Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 27. Juli 2016 - 3 TaBV 3/16

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2016:0727.3TABV3.16.0A
bei uns veröffentlicht am27.07.2016

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11.12.2015 – Az. 1 BV 26 d/15 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle über einen Sozialplan.

2

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) ist ein Unternehmen der Pharmaindustrie mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Neben der Produktion und einem Innendienst setzte die Arbeitgeberin einen bundesweiten Außendienst ein, mit zuletzt mehr als 400 Arbeitnehmern, davon 285 Mitarbeiter im Bereich Diabetes.

3

Der Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin gebildete 15-köpfige Betriebsrat.

4

Am 29.08.2014 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat und den Wirtschaftsausschuss über eine geplante Betriebsänderung, nach der u.a. der Diabetes Außendienst bis zum 01.11.2014 geschlossen werden sollte. Im Nachgang zu dieser Information führten die Betriebsparteien eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten.

5

In der Zeit zwischen dem 05.09.2014 und dem 31.10.2014 schieden acht (Bl. 6 d.A.) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitgeberin durch Eigenkündigung aus. Sie begründeten ein Arbeitsverhältnis mit dem externen Dienstleister S..., der zukünftig die Produkte vertreibt, die die Arbeitgeberin bisher selbst vertrieben hatte. Jeder von ihnen erhielt im März 2015 Leistungen in Form einer Abfindung nach einem Faktor von 1,0 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, einem Nichtklagebonus von 0,5 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr und einer Abwicklungsprämie von 0,5 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Das Volumen dieser Zahlungen umfasste insgesamt 1.115.782,15 Euro.

6

Nach einem Einsetzungsverfahren verhandelten die Betriebsparteien in der Zeit vom 19.02.2015 bis 19.03.2015 in der Einigungsstelle über einen Interessenausgleich.

7

Mit Datum vom 12.03.2015 erstellte die Arbeitgeberin für die von der Betriebsschließung Diabetes Außendienst betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Frage- und Antwortenkatalog (Anlage BB4, Bl. 383, 384 – 398 d. A.), mit dem sie, verbunden mit der Ankündigung des Zugangs einer betriebsbedingten Kündigung mit Freistellung unter anderem die Übermittlung eines Nichtklageschreibens mit Nichtklagebonus, eines Abwicklungsvertrages mit einer Gesamtabfindung bestehend aus Abfindung Faktor 1,0 + Nichtklagebonus Faktor 0,5 + Abwicklungsprämie Faktor 0,5 und auch für Arbeitnehmer, die zum 31.12.2015 das 56. Lebensjahr vollendet haben, alternativ zu Kündigung und Abwicklungsvertrag die Übermittlung einer Vorruhestandsregelung ankündigte.

8

Am 19. März 2015 erklärte die Einigungsstelle die Verhandlungen über einen Interessenausgleich für gescheitert. Gleichzeitig wurde die Aufnahme von Verhandlungen über einen Sozialplan vereinbart.

9

Mit Datum vom 30.03.2015 sprach die Arbeitgeberin betriebsbedingte Kündigungen gegenüber den Arbeitnehmern des Bereichs Diabetes aus, deren Kündigung nicht von der Zustimmung Dritter abhängig war. Allen gekündigten Arbeitnehmern wurde mit der Kündigungserklärung zugleich ein bereits von der Arbeitgeberin unterschriebener und in der Höhe gedeckelter Abwicklungsvertrag überreicht, der u.a. in § 2 wie folgt lautet:

10

„Der Arbeitnehmer erhält für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Gesamtabfindung in Höhe von EUR [..] brutto, die sich aus einer Abfindung in Höhe von EUR [..] brutto, einem „Nichtklagebonus“ in Höhe von EUR [..] brutto sowie einer „Abwicklungsprämie“ in Höhe von EUR [..] brutto zusammensetzt.

11

Die Arbeitgeberin und der Betriebsrat werden angesichts der geplanten Betriebsänderung einen Sozialplan abschließen. Der Arbeitnehmer wird in Anwendung dieses Sozialplans oder eines anderen Sozialplans eine Sozialplanabfindung erhalten, auf die die (ggf. nach § 4 erhöhte) Gesamtabfindung angerechnet wird.

12

Wenn eine Sozialplanabfindung die (ggf. nach § 4 erhöhte) Gesamtabfindung nach Abs. 1 übersteigt, wird in jedem Fall die Differenz an den Arbeitnehmer ausgekehrt. …“

13

(Anlage BB2, Bl. 376 – 381 d. A.)

14

Mit ca. 43 Arbeitnehmern schloss die Arbeitgeberin Vorruhestandsvereinbarungen, teilweise mit einer Bezugsdauer von bis zu 8 Jahren (Bl. 23 d. A., Bl. 343 d. A.). Diese haben einen Gegenwert von mehreren Millionen Euro.

15

In der Zeit ab dem 08.04.2015 verhandelten die Beteiligten im Rahmen der Einigungsstelle über einen Sozialplan. Ausweislich des Protokolls der Einigungsstellensitzung vom 08.04.2015 bestand Einigkeit darüber, dass die Obergrenze des § 112 Abs. 5 Nr. 3 BetrVG für die zulässige Belastung durch das Gesamtvolumen (Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens) nicht zum Tragen komme und auch nicht an Einsparungen angeknüpft werden könne, da es sich um eine reine betriebsorganisatorische Maßnahme handele (Anlage A 3, Bl. 39 d. A.). Nach mehreren Sitzungen übersandte die Einigungsstellenvorsitzende den Beteiligten mit Schreiben vom 30.06.2015 einen Vorschlag für einen Sozialplan zur Betriebsänderung „Schließung des Außendienstes Diabetes“ (Anlage A16, Bl. 150ff d. A.) nebst Anmerkungen (Anlage A17, Bl. 162 - 166 d. A.).

16

Die Einigungsstelle beschloss gegen die Stimmen der Betriebsratsseite mit Spruch vom 21.08.2015 einen Sozialplan. Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:

17

Präambel

18

Dieser Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Milderung der Nachteile, die auf der Schließung des bisherigen S... Außendienstes Diabetes und dem damit verbundenen Entfall von Außendienststellen beruhen. Soweit nachfolgend von „Betriebsänderung“ die Rede ist, ist diese Maßnahme gemeint.

19

Erstmals zum 29. August 2014 hat A... den Betriebsrat darüber unterrichtet, dass sie eine den Bereich Außendienst Diabetes betreffende strukturelle Änderung plant. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich sind am 19. März 2015 vor der Einigungsstelle gescheitert.

20

1 Geltungsbereich

1.1

21

Dieser Sozialplan gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (im Folgenden aus Vereinfachungsgründen: „Arbeitnehmer“) im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG, die im März 2105 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu A... gestanden haben, im Bereich Außendienst Diabetes beschäftigt waren und nach dem 19.3.2015 eine betriebsbedingte Beendigungskündigung erhalten haben.

1.2

22

Der Sozialplan gilt auch für Arbeitnehmer des Außendienstes Diabetes, die aus Anlass der geplanten Betriebsänderung und auf Veranlassung von A..., d.h. nach dem 29.08.2014, ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben.

1.3

23

Der Geltung des Sozialplans steht nicht entgegen, wenn die Arbeitnehmer nach der betriebsbedingten Kündigung gemäß 1.1 oder nach der Eigenkündigung gemäß 1.2 einen Aufhebungs- /Abwicklungsvertrag mit A... geschlossen haben.

1.4

24

Nicht unter den Geltungsbereich fallen ...

25

2 Anrechnung anderweitiger Leistungen / Ausschluss von Doppelansprüchen

2.1

26

Auf den sich nach diesem Sozialplan insgesamt ergebenden Abfindungsanspruch werden angerechnet:

27

- konkurrierende gesetzliche Ansprüche (z.B. auf Nachteilsausgleich)

28

- Abfindungsansprüche aus Aufhebungsverträgen, Abwicklungsverträgen oder gerichtlichen Vergleichen in Kündigungsschutzprozessen

29

- Ansprüche auf Leistungen aus Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen, gerichtlichen Vergleichen und individuellen Zusagen, die dem Interesse von A... dienen, Planungssicherheit zu gewinnen und die zugleich geeignet sind, die wirtschaftlichen Nachteile des Arbeitsplatzverlustes auszugleichen (zum Beispiel „Nichtklagebonus“ bei Verzicht auf die Kündigungsschutzklage, „Abwicklungsprämie“ für die Unterzeichnung eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrages oder Abfindungserhöhungen aufgrund vorzeitigen Ausscheidens)

30

- Ansprüche aus anderen Interessenausgleichen, Sozialplänen oder Betriebsvereinbarungen.

31

2.2 …

32

3 Abfindung

3.1

33

Arbeitnehmer, die dem Geltungsbereich nach Ziffer 1 unterfallen, und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder bereits ausgeschieden sind, erhalten eine Abfindung.

34

Altersfreistellungen lösen keine Abfindungsansprüche oder sonstigen finanziellen Ansprüche aus und sind als Mittel zur Umsetzung der Betriebsänderung nicht vorgesehen.

35

Die Abfindungsberechnung erfolgt ausschließlich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen unter Beachtung der Regelungen zur Leistungsbegrenzung. Eine zusätzliche Abfindung zur Abmilderung besonderer sozialer Härtefälle ist ausgeschlossen. Ein Härtefonds wird nicht eingerichtet.

3.2

36

Für Arbeitnehmer, die der Regelung nach 1.1 unterfallen („betriebsbedingte Beendigungskündigung“) errechnet sich die Abfindung nach folgender Formel:

37

Bruttomonatsentgelt x Faktor 1,5 x Zahl der Jahre der Betriebszugehörigkeit.

38

Die Abfindung ist der Höhe nach begrenzt („Obergrenze“) auf den niedrigeren der beiden folgenden Werte:

39

- 75 % des durch den Arbeitnehmer erwerbbaren fiktiven Gesamtbruttoeinkommens,

40

oder

41

- Euro 300.000 brutto.

42

Das fiktive Gesamtbruttoeinkommen ist hierbei die Summe der (zeitanteiligen) Bruttogrundgehälter, Prämien und sonstigen Sonderzahlungen zwischen dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis infolge Kündigung oder Aufhebungs-/Abwicklungsvertrag endet, und - längstens - dem Zeitpunkt des jeweiligen frühestmöglichen Rentenbezugs, wobei die vorgezogene Altersrente für Frauen und schwerbehinderte Menschen außer Betracht bleibt.

3.3

43

Für Arbeitnehmer, die der Regelung nach 1.2 unterfallen („Eigenkündigung nach dem 29. August 2014“) errechnet sich die Abfindung nach folgender Formel:

44

Bruttomonatsentgelt x Faktor 1,0 x Zahl der Jahre der Betriebszugehörigkeit.

45

Die Abfindung ist der Höhe nach begrenzt („Obergrenze“) auf den niedrigeren der beiden folgenden Werte:

46

- 75 % des durch den Arbeitnehmer erwerbbaren fiktiven Gesamtbruttoeinkommens,

47

oder

48

- Euro 200.000 brutto.

49

Das fiktive Gesamtbruttoeinkommen ist hierbei die Summe der (zeitanteiligen) Bruttogrundgehälter, Prämien und sonstigen Sonderzahlungen zwischen dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis infolge Kündigung oder Aufhebungs-/Abwicklungsvertrag endet, und - längstens - dem Zeitpunkt des jeweiligen frühestmöglichen Rentenbezugs, wobei die vorgezogene Altersrente für Frauen und schwerbehinderte Menschen außer Betracht bleibt.

50

4 Berechnung der Abfindung / Definitionen

51

Für die Berechnung der Abfindungen im Sinne von Ziffer 3 gelten folgende Definitionen:

4.1

52

Die Betriebszugehörigkeit wird zum 31. März 2015 („Stichtag“) berechnet. …

4.2

53

Das Lebensalter wird monatsgenau zum Stichtag ermittelt und auf zwei Kommastellen genau berechnet.

4.3

54

Maßgeblich für die Berechnung der Abfindung ist ein Bruttomonatsgrundentgelt. … Grundlage ist ausschließlich das Bruttomonatsgrundgehalt März 2015 (fiktiv für bereits ausgeschiedene Betroffene).

55

56

5 Abfindungszuschläge

57

Die gemäß Ziffern 3 und 4 ermittelten Abfindungen erhöhen sich um folgende weitere Beträge:

5.1

58

Für jedes zum Stichtag noch unterhaltsberechtigte Kind wird ein Zuschlag von Euro 2.500 gezahlt.

59

5.2

60

Arbeitnehmer, bei welchen ein Grad der Behinderung festgestellt wurde, erhalten einen Zuschlag. Dieser beträgt je vollendete 10 Grad der Behinderung Euro 1.000 (d.h. bei z.B. Grad der Behinderung 100 insgesamt Euro 10.000).

61

6 Sonderregelungen für befristet Beschäftigte

62

Arbeitnehmer, die bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses entweder im Rahmen einer Zeitbefristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG oder im Rahmen einer Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG beschäftigt sind, erhalten im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche, unmittelbar durch die Betriebsänderung bedingte Kündigung als Entschädigung für den vorzeitigen Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung nach den normalen Regeln, jedoch maximal i.H.v. 50 % der Summe der noch ausstehenden Bruttomonatsgehälter, die der jeweilige befristet beschäftigte Arbeitnehmer zwischen dem Kündigungstermin und dem Ablauf der Befristung hätte beanspruchen können.

63

7 Fälligkeit und Sonderregelungen zur Versteuerung der Abfindung

64

Die Abfindung ist einen Monat nach rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Satz 1 gilt nicht, wenn ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hat. Für den Fall, dass die Kündigungsschutzklage erfolgreich ist, entfällt der Anspruch. Bei Abweisung der Kündigungsschutzklage wird die Abfindung erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung fällig. Die Abfindung wird unter Berücksichtigung möglicher gesetzlicher Ermäßigungen (derzeit §§ 24 und 34 EStG) ausgezahlt. Die Arbeitnehmer haben diese Steuern zu tragen.

65

8 Outplacement

66

Es gibt keine durch die Arbeitgeberin finanzierten Outplacementmaßnahmen.

67

9 Ausschluss von Sozialplanleistungen insgesamt

68

In Ergänzung zu Ziffer 1 wird klargestellt, dass solche Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Sozialplan haben, die

69

- das Arbeitsverhältnis selbst kündigen oder gekündigt haben, ohne im Kündigungszeitpunkt im S... Außendienst Diabetes angehört zu haben,

70

- vor dem 31. März 2015 bereits einen nicht durch die Betriebsänderung veranlassten Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag geschlossen haben,

71

- direkt im Anschluss an die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu A... Anspruch auf ungekürztes Altersruhegeld erheben können oder eine unbefristete, ungeminderte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beanspruchen können,

72

- aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen außerordentlich oder ordentlich gekündigt worden sind oder gekündigt werden,

73

- zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens die Wartezeit des §§ 1 Abs. 1 KSchG (gesetzliche Probezeit) noch nicht erfüllt haben,

74

- die eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen haben oder abschließen werden,

75

- die bereits aus einem anderen Sozialplanansprüche Ansprüche erworben haben,

76

- nach einer Versetzung im Unternehmen weiterbeschäftigt werden oder einen Ex-Pat-Vertrag erhalten haben.

77

…..

78

(Anlage A19, Bl. 170ff d. A.).

79

Der Spruch der Einigungsstelle wurde dem Betriebsrat am 21.08.2015 zugestellt. Mit einem am 01.09.2015 beim Arbeitsgericht Elmshorn eingegangenen Schriftsatz hat er ihn angefochten.

80

Der Betriebsrat hat stets die Auffassung vertreten, der Sozialplan sei unterdotiert, ermessensfehlerhaft und verstoße sowohl gegen das betriebsverfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung als auch gegen andere gesetzliche Vorgaben. Zwar sei eine Sozialplanabfindung mit einem Faktor von 1,5 Gehältern pro Beschäftigungsjahr unbestritten geeignet, die wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen oder zu mildern. Auch habe der Sozialplan vorliegend zutreffend zwischen gekündigten Arbeitnehmern und solchen, die aufgrund einer Eigenkündigung ausgeschieden sind, differenziert.

81

Es sei aber den Gegebenheiten des Einzelfalles nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Die Einigungsstelle habe bei der Abwägung der sozialen Belange der gekündigten Arbeitnehmer das konkrete Zahlungsverhalten der Arbeitgeberin anlässlich der Betriebsänderung im Zusammenhang mit Eigenkündigungen, Abwicklungsverträgen und auch mit Vorruhestandsleistungen ausgeblendet. Dadurch habe sie bei der Festlegung, in welcher Höhe die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder abzumildern sind, den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Das gelte insbesondere in Bezug auf die geleistete Zahlung einer Gesamtabfindung mit dem Faktor 2,0 und einer Deckelung bei 400.000,00 Euro an Arbeitnehmer, die aufgrund von Eigenkündigungen ausgeschieden sind und nahtlos einen anderen Arbeitsplatz bei dem exklusiven Dienstleister S... erhalten haben. Es sei nicht begründbar, weshalb auf Grund einer Eigenkündigung ausgeschiedene Arbeitnehmer einen Nichtklagebonus und eine Abwicklungsprämie erhalten hätten. Die Einigungsstelle habe nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass Arbeitnehmer mit den geringsten Auswirkungen der Betriebsänderung, eine Abfindung mit einem Faktor von 2,0 erhalten haben. Sie habe diesen Faktor daher als Minimum bei der Festlegung eines Abfindungsfaktors für die gekündigten Arbeitnehmer ohne neuen Arbeitsplatz zugrunde legen müssen, die im Zuge der gleichen Betriebsänderung größere Nachteile zu erwarten hatten. Bereits deshalb sei der Sozialplan nicht ausreichend dotiert.

82

Die Einigungsstelle habe außerdem bei der Dotierung des Sozialplanes unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten berücksichtigen müssen, dass für die durch Vorruhestandsregelungen versorgten Arbeitnehmer seitens der Arbeitgeberin weit höhere Geldbeträge zur Verfügung gestellt wurden, als für die gekündigten Arbeitnehmer ohne weitergehende Vereinbarungen. Das Thema Vorruhestand sei im Sozialplan zu prüfen gewesen, da es sich um Abfindungsleistungen aus einem Sozialplan handele.

83

Durch die höheren Abfindungszahlungen an einzelne Arbeitnehmer habe die Arbeitgeberin dem Sozialplan Mittel entzogen, die ansonsten über den Sozialplan mitbestimmt hätten verteilt werden können.

84

Der Betriebsrat hat beantragt,

85

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle über einen Sozialplan vom 21.08.2015, zugestellt am 21.08.2015, unwirksam ist.

86

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

87

den Antrag zurückzuweisen.

88

Sie hat erwidert, der Spruch der Einigungsstelle sei wirksam und die erhobenen Anfechtungsgründe des Betriebsrates berührten dessen Wirksamkeit nicht. Der Betriebsrat verfolge, wie auch in parallel betriebenen Beschlussverfahren, mit der Anfechtung nur das Ziel, einem Arbeitgeber freiwillige Leistungen an ausscheidende Mitarbeiter ohne Beteiligung des Betriebsrates unmöglich zu machen.

89

Der beschlossene Sozialplan wahre die Maßstäbe des § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG und gleiche die mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer hinreichend aus. Das Gleichbehandlungsgebot sei auch nicht unter Berücksichtigung der zusätzlichen Klageverzichts- und Abwicklungsprämien verletzt, vielmehr unter dem Gesichtspunkt zügig zu erlangender Rechts- und Planungssicherheit sachlich gerechtfertigt. Allen Arbeitnehmern sei ein Abwicklungsvertrag angeboten worden. Es liege auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die Vorruhestandsvereinbarungen seien nicht mit Abfindungsregelungen vergleichbar. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG seien insoweit nicht existent und daher auch im Zusammenhang mit der Aufstellung des Sozialplans nicht zu beachten gewesen.

90

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 11.12.2015 den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der mittels Einigungsstellenspruch aufgestellte Sozialplan sei wirksam zustande gekommen und auch nicht ermessensfehlerhaft. Er sei nicht unterdotiert und berücksichtige die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer mit dem festgelegten Faktor von 1,5 Gehältern pro Beschäftigungsjahr hinreichend. Die sich jeweils ergebenden Abfindungen in Höhe von jeweils sechsstelligen Eurobeträgen seien hinreichend geeignet, die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der Schließung des Diabetes Außendienstes entstehen, auszugleichen oder zumindest substantiell zu mildern. Die Arbeitgeberin sei nicht gehindert gewesen, darüberhinausgehende freiwillige Zahlungen zur Erlangung von Planungs- und Rechtssicherheit anzubieten und habe sich dadurch nicht in der Weise selbst gebunden, dass nur eine Abfindung nach dem Sozialplan mit einem Faktor von 2,0 ermessensfehlerfrei sein könne. Das Gesamtvolumen des Sozialplans im Sinne des § 112 Abs. 5 Ziff. 3 BetrVG habe übereinstimmend keine Rolle bei der Entscheidungsfindung gespielt, weder nach oben noch nach unten. Angestrebte Planungssicherheit rechtfertige zusätzliche Zahlungen und damit eine Ungleichbehandlung.

91

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand, Anträge und Entscheidungsgründe des Beschlusses verwiesen.

92

Gegen diesen dem Betriebsrat am 28.12.2015 zugestellten Beschluss hat er am 19.01.2016 Beschwerde eingelegt, die nach Fristverlängerung bis zum 29.03.2016 am 29.03.2016 begründet wurde.

93

Der Betriebsrat ergänzt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Arbeitgeberin habe außerhalb des Sozialplans – ohne Mitbestimmung des Betriebsrats – erhebliche finanzielle Mittel für Abfindungszahlungen eingesetzt. Diese hätten ansonsten dem Sozialplan zur Verfügung gestanden, seien aber für ihr Bereinigungsinteresse zweckentfremdet worden. Die Arbeitgeberin habe sich durch ihre Zusagen und Zahlungen von Gesamtabfindungen nach dem Faktor 2,0 selbst gebunden. Die Einigungsstelle habe davon nicht nach unten abweichen dürfen. Das sei fehlerhaft. Im Übrigen bleibe er dabei, dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot vorliege.

94

Der Betriebsrat beantragt,

95

den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11.12.2015 unter dem Az. 1 BV 26 d/15 abzuändern und

96

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle über einen Sozialplan vom 21.08.2015, zugestellt am 21.08.2015, unwirksam ist.

97

Die Arbeitgeberin beantragt,

98

die Beschwerde zurückzuweisen.

99

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.

100

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle verwiesen.

II.

101

A. Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

102

B. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag des Betriebsrates auf Feststellung der Unwirksamkeit des Sozialplans vom 21.08.2015 zurückgewiesen. Der Spruch der Einigungsstelle ist wirksam.

103

1. Der Antrag ist zulässig. Das vorliegende Verfahren ist auf Basis eines ordnungsgemäßen Beschlusses des Betriebsrates vom 02.09.2015 bei gleichzeitiger Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates eingeleitet worden (Anlage BB 13, Bl. 371 ff d. A.).

104

2. Der Betriebsrat hat die Feststellung, dass der Sozialplan unwirksam ist, fristgemäß innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG geltend gemacht. Der Spruch der Einigungsstelle wurde ihm am 21.08.2015 zugestellt. Am 01.09.2015 ging der Anfechtungsschriftsatz beim Arbeitsgericht ein.

105

3. Die Einigungsstelle hat, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, das ihr eingeräumte Regelungsermessen eingehalten.

106

a) Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach § 76 Abs. 5 Satz 4, § 112 Abs. 5 BetrVG ist, ob sich der Spruch der Einigungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. Maßgeblich ist allein die getroffene Regelung als solche. Eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens muss in ihr selbst als Ergebnis des Abwägungsvorgangs liegen, nicht jedoch in den von der Einigungsstelle angestellten Erwägungen, sofern diese überhaupt bekannt gegeben worden sind. Entscheidend ist, ob der von der Einigungsstelle beschlossene Sozialplan objektiv den Anforderungen des Gesetzes entspricht. Entscheidend ist nicht, welche Überlegungen die Einigungsstelle angestellt hat. Entscheidend ist, zu welchem Ergebnis sie gelangt ist. Ein rechtlich erheblicher Fehler im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4, §§ 112 Abs. 5 BetrVG liegt nur vor, wenn sich die von der Einigungsstelle getroffene Regelung nicht als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. Dagegen ist ohne Bedeutung, ob die von der Einigungsstelle angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zutreffen und ihre weiteren Überlegungen frei von Fehlern sind und eine erschöpfende Würdigung aller Umstände zum Inhalt haben (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 23 m.w.N.; BAG vom 22.01.2013 – 1 ABR 85/11 – Rz. 15; BAG vom 06.05.2005 – 1 ABR 11/02 – Rz. 42, jeweils m.w.N.).

107

b) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können (BAG vom 18.05.2010 – 1 AZR 187/09 – Rz. 22). Auf diese Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion ist bei der rechtlichen Überprüfung von Sozialplänen entscheidend abzustellen. Darüber hinaus hat ein Sozialplan eine Befriedungsfunktion (BAG vom 31.05.2005 – 1 AZR 254/04 – Rz. 21 m.w.N.).

108

c) Die Einigungsstelle ist – wie auch die Betriebspartner – bei der Aufstellung eines Sozialplans grundsätzlich in den Grenzen von Recht und Billigkeit (§ 75 BetrVG) frei, darüber zu entscheiden, ob und welche Nachteile des Arbeitnehmers, die der Verlust des Arbeitsplatzes infolge einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung mit sich bringt, durch eine Abfindung ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Dabei muss der Normzweck des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG berücksichtigt werden (BAG vom 14.09.1994 – 10 ABR 7/94 – Rz. 21 m.w.N.). Die Einigungsstelle ist bei der Ermessensausübung nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG an die Grundsätze des § 75 Abs. 1 BetrVG und im Fall der Aufstellung eines Sozialplans zudem an die Vorgaben des § 112 Abs. 1 BetrVG gebunden. Danach hat die Einigungsstelle sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigten als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung auf das Unternehmen zu achten. Im Rahmen billigen Ermessens muss sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalles Leistungen zum Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen und bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens nicht gefährdet wird (§ 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG). Der Ausgleichs- und Milderungsbedarf der Arbeitnehmer bemisst sich nach den ihnen entstehenden Nachteilen. Der wirtschaftlichen Vertretbarkeit kommt dabei lediglich eine Korrekturfunktion zu (BAG vom 06.05.2003 – 1 ABR 11/02 – Rz. 41; BAG vom 22.01.2013 – 1 ABR 85/11 – Rz. 16; BAG vom 14.09.1994 – 10 ABR 7/94 – Rz. 21 f, jeweils m.w.N.).

109

d) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung des von der Einigungsstelle ausgeübten Ermessens ist, ob die Regelung im Verhältnis zwischen den Betriebsparteien untereinander einen billigen Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat als Sachwalter der Belegschaft darstellt. Ein rechtlich erheblicher Fehler im Sinne von § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG liegt nur vor, wenn sich die von der Einigungsstelle getroffene Regelung nicht als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer erweist (BAG vom 06.05.2003 – 1 ABR 11/02 – Rz. 42 m.w.N.).

110

e) Die Betriebsparteien und die Einigungsstelle besitzen einen weiten Ermessensspielraum bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang sie die Nachteile einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen wollen (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 26 m.w.N.). Aus der Funktion des Sozialplans ergeben sich Folgen für die Ober- und die Untergrenze der in ihm vorgesehenen Leistungen. Weil der Sozialplan einerseits in keinem Fall mehr als einen Ausgleich der mit der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer bewirken soll, stellt der für den vollständigen Ausgleich dieser Nachteile benötigte Leistungsumfang den höchstmöglichen Sozialplanbedarf dar. Dieser ist damit zugleich die Obergrenze für die Bemessung der Sozialplanleistungen durch die Einigungsstelle nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Die sozialen Belange der Arbeitnehmer rechtfertigen in keinem Fall höhere Leistungen als sie ein vollständiger Ausgleich aller wirtschaftlicher Nachteile verlangt (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 29 m.w.N.). Weil der Sozialplan andererseits jedenfalls eine Milderung der wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer bewirken soll, muss er – unter dem Vorbehalt seiner wirtschaftlichen Vertretbarkeit – zumindest so dotiert sein, dass seine Leistungen als eine solche „Milderung“ angesehen werden können. Ergeben sich somit sowohl die Ober- als auch die Untergrenze des Volumens der Sozialplanleistungen aus dem Ausgleichs- bzw. Milderungsbedarf der Arbeitnehmer, so sind diese Grenzen unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zu ermitteln (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 30 f).

111

f) Für die gerichtliche Kontrolle der Sozialplandotierung durch die Einigungsstelle bedeutet dies, dass der Anfechtende die Überschreitung einer dieser Ermessensgrenzen dartun muss. Ficht der Betriebsrat den Sozialplan wegen Unterdotierung an, so hat er darzulegen, dass dessen Regelungen die Untergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verletzen, weil sie nicht nur keinen Ausgleich, sondern nicht einmal eine substantielle Milderung der für die Arbeitnehmer entstandenen Nachteile darstellen (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 34 f). Hat die Einigungsstelle Regelungen getroffen, die sowohl eine substantielle Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer darstellen, als auch für das Unternehmen wirtschaftlich vertretbar sind, so hat sie sich innerhalb des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens gehalten. Die gerichtliche Feststellung einer Unwirksamkeit der von ihr getroffenen Regelungen wegen Über- oder Unterdotierung des Sozialplans scheidet unter dieser Voraussetzung aus (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 36). Der Betriebsrat hat darzulegen, anhand welcher tatsächlichen Umstände, etwa angesichts gerade hier bestehender besonderer und untypischer Verhältnisse die Regelungen des Sozialplans im Streitfall nicht einmal als Milderung der wirtschaftlichen Nachteile der Betroffenen im Sinne von § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG angesehen werden kann und damit unterdotiert ist.

112

g) Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann eine Unterdotierung des streitbefangenen, gegen die Stimmen des Betriebsrats beschlossenen Sozialplans und in diesem Zusammenhang ein Ermessensfehlgebrauch der Einigungsstelle nicht festgestellt werden. Davon geht das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend aus. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Sozialplanfaktor 2,0 nötig war, um die oben dargelegte Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Sozialplanleistungen zu gewährleisten. Der Sozialplan gewährt den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern eine spürbare Entlastung der mit der Beendigung der Arbeitsverhältnisse verbundenen wirtschaftlichen Nachteile. Der Betriebsrat trägt selbst vor, dass die festgelegte Sozialplanabfindung mit einem Faktor von 1,5 Gehältern pro Beschäftigungsjahr unbestritten geeignet ist, die wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen und zu mildern. Es ergeben sich jeweils Abfindungen in Höhe von sechsstelligen Euro-Beträgen. Abfindungen in dieser Größenordnung sind nach der Überzeugung der Kammer zweifelsfrei geeignet, Besitzstandsverlust und vorübergehende Arbeitslosigkeit über einen längeren Zeitraum auszugleichen, jedenfalls zu mildern. Es sind keinerlei konkrete Anhaltspunkte für einen weitergehenden, in der Einigungsstelle nicht erwogenen Ausgleichs- bzw. Milderungsbedarf der betroffenen Arbeitnehmer ersichtlich. Jedenfalls fehlt hierzu jegliches Vorbringen des anfechtenden Betriebsrats. Auch dem Akteninhalt ist nichts Derartiges zu entnehmen. Da der Gesichtspunkt einer etwaigen wirtschaftlichen Unvertretbarkeit für die Arbeitgeberin vorliegend nicht zum Tragen kommt, weil nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Beteiligten eine Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Verhältnisse des Unternehmens nicht geboten war, sind auch insoweit in Bezug auf die Dotierung des Sozialplans keine Ermessensfehler der Einigungsstelle ersichtlich. Der Zweck des Sozialplans, eine Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion für die Arbeitnehmer haben zu müssen, ist erfüllt. Angesichts dessen ist das Gericht nicht befugt, in den weiten Ermessensspielraum der Einigungsstelle einzugreifen und einen „besseren“, über die „Sättigungsgrenze“ hinausgehenden Ausgleich für die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer zu verlangen. Das sieht die gerichtliche Kontrollfunktion des § 76 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 112 Abs. 5 BetrVG nicht vor.

113

h) Auch den weiteren Sozialplanregelungen sind keine Anhaltspunkte für eine Ermessensfehlerhaftigkeit zu entnehmen. Es wurde in Bezug auf Schwerbehinderungen, Unterhaltslasten, Eigenkündigungen, Geltungsbereich etc. hinreichend differenziert. Rügen wurden auch insoweit seitens des Betriebsrats nicht vorgebracht.

114

i) Hat die Einigungsstelle Regelungen getroffen, die sowohl eine substantielle Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer darstellen als auch für das Unternehmen wirtschaftlich vertretbar sind, so hat sie sich innerhalb des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens gehalten. Die gerichtliche Feststellung einer Unwirksamkeit der von ihr getroffenen Regelungen wegen Über- oder Unterdotierung des Sozialplans scheidet unter dieser Voraussetzung aus (BAG vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – Rz. 36).

115

4. Der Sozialplan ist nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Arbeitgeberin zusätzliche Prämien in Form einer Klageverzichtsprämie und einer Abwicklungsprämie angeboten und gezahlt hat, und so im Falle von Eigenkündigungen oder Abwicklungsvereinbarungen letztendlich Gesamtabfindungen nach einem Faktor von 2,0 ausgeschüttet hat.

116

a) Klageverzichts- und Abwicklungsprämien haben eine Bereinigungsfunktion zur Herbeiführung von Planungssicherheit für die Arbeitgeberin. Ein Sozialplan hingegen hat keine „Bereinigungsfunktion“ zur Herbeiführung von Planungssicherheit (BAG vom 31.05.2005 – 1 AZR 254/04 – Rz. 21 m.w.N.). Er muss lediglich die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion gewährleisten. Er dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG vom 18.05.2010 – 1 ABR 187/09 – Rz. 22).

117

b) Deshalb sind Abfindungszusagen außerhalb des Sozialplans grundsätzlich zulässig. Dabei ist es unerheblich, ob diese in Form einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (so BAG vom 31.05.2005 – 1 AZR 254/04) oder in Form einer einzelvertraglichen Regelung, z. B. Gesamtzusage (so BAG vom 15.02.2005 – 9 AZR 116/04) erfolgt. Beide Formen prägt aber die Freiwilligkeit ihrer Einführung.

118

c) Besteht kein kollektivrechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber nicht den Weg des Abschlusses einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gegangen ist, vielmehr z. B. im Wege einer Gesamtzusage einen einzelvertraglichen Anspruch der Arbeitnehmer begründet hat, ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der Bestimmung der Zwecke, die er mit einer bisher noch nicht vereinbarten freiwilligen Leistung verfolgen will. Das gilt auch für eine als „Abfindung“ bezeichnete Leistung. Der Arbeitgeber muss sich insoweit nicht am Leitbild des § 112 BetrVG orientieren und die Abfindung ausschließlich zum Ausgleich oder zur Milderung der Nachteile der von der betriebsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer bestimmen. Er ist befugt, die Zahlung derartiger „Abfindungen“ als Steuerungsmittel einzusetzen, um die geplante und begonnene Betriebsänderung störungsfrei durchzuführen (BAG vom 15.02.2005 – 9 AZR 116/04, Rz. 41 m.w.N.).

119

d) In diesem Zusammenhang begegnet es auch keinen Bedenken, wenn ein Arbeitgeber die Höhe der freiwilligen Abfindungsleistung „sozialplanähnlich“ nach generellen Merkmalen bestimmt. Das macht den mit der Abfindung verfolgten Zweck nicht „sachfremd“ (BAG vom 15.02.2005 – 9 AZR 116/04, Rz. 42), so dass sich aus dieser Gestaltungsart entgegen der Ansicht des Betriebsrats weder ein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen noch ein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt.

120

d) Die Auffassung des Betriebsrats trifft zu, dass der Gestaltungsspielraum des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Zusage freiwilliger Begünstigungen anlässlich einer Betriebsänderung seine Grenze im Umgehungsverbot findet. Das führt vorliegend jedoch nicht zur Anfechtbarkeit des Sozialplans.

121

(1) Mit den freiwilligen Begünstigungen eines Arbeitgebers darf nicht das Verbot umgangen werden, Sozialplanabfindungen von einem entsprechenden Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Ob eine solche Umgehung vorliegt, kann regelmäßig nur unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. Eine Umgehung kann insbesondere vorliegen, wenn der Sozialplan keine angemessene Abmilderung der wirtschaftlichen Nachteile vorsieht oder wenn greifbare Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dem „an sich“ für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen seien zum Nachteil der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer Mittel entzogen und funktionswidrig im „Bereinigungsinteresse“ des Arbeitgebers eingesetzt worden (BAG vom 31.05.2005 – 5 AZR 254/04 – Rz. 32).

122

(2) Von einer Zweckentfremdung von Sozialplanmitteln kann aber dann nicht ausgegangen werden, wenn der Sozialplan seine Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion angemessen ausgleicht und insoweit keine Unterdotierung des Sozialplans feststellbar ist (BAG vom 31.05.2005 – 1 AZR 254/04 – Rz. 32).

123

(3) Anhaltspunkte für eine durch Einigungsstellenspruch abgesicherte funktionswidrige Zweckentfremdung von Sozialplanmitteln sind nicht ersichtlich. Der Sozialplan sieht selbst nach dem Vorbringen des anfechtenden Betriebsrats eine angemessene Abmilderung der wirtschaftlichen Nachteile aller von der Schließung des Diabetes Außendienstes betroffenen Arbeitnehmer vor. Sie erhalten unabhängig von der Befriedigung des Beschleunigungs- und Bereinigungsinteresses der Arbeitgeberin Abfindungen in sechsstelliger Größenordnung. Die Einigungsstelle war nicht verpflichtet, diesen ausgewogenen Nachteilsausgleich zu Lasten des – an sich berechtigten und schützenswerten - Bereinigungsinteresses der Arbeitgeberin aufzustocken. Das Bereinigungs- und Beschleunigungsinteresse des Arbeitgebers ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geschützt. Das zeigt auch ein Blick auf § 1a KSchG. Die Arbeitgeberin hat außergerichtlich individualrechtlich die Zahlung einer Gesamtabfindung nach einem Gesamtfaktor von 2,0 zugesagt, untergliedert in Abfindung, Nichtklagebonus und Abwicklungsprämie, unter voller Anrechnung auf die Sozialplanabfindung. Sie hat gleichzeitig stets darauf hingewiesen, dass ein gesetzlicher Anspruch auf eine – noch auszuhandelnde - Sozialplanabfindung besteht. Zweck der Zusage des Gesamtfaktors war damit zweifelsfrei auch die Verwirklichung des Bereinigungs- und Beschleunigungsinteresses der Arbeitgeberin. Dieses durfte sie zum Ausdruck bringen. Angesichts des von der Einigungsstelle für gekündigte Arbeitnehmer beschlossenen Sozialplanfaktors von 1,5 bleibt der vom angebotenen Gesamtfaktor letztendlich verbleibende Faktor von 0,5 für zusätzliche, dem Bereinigungsinteresse dienende Abfindungen auch deutlich hinter dem Sozialplanvolumen. Zudem wurden die sich aus §§ 111, 112 BetrVG ergebenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in der Einigungsstelle gewahrt. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte und vor allem des hohen Sozialplannachteilsausgleiches für jeden betroffenen Arbeitnehmer, der nicht zur Beschleunigung der Schließung des Bereiches Diabetes Außendienst beitragen wollte, bestehen nach Überzeugung der Kammer vorliegend keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Umgehungstatbestandes.

124

5. Ebenso wenig ergibt sich aus der Vorgehensweise der Arbeitgeberin, noch vor Zustandekommen des Sozialplans auf Sozialplanabfindungen voll anrechenbare Gesamtabfindungen einschließlich Abwicklungs- und Klageverzichtsprämien anzubieten, eine Selbstbindung für das Volumen des Sozialplans, von der die Einigungsstelle nicht hätte abweichen dürfen.

125

a) Ausweislich der den betroffenen Mitarbeitern seit dem 12.03.2015 übermittelten Unterlagen und Zusagen hat die Arbeitgeberin stets differenziert zwischen sich aus § 112 BetrVG ergebenden Sozialplanansprüchen und darüber hinausgehenden Zusagen einer freiwilligen Begünstigung zur Erzielung von Planungssicherheit, um – rechtlich zulässig – individualrechtliche Risiken bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder gar zu beseitigen. Diese Vorgehensweise der Zahlung von freiwilligen Abfindungen als Steuerungsmittel, um die Betriebsänderung störungsfrei durchzuführen, ist zulässig. Würde eine solche Abfindungszusage außerhalb des Sozialplans gleichzeitig als Selbstbindung für das Volumen des noch zu verhandelnden Sozialplans bewertet, könnte die Arbeitgeberseite das Bedürfnis nach Planungssicherheit nicht befriedigen. Obgleich sie an sich befugt ist, zum Zwecke der Planungssicherheit freiwillig zusätzliche individualrechtliche Anreize zum Verzicht auf Kündigungsschutzklagen oder zum freiwilligen oder vorzeitigen Ausscheiden anzubieten, entfiele ihre Freiwilligkeit, wenn aus einer solchen Vorgehensweise automatisch eine Selbstbindung für das Volumen des Sozialplans abgeleitet werden könnte, das dann im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialplanverhandlungen zwingend unter der Mitbestimmung des Betriebsrats zu verteilen wäre. Damit aber würde der „Topf“, den die Arbeitgeberin für freiwillige Begünstigungen außerhalb eines Sozialplans gebildet hat, automatisch im Sozialplandotierungsrahmen verschwinden. Die gewollte Bereinigungsfunktion würde in der Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans untergehen, ihre Berechtigung und ihr Schutz ad absurdum geführt.

126

b) Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob sich aus der Zusage der Arbeitgeberin zur Gewährung von Klageverzichts- und Abwicklungsprämien und auch zum Abschluss von Vorruhestandsregelungen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG eröffnet, weil die Arbeitgeberin hierdurch einen eigenen Topf dotiert haben könnte. Hierauf kommt es im Sozialplananfechtungsverfahren nicht an. Gegenstand der Einigungsstelle war die Aufstellung eines Sozialplans. Gegenstand des Sozialplananfechtungsverfahrens ist die ermessensfehlerfreie Aufstellung eines Sozialplans nach den Kriterien des § 112 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 BetrVG in Verbindung mit § 76 Abs. 5 BetrVG. Gegenstand des Sozialplananfechtungsverfahrens ist jedoch gerade nicht die Wahrung von Mitbestimmungsrechten zur Verteilung von Geldern anlässlich etwaiger anderer, freiwillig eröffneter „Dotierungsrahmen“, z. B. nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG.

127

Der „Dotierungsrahmen“ des vorliegenden Sozialplans, das Sozialplanvolumen zum Ausgleich von Nachteilen anlässlich der Schließung des Bereiches Diabetes Außendienst ist mit dem Spruch der Einigungsstelle jedoch ausreichend hoch festgelegt und ermessensfehlerfrei verteilt worden.

128

6. Letztendlich ist auch kein Verstoß gegen den – betriebsverfassungsrechtlichen - Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne des § 75 Abs. 1 BetrVG festzustellen.

129

Der Betriebsrat moniert, dass die Arbeitgeberin auch den acht Arbeitnehmern, die schon lange vor den Verhandlungen in der Einigungsstelle durch Eigenkündigung ausgeschieden sind und nahtlos ein Anschlussarbeitsverhältnis bei dem externen Dienstleister gefunden haben, trotz fehlender oder erheblich geringerer Nachteile die gleiche Gesamtabfindung nach einem Faktor 2,0 nachträglich gezahlt hat. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob diese Vorgehensweise im Verhältnis zu den gekündigten Arbeitnehmern einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt. Diese Frage kann allenfalls auf individualrechtlicher Ebene geklärt werden. Der Betriebsrat übersieht, dass im vorliegenden Verfahren insoweit nicht das Verhalten des Arbeitgebers zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wird, sondern der Spruch der Einigungsstelle. Dieser müsste einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz enthalten. Das ist nicht der Fall. Die Einigungsstelle hat unter Ziffer 3.2 und unter Ziffer 3.3 im Hinblick auf Arbeitnehmer, die durch betriebsbedingte Beendigungskündigung ausscheiden, und im Hinblick auf Arbeitnehmer, die durch Eigenkündigung ausscheiden, differenziert. Letztere erhalten eine geringere Sozialplanabfindung und haben auch einen niedrigeren Deckelungsbetrag. Eine derartige Sachgruppenbildung und Differenzierung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden.

130

7. Es ist auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB feststellbar.

131

a) Ein Arbeitgeber verletzt weder den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch verstößt er gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, wenn er die Zahlung einer freiwilligen Abfindung davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer nicht gegen die Kündigung gerichtlich vorgeht (BAG vom 15.02.2005 – 9 AZR 116/04 - Leitsatz und Rz. 52 f). Ob sich unter Einzelfallgesichtspunkten etwas anderes ergibt, wäre individualrechtlich zu klären.

132

b) Der Spruch der Einigungsstelle verstößt ebenfalls nicht gegen das Maßregelungsverbot. Hierfür sind keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich.

133

8. Der Spruch der Einigungsstelle ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil er keine Regelungen zum Thema Vorruhestand enthält. Ein Ermessensfehler liegt darin nicht. Für die Betriebsparteien und die Einigungsstelle bestand keine Pflicht, derartige Regelungen zu treffen. Angesichts der ausreichenden Dotierung des Sozialplans ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für einen funktionswidrigen Entzug von finanziellen Mitteln, die dem Sozialplan hätten zur Verfügung gestellt werden müssen, aber in Vorruhestandsvereinbarungen geflossen sind. Etwaige individuelle Ungleichbehandlungen wären individualrechtlich zu klären.

134

9. Aus den genannten Gründen ist der Beschwerde der Erfolg versagt. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zu Recht abgewiesen. Der Beschluss der Einigungsstelle vom 21.08.2015 über einen Sozialplan ist wirksam. Die Beschwerde des Betriebsrats war daher zurückzuweisen.

135

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 92 ArbGG liegen nicht vor. Alle tragenden Rechtsfragen sind geklärt.


Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 27. Juli 2016 - 3 TaBV 3/16

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(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außeror

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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 27. Juli 2016 - 3 TaBV 3/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 ABR 85/11

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Tenor Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 88/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09

bei uns veröffentlicht am 18.05.2010

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.

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(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 88/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die wirtschaftliche Vertretbarkeit eines durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Sozialplans.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, das zuletzt 76 Arbeitnehmer beschäftigte. Einzige Auftraggeberin war ihre Muttergesellschaft, die J GmbH & Co. KG (KG). Bei der Arbeitgeberin besteht der zu 2. beteiligte Betriebsrat.

3

Zwischen der Arbeitgeberin als Organgesellschaft und der KG als Organträgerin besteht ein Gewinnabführungsvertrag. Dieser sieht vor, dass sich die Arbeitgeberin der Geschäftsführung der KG unterstellt und diese berechtigt ist, der Geschäftsführung der Organgesellschaft Weisungen zu erteilen. Der gesamte Gewinn der Organgesellschaft, der ohne diesen Vertrag sonst auszuweisen wäre, ist nach Abschluss des Geschäftsjahres an die Organträgerin abzuführen. Die Organträgerin hat andererseits jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag bei der Organgesellschaft auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

4

Im Jahr 2001 erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Umsatzerlös von 5,9 Mio. Euro. Das Anlagevermögen belief sich zum 31. Dezember 2001 auf insgesamt rund 645.000,00 Euro und das Umlaufvermögen auf rund 457.000,00 Euro. In der Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Umsatzerlös von rund 838.000,00 Euro. Unter Berücksichtigung der Aufwendungen und Abschreibungen ergab sich hieraus ein Jahresfehlbetrag von rund 658.000,00 Euro, den die KG ausglich.

5

Aufgrund der rückläufigen Umsätze entschloss sich die Arbeitgeberin Ende des Jahres 2008, ihren einzigen Betrieb in O zu schließen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan beschloss die Einigungsstelle am 16. Januar 2009 einen Sozialplan mit einem Volumen von 1,046 Mio. Euro. Der Spruch der Einigungsstelle wurde der Arbeitgeberin am 27. Januar 2009 zugeleitet. Im Sommer 2009 stellte sie den Betrieb ein und veräußerte das Anlagevermögen.

6

Mit ihrer am 9. Februar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin geltend gemacht, das Sozialplanvolumen sei wirtschaftlich unvertretbar. Sie könne diesen Betrag nicht selbst aufbringen.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle über einen Sozialplan vom 16. Januar 2009, zugestellt am 27. Januar 2009, unwirksam ist.

8

Der Betriebsrat hat Antragsabweisung beantragt.

9

Die Vorinstanzen haben den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

10

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

11

I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs, ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses zu beantragen, § 256 Abs. 1 ZPO(BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 11, BAGE 133, 373). Dem entspricht der Antrag der Arbeitgeberin.

12

II. Am Verfahren sind die Arbeitgeberin sowie der Betriebsrat zu beteiligen. Dieser ist gemäß § 21b BetrVG auch nach der Stilllegung des Betriebs noch im Amt, da dies zur Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts nach § 112 BetrVG weiter erforderlich ist(vgl. BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 13, BAGE 137, 203).

13

III. Der Antrag ist unbegründet. Der Spruch der Einigungsstelle ist mit § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG vereinbar. Das Sozialplanvolumen übersteigt nicht die Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für die Arbeitgeberin.

14

1. Der Einigungsstellenspruch unterliegt der gerichtlichen Überprüfung nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Die Arbeitgeberin hat den ihr am 27. Januar 2009 zugeleiteten Einigungsstellenspruch innerhalb der Zweiwochenfrist am 9. Februar 2009 beim Arbeitsgericht gerichtlich angefochten und die mangelnde wirtschaftliche Vertretbarkeit gerügt.

15

2. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach § 76 Abs. 5 Satz 4, § 112 Abs. 5 BetrVG ist, ob sich der Spruch der Einigungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. Maßgeblich ist allein die getroffene Regelung als solche. Eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens muss in ihr selbst als Ergebnis des Abwägungsvorgangs liegen. Auf die von der Einigungsstelle angestellten Erwägungen kommt es nicht an. Die Frage, ob die der Einigungsstelle gezogenen Grenzen des Ermessens eingehalten sind, unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Es geht um die Wirksamkeit einer kollektiven Regelung, die von der Wahrung des der Einigungsstelle eingeräumten Gestaltungsrahmens abhängig ist. Insoweit gilt nichts anderes als für die gerichtliche Kontrolle von Betriebsvereinbarungen (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 137, 203).

16

3. Die Einigungsstelle hat nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Im Rahmen billigen Ermessens muss sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls Leistungen zum Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen und bei der Bemessung des Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach der Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden (§ 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG). Der Ausgleichs- und Milderungsbedarf der Arbeitnehmer bemisst sich nach den ihnen entstehenden Nachteilen. Der wirtschaftlichen Vertretbarkeit kommt dabei eine Korrekturfunktion zu. Die Einigungsstelle hat von dem von ihr vorgesehenen Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile abzusehen, wenn dieser den Fortbestand des Unternehmens gefährden würde. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung stellt damit für sie eine Grenze der Ermessensausübung dar (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 18, BAGE 137, 203). Ist der für angemessen erachtete Ausgleich von Nachteilen der Arbeitnehmer für das Unternehmen wirtschaftlich nicht vertretbar, ist das Sozialplanvolumen bis zum Erreichen der Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit zu mindern. Die gebotene Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens kann die Einigungsstelle sogar zum Unterschreiten der aus § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG folgenden Untergrenze des Sozialplans zwingen. Erweist sich auch eine noch substanzielle Milderung der mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile als für das Unternehmen wirtschaftlich unvertretbar, ist es nach § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BetrVG zulässig und geboten, von einer solchen Milderung abzusehen(BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 c cc der Gründe, BAGE 111, 335).

17

4. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit iSd. § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG richtet sich grundsätzlich auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört. Dies zeigt der eindeutige Wortlaut von § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Nur in Bezug auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ist nach § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG eine konzernbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auch die Gesetzesmaterialien weisen nicht darauf hin, dass anstelle des Unternehmens auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns abzustellen ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 20, BAGE 137, 203).

18

5. § 112 Abs. 5 BetrVG bestimmt nicht die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans. Maßgeblich sind die Gegebenheiten des Einzelfalls. Dabei ist grundsätzlich von Bedeutung, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. Der Umstand, dass sich ein Unternehmen bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, entbindet es nach den Wertungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht von der Notwendigkeit, weitere Belastungen durch einen Sozialplan auf sich zu nehmen. Sogar in der Insolvenz sind Betriebsänderungen gemäß § 123 InsO sozialplanpflichtig. Bei der Prüfung, wie sehr der Sozialplan das Unternehmen belastet und ob er möglicherweise dessen Fortbestand gefährdet, ist sowohl das Verhältnis von Aktiva und Passiva als auch die Liquiditätslage zu berücksichtigen. Führt die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals, ist die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit regelmäßig überschritten (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 21, BAGE 137, 203; 6. Mai 2003 - 1 ABR 11/02 - zu B II 2 e cc (3) und (4) der Gründe, BAGE 106, 95). Dies gilt auch, wenn ein Unternehmen seinen einzigen Betrieb stilllegt. Wie § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG zeigt, unterscheidet das Gesetz ausdrücklich zwischen dem Unternehmen und dem Betrieb. Bei einer vollständigen Betriebsstilllegung besteht das Unternehmen - als Rechtsträger des Betriebs - grundsätzlich fort. Allerdings darf in diesem Fall nicht außer Acht bleiben, dass nach Durchführung der Betriebsänderung keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind, die durch den Gesamtbetrag der Sozialplanleistungen gefährdet werden könnten.

19

6. Für die gerichtliche Kontrolle der Sozialplandotierung durch die Einigungsstelle bedeutet dies, dass der Anfechtende die Überschreitung einer dieser Ermessensgrenzen dartun muss. Ficht der Arbeitgeber den Sozialplan wegen mangelnder wirtschaftlicher Vertretbarkeit an, hat er entweder darzulegen, dass dessen Regelungen zu einer Überkompensation der eingetretenen Nachteile führen und deshalb schon die Obergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verletzen, oder dass sie die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen überschreiten. Sollte dies mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse allein des Arbeitgebers zu bejahen sein, liegt darin allerdings nur dann ein Ermessensfehler der Einigungsstelle, wenn nicht ein Bemessungsdurchgriff auf Konzernobergesellschaften rechtlich geboten ist (BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 c dd der Gründe, BAGE 111, 335).

20

7. Nach diesen Grundsätzen kann den Darlegungen der Arbeitgeberin nicht entnommen werden, dass die Einigungsstelle den ihr zustehenden Ermessensspielraum bei der Festsetzung des Sozialplanvolumens überschritten hat und dieses wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

21

a) Die Sozialplanregelungen führen nicht zu einer Überkompensation der den Arbeitnehmern infolge der Betriebsstilllegung entstehenden Nachteile. Die Abfindungen bemessen sich nach der Formel Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsverdienst x 0,6. Entsprechend dem festgestellten durchschnittlichen Bruttoverdienst von rund 1.750,00 Euro werden durch die Abfindungszahlungen die wirtschaftlichen Nachteile der Beschäftigten substanziell gemindert, jedoch nicht überkompensiert. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Einwand der Arbeitgeberin zurückgewiesen, die Einigungsstelle habe bei ihrer Entscheidung nicht genügend berücksichtigt, dass es sich bei den Gekündigten überwiegend um Frauen gehandelt habe, bei denen der Verlust des Arbeitsplatzes lediglich den Verlust eines Zweiteinkommens zur Folge habe. Diese Argumentation ist mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG schlechterdings unvereinbar und widerspricht dem Diskriminierungsverbot des § 3 AGG.

22

b) Die Arbeitgeberin hat die mangelnde wirtschaftliche Vertretbarkeit des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans nicht schlüssig dargelegt. Der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 2 HGB)zum 30. September 2008 ist zwar ein Verlust in Höhe von 657.760,08 Euro für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 zu entnehmen. Ihr hierauf bezogener Vortrag enthält jedoch keinerlei Angaben über vorhandenes Vermögen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der vorgelegten Bilanz zum Stichtag 31. Dezember 2001 zu entnehmen ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch über ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt 645.739,41 Euro verfügt hat. Hinzu kam ein Umlaufvermögen in Höhe von 457.378,27 Euro. Was hieraus geworden ist, ist nicht dargelegt. Im zweiten Rechtszug hat die Arbeitgeberin lediglich pauschal vorgetragen, zum Zeitpunkt der Aufnahme der Einigungsstellenverhandlungen habe der Nettobilanzwert des Anlagevermögens 297.000,00 Euro betragen. Der Marktwert habe infolge fehlender Marktfähigkeit darunter gelegen; der Veräußerungserlös habe 230.000,00 Euro betragen. In der Rechtsbeschwerdebegründung hat die Arbeitgeberin neue Zahlen vorgetragen und ausgeführt, das Anlagevermögen habe in der Bilanz zum 31. März 2009 311.758,00 Euro betragen, das Eigenkapital 51.150,00 Euro. In der Anhörung vor dem Senat hat die Arbeitgeberin wiederum behauptet, sie habe durch die Veräußerung der Maschinen einen Erlös von 400.000,00 Euro erzielt. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Zahlenangaben ist nicht erfolgt. Nähere Angaben zum Verbleib des im Jahre 2001 bilanzierten Anlage- und Umlaufvermögens sowie eine Aufschlüsselung des vorhandenen sind unterblieben. Insgesamt ist der Vortrag der Arbeitgeberin zu ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in sich stimmig. Er erläutert nicht schlüssig, dass die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals führt. Die Darlegungen der Arbeitgeberin haben dem Landesarbeitsgericht auch keine Veranlassung zu einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung nach § 139 ZPO gegeben. Auf die in den Vorinstanzen erörterte Frage der Zulässigkeit eines Bemessungsdurchgriffs auf die Muttergesellschaft kommt es nicht entscheidungserheblich an, da bereits nicht festgestellt werden kann, dass der Sozialplan für die Arbeitgeberin selbst wirtschaftlich unvertretbar ist.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 bei der A Versicherungs-AG in der Poststelle beschäftigt. Ihr Verdienst betrug bei einer Arbeitszeit von 60 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab April 2005 rund 1.600,00 Euro. Zusätzlich erhielt sie bis März 2007 eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % der Differenz zu der zuvor bezogenen Vergütung als Vollzeitbeschäftigte.

3

Ab 2006 wurde das deutsche Versicherungsgeschäft der A unter dem Dach der beklagten A Deutschland AG(ADAG) neu organisiert. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollten bis Ende 2008 insgesamt 5.700 Stellen wegfallen. Hiervon waren auch die Mitarbeiter der A Versicherungs-AG betroffen. Die durch die Betriebsänderungen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter sollten durch den von den betroffenen Unternehmen mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten vereinbarten „Sozialplan zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“ (SP-Neuordnung) vom 28. April 2006 ausgeglichen werden. Dieser Sozialplan galt auch für die Beklagte und die A Versicherungs-AG. Zur Berechnung der Grundabfindung für Vollzeitbeschäftigte des Innendienstes wurde in dem Sozialplan ein Mindestbruttomonatsverdienst in Höhe von 3.000,00 Euro zugrunde gelegt. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmte sich die Höhe des Mindestbruttomonatsverdienstes grundsätzlich anteilig nach der jeweiligen Vertragsarbeitszeit. Eine vorangegangene Vollzeitbeschäftigung war allerdings zu berücksichtigen, wenn die individuelle Arbeitszeitverkürzung aus betriebsbedingten Gründen in den letzten zwei Jahren vor Inkrafttreten des Sozialplans vereinbart wurde, was der Fall sein sollte, wenn der Arbeitnehmer eine Ausgleichszahlung zur bestehenden Gehaltsdifferenz erhielt.

4

Zeitgleich mit dem Abschluss des Sozialplans schlossen dieselben Parteien am 28. April 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG - Sozialverträgliche Umsetzung der Neuordnung -“(GBV-Neuordnung). Nach deren Präambel sollte mit der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Personalabbau durch einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen beschleunigt werden. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendeten, erhielten neben der Sozialplanabfindung eine nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte zusätzliche Abfindung.

5

Am 31. Januar 2007 verzichteten die Beklagte sowie die unter ihrem Dach zusammengefassten Unternehmen in einer mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten geschlossenen „Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“(Vereinbarung besonderer Kündigungsschutz) auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des Jahres 2009.

6

Die Klägerin vereinbarte am 20. März 2007 mit der A Versicherungs-AG einen Aufhebungsvertrag, wodurch das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung nach dem SP-Neuordnung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto beendet wurde. Am 1. Juni 2007 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

7

Am 11. Juli 2007 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Bereitstellung von ergänzenden finanziellen Mitteln zur Unterstützung der personalwirtschaftlichen Ziele der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts unter dem Dach der A Deutschland AG“(GBV-Sonderfonds). Diese sollte nach ihrer Präambel besonderen sozialen Härten bei bestimmten Mitarbeitern Rechnung tragen und gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Abbauziel von 5.700 Stellen zeitgerecht sozialverträglich durch einvernehmliche Maßnahmen erreicht wird. Hierzu wurde für einzelne Mitarbeitergruppen, ua. für die Beschäftigten aus dem Post-/Scan- und Verteilbereich, ein Sonderfonds aufgelegt. Diese Mitarbeiter sollten zeitnah ein Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, in dem bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach dem SP-Neuordnung und der Berechnung der zusätzlichen Abfindung nach der GBV-Neuordnung ein Mindestbruttoverdienst von 5.000,00 Euro zugrunde zu legen war. Nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds waren allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, dh. am 11. Juli 2007, noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hatten.

8

Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte die vereinbarte Abfindung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto. Diese hält die Klägerin nicht für ausreichend. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei entsprechend der GBV-Sonderfonds ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.000,00 Euro je Beschäftigungsjahr zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 183.125,00 Euro, jedenfalls aber von 174.206,81 Euro bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0,9513 bezogen auf die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Beschränkung des Geltungsbereichs dieser Gesamtbetriebsvereinbarung auf Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatten, verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei damit unwirksam.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 73.250,00 Euro brutto, hilfsweise 64.331,81 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2008 zu bezahlen.

10

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, mit der GBV-Sonderfonds habe ein besonderer zusätzlicher Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen geschaffen werden sollen. Wegen des vereinbarten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen sei der angestrebte Personalabbau von 5.700 Stellen nicht anders erreichbar gewesen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete und damit zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

13

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der GBV-Sonderfonds auf Zahlung einer weiteren Abfindung. Eine solche Leistung steht nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds nur Mitarbeitern zu, die am 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Von diesem persönlichen Geltungsbereich wird die Klägerin nicht erfasst. Sie hat ihren Aufhebungsvertrag am 20. März 2007 unterzeichnet.

14

II. Die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.

15

1. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck(BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 125, 366).

16

Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Die durch eine Stichtagsregelung verursachten Härten müssen hingenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung des Regelungszwecks die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179).

17

2. In der GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien mehrere Gruppenbildungen vorgenommen. Nach deren Nr. 1 Abs. 2 erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die von der Neuordnung der Post-/Scan- und Verteilfunktionen innerhalb der ADAG betroffen waren, sowie auf Mitarbeiter von Support- bzw. ehemaliger Organisationseinheiten in Dienstleistungsgebieten. Damit waren Mitarbeiter anderer Bereiche, die ebenfalls von der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der ADAG erfasst waren, von den Begünstigungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Darüber hinaus erfolgt eine Gruppenbildung nach den Bruttoverdiensten der Arbeitnehmer. Die GBV-Sonderfonds begünstigt gemäß deren Nr. 1 Abs. 4 ausschließlich diejenigen Arbeitnehmer, deren Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung den der Abfindungsberechnung zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst von 5.000,00 Euro nicht erreicht. Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen erlangen durch die GBV-Sonderfonds keinen finanziellen Vorteil. Schließlich haben die Betriebsparteien in Nr. 4 GBV-Sonderfonds eine stichtagsbezogene Gruppenbildung vorgesehen, indem sie deren Leistungen auf diejenigen begünstigten Arbeitnehmer beschränkten, die bis zum 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses geschlossen hatten. Damit sind Arbeitnehmer unterer Lohngruppen aus den in Nr. 1 Abs. 2 GBV-Sonderfonds genannten Bereichen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus Anlass der erfolgten Umstrukturierung einen Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, von den Leistungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Das beanstandet die Klägerin.

18

3. Die durch die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds bewirkte Ungleichbehandlung ist nach dem mit ihr verfolgten einheitlichen Zweck sachlich gerechtfertigt und damit mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.

19

a) Die GBV-Sonderfonds bezweckt, durch finanzielle Anreize für bestimmte Beschäftigtengruppen die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu fördern. Das folgt aus ihrer Präambel. Danach soll die GBV-Sonderfonds gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Ziel eines Personalabbaus von 5.700 Arbeitskapazitäten ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden kann. Soweit es in der Präambel weiter heißt, die Vereinbarung sei geschlossen worden, um den besonderen sozialen Härten bestimmter Mitarbeitergruppen im Rahmen der Neuordnung des Versicherungsgeschäfts Rechnung tragen zu können, ergibt sich daraus kein weitergehender Zweck. Die mit den Leistungen der GBV-Sonderfonds angestrebte Förderung einvernehmlicher Vertragsbeendigungen beruht auf der Einschätzung der Betriebsparteien, bei Mitarbeitern der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise schlechten beruflichen Perspektiven könne die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen nur durch eine Aufstockung der finanziellen Anreize gesteigert werden. Dazu haben die Betriebsparteien für die Berechnung der Abfindung ein Mindestbruttoentgelt von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Davon profitieren allein Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen, deren Bruttomonatsentgelt diese Grenze typischerweise nicht erreicht.

20

b) Die Schaffung besonderer Anreize zur einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen war aus Sicht der Betriebsparteien geboten, nachdem bis Ende Juni 2007 erst 4.060 Stellen von den in Aussicht genommenen 5.700 Arbeitskapazitäten abgebaut waren und der Beklagten der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen des mit den Gesamtbetriebsräten der betroffenen Unternehmen vereinbarten Kündigungsverzichts bis Ende 2009 verwehrt war. Diese Einschätzung sowie die Annahme der Betriebsparteien, Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise negativen beruflichen Perspektiven seien nur durch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu motivieren, hält sich innerhalb ihrer Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative. Soweit die Revision beanstandet, der zu erfolgende Stellenabbau sei innerhalb der verbleibenden Zeit auch ohne weitere Anreize möglich gewesen, weil die Beklagte die Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, setzt sie lediglich ihre Beurteilung der Verhältnisse an Stelle der Einschätzung der Betriebsparteien. Zudem übersieht sie, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts für die betroffenen Arbeitnehmer bis Ende 2009 keine Veranlassung bestand, auf ein Aufhebungsangebot der Beklagten einzugehen. Letztlich beanstandet die Klägerin auch nicht die auf dieser Einschätzung beruhende und sie begünstigende Gruppenbildung, sondern allein die darauf bezogene Stichtagsregelung.

21

c) Entsprechend diesem Regelungszweck ist die Stichtagsregelung der Nr. 4 der GBV-Sonderfonds wirksam. Die GBV-Sonderfonds ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG und kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG.

22

aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Ein Sozialplan dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68). Derartige Ziele kann der Arbeitgeber allerdings gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG verfolgen. Eine solche Betriebsvereinbarung unterliegt nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, BAGE 125, 366). In ihr können die Betriebsparteien auch Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Beendigungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verwirklichen, wenn daneben in einem Sozialplan nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein angemessener Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile vereinbart worden ist.

23

bb) Die GBV-Sonderfonds bezweckt - wie dargelegt - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Förderung der Bereitschaft von Arbeitnehmern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die durch die Betriebsänderungen den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den SP-Neuordnung ausgeglichen worden. Unerheblich ist, dass der Anreiz zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags dadurch geschaffen worden ist, dass ein Element der Abfindungsformel des Sozialplans geändert wurde und sich so für den von der GBV-Sonderfonds erfassten Personenkreis ein höherer Abfindungsbetrag ergibt. Die Betriebsparteien sind im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen nach § 88 BetrVG frei, wie sie den Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen ausgestalten.

24

cc) Durch die GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien nicht die Regelungsziele des § 112 Abs. 1 BetrVG umgangen. Dem SP-Neuordnung sind nicht Mittel für eine angemessene Dotierung vorenthalten worden, um damit anschließend den Sonderfonds der GBV-Sonderfonds auszustatten. Zwar heißt es in der GBV-Sonderfonds, der Sonderfonds werde aus Sozialplanmitteln aufgelegt. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Beklagte von vornherein den Dotierungsrahmen des SP-Neuordnung beschränkt und sich eine Aufstockung vorbehalten hat. Dagegen spricht maßgeblich, dass der SP-Neuordnung überaus angemessene Abfindungsregelungen enthält. So beläuft sich die der Klägerin ausgezahlte Abfindung auf rund 68 Monatsgehälter bei einer Betriebszugehörigkeit von 28,75 Jahren. Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe den SP-Neuordnung nicht ausreichend dotiert, um spätere Anreizregelungen zu finanzieren. Die Klägerin hat auch nicht behauptet und es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten ursprünglich verfolgte Personalkonzept nicht verwirklicht werden konnte und der beabsichtigte Stellenabbau von vornherein nur durch höhere Abfindungen hätte erreicht werden können. Auch wenn die in der GBV-Sonderfonds vereinbarten höheren Abfindungen ein beträchtliches finanzielles Volumen haben, ergeben sich allein daraus keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Sozialplan Mittel vorenthalten hat.

25

dd) In Anbetracht der zulässigen Anreizfunktion der GBV-Sonderfonds ist es mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, den Stichtag für den Erhalt einer finanziellen Vergünstigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung festzulegen und damit diejenigen Arbeitnehmer auszuschließen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und hierfür keines weiteren Anreizes mehr bedurften.

26

4. Der von der Klägerin gestellte „Hilfsantrag“ fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er stellt keinen eigenen Streitgegenstand dar, ihm liegt vielmehr lediglich eine andere Berechnung für die von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag erfolglos geltend gemachte weitere Abfindungszahlung zugrunde.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Federlin    

        

    Platow    

                 

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 88/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die wirtschaftliche Vertretbarkeit eines durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Sozialplans.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, das zuletzt 76 Arbeitnehmer beschäftigte. Einzige Auftraggeberin war ihre Muttergesellschaft, die J GmbH & Co. KG (KG). Bei der Arbeitgeberin besteht der zu 2. beteiligte Betriebsrat.

3

Zwischen der Arbeitgeberin als Organgesellschaft und der KG als Organträgerin besteht ein Gewinnabführungsvertrag. Dieser sieht vor, dass sich die Arbeitgeberin der Geschäftsführung der KG unterstellt und diese berechtigt ist, der Geschäftsführung der Organgesellschaft Weisungen zu erteilen. Der gesamte Gewinn der Organgesellschaft, der ohne diesen Vertrag sonst auszuweisen wäre, ist nach Abschluss des Geschäftsjahres an die Organträgerin abzuführen. Die Organträgerin hat andererseits jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag bei der Organgesellschaft auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

4

Im Jahr 2001 erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Umsatzerlös von 5,9 Mio. Euro. Das Anlagevermögen belief sich zum 31. Dezember 2001 auf insgesamt rund 645.000,00 Euro und das Umlaufvermögen auf rund 457.000,00 Euro. In der Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Umsatzerlös von rund 838.000,00 Euro. Unter Berücksichtigung der Aufwendungen und Abschreibungen ergab sich hieraus ein Jahresfehlbetrag von rund 658.000,00 Euro, den die KG ausglich.

5

Aufgrund der rückläufigen Umsätze entschloss sich die Arbeitgeberin Ende des Jahres 2008, ihren einzigen Betrieb in O zu schließen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan beschloss die Einigungsstelle am 16. Januar 2009 einen Sozialplan mit einem Volumen von 1,046 Mio. Euro. Der Spruch der Einigungsstelle wurde der Arbeitgeberin am 27. Januar 2009 zugeleitet. Im Sommer 2009 stellte sie den Betrieb ein und veräußerte das Anlagevermögen.

6

Mit ihrer am 9. Februar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin geltend gemacht, das Sozialplanvolumen sei wirtschaftlich unvertretbar. Sie könne diesen Betrag nicht selbst aufbringen.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle über einen Sozialplan vom 16. Januar 2009, zugestellt am 27. Januar 2009, unwirksam ist.

8

Der Betriebsrat hat Antragsabweisung beantragt.

9

Die Vorinstanzen haben den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

10

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

11

I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs, ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses zu beantragen, § 256 Abs. 1 ZPO(BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 11, BAGE 133, 373). Dem entspricht der Antrag der Arbeitgeberin.

12

II. Am Verfahren sind die Arbeitgeberin sowie der Betriebsrat zu beteiligen. Dieser ist gemäß § 21b BetrVG auch nach der Stilllegung des Betriebs noch im Amt, da dies zur Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts nach § 112 BetrVG weiter erforderlich ist(vgl. BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 13, BAGE 137, 203).

13

III. Der Antrag ist unbegründet. Der Spruch der Einigungsstelle ist mit § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG vereinbar. Das Sozialplanvolumen übersteigt nicht die Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für die Arbeitgeberin.

14

1. Der Einigungsstellenspruch unterliegt der gerichtlichen Überprüfung nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Die Arbeitgeberin hat den ihr am 27. Januar 2009 zugeleiteten Einigungsstellenspruch innerhalb der Zweiwochenfrist am 9. Februar 2009 beim Arbeitsgericht gerichtlich angefochten und die mangelnde wirtschaftliche Vertretbarkeit gerügt.

15

2. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach § 76 Abs. 5 Satz 4, § 112 Abs. 5 BetrVG ist, ob sich der Spruch der Einigungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. Maßgeblich ist allein die getroffene Regelung als solche. Eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens muss in ihr selbst als Ergebnis des Abwägungsvorgangs liegen. Auf die von der Einigungsstelle angestellten Erwägungen kommt es nicht an. Die Frage, ob die der Einigungsstelle gezogenen Grenzen des Ermessens eingehalten sind, unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Es geht um die Wirksamkeit einer kollektiven Regelung, die von der Wahrung des der Einigungsstelle eingeräumten Gestaltungsrahmens abhängig ist. Insoweit gilt nichts anderes als für die gerichtliche Kontrolle von Betriebsvereinbarungen (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 137, 203).

16

3. Die Einigungsstelle hat nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Im Rahmen billigen Ermessens muss sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls Leistungen zum Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen und bei der Bemessung des Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach der Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden (§ 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG). Der Ausgleichs- und Milderungsbedarf der Arbeitnehmer bemisst sich nach den ihnen entstehenden Nachteilen. Der wirtschaftlichen Vertretbarkeit kommt dabei eine Korrekturfunktion zu. Die Einigungsstelle hat von dem von ihr vorgesehenen Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile abzusehen, wenn dieser den Fortbestand des Unternehmens gefährden würde. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung stellt damit für sie eine Grenze der Ermessensausübung dar (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 18, BAGE 137, 203). Ist der für angemessen erachtete Ausgleich von Nachteilen der Arbeitnehmer für das Unternehmen wirtschaftlich nicht vertretbar, ist das Sozialplanvolumen bis zum Erreichen der Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit zu mindern. Die gebotene Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens kann die Einigungsstelle sogar zum Unterschreiten der aus § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG folgenden Untergrenze des Sozialplans zwingen. Erweist sich auch eine noch substanzielle Milderung der mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile als für das Unternehmen wirtschaftlich unvertretbar, ist es nach § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BetrVG zulässig und geboten, von einer solchen Milderung abzusehen(BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 c cc der Gründe, BAGE 111, 335).

17

4. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit iSd. § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG richtet sich grundsätzlich auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört. Dies zeigt der eindeutige Wortlaut von § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Nur in Bezug auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ist nach § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG eine konzernbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auch die Gesetzesmaterialien weisen nicht darauf hin, dass anstelle des Unternehmens auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns abzustellen ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 20, BAGE 137, 203).

18

5. § 112 Abs. 5 BetrVG bestimmt nicht die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans. Maßgeblich sind die Gegebenheiten des Einzelfalls. Dabei ist grundsätzlich von Bedeutung, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. Der Umstand, dass sich ein Unternehmen bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, entbindet es nach den Wertungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht von der Notwendigkeit, weitere Belastungen durch einen Sozialplan auf sich zu nehmen. Sogar in der Insolvenz sind Betriebsänderungen gemäß § 123 InsO sozialplanpflichtig. Bei der Prüfung, wie sehr der Sozialplan das Unternehmen belastet und ob er möglicherweise dessen Fortbestand gefährdet, ist sowohl das Verhältnis von Aktiva und Passiva als auch die Liquiditätslage zu berücksichtigen. Führt die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals, ist die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit regelmäßig überschritten (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 21, BAGE 137, 203; 6. Mai 2003 - 1 ABR 11/02 - zu B II 2 e cc (3) und (4) der Gründe, BAGE 106, 95). Dies gilt auch, wenn ein Unternehmen seinen einzigen Betrieb stilllegt. Wie § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG zeigt, unterscheidet das Gesetz ausdrücklich zwischen dem Unternehmen und dem Betrieb. Bei einer vollständigen Betriebsstilllegung besteht das Unternehmen - als Rechtsträger des Betriebs - grundsätzlich fort. Allerdings darf in diesem Fall nicht außer Acht bleiben, dass nach Durchführung der Betriebsänderung keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind, die durch den Gesamtbetrag der Sozialplanleistungen gefährdet werden könnten.

19

6. Für die gerichtliche Kontrolle der Sozialplandotierung durch die Einigungsstelle bedeutet dies, dass der Anfechtende die Überschreitung einer dieser Ermessensgrenzen dartun muss. Ficht der Arbeitgeber den Sozialplan wegen mangelnder wirtschaftlicher Vertretbarkeit an, hat er entweder darzulegen, dass dessen Regelungen zu einer Überkompensation der eingetretenen Nachteile führen und deshalb schon die Obergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verletzen, oder dass sie die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen überschreiten. Sollte dies mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse allein des Arbeitgebers zu bejahen sein, liegt darin allerdings nur dann ein Ermessensfehler der Einigungsstelle, wenn nicht ein Bemessungsdurchgriff auf Konzernobergesellschaften rechtlich geboten ist (BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 c dd der Gründe, BAGE 111, 335).

20

7. Nach diesen Grundsätzen kann den Darlegungen der Arbeitgeberin nicht entnommen werden, dass die Einigungsstelle den ihr zustehenden Ermessensspielraum bei der Festsetzung des Sozialplanvolumens überschritten hat und dieses wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

21

a) Die Sozialplanregelungen führen nicht zu einer Überkompensation der den Arbeitnehmern infolge der Betriebsstilllegung entstehenden Nachteile. Die Abfindungen bemessen sich nach der Formel Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsverdienst x 0,6. Entsprechend dem festgestellten durchschnittlichen Bruttoverdienst von rund 1.750,00 Euro werden durch die Abfindungszahlungen die wirtschaftlichen Nachteile der Beschäftigten substanziell gemindert, jedoch nicht überkompensiert. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Einwand der Arbeitgeberin zurückgewiesen, die Einigungsstelle habe bei ihrer Entscheidung nicht genügend berücksichtigt, dass es sich bei den Gekündigten überwiegend um Frauen gehandelt habe, bei denen der Verlust des Arbeitsplatzes lediglich den Verlust eines Zweiteinkommens zur Folge habe. Diese Argumentation ist mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG schlechterdings unvereinbar und widerspricht dem Diskriminierungsverbot des § 3 AGG.

22

b) Die Arbeitgeberin hat die mangelnde wirtschaftliche Vertretbarkeit des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans nicht schlüssig dargelegt. Der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 2 HGB)zum 30. September 2008 ist zwar ein Verlust in Höhe von 657.760,08 Euro für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 zu entnehmen. Ihr hierauf bezogener Vortrag enthält jedoch keinerlei Angaben über vorhandenes Vermögen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der vorgelegten Bilanz zum Stichtag 31. Dezember 2001 zu entnehmen ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch über ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt 645.739,41 Euro verfügt hat. Hinzu kam ein Umlaufvermögen in Höhe von 457.378,27 Euro. Was hieraus geworden ist, ist nicht dargelegt. Im zweiten Rechtszug hat die Arbeitgeberin lediglich pauschal vorgetragen, zum Zeitpunkt der Aufnahme der Einigungsstellenverhandlungen habe der Nettobilanzwert des Anlagevermögens 297.000,00 Euro betragen. Der Marktwert habe infolge fehlender Marktfähigkeit darunter gelegen; der Veräußerungserlös habe 230.000,00 Euro betragen. In der Rechtsbeschwerdebegründung hat die Arbeitgeberin neue Zahlen vorgetragen und ausgeführt, das Anlagevermögen habe in der Bilanz zum 31. März 2009 311.758,00 Euro betragen, das Eigenkapital 51.150,00 Euro. In der Anhörung vor dem Senat hat die Arbeitgeberin wiederum behauptet, sie habe durch die Veräußerung der Maschinen einen Erlös von 400.000,00 Euro erzielt. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Zahlenangaben ist nicht erfolgt. Nähere Angaben zum Verbleib des im Jahre 2001 bilanzierten Anlage- und Umlaufvermögens sowie eine Aufschlüsselung des vorhandenen sind unterblieben. Insgesamt ist der Vortrag der Arbeitgeberin zu ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in sich stimmig. Er erläutert nicht schlüssig, dass die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals führt. Die Darlegungen der Arbeitgeberin haben dem Landesarbeitsgericht auch keine Veranlassung zu einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung nach § 139 ZPO gegeben. Auf die in den Vorinstanzen erörterte Frage der Zulässigkeit eines Bemessungsdurchgriffs auf die Muttergesellschaft kommt es nicht entscheidungserheblich an, da bereits nicht festgestellt werden kann, dass der Sozialplan für die Arbeitgeberin selbst wirtschaftlich unvertretbar ist.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.