Landgericht Berlin Urteil, 13. Okt. 2020 - 55 O 291/18

bei uns veröffentlicht am10.05.2023

Rechtsgebiete

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch

Gericht

Landgericht Berlin

Richter

Beteiligte Anwälte

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Landgericht Berlin

Im Namen des Volkes

Schlussurteil

 

In dem Rechtsstreit

 

A

- Kläger -

 

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Streifler & Kollegen, Oranienurger Straße 69, 10117 Berlin,

 

gegen

 

1)     B

-   Beklagter -

 

2)      C

-   Beklagte -

 

3)     D

-   Beklagter -

 

4)      E

-   Beklagter -

 

5)      F

- Beklagte -

 

Prozessbevollmächtigter zu 1 und 2:

Rechtsanwalt Jürgen Pufahl, Hevellerweg 5, 13595 Berlin,

 

Prozessbevollmächtigte zu 3 - 5:

Rechtsanwälte Zenk, Reinhardtstraße 29, 10117 Berlin, 

 

hat das Landgericht Berlin - Zivilkammer 55 - durch die Richterin am Landgericht Rumpff als Ein­ zelrichterin am 13.10.2020 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO

 

für Recht erkannt:

 

1. Die Klage wird - soweit sie nicht anerkannt wurde - abgewiesen.

2. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1., 2., 4. und 5. trägt der Kläger. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. trägt der Kläger 2/3, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 3. 1/3, im Übrigen tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den Gerichtskosten tragen der Beklagte zu 3. 1/3 und der Kläger 2/3.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

 

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G. Die Beklagten sind die Nachbarn des Klägers. Der Kläger und die Beklagten sind zudem jeweils anteilig Eigentümer des Grundstücks H (im Folgenden: Privatweg).

Der Kläger hat von seinem Grundstück aus keinem Zugang zum öffentlichen Straßenrand und keinen Zugang zu den öffentlichen Versorgungsnetzen. Der Zugang zum öffentlichen Straßenland wird durch den Privatweg sichergestellt. Ein Zugang zu den öffentlichen Versorgungsnetzen ist u.a.  ebenfalls über den Privatweg möglich.

Der Kläger errichtete auf seinem Grundstück ein Wohnhaus und wollte zu diesem Zweck eine Erdgasleitung unter dem Privatweg verlegen. Die Beklagten wurden außergerichtlich durch den Kläger aufgefordert der Verlegung der Gasleitung zuzustimmen. Zudem wurden sie aufgefordert der dinglichen Absicherung durch Bestellung einer Grunddienstbarkeit für das Versorgungsunternehmen zuzustimmen. Auf diese Bitte reagierten die Beklagten nicht. Mit anwaltlichen Schreiben von 14.12.2017 forderte der Kläger die Beklagten erneut auf. Wegen der Einzelheiten wird auf das anwaltliche Schreiben (Anlage K3) Bezug genommen. Bei einem gemeinsamen Termin vor Ort wurde die Thematik zwischen den Parteien erörtert. Obwohl in diesem Termin die Beklagten zuerst signalisierten, dass dem Vorhaben des Klägers nichts entgegenstünde, wenn dieses sämtliche Kosten dafür übernehme, wurden die Zustimmungen bis zum heutigen Tage nicht erteilt.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Notleitungsrecht zu, zumal sich die Voreigentümer der jetzigen Parteien verpflichtet hätten, den Privatweg für die Verlegung von Versorgungsleitungen zu nutzen und deren Verlegung zu dulden. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen. Eine Kostenbeteiligung der Beklagten an der Wiederherstellung des Weges nach Abschluss der nunmehr vorzunehmenden Arbeiten habe er von den Beklagten zu keinem Zeitpunkt verlangt.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, die Verlegung und Nutzung einer Gasleitung nebst Kabel und Zubehör vom Grundstück des Klägers G durch das Grundstück H bis zum öffentlichen Versorgungsnetz zu dulden und gegenüber dem Versorgungsunternehmen alle dazu notwendigen Erklärungen abzugeben, insbesondere der Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des Versorgungsunternehmens zur Verlegung und Nutzung einer Gasleitung nebst Kabel und Zubehör zuzustimmen,

2.  die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner den Kläger gegenüber der Kanzlei BSP Bierbach Streifler & Partner mbB Rechtsanwälte, Oranienburger Straße 69,10117 Berlin bezüglich der Forderung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr in Höhe von 744,94 € freizustellen.

Die Beklagten haben den Klageantrag zu 1. anerkannt und beantragen im Übrigen, die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass dem Kläger zwar ein Notleitungsrecht zustehe. Da der Kläger aber gleichzeitig verlangt habe, dass sich die Beklagten nach Verlegung der Gasleitungen an den Kosten der Wiederherstellung des Weges zu beteiligten hätten, hätten sie diesem gekoppelten Verlangen insgesamt nicht zustimmen müssen. Wegen der Einzelheiten des Schreibens des Klägers wird auf die Anlage B 1 (BI. 60 d.A.) Bezug genommen. Ferner habe der Kläger ihre Sicherheitsbedenken im Hinblick auf zuvor unfachmännisch erfolgte Arbeiten an dem Weg nicht ausräumen können. Vielmehr habe der Kläger durch seine vormaligen Arbeiten den Weg beschädigt.

Während der Beklagte zu 3. zunächst wegen der zusätzlichen Beschädigung einer Mauer widerklagend die Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 5.331,20 € geltend gemacht hat, hat er diesen Widerklageantrag mit Schriftsatz vom 19.11.2019 (BI. 127 d.A.) zurückgenommen. Die Beklagten beantragten widerklagend zuletzt, festzustellen, dass der Kläger den gemeinschaftlichen Weg, H nach Verlegung der Gasleitung auf eigene Kosten wieder herzustellen hat

Der Kläger hat den Widerklageantrag anerkannt.

Auf das Anerkenntnis des Klageantrages zu 1) durch die Beklagten zu 1. und 2. (BI. 40 d.A.) hat das Amtsgericht Charlottenburg am 9.10.2018 ein Anerkenntnisteilurteil erlassen. Auf das entsprechende Anerkenntnis der Beklagten zu. 3. bis 5. (BI. 50 d.A.) hat die hiesige Kammer am 18.12.2018 sodann ein Anerkenntnisteilurteil erlassen und auf das Anerkenntnis des Widerklageantrages zu 1. am 4.10.2019 ein weiteres Anerkenntnisteilurteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze und der ihnen beigefügten Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe
 

I.

Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) war die Klage abzuweisen. Ein Anspruch des Klägers auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagten besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Ein solcher wäre nur als Verzugsschaden gemäß den §§ 280, 286, 249 BGB gegeben. Der Ersatz eines Verzugsschadens setzt aber voraus, dass sich die Beklagten im Zeitpunkt der vorgerichtlichen Beauftragung des Rechtsanwaltes im Gasleitung im Verzug befunden hätten. Das war vorliegend indes nicht der Fall. Nach dem Vortrag des Klägers wurden die Beklagten mit gleichlautenden anwaltlichen Schreiben vom 14.12.2017 aufgefordert, die beigefügten Nutzungsverträge bis 10.1.2018 zurückzusenden. Insofern befanden sich die Beklagten im Zeitpunkt der Schreiben mit der Abgabe der Erklärungen nicht im Verzug, vielmehr wirkten die Schreiben erst verzugsqegründend. Eine Freistellung von den verzugsbegründenden Kosten sieht das Gesetz jedoch nicht vor.

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, die Netzgesellschaft Berlin-Bradenburg habe den Beklagten am 20.08.2017 ein Schreiben mit der Aufforderung zugesandt, ihre Zustimmung zur Grundstücksmitbenutzung zu erteilen. Allein durch die Übersendung dieses Schreibens gerieten die Beklagten gegenüber dem Kläger nicht in Verzug, im Übrigen auch nicht durch deren Übersendung der von ihm unterzeichneten Schreiben an sie. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Parteien noch in Verhandlungen über die Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Verpflichtungen, so dass der Anspruch des Klägers auf Zustimmung durch die Beklagten in der begehrten Form noch nicht fällig war.  Verzug tritt indes gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB erst ein, wenn der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt.

II.

Soweit der Kläger von den Beklagten die Zustimmung zur Verlegung und Nutzung der Gasleitung unter der gemeinsamen Verkehrsfläche begehrte (Klageantrag zu 1.), hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und der Beklagte durch sein Verhalten nicht Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat.

Sowohl die Beklagten zu 1) Und 2) als auch die Beklagten zu 3), 4) und 5) haben den Klageanspruch sofort anerkannt. Die Erklärungen erfolgten hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) bereits im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.9.2018, hinsichtlich der Beklagten zu 3), 4) und 5) im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.10.2018. Zwar hatten Letztere zunächst ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt, allerdings noch keinen klageabweisenden Antrag angekündigt und die Klageerwiderung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Noch innerhalb der Klageerwiderungsfrist erfolgte dann das Anerkenntnis, so dass dieses noch als „sofort" im Sinne des § 93 ZPO anzusehen ist (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 36. Ed. 1.3.2020, ZPO § 93 Rn. 98).

Die Beklagten haben auch keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Zwar hatte der Kläger sie mit anwaltlichen Schreiben vom 14.12.2017 aufgefordert, die beigefügten Nutzungsverträge bis 10.1.2018 zurückzusenden. Dieser Aufforderung waren die Beklagten nicht gefolgt. Entgegen der Ansicht des Klägers waren die Beklagten dazu aber auch nicht verpflichtet, denn der Kläger hatte ihnen gegenüber mit E-Mail vom 28.3.2018 gefordert, dass sie sich - nach Verlegung der Gasleitung - an den Kosten der Instandsetzung des Weges nach Abschluss der Bauarbeiten beteiligen sollten. Das haben die Beklagten zu Recht abgelehnt. Da die Beklagten nicht vepflichtet waren, der Bedingung des Klägers - Kostenbeteiligung _ zuzustimmen, mussten sie auch nicht der Verlegung zustimmen, da sie mit der Auferlegung der Folgekostenten, worauf von Seiten des Klägers jedoch kein Anspruch bestand.

1. Aus denselben Gründen hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich des Widerklageantrages zu 1. zu tragen. Das folgt gleichermaßen aus § 93 ZPO. Zwar liegt auch insoweit ein sofortiges Anerkenntnis  des Klägers im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.10.2018 vor. Hinsichtlich der Widerklage hat der Kläger jedoch Anlass zur Klageerhebung gegeben, denn er hat mit der E-Mail vom 28.3.2018 gefordert, dass sich die Beklagten - nach Verlegung der Gasleitung - an den Kosten der Instandsetzung des Weges nach Abschluss der Bauarbeiten beteiligen sollten, ohne dass ein solcher Anspruch bestanden hätte.

2. Hinsichtlich des zurückgenommenen Widerklageantrages zu 2) hat der Beklagte zu 3. die Kosten zu tragen. Das ergibt sich aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb die nach Grund und Höhe bestrittenen geltend gemachten Kosten für die Instandsetzung der Mauer dem Kläger aufzuerlegen wären.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit  beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

 

Rumpff

Richterin am Landgericht

 

 

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