Oberlandesgericht München Endurteil, 07. Mai 2015 - 14 U 4138/14

bei uns veröffentlicht am07.05.2015
vorgehend
Landgericht Augsburg, 91 O 671/14, 02.10.2014
nachgehend
Bundesgerichtshof, IV ZR 252/15, 11.11.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 14 U 4138/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 07.05.2015

091 O 671/14 LG Augsburg

... Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Nichtamtlicher Leitsatz

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

....

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 02.10.2014, Az. 091 O 671/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

Der Kläger macht nach Leistungseinstellung der Beklagten zum 31.12.2013 weitere monatliche Zahlungsansprüche wegen Berufsunfähigkeit aus seiner Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitsvorsorge (aus dem Jahr 2003) geltend. Der Kläger war bis zu seinem Unfall am 18.2.2008 als Service-Mechaniker für Druckmaschinen bzw. Maschinenschlosser tätig. Die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2009 mit Wirkung ab 1.3.2008 anerkannt (Anlage K 4). Nach erfolgreicher Umschulung des Klägers zum Maschinenbautechniker und Aufnahme einer konkreten Vollzeit-Tätigkeit als Konstruktionstechniker im April 2011 leitete die Beklagte das in § 7 der Besonderen Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge (künftig: BB-BU, Anlage K 3) vorgesehene Nachprüfungsverfahren ein mit der Folge einer Leistungseinstellung gemäß Schreiben vom 14.11.2013 im Hinblick auf den neuen Beruf des Klägers (Anlage K 6). Die Parteien streiten darüber, ob die zweifelsfrei nur aufgrund der Umschulung bzw. Weiterbildung mögliche neue berufliche Tätigkeit des Klägers von der Beklagten im Nachprüfungsverfahren zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden durfte. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das Ersturteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 Bezug genommen. Änderungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Ansicht war, dass die Beklagte den Kläger nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen trotz der vorangegangenen notwendigen Umschulung auf seine neue Tätigkeit, die unstreitig seiner Lebensstellung bis zum 1.3.2008 entspricht, verweisen durfte. In § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU sei klar und unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und die Ausübung einer anderen Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 BB-BU erneut prüfen dürfe. Bei der dortigen Definition der Berufsunfähigkeit sei gerade nicht auf die Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf eine Verweisungstätigkeit abgestellt worden, sondern eindeutig (nur) auf die Tatsache der Ausübung einer Tätigkeit, die der bisherigen Lebensstellung entspricht. Die von der Klagepartei zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere die Urteile vom 13.5.1987, Az. IV a ZR 8/86, und vom 7.2.2007, Az. IV ZR 244/03, stünden diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, da die entscheidungserheblichen Vertragsbedingungen nicht vergleichbar gewesen seien. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.5.1987 - insbesondere im Hinblick auf § 5 AGBG - verlangt, dass die Regelungen zu Änderungsmöglichkeiten im Nachprüfungsverfahren ausreichend klar sein müssten. Dies sei hier jedoch der Fall.

Mit seiner Berufung rügt der Kläger eine fehlerhafte Auslegung von § 7 Abs. 1 BB-BU durch das Erstgericht. Da der Kläger nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Fall der bedingungsgemäßen Unfähigkeit, den zuletzt ausgeübten Beruf weiter auszuüben, grundsätzlich nicht zur Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen bzw. zum anderweitigen Erwerb neuer Fähigkeiten verpflichtet sei, könne ihm ein neuer Beruf, den er unstreitig nur aufgrund von Umschulungsmaßnahmen erlangen konnte, nicht als Verweisungsberuf entgegengehalten werden. Verweisungsberuf im Sinne der verfahrensgegenständlichen Vertragsbedingungen könne - auch wenn dies so nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sei - nur ein Beruf sein, den der Versicherte aufgrund seiner bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit erlangten Ausbildung und Erfahrung ausüben könne. Dieses Kriterium sei in dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit der Lebensstellung mit beinhaltet.

Der Kläger beantragt:

1) Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 - 091 O 671/14 - wird aufgehoben.

2) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlich im Voraus ab 01.03.2014 eine Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung 24034114588490 in Höhe von EUR 860,46, längstens bis 31.10.2031, zu zahlen und den Kläger innerhalb dieses Zeitraumes von der Beitragszahlungsverpflichtung zu befreien.

3) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, beginnend ab dem 01.11.2014 weitere Überschussanteile aus der in Ziffer 2) genannten Berufsunfähigkeitsversicherung zu bezahlen.

4) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.869,98 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 807,36 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

Die Vertragsauslegung durch das Erstgericht ist auch nach Ansicht des Senats zutreffend.

1. Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen ist grundsätzlich nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen, der die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig - unter Berücksichtigung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges - würdigt (BGH 17.12.2008, Az. IV ZR 9/08, VersR 2009, 341 m. w. N.). Maßgeblich ist dabei in erster Linie der Klauselwortlaut (BGH, Hinweisbeschluss vom 6.7.2011, Az. IV ZR 217/09, VersR 2012, 48 m. w. N.).

2. Nach § 2 Abs. 1 BB-BU liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande ist, ihren Beruf auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der zuletzt ausgeübte Beruf maßgebend. Falls die versicherte Person infolge einer fortschreitenden Krankheit oder Kräfteverfalls ihren Beruf leidensbedingt geändert hat, ist für die Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, der bei Eintritt des Leidens ausgeübte Beruf maßgebend.

Bei Selbstständigen setzt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne von Satz 1 zusätzlich voraus, dass die versicherte Person auch nach einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes außerstande ist, ihre Beruf auszuüben. Zumutbar ist....“

Die Beklagte hat sich in § 7 die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit wie folgt vorbehalten:

„(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 ausübt.

(2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte .... verlangen....

(3) Eine Minderung der Berufsunfähigkeit ... und die Wiederaufnahme bzw. Änderung der beruflcihen Tätigkeit müssen Sie uns unverzüglich mitteilen.

(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen ....“

3. Hinsichtlich der erneuten Prüfung der tatsächlichen Ausübung einer (neuen) vergleichbaren Tätigkeit verweist § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU uneingeschränkt auf § 2 Absatz 1 BB-BU, der zweifelsfrei auch Sätze beinhaltet, die die Frage eines vergleichbaren neuen Berufs nicht betreffen. Angesprochen ist dieser ausdrücklich nur in § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz.

Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BU wird für die Frage der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, dass der nach Eintritt der Berufsunfähigkeit in dem zuletzt ausgeübten Beruf später ergriffene neue Beruf ohne weiteres aufgrund der bis zur Beendigung des zuvor ausgeübten Berufs erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann. Vielmehr kommt es nach dem Wortlaut der Klausel nur darauf an, ob der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung entspricht. Dabei beinhaltet die „bisherige Lebensstellung“ nicht auch die Kriterien „Ausbildung und Fähigkeiten“. Dem steht nicht nur der Wortlaut der hiesigen Bedingungen entgegen, sondern auch die Musterbedingungen, die die Kriterien „bisherige Lebensstellung“ und „aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten“ nebeneinander und kumulativ aufführen. Von den verschiedenen gebräuchlichen Varianten der konkreten Verweisung (vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeit, 3. Aufl., Kapitel H., Rn. 158) hat die Beklagte die gewählt, die nur auf die bisherige Lebensstellung abstellt und nicht auch auf Ausbildung und Fähigkeiten.

4. Eine Erwerbstätigkeit entspricht nach der auch im Ersturteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.9.1986, Az. IV a ZR 252/84 (VersR 1986, 1113, 1115, rechte Spalte unten) im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel der „bisherigen Lebensstellung“, wenn sie „keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und auch in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt“. Durch die notwendige Berücksichtigung der „bisherigen Lebensstellung“ wird somit eine Untergrenze für die Anforderungen an einen zumutbaren Vergleichsberuf definiert, während sich aus der im Fall von abstrakten Verweisungsklauseln üblichen Beschränkung auf „Tätigkeiten, die aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten“ ausgeübt werden können, die Obergrenze für die Anforderungen an den Versicherten ergibt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Rn. 41 f. zu § 2 BU m. w. N.). Die verfahrensgegenständliche Verweisungsklausel bezieht sich danach nur auf die Untergrenze eines konkreten Vergleichsberufs, der (mindestens) der bisherigen Lebensstellung entsprechen muss. Für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer, der in der Regel keine Kenntnis von den üblichen Formulierungen zu abstrakten Verweisungsklauseln haben dürfte, ergibt sich aus den vorliegenden Formulierungen kein konkreter Hinweis, dass die Beklagte bei einer Nachprüfung darauf beschränkt wäre, nur solche neue Tätigkeiten - die der bisherigen Lebensstellung entsprechen - berücksichtigen zu dürfen, die der Versicherte aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit ausüben konnte.

5. In seinem Urteil vom 13.5.1987, Az. IVa ZR 8/87, hat der Bundesgerichtshof zwar im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel und eines Nachprüfungsverfahrens entsprechend §§ 7, 4 BUZ 1975 entschieden, dass der Versicherte, ein gelernter Landwirt, im dortigen Fall nicht auf einen durch eine erfolgreich abgeschlossene Umschulung erworbenen anderen Beruf (Nachrichtengerätemechaniker) verwiesen werden könne, da sich die Versicherung dies nicht ausdrücklich vorbehalten habe. Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit lag nach den damaligen Bedingungen vor, wenn der von Seiten der Mediziner als dauerhaft prognostizierte Gesundheitszustand des Versicherten es ihm nicht mehr erlaubte, in dem nach den Versicherungsbedingungen maßgeblichen Umfang seinen Beruf, wie bislang, auszuüben oder „eine andere Tätigkeit, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht“. Da ein bestimmter Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalles Berufsunfähigkeit festzustellen sei, sei angesichts der Wortfassungen der damaligen Regelungen das ungezwungene Verständnis nahegelegt, dass sich auch die vorgesehene Prüfung der Erfahrung und Ausbildung des Versicherten auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bezogen habe. Anders als hinsichtlich des medizinischen Bereichs sei für den Leser der Versicherungsbedingungen festzustellen, dass der Vergleichsberuf „prognosefrei“ ermittelt werde. Mangels eines entsprechenden Vorbehalts in ihren Versicherungsbedingungen und mangels Obliegenheit einer Umschulung oder des Erwerbs neuer beruflicher Fähigkeiten könne für das Nachprüfungsverfahren nichts anderes gelten.

In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jedoch auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im konkreten Fall darauf ankommt, welche Änderungsmöglichkeiten sich die Versicherung rechtswirksam vorbehalten hat.

In den verfahrensgegenständlichen Versicherungsbedingungen wurde auf die Möglichkeit der abstrakten Verweisung verzichtet. Es wird für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, ob der Versicherte zum Zeitpunkt seiner Unfähigkeit, weiterhin in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten, in der Lage wäre, aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung (bis zu diesem Zeitpunkt) eine ihm auch wirtschaftlich zumutbare andere Tätigkeit zu erbringen. Vielmehr kommt es im konkreten Fall darauf an, ob der Versicherte nach der Unfähigkeit, seinen (vor)letzten Beruf weiter auszuüben, bis zur Entscheidung der Versicherung über ihre Leistungspflicht eine andere Tätigkeit gefunden hat, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Vorbehalten hat sich die Beklagte in § 7 BB-BU die spätere erneute Prüfung dieser Frage. Im Hinblick auf den notwendigen zeitlichen Abstand bis zur Erklärung der Versicherung über ihre Leistungspflicht nach Prüfung der vom Versicherten eingereichten und der beigezogenen Unterlagen gemäß § 6 BB-BU erscheinen auch zwischenzeitliche Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen des Versicherten zumindest in geringerem Umfang nicht ungewöhnlich. Insoweit ist der hiesige Sachverhalt mit dem Fall nicht vergleichbar, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.5.1987 zugrunde lag.

Für den Versicherungsnehmer ist aus den Versicherungsbedingungen hinreichend erkennbar, dass im Nachprüfungsverfahren auch neue Gesichtspunkte, die sich nicht auf die Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse beschränken, berücksichtigt werden dürfen.

6. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er nach den Vertragsbedingungen zu einer Umschulung oder Weiterbildung nicht verpflichtet gewesen wäre und dass es sich bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Summenversicherung handelt, bei der es auf das Entstehen bzw. Fortbestehen eines konkreten Schadens nicht ankommt.

Der Wegfall der Leistungspflicht bei einer aufgrund erfolgreicher Umschulung oder Weiterbildung möglichen neuen Tätigkeit des Versicherten erscheint dennoch nicht unbillig.Insbesondere hat der Kläger nicht behauptet, dass die absolvierte - im Rahmen des streitgegenständlichen Vertrags überobligatorische - Umschulung nur durch den Einsatz erheblicher eigener finanzieller Mittel möglich gewesen wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO hat. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass die streitgegenständliche Klausel in einer Vielzahl ähnlicher Verträge verwendet wurde, die Revisionszulassung nicht (vgl. BGH Vers R 2012, 48, 49 m. w. N.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Klausel in Rechtsprechung und Literatur umstritten wäre.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 07. Mai 2015 - 14 U 4138/14

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG
Oberlandesgericht München Endurteil, 07. Mai 2015 - 14 U 4138/14 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 217/09 vom 6. Juli 2011 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller am 6.

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 9/08 Verkündetam:
17.Dezember2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Der Grundsatz der engen Auslegung von Risikoausschlussklauseln in Allgemeinen
Versicherungsbedingungen gilt auch, wenn es um die Frage geht, ob eine
Bestimmung überhaupt einen Risikoausschluss enthält oder einen im Bedingungswerk
an anderer Stelle enthaltenen oder einen gesetzlichen Risikoausschluss
(wie § 61 VVG a.F.) zum Nachteil des Versicherungsnehmers erweitert.
2. Eine Klausel, nach der der Versicherungsnehmer bei allen Handlungen die
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns seines Geschäftszweiges wahrzunehmen
hat, ist als solche nicht als Erweiterung der Leistungsfreiheit nach § 61
VVG a.F. schon bei leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles zu
verstehen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 24. November 1971 - IV ZR 135/69 -
VersR 1972, 85).
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2008 - IV ZR 9/08 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Seiffert,
Dr. Schlichting, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2008

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. November 2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. November 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Klägerin, Die eine Schmuckherstellerin, nimmt die Beklagte aus einem Vertrag über eine Transport-, Reise- und Warenlagerversicherung auf Zahlung von 113.464 € in Anspruch. Sie behauptet, ihrem Geschäftsführer sei am 7. Dezember 2005 während einer Verkaufsreise auf der niederländischen Antilleninsel Sankt Maarten in den Geschäftsräumen des Autovermieters bei der Rückgabe des Fahrzeugs eine Tasche mit 156 Schmuckstücken gestohlen worden.
2
Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger , jedenfalls aber leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles nach § 61 VVG a.F. i.V. mit Nr. 7.1 der Allgemeinen Versi- cherungsbedingungen (AVB). Nr. 7 AVB enthält "Allgemeine vertragliche Bestimmungen". Nr. 7.1. AVB lautet: "Allgemeine Pflichten Der Versicherungsnehmer hat bei allen Handlungen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns des Edelstein-, Schmuck- und Uhrengewerbes wahrzunehmen."
3
Außerdemmachtdie Beklagte Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufsichtsobliegenheit nach Nr. 4.5.1 AVB und der Obliegenheit zur Anzeige bei der Polizei nach Nr. 7.5.3 AVB geltend.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 84.835,20 € verurteilt. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg.
6
Das I. Berufungsgericht (VersR 2008, 679) hat Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. i.V. mit Nr. 7.1 AVB verneint, weil dem Geschäftsführer der Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne und Nr. 7.1 AVB nicht so auszulegen sei, dass Leistungsfreiheit schon bei Herbeiführung des Versicherungsfalles durch einfache Fahrlässigkeit eintrete. Eine solche Verschärfung des Sorgfaltsmaßstabes lasse sich der Klausel, deren Wortlaut zur Frage der Leistungsfreiheit schweige, im Rahmen der gebotenen Auslegung nicht entnehmen. Einer möglichen gegenteiligen Auslegung stehe jedenfalls die Unklarheitenregelung in § 305c Abs. 2 BGB entgegen. Im Übrigen wäre die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 i.V. mit § 310 Abs. 1 BGB unwirksam.
7
Leistungsfreiheit Auf wegen Obliegenheitsverletzung könne die Beklagte sich nicht berufen.
8
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil zur Klärung der Voraussetzungen einer wirksamen Abänderung des § 61 VVG a.F. durch Allgemeine Versicherungsbedingungen eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheine.
9
II. Die Revision ist unzulässig, soweit die Beklagte die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Frage der Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung und zur Schadenhöhe angreift.
10
Das Berufungsgericht hat die Revision ersichtlich nur beschränkt auf die Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. zugelassen. Das ergibt sich aus der Begründung für die Zulassung und ferner aus Seite 12 unten/13 Abs. 1 und 2 des Urteils. Diese Beschränkung ist zulässig. Sie betrifft den Anspruch insgesamt dem Grunde nach. Eine Beschränkung der Revision auf den Anspruchsgrund ist zulässig (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03 - NJW 2004, 3176 unter II 1 m.w.N.; ebenso nur auf die Höhe des Anspruchs, BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06 - NJW-RR 2008, 786 Tz. 9). Die Beschränkung auf die Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. ist auch unabhängig von den anderen, vom Berufungsgericht abgelehnten Gründen, auf die die Beklagte ihre Leistungsfreiheit stützt. Die Beschränkung der Revision auf eine von mehreren selbständigen Einwendungen gegen einen Anspruch ist ebenfalls zulässig (BGHZ 53, 152, 154 f.), allerdings nicht lediglich auf die Rechtsfrage , unter welchen Voraussetzungen eine dem Versicherungsnehmer nachteilige Abänderung von § 61 VVG a.F. wirksam ist.
11
Das III. Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte nicht nach § 61 VVG a.F. von der Verpflichtung zur Leistung frei ist.
12
Der 1. Geschäftsführer der Klägerin hat den Versicherungsfall nicht durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt.
13
a) Ob die Fahrlässigkeit im Einzelfall als einfach oder grob zu werten ist, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung. Sie erfordert eine Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln. Diese tatrichterliche Würdigung ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht geblieben sind (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364 unter II 3 c).
14
Den b) Ausführungen des Berufungsgerichts ist zu entnehmen, dass es den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. Januar 2003 aaO unter II 2) nicht verkannt hat. Die Wertung des Verhaltens des Geschäftsführers der Klägerin als nicht grob fahrlässig beruht auf einer nachvollziehbaren Würdigung aller wesentlichen Umstände der konkreten Situation, in der er sich im Geschäftslokal des Autovermieters befand, und ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die beweispflichtige Beklagte in der Revisionsbegründung darauf hinweist, der Geschäftsführer der Klägerin sei möglicherweise von dem Dieb schon seit längerem als Schmuckhändler erkannt und bis zum Autovermieter verfolgt worden und er habe auch der im Geschäftslokal befindlichen unbekannten jungen Frau und dem hinter ihm befindlichen Mann misstrauen müssen, handelt es sich um bloße Vermutungen und - wie auch bei den übrigen Ausführungen - um unbeachtliche eigene Würdigung.
15
2. § 61 VVG a.F. kann zwar grundsätzlich durch Vereinbarung zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgeändert werden (vgl. Senatsurteil vom 21. April 1993 - IV ZR 33/92 - VersR 1993, 830 unter I 3 b). Der Senat folgt aber der Auslegung des Berufungsgerichts, dass Nr. 7.1 AVB diesen Risikoausschluss nicht auf die Herbeiführung des Versicherungsfalles durch einfache Fahrlässigkeit i.S. eines Verstoßes gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erweitert.
16
a) aa) Nach heute gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHZ 123, 83, 85 und Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 und ständig) und inzwischen allgemein anerkannter Auffassung sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtli- che Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Für eine an diesen Grundsätzen orientierte Auslegung ist nicht maßgeblich, was sich der Verfasser der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorstellte (Senatsurteil vom 17. Mai 2000 aaO unter 2 a; vgl. dazu und zum überholten Maßstab der "gesetzesähnlichen" Auslegung auch Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. vor § 1 Rdn. 15 ff.). Entgegen der Ansicht der Revision kann die für individualvertragliche Vereinbarungen geltende Auslegungsregel, nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei anzunehmen , eine vertragliche Bestimmung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben (BGH, Urteil vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97 - NJW 1998, 2966 unter B I 2 vor a), bei Allgemeinen Versicherungsbedingungen jedenfalls dann nicht angewendet werden, wenn der vom Versicherer mit einer Klausel verfolgte Zweck für den Versicherungsnehmer nicht hinreichend erkennbar zum Ausdruck gebracht ist.
17
Bei bb) Risikoausschlussklauseln führt das Interesse des Versicherungsnehmers in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 - VersR 1999, 748 unter 2 a).
18
Diese strengen Maßstäbe sind auch und erst recht dann anzulegen , wenn es um die Frage geht, ob eine bestimmte Klausel überhaupt einen Risikoausschluss enthält oder einen im Bedingungswerk an anderer Stelle enthaltenen oder einen gesetzlichen Risikoausschluss (wie § 61 VVG a.F.) zum Nachteil des Versicherungsnehmers erweitert. Dem Versicherungsnehmer muss schon in der Klausel oder im engen textlichen Zusammenhang damit unmissverständlich vor Augen geführt werden , dass bei Vorliegen bestimmter Umstände oder Nichtbeachtung ihm auferlegter Sorgfaltspflichten der Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Mithin setzt eine von § 61 VVG a.F. zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichende und damit konstitutive Vereinbarung über Leistungsfreiheit bereits bei leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles voraus, dass er auf diese Rechtsfolge deutlich hingewiesen wird. Das Berufungsgericht hat deshalb seine frühere gegenteilige Ansicht (VersR 1982, 1189, 1190) mit Recht aufgegeben. Bei einer an diesen Maßstäben orientierten Auslegung hält auch der Senat an seiner im Urteil vom 24. November 1971 (IV ZR 135/69 - VersR 1972, 85, 86) vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Die dort beurteilten Versicherungsbedingungen enthielten zwar eine erkennbare Verknüpfung zwischen Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und der Leistungsfreiheit, allerdings in § 9 AVB nach den für gefahrmindernde Obliegenheiten geltenden, auf die Beweislast des Versicherungsnehmers für fehlendes Verschulden abstellenden Grundsätzen. Eine solche vom Leitbild des § 61 VVG a.F. abweichende Verschärfung wäre auch nach § 307 BGB unwirksam.
19
b) Aus Nr. 7.1 AVB ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ansatzweise zu erkennen, dass bei Nichtbeachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Versicherungsschutz ausgeschlossen sein soll. Irgendein Bezug zur Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. und eine durch die Klausel zu seinem Nachteil bezweckte Her- absetzung des Verschuldensmaßstabes geht für ihn daraus nicht hervor. Unter welchen Voraussetzungen nachteilige Folgen für den Versicherungsschutz drohen, kann er erst den nachfolgenden Bestimmungen entnehmen. So enthält Nr. 7.2 AVB als Voraussetzung für den Versicherungsschutz konkrete Regelungen über die Aufbewahrung der versicherten Sachen und Sicherungseinrichtungen. Nr. 7.5 AVB trifft Bestimmungen für den Schadenfall. Nr. 7.8 AVB weist auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach Maßgabe der §§ 6 und 62 VVG a.F. hin. Weder diese Klauseln noch das Merkblatt für Reiselagerbegleiter enthalten einen Anhaltspunkt dafür, dass bei Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Nr. 7.1 AVB der Verlust des Versicherungsschutzes nach § 61 VVG a.F. in Betracht kommt. Auch die speziellen Klauseln zur Reiselagerversicherung weisen unter Nr. 4.3 AVB mit der Überschrift "Nicht versicherte Gefahren und Schäden" und unter Nr. 4.5 zu "Aufbewahrungsvorschriften" als "Voraussetzung für den Versicherungsschutz" darauf nicht hin. Dies kann den Versicherungsnehmer nur in der Annahme bestärken, dass Nr. 7.1 AVB ihn gemäß der Überschrift "Allgemeine Pflichten" nur allgemein auf diese hinweisen soll, nicht aber darauf, dass deren Nichtbeachtung konkrete Folgen für den Versicherungsschutz hat.
Seiffert Dr. Schlichting Dr. Kessal-Wulf
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.03.2007 - 15 O 82/06 KfH IV -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.11.2007 - 12 U 69/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 217/09
vom
6. Juli 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann
und die Richterin Dr. Brockmöller
am 6. Juli 2011

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. Oktober 2009 durch Beschluss nach § 552a ZPO auf Kosten des Klägers zurückzuweisen.
Beide Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen 4 Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe:


1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
I. Der Kläger, selbständiger Juwelier und Goldschmied, fordert Rentenleistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.

3
1. Er leidet an einer Limbusstammzellen-Insuffizienz mit Hornhautdegeneration am linken Auge, in deren Folge er seit 1981 behandelt und mehrfach operiert wurde. Mit Blick darauf wurde in den Versicherungsvertrag auf Verlangen des beklagten Versicherers folgende von ihm vorformulierte Zusatzklausel aufgenommen: "Es gilt als vereinbart, dass die unten bezeichnete Gesundheitsbeeinträchtigung und alle Leiden einschließlich eventueller Operationsfolgen, die medizinisch nachweisbar damit ursächlich zusammenhängen, eine Leistung aus der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung nicht bedingt und bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleibt. Art der Gesundheitsbeeinträchtigung: Erkrankung des linken Auges"
4
Nach Vertragsschluss verringerte sich infolge einer anderen Erkrankung auch das Sehvermögen des Klägers auf seinem rechten Auge. Die Beklagte bestreitet einen Versicherungsfall. Infolge der Zusatzklausel müsse die Erkrankung des Klägers auf seinem linken Auge bei der Ermittlung des Grades der Berufsunfähigkeit außer Betracht bleiben, mithin dieses Auge als gesund betrachtet werden. Die Beeinträchtigung des rechten Auges führe für sich genommen nicht zu einem für die beantragte Versicherungsleistung zumindest vorausgesetzten Grad der Berufsunfähigkeit von 33%.
5
Der Kläger meint, dieser Grad der Berufsunfähigkeit werde selbst dann überschritten, wenn man unterstelle, sein linkes Auge sei gesund. Im Übrigen habe er die Zusatzklausel so verstehen dürfen, dass lediglich sein linkes Auge unversichert, er also wie ein "Einäugiger" gegen den Verlust der Sehkraft auf seinem rechten Auge versichert sei. Anderen- falls sei die Ausschlussklausel intransparent und benachteilige ihn unangemessen.
6
2. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht bewiesen, dass er zu jedenfalls 33% berufsunfähig sei. Die Sehschwäche des linken Auges müsse ungeachtet des Umstandes, dass auch sie sich seit Vertragsschluss verschlechtert habe, bei der Bemessung der Berufsunfähigkeit insgesamt außer Betracht bleiben und stattdessen unterstellt werden, das linke Auge des Klägers sei gesund.
7
Das ergebe die Auslegung der Ausschlussklausel. Die Erkrankung eines Organs unberücksichtigt zu lassen, zwinge im Umkehrschluss dazu , es als nicht erkrankt anzusehen. Die Zusatzklausel sei wirksam, halte insbesondere der AGB-rechtlichen Kontrolle stand.
8
Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Selbst wenn die Beklagte beim ihm falsche Vorstellungen über den Umfang des Versicherungsschutzes erweckt haben sollte, habe er nicht behauptet, dass er bei einem anderen Versicherer die Mitversicherung seiner Erkrankung des linken Auges hätte erreichen können.
9
II. Das Berufungsgericht hat die Revision gestützt auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache mit der Erwägung zugelassen, dass sie die Auslegung einer in ähnlichen Versicherungsverträgen häufiger verwendeten Klausel betreffe. http://www.juris.de/jportal/portal/t/xh9/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=130&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300589300&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 -
10
Das allein rechtfertigt die Zulassung der Revision indes nicht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 18. November 2009 - IV ZR 36/09, VersR 2010, 645 Rn. 4 m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, dass die Auslegung der Klausel in Rechtsprechung und Literatur umstritten wäre (vgl. zu ähnlichen Klauseln: LG Düsseldorf VersR 2008, 1522 f.; OLG Nürnberg VersR 1987, 249).
11
Auch sonstige Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich.
12
III. Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers von zumindest 33% lässt sich nicht feststellen, weil die Erkrankung des linken Auges des Klägers bei der Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit nach der von den Parteien wirksam vereinbarten Zusatzklausel außer Betracht bleiben muss und die Beweisaufnahme einen solchen Grad der Berufsunfähigkeit im Übrigen nicht ergeben hat.
13
1. Die vom Senat aufgestellten Maßstäbe für die Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen (vgl. nur BGHZ 123, 83, 85; Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - IV ZR 9/08, VersR 2009, 341 Rn. 16, 17 m.w.N.) hat das Berufungsgericht beachtet.
14
a) Dem in erster Linie maßgeblichen Klauselwortlaut kann der Versicherungsnehmer entnehmen, dass die Erkrankung seines linken Auges weder für sich genommen einen Leistungsanspruch begründen noch im Zusammenspiel mit anderweitigen Erkrankungen den Grad der Berufsunfähigkeit beeinflussen, insbesondere erhöhen kann. Vielmehr soll die Erkrankung des linken Auges selbst im Falle einer möglichen Verschlechterung auf die Feststellung der Berufsunfähigkeit keinerlei Einfluss haben.
Das ist, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, nur möglich, wenn man diese Erkrankung bei der Bestimmung des Grades der Berufsunfähigkeit vollständig außer Betracht lässt und damit im Ergebnis unterstellt, das linke Auge sei gesund (vgl. LG Düsseldorf aaO; OLG Nürnberg aaO).
15
Die Einwände der Revision gegen dieses Verständnis des Klauselwortlauts überzeugen nicht. Soweit sie meint, die Klausel könne ebenso gut dahin verstanden werden, dass die von der Erkrankung des linken Auges ausgehende Beeinträchtigung der Berufsunfähigkeit nach vorausgehender Bestimmung der aus der Erkrankung beider Augen insgesamt folgenden Berufsunfähigkeit "abzuziehen" sei, führt dies zum gleichen Ergebnis. Eine Unklarheit der Klausel i.S. von § 305c Abs. 2 BGB zeigt die Revision damit nicht auf.
16
b) Auch bei Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Zusatzklausel nicht anders verstehen. Sie bezweckt eine Einschränkung des vom Versicherer übernommenen Risikos, welches bereits bei der Vertragsanbahnung dadurch erhöht war, dass der Versicherungsnehmer am linken Auge erkrankt war. Die Beklagte war erkennbar nicht bereit, dieses erhöhte Risiko zu versichern, sondern wollte es vom Versicherungsschutz ausnehmen und damit eine dem Kläger nachteilige Regelung treffen. Eine Besserstellung des Versicherungsnehmers war demgegenüber ersichtlich nicht bezweckt; sie läge aber vor, wollte man die Klausel so verstehen, dass der Kläger als ein auf dem linken Auge Erblindeter (als "Einäugiger") versichert wäre. Denn das hätte zur Folge, bei Bemessung der Berufsunfähigkeit die Sehfähigkeit insgesamt allein anhand der Sehkraft des rechten Auges zu bestimmen. Dabei müssten sich Schäden am rechten Auge ungleich stärker auf den Grad der Berufsunfähigkeit auswirken , zumal sogar ein - in Wahrheit nicht gegebener - vollständiger Verlust der Sehkraft des linken Auges in die Bemessung einflösse.
17
2. In der genannten Auslegung hält die Klausel einer Kontrolle anhand der §§ 305c, 306, 307 bis 309 BGB stand.
18
a) Sie ist kontrollfähig, weil sie nach Wortlaut und erkennbarem Zweck das vom Versicherer gegebene Hauptleistungsversprechen lediglich einschränkt, verändert, ausgestaltet oder sonst modifiziert (Senatsurteil vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 13 m.w.N.).
19
b) Die Zusatzklausel ist keine überraschende Klausel i.S. des § 305c Abs. 1 BGB, weil ihr kein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie weicht nicht deutlich in einer Art und Weise von den Erwartungen des Versicherungsnehmers ab, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09, VersR 2009, 1622 Rn. 13; vom 6. Dezember 1995 - IV ZR 363/94, VersR 1996, 322 unter 2 a; vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98, VersR 1999, 745 unter II 3 a; vom 19. Mai 2004 - IV ZR176/03, juris Rn. 25; vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 141/03, VersR 2005, 64 unter II 2 a; vom 18. Februar 2009 - IV ZR 11/07, VersR 2009, 623 Rn. 18). Vielmehr ist sie - individuell auf die Erkrankung des Klägers bezogen - im Zuge der Vertragsanbahnung als zusätzliche Bedingung in den Vertrag aufgenommen worden. Schon dadurch war das Augenmerk des Klägers in besonderer Weise auf diese Vereinbarung gelenkt, ohne die die Beklagte nicht zum Vertragsabschluss bereit war und mit der sie erkennbar bezweckte, die Erkrankung des linken Auges vom Versicherungsschutz auszunehmen. Die Herausnahme individueller gesundheitlicher Risiken aus dem Versicherungsschutz stellt in der Personenversicherung auch keinen ungewöhnlichen, sondern Versicherungsnehmern weithin geläufigen Vorgang dar.
20
c) Dass die Klausel auch der Kontrolle nach den §§ 306, 307 bis 309 BGB unterliegt, folgt aus § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Obwohl der Kläger hier das Risiko versichert hat, seine selbständige berufliche Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben zu können, ist er Verbraucher i.S. der § 310 Abs. 3 Satz 1, § 13 BGB. Eine solche Absicherung zählt als Maßnahme der Gesundheitsvorsorge zur privaten Sphäre und ist deshalb nicht der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit des Klägers i.S. des § 13 BGB zuzurechnen (Palandt/Ellenberger , BGB 70. Aufl. § 13 Rn. 3; Martinek in jurisPK, BGB 5. Aufl. [2010] § 13 Rn. 51).
21
aa) Die Zusatzklausel führt nicht zu einer Beweislastverschiebung zu Lasten des Versicherungsnehmers i.S. von § 309 Nr. 12 BGB. Sie belässt es vielmehr dabei, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall darlegen und beweisen muss (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1987 - IVa ZR 240/86, VersR 1988, 234 unter 2 c, in BGHZ 102, 194 ff. nicht abgedruckt; Senatsbeschluss vom 20. Januar 2010 - IV ZR 111/07, r+s 2010, 251 Rn. 3). Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich darauf , die Erkrankung am linken Auge für die Begründung der Berufsunfähigkeit oder die Feststellung ihres Grades auszuschließen. Damit geht indes keine Verpflichtung des Versicherungsnehmers einher, die Voraussetzungen des Risikoausschlusses dahin auszuräumen, dass ein bestimmter Grad der Berufsunfähigkeit nicht von der Erkrankung des linken Auges herrühre. Denn dieser steht nicht von vorn herein fest, son- dern ergibt sich erst aus der Gewichtung der vom Versicherungsnehmer darzulegenden und zu beweisenden Gesundheitsbeeinträchtigungen. Wird die Erkrankung am linken Auge davon ausgenommen, so muss die Berufsunfähigkeit anhand anderweitiger Gründe bemessen werden. Die Frage, ob und inwieweit sie auch auf der Erkrankung des linken Auges beruht, stellt sich danach nicht mehr.
22
bb) Gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt die Zusatzklausel nicht. Sie enthält eine klare Regelung, die dem Versicherungsnehmer den ihn treffenden Nachteil beim Nachweis der Berufsunfähigkeit ausreichend veranschaulicht (vgl. dazu Senatsurteile vom 11. Februar 2009 - IV ZR 28/08, VersR 2009, 533 Rn. 14; vom 30. April 2008 - IV ZR 241/04, VersR 2008, 816 Rn. 15 m.w.N.; vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16 ff.). Er erkennt , dass eine Erkrankung des linken Auges auch nicht ergänzend zur Erhöhung des Grades einer Berufsunfähigkeit herangezogen werden kann, er diesbezüglich nicht anders gestellt ist, als wäre sein linkes Auge gesund. Dass die Klausel den Nachweis erschwert, eine Störung des räumlichen Sehens (der Binokularfunktion) beruhe allein oder vorwiegend auf einer Beeinträchtigung des rechten Auges ist eine für den Versicherungsnehmer erkennbare Folge daraus.
23
cc) Die Frage, ob die Zusatzklausel wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise einschränkt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint. Eine Leistungsbegrenzung begründet für sich genommen noch keine Vertragszweckgefährdung, sondern bleibt grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen erweckt (Senatsurteil vom 11. Februar 2009 - IV ZR 28/08, VersR 2009, 533 Rn. 19 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Mit dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung bezweckt der Versicherungsnehmer Schutz vor einem dauerhaften krankheitsbedingten Verlust des aus seiner beruflichen Tätigkeit erzielten Einkommens. Dem wird die vom Kläger gehaltene Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung trotz der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel gerecht.
24
Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (Senatsurteil vom 11. Februar 2009 aaO Rn. 21 m.w.N.). In der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung scheidet eine solche Vertragszweckgefährdung aus, solange das primäre Leistungsversprechen nicht angetastet wird. Hier bleibt jedwede Berufsunfähigkeit des Klägers versichert, solange sie einen Grad von 33% oder mehr erreicht und nicht von der Erkrankung des Klägers am linken Auge beeinflusst ist. Der Beklagten wiederum kann ein - auch mit Blick auf die übrigen Versicherten - berechtigtes Interesse nicht abgesprochen werden, außergewöhnliche und insbesondere in vorvertraglichen Erkrankungen bereits angelegte Risiken vom Versicherungsschutz auszunehmen.
25
3. Dass sich allein aufgrund der Schädigung des rechten Auges des Klägers eine Berufsunfähigkeit von zumindest 33% nicht feststellen lässt, hat das Berufungsgericht mit sachverständiger Hilfe ohne Rechtsfehler dargelegt.
26
4. Gegen die Ablehnung von Schadensersatzansprüchen des Klägers hat die Revision im Übrigen nichts erinnert.
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 24.01.2008- 14 O 237/07 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 07.10.2009- 5 U 87/08-9 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.