1911, 1918) lässt sich für eine Zulassung des Befristungseinwands allein aufgrund der gesetzlichen Neuregelung nicht anführen. Im Ausgangsfall dieser Entscheidung ging es um einen Unterhaltstitel, der vor Änderung der Rechtsprechung zur Unterhaltsbefristung errichtet worden war.
62
b) Darüber hinaus eröffnet § 36 Nr. 1 EGZPO - wie oben unter 1. a ausgeführt - keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit, sondern stellt lediglich klar, dass die Gesetzesänderung ein Anwendungsfall des § 323 Abs. 1 ZPO ist. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei nicht um einen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf. In der Sache sei eine Anpassung von bestehenden Titeln und Unterhaltsvereinbarungen danach nur möglich, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintrete (BT-Drucks. 16/1830 S. 32 f.). Die Wesentlichkeitsschwelle sei im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO zu verstehen: In einer Gesamtschau aller Umstände - ggf. auch von der Reform unabhängiger Umstände - sei zu prüfen, in welchem Umfang sich die für Unterhaltsverpflichtung und -bemessung maßgeblichen Verhältnisse geändert hätten (BT-Drucks. 16/1830 S. 33).
63
Dadurch wird zugleich bestätigt, dass das neue Unterhaltsrecht nur dann zur Abänderung bestehender Titel berechtigt, wenn bestimmte Umstände erst durch die Gesetzesänderung erheblich geworden sind und diese gegenüber der bisherigen Rechtslage zu einer wesentlichen Änderung führt. Auch durch § 36 Nr. 2 EGZPO soll - nur - sichergestellt werden, dass Umstände, die erst durch das neue Recht erheblich geworden sind, in das Verfahren eingeführt werden können (BT-Drucks. 16/1830 S. 33). Im vorliegenden Fall sind die für die Befristung angeführten Umstände nicht erst durch das neue Unterhaltsrecht erheblich geworden. Sie hätten - wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat - bereits aufgrund der zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess geltenden Gesetzeslage und Rechtsprechung für eine Befristung des Unterhalts vorgebracht werden können.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Klinkhammer Schilling

Vorinstanzen:
AG Marl, Entscheidung vom 19.08.2008 - 20 F 112/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.03.2009 - II-2 UF 179/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 343/99 Verkündet am:
13. Juni 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Zur Frage der Berechnung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs eines Ehegatten
, der in der Ehe die Haushaltsführung übernommen hat und nach der Ehe eine
Erwerbstätigkeit aufnimmt (Ä nderung der bisherigen Rechtsprechung zur sog. Anrechnungsmethode
).
BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - OLG München/Augsburg
AG Augsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Gerber, Weber-Monecke und Fuchs

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 16. November 1999 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die 1951 geborene Klägerin nimmt den Beklagten auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt in Anspruch. Ihre am 23. August 1968 geschlossene Ehe wurde am 2. Dezember 1997 rechtskräftig geschieden. Während der Ehe versorgte die Klägerin den Haushalt und die 1979 geborene gemeinsame Tochter. Nach anfänglich stundenweisen Beschäftigungen war sie ab 1974 etwas mehr als halbtags als selbständige Fußpflegerin tätig. Daraus erzielte sie zuletzt ein monatliches Durchschnittseinkommen von 998 DM, welches, bereinigt um Aufwendungen für Kranken- und Lebensversicherung sowie um einen Erwerbstätigenbonus, monatlich rund 403 DM betrug.
Die Klägerin war Alleineigentümerin eines den Parteien als Familienheim dienenden, mit Restschulden belasteten Hauses, welches sie am 1. Juli 1998 verkaufte. Seither wohnt sie zur Miete. Nach Ablösung von Schulden und Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 85.000 DM an den Beklagten verblieb ihr ein Restkapital, aus dem sie Zinsen erzielt. Die Tochter ist seit September 1997 nicht mehr unterhaltsbedürftig. Der Beklagte ist nach vorübergehender Arbeitslosigkeit seit Januar 1998 wieder bei einer Firma beschäftigt und verdiente 1998 dort monatlich netto 3.194 DM. Das Kapital aus dem Zugewinnausgleich hat er verbraucht. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu monatlichen Unterhaltszahlungen an die Klägerin von je 203 DM für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1998, je 309 DM für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 1999 und von je 419 DM für die Zeit ab 1. Juni 1999 verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den ab 1. Juni 1999 zu zahlenden monatlichen Unterhaltsbetrag auf 398 DM herabgesetzt und das Rechtsmittel im übrigen zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der völligen Klagabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

I.

1. Das Oberlandesgericht hat der Klägerin einen nachehelichen Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zugebilligt. Bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen hat es - abweichend vom Amtsgericht - auf seiten des Beklagten dessen 1998 erzieltes monatliches Nettoeinkommen von 3.194 DM, bereinigt um berufsbedingte Fahrtkosten in Höhe von maximal monatlich 330 DM, Kosten der Zusatzkrankenversicherung von monatlich 94 DM und um einen Erwerbstätigenbonus von 10 %, somit 2.493 DM monatlich zugrunde gelegt. Die geltend gemachten höheren Fahrtkosten hat es, da unangemessen hoch, nicht anerkannt, desgleichen nicht Raten aus Steuer- und anderen Schulden, da der Beklagte diese aus dem erhaltenen Zugewinnausgleich hätte tilgen können. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen. 2. Das Oberlandesgericht hat ferner ausgeführt, die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien von einem "Wohnwert" von mindestens monatlich 1.242 DM geprägt gewesen (geschätzter Mietwert monatlich 1.800 DM abzüglich 558 DM Darlehensraten). Trotz des zwischenzeitlichen Auszugs der Parteien und des Wegfalls der Nutzung sei hierfür ein Einkommen anzusetzen, damit der bedürftige Ehegatte nicht infolge der Trennung und Scheidung einen sozialen Abstieg erleide. Andererseits könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Höhe des sogenannten toten Kapitals, das nach Auszug eines Ehegatten und dem dadurch bedingten Nutzungsausfall entstanden sei, kein bedarfsbestimmendes Einkommen angesetzt werden. Diese Rechtsprechung könne, weil sie sonst widersprüchlich sei, nur so verstanden werden, daß zwar das addierte Einkommen aus tatsächlichen Einkünften und voller
Mietersparnis den Lebensstandard gemäß § 1578 BGB bestimme, daß sich aber beide Ehegatten bereits im Rahmen des § 1578 BGB aus Billigkeit damit abfinden müßten, daß nur das tatsächliche Erwerbseinkommen zur Verteilung zur Verfügung stehe. Soweit es indessen ein Ersatzeinkommen gebe, das zur Auffüllung der Lücke herangezogen werden könne, müsse keiner der Ehegatten diese Billigkeitskorrektur hinnehmen. Ein solches Ersatzeinkommen seien die monatlichen Zinseinnahmen in Höhe von 407 DM, die die Klägerin aus dem ihr verbliebenen Kapital nach Verkauf des Hauses und Ablösung der Schulden erzielen könne. Zum weiteren prägenden Einkommen gehöre ferner ein fiktives Einkommen für die Haushaltsführung, da auch dadurch die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne des § 1578 BGB bestimmt worden seien. Nach dem von der Klägerin nicht angegriffenen medizinischen Gutachten des Sachverständigen sei ihr eine leichte vollschichtige Tätigkeit zuzumuten, mit der sie monatlich ein (um die gesetzlichen Abzüge, pauschale berufsbedingte Aufwendungen und den Erwerbstätigenbonus) bereinigtes Nettoeinkommen von 1.291 DM erzielen könne. Dieses sei ihr neben den monatlichen Zinseinkünften von 407 DM auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Den Unterhaltsbedarf errechnet das Oberlandesgericht demnach ab 1. Juli 1998 nach der sogenannten Additionsmethode wie folgt: bereinigtes Einkommen des Beklagten 2.493 DM zuzüglich "1/3 prägendes Einkommen" der Klägerin aus 1.291 DM 430 DM zuzüglich "2/3 Ersatzeinkommen für Haushaltsführung" 861 DM zuzüglich Ersatzeinkommen Wohnung (Zinsen) 407 DM 4.191 DM : 2 = 2.096 DM
Den Unterhaltsanspruch errechnet es unter Abzug des fiktiven Erwerbseinkommens der Klägerin von 1.291 DM und der Zinsen von 407 DM mit 398 DM Eine Herabsetzung des Unterhalts ergebe sich daher nur für den Zeitraum ab 1. Juni 1999.

II.

1. Die Revision wendet sich gegen den Ansatz des Berufungsgerichts, die Haushaltsführung als ein die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmendes Element anzusehen und ein an deren Stelle tretendes Ersatzeinkommen in die Unterhaltsbedarfsermittlung nach § 1578 BGB einzubeziehen. Die dadurch erforderlich werdende Monetarisierung der Haushaltsführung sei wegen der Schwierigkeit einer Bewertung nicht praktikabel. Der Ansatz des Berufungsgerichts , der dazu führe, nach der Ehescheidung erzielte, die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägende Einkünfte auch des Unterhaltsschuldners zu verteilen und den Unterhalt des Berechtigten aufzustocken, beruhe auf Billigkeitserwägungen , denen eine gesetzliche Grundlage bisher fehle. Daher habe es bei dem Ansatz zu verbleiben, nur die in der Ehe vorhandenen Bareinkünfte der Bedarfsberechnung zugrunde zu legen. Diese Einwände führen im Ergebnis nicht zum Erfolg. 2. Gemäß § 1573 Abs. 2 BGB kann die Klägerin nach der Scheidung einen sogenannten Aufstockungsunterhalt in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen ihren eigenen Einkünften und dem vollen Unterhalt (§ 1578 BGB) verlangen, wenn ihre Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum
vollen Unterhalt nicht ausreichen. Das Gesetz knüpft dabei an den Unterhaltsmaßstab der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 BGB an, ohne dort allerdings im einzelnen zu definieren, welche Umstände diese Lebensverhältnisse bestimmen, und ohne den für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt festzulegen. Nach den bislang vom Senat zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs entwikkelten Grundsätzen werden die ehelichen Lebensverhältnisse im wesentlichen durch die bis zur Scheidung nachhaltig erzielten tatsächlichen Einkünfte der Ehegatten bestimmt, soweit sie dazu vorgesehen waren, den laufenden Lebensunterhalt zu decken (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 8. April 1981 - IVb ZR 566/80 - FamRZ 1981, 539, 541; vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - FamRZ 1982, 255, 257; vom 24. November 1982 - IVb ZR 326/81 - FamRZ 1983, 144, 146 und seither ständig; weitere Nachweise bei Lohmann Neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Familienrecht 8. Aufl. Rdn. 110 f.). Zwar hat der Senat die Haushaltsführung eines nicht erwerbstätigen Ehegatten einschließlich der Kinderbetreuung wirtschaftlich betrachtet der Erwerbstätigkeit und der durch diese ermöglichten Geldunterhaltsleistung des anderen Ehegatten als grundsätzlich gleichwertig angesehen. Er hat aber entscheidend darauf abgehoben, daß an Barmitteln, die zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, nur die Einkünfte des erwerbstätigen Ehegatten vorhanden sind und daher die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich durch diese Einkünfte und nicht entscheidend durch den wirtschaftlichen Wert der von beiden Ehegatten erbrachten Leistungen geprägt werden (Senatsurteile vom 14. November 1984 - IVb ZR 38/83 - FamRZ 1985, 161, 163; vom 23. April 1986 - IVb ZR 34/85 - FamRZ 1986, 783, 785). Da die Scheidung den Endpunkt für die Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse setzt, können diese nach diesen Grundsätzen nicht mehr durch Einkünfte mitgeprägt werden, die erst durch eine spätere Arbeitsaufnah-
me oder Ausdehnung einer Teilzeittätigkeit hinzutreten. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehe (nur) den Haushalt geführt und gegebenenfalls Kinder betreut, bestimmt sich daher das Maß seines eheangemessenen Unterhalts grundsätzlich nur nach einer Quote des tatsächlich erzielten und zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Einkommens des erwerbstätigen Ehegatten. Diese Quote erhöht sich gegebenenfalls um trennungsbedingten Mehrbedarf, den der unterhaltsberechtigte Ehegatte konkret darlegen muß (Senatsurteile vom 4. November 1981 aaO 257 und vom 23. November 1983 - IVb ZR 21/82 - FamRZ 1984, 149, 151 = BGHZ 89, 108, insoweit dort jedoch nicht abgedruckt). Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung durch erstmalige Aufnahme (vgl. Senatsurteil vom 8. April 1981 aaO und vom 4. November 1981 aaO) oder durch Erweiterung einer bereits innegehabten Teilzeitarbeit (vgl. Senatsurteil vom 14. November 1984 aaO) erzielt, bleibt daher bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen außer Betracht. Vielmehr muß er sich dieses Einkommen nach dem Grundsatz wirtschaftlicher Eigenverantwortung auf die Quote bedarfsdeckend anrechnen lassen (§§ 1569, 1577 Abs. 1 BGB; sogenannte Anrechnungsmethode, v gl. Senatsurteile vom 8. April 1981, 24. November 1982, 14. November 1984 jeweils aaO). Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte demgegenüber seine Tätigkeit schon während der Ehe aufgenommen, fließt sein daraus erzieltes Einkommen als die ehelichen Lebensverhältnisse prägend (und damit letztlich unterhaltserhöhend) in die Bedarfsbemessung nach § 1578 BGB mit ein. Sein Unterhalt kann dann im Wege der sogenannten Differenzmethode nach einer Quote der Differenz der beiderseits erzielten (bereinigten) Einkommen bemessen werden, ohne daß der so berechnete "Quotenunterhalt" allerdings die Gewähr bietet, den vollen, nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhaltsbedarf abzu-
decken (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1984 - IVb ZR 43/82 - FamRZ 1984, 358, 360 m.N.). Die Berechnung kann auch im Wege der sogenannten Additionsmethode erfolgen, indem eine Quote aus den zusammengerechneten beiderseitigen (bereinigten) Einkommen gebildet wird und darauf sowohl die prägenden wie die nicht prägenden Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten angerechnet werden. Differenz- und Additionsmethode führen danach - bei beiderseits bereinigtem Einkommen - rechnerisch zum selben Ergebnis, wobei die Differenzmethode lediglich eine Verkürzung darstellt (zu den v erschiedenen Methoden vgl. Wendl/Gerhardt Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 4 Rdn. 386 ff.; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. IV Rdn. 933 ff.). Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen zur Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse hat der Senat unter anderem in einem Fall zugelassen, in dem die Ehefrau nach der Trennung ihre bisher in der Ehe ausgeübte Halbtagstätigkeit in eine Ganztagstätigkeit ausgeweitet hatte, nachdem das Kind 16 Jahre alt geworden war. Er hat dazu ausgeführt, daß das Heranwachsen eines Kindes in aller Regel dem betreuenden Elternteil die Möglichkeit eröffne, eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen. Er hat in diesem Zusammenhang entscheidend darauf abgestellt, ob die Aufnahme oder Ausweitung der Erwerbstätigkeit bereits in der Ehe geplant und angelegt war und damit auch ohne die Trennung erfolgt wäre (BGHZ 89, 108, 113 = FamRZ 1984, 149, 150). In diesem Fall war das erhöhte Einkommen der Ehefrau bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen und in die Differenzrechnung einzustellen. Ebenso ist er in einem Fall verfahren, in dem die Ehefrau nach der Heirat ihren Beruf aufgab, den Haushalt und die Kinder betreute und den Ehemann in dessen Tierarztpraxis unterstützte, nach der Trennung - die Kinder waren inzwischen 17 und 18 Jahre alt - zunächst ihren erlernten Beruf als Me-
dizinisch-Technische Assistentin im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung wiederaufnahm und diese noch vor der Scheidung zu einer Ganztagstätigkeit ausweitete. Der Senat hat ihren Einkünften prägenden Einfluß auf die ehelichen Lebensverhältnisse zugemessen, weil ihre Arbeitsaufnahme im Rahmen einer normalen Entwicklung lag (Senatsurteil vom 9. Juni 1982 - IVb ZR 698/80 - FamRZ 1982, 892, 893). Erfolgte die Arbeitsaufnahme dagegen erst nach der Scheidung, erhöhte das daraus erzielte Einkommen nach den bisherigen Grundsätzen den Unterhaltsbedarf nach § 1578 BGB auch dann nicht, wenn ein entsprechender Lebensplan schon vor der Trennung bestanden hatte , so daß ein späteres Erwerbseinkommen im Wege der Anrechnungsmethode auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen war und den Unterhalt beschränkte (Urteil vom 23. April 1986 aaO S. 785). 3. Die in den Fällen einer erst nachehezeitlich aufgenommenen oder ausgeweiteten Erwerbstätigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten angewandte Anrechnungsmethode führt zu einem geringeren Unterhalt als es der Fall wäre, wenn das Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsbemessung einbezogen würde. Das mag folgendes vereinfachtes Beispiel verdeutlichen (nach Graba FamRZ 1999, 1115, 1116), wobei die Einkommen bereits um den berufsbedingten Aufwand und um den Erwerbstätigenbonus bereinigt sind, so daß von einer Aufteilung zu je 1/2 ausgegangen werden kann:
Anrechnungsmethode: prägendes Einkommen des M. 4.000 DM nicht prägendes Einkommen der F. 2.000 DM Bedarf: 4.000 DM : 2 = 2.000 DM darauf anzurechnen nicht prägendes Einkommen der F. 2.000 DM Unterhalt 0 DM Additionsmethode: prägendes Einkommen des M. 4.000 DM prägendes Einkommen der F. + 2.000 DM Summe 6.000 DM Bedarf: 6.000 DM : 2 = 3.000 DM darauf anzurechnen eigenes Einkommen der F. - 2.000 DM Unterhalt 1.000 DM Dasselbe Ergebnis ergibt sich verkürzt durch die Differenzmethode: prägendes Einkommen des M. 4.000 DM prägendes Einkommen der F. - 2.000 DM Differenz 2.000 DM : 2 = Unterhalt 1.000 DM
4. Der Rechtsprechung des Senats, daß sich die ehelichen Lebensverhältnisse nur durch die vorhandenen Barmittel, nicht aber auch durch den wirtschaftlichen Wert der von dem haushaltsführenden Ehegatten erbrachten Leistungen bestimmen sollen, wird entgegengehalten, daß sie den Ehegatten benachteilige , der um der Familie und Kinder willen oder um dem anderen erwerbstätigen Ehegatten ein besseres berufliches Fortkommen zu ermöglichen, auf eine eigene Erwerbstätigkeit (und damit auch auf eine höhere Alterssicherung ) verzichtet. Die Bemessungsweise nach der sog. Anrechnungsmethode
führe vollends zu Unbilligkeiten, wenn in der Ehe ein Teil des Erwerbseinkommens zur Vermögensbildung gespart worden sei und nicht zum allgemeinen Lebensbedarf zur Verfügung gestanden habe. Das als ungerecht empfundene Ergebnis der Unterhaltsbemessung bei nachehelicher Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wurde in der Literatur stets kritisch beurteilt (vgl. u.a. Büttner FamRZ 1984, 534, 536; Hampel FamRZ 1984, 621, 624, 625; Laier FamRZ 1993, 392 ff.; Luthin FamRZ 1988, 1109, 1113), ist aber nunmehr angesichts des Wandels der sozialen Wirklichkeit seit Einführung der Eherechtsreform verstärkt in das Blickfeld geraten (vgl. unter anderem Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 3. Aufl. § 1573 Rdn. 30; Heiß/Heiß Handbuch des Unterhaltsrechts I Kap. 5.7 Rdn. 21 ff., 26; Kalthoener/Büttner/ Niepmann Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 7. Aufl. Rdn. 440 und 445; Schwab/Borth aaO IV Rdn. 853, 945; Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 3. Aufl. Kap. 6 Rdn. 403 a ff.; Göppinger /Bäumel Unterhaltsrecht 7. Aufl. Rdn. 1073; MünchKomm/Maurer BGB 4. Aufl. § 1578 Rdn. 59; Palandt/Brudermüller BGB 60. Aufl. § 1578 Rdn. 31; Born FamRZ 1999, 541, 547; derselbe MDR 2000, 981 ff.; Büttner FamRZ 1999, 893 ff.; Borth FamRZ 2001, 193 ff.; Gerhardt FamRZ 2000, 134 ff.; Gerhardt /Gutdeutsch FuR 1999, 241 ff.; Graba FamRZ 1999, 1115 ff.). Als Hauptargumente werden angeführt: Die ehebedingte Beschränkung infolge des Verzichts auf eine eigene berufliche Tätigkeit könne auf dem Wege über die Anrechnungsmethode zu einer dauerhaften Beschränkung des Lebensstandards des unterhaltsberechtigten Ehegatten führen, die auch durch die Zubilligung eines trennungsbedingten Mehrbedarfs nur teilweise abgemildert werde. Dies laufe der vom Gesetzgeber gewollten Lebensstandardgarantie des geschiedenen Ehegatten in
§§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 BGB, der in §§ 1356, 1360 Satz 2, 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgegebenen Gleichwertigkeit von Erwerbstätigkeit einerseits, Haushaltsführung und Kindesbetreuung andererseits, sowie dem Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zuwider, der jede belastende Differenzierung verbiete, die eine Folge der Übernahme familiärer Pflichten sei (vgl. BVerfG Beschluß vom 10. November 1998 - 2 BvR 1057/91 - u.a. FamRZ 1999, 285, 288). Denn die ehelichen Lebensverhältnisse würden nicht nur durch die vorhandenen Barmittel des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch den Einsatz des haushaltsführenden Ehegatten für die Familie mitbestimmt. Eine zuverlässige Feststellung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine später (wieder)aufgenommene oder erweiterte Erwerbstätigkeit bereits in der Ehe angelegt gewesen sei und (im Vorgriff) die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe, so daß auch die aus der (späteren) Erwerbstätigkeit erzielten Mittel als prägendes Einkommen in die Unterhaltsbemessung nach der Differenzmethode einfließen könnten, sei selten möglich. Die Rechtsprechung führe daher zu Zufallsergebnissen, je nach dem, ob beispielsweise die Kinder zum Zeitpunkt der Trennung schon so alt seien, daß eine alsbaldige Rückkehr der Frau in den Beruf zu erwarten gewesen sei oder nicht. Mit dem Wandel der sozialen Verhältnisse in den letzten 20 Jahren, in denen das Ehebild der typischen Hausfrauen-ehe immer mehr durch dasjenige der Doppelverdienerehe ersetzt worden sei, bei der die Frau ihre Erwerbstätigkeit nur durch eine Kinderbetreuungsphase unterbreche, danach aber in aller Regel wiederaufnehme, sei dies nicht mehr zu vereinbaren. 5. Dem ist zuzugeben, daß die Anrechnungsmethode dem Verständnis von der Gleichwertigkeit von Kindesbetreuung und/oder Haushaltsführung nicht gerecht wird und auch dem gewandelten Ehebild in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr angemessen Rechnung trägt.
Ausgangspunkt ist die Wertentscheidung des Gesetzgebers, mit der er die Haushaltsführung des nicht erwerbstätigen Ehegatten der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten gleichstellt. Nach § 1360 Satz 1 BGB sind beide Ehegatten verpflichtet, durch ihre Arbeit und ihr Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Nach heutigem Eheverständnis regeln die Ehegatten im gegenseitigen Einvernehmen und unter Rücksichtnahme auf die jeweiligen Belange des anderen und der Familie die Frage, wer von ihnen erwerbstätig sein und wer - ganz oder überwiegend - die Haushaltsführung übernehmen soll (§ 1356 BGB). Dies richtet sich nach den individuellen (familiären, wirtschaftlichen, beruflichen und sonstigen) Verhältnissen der Ehegatten. Dabei kann zum Beispiel mitbestimmend sein, wer von beiden die qualifiziertere Ausbildung hat, für wen die besseren Chancen am örtlichen Arbeitsmarkt bestehen, wo sich der Arbeitsplatz und das Familienheim befinden, ob gegebenenfalls Personen aus dem Familienverband (z.B. Geschwister oder Eltern) oder nahe Freunde zur Kindesbetreuung zur Verfügung stehen oder ob den Ehegatten noch weitere Familienpflichten besonderer Art, z.B. die Pflege hilfsbedürftiger Eltern, obliegen. Geht die Entscheidung dahin, daß einer von ihnen die Haushaltsführung und gegebenenfalls Kindesbetreuung übernehmen soll, so bestimmt das Gesetz ausdrücklich, daß er hierdurch in der Regel seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, erfüllt (§ 1360 Satz 2 BGB). In ähnlicher Weise setzt § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB die Kindesbetreuung der Gewährung von Barunterhalt gleich. Der Gesetzgeber geht damit zugleich davon aus, daß die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mitbestimmt werden und hierdurch eine Verbesserung erfahren (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 129, 136; 7/4361 S. 15). Dessen Tätigkeit er-
setzt Dienst- und Fürsorgeleistungen und Besorgungen, die andernfalls durch teure Fremdleistungen erkauft werden müßten und den finanziellen Status - auch einer Doppelverdienerehe - verschlechtern würden. Darüber hinaus enthält sie eine Vielzahl von anderen, nicht in Geld meßbaren Hilfeleistungen, die den allgemeinen Lebenszuschnitt der Familie in vielfältiger Weise verbessern. Aus dieser Sicht ist es zu eng, die ehelichen Lebensverhältnisse als Maßstab des Unterhalts nur an den zum Zeitpunkt der Scheidung vorhandenen Barmitteln auszurichten. Zwar bildet das Erwerbseinkommen als finanzielle Grundlage der Familie den primären Faktor der Unterhaltsbemessung, jedoch werden die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Gesamtheit aller wirtschaftlich relevanten beruflichen, gesundheitlichen, familiären und ähnlichen Faktoren mitbestimmt (vgl. Gerhardt in Handbuch Familienrecht aaO Rdn. 403 d). Auch nach der gesetzgeberischen Intention soll es auf das Gesamtbild der ehelichen Lebensverhältnisse ankommen, wozu im übrigen eine gewisse Dauer gehört und vorübergehende Ä nderungen irrelevant sein sollen (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136). Die - auf den Scheidungszeitpunkt bezogenen - konkreten Barmittel können damit immer nur ein Kriterium, nicht aber der alleinige Maßstab sein. Vielmehr umfassen die ehelichen Lebensverhältnisse alles, was während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten nicht nur vorübergehend tatsächlich von Bedeutung ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368), mithin auch den durch die häusliche Mitarbeit des nicht erwerbstätigen Ehegatten erreichten sozialen Standard. 6. An dem in dieser Weise verbesserten ehelichen Lebensstandard soll der haushaltsführende Ehegatte auch nach der Scheidung teilhaben. Das Gesetz bringt dies an verschiedenen Stellen zum Ausdruck: So enthält § 1578 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers eine Lebensstandardgarantie gerade auch zugunsten des haushaltsführenden Ehegatten (BT-Drucks. 10/2888
S. 18). Mit der Anknüpfung des Unterhalts an die ehelichen Lebensverhältnisse wollte der Gesetzgeber insbesondere den Fällen gerecht werden, in denen durch gemeinsame Leistung der Ehegatten ein höherer sozialer Standard erreicht worden ist, an dem auch der nicht erwerbstätige Ehegatte teilhaben soll (BT-Drucks. 7/650 S. 136). Es wurde als unbillig empfunden, den Wert der Leistungen unberücksichtigt zu lassen, die sich in der Haushaltsführung, der Erziehung der gemeinsamen Kinder oder in der Förderung des beruflichen Fortkommens und Ansehens des anderen Ehegatten niedergeschlagen haben (BT-Drucks. 7/4361 S. 15). Eine Ausprägung dieses Gedankens ist auch der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB, mit dem der Gesetzgeber den sozialen Abstieg eines Ehegatten nach der Scheidung verhindern will, weil das erreichte Lebensniveau als gleichwertige Leistung auch desjenigen Ehegatten angesehen wird, der zugunsten von Ehe und Familie auf eine eigene Berufstätigkeit verzichtet hat. Die Regelung schränkt in verfassungskonformer Weise den Grundsatz der nachehelichen wirtschaftlichen Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) zugunsten der nachwirkenden ehelichen Mitverantwortung ein (BVerfG Urteil vom 14. Juli 1981 - 1 BvL 28/77 u.a. - FamRZ 1981, 745, 750 ff.; Senatsurteil vom 27. April 1983 - IVb ZR 372/81 - FamRZ 1983, 678, 679; Kalthoener/ Büttner/Niepmann aaO Rdn. 439; Born FamRZ 1999 aaO 542). Schließlich soll durch § 1574 Abs. 2 BGB sichergestellt werden, daß Ehegatten, die ihr eigenes berufliches Fortkommen um der Familie willen hintangestellt und den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg des anderen Ehegatten gefördert haben, nicht nach der Scheidung eine Tätigkeit ausüben müssen, die unter dem ehelichen Lebensstandard liegt (BT-Drucks. 7/650 S. 129; 7/4361 S. 17). Die Teilhabequote orientiert sich an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen, so daß beide Ehegatten hälftig an dem durch Erwerbseinkommen
einerseits, Haushaltsführung andererseits geprägten ehelichen Lebensstandard teilhaben. 7. Zur Verwirklichung einer derartigen gleichmäßigen Teilhabe werden in der Literatur (vgl. die obigen Zitate, ferner Übersicht bei Schwab/Borth aaO Rdn. 945) verschiedene Wege vorgeschlagen:
a) Eine verbreitete Meinung geht von der Tatsache aus, daß das Heiratsalter von Frauen in den letzten rund 25 Jahren stetig gestiegen ist (1975: 22,7 Jahre; 1996: 27,6 Jahre; 1998: 28 Jahre, vgl. Statistische Jahrbücher des Statistischen Bundesamtes 1977, 70; 1998, 70; 2000, 69) und schließt daraus, daß Frauen vor der Eheschließung in aller Regel einen Beruf erlernt und ausgeübt haben und ihn nach der Heirat erst aufgeben, wenn die Betreuung von Kindern, die man nicht Hilfspersonen überlassen will, dies erfordert. Daran wird die (widerlegliche) Vermutung geknüpft, daß die Ehegatten nach den heutigen Gepflogenheiten in aller Regel die Vorstellung haben, daß die Berufstätigkeit nur für die Phase der Kindesbetreuung unterbrochen werden soll und der betreuende Ehegatte danach in den Erwerbsprozeß zurückkehrt, vorausgesetzt, seine Gesundheit, seine berufliche Qualifikation und die Arbeitsmarktlage lassen dies nach dem Zeitablauf zu. Dem ist einzuräumen, daß Ehen, in denen die Ehefrau den Haushalt führt und Kinder betreut, in der sozialen Wirklichkeit nicht mehr generell und auf Dauer dem Typ der Haushaltsführungsehe zugeordnet werden können, sondern in stark gestiegenem Maße nurmehr vorübergehend in dieser Form geführt werden und sich die Ehegatten nach ihren jeweiligen Bedürfnissen auch zur (Wieder-)Aufnahme einer Doppel- oder Zuverdienerehe entschließen. Auch ist es nicht mehr stets die Ehefrau, die die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernimmt, vielmehr kann diese Aufgabe , je nach Berufschancen und Arbeitsmarktlage, auch dem Ehemann zu-
fallen oder von beiden gemeinsam übernommen werden. Den Ehegatten wird eine solche - gegebenenfalls phasenweise - Aufteilung der Übernahme von Erwerbs- und Familienpflichten nicht nur durch die Möglichkeit eines staatlichen Erziehungsgeldes erleichtert, sondern auch die Arbeitswelt enthält sowohl im öffentlichen Dienst als auch in privaten Arbeitsverhältnissen Beurlaubungsoder Rückkehrmöglichkeiten (vgl. Büttner FamRZ 1999 aaO 894). Anreize zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit ergeben sich schließlich auch aus dem Gedanken des Aufbaues einer eigenen Alterssicherung, zumal rentenrechtliche Vorschriften u.a. den Bezug einer vorzeitigen Rente wegen Erwerbsminderung von Mindestpflichtversicherungszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung abhängig machen (vgl. §§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI a.F. und § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997 ab 1. Januar 2001, BGBl. 1997 I S. 2998 und BGBl. 1999 I S. 388; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 a Rdn. 137, 138). Auch wenn an diesen Wandel der sozialen Verhältnisse vielfach die Vermutung geknüpft werden kann, daß die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach Abschluß der Kindesbetreuungsphase schon in der Ehe angelegt war und damit schon deshalb zur Berücksichtigung des Erwerbseinkommens im Rahmen der Anwendung der Differenzmethode führen kann, vermag diese Überlegung indes nicht die Fälle kinderloser Ehen zu lösen, in denen ein Ehegatte nur den Haushalt geführt und sein eigenes berufliches Fortkommen um der Ehe willen oder im Interesse des beruflichen Einsatzes und der Karriere des anderen Ehegatten - sei es bei Auslandsaufenthalten oder sonstigen Versetzungen - hintangestellt hat. Ein solcher Ehegatte verdient nicht weniger Schutz als ein kindesbetreuender Ehegatte. Auch zeigt sich in diesen Fällen, daß eine Abgrenzung danach, ob die Berufstätigkeit auch ohne die Trennung aufge-
nommen worden wäre, nicht weiterhilft. Die durch die Aufgabe der eigenen Berufstätigkeit entstandenen ehebedingten Nachteile wirken - bei Anwendung der Anrechnungsmethode - auch nachehezeitlich fort, wenn nach der Scheidung, wie nicht selten bei kinderlosen Ehen, eine Berufstätigkeit wieder aufgenommen , aber der Unterhaltsbedarf allein nach dem Einkommen des anderen Ehegatten bemessen wird.
b) Ein anderer Lösungsweg, den Familieneinsatz eines Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen, wird über eine "Monetarisierung" der Haushaltsführung und Kindesbetreuung gesucht, wobei zum Teil pauschale Festbeträge ohne Rücksicht auf den individuellen Umfang der familienbezogenen Leistungen vorgeschlagen werden (500 DM bis 1.000 DM nach den Bayerischen Leitlinien Nr. 6, s. FamRZ Buch 1 3. Aufl. S. 75; vgl. Gerhardt/Gutdeutsch FuR aaO S. 243; Graba aaO S. 1118, 1121), zum Teil - in Anknüpfung an die Bewertung der Haushaltsführung in sogenannten Konkubinatsfällen analog § 850 h ZPO (vgl. u.a. Senatsurteil vom 28. März 1984 - IVb ZR 64/82 - FamRZ 1984, 662 m.w.N.) - allgemeine Erfahrungswerte, die zur Bemessung von Schadensersatzrenten bei Verletzung oder Tötung von Hausfrauen entwikkelt wurden (vgl. Born MDR aaO S. 984; Graba aaO S. 1121). Diskutiert wird in diesem Zusammenhang auch eine Verdoppelung der Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, weil nach der Gleichwertigkeitsregel des § 1360 Abs. 1 Satz 2 BGB die Haushaltsführung der Erwerbstätigkeit gleichzusetzen sei. Zu Recht wird jedoch diese Berechnungsweise mit dem Hinweis darauf verworfen, daß eine solche Verdoppelung nicht der Lebenswirklichkeit entspreche und die Haushaltsführung als eigenständiger Umstand zu beurteilen sei, der die ehelichen Lebensverhältnisse ebenso bestimme wie etwa ein Wohnvorteil im eigenen Heim (vgl. Graba aaO S. 1121). Im übrigen wird gegen die fiktive Monetarisierung eingewandt, daß sie wegen der Unterschiedlichkeit der
Ehetypen nicht praktikabel sei und den jeweiligen individuellen Leistungen des Ehegatten für die Familie nicht angemessen Rechnung trage (vgl. Gerhardt FamRZ 2000 aaO S. 135, 136; zweifelnd auch Borth aaO S. 200; Bienko FamRZ 2000, 13 ff.; Söpper FamRZ 2000, 14 ff.). Auch könne sie die Mehrzahl derjenigen Fälle nicht befriedigend lösen, in denen der haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung etwa wegen Kindesbetreuung oder alters- oder krankheitsbedingt nicht arbeiten kann oder auf dem Arbeitsmarkt keine angemessene Tätigkeit mehr findet. Denn der unterhaltspflichtige Ehegatte werde ihm in solchen Fällen ohnehin nur den Quotenunterhalt nach dem fortgeschriebenen , real zur Verfügung stehenden Einkommen gewähren können. Ein Zugriff auf gegebenenfalls weitere, nicht in der Ehe angelegte Einkünfte des Unterhaltspflichtigen sei nach der Ausrichtung des § 1578 BGB nicht möglich. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen erfordere es nämlich andererseits nicht, die Haushaltsleistungen nachträglich durch die hälftige Beteiligung am verfügbaren Einkommen zu vergüten. Solange daher der haushaltsführende Ehegatte nach Trennung bzw. Scheidung z.B. wegen Kindererziehung, Krankheit oder Alters keine eigenen Einkünfte beziehen könne , verbleibe es bei der Aufteilung des real zur Verfügung stehenden eheprägenden Einkommens. Denn da die lebensstandarderhöhende Haushaltstätigkeit mit der Scheidung weggefallen und kein an deren Stelle tretendes Ersatzeinkommen vorhanden sei, müßten beide Ehegatten in gleicher Weise die trennungsbedingte Verschlechterung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse hinnehmen (vgl. Borth aaO S. 200; Graba aaO S. 1117, 1118).
c) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage der Notwendigkeit einer Monetarisierung der Haushaltstätigkeit bedarf es indessen nicht. Jedenfalls in den Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte - wie hier - nach der Scheidung ein Einkommen erzielt oder erzielen kann, welches gleichsam als
Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Tätigkeit angesehen werden kann, ist dieses Einkommen in die Unterhaltsberechnung nach der Differenzmethode einzubeziehen. Das knüpft an die Überlegung an, daß die während der Ehe erbrachte Familienarbeit den ehelichen Lebensstandard geprägt und auch wirtschaftlich verbessert hat und als eine der Erwerbstätigkeit gleichwertige Leistung anzusehen ist, und trägt dem Grundsatz Rechnung, daß der in dieser Weise von beiden Ehegatten erreichte Lebensstandard ihnen auch nach der Scheidung zu gleichen Teilen zustehen soll. Nimmt der haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit auf oder erweitert er sie über den bisherigen Umfang hinaus, so kann sie als Surrogat für seine bisherige Familienarbeit angesehen werden. Der Wert seiner Haushaltsleistungen spiegelt sich dann in dem daraus erzielten oder erzielbaren Einkommen wider, von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen. Insofern bildet § 1578 BGB - ebenso wie bei unerwarteten Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen - auch eine Begrenzung für die Bedarfsbemessung. Aus dieser Sicht erscheint es gerechtfertigt, dieses Einkommen in die Bedarfsbemessung einzubeziehen und in die Differenzrechnung einzustellen. Damit ist gewährleistet, daß - ebenso wie früher die Familienarbeit beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zugute kam - nunmehr das beiderseitige Einkommen zwischen ihnen nach dem Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe geteilt wird. Eine wirtschaftliche Benachteiligung des unterhaltspflichtigen gegenüber dem unterhaltsberechtigten Ehegatten tritt durch die Differenzmethode nicht ein, zumal eine Entlastung durch die zeitliche Begrenzung des Unterhalts gemäß den §§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB möglich ist. Es wird lediglich vermieden, daß - wie es bei der Anrechnungsmethode der Fall wäre - zu Lasten des haushaltsführenden Ehegatten eine Be-
rücksichtigung seines Einkommens bei der Bedarfsbemessung unterbleibt und nur der unterhaltspflichtige Ehegatte einseitig entlastet wird (Borth aaO S. 200, 201; derselbe in Schwab/Borth aaO Rdn. 945; Gerhardt in Handbuch Familienrecht aaO Rdn. 403 d; Büttner FamRZ 1999, aaO 896; derselbe FamRZ 1984, aaO S. 538; im Ergebnis ebenso Graba aaO S. 1119; Laier aaO S. 393; Born FamRZ 1999, aaO S. 548). 8. Die vom Oberlandesgericht gewählte Lösung, ein Ersatzeinkommen der Klägerin in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen, entspricht im Ergebnis diesem Ansatz. Daß es dabei statt der Differenz- die Additionsmethode gewählt hat, macht keinen Unterschied, da hier beide Berechnungsweisen zum selben Ergebnis führen. Die Additionsmethode hat lediglich den Vorzug der besseren Verständlichkeit gegenüber der verkürzenden Differenzmethode. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Aufteilung des erzielbaren Erwerbseinkommens von monatlich 1.291 DM in einen Anteil von 1/3 als prägendes Einkommen (= 430 DM), welches dem früheren prägenden Einkommen der Klägerin aus der Fußpflegetätigkeit entsprechen soll, und von 2/3 als Ersatzeinkommen für die Haushaltsführung (= 861 DM) führt zu keiner Abweichung, weil das gesamte jetzt erzielte Erwerbseinkommen an die Stelle des Wertes der Haushaltsführung tritt. 9. Daß das Oberlandesgericht auch die Zinseinkünfte der Klägerin in Höhe von monatlich 407 DM als Ersatzeinkommen berücksichtigt hat, die sie aus dem nach Verkauf des Hauses und nach Ablösung von Schulden und der Zugewinnausgleichszahlung an den Beklagten verbliebenen Restkapital erzielen kann, ist in der Sache zutreffend. Während der Ehe waren die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt durch das mietfreie Wohnen im Haus der Klägerin, so daß sich der eheangemessene Bedarf grundsätzlich auch
durch die daraus gezogenen Nutzungsvorteile erhöhte. Mit dem Verkauf des Hauses nach der Scheidung sind diese Nutzungsvorteile jedoch für beide Ehegatten entfallen, so daß ein (fiktiver) Ansatz des Wohnvorteils nicht mehr in Betracht kommt. Diese Einbuße muß von beiden Ehegatten getragen werden (vgl. Senatsurteil vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989, 991 f.; Graba aaO S. 1120). Verblieben sind allerdings auf Seiten der Klägerin die Zinsvorteile aus dem Verkaufserlös, die an die Stelle des Nutzungsvorteils getreten sind und daher mit in die Differenz- bzw. - nach der Berechnungsweise des Oberlandesgerichts - in die Additionsmethode einzubeziehen sind (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. a. 13. Deutscher Familiengerichtstag 1999, Beschlüsse Arbeitskreis 3 zu III, Brühler Schriften zum Familienrecht).
Danach hält die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht festgestellten Einkünfte, gegen die die Parteien im Revisionsverfahren keine Einwände erhoben haben, im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Blumenröhr Hahne Gerber Weber-Monecke Fuchs

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 109/07 Verkündet am:
25. Juni 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1578 b; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2

a) Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann regelmäßig
nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, damit entfalle der
Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach

b) Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit
auf die künftige Altersversorgung belasten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs
regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang. Ein
dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen (im Anschluss
an das Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung
bestimmt).
BGH, Urteil vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - OLG Hamm
AG Neuss
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juni 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuss vom 14. Dezember 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von 240 € für die Zeit vom 9. bis 31. Dezember 2005 und in Höhe von monatlich 332 € für die Zeit von Januar 2006 bis Mai 2009 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins gemäß § 247 BGB auf 240 € seit dem 9. Dezember 2005 und auf jeweils 332 € ab dem 5. eines jeden Monats von Januar 2006 bis Mai 2009 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz und in der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Revision trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten noch um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 9. Dezember 2005.
2
Die im April 1946 geborene Klägerin und der im April 1931 geborene Beklagte hatten im April 1991 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Mit Verbundurteil vom 9. Mai 2005 wurde die Ehe der Parteien geschieden; ein Versorgungsausgleich wurde nicht durchgeführt, weil der Beklagte bereits seit dem 1. Juni 1993 Altersrente bezog und die Klägerin wegen der phasenverschobenen Ehe höhere ehezeitliche Rentenanwartschaften von 158,78 € erworben hatte.
3
Die Klägerin ist seit November 1993 vollschichtig in ihrem Beruf als Küchenhilfe tätig. Ihr monatliches Einkommen beläuft sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf 1.054 €. Daneben kommt ihr ein geldwerter Vorteil durch freie Verpflegung in Höhe von monatlich 109 € zugute. Im Jahr 2005 hat sie eine Einkommensteuererstattung in Höhe von insgesamt 280 € erhalten, im Jahr 2006 eine solche in Höhe von rund 300 €.
4
Der Beklagte hat aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Betriebsrente im Jahr 2005 monatliche Einkünfte in Höhe von (richtig) 1.634 € und ab dem Jahr 2006 solche in Höhe von 1.652 € erzielt.
5
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe von 282 € für die Zeit ab dem 9. Dezember 2005 verurteilt und den Anspruch auf die Zeit bis einschließlich Mai 2009 befristet. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht ihr monatlichen Unterhalt in Höhe von 323 € für die Zeit vom 9. bis zum 31. Dezember 2005 (= 240 €) und von 332 € für die Zeit ab Januar 2006 zugesprochen und eine Befristung des Unterhalts- anspruchs abgelehnt. Mit seiner - vom Oberlandesgericht wegen der abgelehnten Befristung zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte eine Befristung des Unterhaltsanspruchs für die Zeit bis einschließlich Mai 2009.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet und führt zur Befristung des vom Oberlandesgericht zugesprochenen nachehelichen Unterhalts.

I.

7
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2008, 418 veröffentlicht ist, hat der Klägerin auf der Grundlage der festgestellten Einkünfte beider Parteien einen unbefristeten Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zugesprochen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB (a.F.) auf einen Zeitpunkt vor Vollendung des 65. Lebensjahres sei nicht möglich. Zwar könne der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich oder auf den angemessenen Lebensbedarf begrenzt werden, wenn insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe und der Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine unbegrenzte Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen unangemessen wäre. Insoweit sei zunächst zu berücksichtigen, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte wirtschaftliche Nachteile erlitten habe. Danach erscheine eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin möglich, da durch die Ehe keine beruflichen Nachteile für sie entstanden seien. Allerdings sei es der Klägerin nicht zumutbar, sich zukünftig auf das Unterhaltsniveau einzurichten, das sie selbst sicherstellen könne. Entscheidend sei dabei zwar nicht die Ehedauer von gut 13 Jahren, zumal diese nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine absolute Grenze für eine Befristung bilden könne und deswegen nicht zwingend für oder gegen eine Befristung des nachehelichen Unterhalts spreche. Zu berücksichtigen sei aber, ob eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards auf sonstige Gründe, z.B. das Alter oder den Gesundheitszustand, gestützt werden könne. Dabei sei das Alter der Klägerin von ausschlaggebender Bedeutung gegen eine Befristung ihres nachehelichen Unterhalts. Die im April 1946 geborene Klägerin werde mit Erreichen des 65. Lebensjahres im April 2011 Altersrente erhalten. Im Falle einer Befristung ihres nachehelichen Unterhalts auf einen vor Vollendung des 65. Lebensjahres liegenden Zeitpunkt würde auch ein Anschlussunterhalt in Form des Altersunterhalts nach § 1571 Nr. 3 BGB mangels Einsatzzeitpunktes entfallen. Die geringen Rentenanwartschaften der Klägerin bei Ende der Ehezeit von 158,78 €, die ihr ausschließlich zuflössen, würden nicht annähernd zu einer ausreichenden Versorgung führen. Da ihr nicht der Einsatzzeitpunkt für den Altersunterhalt genommen werden dürfe, müsse ihr der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bis zum Rentenalter erhalten bleiben.

II.

8
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand.
9
1. Soweit das Oberlandesgericht die Höhe des zugesprochenen Unterhalts unter Bezug auf seinen Prozesskostenhilfebeschluss begründet hat, entspricht die Berechnung zwar nicht in allen Punkten der Rechtsprechung des Senats. Denn sowohl die zusätzlichen Leistungen des Arbeitgebers als auch die Steuerrückzahlung beruhen auf der Erwerbstätigkeit der Klägerin und sind deswegen bei der Bemessung des Erwerbstätigenbonus zu berücksichtigen. Weil sich danach sogar ein etwas geringeres unterhaltsrelevantes Einkommen der Klägerin ergibt, beschwert die Entscheidung den Beklagten insoweit aber nicht.
10
2. Mit Erfolg rügt die Revision des Beklagten jedoch die Ablehnung der zeitlichen Befristung des nachehelichen Unterhalts.
11
a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, sah schon die im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Rechtslage in den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. eine Möglichkeit zur zeitlichen Begrenzung des Aufstockungsunterhalts vor, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig war.
12
Zutreffend ist auch, dass der Senat in seiner neueren Rechtsprechung bei der Subsumtion unter diese Ausnahmetatbestände nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abgestellt hat, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz , die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen könnte. Schon nach dieser früheren Rechtslage bot der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. War die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern etwa darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Le- bensstandard erreicht hatten, konnte es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich stattdessen mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte (Senatsurteil BGHZ 174, 195 = FamRZ 2008, 134, 135; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. auch Dose FamRZ 2007, 1289, 1294 f.).
13
b) Diese Rechtsprechung ist in die Neuregelung des § 1578 b BGB zum 1. Januar 2008 eingeflossen. Nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Maßgebend ist deswegen darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar sind (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt).
14
Wie das frühere Recht setzt auch die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578 b BGB nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 799). Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (Senatsurteil BGHZ 174, 195 = FamRZ 2008, 134, 135 f.).
15
Weil § 1578 b BGB - wie die früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - als Ausnahmetatbestand von einer unbefristeten Unterhaltspflicht konzipiert ist, trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungsund Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können (BT-Drucks. 16/1830 S. 20). Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie die Aufnahme oder Fortführung einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere "Schonfrist" für die Umstellung auf den Lebensstandard nach den eigenen Einkünften sprechen (Senatsurteil BGHZ 174, 195 = FamRZ 2008, 134, 136).
16
c) Nach diesen rechtlichen Maßstäben hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Befristung des nachehelichen Unterhalts zu Unrecht abgelehnt.
17
aa) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Klägerin durch die Ehe keine beruflichen Nachteile erwachsen sind. Dagegen ist nichts einzuwenden , zumal aus der Ehe der Parteien keine Kinder hervorgegangen sind und die Klägerin seit 1993, also annähernd während der gesamten Ehezeit, vollschichtig in ihrem Beruf als Küchenhilfe erwerbstätig war und dies auch weiterhin ist.
Die Einkommensdifferenz beruht deswegen nicht auf ehebedingten Nachteilen der Klägerin i.S. von § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB, sondern darauf, dass die Parteien schon vorehelich infolge ihrer unterschiedlichen Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten. In solchen Fällen ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aber grundsätzlich zumutbar, nach einer Übergangszeit auf den vom höheren Einkommen des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten beeinflussten Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard nach den eigenen Einkünften zu begnügen.
18
Ehebedingte Nachteile der Klägerin ergeben sich hier auch nicht aus ihrer Erwerbslosigkeit vom Zeitpunkt der Heirat im April 1991 bis zum November 1993. Denn für die wesentlich längere Zeit von Juni 1993 bis zum Ende der Ehezeit im Jahre 2004 war auch der Beklagte wegen seines altersbedingten Renteneintritts nicht mehr erwerbstätig und hat deswegen ebenfalls keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben. Wegen der deutlich höheren ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften wäre deswegen grundsätzlich die Klägerin im Versorgungsausgleich ausgleichspflichtig gewesen. Wenn das Familiengericht im Hinblick auf die phasenverschobene Ehe der Parteien gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB einen Versorgungsausgleich ausgeschlossen hat, wirkt sich dies zugunsten der Klägerin aus. Der Nachteil des zeitweisen Ausscheidens der Parteien aus dem Erwerbsleben wird deswegen sogar überwiegend von dem Beklagten getragen, was einem ehebedingten Nachteil der Klägerin i.S. des § 1578 b BGB entgegensteht (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt).
19
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts wäre ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch hier auch unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände unbillig i.S. des § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB.
20
Während der Beklagte im Zeitpunkt der Heirat bereits annähernd 60 Jahre alt war, hatte die Klägerin erst das 45. Lebensjahr erreicht und war deswegen durchaus in der Lage, eine Altersversorgung nach den eigenen Verhältnissen aufzubauen. Insoweit verkennt das Berufungsgericht auch, dass die während der Ehezeit von der Klägerin erworbenen Rentenanwartschaften in Höhe von 158,78 € nicht ihren gesamten Rentenanspruch wiedergeben. Denn die Klägerin ist auch schon vor der Ehezeit in ihrem Heimatland berufstätig gewesen und hatte dadurch weitere Anwartschaften erworben. Unter Berücksichtigung der bis zum Rentenbeginn noch möglichen Erwerbstätigkeit kann die Klägerin jedenfalls Rentenansprüche begründen, die um ein Mehrfaches über den vom Oberlandesgericht berücksichtigten Ehezeitanteil hinausgehen. Hinzu kommt ein Anspruch auf eine geringe Betriebsrente, für die ausweislich der Verdienstabrechnungen auch Arbeitgeberanteile gezahlt wurden.
21
Auch die Ehedauer von gut 13 Jahren und das gegenwärtige Alter der Klägerin sprechen nicht entscheidend gegen eine Befristung ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs. Denn die Klägerin ist fast ununterbrochen berufstätig gewesen und es kann davon ausgegangen werden, dass sie diese Tätigkeit auch bis zum Beginn des Rentenalters fortsetzen wird. Die geringe Höhe der zu erwartenden Rente ist deswegen weder auf ehebedingte Nachteile noch auf das Alter der Klägerin zurückzuführen.
22
cc) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Befristung des nachehelichen Unterhalts auch nicht deswegen aus, weil der Klägerin mit einem unbefristeten Aufstockungsunterhalt der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB gewahrt werden müsste.
23
Zutreffend ist zwar, dass einem Unterhaltsberechtigten nur dann Unterhalt wegen Alters zusteht, wenn von ihm im Zeitpunkt der Ehescheidung (§ 1571 Nr. 1 BGB), der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes (§ 1571 Nr. 2 BGB) oder des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573 BGB1571 Nr. 3 BGB) wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt schon zuvor entfallen, kommt deswegen auch ein anschließender Altersunterhalt nach § 1571 BGB nicht mehr in Betracht. Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts, das eine Befristung ablehnt, um den Einsatzzeitpunkt für den Altersunterhalt zu erhalten, liefe auf eine Umkehr dieser gesetzlichen Wertung hinaus und überzeugt deswegen nicht.
24
Der aus einer Befristung des Aufstockungsunterhalts folgende Wegfall des Einsatzzeitpunkts für den Altersunterhalt steht, auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen künftigen Nachteils, der Befristung nach § 1578 b BGB nicht entgegen. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, unterscheidet sich der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB hinsichtlich der Höhe von anderen Tatbeständen des nachehelichen Unterhalts. Während der Aufstockungsunterhalt dem unterhaltsberechtigten Ehegatten dem Grunde nach einen Anspruch auf Teilhabe an dem während der Ehe erreichten Lebensstandard einräumt, sind andere Tatbestände des nachehelichen Unterhalts , wie der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der Unterhaltsanspruch bis zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB oder der Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile ausgerichtet (Senatsurteil BGHZ 174, 195 = FamRZ 2008, 134, 135 m.w.N.). Im Gegensatz zu den früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. erstreckt sich der Anwendungsbereich der gesetzlichen Neuregelung in § 1578 b BGB auf alle Tatbestände des nachehelichen Unter- halts (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 18). Eine Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist deswegen nicht von vornherein ausgeschlossen , auch soweit künftige ehebedingte Nachteile in Betracht kommen.
25
Der mit einer Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB verbundene Wegfall des Altersunterhalts steht der Befristung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn entweder auch die Bedürftigkeit im Alter nicht auf einen ehebedingten Nachteil zurückzuführen ist oder ein entstandener Nachteil durch Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit ohnehin von beiden Ehegatten getragen werden muss, wie dies regelmäßig durch den Versorgungsausgleich erreicht wird (vgl. insoweit Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt). Hier treffen die Auswirkungen der ehezeitlichen Unterbrechung der Erwerbstätigkeit den Beklagten sogar in stärkerem Umfang als die Klägerin. Denn die Klägerin hatte nach dem Erwerb ausländischer Versorgungsanwartschaften und dem Umzug nach Deutschland lediglich bis Mitte November 1993, also für gut zweieinhalb Jahre, auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Demgegenüber bezieht der Beklagte bereits seit Juni 1993 vorzeitige Altersrente und hat deswegen bis zum Ende der Ehezeit keine weiteren Rentenanwartschaften mehr erworben. Weil der Beklagte erst im April 1996 das 65. Lebensjahr erreicht hat, hätte er noch fast drei Jahre weitere Rentenanwartschaften erwerben können. Wenn im Rahmen der Ehescheidung gleichwohl wegen der phasenverschobenen Ehe auf die Durchführung eines Versorgungsausgleichs verzichtet wurde, belastet dies die Klägerin jedenfalls nicht.
26
d) Auch gegen die vom Amtsgericht gewählte Dauer der Befristung des nachehelichen Unterhalts bis einschließlich Mai 2009 ist nichts einwenden.
27
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich die Übergangszeit vom Wegfall ehebedingter Nachteile bis zum Fortfall des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB nicht schematisch an der Ehedauer orientieren. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen. Zwar können auch dabei die Dauer der Ehe und das Alter des Unterhaltsberechtigten nicht unberücksichtigt bleiben. Auch bei sehr langer Ehedauer wird es dem Unterhaltsberechtigten aber in Fällen, in denen er - wie hier - seit vielen Jahren vollschichtig erwerbstätig ist, regelmäßig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse innerhalb einer mehrjährigen Übergangszeit auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat.
28
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die vom Amtsgericht ausgesprochene Übergangszeit nicht zu beanstanden. Nach vorangegangener Trennungszeit bleibt der Klägerin ab der rechtskräftigen Scheidung im Juni 2005 ein nachehelicher Unterhaltsanspruch für die Dauer von weiteren vier Jahren. Dieser Zeitraum ist ausreichend, um es der Klägerin zu ermöglichen, sich von den etwas günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensstandard nach den eigenen Einkünften einzurichten. Dem steht auch die Höhe der Einkommensdifferenz beider Parteien nicht entgegen. Denn der vom Berufungsgericht errechnete Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 332 € ist auch darauf zurückzuführen, dass vom Erwerbseinkommen der Klägerin ein Erwerbstätigenbonus abgesetzt wurde, während das Renteneinkommen des Beklagten in voller Höhe berücksichtigt wurde. Dies entspricht zwar der Rechtsprechung des Senats zur Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Klägerin ihr Einkommen ungeschmälert , also auch in Höhe des Erwerbstätigenbonus, zur Verfügung steht.
29
e) Da nicht mehr mit der Feststellung weiterer für die Befristung des nachehelichen Unterhalts relevanter Umstände zu rechnen ist, kann der Senat abschließend entscheiden und die Berufung gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene Befristung des Aufstockungsunterhalts zurückweisen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 14.12.2006 - 45 F 477/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.06.2007 - II-7 UF 320/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 111/08 Verkündet am:
27. Mai 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch der Unterhaltspflichtige darf grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge
eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die beim Ehegattenunterhalt
mit einem Betrag bis zu 4 % seines Bruttoeinkommens zu berücksichtigen
ist. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den
wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht darauf an, ob bereits während
der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden.

b) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche
Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen
, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten
sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt
sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern
berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im
Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406).
BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - OLG Hamm
AG Rheine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das genannte Urteil aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007.
2
Sie hatten im April 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus ihrer Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen , von denen nur noch die im Oktober 1987 geborene jüngste Tochter, die im Haushalt der Klägerin wohnt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe der Partei- en wurde im Mai 1998 geschieden. Im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Beklagten für die gemeinsamen Kinder machte die Klägerin zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend.
3
Die Klägerin ist nach einer im Jahre 1989 diagnostizieren Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich zunächst auf 1.039,21 € belief und seit Juli 2007 1.040,19 € beträgt. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 €. Um den Arbeitsplatz zu erreichen , muss sie zweimal wöchentlich mit dem Pkw 30 km zurücklegen. Für eine Lebensversicherung zahlt die Klägerin monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 €. Im Jahre 2007 musste sie eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 74 €, im Jahre 2008 eine solche in Höhe von 488 € leisten.
4
Der Beklagte erzielt als Beamter Nettoeinkünfte in Höhe von 2.601,28 €, in denen eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 104,17 € enthalten ist. Hinzu kommt eine Steuererstattung, die sich nach Abzug der Kosten für die Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2007 auf insgesamt 790,02 € und im Jahre 2008 auf insgesamt 744,78 € belief. Die Beiträge des Beklagten zur Krankenversicherung betrugen im Jahre 2007 monatlich 303,98 € und belaufen sich ab Januar 2008 auf monatlich 314,85 €. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlte der Beklagte ursprünglich monatlich 302,16 €, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 111,85 € auf die Berufsunfähigkeitsversicherung und 190,31 € auf die Lebensversicherung entfielen. Für die Zeit ab Juli 2007 ist der Gesamtbeitrag auf monatlich 317,27 € gestiegen. Für sich und die noch unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine Krankenhaustagegeldversicherung , die ursprünglich 13,01 € betrugen und sich seit November 2007 auf 17,51 € belaufen. Außerdem zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine weitere Lebensversicherung in Höhe von ursprünglich 49,49 € und von 52,02 € seit September 2007. Schließlich zahlt er Monatsraten auf einen Bausparvertrag in Höhe von 75 €. Auf den Unterhaltsanspruch der Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatlich 250 €, während die Klägerin für den restlichen Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommt.
5
Das Amtsgericht hat der auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 111,40 € gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der mit einer Klagerweiterung verbundenen Anschlussberufung der Klägerin - der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab dem 20. Februar 2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 € zu zahlen. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt. Die Revision hat das Berufungsgericht "im Hinblick auf die Anwendung des neuen Unterhaltsrechts zur Frage der Beschränkung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB" zugelassen.
6
Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revision des Beklagten, mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrt, und die Anschlussrevision der Klägerin, die auf einen höheren Unterhalt für die Zeit ab Juli 2007, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 €, gerichtet ist.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision des Beklagten ist nur teilweise zulässig, die Anschlussrevision der Klägerin hingegen in vollem Umfang.

I.

8
Die Revision des Beklagten ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
9
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
10
Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulas- sen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).

II.

11
Die Anschlussrevision der Klägerin ist hingegen nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in vollem Umfang zulässig.
12
Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit zur Einlegung einer Anschlussrevision durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1887, 1901) dadurch erweitert, dass nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO - abweichend vom bis dahin geltenden Recht (vgl. insoweit Senatsurteil vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 287) - eine Anschlussrevision auch ohne eine vorherige Zulassung statthaft ist. Dem Revisionsbeklagten soll nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeit eröffnet wer- den, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss. Es sei unbillig , der friedfertigen Partei, die bereit sei, sich mit der Entscheidung abzufinden, die Anschließungsmöglichkeit für den Fall abzuschneiden, dass der Gegner die Entscheidung wider Erwarten angreife (BT-Drucks. 14/4722, S. 108). Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGHZ 174, 244, 253 = FamRZ 2008, 402 m.w.N.).
13
Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Es kommt hinzu, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision führt dazu, dass der Revisionskläger das Urteil im Revisionsverfahren nur zum Teil angreifen kann. Soweit kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, muss er das Berufungsurteil hinnehmen. Im Falle der Einlegung der Revision könnte dann aber bei einer uneingeschränkten Statthaftigkeit der Anschlussrevision der Revisionsbeklagte das Urteil - soweit er unterlegen ist - insgesamt anfechten, selbst wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fehlens eines Zulassungsgrundes oder mangels Erreichens des Beschwerdewerts gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erfolgreich gewesen wäre. Eine Benachteiligung des Revisionsklägers wäre nur dann nicht gegeben, wenn man ihm das Recht zu einer Gegenanschließung gewährte. Eine derartige Möglichkeit hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Gegenstand der Anschlussrevision in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hauptrevision steht (BGHZ 174, 244, 253 f. = FamRZ 2008, 402 f. m.w.N.).
14
Diese Einschränkung der Zulässigkeit einer Anschlussrevision kommt hier allerdings nicht zum Tragen. Denn der Unterhaltszeitraum von Februar bis Dezember 2007 steht wegen der auch insoweit zu entscheidenden Rechtsfragen schon in rechtlichem Zusammenhang mit dem von der Revision zulässig angegriffenen Unterhaltszeitraum ab Januar 2008.

B.

15
Soweit die Revision des Beklagten zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg, während die Anschlussrevision der Klägerin im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führt.

I.

16
Das Berufungsgericht hat der Klage zur Höhe lediglich teilweise stattgegeben und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:
17
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin richte sich nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil diese bereits im Zeitpunkt der Ehescheidung wegen ihrer Krebserkrankung erwerbsunfähig bzw. nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig gewesen sei und dieser Zustand unverändert andauere. Auf ihren Unterhaltsanspruch habe die Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend verzichtet. Der Anspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453) auch nicht verwirkt, weil kein Unterhalt geltend gemacht werde, der länger als ein Jahr zurück gelegen habe. Weil die Klägerin den Unterhaltsanspruch erst mit Mahnschreiben vom 16. Februar 2007 geltend gemacht habe, das dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 20. Februar 2007 zugegangen sei, könne sie auch erst ab diesem Zeitpunkt Unterhalt verlangen.
18
Im Rahmen der Unterhaltsbemessung sei von dem unstreitigen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € auszugehen. Ein fiktiv höheres Nettoeinkommen wegen einer ausgeschlagenen Beförderung könne nicht berücksichtigt werden, weil die Klägerin einen solchen Sachverhalt nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe und eine Beweisaufnahme deswegen auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufe. Dem Nettoeinkommen seien die dem Kläger in den Jahren 2007 und 2008 zugeflossenen Steuererstattungen hinzuzurechnen. Davon seien allerdings die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abzusetzen, die untrennbar mit den Steuererstattungen verbunden seien. Weiter abzusetzen seien die Dienstaufwandsentschädigung sowie die Kosten für die Krankenversicherung, die Tagegeldversicherung für den Beklagten und die unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne, die Berufsunfähigkeitsversicherung sowie der Zahlbetrag des Unterhalts für die Tochter. Die Beiträge für die weiteren Lebensversicherungen und den Bausparvertrag seien ebenfalls in voller Höhe abzusetzen, weil schon die ehelichen Lebensverhältnisse von diesen Beiträgen geprägt gewesen seien.
19
Für die Klägerin sei von ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und den Einkünften aus der geringfügigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Von diesem Er- werbseinkommen seien allerdings monatliche Fahrtkosten abzusetzen, die sich auf zunächst 55,20 € beliefen und ab Januar 2008 (0,30 €/km) 69 € betrügen. Außerdem seien die Beiträge der Klägerin für ihre Lebensversicherung und die Steuernachzahlungen abzusetzen. Daraus ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 20. Februar bis Juni 2007 in Höhe von 119 €, für die Zeit von Juli bis August 2007 in Höhe von 109 €, für die Zeit von September bis Oktober 2007 in Höhe von 108 €, für die Zeit von November bis Dezember 2007 in Höhe von 106 € und für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von 103 €.
20
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht zeitlich zu befristen und auch nicht zur Höhe zu beschränken. Eine Befristung unter dem Gesichtspunkt der gesteigerten Eigenverantwortlichkeit geschiedener Ehegatten scheide aus, obwohl die Klägerin erst 1955 geboren und im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch nicht 53 Jahre alt gewesen sei. Denn sie sei bereits seit 1993 dauerhaft und zu 100 % schwerbehindert und deswegen nicht in der Lage, eine weitergehende Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB scheide aus, weil ein zeitlich unbefristeter Unterhaltsanspruch in der zugesprochenen Höhe nicht unbillig sei. Zwar sei die Krebserkrankung der Klägerin nicht ehebedingt. Im Rahmen des Krankheitsunterhalts gewinne die nacheheliche Solidarität allerdings gesteigerte Bedeutung, während einem ehebedingten Nachteil als Voraussetzung für eine Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs weniger Gewicht zukomme. Die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die sehr lange Ehedauer, die fehlende Berufsausbildung im Zeitpunkt der Heirat im Alter von 16 Jahren und die sodann folgende Hausfrauenehe mit Kindererziehung sowie das Alter der jüngsten Tochter im Zeitpunkt der Scheidung sprächen gegen eine Befristung oder Begrenzung des Unterhalts. Der Beklagte werde schon durch die Er- werbsunfähigkeitsrente der Klägerin entlastet und eine weitere Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs sei aus Billigkeitsgründen nicht geboten.

II.

21
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
22
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die Einwände des Beklagten gegen den Anspruch auf Krankheitsunterhalt zurückgewiesen, soweit sie auf einen Verzicht der Klägerin oder eine Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs gerichtet sind. Auch die Revision des Beklagten erinnert hierzu nichts.
23
2. Die Anschlussrevision der Klägerin hat schon deswegen Erfolg, weil das Oberlandesgericht ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zutreffend ermittelt hat.
24
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "ehelichen Lebensverhältnisse" ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vor- gegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
25
b) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil nicht in allen Punkten stand.
26
aa) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin allerdings von den unstreitigen Nettoeinkünften des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € ausgegangen und hat dem - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 = FamRZ 2008, 968, 971) - die vom Beklagten erhaltenen Steuererstattungen hinzugerechnet.
27
Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Steuererstattungen hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abgesetzt. In seiner neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen knüpft der Senat grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts musste der Beklagte für seine Steuererklärung im Jahre 2007 84 € und im Jahre 2008 115 € aufwenden, die seine Steuererstattung entsprechend schmälern. Eine Berücksichtigung dieser Verringerung des verfügbaren Einkommens findet nach der neueren Rechtsprechung des Senats erst in der nachehelichen Solidarität ihre Grenze. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten ist deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften auszugehen (Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 f. = FamRZ 2008, 968, 971 f.). Ein solches unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das Oberlandesgericht bezüglich der Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen zu Recht abgelehnt. Denn die steuerliche Behandlung der Erwerbseinkünfte ist auch für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht offenkundig, eine geringere Steuerlast kommt auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugute und oftmals ergibt sich erst durch die Beratung, ob steuerrechtlich zu beachtende Besonderheiten vorliegen. Ein Abzug tatsächlich angefallener Kosten für die Steuererklärung ist deswegen nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass für das abgelaufene Steuerjahr weder eine Steuerpflicht noch eine Erstattung in Betracht kommt (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 108; a.A. OLG Hamm FamRZ 1992, 1177 und Kalthoener/Büttner/ Niepmann Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 1051).
28
Zu Recht hat das Berufungsgericht vom Nettoeinkommen des Beklagten auch neben der Dienstaufwandsentschädigung die Kosten für seine Krankenversicherung , seine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung abgesetzt. Diese Beiträge dienen der Sicherung des Erwerbseinkommens des Beklagten im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ohne dass der Beklagte dadurch zu Lasten der Klägerin eigenes Vermögen bildet. Die Kosten für diese reinen Risikoversicherungen sind deswegen als Kosten zur Erhaltung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen.
29
bb) Zutreffend weist die Anschlussrevision der Klägerin allerdings darauf hin, dass das Berufungsgericht mit dem Abzug der Beiträge für zwei Lebensversicherungen und einen Bausparvertrag Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt hat, die den nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Höchstbetrag der zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen.
30
Nach der Rechtsprechung des Senats darf auch der Unterhaltspflichtige von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793 und vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - FamRZ 2006, 1511, 1514) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. und BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795) betragen kann.
31
Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Denn wenn der Unterhaltspflichtige bereits während der Ehezeit eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betrieben hatte, profitiert der andere Ehegatte regelmäßig im Zugewinnausgleich davon. Für die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags , die vom Zugewinnausgleich nicht mehr erfasst wird, können überhöhte ehezeitliche Vorsorgekosten keine Rechtfertigung für deren Fortdauer geben. Dies würde nunmehr auf eine einseitige Vermögensbildung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu Lasten der Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Ehegatten hinauslaufen (vgl. zum Wohnvorteil Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 965 Tz. 17 ff.). Umgekehrt ist nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen allerdings auch eine erst nachehelich hinzutretende zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen, weil darin kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liegt, welches die nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten verletzt (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
32
Das Oberlandesgericht durfte danach die der Altersvorsorge dienenden Beiträge des Beklagten für seine beiden Lebensversicherungen und den Bausparvertrag nicht in voller Höhe von monatlich 314,80 € (190,31 € + 49,49 € + 75 €), sondern lediglich in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens berücksichtigen. Der Senat kann insoweit aber nicht selbst abschließend entscheiden, weil es an den erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht fehlt. Denn es hat weder das Bruttoeinkommen des Beklagten festgestellt, noch die Höhe des auf die Lebensversicherung entfallenden Beitrags für den mit der Berufsunfähigkeitsversicherung verbundenen Versicherungsvertrag. Zwar hatte das Amtsgericht die monatlichen Kosten für diesen Versicherungsvertrag in Höhe von ursprünglich 302,16 € entsprechend dem Vortrag des Beklagten in einen Teil für die Berufsunfähigkeitsversicherung von 111,85 € und einen weiteren Teil für die Lebensversicherung in Höhe von 190,31 € aufgeteilt. Dies widerspricht allerdings der in Bezug genommenen Auskunft der Versicherungsgesellschaft , die den Beitrag in einen Teil von 122,14 € für die Berufsunfähigkeitsversicherung und einen Teil von 180,02 € für die Lebensversicherung aufgeteilt hatte. Auch die Aufteilung für die Zeit ab der Erhöhung des Gesamtbeitrages zum 1. Juli 2007 von 302,16 € auf 317,27 € hat das Oberlandesgericht - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
33
3. Soweit der Beklagte mit seiner Revision eine zeitliche Befristung oder eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB begehrt, hat diese hingegen keinen Erfolg. Denn das Oberlandesgericht hat im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.
34
a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.
35
aa) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328). Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
36
Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB führt etwa eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist (vgl. insoweit Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 ff.). Auch bei der Entscheidung über eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wegen Alters nach § 1571 BGB ist zu berücksichtigen, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geringere Renteneinkünfte erzielt, als er ohne die Ehe und die Erziehung der gemeinsamen Kinder erzielen würde. Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigenrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 408). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen , dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511).
37
bb) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
38
Allerdings handelt es sich bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Der Einsatzzeitpunkt in § 1572 BGB schließt deswegen eine Einstandspflicht des geschiedenen Ehegatten für erst nachehelich eingetretene Erkrankungen aus (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
39
Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.
40
b) Soweit das Berufungsgericht auf dieser rechtlichen Grundlage eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
41
aa) Zwar ist die Krebserkrankung der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unabhängig von Ehe, Kindererziehung und Rollenverteilung in der Ehe eingetreten und somit nicht ehebedingt. Dass die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und der damit verbundenen Anrechnungszeiten sowie des durchgeführten Versorgungsausgleichs geringer ist, als sie ohne die Ehe und Kindererziehung wäre , hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt.
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bb) Der unbegrenzte Ausspruch des nachehelichen Unterhalts als Billigkeitsentscheidung ist gleichwohl aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat der nachehelichen Solidarität der Ehegatten hier zu Recht eine besondere Bedeutung eingeräumt. Denn die Parteien waren 26 Jahre verheiratet und hatten eine reine Hausfrauenehe geführt. Die Klägerin hatte bereits im Alter von 16 Jahren wegen der eingetretenen Schwangerschaft geheiratet und konnte deswegen keine Berufsausbildung absolvieren. Die vier ehelich geborenen Kinder sind von ihr betreut und erzogen worden. Im Zeitpunkt der Scheidung war die jüngste Tochter erst zehn Jahre alt und noch betreuungsbedürftig. Die Klägerin hat sich somit seit Abschluss ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung im Jahre 1989 hinaus allein für die Ehe der Parteien eingesetzt. Dies begründet ein besonders gewichtiges Vertrauen, das im Rahmen einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist.
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Auch die weiteren Umstände stehen der Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der notwendigen Gesamtschau aus revisionsrechtlicher Sicht nicht entgegen. Denn die Klägerin erzielt aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und ihren Nebeneinkünften abzüglich aller Kosten lediglich Einkünfte in Höhe von rund 1.140 €, die nur wenig über den angemessenen Selbstbehalt hinausgehen. Demgegenüber verbleiben dem Beklagten nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des für die volljährige Tochter gezahlten Unterhalts deutlich höhere Einkünfte, von denen er den relativ geringen Unterhaltsanspruch der Klägerin ohne besondere Einschränkung erbringen kann. Ein berechtigtes Vertrauen, das einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Klägerin entgegenstehen könnte, konnte sich schon deswegen nicht bilden, weil die Klägerin bereits im Jahre 1989 erkrankt und seit 1993 dauerhaft als zu 100 % erwerbsunfähig eingestuft war, während die Ehe der Parteien erst im Jahre 1998 geschieden wurde.
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Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 10.10.2007 - 13 F 90/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.06.2008 - 13 UF 272/07 -

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.