Landgericht Landshut Endurteil, 21. Nov. 2014 - 14 S 1887/13

bei uns veröffentlicht am21.11.2014
vorgehend
Amtsgericht Erding, 2 C 1777/12, 19.06.2013

Gericht

Landgericht Landshut

Gründe

Landgericht Landshut

Az.: 14 S 1887/13

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 21.11.2014

2 C 1777/12 AG Erding

..., Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...-

gegen

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -

wegen Forderung

erlässt das Landgericht Landshut - 1. Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht -, den Richter am Landgericht - und die Richterin am Landgericht - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2014 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Amtsgerichts Erding vom 19.06.2013, Az. 2 C 1777/12, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn diese nicht ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.838,96 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen der Nichtbeförderung von Fluggepäck.

Die Ehefrau des Klägers buchte für sich und den Kläger in dem Reisebüro T. einen Flug am 06.03.2012 von M. nach C. und einen Rückflug am 27.03.2012 von C. nach M., der jeweils von der Beklagten durchgeführt wurde sowie einen Hotelaufenthalt vom 06.03. bis 13.03.2012 in C. Der Preis für die Flüge in Höhe von 1.989,96 EUR wurde direkt an die Beklagte, der Preis für den Hotelaufenthalt in Höhe von 475,-- EUR sowie für die abgeschlossenen Versicherungen in Höhe von insgesamt 140,-- EUR wurde direkt an das Reisebüro T. bezahlt.

Auf dem Hinflug am 06.03.2012 von M. nach C. wurde die von dem Kläger mit seinem Tauchgepäck aufgegebene Pony-Flasche nicht transportiert. Sie wurde als vorschriftswidriger Gegenstand aus dem Gepäck des Klägers entnommen.

Der Kläger und seine Ehefrau verlängerten den Hotelaufenthalt in dem von ihnen bis zum 13.03.2012 gebuchten Hotel in C. vom 14.03. bis 27.03.2012. Hierfür fielen Kosten in Höhe von 1.444,-- EUR an. Für die Transfers am Ankunfts- und Abflugtag vom Flughafen C. zum Hotel und zurück entstanden dem Kläger und seiner Ehefrau Kosten in Höhe von 190,-- EUR.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die Beklagte die Pony-Flasche unrechtmäßig aus seinem Reisegepäck entnommen habe. Die Pony-Flasche habe kein Gefahrgut dargestellt. Sie sei leer gewesen. Das Ventil sei geöffnet gewesen. Die Entnahme sei durch die Beklagte bzw. durch für sie tätige Personen durchgeführt worden. Die Anmietung oder Ersatzbeschaffung einer Pony-Flasche in seinem Urlaubsort sei nicht möglich gewesen. Er habe daher in dem gesamten Urlaub keine Tauchgänge unternehmen können. Seine Ehefrau habe nicht alleine oder mit einem anderen Tauchpartner tauchen können. Die gesamten Aufwendungen für den Urlaub seien nutzlos und seitens der Beklagten zu ersetzen. Zu diesen Aufwendungen würde auch ein Mehrbedarf in Höhe von 630,-- EUR für über eine Verpflegung zu Hause hinausgehenden Mehrbedarf an Verpflegung für die Gesamtdauer des Aufenthaltes für sich und seine Ehefrau gehören.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.838,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.07.2012 zu bezahlen und die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 489,45 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich bestritten, für Ansprüche des Klägers aus der Nichtbeförderung der Pony-Flasche passiv legitimiert zu sein. Eine Vertragsbeziehung sei lediglich zwischen dem Kläger und dem Reisebüro T. zustande gekommen, da das Reisebüro als Reiseveranstalter aufgetreten sei. Die Entnahme sei nicht durch die Beklagte, sondern die Regierung von Oberbayern, Luftamt Südbayern, Luftsicherheitsstelle durchgeführt worden.

Im Übrigen bestreitet die Beklagte, dass der Kläger nicht zur Beschaffung von Ersatzmaterial in der Lage gewesen wäre, keine Tauchgänge durchgeführt hat und sämtliche Aufwendungen des Klägers und seiner Ehefrau für ihren Urlaub infolge der Nichtbeförderung der Pony-Flasche sinnlos gewesen seien.

Das Amtsgericht Erding, auf dessen Feststellungen mit der Maßgabe nachfolgender Änderungen und Ergänzungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger kein Schadensersatzanspruch aus Art.17 Montrealer Übereinkommen gegen die Beklagte zustehe, da das Reisegepäck des Klägers weder zerstört noch beschädigt worden sei und auch nicht verloren gegangen sei. Einen Anspruch des Klägers aus Art. 19 Montrealer Übereinkommen hat es zunächst dem Grundsatz nach bejaht. Die hier streitgegenständliche Entnahme von Gegenständen aus dem Gepäck des Klägers sei unter den Begriff der Verspätung zu subsumieren. Die Haftung der Beklagten sei auch nicht gemäß Art. 19 Satz 2 Montrealer Übereinkommen ausgeschlossen. Die Beklagte wäre darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sie und ihre Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder, dass es ihr oder ihnen nicht möglich gewesen sei, solche Maßnahmen zu ergreifen. Die Gepäckkontrolle von aufgegebenem Passagiergepäck werde gemäß § 5 Abs. 3 Luftsicherheitsgesetz sowohl von dem Luftamt Südbayern als auch gemäß § 9 Abs. 1 Ziffer 1 Luftsicherheitsgesetz von der Beklagten durchgeführt. Eine Unterscheidung der Gepäckuntersuchung danach, ob die Maßnahme als Security-Maßnahme zur Abwehr von äußeren Gefahren von der Luftsicherheitsbehörde oder als Safety-Maßnahme zur Eigensicherung der Luftfahrtgesellschaft durchgeführt werde, sei dem Gericht nicht möglich. Vielmehr spreche Anlage K 5 dafür, dass es sich um eine einheitliche Maßnahme gehandelt habe. Für das Gericht stelle sich der Sachverhalt somit dergestalt dar, dass die Entnahme sowohl von der Regierung von Oberbayern, Luftamt Südbayern, als auch von der Beklagten als Luftfrachtführer verantwortet worden sei. Beide seien zur Gepäckkontrolle verpflichtet, hätten die Gepäckkontrolle gemeinsam durchgeführt und die Pony-Flasche des Klägers entnommen. Die Beklagte könne sich daher nicht darauf berufen, dass sie alles Zumutbare unternommen habe, um die Entnahme zu verhindern. Die Entnahme sei vielmehr auch in den Verantwortungsbereich der Beklagten gefallen. Das Amtsgericht war jedoch überzeugt davon, dass dem Kläger durch die Nichtbeförderung der Pony-Flasche kein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Hierzu hat es ausgeführt, dass Kosten für den Kauf oder die Anmietung einer Ersatzflasche während der Urlaubszeit erstattungsfähig gewesen wären. Nicht erstattungsfähig seien jedoch die von dem Kläger geltend gemachten Gesamtkosten des dreiwöchigen Urlaubsaufenthaltes des Klägers und seiner Ehefrau in Mexiko. Unstreitig sei das Tauchgepäck der Ehefrau des Klägers vollständig seitens der Beklagten befördert worden. Der Ehefrau des Klägers habe es daher offengestanden, Tauchgänge zu unternehmen oder nicht. Soweit die Ehefrau des Klägers aus Sicherheitsüberlegungen hierauf verzichtet habe, stelle dies eine Entscheidung der Ehefrau des Klägers dar, die nicht dazu führen könne, dass die Beklagte hierfür schadensersatzpflichtig werde. Der Einsatz einer Pony-Flasche sei für die geplanten Tauchgänge nicht notwendige Voraussetzung gewesen. Eine alternative Luftversorgung hätte unstreitig in C. durch den Kläger angemietet werden können. Dass er kein ausreichendes Vertrauen in Leihgeräte habe, könne nicht zulasten der Beklagten gehen, zumal sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau auf die Anmietung von Sauerstoffflaschen vor Ort in C. angewiesen gewesen seien. Dem Kläger stünden aus dem gleichen Grund auch keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu. Gleiches gelte für deliktische Ansprüche. Auch hier fehle es an einem erstattungsfähigen Schaden.

Das Urteil ist der Klägervertreterin am 01.07.2013 zugestellt worden. Dagegen hat der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 17.07.2013, eingegangen bei Gericht am 18.07.2013, Berufung eingelegt und diese - nach erfolgter Fristverlängerung - mit Schriftsatz vom 01.10.2013, per Fax vorab am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Der Kläger trägt vor, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft einen Schadensersatzanspruch nach Art. 17 Abs.2 Montrealer Übereinkommen (MÜ) abgelehnt habe. Art. 17 MÜ setze keine dauerhafte Zerstörung, Verlust oder Beschädigung voraus. Die Pony-Flasche sei von Mitarbeitern der Beklagten vom Tauchgepäck des Klägers demontiert und im Fundbüro des Flughafens deponiert worden. Der restliche Teil des Tauchgepäcks sei vertragsgemäß befördert worden. Der Kläger sei erst nach Beendigung seines Urlaubs wieder in den Besitz der Pony-Flasche gelangt. Das Tauchgepäck sei ohne Pony-Flasche nicht nutzbar und damit während der Urlaubszeit beschädigt, wenn nicht sogar zerstört gewesen. Das Amtsgericht habe das hierzu angebotene Sachverständigengutachten nicht erholt. Die Demontage der Pony-Flasche und Einlagerung in das Fundbüro des Flughafens stelle daneben einen Verlust dar. Der Beklagten sei ein Zugriff auf die Pony-Flasche im Fundbüro nicht möglich gewesen, sie habe daher keine physische Gewalt mehr über das Gepäckstück gehabt und habe dem Kläger nicht wieder Besitz daran verschaffen können. Ein zeitweiser Verlust reiche aus. Der Kläger führt weiter aus, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft einen Schadensersatzanspruch nach Art. 19 MÜ abgelehnt habe. Es sei zutreffend von einer Verspätung des Reisegepäcks ausgegangen. Rechtsfehlerhaft habe dagegen aber das Amtsgericht angenommen, dass dem Kläger ein ersatzfähiger Schaden nicht entstanden sei. Der Kläger habe vorgetragen, dass er sich intensiv um die Beschaffung einer Ersatzflasche vor Ort bemüht habe, dies aber nicht möglich gewesen sei und habe hierfür Zeugenbeweis angeboten. Aufgrund technischer Gegebenheiten sei es dem Kläger nicht möglich gewesen, auf ein anderes Atemluftsystem auszuweichen und damit seine Tauchausrüstung zu ergänzen. Aufgrund des schlechten technischen Zustands der vor Ort angebotenen Leihausrüstungen sei deren Benutzung für den Kläger unzumutbar gewesen. Hierfür sei Beweis durch Sachverständigengutachten angetreten worden. Der Schaden bestünde in allen Aufwendungen, die der Kläger und seine Ehefrau im Hinblick auf den geplanten Tauchurlaub gemacht hätten. Alleiniges Ziel der Reise sei die Durchführung der geplanten Tauchgänge gewesen. Der Aufenthalt des Klägers vor Ort sei aufgrund der Nichtbeförderung der Pony-Flasche sinnlos gewesen. Das Amtsgericht habe aus der Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers ein anderes System der alternativen Luftversorgung benutzte, den nicht gerechtfertigten Schluss gezogen, dass der Kläger auf die Pony-Flasche habe verzichten können. Zwar sei das Anmieten von Haupttauchflaschen vor Ort gängige Praxis, das alternative Atemluftsystem sollte dagegen nicht bedenkenlos angemietet werden, da ein 100 prozentiger Verlass darauf notwendig sei. Der Kläger hätte den Urlaub nicht angetreten, hätte er gewusst, dass er nicht tauchen könne. Die Beklagte habe den Schaden leichtfertig verursacht. Das Amtsgericht habe rechtsfehlerhaft einen Schadensersatzanspruch für die Ehefrau versagt. Es habe unzutreffend aus dem Umstand, dass das Tauchgepäck der Ehefrau vollständig befördert worden sei, den Schluss gezogen, dass es dieser offen gestanden habe, Tauchgänge zu unternehmen. Dabei habe das Amtsgericht übersehen, dass das Tauchgepäck der Ehefrau erst mit 4 Tagen Verspätung eingetroffen sei. Ohne hierfür die notwendige Sachkenntnis zu besitzen, habe das Amtsgericht Sicherheitsüberlegungen der Ehefrau, die ohne den Kläger keine Tauchgänge unternehmen wollte, als unerheblich qualifiziert. Das Amtsgericht habe des weiteren falsch angenommen, dass die Ehefrau die Reise gebucht und bezahlt habe. Vielmehr habe der Kläger die Reise bezahlt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Beklagte passiv legitimiert sei. Die Entnahme der Pony-Flasche stelle keine hoheitliche Maßnahme dar. Die Gepäckdurchsuchung und dessen Öffnung finde in zwei unterschiedlichen Sphären statt. Es gelte insoweit das Vier-Augen-Prinzip, bei dem Mitarbeiter der Luftsicherheitsstelle und des Luftfrachtführers anwesend und beteiligt seien. Vorliegend habe es sich um eine Maßnahme zur Erfüllung der Pflicht der Eigensicherung gemäß § 27 Luftsicherheitsgesetz und damit eine im Rahmen des Beförderungsvertrags obliegende Aufgabe gehandelt. Die Beklagte hafte daher für das Fehlverhalten der Firma A. Eine Mitarbeiterin der Firma A. habe die Tauchflasche fälschlich als „CO 2-Flasche“ identifiziert, was objektiv falsch gewesen sei. Die Dokumentation (K 5) weise die Beklagte als Luftfrachtführerin als Anspruchsgegnerin für Gepäckschäden aus.

Der Kläger beantragt,

1. Das Endurteil des Amtsgerichts Erding vom 26.06.2013 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.838,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.07.2012 zu bezahlen.

Des weiteren wird die Beklagte verurteilt, an die Klagepartei die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 489,45 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die Klage bereits deshalb abzuweisen sei, weil die Beklagte nicht passiv legitimiert sei. Unzutreffend seien die Wertungen, die das Amtsgericht aus §§ 5 Abs. 3, 9 Abs. 1 Ziff. 1 Luftsicherheitsgesetz ziehe. Eine Unterscheidung, ob es sich um eine Security-Maßnahme oder Safety-Maßnahme handelte, sei nicht zu treffen gewesen. Das Amtsgericht habe unzutreffend eine einheitliche Maßnahme angenommen. Die Entnahme der Pony-Flasche sei nicht einmal auch in den Verantwortungsbereich der Beklagten gefallen. Die Bezeichnung Luftsicherheitsgesetz weise auf eine Sicherheitsbehörden obliegende Gefahrenabwehr hin. Sicherheitsmaßnahmen dürften niemals von Privatpersonen wahrgenommen werden. Private würden ausschließlich als Beliehene tätig, weshalb hoheitliches Handeln vorliege. §§ 2, 8, 9 Luftsicherheitsgesetz besagten, dass die Luftsicherheitsbehörde Sicherungsmaßnahmen anordne und die Einhaltung überwache. Das Vorgehen der Beklagten nach § 9 Luftsicherheitsgesetz stehe unter der Aufsicht der Luftsicherheitsbehörde. Die Beklagte habe die Maßnahmen nur hoheitlich als Beliehene ausgeführt. Sie sei verpflichtet gewesen, im Luftsicherheitsplan dargestellte Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Sie sei dabei nicht privatrechtlich tätig geworden. Die Entnahme der Pony-Flasche sei wegen der Sicherheit des Luftverkehrs erfolgt und habe von der Beklagten nicht verhindert werden können bzw. dürfen. Dass die Pony-Flasche tatsächlich keine Gefahr dargestellt habe, sei zum Zeitpunkt der Entnahme nicht bekannt gewesen. § 27 Luftverkehrsgesetz sei nicht einschlägig. Fraglich sei außerdem, ob überhaupt § 9 Abs.1 Ziff. 1 Luftsicherheitsgesetz einschlägig sei. Es sei hier nicht um die Identifizierung eines Gepäcks, sondern um die Entnahme eines potentiell gefährlichen Teiles eines Gepäckstücks gegangen. Der Kläger habe daher allenfalls einen Amtshaftungsanspruch.

Hilfsweise bestreitet die Beklagte, dass die Substanz der Pony-Flasche beeinträchtigt gewesen sei, ebenso dass diese verloren gegangen sei, zumal der Kläger unstreitig zwischenzeitlich wieder in Besitz der Pony-Flasche sei. Die Beklagte habe die Entnahme der Pony-Flasche aus dem Gepäck nicht veranlasst, sondern der Gefahrengutbeauftragte der Firma A.. Da die Entnahme allein zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs erfolgt sei, sei eine flugbetriebsbedingte Kausalität zu verneinen und könne die Beklagte sich exkulpieren. Trotz substantiierten Bestreitens durch die Beklagte habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, wann, wo und wie er sich um einen Ersatz bemüht habe. Eine Ersatzbeschaffung wäre möglich gewesen. Es sei abwegig, dass der geplante Urlaubszweck zur Gänze entfallen sei, da der Kläger nicht 24 Stunden am Tag hätte tauchen können. Die Wahl der Übernachtung in einem teuren Hotel zeige, dass der Urlaubszweck nicht in vollem Umfang vereitelt worden sei.

Der Kläger habe das Fehlen der Pony-Flasche erst 4 Tage nach Ankunft entdeckt. Die subjektive Befindlichkeit der Ehefrau, nur mit ihrem Ehepartner Tauchgänge durchzuführen, sei schadensrechtlich irrelevant. Im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht habe die Ehefrau Tauchgänge mit fremden Tauchpartnern vornehmen oder den Urlaub vorzeitig abbrechen müssen. Bei der Behauptung, dass das Tauchen mit anderen Tauchpartnern unzumutbar sei, handle es sich um einen Ausforschungsbeweis. Im Übrigen befänden sich vor Ort diverse Tauchschulen. Vertragsschließende sei die Ehefrau gewesen. Allenfalls diese habe reisevertragliche Ansprüche. Bei sämtlich geltend gemachten Schadenspositionen handle es sich um Sowiesokosten. Hilfsweise macht die Beklagte geltend, dass ein Schadensersatzanspruch gemäß Artikel 22 Abs. 2 MÜ auf 1000 Sonderziehungsrechte pro Reisenden beschränkt wäre.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2014 Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin S. unter Klarstellung, dass dies lediglich vorsorglich erfolge und noch keine Vorentscheidung hinsichtlich der Passivlegitimation darstelle. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2014 (Blatt 193/199 d. A.) verwiesen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen und den Beschluss vom 22.07.2014 (Blatt 165/170 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Entnahme der Pony-Flasche aus dem Gepäck.

1. Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere gem. § 511 Abs.2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht gem. §§ 517 ff. ZPO eingelegt und begründet worden.

2. Die Berufung ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit das Amtsgericht zurecht einen erstattungsfähigen Schaden des Klägers verneint hat. Die Klage ist schon deshalb abzuweisen, weil die Haftung der Beklagten entgegen der Ansicht des Erstgerichts nach Art. 19 S.2 MÜ ausgeschlossen ist.

2.1. Anspruchsgrundlage für den begehrten Schadensersatz ist nicht Art. 17 MÜ, sondern Art. 19 MÜ. Art.17 MÜ setzt die Zerstörung, den Verlust oder die Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck voraus. Das Reisegepäck des Klägers wurde weder zerstört noch beschädigt und ist auch nicht verloren gegangen. Eine lediglich vorübergehende Demontage eines Gepäckteils ohne hierbei erfolgende, durch Reparatur zu behebende Beeinträchtigung in der Substanz des Reisegepäcks stellt keine Beschädigung dar. Da der Kläger nach Beendigung der Reise die Ponyflasche zurückerhalten hat, liegt auch kein Verlust vor. Das Amtsgericht hat zutreffend die hier streitgegenständliche Entnahme von Gegenständen aus dem Gepäck des Klägers unter den Begriff der Verspätung des Art. 19 MÜ subsumiert. Auf die ausführliche Begründung des Amtsgerichts hierzu in den Entscheidungsgründen Ziff. II des Endurteils wird Bezug genommen.

2.2. Die Haftung der Beklagten als Luftfrachtführer ist gem. § 19 S.2 MÜ ausgeschlossen. Es war ihr nach Überzeugung der Kammer - wie nachfolgend dargelegt - nicht möglich, Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens zu ergreifen.

Bei der Entnahme der Pony-Flasche aus dem Gepäck des Klägers handelte die Mitarbeiterin der Firma A. hoheitlich und damit als Beliehene. Sie ist daher nicht unter den Begriff der „Leute“ im Sinne von Artikel 19 Satz 2 MÜ, der sich weitgehend mit dem des Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB deckt, zu subsumieren. Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind nicht das hoheitlich handelnde Personal des Flugsicherungsdienstes sowie die Mitarbeiter der Sicherheitskontrolle des Flughafens (vgl. Geigel, Der Haftpflicht-Prozess, 26. Auflage, Kapitel 29 Rdnr. 71). Eine Fehleinschätzung der Gefahrgutbeauftragen der Firma A. ist daher nicht der Beklagten zuzurechnen.

Die Pony-Flasche des Klägers wurde im Rahmen der Gepäckkontrolle aus dem Gepäck entnommen, da sie irrtümlich von der Gefahrgutbeauftragten für eine CO 2 -Flasche und damit Gefahrgut gehalten wurde. Die Entnahme erfolgte nach den Luftsicherheitsvorschriften zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs. Gemäß § 2 LuftsicherheitsG ist es Aufgabe der Luftsicherheitsbehörde, Angriffe auf die Sicherheit des Luftverkehrs abzuwehren. Dazu kann sie unter anderem Sicherungsmaßnahmen der Luftfahrtunternehmen nach § 9 anordnen und deren Einhaltung überwachen. Die Luftfahrtunternehmen sind danach bestimmten Eigensicherungspflichten unterworfen. § 9 Abs. 1 Nr. 1 LuftsicherheitsG verpflichtet das Luftfahrtunternehmen, die durch die Verordnung (EG) 2320/2002 vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen als Eigensicherungsmaßnahmen durchzuführen, soweit diese Sicherungsmaßnahmen nicht durch die Luftsicherheitsbehörde durchgeführt werden. Eigensicherungsmaßnahmen sind unter anderem die Bordkartenkontrolle und die Gepäckidentifizierung. Durchsuchungen von Fluggästen und Gepäck sind durch das Luftfahrtunternehmen nur ausnahmsweise durchzuführen, sofern die hoheitlichen behördlichen Kontrollen nicht verfügbar sind, beispielsweise beim Start einer größeren Maschine auf einem Flugplatz, auf dem keine behördlichen Luftsicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden (vgl. Begründung BT-Drucks. 15/20361, S. 19; Erbs/Kohlhaas, strafrechtliche Nebengesetze, Luftsicherheitsheitsgesetz § 9 Rdnr. 1). Im Anhang der Verordnung (EG) 2320/2002 sind unter Ziffer 5.2.1. Sicherungsmaßnahmen zur Kontrolle von aufgegebenem begleitendem Gepäck aufgeführt, die jedoch nur dann durchzuführen sind, wenn dieses Gepäck vorher nicht nach dem Anforderungsniveau dieses Anhangs kontrolliert wurde.

Die Gepäckkontrolle wurde vorliegend unter Anwesenheit einer Kontrollkraft des Luftamtes Südbayern-Luftsicherheitsstelle durchgeführt, so dass eine Durchsuchung des Gepäcks durch die insoweit nur nachrangig verpflichtete Beklagte nicht durchzuführen war. Bei der von der Beklagten bzw. ihren Leuten in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Gepäckidentifizierung handelt es sich lediglich um die Sicherstellung, dass kein Gepäck ohne einen dazu gehörigen Fluggast befördert wird und somit um die Zuordnung des Gepäcks zu den Fluggästen des betroffenen Fluges. Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass es sich bei der Entnahme der Pony-Flasche um eine Entnahme im Rahmen der Erfüllung des § 5 LuftsicherheitsG handelte. Hierfür spricht auch, dass die Normierung von Eigensicherungspflichten nicht zur Aufgabe des staatlichen Gewaltmonopols und zur Abwälzung des Risikos der Gefahrenabwehr auf Private führen darf. Bei der Abgrenzung von Eigensicherungspflichten muss deshalb darauf geachtet werden, dass das Schwergewicht der präventiven Sicherungsmaßnahmen in staatlicher Verantwortung bleibt und dass zum Anderen der Private gerade nicht mit risikobehafteten Sicherungsmaßnahmen belastet werden darf. Bei der Aufgabenverteilung bei der Reisegepäckkontrolle gilt: Während die Gepäckdurchsuchung wegen der damit verbundenen Eingriffe in die Privatsphäre Aufgabe der Luftfahrtbehörden ist, haben die Luftfahrtunternehmen sicher zu stellen, dass kein Gepäckstück ohne den dazugehörigen Fluggast befördert wird (vgl. Schneider, Die Abwehr äußerer Gefahren für den Luftverkehr als Aufgabe von Luftfahrtbehörden und Luftfahrtunternehmen - eine Abgrenzung von hoheitlicher Gefahrenabwehr und Eigensicherung, NVwZ 1988, S. 605 ff.). Die Entnahme der Pony-Flasche durch die Gefahrgutbeauftragte Frau R. von der Firma A. erfolgte daher von dieser in ihrer Eigenschaft als Beliehene gemäß § 5 Absatz 5 Luftsicherheitsgesetz (vgl. insoweit auch OLG Frankfurt, Urteil vom 12.08.2013, Az.: 1 U 276/12).

Gegen die Überzeugung der Kammer spricht auch nicht die in dem Dokument zur durchgeführten Gepäcköffnung (K 5) enthaltene Information, wonach der Luftfrachtführer - das heißt der Vertragspartner der Luftbeförderung - für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung von aufgegebenem Reisegepäck nach den Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens, des Warschauer Abkommens oder des Deutschen Luftverkehrsgesetzes nur eingeschränkt haftet. Aus dem Folgesatz: „Ersatzpflichten können insbesondere eingeschränkt oder ausgeschlossen sein, wenn die vorgeschriebene Gepäckdurchsuchung durch Mitführen eines unzulässigen Gegenstandes verursacht wurde, weil sie nicht ohne Beschädigung möglich war ...“ ergibt sich, dass damit nicht ein Schadensersatzanspruch wegen eines vom Sicherheitspersonal unrechtmäßig entnommenen Gegenstandes gemeint ist.

Auch aus § 27 Luftverkehrsgesetz ergibt sich vorliegend keine Verantwortlichkeit der Beklagten. § 27 Luftverkehrsgesetz bestimmt, dass die Beförderung von Stoffen und Gegenständen, die durch Rechtsverordnung als gefährliche Güter bestimmt sind, der Erlaubnis bedarf. Die „Insbesondere- Auflistung“ in Absatz 1 Satz 1 des § 27 Luftverkehrsgesetz macht auch deutlich, dass eine Tauchflasche nicht darunter zu subsumieren ist. Die Erlaubnis, die die Beklagte im Rahmen des hinsichtlich der Beförderung des Tauchgepäcks abgeschlossenen Vertrages erteilt hatte, bezog sich auf die Pony-Flasche, bei der es sich um eine Pressluft-Flasche handelte. Die Entnahme der Pony-Flasche erfolgte allerdings nicht wegen ihrer Eigenschaft als Pressluft-Flasche, sondern weil sie von der Gefahrgutbeauftragten irrtümlich für eine CO 2-Flasche gehalten wurde. Hierbei handelte es sich um einen Gefahrerforschungseingriff gemäß § 5 Abs. 3 in Verbindung mit § 11 Abs.1 LuftsicherheitsG, der gemäß § 27 Abs. 4 Luftverkehrsgesetz unberührt bleibt.

Damit ist auch auszuschließen, dass die Firma A. für die Beklagte im Rahmen des § 27 Luftverkehrsgesetz tätig werden konnte bzw. tätig geworden ist. Es handelte sich bei der Entnahme der mutmaßlichen CO2-Flasche vielmehr um eine Maßnahme bei der Feststellung von Gegenständen, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, welches als Aufgabe der Bundespolizei zugewiesen ist und demzufolge mit diesen Aufgaben befasste private Unternehmen als Beliehene tätig geworden sind.

Der Umstand, dass ein Beauftragter der Beklagten bei der Gepäcköffnung anwesend war, führt nicht zu einer Vermeidbarkeit des Schadens für die Beklagte. Die Aufgaben im Rahmen der Gepäckkontrolle waren wie oben ausgeführt klar verteilt. Dass es sich bei dem kontrollierten Gepäck um Tauchgepäck handelte, war offensichtlich und somit auch für die Gefahrgutbeauftragte erkennbar. Dazu bedurfte es nicht der Kenntnis, dass der Kläger mit der Beklagten einen Beförderungsvertrag für das Tauchgepäck abgeschlossen hatte. Da ganz offensichtlich die Beliehene das entnommene Teil des Gepäcks als potentielle Gefahr angesehen hatte und gerade die Beurteilung, ob ein vorschriftswidriger Gegenstand sich im Gepäck befindet, ihre Aufgabe war, stand es dem Mitarbeiter der Beklagten nicht zu, eine eigene Überprüfung vorzunehmen und die Beurteilung der eigens hierfür geschulten Gefahrgutbeauftragten in Frage zu stellen. Da das entnommene Teil des Gepäcks als potentielle Gefahr angesehen wurde und dieses in amtliche Verwahrung genommen wurde, war auch eine Nachforschung, wie, wo und auf welche Weise mit dem Kläger in Kontakt getreten werden und Rückfrage gehalten werden könnte, nicht veranlasst und zumutbar.

Demzufolge besteht kein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Artikel 19 MÜ.

2.3. Auch eine andere Anspruchsgrundlage kommt nicht in Betracht, insbesondere besteht kein Schadensersatzanspruch aus dem Beförderungsvertrag, sowie aus Delikt, da dem nationalen Recht gemäß Artikel 29 MÜ keine weitergehenden Ansprüche entnommen werden dürfen, als sie die Artikel 17 ff. MÜ gewähren (BGH, Urteil vom 15.03.2011, Az.: X ZR 99/10 Rdnr. 23)

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs.2 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die Frage des Einstehenmüssens der Fluggesellschaft bei Schadensersatzansprüchen des Fluggastes aufgrund der Öffnung und hierbei erfolgten Entnahme von aufgegebenem Gepäck in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu klären ist und aufgrund der Tatsache, dass die Beförderung von Passagieren und deren Gepäck im Luftverkehr ein Massengeschäft ist, ein allgemeines Interesse an einer einheitlichen Entwicklung des Rechts zu dieser Frage besteht.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Entscheidung kann Revision eingelegt werden, soweit sie mit dieser Entscheidung zugelassen worden ist.

Die Revision ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

Die Revision wird durch Einreichen einer Revisionsschrift eingelegt.

Die Revisionsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Revision eingelegt werde.

Die Beteiligten müssen sich durch eine bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Die Revision ist zudem binnen einer Frist von zwei Monaten zu begründen. Die Frist beginnt ebenfalls mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Landgericht Landshut, Maximilianstr. 22, 84028 Landshut, einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Landshut Endurteil, 21. Nov. 2014 - 14 S 1887/13

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Landgericht Landshut Endurteil, 21. Nov. 2014 - 14 S 1887/13 zitiert 8 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

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Landgericht Landshut Endurteil, 21. Nov. 2014 - 14 S 1887/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2011 - X ZR 99/10

bei uns veröffentlicht am 15.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 99/10 Verkündet am: 15. März 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Landgericht Landshut Endurteil, 21. Nov. 2014 - 14 S 1887/13

bei uns veröffentlicht am 21.11.2014

Gründe Landgericht Landshut Az.: 14 S 1887/13 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 21.11.2014 2 C 1777/12 AG Erding ..., Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit ... - Kläger und Berufungsk
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Landgericht Landshut Endurteil, 21. Nov. 2014 - 14 S 1887/13

bei uns veröffentlicht am 21.11.2014

Gründe Landgericht Landshut Az.: 14 S 1887/13 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 21.11.2014 2 C 1777/12 AG Erding ..., Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit ... - Kläger und Berufungsk

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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 99/10 Verkündet am:
15. März 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MÜ Art. 17 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 22 Abs. 2
Die Berechtigung für einen Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann nicht
an die Dokumentation der Gepäckaufgabe durch einen Gepäckschein geknüpft
werden. Entscheidend ist allein, dass der Reisende tatsächlich Gepäck in die
Obhut des Luftfrachtführers gegeben hat. Dies kann auch in der Weise geschehen
, dass das Gepäck von einem anderen Mitreisenden in einem seiner Gepäckstücke
mit aufgegeben wird.
BGH, Urteil vom 15. März 2011 - X ZR 99/10 - LG Darmstadt
AG Rüsselsheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 15. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, den
Richter Dr. Grabinski und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 16. Juni 2010 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt aufgehoben, soweit die Berufung gegen die Abweisung der Klage in Höhe von 750 Euro zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatz für den Verlust von Reisegepäck. Auf einem von der Beklagten am 31. Januar 2008 durchgeführten Flug von Frankfurt am Main nach Malaga, den die Klägerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten angetreten hatte, ging die von der Klägerin als Reisegepäck aufgegebene Golfreisetasche verloren. Nach dem Vortrag der Klägerin befand sich in der Tasche außer ihrer eigenen auch die Golfausrüstung ihres Lebensgefährten. Die Beklagte hat der Klägerin für den Verlust der Reisetasche samt Inhalt Ersatz in Höhe von 232 Euro geleistet und die Zahlung weiteren Schadensersatzes abgelehnt.
2
Die Klägerin hat zunächst Schadensersatz in Höhe von 2.025 Euro aus einem behaupteten Schaden von insgesamt 2.257 Euro, abzüglich der von der Beklagten bereits erstatteten 232 Euro, geltend gemacht.
3
Das Amtsgericht hat die Klage unter Berücksichtigung des bereits geleisteten Schadensersatzes hinsichtlich des den Haftungshöchstbetrag nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28. Mai 1999 (BGBl. 2004 II, S. 458; Montrealer Übereinkommen, im Folgenden: MÜ) übersteigenden Betrags abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
4
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die an sie abgetretenen Ersatzansprüche ihres Lebensgefährten für den Gepäckverlust in Höhe von 750 Euro weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils , soweit die Berufung gegen die Klageabweisung in Höhe von 750 Euro zurückgewiesen worden ist und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Der Klägerin stehe lediglich der vom Amtsgericht zugesprochene Schadensersatz in Höhe des Haftungshöchstbetrags nach Art. 22 Abs. 2 MÜ abzüglich des von der Beklagten bereits erstatteten Betrages zu. Darüber hinaus könne sie weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht Schadensersatz verlangen. Bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck sei Anspruchsberechtigter derjenige Fluggast, der das Gepäck aufgegeben und dadurch zum Objekt des Luftbeförderungsvertrags gemacht habe. Dabei müsse eine Verbindung zwischen dem Reisenden und dem Gepäck gegeben sein. Diese Zuordnung werde durch den Gepäckschein dokumentiert, der ein Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB sei. Aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes des Eigentums sei anerkannt, dass ein Dritter, der keinen Luftbeförderungsvertrag mit dem Luftfrachtführer geschlossen habe, Schadensersatz verlangen könne, wenn sein im Gepäck eines Fluggastes befindliches Eigentum verloren gehe. Deswegen müsse zwar erst recht auch ein Passagier, der einen eigenen Luftbeförderungsvertrag geschlossen habe, Schadensersatzansprüche gegenüber dem Luftfrachtführer geltend machen können, wenn er nicht von ihm selbst aufgegebenes Gepäck, sondern Eigentum im Gepäck eines Mitreisenden verloren habe. Habe jedoch der das Gepäck aufgebende Passagier, wie hier die Klägerin, für den Verlust des Gepäckstücks bereits die höchstmögliche Entschädigung nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens erhalten, könne der Mitreisende für den Ver- lust seines Eigentums in dem verloren gegangenen Gepäckstück keinen Ersatz mehr verlangen.
8
II. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
1. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend - und insoweit von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, dass dem Lebensgefährten der Klägerin aufgrund des zwischen ihm und dem Luftfrachtführer bestehenden Luftbeförderungsvertrags grundsätzlich ein eigener Ersatzanspruch zustehen kann, wenn seine Golfausrüstung mit der von der Klägerin als Reisegepäck aufgegebenen Golftasche in der Obhut des Luftfrachtführers verloren gegangen ist.
10
Allerdings bedarf es zur Begründung eines solchen Anspruchs weder - wie das Berufungsgericht meint - eines Rückgriffs auf den verfassungsrechtlich garantierten Schutz des Eigentums, noch sind - wie die Revision geltend macht - die Vorschriften der §§ 44 ff. LuftVG oder des § 823 Abs. 1 BGB heranzuziehen.
11
a) Grundlage des möglichen Anspruchs, den die Klägerin aus abgetretenem Recht ihres Lebensgefährten geltend machen kann, ist Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ. Danach hat der Luftfrachtführer einem Reisenden den Schaden zu ersetzen, der durch Verlust von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, wenn das schädigende Ereignis während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand.
12
aa) Reisender und damit Anspruchsberechtiger nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ ist diejenige Person, die aufgrund eines Luftbeförderungsvertrags mit dem Luftfrachtführer befördert wird (Reuschle, Montrealer Übereinkommen, Art. 17 Rn. 65). Dies trifft für den Lebensgefährten der Klägerin zu. Über die Beförderung von Reisegepäck wird - anders als beim Transport von Gütern - regelmäßig kein gesonderter Vertrag geschlossen. Der Luftbeförderungsvertrag schließt vielmehr die Gepäckbeförderung als eine zur Personenbeförderung akzessorische Verpflichtung ein (Reuschle, aaO, Art. 3 Rn. 30; Art. 17 Rn. 41). Die Parteien eines Luftbeförderungsvertrags gehen davon aus, dass der Fluggast Gepäck mitnimmt, das zusammen mit ihm befördert wird (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - X ZR 165/03, RRa 2007, 74 Rn. 10). Der akzessorische Gepäckbeförderungsvertrag verpflichtet den Luftfrachtführer nicht nur, das ihm anvertraute Reisegepäck an den vereinbarten Ort zu bringen, sondern er begründet gleichzeitig eine Obhutspflicht, die darin besteht, dass der Luftfrachtführer die übernommenen Gegenstände gegen Verlust und Beschädigung zu schützen hat. Diese Pflicht tritt als zweite Hauptpflicht neben die werkvertragliche Pflicht zur Erbringung der Beförderungsleistung (Reuschle, aaO, Art. 17 Rn. 41) und bestand auch gegenüber dem Lebensgefährten der Klägerin.
13
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht nur derjenige Fluggast Ansprüche nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ geltend machen, der das Gepäck unter seinem Namen aufgegeben und dafür einen Gepäckschein im Sinne des Art. 3 Abs. 3 MÜ erhalten hat.
14
Eine solche Einschränkung der Anspruchsberechtigung ist weder dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ oder des Art. 3 Abs. 3 MÜ zu entnehmen , noch legen Sinn und Zweck dieser Vorschriften eine solche Interpretation nahe.
15
Art. 17 Abs. 2 MÜ definiert den Begriff "aufgegebenes Reisegepäck" nicht näher, verwendet ihn allerdings ausdrücklich als Gegenstück zu dem Begriff "nicht aufgegebenes Reisegepäck". Diese Unterscheidung dient der Festlegung unterschiedlicher Haftungsmaßstäbe für diese Gepäckkategorien. Dafür, dass Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ darüber hinaus mit dem Begriff "aufgegebenes Reisegepäck" auch die Person des Anspruchsberechtigten in der Weise umschreiben soll, dass damit der Reisende gemeint sei, der das Gepäck aufgegeben und dafür gemäß Art. 3 Abs. 3 MÜ einen Gepäckschein erhalten habe, bestehen keine Anhaltspunkte. Insbesondere nimmt Art. 17 Abs. 2 MÜ in diesem Zusammenhang nicht auf die Regelung des Art. 3 Abs. 3 MÜ Bezug. Auch für die Kategorisierung des Gepäcks als "aufgegebenes Reisegepäck" spielt der Gepäckschein keine Rolle (Schmid in Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Art. 17 MÜ Rn. 124 (Stand: Oktober 2010). Vielmehr sind unter "aufgegebenem Reisegepäck" unabhängig hiervon alle Gegenstände zu verstehen, die der Reisende dem Luftfrachtführer vor oder bei Reiseantritt in dessen Obhut gegeben hat (Reuschle, aaO, Art. 17 Rn. 35). Dazu gehören somit auch Gegenstände, die ein Reisender in der Weise als Reisegepäck aufgibt, dass sie sich in einem Gepäckstück befinden, für das einem anderen Mitreisenden ein Gepäckschein ausgehändigt wurde.
16
Ebenso wenig spricht Art. 3 Abs. 3 MÜ dafür, dass nur derjenige Reisende Ansprüche wegen Verlusts von Reisegepäck geltend machen kann, der die Aufgabe des Gepäcks mit einem Gepäckschein belegen kann. Der Gepäckschein dient nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 MÜ der Gepäckidentifizierung. Er stellt ein Legitimationspapier nach § 808 BGB dar. Dies bedeutet, dass der Luftfrachtführer, wenn die Herausgabe des Gepäcks verlangt wird, der Prüfung enthoben ist, ob der Inhaber des Gepäckscheins der Berechtigte ist. Umgekehrt kann der Luftfrachtführer aber trotz Vorlage des Gepäckbelegs durch den Inhaber von diesem den Nachweis der Berechtigung verlangen (Reuschle, aaO, Art. 3 Rn. 28). Der Gepäckschein mag demnach die Beweisführung, dass ein Gepäckstück aufgegeben worden ist, erleichtern (Schmid in Giemulla/Schmid, aaO, Art. 3 MÜ Rn. 39). Er verbrieft jedoch nicht die Berechtigung zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs. Für die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann nichts anderes gelten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann somit die Berechtigung für einen Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ nicht an die Dokumentation der Gepäckaufgabe durch einen Gepäckschein geknüpft werden. Entscheidend ist allein, dass der Reisende tatsächlich Gepäck in die Obhut des Luftfrachtführers gegeben hat. Dies kann auch in der Weise geschehen, dass das Gepäck von einem anderen Mitreisenden in einem seiner Gepäckstücke mit aufgegeben wird.
17
b) § 47 LuftVG kommt entgegen der Auffassung der Revision als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin aufgegebene Golfreisetasche verloren gegangen, solange sie sich in der Obhut der Beklagten befand. Mit dem Verlust der Golfreisetasche hat sich daher ein für die Luftbeförderung typisches Schadensrisiko verwirklicht, das durch das Montrealer Übereinkommen abschließend geregelt ist. Nach § 44 Nr. 4 LuftVG kommen die §§ 44 ff. LuftVG daher nicht zur Anwendung (vgl. Giemulla in Giemulla/Schmid, aaO, Art. 29 MÜ Rn. 3).
18
c) Auch der von der Revision geltend gemachte Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB unterliegt gemäß Art. 29 MÜ den Voraussetzungen und Beschränkungen des Übereinkommens. Im Übrigen kann sich die Revision schon deshalb nicht mit Erfolg auf diese Anspruchsgrundlage berufen, weil das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat und die Revision auch keinen Tatsachenvortrag aufzeigt.
19
2. Der an die Klägerin abgetretene Anspruch ihres Lebensgefährten aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ unterliegt als eigenständiger Anspruch der Haftungshöchstgrenze nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 MÜ.
20
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Haftung der Beklagten gegenüber dem Lebensgefährten der Klägerin nicht deshalb ausgeschlossen , weil die Haftungshöchstgrenze nach Art. 22 MÜ bereits mit der Befriedigung der Ansprüche der Klägerin ausgeschöpft wäre.
21
Art. 22 Abs. 2 Satz 1 MÜ bemisst die Höchstgrenze für die Haftung des Luftfrachtführers bei Beschädigung oder Verlust des Reisegepäcks nach sei- nem Wortlaut ausdrücklich je Reisenden. Wie schon bei der Frage nach der Anspruchsberechtigung nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann es auch bei der Frage nach der Haftungsbegrenzung nicht darauf ankommen, ob die Aufgabe des abhanden gekommenen Gepäcks durch einen Gepäckschein dokumentiert ist. Diese Überlegung wird auch durch die Ausführungen in der Denkschrift zum Montrealer Übereinkommen gestützt. Dort ist zu Art. 22 MÜ ausgeführt, dass die Haftungsgrenze jeweils bezogen auf den Reisenden gelte und die Verschuldenshaftung für nicht aufgegebenes Gepäck und persönliche Gegenstände sowie die verschuldensabhängige Haftung für aufgegebenes Gepäck umfasse (BT-Drucks. 15/2285, S. 44). Es kann also nicht darauf ankommen, dass der Reisende einen Gepäckschein vorweisen kann. Er muss nur nachweisen können, dass es sich um sein Gepäck handelt, das verloren gegangen ist. Da die in Art. 22 MÜ festgelegten Beträge nicht als pauschalierter Schadensersatz ausgestaltet sind, sondern Haftungshöchstbeträge darstellen, muss außerdem die tatsächliche Schadenshöhe nachgewiesen werden (Reuschle, aaO, Art. 22 Rn. 6).
22
b) Umgekehrt kann die Revision nicht mit Erfolg geltend machen, dass für den Ersatzanspruch des Lebensgefährten keine Haftungshöchstbeträge gälten. Der Lebensgefährte der Klägerin und sein Gepäck wurden aufgrund eines Luftbeförderungsvertrags mit der Beklagten befördert. Er ist damit Reisender, für den die Regelungen des Montrealer Übereinkommens und insbesondere auch Art. 22 Abs. 2 MÜ gelten, und hat nicht die Stellung eines Dritten, dem im Schrifttum aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes des Eigentums bei Verlust seines im Gepäck eines Reisenden befindlichen Eigentums Ansprüche zuerkannt werden, die nicht den Beschränkungen des Art. 29 MÜ unterliegen sollen, weil zwischen dem Dritten und dem Luftfrachtführer kein Luftbeförderungsvertrag bestehe (Reuschle, aaO, Art. 29 Rn. 13; Pokrant in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 29 MÜ Rn. 10; MünchKomm.HGB /Ruhwedel, 2. Aufl., Art. 29 MÜ Rn. 13; MünchKomm.HGB/ Ruhwedel, 1. Aufl., § 44 LuftVG Rn. 55 f.).
23
Im Übrigen steht die Argumentation der Revision im Widerspruch zu den Grundgedanken der Vorschriften des Montrealer Übereinkommens. Danach soll für die Schäden, die typischerweise mit der Luftbeförderung als solcher verbunden sind, eine einheitliche Haftung geschaffen werden. Dem nationalen Recht dürfen keine weitergehenden Ansprüche entnommen werden, als sie die Art. 17 ff. MÜ gewähren (Reuschle, aaO, Art. 29 Rn. 9; Giemulla in Giemulla/ Schmid, aaO, Art. 29 MÜ Rn. 2 ff.). Mit dem Verlust der Golfreisetasche hat sich ein für die Luftbeförderung typisches Risiko verwirklicht. Würde einem Reisenden , der sein Gepäck in einem Gepäckstück eines Mitreisenden aufgegeben hat, Ansprüche ohne die Begrenzung nach Art. 22 MÜ zugebilligt, stünde er besser als andere Reisende, die ihr Gepäck unter eigenem Namen aufgegeben haben.
24
c) Der maßgebliche Haftungshöchstbetrag nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 MÜ beträgt im vorliegenden Fall 1000 Sonderziehungsrechte. Die Anpassung des Haftungshöchstbetrags auf 1131 Sonderziehungsrechte ist erst nach dem Eintritt des Schadensereignisses gemäß Art. 1 der Verordnung über die Inkraftsetzung der angepassten Haftungshöchstbeträge des Montrealer Übereinkommens (BGBl. 2009 II, S. 1258) am 30. Dezember 2009 in Kraft getreten und somit auf den Streitfall nicht anwendbar.
25
III. Die angefochtene Entscheidung ist somit aufzuheben. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem dem Zedenten entstandenen Schaden getroffen hat, ist die Sache zu neuer Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens
Grabinski Schuster
Vorinstanzen:
AG Rüsselsheim, Entscheidung vom 05.11.2009 - 3 C 1216/08 (32) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 16.06.2010 - 7 S 225/09 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.