Landgericht Frankfurt (Oder) Urteil, 14. Mai 2020 - 13 O 81/19

bei uns veröffentlicht am19.05.2023

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Landgericht Frankfurt (Oder)

Richter

Beteiligte Anwälte

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Landgericht Frankfurt (Oder)

Im Namen des Volkes

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

 

A, 

- Klägerin u. Widerbeklagte -

 

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte BSP Bierbach, Streifler & Partner mbB Rechtsanwälte, Oranienburger Stra­ ße 69, 10117 Berlin

 

gegen

 

B,

-  Beklagter u. Widerkläger -

 

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Martin Görner, Ernst-Thälmann-Straße 22, 15366 Neuenhagen bei Berlin

 

hat das Landgericht Frankfurt (Oder) - 3. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht Berndt als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2020 für Recht erkannt:

 

1. Der Beklagte wird verurteilt, die am äußerst linken Zaunmast zur C-Straße,  gelegene Kamera, fotografiert auf Anlage K1, sowie den an dem Tor gemäß Anlage K5 montierten Briefkasten zu beseitigen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die im notariellen Vertrag Urkundenrolle Nummer Sch 86/2010 vor dem Notar D in Berlin unter § 4 Abs.2 bezeichnete Fläche, die im Plan mit den Buchstaben Fl-1-J-K-FI umschrieben und ca. 3 m breit ist, mit LKW zu befahren.

3. Die Klägerin wird verurteilt, die von der Grundstückseinfahrt gesehen auf der rechten Seite gelegene mauerähnlichen Einzäunung, die zur Einengung des benutzbaren Weges führt (vgl. das Lichtbild Anlage K 34 zum Schriftsatz vom 29.10.2019, auf dem auf der rechten Seite der Beginn der Einengung zu sehen ist), welche sich auf der Fläche des Wege­ rechts, eingetragen zugunsten des Grundstücks des Beklagten, in C-Straße befindet, zu entfernen oder zu versetzen, sodass die lichte Fahrbahnbreite mindestens 2,95 m beträgt.

4.  Die Klägerin wird verurteilt, die an der Grundstückgrenze zum Grundstück des Beklagten C-Straße, befindliche Holztoranlage, vollständig, einschließlich Zaunpfosten, zu entfernen.

5.  Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

7. Das Urteil ist für beide Seiten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

8. Der Streitwert wird auf 12.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerin bewohnt den vorderen Teil des Grundstücks in der C-Straße 1, der Beklagte den hinteren Teil des Grundstücks mit der Anschrift C-Straße 1a. Er erwarb dieses Grundstück im Jahr 2013. Zu Gunsten des Beklagten ist im Grundbuch ein Wege-und Gehrecht zu Lasten des klägerischen Grundstücks eingetragen, das u.a. folgenden Wortlaut hat:

„In dem als Anlage beigefügten und den Parteien zur Durchsicht vorgelegten und von ihnen genehmigten Plan mit den Buchstaben C-0-E-F-G-H-K- C berechtigt ist, die im Plan mit den Buchstaben H-1-J-K-H umschriebene ca. drei Meter breite Fläche durchgehend zum Fahren mit Pkw und zum Gehen mit zu benutzen und unter der Erdoberfläche Versorgungsleitungen jeder Arl, die zu dem vorbezeichneten Grundstück führen zu legen und zu benutzen. Die Verkehrssicherungspflicht tragen der jeweilige Eigentümer des dienenden und des herrschenden Grundstücks gemeinsam. Diese Belastung wird als nicht wertmindernd übernommen."

Der Beklagte ist Fahrer eines Pickup Pkw der Dodge Ram (Breite 2,46 m) im Streit der Parteien steht, ob dieses Fahrzeug von dem im Grundbuch eingetragenen Wegerecht erfasst ist.

Es existierten zwei Tore, zum einen an der Grundstückseinfahrt, zum anderen am Grundstück des Beklagten. Das vordere Tor lässt sich mittels Fernbedienung oder durch Eingabe eines Codes auf einem Tastenfeld, das sich auf der zur Straße gewandten Seite der Toreinfahrt befindet, öffnen. Es wurde durch die Klägerin bereits im Jahr 2011 errichtet. Neben dem Tor befindet sich auf der von der Straße aus gesehen rechten Seite eine Fußgängerpforte. Das hintere Tor, das sich am Grundstück des Beklagten befindet, ist ein einfaches Holztor und wurde von der Klägerin ebenfalls im Jahr 2013 oder zuvor errichtet. Im Jahr 2018/2019 wurde es von der Klägerin erneuert und ein Stück nach vorn umgesetzt. Danach errichtete der Beklagte auf seiner Seite des Grundstücks ein Metalltor, dessen Lage und Aussehen sich aus dem Lichtbild im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 22.11.2019 (BI. 103 d.A.) ergibt.

Auf der das Wegerecht betreffenden asphaltierten Fläche errichtetet die Klägerin im Jahr 2016 auf der linken und rechten Seite eine mauerähnliche Zaunanlage; deren Lage ergibt sich aus dem Lichtbild zur Anlage K 34 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.10.2019.

Ohne Zustimmung der Klägerin brachte der Beklagte im Jahr 2018 am äußerst linken Zaunmast zur Straße eine Kamera an, deren genaue Lage sich aus dem als Anlage K 1 eingereichten Lichtbild ergibt. An der Fußgängerpforte montierte er einen Briefkasten, ebenfalls ohne zuvor die Zustimmung der Klägerin einzuholen. Wegen der genauen Lage der Kamera und des Briefkastens wird auf die Anlagen K 1 und K 5 Bezug genommen.

Weiterhin hat der Beklagte auf seinem Grundstück am Carport einen kameraähnlichen Gegenstand angebracht, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich hierbei um eine Kamera oder lediglich um eine Attrappe handelt.

Die Klägerin meint, der Beklagte sei zur Beseitigung der am Zaunmast befestigten Kamera sowie dem an der Fußgängerpforte befestigten Briefkasten verpflichtet. Eine Duldungspflicht ergebe sich auch nicht aus dem zugunsten des Beklagten eingeräumten Wegerecht. Dessen Grundstück sei für Postbedienstete und Besucher ohne weiteres über die Fußgängerpforte zu erreichen, die sich durch einfaches Drücken öffnen lasse.

Die Klägerin meint überdies, die Nutzung des Wegerechts durch den Beklagten überschreite den vom Wegerecht eingeräumten Erlaubnisinhalt. Bei dem vom Beklagten genutzten Pkw handele es sich um einen Lkw, zulässig sei jedoch nur die Nutzung des Weges mit einem Pkw. Darüber hinaus sei die Nutzung mit einem Anhänger mit Ladung unzulässig; das zulässige Gesamtgewicht von 3,5 t. werde hierbei überschritten.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die am äußerst linken Zaunmast zur C-Straße gelegene Kamera, fotografiert auf Anlage K1, sowie den an dem Tor gemäß Anage K5 montierten Briefkasten zu beseitigen,

2. den Beklagten zu verurtei len, es zu unterlassen, die im notariellen Vertrag Urkundenrolle Nummer Sch 86/2010 vor dem Notar D in Berlin unter § 4 Abs.2 bezeichnete Fläche, die im Plan mit den Buchstaben Fl-1-J-K-FI umschrieben und ca. 3 m breit ist, mit Fahrzeugen und Gespannen eines Gesamtgewichtes von mehr als 3,51 sowie mit LKW zu befahren und die unter dem Dach des Carportes am Haus des Beklagten C-Straße installierte Dome-Kamera zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, er habe eine Haustürklingel mit integrierter Kamera und Gegensprecheinrichtung installiert. Die Kamera sei nicht aktiviert, könne aber, wenn jemand klingelt, so eingestellt werden, dass sie sich aktiviert. Er habe die Linse der Kamera abgeklebt, so dass weder eine Aufnahme, noch eine Betrachtung des Live - Kamerabildes möglich sei.

Er meint, zur Anbringung des Briefkastens berechtigt gewesen zu sein. Bei dem Zaun handele es sich um eine gemeinsam genutzte Einrichtung, welche sich auf dem Wegerecht des Beklagten befinde. Daher erstrecke sich das Recht auf gemeinsame Nutzung des Tors auch auf die Anbringung eines Briefkastens des Beklagten. Die Anbringung des Briefkastens sei zu seiner postalischen Erreichbarkeit auch notwendig. Im Übrigen habe die Klägerin die Anbringung eines Briefkastens an der vorderen Toranlage durch Schreiben vom 09.09.2013 genehmigt (Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 27 .03.2019).

Bei dem von ihm benutzten Fahrzeug handele es sich um einen Pkw; das zulässige Gesamtgewicht liege unter 3,5 t. Er sei auch als Pkw zugelassen. Bei der Benutzung eines Anhängers seien Schutzmaßnahmen getroffen worden, um Beschädigungen der Fahrbahndecke zu vermeiden. Keine der benutzten Fahrzeuge habe über ein Gesamtgewicht über 3,5 t. verfügt.

Der am Carport auf seinem Grundstück montierte kameraähnliche Gegenstand sei eine Attrappe.

Widerklagend beantragt er unter Rücknahme des ursprünglichen Widerklageantrags zu Ziffer 2 (Ziffer 4 im Widerklageschriftsatz vom 31.01.2019),

1.  Die Klägerin zu verurteilen, sämtliche Baulichkeiten, Gegenstände und Anlagen, welche sich auf der Fläche des Wegerechts, eingetragen zugunsten des Grundstücks des Be­klagten, in der C-Straße befinden, zu entfernen, so­ fern sie den Weg auf unter 3 m Breite einschränken, hilfsweise zu Ziff. 1) die Klägerin zu verurteilen, die unter Ziff. 5 bezeichnete Toranlage so nachzurüsten, dass ein Anschlagen des Tores an Menschen und Fahrzeuge wirksam verhindert wird, sofern diese nicht nach Ziff. 1 zu entfernen ist,

2. die Klägerin zu verurteilen, die an der Straßenseite zur C-Straße 1/1a, befindliche Toranlage zu keinem Zeitpunkt zu verschließen, sondern dauerhaft offen zu halten,

3. Die Klägerin zu verurteilen, die an der Grundstückgrenze zum Grundstück des Beklagten C-Straße, befindliche Toranlage, vollständig, ein­ schließlich Zaunpfosten, zu entfernen.

4. Die Klägerin zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, zu unterlassen mit ihrem und/oder einem anderen Fahrzeug, auf der Fläche des Wegerechts, eingetragen zugunsten des Grundstücks des Beklagten, in der C-Straße zu parken.

Der Beklagte behauptet, die Klägerin verletze das ihm eingeräumte Wegerecht. Der Wege habe aufgrund der von der Klägerin errichteten Baulichkeiten lediglich eine Breite von 2,88 m bzw. bei geöffnetem elektrischem Tor lediglich 2,83 m. Auch das hintere zu seinem Grundstück befindliche Holztor verenge die Durchfahrt auf eine Breite von 2,81 m ein.

Das Wegerecht des Beklagten verletzten auch die auf der rechten Seite - von der Grundstücks­ einfahrt aus gesehen - errichtete Zaunanlage, die - unstreitig - im Jahr 2016 von der Klägerin er­ richtet worden ist, überdies parke die Klägerin ihr Fahrzeug immer wieder auf der Fläche des ihm eingeräumten Wegerechts.

Die Fußgängerpforte lasse sich zwischenzeitl ich zwar öffnen, dies sei jedoch für Dritte nicht erkennbar. Darüber hinaus befände dieses sich nicht auf der Fläche des ihm eingeräumten Wegerechts.

Die Klägerin, beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie behauptet, die Fußgängerpforte sei von innen und von außen durch einfaches Anstoßen zu öffnen. Sämtlichen Besuchern des Beklagten sei daher der Zugang zu seinem Grundstück ohne weiteres möglich.

Dem Beklagten werde das im Grundbuch eingetragene Wegerecht ermöglicht. Die Breite variiere zwischen 2,93 m und 3,58 m, wie sich aus der als Anlage K 34 eingereichten Bildtafel ergebe. Etwaige Beseitigungsansprüche seien überdies verjährt.

Dem Beklagten sei die Wahrnehmung des Wegerechtes jederzeit möglich. Das Wegerecht bedeute nicht, dass der Klägerin die Nutzung des Weges untersagt sei; daher sei ein vorübergehendes Abstellen von Fahrzeugen zum Be- und Entladen erlaubt.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 18.03.2019 hat das zunächst angerufene Amtsgericht Strausberg sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das hiesige Landgericht verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme im Rahmen eines Ortstermins. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.05.2020 (BI. 133ff. d.A.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage (Ziffer 1.) und die Widerklage (Ziffer II.) sind jeweils teilweise aus dem im Tenor er­ sichtlichen Umfang begründet; im Übrigen sind die unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung der am linken Zaunmast befestigten Kamera sowie des am Tor montierten Briefkastens. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung zum Befahren mit LKW der vom Wegerecht erfassten Fläche.

Der Antrag auf Unterlassung zum Befahren der vom Wegerecht erfassten Fläche mit Fahrzeugen und Gespannen mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,51 t sowie der Antrag auf Entfernung des kameraähnlichen Gegenstandes am Carport sind hingegen unbegründet.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der Kamera am Zaun vorne und des Briefkastens ergibt sich aus § 1004 BGB. Der Beklagte hat diese Gegenstände eigenmächtig am Eigentum der Beklagten befestigt. Eine Zustimmung der Klägerin für diese Anbauten ist nicht ersichtlich.

Eine Duldungspflicht ergibt sich auch nicht aus dem zugunsten des Beklagten eingeräumten Wegerecht. Anders läge der Fall, wenn das hintere Grundstück des Beklagten nicht zugänglich wäre. Unstreitig bleibt die Fußgängerpforte unverschlossen und lässt sich - wie im Ortstermin feststellbar - mittels einfachen Aufdrückens unschwer öffnen. Eine Bewegung des Knaufs ist hierfür nicht erforderlich. Dieser Zugang ist auch für Dritte durch bloßes Ausprobieren erkennbar. Die vom Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 09.12.2014 - Az.: 9a U 8/14 - ist hingegen mit dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar sein. Denn dort gab es - anders als hier - keinen anderen Zugang als über ein Tor. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Pforte sich nicht auf der Fläche des eingeräumten Wegerechts befindet. Denn dass die Klägerin den Zugang zur Pforte Dritten oder dem Beklagten nicht gewährt, trägt der Beklagte nicht vor.

2. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 1004 BGB i.V.m.§ 903 BGB auf Unterlassen der Flächen des Wegerechts mit Fahrzeugen und Gespannen, die ein Gesamtgewicht von mehr als 3,51 t. haben, besteht hingegen nicht.

Denn eine solche Nutzung ist von dem notariell eingeräumten Wegerecht noch gedeckt.

Für Inhalt und Umfang einer Grunddienstbarkeit sind zunächst Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung maßgeblich, sodann auch außerhalb der Urkunde liegende, für jedermann ohne weiteres erkennbare Umstände (BGH v. 30.9.1994 - V ZR 1/94, NJW-RR 1995, 15).

Nach der Grundbucheintragung ist das Befahren des Weges mit einem Pkw zulässig. Eine Begrenzung des Maximalgewichts ergibt sich aus der Eintragung des Wegerechts damit nicht, so dass auch der Gebrauch mit einem Hänger zulässig. Das Fahrzeug des Beklagten (PKW Dodge Ram) stellt einen Pkw dar. Bei ihm steht - wie sich auch aus der Inaugenscheinnahme im Ortstermin bestätigt hat, aber versehentlich nicht protokolliert wurde - die Personenbeförderung im Vordergrund; die überwiegende Grundfläche des klägerischen Fahrzeugs entfällt auf den Fahrgastraum. qass das Fahrzeug als LKW zugelassen worden ist, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Auch eine Begrenzung des Maximalgewichts ergibt sich aus der Eintragung des Wegerechts nicht, so dass auch der Gebrauch mit einem Hänger zulässig ist.

3. Ein Anspruch auf Unterlassung des Befahrens von LKW aus § 1004 BGB ist hingegen gegeben. Die Wiederholungsgefahr ist ebenfalls gegeben, da der Beklagte - wie sich aus den zur Akte gereichten Lichtbildern ergibt (Anlagen K 16 bis K 20 des Schriftsatzes vom 09.05.2020) - die streitgegenständliche Wegefläche mit einem LKW benutzt hat. Diese vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung begründet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (vgl. Herrler in : Palandt, BGB 79. Auflage, § 1004 BGB Rn. 32 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte hier auch nicht widerlegt.

4. Ein Anspruch auf Entfernung des kameraähnlichen Gegenstandes am Dach des Carports hat die Klägerin gegen den Beklagten hingegen nicht. Wie bei der Ortsbesichtigung festgestellt, handelt es sich um eine Attrappe. Beim Aufschrauben des Objektes war lediglich eine Leuchtdiode zu sehen, eine Kamerafunktion lag ersichtlich nicht vor. Ein verbleibender Überwachungsdruck besteht hier vorliegend nach Auffassung des Gerichts nicht, zumal jegliche Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der Beklagte beabsichtigt, die Attrappe gegen eine funktionierende Kamera auszutauschen (a.A. LG Berlin, Urteil vom 14. August 2018 - 67 S 73/18 -).

II.

Die Widerklage ist hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1 teilweise und hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 3 begründet, im Übrigen unbegründet.

1. Der Beklagte hat gegen die Klägerin gemäß §§ 1027, 1004 BGB einen Anspruch auf Beseitigung und Ersetzung der von der Grundstückseinfahrt gesehen auf der rechten Seite gelegenen mauerähnlichen Einzäunung, die zur Einengung des benutzbaren Weges führt (vgl. das Lichtbild Anlage K 34 zum Schriftsatz vom 29.10.2019, auf dem auf der rechten Seite der Beginn der Einengung zu sehen ist). Denn diese Einengung bewirkt, dass das Wegerecht des Beklagten von ca. 3 m beeinträchtigt wird. Am Beginn der Einengung auf der rechten Seite beträgt die im Ortstermin gemessene Breite zwar 2,98 m. Die nutzbare Breite beträgt jedoch lediglich 2,92 m, da sich einige Zentimeter von dem Messpunkt auf der linken Seite entfernt ein Betonpfeiler befindet. Hinzu kommt, dass die auf der rechten und linken Mauer befindlichen Abschlusskanten einige cm in die Fahrbahn hineinragen, so dass sich hierdurch die lichte Fahrbahnbreite nochmals verringert. Die Fahrbahnbreite liegt damit jedenfalls unter der allenfalls hinzunehmenden Fahrbahn­ breite von 2,95 cm. Eine weitere Einengung der Fahrbahn wird durch die sich nach innen schließende elektrische Zaunanlage (Tor) bewirkt. So ragt das Tor um ca. 15 cm in die Fahrbahn hin­ ein.

Auch am Ende der sich auf der rechten Seite befindlichen Mauer beträgt der Abstand bei Berücksichtigung des Dachvorstandes nicht die Mindestbreite von 2,95 m (2,97 m abzüglich Dachvorstände von 2,5 cm und 8,5 cm).

2. Ein Anspruch auf Beseitigung der elektrischen Zaunanlage hat der Beklagte gegen die Klägerin hingegen nicht. Denn dieser Anspruch aus §§ 1004, 1027 BGB ist verjährt. Die Klägerin kann da­ her die Leistung verweigern, § 214 BGB.

Die elektrische Toranlage ist - unstreitig - bereits im Jahr 2011 errichtet worden, der Einzug des Beklagten erfolgte im Jahr 2013. Die Verjährung von Beseitigungsansprüchen ist entgegen der Auffassung des Beklagten durchaus möglich. § 1004 BGB wird vom Anwendungsbereich des § 902 BGB nicht erfasst. (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2011 - V ZR 141/10 - Rn. 6ff.). Die Toranlage stellt eine Anlage im Sinne des § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Die Verjährungsfrist beträgt, wenn es - wie hier - um die bloße Störung in der Dienstausübung geht, gemäß §§ 195, 199 BGB drei Jahre. Die Verjährung war damit bei Widerklageerhebung bereits eingetreten, da der Beklagte bei Einzug im 2013 Kenntnis von der Toranlage hatte.

Aus dem gleichen Grund scheidet ein Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf Nachrüstung der Toranlage aus (vgl. den hilfsweise Antrag des Beklagten vom 12.08.2019).

3. Ein Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf dauerhaftes Öffnen der elektrischen Toranlage besteht aus o.g. Gründen ebenfalls nicht; ein solcher Anspruch ist verjährt. Zudem ist das Bestehen  dieses Anspruchs  aufgrund der dauerhaft  nicht verschlossenen Fußgängerpforte zweifelhaft.

4. Dagegen kann der Beklagte von der Klägerin die Beseitigung von dem im hinteren Teil an der Grundstücksgrenze zum Beklagten befindlichen Holztor verlangen, §§ 1004, 2027 BGB. Denn hierdurch wird das Wegerecht des Beklagten beeinträchtigt. Durch den sich auf der linken Seite befindlichen Torflügel wird die Fahrbreite, die an dieser Stelle ohnehin nur 2,99 m beträgt, nochmals verringert, so dass sie unter 2,95 m liegt - dies wurde versehentlich im Protokoll zum Ortstermin nicht vermerkt. Ein Sicherungsbedürfnis der Klägerin ist über dies durch das vom Beklag­ ten errichtete Metalltor entfallen. Der Anspruch ist auch nicht verjährt, da - unstreitig - das Tor erst im Jahr 2019 nochmals versetzt worden ist, wodurch ein neuer Beseitigungsanspruch entstand.

5. Der Widerklageantrag zu Ziffer 4 ist unbegründet. Ein kurzzeitiges Parken der Klägerin auf der streitgegenständlichen Fläche ist zulässig, soweit die Klägerin auch kurzfristig erreichbar ist. Von einem Nutzungsrecht des Beklagten unter Ausschluss der Klägerin ist bei dem eingetragenen Recht hingegen nicht die Rede.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Rücknahme des Widerklageantrags zu Ziffer 2) wirkt sich kostenmäßig nicht aus, da dieser wirtschaftlich mit dem Antrag zu Ziffer 1) identisch ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihren Rechtsgrund in § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 12.000,00 € festgesetzt:

Klage: 4.000,00 €

(Klageantrag zu Ziffer 1: 1.000,00 €

Klageantrag zu Ziffer 2: 3.000,00 €)

Widerklage: 8.000,00 €

(Widerklageantrag zu Ziffer 1: 5.000,00 €

Widerklageantrag zu Ziffer 2: 1.000,00 €

Widerklageantrag zu Ziffer 3: 1.000,00 €

Widerklageantrag zu Ziffer 4: 1.000,00 €)

 

Berndt

Urteilsbesprechung zu Landgericht Frankfurt (Oder) Urteil, 14. Mai 2020 - 13 O 81/19

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