Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Juni 2016 - 23 U 2594/15

bei uns veröffentlicht am02.06.2016

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des Landgerichts München I vom 24.06.2015, Az. 22 O 26577/12, in Ziffer 1 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger € 62.251,07 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 31.07.2013 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55% und die Beklagte 45%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der Kläger macht - im Wege der Stufenklage - von ihm gepfändete und zur Einziehung überwiesene Provisionsansprüche geltend.

Nach der als Anlage K 2 vorgelegten, auf den 21.02.2001 datierenden Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung vom 21.02.2001), die erst später von der A. 96 Kft., Herrn Hannes M. und der … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH unterzeichnet wurde, erhält Herr M. von der A. 96 Kft. Provisionen, wenn seine Vermittlung mitursächlich dafür ist, dass zwischen der A. 96 Kft. und Auftraggebern Verträge zustande kommen. Nach § 8 dieser Vereinbarung erfolgt die finanzielle Abwicklung dieses Vertrages über die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH. Herr M. vermittelte in der Folgezeit der A. 96 Kft. einen Werkvertrag mit der Firma W. GmbH, der am 30.07.2004 abgeschlossen wurde (nicht bezeichnete Anlage zu Bl. 240/248 d. A.). Zum 31.12.2009 endete die Tätigkeit der A. 96 Kft. für die W. GmbH und wurde von der Beklagten fortgeführt. Die Beklagte trat im Einvernehmen mit Herrn M. und der A. 96 Kft. in die Vereinbarung vom 21.02.2001 ein.

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 05.05.2011 (Anlage K 1), der am 10.05.2011 der „F. GmbH, …“ zugestellt wurde (Anlage K 15), pfändete der Kläger insbesondere Provisionsansprüche des Herrn M. gegen die F. GmbH.

Im Prozess wurde von der Beklagten als Anlage B 5 eine auf den 29.12.2011 datierende Vereinbarung zwischen Herrn M. und der Beklagten vorgelegt, deren Wirksamkeit streitig ist. Danach sind die Parteien übereingekommen, die zurzeit gültige Provisionsvereinbarung zum 31.12.2011 aufzuheben. Die Parteien erklärten, dass sie gegeneinander keinerlei Ansprüche, gleich viel aus welchem Rechtsgrund, aufgrund der aufgehobenen Provisionsvereinbarung haben.

Auf der ersten Stufe begehrte der Kläger Auskunft über die von der Beklagten gegenüber der W. GmbH im Zeitraum vom 20.09.2012 bis 31.12.2013 erbrachten Werkleistungen. Insoweit wurde der Rechtsstreit im Berufungsverfahren 23 U 2365/14 übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Parteien stellten danach u. a. unstreitig, dass die Beklagte mit der W. GmbH im 4. Quartal 2010 und im Jahr 2011 Nettoumsätze in Höhe von € 1.743.727,64 machte (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 15.01.2015, Bl. 160 der Zweitakte).

Der Kläger ist insbesondere der Ansicht, der Pfändung- und Überweisungsbeschluss sei wirksam. Die Provision sei aufgrund ständiger Geschäftspraxis zuzüglich Umsatzsteuer geschuldet. Die auf den 29.12.2011 datierende Aufhebungsvereinbarung sei nicht wirksam zustande gekommen.

Der Kläger hat auf der nächsten Stufe beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 123.806,49 nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage vom 09.07.2012 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist insbesondere der Meinung, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss richte sich nicht gegen sie. Die Beklagte beruft sich auf die Aufhebungsvereinbarung von 29.12.2011 und erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen wegen Abrechnungsfehlern (Seite 9 des Schriftsatzes vom 22.09.2014, Bl. 126 der Zweitakte).

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage nur in Höhe von € 52.311,83 stattgegeben. Dem Kläger stehe aufgrund der gepfändeten und überwiesenen Ansprüche aus der Provisionsvereinbarung des Herrn M. mit der Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin ein Anspruch auf Provisionszahlung nach Maßgabe der gegenüber der W. GmbH erbrachten Werkvertragsleistungen für den Zeitraum 4. Quartal 2010 und 2011 zu. Entgegen der Ansicht der Beklagten stehe der Wirksamkeit der Pfändung und Überweisung zur Einziehung nicht entgegen, dass die Drittschuldnerin in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und bei der Angabe der Zustelladressaten in den Zustellungsurkunden nicht in der Rechtsform der „Kft.“, sondern als GmbH bezeichnet sei. Die falsche Bezeichnung der Rechtsform führe im vorliegenden Fall nicht zu einer Unbestimmtheit, die die Nichtigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bewirke. Die Zahlung von Umsatzsteuer auf die Provisionszahlungen sei nicht geschuldet. Grundsätzlich sei die Umsatzsteuer in dem vereinbarten Preis enthalten. Eine stillschweigende Vereinbarung, dass die geschuldeten Provisionen zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen seien, könne aus dem tatsächlichen Verlauf nicht gefolgert werden. Bei den vorgelegten Rechnungen der A. 96 Kft. an die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH vom 16.11.2004 und 03.02.2005 sei vielmehr von einem Abrechnungsfehler auszugehen. Die Provisionsansprüche für den Zeitraum 4. Quartal 2010 und 2011 seien nicht durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen. Es fehle an konkretem Vorbringen der Beklagten, mit welchem konkreten Gegenanspruch gegenüber welchem mit der Klage geltend gemachten Anspruch aufgerechnet werde. Außerdem greife der Einwand der Klagepartei durch, dass eine Aufrechnung ihm gegenüber nicht in Betracht komme. Richtiger Anspruchsgegner hinsichtlich der Gegenansprüche der Beklagten bzw. der A. 96 Kft. wäre die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH bzw. Herr M. als Empfänger der Provisionszahlungen.

Aufgrund der wirksamen Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 sei die Provisionsvereinbarung zwischen der Beklagten und Herrn M. mit Wirkung zum 31.12.2011 aufgehoben wurden. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gehe hinsichtlich des Zeitraums 2012 und 2013 ins Leere. Denn bei der Pfändung künftiger Forderung entstünden Verstrickung und Pfandrecht erst mit Entstehung des gepfändeten Rechts. Bei den streitgegenständlichen Forderungen handele es sich nicht etwa um sogenannte „betagte“ Forderungen, bei denen eine Pfändung mit Verstrickungswirkung auch betreffend zukünftiger Zeiträume in Betracht gekommen wäre. Die von der Klagepartei begehrten Provisionen entstünden befristet und zwar unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass im jeweiligen Quartal von der Beklagten gegenüber der W. GmbH Werkvertragsleistungen erbracht werden. Die Aufhebungsvereinbarung sei entgegen der Auffassung der Klagepartei nicht nach § 138 BGB nichtig. Dass die Aufhebungsvereinbarung alleine dem Zweck diente, den Kläger zu schädigen, sei nicht zur Überzeugung des Gerichts erwiesen. Die Beklagte habe vorgebracht, Grund für die Aufhebungsvereinbarung seien Abrechnungsfehler gewesen. Soweit die Beklagtenpartei behaupte, Herr Müller habe aufgrund großer Schulden kein Interesse an dem Fortbestand der Provisionsvereinbarung gehabt, sei dies für das Gericht nicht nachvollziehbar. Herr M. hätte über die Provisionszahlungen jedenfalls einen Teil seiner Schulden tilgen können. Entgegen der Auffassung der Klagepartei sei der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung auch nicht zustimmungspflichtig gewesen. Die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH sei nicht Vertragspartei gewesen. Sonstige Unwirksamkeitsgründe seien nicht ersichtlich. Soweit der Kläger behaupte, die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 sei nicht von beiden Parteien wirksam unterzeichnet worden, handele es sich um eine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarung von dem Prokuristen der Beklagten, Herrn C. oder von Herrn J. unterzeichnet worden sei. Aus dem vom Kläger beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergebe sich die Geschäftsführerstellung des Herrn J.

Dagegen richten sich die Berufungen beider Parteien.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, und verfolgt seinen darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Klageantrag weiter, den er erweitert. Er rügt insbesondere, das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Vertrag zwischen Herrn M. und der Beklagten wirksam zum 31.12.2011 aufgehoben worden sei. Das Landgericht lege die Vereinbarung falsch aus, nach der die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH für ihre Bemühungen jeweils die Hälfte der Herrn M. geschuldeten Provisionen behalten dürfe und damit Vertragspartner sei, was auch durch die Unterschrift dokumentiert worden sei. Die Aufhebungsvereinbarung scheitere auch daran, dass die Beklagte am 29.12.2011 nicht Partei der Provisionsvereinbarung gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Kläger berechtigt gewesen, zu bestreiten, dass die getroffenen Aufhebungsvereinbarungen zu den genannten Daten von den Vertragsschließenden ordnungsgemäß geschlossen und unterzeichnet worden seien. Es sei auch nicht belanglos, wer die Aufhebungsvereinbarung für die Beklagte unterzeichnet habe, da die Vertretungsberechtigung bestritten worden sei. Schließlich sei die Aufhebungsvereinbarung entgegen der Auffassung des Landgerichts gemäß §§ 138, 826 BGB sittenwidrig. Soweit das Landgericht einen Grund darin gesehen habe, dass der Kläger als Geschäftsführer der auch für die Abrechnung der Provisionen verantwortlichen … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH massiv unrichtig zum Schaden der Beklagten abgerechnet habe, verkenne das Landgericht, dass die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH keine eigene Abrechnungsverpflichtung hatte. Eventuell der … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH gegenüber bestehende Schadensersatzansprüche der Beklagten seien keine Rechtfertigung für die Aufhebung des Vertrags mit Herrn M. In der Aufhebungsvereinbarung liege eine beeinträchtigende Verfügung über die Provisionsforderung, die dem relativen Verfügungsverbot gemäß § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO widerspreche.

Der Kläger beantragt,

das Schlussurteil des Landgerichts München vom 24.06.2015 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 84.785,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Schlussurteil des Landgerichts München I, Az. 22 O 26577/12 vom 24.06.2015 aufzuheben, soweit es die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 52.311,82 nebst Zinsen hieraus zu bezahlen und die Klage insoweit abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte rügt insbesondere, das Landgericht habe zu Unrecht die von ihr erklärte Aufrechnung mit Rückzahlungsansprüchen nicht berücksichtigt. Eine Aufrechnung gegenüber dem Kläger sei möglich. Das Landgericht habe nicht darauf hingewiesen, dass es den Vortrag der Beklagten zu den Zahlungsdaten als nicht ausreichend erachte. Hinsichtlich der Rückforderungsansprüche wird insbesondere auf die tabellarischen Zusammenstellungen auf Seite 14 (Bl. 270 d. A.) und Seite 10 der Berufungsbegründung (Bl. 266 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen M1. Insoweit wird auf das Protokoll vom 28.04.2016 (Bl. 378/383 d. A.) Bezug genommen. Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

II.

Die zulässige Berufung des Klägers führt zur teilweisen Abänderung des angegriffenen Schlussurteils. Die zulässige Berufung der Beklagen hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Der in der Berufungsbegründung angekündigte Antrag, das Schlussurteil aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von € 84.785,94 zu verurteilen, ist unter Berücksichtigung der Ausführungen auf Seite 8 (Bl. 247 d. A.) dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Zahlung von weiteren € 84.785,94 begehrt und damit seine Klage um € 13.291,28 erweitert. Bei der Ermittlung des prozessualen Begehrens ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Berufungsbegründung zur Auslegung des Klagebegehrens heranziehen. Dabei ist das Vorbringen einer Partei so auszulegen, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrem Interesse entspricht (BGH, Urteil vom 20.07.2005 XII ZR 155/04, juris Tz. 6). Ist der Berufungsbegründung - wie hier - eindeutig zu entnehmen, dass der Berufungsführer seinen prozessualen Anspruch jedenfalls zu einem bestimmten Teil weiterverfolgen will, bleibt die Berufung im Übrigen in diesem Umfang nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 01.07.1975, VI ZR 251/74, juris Tz. 17; BGH, Beschluss vom 01.04.2015, XII ZB 503/14, juris Tz. 18) zulässig, auch wenn wegen weitergehender Ansprüche die Berufungsanträge unklar sind.

Gegen die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten bestehen keine Bedenken.

2. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich aus Art. 7 Nr. 1 lit b) EUGVVO, jedenfalls aufgrund rügeloser Einlassung der Beklagten (Art. 26 EuGVVO).

3. Die Klage ist in Höhe von insgesamt € 62.251,07 begründet.

3.1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Beklagte im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinreichend bestimmt bezeichnet wurde. Dies hat die Beklagte mit ihrer Berufung nicht angegriffen.

Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 02.05.2016 (Seite 1 f., Bl. 386 f. d. A.) weiterhin die Auffassung vertritt, sie sei nicht als Drittschuldnerin bezeichnet, wird auf den Beschluss des Senats vom 06.11.2014, 23 U 2365/14 (Bl. 194/196 d. A.) Bezug genommen. Der Pfändungsbeschluss muss die zu pfändende Forderung so bestimmt bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung des Beschlusses - nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für andere Personen, insbesondere für weitere Gläubiger, die möglicherweise pfänden wollen - unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Hierbei muss der Drittschuldner so bezeichnet sein, dass über seine Identität auch für Dritte keine Zweifel bestehen (BGH, Urteil vom 09.07.1987, IX ZR 165/86). Dies ist hier der Fall, obwohl die Beklagte im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 05.05.2011 (Anlage K 1) als „F. GmbH“ bezeichnet wurde. Es bestünden auch für Dritte keine Zweifel an der Identität der Drittschuldnerin, wenn sie im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss lediglich als „F.“ bezeichnet worden wäre. Dies entspricht der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 06.05.2009, 10 AZR 834/08), nach der die fehlende Angabe der Rechtsform nicht ohne weiteres dazu führt, dass die Drittschuldnerbezeichnung unzureichend ist. In dem vom BAG entschiedenen Fall (Urteil vom 06.05.2009, 10 AZR 834/08, juris Tz. 12 f.) bestand aufgrund der Geschäftsbezeichnung „Bäckerei R“ und der angegebenen Adresse kein Zweifel über die Identität der Drittschuldnerin, da an dem angegebenen Ort nur eine Gesellschaft die Bezeichnung „Bäckerei R“ in ihrem Firmennamen trug. Auch im vorliegenden Fall gab es außer der Beklagten keine andere Gesellschaft, die die Bezeichnung „F.“ in ihrer Firma hatte und die in München ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung hatte. Allein der Zusatz „GmbH“ führt nicht zu Zweifeln über die Identität der Drittschuldnerin, zumal es sich bei der Beklagten um eine Kft. handelt, die der deutschen GmbH entspricht (Krafka in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl., § 13 e Rn. 5).

3.2. Aus § 6 des Vertrages vom 21.02.2001 ergibt sich ein Provisionsanspruch des Zeugen M. für das 4. Quartal 2010 und für das Jahr 2011. In § 9 dieses Vertrages ist die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart (Art. 27 EGBGB a. F.).

3.2.1. Die Beklagte ist nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils unstreitig in die Vereinbarung vom 21.02.2001 eingetreten. Im Einverständnis aller Beteiligten können im Wege der Vertragsübernahme die gesamten Rechte und Pflichten aus einem Schuldverhältnis übertragen werden (BGH, Urteil vom 26.02.2015, IX ZR 174/13 Tz. 19 m. w. N.). Unerheblich ist deshalb, dass der Kläger in der Berufungsbegründung (Seite 3, Bl. 242 d. A.) die Ansicht vertritt, die Beklagte sei nicht Vertragspartei.

Diese Vereinbarung wurde nicht zum 31.12.2009 aufgehoben. Die Beklagte hat vor dem Landgericht in der Sitzung vom 02.04.2014 (Bl. 83 d. A.) klargestellt, dass eine Aufhebungsvereinbarung erst mit der Anlage B 5 geschlossen wurde. Eine vorherige mögliche Aufhebungsvereinbarung mit dem Zeugen M. habe es nicht gegeben.

Zutreffend geht das Erstgericht (Seite 12 des angegriffenen Urteils) davon aus, dass die in der Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (s.u. Ziffer 3.4) enthaltene Abgeltungsklausel hinsichtlich der bis zum 31.12.2010 entstanden Provisionsansprüche wegen der Pfändung im Verhältnis zur Klagepartei relativ unwirksam ist .

3.2.2. Für das 4. Quartal 2010 und für das Jahr 2011 beträgt die Provision unstreitig € 52.311,82. Die Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit er für diesen Betrag 19% Umsatzsteuer in Höhe von € 9.939, 25 verlangt (Seite 8 der Berufungsbegründung, Bl. 247 d. A.).

Zu Recht geht das Erstgericht davon aus, dass ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die hierauf zu entrichtende Umsatzsteuer mit einschließt, falls nicht etwas anderes vereinbart wurde oder sich ein abweichender Handelsbrauch entwickelt hat (BGH Urteil vom 14.01.2000, V ZR 416/97, juris Tz. 6, m. w. N.). In der Vereinbarung vom 21.02.2001 ist zwar nicht explizit geregelt, dass die Provision zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen ist, die Vertragsparteien sind jedoch übereinstimmend davon ausgegangen, dass Provisionen in Höhe eines in § 6 Abs. 1 bestimmten Prozentsatzes aus dem Nettoauftragsvolumen zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen sind. Denn die A. 96 Kft. hat unstreitig ihrerseits die Provisionen zuzüglich Umsatzsteuer abgerechnet. Dass es sich bei den vom Kläger vorgelegten Rechnungen vom 16.11.2004 und 03.02.2005 um Einzelfälle oder ein Versehen gehandelt hätte, hat die Beklagte nicht behauptet. Sie hat nur eingewandt, die Schreiben seien nur an die Abrechnungsverantwortliche, die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH gegangen, so dass mit dem Zeugen M. keine konkludente Einigung habe getroffen werden können (Seite 13 f. des Schriftsatzes vom, Bl. 184 f. der Zweitakte). Dabei übersieht sie jedoch, dass die finanzielle Abwicklung zwar nach § 8 über die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH erfolgte, die A. 96 Kft. jedoch nach § 6 Abs. 2 zur Abrechnung „gegenüber M.“ verpflichtet war. Ohne Erfolg wendet die Beklagte schließlich ein, der von ihr vorgenommene Aufschlag der Umsatzsteuer ändere nichts am Vertragsinhalt (Seite 5 des Schriftsatzes vom 18.12.2015, Bl. 325 d. A.). Das nachträgliche Verhalten der Parteien im Prozess kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, hat aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten (BGH, Urteil vom 06.07.2005, VIII ZR 136/04, juris Tz. 29 m. w. N.).

3.3. Der Provisionsanspruch ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Berufung der Beklagten hat somit keinen Erfolg.

3.3.1. Die Beklagte hat auf den Hinweis in der Ladung vom 19.11.2015 (Bl. 298 d. A.) im Schriftsatz vom 14.12.2015 die Reihenfolge der Forderungen festgelegt, gegen die sie und mit denen sie aufrechnet. Gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung bestehen keine Bedenken mehr.

3.3.2. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht, könnte die Beklagte mit Rückzahlungsansprüchen gegen Herrn M. wegen bis zum Jahr 2010 erfolgten Überzahlungen aufrechnen. Denn durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hat der Kläger die Stellung eines Pfandgläubigers im Sinne des § 1275 BGB erlangt. Nach dieser Vorschrift finden auf das Rechtsverhältnis zwischen Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die für die Übertragung des Rechtes maßgebenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechtes, also die §§ 398 ff. BGB Anwendung. Nach § 406 BGB kann ein Schuldner mit Forderungen, die ihm gegen den bisherigen Gläubiger bereits vor der Abtretung zugestanden haben, auch gegenüber dem neuen Gläubiger aufrechnen (BGH, 09.10.2000, II ZR 75/99, juris Tz. 12 m. w. N.).

3.3.3. Der Beklagten stehen jedoch keine Gegenansprüche mehr zu, mit denen sie aufrechnen könnte. Sie hat in der mit dem Zeuge M. getroffenen Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) auf alle Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, verzichtet.

Rückzahlungsansprüche wegen zu viel gezahlter Provisionen, die nach Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a. F. bzw. Art. 12 Abs. 1 lit. e) Rom-I-VO (Thorn in Palandt, BGB, 75. Aufl., Art. 10 Rom-II-VO Rn. 4) deutschem Recht unterliegen, standen der Beklagten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ohnehin nur hinsichtlich der ab 01.01.2010 geleisteten Überzahlungen „netto“ zu, die die Beklagte in Höhe von € 41.676,47 geltend macht (vgl. Seite 14 der Berufungsbegründung der Beklagten, Bl. 270 d. A.).

3.3.3.1. Die Aufhebungsvereinbarung unterliegt - wie der Hauptvertrag, in den die Beklagte zum 01.01.2010 eingetreten ist, - nach Art. 12 Abs. 1 lit. d) Rom-I-VO deutschem Recht.

3.3.3.2. Der Senat ist nach der Vernehmung des Zeugen M1. davon überzeugt, dass die Vereinbarung von ihm und - für die Beklagte - von Herrn J. unterzeichnet wurde. Die Beklagte geht selbst davon aus, dass die Vereinbarung wirksam zustande kam. Hinsichtlich der Einwände des Klägers gegen die Wirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung wird auf die Ausführung unter Ziffer 3.4 Bezug genommen.

3.3.3.3. Nicht gefolgt werden kann der Argumentation der Beklagten, die Vereinbarung sei dahingehend auszulegen, dass die Beklagte ihre Ansprüche wegen Überzahlung trotz der Pfändung im Wege der Aufrechnung geltend machen kann (Seite 4 des Schriftsatzes vom 21.03.2016, Bl. 359 d. A.) bzw. dass mit der Vereinbarung die Aufrechnung erfolgt sei (Seite 5 des Schriftsatzes vom 02.05.2016, Bl. 390 d. A.).

Die Parteien kamen am 29.12.2011 überein, die zur Zeit gültige Provisionsvereinbarung zum 31.12 2011 aufzuheben und erklärten, gegeneinander keinerlei Ansprüche, gleich viel aus welchem Rechtsgrund, aufgrund der aufgehobenen Provisionsvereinbarung zu haben. Dass etwaige Ansprüche der Beklagten wegen der ab Ende des Jahres 2010 im Raume stehenden Überzahlungen seitens der A. 96 Kft. bzw. der Beklagten, davon ausgenommen sein sollten, lässt sich der Vereinbarung nicht entnehmen. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger und Herr J. Anfang 2011 unstreitig darüber sprachen, dass der zu viel gezahlte Betrag mit künftigen Provisionsforderungen verrechnet werden sollte, was sich auch aus der an den Zeugen M. gerichteten handschriftlichen Notiz des Klägers auf Anlage B 3 und dem Schreiben des Klägers vom 04.07.2011 (Anlage B 4) ergibt. Unklar bleibt insoweit, auf welche geplante Vereinbarung sich der handschriftliche Zusatz des Klägers auf der Anlage B 4 beziehen soll, da die Beteiligten zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgingen, mit der Beklagte solle eine Vereinbarung, ähnlich wie der mit der A. 96 Kft. geschlossene Vertrag getroffen werden. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - alle Beteiligten bis zum Abschluss der Vereinbarung vom 29.12.2011 davon ausgegangen sind, dass die Beklagte aufrechnen kann, ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte dies vorbehalten wollte bzw. ihre etwaigen Gegenforderungen nicht von der Abgeltungsklausel umfasst sein sollten. Aus der glaubhaften Aussage des Zeugen M. vor dem Senat ergibt sich vielmehr, dass es ihm wichtig war, von Ansprüchen der Beklagten wegen Überzahlungen in der Vergangenheit befreit zu werden. Der Senat erachtet den Zeugen M1. als glaubwürdig. Nicht gefolgt kann der Ansicht der Beklagten, die vom Senat vorgenommene Auslegung (vgl. Hinweis des Senats in der Sitzung vom 25.02.2016, Bl. 336 d. A.) sei widersinnig, da die Beklagte an den Kläger zahlen müsse und dann den Zeugen M. in Regress nehmen müsste (Seite 5 des Schriftsatzes vom 02.05.2016, Bl. 390 d. A.). Die Beklagte verkennt, dass sich die streitgegenständliche Forderung gegen sie richtet und sie aufgrund der Pfändung und Überweisung, nicht an den Zeugen M. sondern an den Kläger zu leisten hat. Sie zahlt also nicht auf einen „fremden Titel“ und hat deshalb auch keinen Bereicherungsanspruch gegen den Zeugen M.

3.3.4. Für die bis zum 31.12.2009 seitens der A. 96 Kft. geleisteten Überzahlungen hat die Beklagte im Übrigen nicht dargetan, Inhaberin der Bereicherungsansprüche zu sein.

Mit der Vertragsübernahme werden vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung die gesamten Rechte und Pflichten aus einem Schuldverhältnis übertragen (BGH, Urteil vom 26.02.2015, IX ZR 174/13 Tz. 19 m. w. N.). Die Beklagte ist somit aufgrund Vertragsübernahme zwar in die Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung vom 21.02.2001 eingetreten, soweit diese Rechte und Pflichten noch offenstanden (vgl. BGH, Urteil vom 15.08.2002, IX ZR 217/99 juris Tz. 31 m. w. N.). Bei den Bereicherungsansprüchen, mit denen die Beklagte aufrechnet, handelt es sich jedoch nicht um vertragliche Ansprüche. Dass ihr Bereicherungsansprüche der Aventa 96 Kft. im Rahmen der Vertragsübernahme oder später abgetreten wurden, hat die Beklagte nicht behauptet.

Ansprüche wegen zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer stehen ihr aus den unter Ziffer 3.2.2 genannten Gründen ohnehin nicht zu.

3.4. Provisionsansprüche für den Zeitraum ab 01.01.2012 bestehen wegen der Aufhebungsvereinbarung zum 31.12.2011 nicht. Soweit der Kläger für die Jahre 2012 und 2013 Provisionen in Höhe von € 62.898,06 zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von € 11.950,63 verlangt (Seite 8 der Berufungsbegründung, Bl. 247 d. A.), hat seine Berufung somit keinen Erfolg.

3.4.1. Der Zeuge M. hat vor dem Senat glaubhaft bekundet, die als Anlage B 5 vorgelegte Vereinbarung am 29.12.2011 unterschrieben zu haben. Er legte im Termin vom 28.04.2016 u. a. das Original der Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 vor und bekundete, er habe die Vereinbarung unterschrieben; es wisse nicht mehr genau wann, aber es werde schon der 29.12.2011 gewesen sein. Die andere Unterschrift stamme von Herrn J.

3.4.2. Für die Beklagte wurde die Vereinbarung unstreitig von Herrn J. unterschrieben, der nach dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 21.03.2016 keine organschaftliche Vertretungsmacht hatte. Die organschaftliche Vertretungsmacht richtet sich nach dem Recht des Sitzes der Gesellschaft. Eine ungarische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Kft.) wird durch ihren Geschäftsführer vertreten (Hausmann in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 7.290). Ob die Geschäftsführerin der Beklagten Herrn J. eine uneingeschränkte Handlungsvollmacht erteilt hatte, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 21.03.2016 behauptet (Seite 1, Bl. 356 d. A.), kann dahinstehen, da die organschaftliche Vertreterin der Beklagten das Rechtsgeschäft jedenfalls gemäß § 177 Abs. 1 BGB dadurch genehmigt hat, dass die Anlage B 5 von der Beklagten in den Prozess eingeführt wurde. Das deutsche Recht als Vertragsstatut entscheidet auch darüber, ob die ohne Vertretungsmacht für die Beklagte abgegebenen Erklärung genehmigungsfähig war und welche Anforderungen an eine Genehmigung zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 08.10.1991, XI ZR 64/90, juris Tz. 15 m. w. N.). Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht (Seite 4 des Schriftsatzes vom 30.11.2015, Bl. 304 d. A.) scheitert eine konkludente Genehmigung schon mangels einer Aufforderung zur Erklärung über die Genehmigung nicht an § 177 Abs. 2 BGB. Aus den unten (Ziffer 3.4.6) dargestellten Gründen steht entgegen der Ansicht des Klägers (Seite 3 des Schriftsatzes vom 09.03.2016, Bl. 348 d. A.) auch die Pfändung der Provisionsansprüche der Genehmigung des Aufhebungsvertrages nicht entgegen.

3.4.3. Zum Inhalt der Vereinbarung bekundete der Zeuge M. glaubhaft, er habe Schluss machen wollen mit der Zusammenarbeit mit der Firma A., bzw. F. Es habe Unstimmigkeiten mit Herrn R. gegeben. Es sei im Raum gestanden, dass die Beklagte ca. € 60.000,00 zu viel bezahlt habe. Da bekomme man einen Schock, wenn auf einmal € 60.000,00 Schulden im Raum stünden. Herr R. habe vorgeschlagen, man könne mit den Herren von der Beklagten doch reden. Er habe dann aber keine Lust mehr gehabt, er habe ohnehin aus dem Geschäft kein Geld erhalten.

Unter Berücksichtigung dieser Aussage ist die Aufhebungsvereinbarung zum einen dahingehend auszulegen, dass dem Zeugen M. ab 01.01.2012 keine Provisionen mehr zustehen. Zum anderen verzichtete die Beklagte auf etwaige Ansprüche gegenüber dem Zeugen M.. (s.o. Ziffer 3.3.3.3). Der Kläger wendet im Schriftsatz vom 09.03.2016 (Seite 4, Bl. 349 d. A.) zu Recht ein, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung, habe es zwischen Herrn M. und der Beklagten keine schriftliche Provisionsvereinbarung gegeben. Nicht gefolgt werden kann aber seiner Schlussfolgerung, die Beendigung des Vertrages habe nach § 7 der Vereinbarung vom 21.02.2001 keine Auswirkung auf die Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Provision. Gingen Herr M. und die Beklagte Ende 2011 davon aus, dass zwischen ihnen eine Provisionsvereinbarung mit dem Inhalt der Anlage K 2 bestand, ist die Aufhebungsvereinbarung dahingehend zu verstehen, dass die Provisionsvereinbarung in §§ 1 bis 7 und § 9 der Anlage K 2 insgesamt aufgehoben wird, also insbesondere auch die in § 7 Satz 4 enthaltene Regelung, dass auch nach der Beendigung des Vertrages weiter Provisionen zu zahlen sind. Irgendwelche Einschränkungen dahingehend, dass einzelne Klauseln wie § 7 Satz 4 weiter gelten sollen, sind der Anlage B 5 nicht zu entnehmen.

3.4.4. Eine Zustimmung der … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH zu der Aufhebung der Provisionsvereinbarung (§§ 1 bis 7 und § 9 der Anlage K 2) war nicht erforderlich. Die Vereinbarung in Anlage K 2 ist so auszulegen, dass Vertragspartner dieser Regelungen nur der Zeuge M. und die Beklagte waren. Der Senat verkennt nicht, dass auch der Kläger als Vertreter der … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH die Anlage K 2 auf der letzten Seite mitunterschrieben hat. Diese Unterschrift bezieht sich aber nur auf die dreiseitige Treuhandvereinbarung in § 8 der Anlage K 2, die der Zeuge M. und die Beklagte ohne Zustimmung der … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH nicht aufheben konnten und zur Erreichung ihres Ziels (Ende der Provisionszahlungen) auch nicht aufheben mussten, denn nach § 8 Nr. 3 von Anlage K 2 soll die … D. Treuhand und Vermögensverwaltung GmbH eine Provision „für ihre Bemühungen“ erhalten, die sie im Rahmen der finanziellen Abwicklung entfaltet.

3.4.5. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, die Aufhebungsvereinbarung sei sittenwidrig (§ 138 BGB).

Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB und damit nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteil vom 12.04.2016, XI ZR 305/14, juris Tz. 37 m. w. N.).

Rechtsgeschäfte, die ein Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, verstoßen zwar in der Regel gegen die guten Sitten. Jedoch gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB vor, es sei denn, das Rechtsgeschäft weist besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände auf (BGH, Urteil vom 12.04.2016, XI ZR 305/14, juris Tz. 43; BGH Urteil vom 23.04.2002, XI ZR 136/01, juris Tz. 33). Dazu gehören insbesondere Täuschungsabsicht oder Schädigungsvorsatz (BGH, Urteil vom 19.03.1998, IX ZR 22/97, juris Tz. 36).

Solche Umstände hat der Kläger nicht dargetan. In erster Instanz argumentierte der Kläger, es sei unklar, warum der Zeuge M. auf künftige Provisionen verzichten sollte und es bestehe die dringliche Vermutung, dass ein „Schein- und Schwindelgeschäft“ vorliege oder dass die Beklagte mit dem Zeugen M. kollusiv zusammengewirkt habe, um den Kläger zu schädigen (Seite 4 des Schriftsatzes vom 05.08.2014, Bl. 126 d. A.). Allein aus dem Verzicht auf künftige Provisionszahlungen lässt sich jedoch nicht auf Schädigungsvorsatz des Zeugen M. schließen. Anlass der Aufhebungsvereinbarung waren - wie der Zeuge M. vor dem Senat glaubhaft bestätigt hat - Abrechnungsfehler in der Vergangenheit. Der Senat ist nach der Einvernahme des Zeugen M. davon überzeugt, dass es ihm wichtig war, von seinen „Schulden“ in Höhe von ca. € 60.000,00 wegen der Überzahlungen in der Vergangenheit befreit zu werden. Dies schließt Schädigungsvorsatz aus. Entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht, setzt dies nicht voraus, dass der Forderungsverzicht der Beklagten im Verhältnis zur Vertragsbeendigung ausgewogen ist (Seite 1 des Schriftsatzes vom 03.03.2016, Bl. 339 d. A.). Nicht gefolgt werden kann im Übrigen der Ansicht des Klägers, es sei nur um Überzahlungen in Höhe von € 21.682,06 gegangen, denen - bei gleichbleibendem Umsatz - Provisionsforderungen bis zum 1. Quartal 2016 in Höhe von € 715.507,84 gegenüber standen. Unverständlich ist dem Senat schließlich der Einwand, aufgrund einer Vereinbarung mit der A. 96 Kft. habe keine Schuld mehr bestanden (Seite 1 des Schriftsatzes vom 02.05.2016, Bl. 384 d. A.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2016, XI ZR 305/14, juris Tz. 45). Zu diesem Zeitpunkt standen einerseits Überzahlungen in Höhe von € 56.986,27 (vgl. Anlagen B 1 und B 4) im Raum und andererseits bereits entstandene Provisionsansprüche für den Zeitraum 4. Quartal 2010 und 2011 sowie die Erwartung künftiger Provisionsansprüche, deren Höhe aber ungewiss war und die zudem davon abhingen, dass die Beklagte weiterhin für die W.GmbH tätig war. Soweit der Kläger weiter vorträgt, dem Zeugen M. sei eine Vereinbarung vorgelegt worden, deren Inhalt und Auswirkungen er nicht verstanden habe (Seite 4 des Schriftsatzes vom 09.03.2016, Bl. 349 d. A.), spricht auch dies gegen einen Schädigungsvorsatz des Zeugen M.

3.4.6. Die Aufhebungsvereinbarung ist bezüglich des Abrechnungszeitraums vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 nicht aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 05.05.2011 relativ unwirksam. Auf die Ausführungen des Erstgerichts (Seiten 15 ff. des angegriffenen Urteils) wird Bezug genommen.

Soweit sich die Pfändung auf eine künftige Forderung bezieht, wird ein Pfandrecht erst mit deren Entstehung begründet (BGH Urteil vom 22.01.2004, IX ZR 39/03, juris Tz. 12). Zu Recht sieht das Landgericht die streitgegenständlichen Forderungen nicht als betagte Forderungen an, die bereits mit Vertragsschluss entstehen (BGH Urteil vom 28.03.1990, VIII ZR 17/89, juris Tz. 42). Ohne Erfolg wendet der Kläger dagegen ein, die Provision sei nach §§ 2 und 6 der Vereinbarung vom 21.02.2001 bei Abschluss des Werkvertrages mit der W. GmbH geschuldet und befristet (Seite 7 der Berufungsbegründung, Bl. 246 d. A.). Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, bei Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei nicht klar gewesen, ob in den Jahren 2012 und 213 von der Beklagten überhaupt Werkvertragsleistungen für die W. GmbH erbracht würden und wie hoch ggf. die daraus erzielten Nettoumsätze sind. Dies steht jedoch der Annahme einer betagten Forderung entgegen. Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall, in dem die Mietraten wegen der Kündigungsmöglichkeit nicht in jeder Weise durch den Mietvertrag rechtlich von vornherein festgelegt waren, die Annahme einer betagten Forderung verneint (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2013, IX ZR 62/12, juris Tz. 35).

Die Vorschrift des § 832 ZPO macht zwar eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Pfändung künftige Ansprüche nur erfasst, wenn dies ausdrücklich angeordnet wird (BGH, Urteil vom 26.06.2008 IX ZR 87/07, juris Tz. 16), das Pfandrecht entsteht freilich erst mit Entstehung des Anspruchs (Becker in Musielak, ZPO, 13. Aufl., § 832 Rn. 1).

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 708 Nr. 10, § 711 und § 543 Abs. 2 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Juni 2016 - 23 U 2594/15

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Juni 2016 - 23 U 2594/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Juni 2016 - 23 U 2594/15 zitiert 17 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 177 Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht


(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. (2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Gene

Zivilprozessordnung - ZPO | § 829 Pfändung einer Geldforderung


(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 406 Aufrechnung gegenüber dem neuen Gläubiger


Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Er

Zivilprozessordnung - ZPO | § 832 Pfändungsumfang bei fortlaufenden Bezügen


Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1275 Pfandrecht an Recht auf Leistung


Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die Vorschriften, welche im Falle der Übertragung des Rechts für das Re

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Juni 2016 - 23 U 2594/15 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Juni 2016 - 23 U 2594/15 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2013 - IX ZR 62/12

bei uns veröffentlicht am 25.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 62/12 Verkündet am: 25. April 2013 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 91 Abs. 1, § 1

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2005 - XII ZR 155/04

bei uns veröffentlicht am 20.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 155/04 Verkündet am: 20. Juli 2005 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Apr. 2002 - XI ZR 136/01

bei uns veröffentlicht am 23.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 136/01 Verkündet am: 23. April 2002 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2016 - XI ZR 305/14

bei uns veröffentlicht am 12.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 305/14 Verkündet am: 12. April 2016 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Jan. 2000 - V ZR 416/97

bei uns veröffentlicht am 14.01.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 416/97 Verkündet am: 14. Januar 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2000 - II ZR 75/99

bei uns veröffentlicht am 09.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 75/99 Verkündet am: 9. Oktober 2000 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Landgericht München I Schlussurteil, 24. Juni 2015 - 22 O 26577/12

bei uns veröffentlicht am 24.06.2015

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ... € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.7.2013 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Von den Kosten d

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Apr. 2015 - XII ZB 503/14

bei uns veröffentlicht am 01.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB503/14 vom 1. April 2015 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 117 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 In Ehe- und Familienstreitsachen darf ein Recht

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2015 - IX ZR 174/13

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 174/13 Verkündet am: 26. Februar 2015 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 35 Abs. 1, §

Referenzen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ... € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.7.2013 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 58 % und die Beklagte 42 % zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für die Zeit bis 17.10.2012 auf ... €, für die Zeit ab 18.10.2012 auf ... €, für die Zeit ab 31.7.2013 auf ... €, für die Zeit ab 17.6.2014 auf ... € und für die Zeit ab 19.1.2015 auf ... € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrte im Wege der Stufenklage von der Beklagten in erster Stufe Auskunft über von der Beklagten gegenüber der Firma ... erbrachte Werksleistungen im Zeitraum 20.9.2010 bis 31.12.2013 und begehrt in zweiter Stufe Zahlung von anhand der begehrten Auskunft berechneten Provisionsansprüchen.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach ungarischem Recht (Kft.). Mit Vertrag datierend vom 21.2.2001 (Anlage K 2) vereinbarten der Schuldner des Klägers, ... (im Folgenden: Herr ... oder Schuldner) und die ... (im Folgenden: ...), dass Herr ... der ... Termine bei Firmen vermittelt und hierfür eine Provision erhält, sofern die Terminsvermittlung mitursächlich für den Abschluss von Verträgen mit den Firmen war (vgl. § 2 Abs. 1 des Vertrags vom 21.2.2001 - Anlage K 2). Gemäß § 6 des Vertrags sollte Herr... von der ..., abhängig von der Höhe des Nettoauftragsvolumens, Provisionen zwischen 3 und 5 % des Nettoauftragsvolumens erhalten.

In § 6 Abs. 1 des Vertrags heißt es insoweit:

„Bei einem Auftragsvolumen von

a) bis zu 1 Mio.

beträgt die Provision

5 %

b) ab 1 Mio. bis 2 Mio.

beträgt die Provision

4 %

c) ab 2 Mio.

beträgt die Provision

3 %.“

In § 6 Abs. 2 des Vertrags (Anlage K 2) findet sich folgende Regelung:

„Über die Höhe der Provision hat der Auftragnehmer gegenüber ... jeweils bis zum Ende eines Quartals unter Vorlage entsprechender Zahlungsnachweise abzurechnen.“

§ 6 Abs. 4 des Vertrages (Anlage K 2) lautet auszugsweise wie folgt:

„Endet der mit dem Auftraggeber abgeschlossene Vertrag, gleich aus welchem Rechtsgrund, endet auch die Verpflichtung des Auftragnehmers, an ... die vereinbarte Provision zu bezahlen. (...)“

Ausweislich § 8 des Vertrags sollte die finanzielle Abwicklung des Vertrags über die... (im Folgenden: ...), deren Geschäftsführer der Kläger war, erfolgen. Zugleich beauftragten und bevollmächtigten Herr ... und die ... die ..., auf die Einhaltung des Vertrags zu achten und die vertraglich geschuldeten Abrechnungen und Zahlungen entgegenzunehmen (vgl. § 8 Abs. 2 des Vertrags vom 21.2.2001 - Anlage K 2). Die ... sollte hierfür von Herrn ... eine Provision in Höhe von 1,5 bis 2,5 % des Auftragsvolumens erhalten (vgl. § 8 Abs. 3 des Vertrags vom 21.2.2001 - Anlage K 2).“

In der Folgezeit vermittelte Herr ... der ... einen Werkvertrag mit der Firma ... in ..., der im Jahr 2004 zwischen der ... und der Firma ... abgeschlossen wurde. Ab dem 4. Quartal 2004 wurden die erzielten Umsätze von der ... vierteljährlich abgerechnet und die berechneten Provisionen nach Rechnungslegung durch die ... an diese ausgezahlt. Zum 31.12.2009 endete die Tätigkeit der Firma ... für die Firma ... und wurde ab dem 1.1.2010 von der Beklagten fortgeführt. Zugleich trat die Beklagte im Einvernehmen mit Herrn ... und der ... in die Vereinbarung vom 21.1.2001 (Anlage K 2) ein.

Mit Rechnung vom 7.4.2010 teilte die Beklagte der ... erstmalig ihre für die Firma ... erbrachten Leistungen mit (Anlage K 5) und die ... erstellte eine entsprechende Provisionsrechnung (Anlage K 6). Weiter teilte die Beklagte mit Abrechnung vom 8.7.2010 und 11.10.2010 der ... die mit der Firma ... erzielten Umsätze mit (Anlagen K 7 und K 9). Die ... berechnete hieraus jeweils die fälligen Provisionen auf Basis von 5 % des Nettoauftragsvolumens, die von der Beklagten in der Folge an die ... gezahlt wurden.

Mit Schreiben vom 9.2.2011 teilte die Firma ... mit, dass eine Provisionsüberzahlung erfolgt sei und es die Beklagte und die ... ablehnten, weitere Zahlungen aufgrund der Vereinbarung zu leisten (Anlage K 11). Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass die ... die Provisionen einheitlich auf Basis von 5 % der Nettoumsätze der Beklagten abrechnete und eine Überzahlung erfolgt ist (vgl. Protokoll der Hauptverhandlung vom 22.5.2013); streitig ist allein die Höhe der Überzahlung.

Auf Grund der vollstreckbaren Ausfertigung des notariellen Schuldscheins des Notars ... vom 20.1.2005 über ... € pfändete der Kläger mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts ... vom 5.5.2011 (Anlage K 1) die Provisions- und Auskunftsansprüche des Herrn ... aufgrund der von ihm vermittelten Kontakte gegen die ... die ... und die .... Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss heißt es:

„Wegen dieser Ansprüche und Kosten für diesen Beschluss und der Zustellkosten (vgl. Kostenrechnung I, II und III) werden - die umseitig aufgeführten - angeblichen Forderungen des Schuldners gegen nachstehenden Drittschuldner gepfändet.

  • 1.... - Drittschuldner

  • 2....

  • 3.....

aus Anspruch wegen siehe Anlage

einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge aus dem gleichen Rechtsgrunde gepfändet. Der Drittschuldner darf nicht mehr an den Schuldner zahlen. Der Schuldner hat sich jeder Verfügung über den Anspruch zum Nachteil des Gläubigers, insbesondere durch seine Einziehung, zu enthalten. Zugleich wird der gepfändete Anspruch dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. (...)“

In der Anlage zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Anlage K 1) heißt es:

„Gepfändet werden folgende Ansprüche gegenüber den Drittschuldnern zu 1) und 2)

Provisionsansprüche aus von dem Schuldner vermittelten Kontakten zu Firmen der Bauwirtschaft, der Metallverarbeitung, des Fleischerhandwerks u.a. einschließlich der Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der seit Vermittlung der entsprechenden Firmen von diesen an die Drittschuldner gezahlten Vergütungen. Hinsichtlich der Drittschuldnerin zu 3) wird der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des ihm im Rahmen der finanziellen Abwicklung der mit den Drittschuldnern zu 1) und 2) zustehenden Zahlungen gepfändet.“

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten am 10.5.2011 zugestellt (Anlage K 15). Mit Schreiben vom 20.6.2011 (Anlage B 2) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie keine weiteren Provisionszahlungen mehr leisten werde, bis die Überzahlung ausgeglichen sei und dass keine Zahlungspflichten der Beklagten gegenüber dem Zeugen ... bestünden.

Am 29.12.2011 schlossen Herr ... und die Beklagte eine Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5) mit folgendem Inhalt:

„Die Parteien sind hiermit übereingekommen, die zur Zeit gültige Provisionsvereinbarung zum 31.12.2011 aufzuheben.

Die Parteien erklären, dass Sie gegeneinander keinerlei Ansprüche, gleich viel aus welchem Rechtsgrund, aufgrund der aufgehobenen Provisionsvereinbarung haben.“

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.6.2012 (Anlage B 9) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 3. Quartal 2010 keine Provisionsansprüche des Zeugen ... mehr bestehen.

Aus den Geschäften zwischen der Firma ... und der Beklagten ergibt sich für das 4. Quartal 2010 sowie das Jahr 2011 ein Gesamtnettoumsatzvolumen von ... € und somit ein 3 %-iger Provisionsanspruch in Höhe von ... €; dies wurde seitens der Klagepartei mit Schriftsatz vom 15.1.2015 unstreitig gestellt.

Der Kläger bestreitet, dass die Provisionsvereinbarung einvernehmlich aufgehoben worden sei und dass Herr ... auf seine Ansprüche aus den Umsätzen der Beklagten mit der Firma ... verzichtet habe. Der Kläger ist der Meinung, dass Vereinbarungen der Beklagten mit Herrn ... hinsichtlich seiner Provisionsansprüche jedenfalls nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr zulässig waren, da sich Herr ... nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses jeder Verfügung über den Anspruch zum Nachteil des Klägers zu enthalten habe. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch künftige Ansprüche erfasse und dass Herr ... auch insoweit keine Verfügung habe treffen dürfen. Jedenfalls sei die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) wegen vorsätzlicher Verleitung zum Vertragsbruch bzw. wegen bewussten, kollusiven Zusammenwirkens zum Nachteil des Klägers sittenwidrig. Nach Auffassung des Klägers gab es keinen anderen Grund für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung als den Kläger zu schädigen. Zudem sei aufgrund von § 8 Abs. 2 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) eine Aufhebung des Vertrags wegen fehlender Zustimmung der ... nicht zulässig gewesen. Weiter bestreitet der Kläger, dass die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 zwischen der Beklagten und Herrn ... von beiden Parteien wirksam unterzeichnet wurde, insbesondere sei Herr ... als Vertreter der Beklagten dazu nicht berechtigt gewesen.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 lasse auch eine Identifizierung der Beklagten zu, obwohl die Beklagte fälschlicherweise als ... bezeichnet worden sei. Diese unrichtige Bezeichnung schade nicht.

Weiter ist der Kläger der Meinung, dass den für die Provisionshöhe relevanten Umsatzschwellen Umsätze auf Euro-Basis zu Grunde zu legen seien. Zwar datiere der Vertrag vom 21.2.2001 (Anlage K 2), jedoch sei er erst im Jahr 2004 unterzeichnet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Euro bereits gesetzliches Zahlungsmittel gewesen.

Die geschuldete Provision sei jedenfalls kraft der seit 2004 laufenden Geschäftspraxis und damit aufgrund konkludenter Vereinbarung jeweils zuzüglich der Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen.

Der Kläger ist der Auffassung, etwaige Gegenansprüche aufgrund der Überzahlungen könne die Beklagte nicht im Wege der Aufrechnung geltend machen, da insoweit Kenntnis der Nichtschuld seitens der Beklagten zum Zeitpunkt der Leistung gegeben gewesen sei, die Gelder verbraucht bzw. Herrn ... für den die Gelder angenommen worden seien, zur Rückzahlung außerstande sei. Auch könne die Beklagte die Gegenansprüche allenfalls gegenüber der ..., und dies auch erst ab ihrem Eintreten für die ... ab dem Jahre 2010, nicht aber gegenüber dem Kläger geltend machen. Im Übrigen seien die Ansprüche jedenfalls verjährt bzw. fehle es an einem substantiierten Vortrag der Beklagten, wann und in welcher Höhe sich entsprechende Forderungen in unverjährter Zeit gegenüber gestanden hätten.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe für den Zeitraum 4. Quartal 2004 bis 3. Quartal 2010 einen Provisionsbetrag in Höhe von insgesamt ... € aus einem Nettoumsatzvolumen von ... € (Schriftsatz vom 16.6.2014) bzw. ... € aus einem Nettoumsatzvolumen von ... € (Schriftsatz vom 7.10.2014) gezahlt. Der Nettoumsatz der Beklagten mit der Firma ... für den Zeitraum 4. Quartal 2010 bis 4. Quartal 2013 belaufe sich auf insgesamt ... € (Schriftsatz vom 16.6.2014) bzw. ... € (Schriftsatz vom 7.10.2014) bzw. ... € (Schriftsatz vom 15.1.2015).

Der Kläger beantragt zuletzt in zweiter Stufe:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € ... nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage vom 09.07.2012 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, dass die Provisionsabrechnungen der ... massiv fehlerhaft gewesen seien, da die ... entgegen den vertraglichen Vereinbarungen jeweils Provisionen in Höhe von 5 % abgerechnet habe.

Die Beklagte ist der Meinung, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) sich nicht gegen die Beklagte als Drittschuldnerin richte, da sich die Pfändung gegen eine ... und nicht gegen die ... richte. Eine Überweisungswirkung zu Lasten der Beklagten habe daher nicht eintreten können.

Weiter beruft sich die Beklagte auf die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5). Sie ist der Auffassung, dass aufgrund der Vereinbarung keine Provisionsansprüche des Herrn ... mehr gegen die Beklagte bestehen. Die Aufhebungsvereinbarung sei auch nicht unwirksam aufgrund der Verstrickungswirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5.5.2011. Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss künftige Auskunfts- und Provisionsansprüche betreffe, sei noch keine entgegenstehende Verstrickung eingetreten gewesen. Bei den künftigen Auskunfts- und Provisionsansprüchen handele es sich nicht um sog. „betagte“ Forderungen, so dass sich die Verstrickung nicht bereits mit Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf die künftigen Forderungen erstrecken könne. Dem Schuldner sei zudem nicht die Rechtsmacht entzogen, Verfügungen über das den zu pfändenden Forderungen zu . Grunde liegende Rechtsverhältnis, d.h. hier die Provisionsvereinbarung vom 21.2.2001, zu treffen. Zudem sei die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) nicht sittenwidrig. Grund für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung sei vielmehr gewesen, dass der Kläger als Geschäftsführer der für die Abrechnung der Provisionen verantwortlichen ... die Abrechnung der Provisionen massiv unrichtig zum Schaden der Beklagten angewendet habe. Zudem habe der Kläger im Jahr 2011 mit handschriftlicher Notiz (Anlage B 4) der Beklagten sowie Herrn ... gestattet, über die Provisionsvereinbarung zu befinden. Weiterhin sei durch die Aufhebungsvereinbarung keine Rechtsposition des Klägers berührt, da weder der Kläger noch die ... Parteien der Provisionsvereinbarung vom 21.2.2001 seien. Zuletzt sei dem Kläger ein Berufen auf Sittenwidrigkeit der Aufhebungsvereinbarung verwehrt, indem er bereits hinsichtlich der Provisionsvereinbarung beide Seiten anwaltlich beraten und damit gegen das Verbot widerstreitender Interessen als gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB verstoßen habe.

Die Beklagte ist zudem der Meinung, dass die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit bzw. fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sei, weil der Kläger unter dem Az. 10 O 13430/13 die Beklagte auf Zahlung des Gesamtbetrags aus demjenigen Titel, welcher dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugrunde liegt, verklagt.

Die Beklagte erklärt weiterhin die Hilfsaufrechnung mit vertraglichen Schadensersatzansprüchen aufgrund falscher Provisionsabrechnungen. Die Beklagte behauptet insoweit, sie habe für den Zeitraum 4. Quartal 2004 bis 3. Quartal 2010 einen Provisionsbetrag in Höhe von insgesamt ... € gezahlt. Abgesehen davon, dass diese Zahlungen einheitlich auf Basis von 5 % der Nettoumsätze der Beklagten abgerechnet wurden, sei insoweit entgegen der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) die Umsatzsteuer in Höhe von 16 % für die Jahre 2004 bis 2006 und in Höhe von 19 % für die Jahre 2007 bis 2010 bei der Abrechnung seitens der ... aufgeschlagen worden, was dem Schuldner ... zuzurechnen sei, da insoweit die ... als seine Erfüllungsgehilfin zu sehen sei. Die Umsatzschwellen der Provisionsvereinbarung seien als in DM vereinbart anzusehen, maßgeblich sei dahingehend der Verhandlungszeitpunkt der Vereinbarung im Jahre 2000 bzw. 2001. Der Einwand der Verjährung der Gegenforderungen greife nicht, da sich die Forderungen in unverjährter Zeit gegenüber gestanden hätten.

Das Gericht hat mit Teilurteil vom 14.5.2014 die Beklagte zur Auskunftserteilung für die Zeit ab 1.10.2010 bis 31.12.2013 verurteilt, im Übrigen die Klage in erster Stufe abgewiesen. Im Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht München, Az.: 23 U 2365/14, wurde nach Auskunftserteilung der Auskunftsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 6.11.2014 der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Verhandlungstermin in zweiter Stufe wurde anberaumt auf 4.2.2015. Mit Beschluss vom 1.4.2015 hat das Gericht rechtliche Hinweise erteilt. Mit Zustimmung der Parteien vom 16.4.2015 und 17.4.2015 hat das Gericht am 20.4.2015 die Durchführung des schriftlichen Verfahrens angeordnet; berücksichtigt wurden Schriftsätze, die bis spätestens zum 20.5.2015 eingereicht wurden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie die sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Stufenklage ist - soweit über sie durch Schlussurteil in der zweiten Stufe zu entscheiden war - teilweise begründet.

I.

Die Stufenklage nach § 254 ZPO ist zulässig. Hinsichtlich der ersten Stufe der Klage auf Auskunftserteilung wurde der Rechtsstreit in zweiter Instanz für erledigt erklärt.

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.

Der Klage steht keine anderweitige Rechtshängigkeit durch die seit 17.6.2013 bei dem Landgericht München I anhängige Klage, Az. 10 O 13430/13 entgegen. Entgegenstehende Rechtshängigkeit kann durch eine zweite Klage für die erste Klage nicht eintreten (Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 261, Rn. 10). Lediglich dem zweiten Prozess kann insoweit doppelte Rechtshängigkeit entgegenstehen. Die vorliegende Klage ist seit dem 19.7.2012 rechtshängig. Entsprechend besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die hiesige Klage, sofern dem zweiten Prozess möglicherweise doppelte Rechtshängigkeit entgegensteht und eine Sachentscheidung in diesem Fall unterbleibt. Sofern die anderweitige Klage Az. 10 O 13430/13 einen anderen Streitgegenstand betrifft, kann dies ebenfalls nicht zu einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für die vorliegende Klage führen.

Der Klage steht auch keine anderweitige Rechtshängigkeit durch die beim Landgericht München I anhängige Klage Az. 23 O 12487/14 entgegen, da sich die jeweils streitgegenständlichen Abrechnungszeiträume nicht überschneiden.

II.

Die Klage ist in zweiter Stufe teilweise in Höhe von ... € des zuletzt mit ... € geltend gemachten Klagebetrages entsprechend einer Quote von 42 % begründet.

Dem Kläger steht im Ergebnis aufgrund der gepfändeten und überwiesenen Ansprüche aus der Provisionsvereinbarung des Herrn ... mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin ... vom 212.2001 (Anlage K 2) ein Anspruch auf Provisionszahlung nach Maßgabe der gegenüber der Firma ... erbrachten Werkvertragsleistungen für die Zeit ab 20.9. bzw. 1.10.2010 bis einschließlich 31.12.2011 zu, §§ 412, 398 Satz 2 BGB i.V.m. § 829 Abs. 2 ZPO.

1. Ein Vollstreckungstitel des Klägers gegen den Schuldner liegt mit dem notariellen Schuldschein des Notars ... unstreitig vor. Dass dem Kläger eine Forderung gegen den Schuldner ... nicht zusteht, wird von der Beklagten auch nicht behauptet.

2. Dem Kläger wurden die gepfändeten Provisionsansprüche zur Einziehung mit Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) überwiesen, § 836 Abs. 1 ZPO.

3. Der Überweisungsbeschluss ist wirksam, entspricht dem Pfändungsbeschluss und wurde der Beklagten am 10.5.2011 zugestellt (vgl. Anlagen K1 und K 15). Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Wirksamkeit der Pfändung und der Überweisung zur Einziehung nicht entgegen, dass die Drittschuldnerin in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und bei der Angabe der Zustellungsadressatin in den Zustellungsurkunden nicht in der Rechtsform der „Kft.“ sondern als „GmbH“ betitelt ist. Die falsche Bezeichnung der Rechtsform „GmbH“ führt im vorliegenden Fall nicht zu einer Unbestimmtheit, die die Nichtigkeit der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse bewirkt (vgl. BAG, Urt. v. 6.5.2009 - 10 AZR 834/08 für den Fall, dass die Bezeichnung „GmbH“ fehlt).

a. Der Pfändungsbeschluss muss die zu pfändende Forderung so bestimmt bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung des Beschlusses - nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für andere Personen, insbesondere für weitere Gläubiger, die möglicherweise pfänden wollen - unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Hierbei muss der Drittschuldner so bezeichnet sein, dass über seine Identität auch für Dritte keine Zweifel bestehen (BGH, Urt. v. 9.7.1987 - IX ZR 165/86).

b. Dies ist hier der Fall, obwohl die Beklagte im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) als ... bezeichnet wurde. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen auch für Dritte keine Zweifel an der Identität der Drittschuldnerin, wenn sie im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss lediglich als ... gezeichnet worden wäre. Dies entspricht der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 6.5.2009 - 10 AZR 834/08), nach der die fehlende Angabe der Rechtsform nicht ohne Weiteres dazu führt, dass die Drittschuldnerbezeichnung unzureichend ist. In dem vom BAG entschiedenen Fall bestand aufgrund der Geschäftsbezeichnung „Bäckerei R“ und der angegebenen Adresse kein Zweifel an der Identität der Drittschuldnerin, da an dem angegebenen Ort nur eine Gesellschaft die Bezeichnung „Bäckerei R“ in ihrem Firmennamen trug. Auch im vorliegenden Fall gab es außer der Beklagten keine andere Gesellschaft, die die Bezeichnung ... in ihrer Firma hatte und die in ... ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung hatte. Dass im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht die konkrete Adresse angegeben ist, ist insoweit nicht ausschlaggebend. Allein der Zusatz „GmbH“ führt nicht zu Zweifeln über die, Identität der Drittschuldnerin, zumal es sich bei der Beklagten um eine Kft. handelt, die der deutschen GmbH entspricht (Krafka/MüKo HGB, 3. Aufl., § 13 e, Rn. 5). Daher verfängt der Einwand der Beklagten auch nicht, der Zusatz „GmbH“ dürfe nicht „einfach hinweggedacht“ werden. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Beklagten, es liege keine „Ungenauigkeit“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH vor (vgl. Urt. v. 14.1.2010 - V ZR 269/98). Es kann dahinstehen, ob es treuwidrig ist, dass die Beklagte sich im Prozess darauf beruft, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 betreffe sie nicht, obwohl sie in ihrem Schreiben vom 20.6.2011 (Anlage B 2) diesen Einwand nicht erhob und - wie sich beispielsweise aus den vorgelegten Provisionsabrechnungen (Anlagen K 5, K 7, K 9) ergibt - im Rechtsverkehr nicht unter ihrer korrekten Firma, sondern als ... aufgetreten ist.

4. Auch der Pfändungsbeschluss vom 5.5.2011 ist wirksam und wurde am 10.5.2011 der Beklagten zugestellt (Anlagen K 1 und K 15). Mit dem Pfändungsbeschluss wurden insbesondere die Provisionsansprüche gepfändet (vgl. Anlage K 1), und zwar letztlich in Höhe von ... €.

a. Hinsichtlich der fehlerhaften Bezeichnung der Drittschuldnerin gilt das oben ausgeführte.

b. Dem Schuldner stand zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses grundsätzlich auch ein Anspruch auf Provisionszahlung nach Maßgabe der gegenüber der Firma ... erbrachten Werkvertragsleistungen durch Vorlage der entsprechenden Rechnungen für die Zeit ab 20.9.2010 bis einschließlich 31.12.2013 zu. Der entsprechende vertragliche Anspruch ergibt sich aus § 6 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2).

Die Beklagte ist war zwar nicht Partei des Vertrags, ist in diesen jedoch unstreitig für die ... eingetreten. Die Übertragung eines Schuldverhältnisses im Ganzen ist zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1985 - IX ZR 173/84).

c. Aufgrund wirksamer Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) ist die Provisionsvereinbarung zwischen der Beklagten und Herrn ... mit Wirkung zum 31.12.2011 aufgehoben worden. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) geht insoweit hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 ins Leere. Die darin enthaltene Abgeltungsklausel ist dagegen relativ, also im Verhältnis zur Klagepartei, unwirksam.

aa. Die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) ist wirksam.

aaa. Die Aufhebungsvereinbarung ist entgegen der Auffassung der Klagepartei nicht aufgrund von Sittenwidrigkeit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei hat nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass die Aufhebungsvereinbarung wegen Kollusion oder vorsätzlicher Verleitung zum Vertragsbruch nichtig wäre. Die Beklagte hat die entsprechenden Behauptungen des Klägers bestritten. Die Klagepartei hat für ihre Vorwürfe keinen Beweis angeboten und ist beweisfällig geblieben. Bei dem Vortrag des Klägers zu den angeblichen Beweggründen der Beklagten sowie des Herrn ... betreffend den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung handelt es sich letztlich um bloße Behauptungen ins Blaue hinein. Entgegen der Auffassung der Klagepartei gibt es vielfältige Gründe, die den Abschluss der streitgegenständlichen Aufhebungsvereinbarung rechtfertigen könnten. Dass die Aufhebungsvereinbarung alleine dem Zweck diente, den Kläger zu schädigen, ist nicht zur Überzeugung des Gerichts erwiesen.

Die Beklagte hat vorgebracht, dass Grund für die Aufhebungsvereinbarung gewesen sei, dass der Kläger als Geschäftsführer der für die Abrechnung der Provisionen verantwortlichen ... die Abrechnung der Provisionen massiv unrichtig zum Schaden der Beklagten angewendet habe. Ob dies tatsächlich zutrifft, kann offen bleiben. Unstreitig ist jedenfalls, dass in der Vergangenheit von der ... vertreten durch den Kläger, Provisionen teilweise zu Unrecht in Höhe von 5 % abgerechnet wurden. Dass sich die Klagepartei insoweit auf positive Kenntnis der Nichtschuld beruft, ist nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt. Zudem übersieht die Klagepartei, dass zwar die Beklagte ein Interesse an der Aufhebung der Provisionsvereinbarung haben mag, Gleiches aber nicht ohne Weiteres für Herrn ...gilt. Soweit die Klagepartei die unbelegte Behauptung in den Raum stellt, dass Herr ... aufgrund großer Schulden kein Interesse an dem Fortbestand der Provisionsvereinbarung habe, ist dies von der Klagepartei weder unter Beweis gestellt noch für das Gericht nachvollziehbar, da Herr ... über die Provisionszahlungen jedenfalls einen Teil seiner Schulden hätte tilgen können. Dass Herr ... gleichwohl genannte Aufhebungsvereinbarung unterzeichnete, lässt daher nicht den zwingenden Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken der Parteien der Aufhebungsvereinbarung zu. Daran ändert auch der Einwand nichts, Herr ... hätte mit der Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung grundlos auf ein zum Ende des Jahres 2011 bestehendes Guthaben in Höhe von ... € verzichtet; schließlich liegt dieser Berechnung allein die Sachverhaltsauslegung des Klägers zugrunde, die Beklagtenseite geht insoweit von die Provisionsansprüche weit übersteigenden Gegenforderungen aus. Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass die Klagepartei den Nachweis der Sittenwidrigkeit der Aufhebungsvereinbarung nicht zu erbringen vermochte.

bbb. Entgegen der Auffassung der Klagepartei war der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5) auch nicht zustimmungsbedürftig. Ein Zustimmungserfordernis kann insbesondere nicht § 8 Abs. 2 der Provisionsvereinbarung vom 21.2.2001 (Anlage K 2) entnommen werden. An genannter Stelle ist nur geregelt, dass die ... auf die Einhaltung des Vertrages zu achten habe und die Abrechnungen und Zahlungen entgegen zu nehmen habe. Hieraus folgt kein Zustimmungsvorbehalt. Hierfür hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die nicht vorliegt. Dabei ist entgegen der Auffassung der Klagepartei auch nicht ausschlaggebend, dass die ... ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Fortbestand des Vertrages hatte, sodass der Vertrag in entsprechender Weise auslegungsbedürftig und -fähig sei. Die ... ist schlicht nicht Vertragspartei. Im Übrigen ist ein entsprechender Nutzen, den ein Dritter aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen anderen Parteien zieht, selbst wenn ihm dahingehend ein unmittelbarer Anspruch eingeräumt wurde, nicht per se ausschlaggebend für ein Zustimmungserfordernis des Dritten, vgl. § 328 Abs. 2 BGB. Nach der Treuhandklausel in § 8 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) war die ...ediglich mit der finanziellen Abwicklung des Vertrags zwischen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und Herrn ... gegen eine entsprechende Beteiligung an der Provision zugunsten Herrn ... betraut. Ein entsprechender Vertragszweck, aufgrund dessen die Befugnis der Vertragsparteien, die die ... begünstigende Regelung aufzuheben oder zu ändern, von der Zustimmung der ... abhängen soll, ist schon weder ersichtlich noch vorgetragen. Dies gilt umso mehr, als nicht allein die die ... begünstigende Vertragsregelung als Annex des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) aufgehoben werden sollte, sondern die Provisionsvereinbarung zwischen den Parteien insgesamt.

ccc. Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger behauptet, dass die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 nicht von beiden Parteien wirksam unterzeichnet wurde, handelt es sich erneut um eine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein. Ausweislich Anlage B 5 wurde die Aufhebungsvereinbarung von Herrn ... sowie vom Prokuristen der Beklagten Herrn ...unterzeichnet. Soweit der Kläger sich zuletzt darauf berief, die Unterschriften auf den als Anlage B 5 und B 6 vorgelegten Aufhebungsvereinbarungen seien bei genauer Betrachtung im Wesentlichen identisch, so kann dahin gestellt bleiben, ob die Vereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) letztlich von Herrn ... oder - wie die Vereinbarung vom 30.12.2009 - von Herrn ... unterzeichnet wurde. Schließlich ist Letzterer nicht nur als Prokurist der ... aufgetreten (vgl. Anlage K 2, Schreiben vom 9.2.2011 als Anlage nach K 10), sondern auch als Prokurist der Beklagten (vgl. Anlagen B 2, B 7). Ausweislich des Schreibens des Klägers vom 4.7.2011 (Anlage B 4) differenzierte auch dieser selbst insoweit nicht, indem genanntes Schreiben gleichzeitig an die ... sowie die Beklagte gerichtet ist und einheitlich Herr ... angesprochen wird. Aus den weiterhin klägerseits in entsprechender Weise beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 27.2.2013 (vorgelegt mit klägerischem Schreiben vom 11.3.2013) und vom 5.3.2013 (vorgelegt mit klägerischem Schreiben vom 21.3.2013) ergibt sich darüber hinaus auch die Geschäftsführerstellung des Herrn ..., und zwar sowohl für die ... als auch für die Beklagte. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, warum der Geschäftsführer bzw. Prokurist der Beklagten nicht zur Vertretung der Beklagten berechtigt gewesen sein sollte. Hierzu hätte es jedenfalls näherer Darlegungen der Klagepartei bedurft, die nicht erfolgt sind. Soweit der Kläger darüber hinaus zuletzt den Abschluss als solches, i.e. die Existenz der Aufhebungsvereinbarung insgesamt, pauschal bestreitet, ist dies in Ansehung des beiderseitigen konkreten Vorbringens unbeachtlich und widersprüchlich zum vorangegangenen eigenen Vorbringen.

bb. Die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) ist nicht aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5.5.2011 (Anlage K 1) relativ unwirksam, § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 135, 136 BGB. Dies gilt jedenfalls, soweit der hier streitgegenständliche Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 betroffen ist.

aaa. Die Pfändung zukünftiger Rechte ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung nur zulässig, wenn eine Rechtsbeziehung besteht, aus der diese Rechte nach ihrer Art und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden können und wenn sich der Pfändungsbeschluss erkennbar auf sie erstreckt (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6; Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 12). Provisionsansprüche aus künftigen Geschäften sind bei bestehendem Vertretervertrag zwar grundsätzlich pfändbar (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6 unter Hinweis auf RGZ 138, 252 ff.; Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 14; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urt. v. 7.3.2006 - 4 U 659/04-184, 4 U 6594 U 659/04, Rn. 23 - zitiert nach juris). Nicht genügend ist allerdings die bloße Erwartung, dass eine Forderung entstehen könnte (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl., § 829 Rn. 10 a). Weiter ist zu berücksichtigen, dass ein Pfandrecht an künftigen Forderungen erst mit entstehender Forderung entsteht (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl., § 829 Rn. 28 a), d.h. ein Pfändungspfandrecht an künftig fälligen Bezügen nicht bereits mit der erstmaligen Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner zur Entstehung gelangt (Riedel, in: BeckOK, ZPO, 16. Aufl., § 832 Rn. 3.1). Werden künftige Forderungen gepfändet, entstehen Verstrickung und Pfandrecht vielmehr erst mit der Entstehung des gepfändeten Rechts (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 17; Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 12, 27; Riedel, in: BeckOK, ZPO, 16. Aufl., § 829 Rn. 9, § 832, Rn. 3). Des Weiteren ist anerkannt, dass dem Schuldner durch die Pfändung lediglich die Verfügung über die Forderung selbst verboten ist, er aber gerade nicht daran gehindert ist, der Pfändung durch die Einwirkung auf das Rechtsverhältnis, das der Forderung zugrunde liegt, den Boden zu entziehen, da die Beschlagnahmewirkung das zu Grunde liegende Rechtsverhältnis nicht ergreift (Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 53). Einzig Rechtshandlungen, die unmittelbar den Bestand der gepfändeten Forderung betreffen, sind dem Schuldner verwehrt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 829, Rn. 18 m.w.N.; BGH, Urt. v. 28.3.1990 - VIII ZR 17/89).

bbb. Die streitgegenständlichen Ansprüche auf Auskunft und Provisionszahlung betreffend den Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 werden vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) nicht erfasst. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezieht sich zwar ausdrücklich auch auf künftig fällig werdende Beträge. Gleichwohl konnte an den streitgegenständlichen Ansprüchen auf Auskunft und Provisionszahlung betreffend den Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 keine Verstrickungswirkung eintreten.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Verfügungsverbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht dazu führt, dass den an dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Beteiligten die Verfügungsgewalt über das Rechtsverhältnis insgesamt entzogen würde. Eine etwaige Verstrickungswirkung bzw. das Verfügungsverbot erfasst lediglich die konkreten Ansprüche, gegebenenfalls im vorliegenden Fall an sich auch zukünftige Ansprüche aus der Vereinbarung vom 21.2.2001 (Anlage K 2), nicht jedoch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis, also die Vereinbarung selbst. Mithin umfasst die relative Unwirksamkeit nach §§ 135, 136 BGB nur die Abgeltungsklausel aus der Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5), nicht jedoch die Aufhebung der Provisionsvereinbarung für die Zukunft, d.h. mit Wirkung ab 1.1.2012, als solche. Da dem Schuldner, d.h. Herrn ... lediglich die Verfügung über die Forderung selbst verboten ist, ist er nicht daran gehindert, der Pfändung durch die Einwirkung auf das Rechtsverhältnis, das der Forderung zugrunde liegt, den Boden zu entziehen, als die Beschlagnahmewirkung das der Forderung zugrundeliegende Rechtsverhältnis nicht ergreift.

Vor allen Dingen ist aber zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Ansprüche auf Auskunft und Provisionszahlung hinsichtlich des „ob“ und „wie“ im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses völlig unbestimmt waren. So war im Mai 2001 bei Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht klar, ob im Zeitraum 1.1.2012 bis 31.12.2013 überhaupt noch von der Beklagten gegenüber der Firma ... Werkvertragsleistungen erbracht würden und falls ja in welcher Höhe. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Regelung in § 6 Abs. 4 der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) hin. Demnach wurde vereinbart, dass falls der mit dem Auftraggeber (hier: Firma ...) abgeschlossene Vertrag, gleich aus welchem Rechtsgrund, endet, auch die Verpflichtung der Beklagten, an Herrn ... die vereinbarte Provision zu bezahlen, nicht besteht. Nicht entscheidend ist dabei, dass Herr ... die Vermittlung der Firma ... bereits in der Vergangenheit erbracht hatte. Die Provision war mit Erbringung der Vermittlungsleistung gerade noch nicht angefallen, sondern gem. § 6 der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) davon abhängig, ob überhaupt noch von der Beklagten gegenüber der Firma..., Werkvertragsleistungen erbracht würden und falls ja in welcher Höhe.

Des Weiteren ist § 6 Abs. 2 der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) zu entnehmen, dass eine quartalsweise Abrechnung der Provision vereinbart wurde. Daraus folgt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Forderungen nicht etwa um sog. „betagte“ Forderungen handelt, bei denen eine Pfändung mit Verstrickungswirkung auch betreffend zukünftiger Zeiträume in Betracht gekommen wäre (zur Abgrenzung betagter und befristeter Forderungen näher BGH, Urt. v. 28.3.1990 - VIII ZR 17/89; BGH, Urt. v. 17.7.2008 - IX ZR 203/07; BGH, Urt. v. 25.4.2013 - IX ZR 62/12). Vielmehr ist es hier so, dass die von der Klagepartei begehrten Provisionsansprüche quartalsweise, d.h. befristet, entstehen, und zwar unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass im jeweiligen Quartal überhaupt noch von der Beklagten gegenüber der Firma ..., Werkvertragsleistungen erbracht werden. Dies unterscheidet die streitgegenständlichen Ansprüche von solchen aus fortlaufenden Bezügen wie Miete, Pacht bzw. Lohn- oder Gehaltsansprüchen. Eine Pfändung mit Verstrickungswirkung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) kam daher nicht in Betracht. Vielmehr wäre eine Verstrickungswirkung erst mit dem quartalsweisen Entstehen - nicht lediglich Fälligwerden - der Forderungen, d.h. hier frühestens in 2014 in Betracht gekommen. Zu diesem Zeitpunkt war aber schon die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) zwischen der Beklagten und Herrn ... geschlossen worden.

Da wie zuvor ausgeführt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) keine Verstrickungswirkung betreffend die streitgegenständlichen Forderungen zum 29.12.2011 (d.h. dem Datum des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung) entfaltete, kann der Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5), jedenfalls soweit die streitgegenständlichen Forderungen betroffen sind, auch nicht eine relative Unwirksamkeit gem. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 135, 136 BGB entgegengehalten werden.

ccc. Das Teilurteil des Gerichts vom 14.5.2014 steht nicht entgegen, da genanntes Teilurteil nicht in Rechtskraft erwachsen ist, nachdem im Parallelverfahren die Parteien die Auskunftsstufe im Berufungsverfahren einverständlich für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat das Gericht mit Beschluss vom 1.4.2015 entsprechende Hinweise erteilt. Entgegen der Auffassung der Klagepartei besteht folglich keinerlei Bindungswirkung, zumal das OLG München in seinem Beschluss vom 23.10.2014 in keiner Weise hinsichtlich der vorliegenden Problematik Stellung genommen hat.

cc. Der Kläger hat daher Anspruch auf Zahlung der Provisionsansprüche hinsichtlich des im Übrigen geltend gemachten Zeitraums, i.e. für das 4. Quartal 2010 sowie das gesamte Jahr 2011. Die entsprechenden Beträge, mithin ... € netto, wurden insoweit mit klägerischem Schriftsatz vom 15.1.2015 auf entsprechendes beklagtenseitiges Vorbringen mit Schriftsatz vom 9.12.2014 unstreitig gestellt. Was entsprechende Provisionsansprüche für den Zeitraum 20.9.2010 bis 30.9.2010 betrifft, ist keinerlei substantiierter Sachvortrag der Klagepartei zu verzeichnen bzw. fand letztlich ausgehend von dem ersten klägerischen Schriftsatz hinsichtlich der zweiten Stufe des Verfahrens insoweit keine Geltendmachung statt.

aaa. Ob für die Berechnung der Höhe der Provisionsansprüche im Rahmen der Schwellenwertgrenzen nach § 6 Abs. 1 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) entsprechende Nettoauftragsvolumensbeträge in DM oder € zugrunde zu legen sind, kann einerseits aufgrund der klägerischen Unstreitigstellung, andererseits aufgrund der Tatsache, dass zum genannten Zeitpunkt - 4. Quartal 2010 - die Nettoauftragsvolumensschwelle zur 3 %-igen Provision angesichts der gesamten Vertragslaufzeit bzw. der klageseits wie beklagtenseits zur Akte gereichten Anlagen K 3 ff., K 16 ff., B 13, B 14) in jedem Fall überschritten war, dahingestellt bleiben.

bbb. Die Zahlung der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer (im Folgenden: USt) auf die Provisionszahlungen ist nicht geschuldet.

Eine ausdrückliche vertragliche Regelung ist dahingehend nicht zu verzeichnen. Soweit in § 6 Abs. 1 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) sich die Formulierung „(...) erhält Herr ... (...) eine Provision aus dem Nettoauftragsvolumen (...)“ findet, ist vielmehr davon auszugehen, dass ein Aufschlag der USt bewusst nicht stattfinden sollte. Grundsätzlich ist die USt ein rechtlich unselbständiger Teil des zu zahlenden Preises und gilt im Zweifel, soweit sich aus den Umständen nichts anderes ergibt, als in dem jeweiligen Preis enthalten (vgl. Palandt/Ellenberger, 74. Aufl., § 157, Rn. 13).

Eine stillschweigende Vereinbarung, dass die ... die geschuldete Provision zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen befugt war, kann aus dem tatsächlichen Verlauf allein nicht gefolgert werden. Insoweit ist grundsätzlich - und zwar auch in Ansehung der zuletzt mit klägerischem Schriftsatz vom 11.2.2015 ohne weitergehenden Sachvortrag vorgelegten Rechnungen der ... an die ... vom 16.11.2004 und 3.2.2005 - schlicht von einem Abrechnungsfehler auszugehen; etwaige Umstände, dass beide Vertragsparteien, also Herr ... und insbesondere die Beklagte bzw, ihre Rechtsvorgängerin ..., dahingehend bewusst mit rechtlichem Bindungswillen gehandelt haben, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

ccc. Mit Schriftsatz vom 22.9.2014 hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt, indem sie den Provisionsansprüchen der Klagepartei Ansprüche auf Rückzahlung an seit 2004 entgegenhält. Zu einem - teilweisen - Erlöschen der Klageforderungen verhilft dies der Beklagten allerdings nicht.

Denn soweit es auf derartige Gegenansprüche - auch aufgrund der Rechtsnachfolge der Beklagten hinsichtlich der ... kraft Vertragsübernahme - bis einschließlich des 3. Quartals 2010 ankäme, wären diese nach § 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Mag auch nach dem Vertrag vom 21.2.2001 (Anlage K 2) die DTV für die korrekte Abrechnung zuständig gewesen sein, so ändert dies - ungeachtet des nicht gegebenen Nachweises einer Kenntnis der Nichtschuld der Beklagten bzw. ihrer Vorgängerin ... entsprechend der klägerischen Ausführungen - angesichts der eindeutigen vertraglichen Schwellenwertgrenzen in § 6 Abs. 1 nichts an der Offensichtlichkeit der Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen. Daher ist dahingehend grobe Fahrlässigkeit i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu bejahen. Denn grob fahrlässig handelt der Gläubiger, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich groben Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 253/07 Urt. v. 13.12.2004 - II ZR 17/03). Dies ist insbesondere zu bejahen, wenn der Gläubiger, der sich die zur Anspruchsgeltendmachung erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen könnte, die auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.2010 - III ZR 249/09 Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 262/07; Urt. v. 10.11.2009 - VI ZR 247/08). Letzteres ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die unmissverständliche Vertragsklausel jedenfalls zu bejahen.

In diesem Zusammenhang ist zwar die Regelung des § 215 BGB zu beachten, wonach nicht maßgeblich ist, ob die Gegenansprüche im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung verjährt wären, sondern ob die Gegenansprüche in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, in dem erstmals aufgerechnet werden konnten, d.h. der Zeitpunkt, in dem sich die jeweiligen Ansprüche in unverjährter Zeit gegenüber standen. Vorliegend macht der Kläger Zahlungsansprüche seit 20.9. bzw. 1.10.2010 geltend. Nach den obigen Ausführungen zur Verjährung sind daher nur die Gegenansprüche als durchsetzbar berücksichtigungsfähig, die ab 1.1.2007 entstanden sind, da diese mit Ablauf des Jahres 2010 verjähren. Insoweit fehlt es an jeglichem Vorbringen der Beklagtenpartei, mittels welchen konkreten Gegenanspruchs gegenüber welchem klageseits geltend gemachten Provisionsanspruch aufgerechnet wird. Maßgeblich wäre insoweit, wann genau die jeweilige Zuvielzahlung seitens der Beklagten bzw. der ... erfolgte und in welcher Höhe zum jeweiligen Zeitpunkt mit den quartalsweise entstandenen Provisionsansprüchen der Klagepartei aufgerechnet werden konnte. Insgesamt ist die Höhe der erfolgten Überzahlungen streitig. Entsprechende nachweisliche Angaben ergeben sich weder unmittelbar aus dem Vortrag der Beklagtenpartei noch sind sie aus den zur Akte gereichten Anlagen B 13 und B 14 ersichtlich. Weitere Beweisangebote waren nicht zu verzeichnen.

Auch wenn dies im Folgenden von sämtlichen Beteiligten des Rechtsstreits übersehen wurde, so greift daneben an sich auch der mit Schriftsatz vom 7.10.2014 vorgebrachte Einwand der Klagepartei durch, als dass eine Aufrechnung gegenüber dem Kläger nicht in Betracht kommt. Denn der Kläger ist lediglich aufgrund der gesetzlichen Folgen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5.5.2011 (Anlage K 1) Forderungsinhaber. Richtiger Anspruchsgegner hinsichtlich der Gegenansprüche der Beklagten bzw. der ... wäre dagegen die ... bzw. Herr ... als Empfänger der Provisionszahlungen.

Vor diesem Hintergrund kann auch in diesem Zusammenhang die Frage, ob für die Berechnung der Höhe der Provisionsansprüche im Rahmen der Schwellenwertgrenzen nach § 6 Abs. 1 des Vertrags vom 212.2001 (Anlage K 2) entsprechende Nettoauftragsvolumensbeträge in DM oder € zugrunde zu legen sind, letztlich offen bleiben, obgleich insbesondere die unstreitige Tatsache, dass - ungeachtet des letztlichen Unterzeichnungsdatums im Jahre 2003 oder 2004 - die Formulierung der Vereinbarung noch zu Zeiten stattfand, als DM die allgemein maßgebliche Währung darstellte, sowie die Regelung hinsichtlich der „Vertragsstrafe von DM 10.000,00“ in § 3 Abs. 2 dafür sprechen, auch hinsichtlich der Schwellenwertgrenzen die DM-Beträge zugrunde zu legen, zumal konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für einen anderweitigen Parteiwillen außer dem späteren Zeichnungsdatum weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

III.

Ab Rechtshängigkeit hat die Klagepartei Anspruch auf Prozesszinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Insoweit ist allerdings erst auf die mit Schriftsatz vom 29.7.2013 erfolgte Klageänderung abzustellen.

Vorliegend wurden zwar bereits mit Schriftsatz vom 16.10.2012 im Wege der Stufenklage ein Auskunftsanspruch und ein unbezifferter Zahlungsanspruch geltend gemacht. Damit wurde auch der noch unbezifferte Leistungsantrag rechtshängig (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 254, Rn. 1). Allerdings wurde dahingehend lediglich Auskunft über den Zeitraum vom 11.10.2010 bis 30.9.2012 begehrt. Erst mit Schriftsatz vom 29.7.2013 erfolgte die Erweiterung auf den Zeitraum von 20.9.2010 bis 31.12.2013, über den letztlich in erster wie in zweiter Stufe zu entscheiden war.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.

Die Kostenquotelung entspricht der zugesprochenen Zahlungssumme im Verhältnis zum zuletzt gestellten Zahlungsantrag in zweiter Stufe. Soweit die erste Stufe zu berücksichtigen war, greift angesichts des nur geringfügigen Unterliegens § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

VI.

Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG wie folgt festgesetzt:

Für die Zeit bis 17.10.2012 ergibt sich der Streitwert in Höhe von ... € aus dem ursprünglichen Zahlungsantrag des Klageschriftsatzes vom 9.7.2012.

Für die Zeit ab 18.10.2012 ergibt sich der Streitwert von ... € aufgrund der mit Schriftsatz vom 16.10.2012 erfolgten Klageerweiterung; insoweit wird auf die Ausführungen des AG ... im Beschluss vom 12.12.2012 verwiesen.

Für die Zeit ab 31.7.2013 aufgrund der Klageänderung im Schriftsatz vom 30.7.2013 ergibt sich der Streitwert in Höhe von ... € analog der Maßgaben des AG ... mittels schätzungsweiser Hochrechnung von acht Quartalen mit durchschnittlich ... € Umsatz auf nunmehr 14 Quartale mit insgesamt ... € Umsatz; konkrete(re) Angaben zur geltend gemachten Provisionssumme bzw. weitere entsprechende Anlagen waren bis dato nicht zu verzeichnen.

Für die Zeit ab 17.6.2014 ergibt sich - wie durch das Gericht bereits vorläufig mit Beschluss vom 17.6.2014 festgesetzt - ein Streitwert von ... € entsprechend des Zahlungsantrags in zweiter Stufe aus dem klägerischen Schriftsatz vom 16.6.2014.

Nämliches gilt für die Zeit ab 19.1.2015 hinsichtlich des Streitwerts von ... € für den mit klägerischem Schriftsatz vom 15.1.2015 geänderten Zahlungsantrag in zweiter Stufe.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ... € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.7.2013 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 58 % und die Beklagte 42 % zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für die Zeit bis 17.10.2012 auf ... €, für die Zeit ab 18.10.2012 auf ... €, für die Zeit ab 31.7.2013 auf ... €, für die Zeit ab 17.6.2014 auf ... € und für die Zeit ab 19.1.2015 auf ... € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrte im Wege der Stufenklage von der Beklagten in erster Stufe Auskunft über von der Beklagten gegenüber der Firma ... erbrachte Werksleistungen im Zeitraum 20.9.2010 bis 31.12.2013 und begehrt in zweiter Stufe Zahlung von anhand der begehrten Auskunft berechneten Provisionsansprüchen.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach ungarischem Recht (Kft.). Mit Vertrag datierend vom 21.2.2001 (Anlage K 2) vereinbarten der Schuldner des Klägers, ... (im Folgenden: Herr ... oder Schuldner) und die ... (im Folgenden: ...), dass Herr ... der ... Termine bei Firmen vermittelt und hierfür eine Provision erhält, sofern die Terminsvermittlung mitursächlich für den Abschluss von Verträgen mit den Firmen war (vgl. § 2 Abs. 1 des Vertrags vom 21.2.2001 - Anlage K 2). Gemäß § 6 des Vertrags sollte Herr... von der ..., abhängig von der Höhe des Nettoauftragsvolumens, Provisionen zwischen 3 und 5 % des Nettoauftragsvolumens erhalten.

In § 6 Abs. 1 des Vertrags heißt es insoweit:

„Bei einem Auftragsvolumen von

a) bis zu 1 Mio.

beträgt die Provision

5 %

b) ab 1 Mio. bis 2 Mio.

beträgt die Provision

4 %

c) ab 2 Mio.

beträgt die Provision

3 %.“

In § 6 Abs. 2 des Vertrags (Anlage K 2) findet sich folgende Regelung:

„Über die Höhe der Provision hat der Auftragnehmer gegenüber ... jeweils bis zum Ende eines Quartals unter Vorlage entsprechender Zahlungsnachweise abzurechnen.“

§ 6 Abs. 4 des Vertrages (Anlage K 2) lautet auszugsweise wie folgt:

„Endet der mit dem Auftraggeber abgeschlossene Vertrag, gleich aus welchem Rechtsgrund, endet auch die Verpflichtung des Auftragnehmers, an ... die vereinbarte Provision zu bezahlen. (...)“

Ausweislich § 8 des Vertrags sollte die finanzielle Abwicklung des Vertrags über die... (im Folgenden: ...), deren Geschäftsführer der Kläger war, erfolgen. Zugleich beauftragten und bevollmächtigten Herr ... und die ... die ..., auf die Einhaltung des Vertrags zu achten und die vertraglich geschuldeten Abrechnungen und Zahlungen entgegenzunehmen (vgl. § 8 Abs. 2 des Vertrags vom 21.2.2001 - Anlage K 2). Die ... sollte hierfür von Herrn ... eine Provision in Höhe von 1,5 bis 2,5 % des Auftragsvolumens erhalten (vgl. § 8 Abs. 3 des Vertrags vom 21.2.2001 - Anlage K 2).“

In der Folgezeit vermittelte Herr ... der ... einen Werkvertrag mit der Firma ... in ..., der im Jahr 2004 zwischen der ... und der Firma ... abgeschlossen wurde. Ab dem 4. Quartal 2004 wurden die erzielten Umsätze von der ... vierteljährlich abgerechnet und die berechneten Provisionen nach Rechnungslegung durch die ... an diese ausgezahlt. Zum 31.12.2009 endete die Tätigkeit der Firma ... für die Firma ... und wurde ab dem 1.1.2010 von der Beklagten fortgeführt. Zugleich trat die Beklagte im Einvernehmen mit Herrn ... und der ... in die Vereinbarung vom 21.1.2001 (Anlage K 2) ein.

Mit Rechnung vom 7.4.2010 teilte die Beklagte der ... erstmalig ihre für die Firma ... erbrachten Leistungen mit (Anlage K 5) und die ... erstellte eine entsprechende Provisionsrechnung (Anlage K 6). Weiter teilte die Beklagte mit Abrechnung vom 8.7.2010 und 11.10.2010 der ... die mit der Firma ... erzielten Umsätze mit (Anlagen K 7 und K 9). Die ... berechnete hieraus jeweils die fälligen Provisionen auf Basis von 5 % des Nettoauftragsvolumens, die von der Beklagten in der Folge an die ... gezahlt wurden.

Mit Schreiben vom 9.2.2011 teilte die Firma ... mit, dass eine Provisionsüberzahlung erfolgt sei und es die Beklagte und die ... ablehnten, weitere Zahlungen aufgrund der Vereinbarung zu leisten (Anlage K 11). Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass die ... die Provisionen einheitlich auf Basis von 5 % der Nettoumsätze der Beklagten abrechnete und eine Überzahlung erfolgt ist (vgl. Protokoll der Hauptverhandlung vom 22.5.2013); streitig ist allein die Höhe der Überzahlung.

Auf Grund der vollstreckbaren Ausfertigung des notariellen Schuldscheins des Notars ... vom 20.1.2005 über ... € pfändete der Kläger mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts ... vom 5.5.2011 (Anlage K 1) die Provisions- und Auskunftsansprüche des Herrn ... aufgrund der von ihm vermittelten Kontakte gegen die ... die ... und die .... Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss heißt es:

„Wegen dieser Ansprüche und Kosten für diesen Beschluss und der Zustellkosten (vgl. Kostenrechnung I, II und III) werden - die umseitig aufgeführten - angeblichen Forderungen des Schuldners gegen nachstehenden Drittschuldner gepfändet.

  • 1.... - Drittschuldner

  • 2....

  • 3.....

aus Anspruch wegen siehe Anlage

einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge aus dem gleichen Rechtsgrunde gepfändet. Der Drittschuldner darf nicht mehr an den Schuldner zahlen. Der Schuldner hat sich jeder Verfügung über den Anspruch zum Nachteil des Gläubigers, insbesondere durch seine Einziehung, zu enthalten. Zugleich wird der gepfändete Anspruch dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. (...)“

In der Anlage zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Anlage K 1) heißt es:

„Gepfändet werden folgende Ansprüche gegenüber den Drittschuldnern zu 1) und 2)

Provisionsansprüche aus von dem Schuldner vermittelten Kontakten zu Firmen der Bauwirtschaft, der Metallverarbeitung, des Fleischerhandwerks u.a. einschließlich der Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der seit Vermittlung der entsprechenden Firmen von diesen an die Drittschuldner gezahlten Vergütungen. Hinsichtlich der Drittschuldnerin zu 3) wird der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des ihm im Rahmen der finanziellen Abwicklung der mit den Drittschuldnern zu 1) und 2) zustehenden Zahlungen gepfändet.“

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten am 10.5.2011 zugestellt (Anlage K 15). Mit Schreiben vom 20.6.2011 (Anlage B 2) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie keine weiteren Provisionszahlungen mehr leisten werde, bis die Überzahlung ausgeglichen sei und dass keine Zahlungspflichten der Beklagten gegenüber dem Zeugen ... bestünden.

Am 29.12.2011 schlossen Herr ... und die Beklagte eine Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5) mit folgendem Inhalt:

„Die Parteien sind hiermit übereingekommen, die zur Zeit gültige Provisionsvereinbarung zum 31.12.2011 aufzuheben.

Die Parteien erklären, dass Sie gegeneinander keinerlei Ansprüche, gleich viel aus welchem Rechtsgrund, aufgrund der aufgehobenen Provisionsvereinbarung haben.“

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.6.2012 (Anlage B 9) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 3. Quartal 2010 keine Provisionsansprüche des Zeugen ... mehr bestehen.

Aus den Geschäften zwischen der Firma ... und der Beklagten ergibt sich für das 4. Quartal 2010 sowie das Jahr 2011 ein Gesamtnettoumsatzvolumen von ... € und somit ein 3 %-iger Provisionsanspruch in Höhe von ... €; dies wurde seitens der Klagepartei mit Schriftsatz vom 15.1.2015 unstreitig gestellt.

Der Kläger bestreitet, dass die Provisionsvereinbarung einvernehmlich aufgehoben worden sei und dass Herr ... auf seine Ansprüche aus den Umsätzen der Beklagten mit der Firma ... verzichtet habe. Der Kläger ist der Meinung, dass Vereinbarungen der Beklagten mit Herrn ... hinsichtlich seiner Provisionsansprüche jedenfalls nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr zulässig waren, da sich Herr ... nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses jeder Verfügung über den Anspruch zum Nachteil des Klägers zu enthalten habe. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch künftige Ansprüche erfasse und dass Herr ... auch insoweit keine Verfügung habe treffen dürfen. Jedenfalls sei die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) wegen vorsätzlicher Verleitung zum Vertragsbruch bzw. wegen bewussten, kollusiven Zusammenwirkens zum Nachteil des Klägers sittenwidrig. Nach Auffassung des Klägers gab es keinen anderen Grund für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung als den Kläger zu schädigen. Zudem sei aufgrund von § 8 Abs. 2 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) eine Aufhebung des Vertrags wegen fehlender Zustimmung der ... nicht zulässig gewesen. Weiter bestreitet der Kläger, dass die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 zwischen der Beklagten und Herrn ... von beiden Parteien wirksam unterzeichnet wurde, insbesondere sei Herr ... als Vertreter der Beklagten dazu nicht berechtigt gewesen.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 lasse auch eine Identifizierung der Beklagten zu, obwohl die Beklagte fälschlicherweise als ... bezeichnet worden sei. Diese unrichtige Bezeichnung schade nicht.

Weiter ist der Kläger der Meinung, dass den für die Provisionshöhe relevanten Umsatzschwellen Umsätze auf Euro-Basis zu Grunde zu legen seien. Zwar datiere der Vertrag vom 21.2.2001 (Anlage K 2), jedoch sei er erst im Jahr 2004 unterzeichnet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Euro bereits gesetzliches Zahlungsmittel gewesen.

Die geschuldete Provision sei jedenfalls kraft der seit 2004 laufenden Geschäftspraxis und damit aufgrund konkludenter Vereinbarung jeweils zuzüglich der Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen.

Der Kläger ist der Auffassung, etwaige Gegenansprüche aufgrund der Überzahlungen könne die Beklagte nicht im Wege der Aufrechnung geltend machen, da insoweit Kenntnis der Nichtschuld seitens der Beklagten zum Zeitpunkt der Leistung gegeben gewesen sei, die Gelder verbraucht bzw. Herrn ... für den die Gelder angenommen worden seien, zur Rückzahlung außerstande sei. Auch könne die Beklagte die Gegenansprüche allenfalls gegenüber der ..., und dies auch erst ab ihrem Eintreten für die ... ab dem Jahre 2010, nicht aber gegenüber dem Kläger geltend machen. Im Übrigen seien die Ansprüche jedenfalls verjährt bzw. fehle es an einem substantiierten Vortrag der Beklagten, wann und in welcher Höhe sich entsprechende Forderungen in unverjährter Zeit gegenüber gestanden hätten.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe für den Zeitraum 4. Quartal 2004 bis 3. Quartal 2010 einen Provisionsbetrag in Höhe von insgesamt ... € aus einem Nettoumsatzvolumen von ... € (Schriftsatz vom 16.6.2014) bzw. ... € aus einem Nettoumsatzvolumen von ... € (Schriftsatz vom 7.10.2014) gezahlt. Der Nettoumsatz der Beklagten mit der Firma ... für den Zeitraum 4. Quartal 2010 bis 4. Quartal 2013 belaufe sich auf insgesamt ... € (Schriftsatz vom 16.6.2014) bzw. ... € (Schriftsatz vom 7.10.2014) bzw. ... € (Schriftsatz vom 15.1.2015).

Der Kläger beantragt zuletzt in zweiter Stufe:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € ... nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage vom 09.07.2012 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, dass die Provisionsabrechnungen der ... massiv fehlerhaft gewesen seien, da die ... entgegen den vertraglichen Vereinbarungen jeweils Provisionen in Höhe von 5 % abgerechnet habe.

Die Beklagte ist der Meinung, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) sich nicht gegen die Beklagte als Drittschuldnerin richte, da sich die Pfändung gegen eine ... und nicht gegen die ... richte. Eine Überweisungswirkung zu Lasten der Beklagten habe daher nicht eintreten können.

Weiter beruft sich die Beklagte auf die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5). Sie ist der Auffassung, dass aufgrund der Vereinbarung keine Provisionsansprüche des Herrn ... mehr gegen die Beklagte bestehen. Die Aufhebungsvereinbarung sei auch nicht unwirksam aufgrund der Verstrickungswirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5.5.2011. Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss künftige Auskunfts- und Provisionsansprüche betreffe, sei noch keine entgegenstehende Verstrickung eingetreten gewesen. Bei den künftigen Auskunfts- und Provisionsansprüchen handele es sich nicht um sog. „betagte“ Forderungen, so dass sich die Verstrickung nicht bereits mit Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf die künftigen Forderungen erstrecken könne. Dem Schuldner sei zudem nicht die Rechtsmacht entzogen, Verfügungen über das den zu pfändenden Forderungen zu . Grunde liegende Rechtsverhältnis, d.h. hier die Provisionsvereinbarung vom 21.2.2001, zu treffen. Zudem sei die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) nicht sittenwidrig. Grund für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung sei vielmehr gewesen, dass der Kläger als Geschäftsführer der für die Abrechnung der Provisionen verantwortlichen ... die Abrechnung der Provisionen massiv unrichtig zum Schaden der Beklagten angewendet habe. Zudem habe der Kläger im Jahr 2011 mit handschriftlicher Notiz (Anlage B 4) der Beklagten sowie Herrn ... gestattet, über die Provisionsvereinbarung zu befinden. Weiterhin sei durch die Aufhebungsvereinbarung keine Rechtsposition des Klägers berührt, da weder der Kläger noch die ... Parteien der Provisionsvereinbarung vom 21.2.2001 seien. Zuletzt sei dem Kläger ein Berufen auf Sittenwidrigkeit der Aufhebungsvereinbarung verwehrt, indem er bereits hinsichtlich der Provisionsvereinbarung beide Seiten anwaltlich beraten und damit gegen das Verbot widerstreitender Interessen als gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB verstoßen habe.

Die Beklagte ist zudem der Meinung, dass die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit bzw. fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sei, weil der Kläger unter dem Az. 10 O 13430/13 die Beklagte auf Zahlung des Gesamtbetrags aus demjenigen Titel, welcher dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugrunde liegt, verklagt.

Die Beklagte erklärt weiterhin die Hilfsaufrechnung mit vertraglichen Schadensersatzansprüchen aufgrund falscher Provisionsabrechnungen. Die Beklagte behauptet insoweit, sie habe für den Zeitraum 4. Quartal 2004 bis 3. Quartal 2010 einen Provisionsbetrag in Höhe von insgesamt ... € gezahlt. Abgesehen davon, dass diese Zahlungen einheitlich auf Basis von 5 % der Nettoumsätze der Beklagten abgerechnet wurden, sei insoweit entgegen der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) die Umsatzsteuer in Höhe von 16 % für die Jahre 2004 bis 2006 und in Höhe von 19 % für die Jahre 2007 bis 2010 bei der Abrechnung seitens der ... aufgeschlagen worden, was dem Schuldner ... zuzurechnen sei, da insoweit die ... als seine Erfüllungsgehilfin zu sehen sei. Die Umsatzschwellen der Provisionsvereinbarung seien als in DM vereinbart anzusehen, maßgeblich sei dahingehend der Verhandlungszeitpunkt der Vereinbarung im Jahre 2000 bzw. 2001. Der Einwand der Verjährung der Gegenforderungen greife nicht, da sich die Forderungen in unverjährter Zeit gegenüber gestanden hätten.

Das Gericht hat mit Teilurteil vom 14.5.2014 die Beklagte zur Auskunftserteilung für die Zeit ab 1.10.2010 bis 31.12.2013 verurteilt, im Übrigen die Klage in erster Stufe abgewiesen. Im Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht München, Az.: 23 U 2365/14, wurde nach Auskunftserteilung der Auskunftsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 6.11.2014 der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Verhandlungstermin in zweiter Stufe wurde anberaumt auf 4.2.2015. Mit Beschluss vom 1.4.2015 hat das Gericht rechtliche Hinweise erteilt. Mit Zustimmung der Parteien vom 16.4.2015 und 17.4.2015 hat das Gericht am 20.4.2015 die Durchführung des schriftlichen Verfahrens angeordnet; berücksichtigt wurden Schriftsätze, die bis spätestens zum 20.5.2015 eingereicht wurden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie die sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Stufenklage ist - soweit über sie durch Schlussurteil in der zweiten Stufe zu entscheiden war - teilweise begründet.

I.

Die Stufenklage nach § 254 ZPO ist zulässig. Hinsichtlich der ersten Stufe der Klage auf Auskunftserteilung wurde der Rechtsstreit in zweiter Instanz für erledigt erklärt.

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.

Der Klage steht keine anderweitige Rechtshängigkeit durch die seit 17.6.2013 bei dem Landgericht München I anhängige Klage, Az. 10 O 13430/13 entgegen. Entgegenstehende Rechtshängigkeit kann durch eine zweite Klage für die erste Klage nicht eintreten (Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 261, Rn. 10). Lediglich dem zweiten Prozess kann insoweit doppelte Rechtshängigkeit entgegenstehen. Die vorliegende Klage ist seit dem 19.7.2012 rechtshängig. Entsprechend besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die hiesige Klage, sofern dem zweiten Prozess möglicherweise doppelte Rechtshängigkeit entgegensteht und eine Sachentscheidung in diesem Fall unterbleibt. Sofern die anderweitige Klage Az. 10 O 13430/13 einen anderen Streitgegenstand betrifft, kann dies ebenfalls nicht zu einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für die vorliegende Klage führen.

Der Klage steht auch keine anderweitige Rechtshängigkeit durch die beim Landgericht München I anhängige Klage Az. 23 O 12487/14 entgegen, da sich die jeweils streitgegenständlichen Abrechnungszeiträume nicht überschneiden.

II.

Die Klage ist in zweiter Stufe teilweise in Höhe von ... € des zuletzt mit ... € geltend gemachten Klagebetrages entsprechend einer Quote von 42 % begründet.

Dem Kläger steht im Ergebnis aufgrund der gepfändeten und überwiesenen Ansprüche aus der Provisionsvereinbarung des Herrn ... mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin ... vom 212.2001 (Anlage K 2) ein Anspruch auf Provisionszahlung nach Maßgabe der gegenüber der Firma ... erbrachten Werkvertragsleistungen für die Zeit ab 20.9. bzw. 1.10.2010 bis einschließlich 31.12.2011 zu, §§ 412, 398 Satz 2 BGB i.V.m. § 829 Abs. 2 ZPO.

1. Ein Vollstreckungstitel des Klägers gegen den Schuldner liegt mit dem notariellen Schuldschein des Notars ... unstreitig vor. Dass dem Kläger eine Forderung gegen den Schuldner ... nicht zusteht, wird von der Beklagten auch nicht behauptet.

2. Dem Kläger wurden die gepfändeten Provisionsansprüche zur Einziehung mit Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) überwiesen, § 836 Abs. 1 ZPO.

3. Der Überweisungsbeschluss ist wirksam, entspricht dem Pfändungsbeschluss und wurde der Beklagten am 10.5.2011 zugestellt (vgl. Anlagen K1 und K 15). Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Wirksamkeit der Pfändung und der Überweisung zur Einziehung nicht entgegen, dass die Drittschuldnerin in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und bei der Angabe der Zustellungsadressatin in den Zustellungsurkunden nicht in der Rechtsform der „Kft.“ sondern als „GmbH“ betitelt ist. Die falsche Bezeichnung der Rechtsform „GmbH“ führt im vorliegenden Fall nicht zu einer Unbestimmtheit, die die Nichtigkeit der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse bewirkt (vgl. BAG, Urt. v. 6.5.2009 - 10 AZR 834/08 für den Fall, dass die Bezeichnung „GmbH“ fehlt).

a. Der Pfändungsbeschluss muss die zu pfändende Forderung so bestimmt bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung des Beschlusses - nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für andere Personen, insbesondere für weitere Gläubiger, die möglicherweise pfänden wollen - unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Hierbei muss der Drittschuldner so bezeichnet sein, dass über seine Identität auch für Dritte keine Zweifel bestehen (BGH, Urt. v. 9.7.1987 - IX ZR 165/86).

b. Dies ist hier der Fall, obwohl die Beklagte im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) als ... bezeichnet wurde. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen auch für Dritte keine Zweifel an der Identität der Drittschuldnerin, wenn sie im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss lediglich als ... gezeichnet worden wäre. Dies entspricht der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 6.5.2009 - 10 AZR 834/08), nach der die fehlende Angabe der Rechtsform nicht ohne Weiteres dazu führt, dass die Drittschuldnerbezeichnung unzureichend ist. In dem vom BAG entschiedenen Fall bestand aufgrund der Geschäftsbezeichnung „Bäckerei R“ und der angegebenen Adresse kein Zweifel an der Identität der Drittschuldnerin, da an dem angegebenen Ort nur eine Gesellschaft die Bezeichnung „Bäckerei R“ in ihrem Firmennamen trug. Auch im vorliegenden Fall gab es außer der Beklagten keine andere Gesellschaft, die die Bezeichnung ... in ihrer Firma hatte und die in ... ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung hatte. Dass im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht die konkrete Adresse angegeben ist, ist insoweit nicht ausschlaggebend. Allein der Zusatz „GmbH“ führt nicht zu Zweifeln über die, Identität der Drittschuldnerin, zumal es sich bei der Beklagten um eine Kft. handelt, die der deutschen GmbH entspricht (Krafka/MüKo HGB, 3. Aufl., § 13 e, Rn. 5). Daher verfängt der Einwand der Beklagten auch nicht, der Zusatz „GmbH“ dürfe nicht „einfach hinweggedacht“ werden. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Beklagten, es liege keine „Ungenauigkeit“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH vor (vgl. Urt. v. 14.1.2010 - V ZR 269/98). Es kann dahinstehen, ob es treuwidrig ist, dass die Beklagte sich im Prozess darauf beruft, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 betreffe sie nicht, obwohl sie in ihrem Schreiben vom 20.6.2011 (Anlage B 2) diesen Einwand nicht erhob und - wie sich beispielsweise aus den vorgelegten Provisionsabrechnungen (Anlagen K 5, K 7, K 9) ergibt - im Rechtsverkehr nicht unter ihrer korrekten Firma, sondern als ... aufgetreten ist.

4. Auch der Pfändungsbeschluss vom 5.5.2011 ist wirksam und wurde am 10.5.2011 der Beklagten zugestellt (Anlagen K 1 und K 15). Mit dem Pfändungsbeschluss wurden insbesondere die Provisionsansprüche gepfändet (vgl. Anlage K 1), und zwar letztlich in Höhe von ... €.

a. Hinsichtlich der fehlerhaften Bezeichnung der Drittschuldnerin gilt das oben ausgeführte.

b. Dem Schuldner stand zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses grundsätzlich auch ein Anspruch auf Provisionszahlung nach Maßgabe der gegenüber der Firma ... erbrachten Werkvertragsleistungen durch Vorlage der entsprechenden Rechnungen für die Zeit ab 20.9.2010 bis einschließlich 31.12.2013 zu. Der entsprechende vertragliche Anspruch ergibt sich aus § 6 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2).

Die Beklagte ist war zwar nicht Partei des Vertrags, ist in diesen jedoch unstreitig für die ... eingetreten. Die Übertragung eines Schuldverhältnisses im Ganzen ist zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1985 - IX ZR 173/84).

c. Aufgrund wirksamer Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) ist die Provisionsvereinbarung zwischen der Beklagten und Herrn ... mit Wirkung zum 31.12.2011 aufgehoben worden. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) geht insoweit hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 ins Leere. Die darin enthaltene Abgeltungsklausel ist dagegen relativ, also im Verhältnis zur Klagepartei, unwirksam.

aa. Die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) ist wirksam.

aaa. Die Aufhebungsvereinbarung ist entgegen der Auffassung der Klagepartei nicht aufgrund von Sittenwidrigkeit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei hat nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass die Aufhebungsvereinbarung wegen Kollusion oder vorsätzlicher Verleitung zum Vertragsbruch nichtig wäre. Die Beklagte hat die entsprechenden Behauptungen des Klägers bestritten. Die Klagepartei hat für ihre Vorwürfe keinen Beweis angeboten und ist beweisfällig geblieben. Bei dem Vortrag des Klägers zu den angeblichen Beweggründen der Beklagten sowie des Herrn ... betreffend den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung handelt es sich letztlich um bloße Behauptungen ins Blaue hinein. Entgegen der Auffassung der Klagepartei gibt es vielfältige Gründe, die den Abschluss der streitgegenständlichen Aufhebungsvereinbarung rechtfertigen könnten. Dass die Aufhebungsvereinbarung alleine dem Zweck diente, den Kläger zu schädigen, ist nicht zur Überzeugung des Gerichts erwiesen.

Die Beklagte hat vorgebracht, dass Grund für die Aufhebungsvereinbarung gewesen sei, dass der Kläger als Geschäftsführer der für die Abrechnung der Provisionen verantwortlichen ... die Abrechnung der Provisionen massiv unrichtig zum Schaden der Beklagten angewendet habe. Ob dies tatsächlich zutrifft, kann offen bleiben. Unstreitig ist jedenfalls, dass in der Vergangenheit von der ... vertreten durch den Kläger, Provisionen teilweise zu Unrecht in Höhe von 5 % abgerechnet wurden. Dass sich die Klagepartei insoweit auf positive Kenntnis der Nichtschuld beruft, ist nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt. Zudem übersieht die Klagepartei, dass zwar die Beklagte ein Interesse an der Aufhebung der Provisionsvereinbarung haben mag, Gleiches aber nicht ohne Weiteres für Herrn ...gilt. Soweit die Klagepartei die unbelegte Behauptung in den Raum stellt, dass Herr ... aufgrund großer Schulden kein Interesse an dem Fortbestand der Provisionsvereinbarung habe, ist dies von der Klagepartei weder unter Beweis gestellt noch für das Gericht nachvollziehbar, da Herr ... über die Provisionszahlungen jedenfalls einen Teil seiner Schulden hätte tilgen können. Dass Herr ... gleichwohl genannte Aufhebungsvereinbarung unterzeichnete, lässt daher nicht den zwingenden Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken der Parteien der Aufhebungsvereinbarung zu. Daran ändert auch der Einwand nichts, Herr ... hätte mit der Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung grundlos auf ein zum Ende des Jahres 2011 bestehendes Guthaben in Höhe von ... € verzichtet; schließlich liegt dieser Berechnung allein die Sachverhaltsauslegung des Klägers zugrunde, die Beklagtenseite geht insoweit von die Provisionsansprüche weit übersteigenden Gegenforderungen aus. Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass die Klagepartei den Nachweis der Sittenwidrigkeit der Aufhebungsvereinbarung nicht zu erbringen vermochte.

bbb. Entgegen der Auffassung der Klagepartei war der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5) auch nicht zustimmungsbedürftig. Ein Zustimmungserfordernis kann insbesondere nicht § 8 Abs. 2 der Provisionsvereinbarung vom 21.2.2001 (Anlage K 2) entnommen werden. An genannter Stelle ist nur geregelt, dass die ... auf die Einhaltung des Vertrages zu achten habe und die Abrechnungen und Zahlungen entgegen zu nehmen habe. Hieraus folgt kein Zustimmungsvorbehalt. Hierfür hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die nicht vorliegt. Dabei ist entgegen der Auffassung der Klagepartei auch nicht ausschlaggebend, dass die ... ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Fortbestand des Vertrages hatte, sodass der Vertrag in entsprechender Weise auslegungsbedürftig und -fähig sei. Die ... ist schlicht nicht Vertragspartei. Im Übrigen ist ein entsprechender Nutzen, den ein Dritter aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen anderen Parteien zieht, selbst wenn ihm dahingehend ein unmittelbarer Anspruch eingeräumt wurde, nicht per se ausschlaggebend für ein Zustimmungserfordernis des Dritten, vgl. § 328 Abs. 2 BGB. Nach der Treuhandklausel in § 8 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) war die ...ediglich mit der finanziellen Abwicklung des Vertrags zwischen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und Herrn ... gegen eine entsprechende Beteiligung an der Provision zugunsten Herrn ... betraut. Ein entsprechender Vertragszweck, aufgrund dessen die Befugnis der Vertragsparteien, die die ... begünstigende Regelung aufzuheben oder zu ändern, von der Zustimmung der ... abhängen soll, ist schon weder ersichtlich noch vorgetragen. Dies gilt umso mehr, als nicht allein die die ... begünstigende Vertragsregelung als Annex des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) aufgehoben werden sollte, sondern die Provisionsvereinbarung zwischen den Parteien insgesamt.

ccc. Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger behauptet, dass die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 nicht von beiden Parteien wirksam unterzeichnet wurde, handelt es sich erneut um eine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein. Ausweislich Anlage B 5 wurde die Aufhebungsvereinbarung von Herrn ... sowie vom Prokuristen der Beklagten Herrn ...unterzeichnet. Soweit der Kläger sich zuletzt darauf berief, die Unterschriften auf den als Anlage B 5 und B 6 vorgelegten Aufhebungsvereinbarungen seien bei genauer Betrachtung im Wesentlichen identisch, so kann dahin gestellt bleiben, ob die Vereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) letztlich von Herrn ... oder - wie die Vereinbarung vom 30.12.2009 - von Herrn ... unterzeichnet wurde. Schließlich ist Letzterer nicht nur als Prokurist der ... aufgetreten (vgl. Anlage K 2, Schreiben vom 9.2.2011 als Anlage nach K 10), sondern auch als Prokurist der Beklagten (vgl. Anlagen B 2, B 7). Ausweislich des Schreibens des Klägers vom 4.7.2011 (Anlage B 4) differenzierte auch dieser selbst insoweit nicht, indem genanntes Schreiben gleichzeitig an die ... sowie die Beklagte gerichtet ist und einheitlich Herr ... angesprochen wird. Aus den weiterhin klägerseits in entsprechender Weise beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 27.2.2013 (vorgelegt mit klägerischem Schreiben vom 11.3.2013) und vom 5.3.2013 (vorgelegt mit klägerischem Schreiben vom 21.3.2013) ergibt sich darüber hinaus auch die Geschäftsführerstellung des Herrn ..., und zwar sowohl für die ... als auch für die Beklagte. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, warum der Geschäftsführer bzw. Prokurist der Beklagten nicht zur Vertretung der Beklagten berechtigt gewesen sein sollte. Hierzu hätte es jedenfalls näherer Darlegungen der Klagepartei bedurft, die nicht erfolgt sind. Soweit der Kläger darüber hinaus zuletzt den Abschluss als solches, i.e. die Existenz der Aufhebungsvereinbarung insgesamt, pauschal bestreitet, ist dies in Ansehung des beiderseitigen konkreten Vorbringens unbeachtlich und widersprüchlich zum vorangegangenen eigenen Vorbringen.

bb. Die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) ist nicht aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5.5.2011 (Anlage K 1) relativ unwirksam, § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 135, 136 BGB. Dies gilt jedenfalls, soweit der hier streitgegenständliche Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 betroffen ist.

aaa. Die Pfändung zukünftiger Rechte ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung nur zulässig, wenn eine Rechtsbeziehung besteht, aus der diese Rechte nach ihrer Art und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden können und wenn sich der Pfändungsbeschluss erkennbar auf sie erstreckt (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6; Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 12). Provisionsansprüche aus künftigen Geschäften sind bei bestehendem Vertretervertrag zwar grundsätzlich pfändbar (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6 unter Hinweis auf RGZ 138, 252 ff.; Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 14; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urt. v. 7.3.2006 - 4 U 659/04-184, 4 U 6594 U 659/04, Rn. 23 - zitiert nach juris). Nicht genügend ist allerdings die bloße Erwartung, dass eine Forderung entstehen könnte (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl., § 829 Rn. 10 a). Weiter ist zu berücksichtigen, dass ein Pfandrecht an künftigen Forderungen erst mit entstehender Forderung entsteht (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl., § 829 Rn. 28 a), d.h. ein Pfändungspfandrecht an künftig fälligen Bezügen nicht bereits mit der erstmaligen Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner zur Entstehung gelangt (Riedel, in: BeckOK, ZPO, 16. Aufl., § 832 Rn. 3.1). Werden künftige Forderungen gepfändet, entstehen Verstrickung und Pfandrecht vielmehr erst mit der Entstehung des gepfändeten Rechts (Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 17; Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 12, 27; Riedel, in: BeckOK, ZPO, 16. Aufl., § 829 Rn. 9, § 832, Rn. 3). Des Weiteren ist anerkannt, dass dem Schuldner durch die Pfändung lediglich die Verfügung über die Forderung selbst verboten ist, er aber gerade nicht daran gehindert ist, der Pfändung durch die Einwirkung auf das Rechtsverhältnis, das der Forderung zugrunde liegt, den Boden zu entziehen, da die Beschlagnahmewirkung das zu Grunde liegende Rechtsverhältnis nicht ergreift (Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 829 Rn. 53). Einzig Rechtshandlungen, die unmittelbar den Bestand der gepfändeten Forderung betreffen, sind dem Schuldner verwehrt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 829, Rn. 18 m.w.N.; BGH, Urt. v. 28.3.1990 - VIII ZR 17/89).

bbb. Die streitgegenständlichen Ansprüche auf Auskunft und Provisionszahlung betreffend den Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 werden vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) nicht erfasst. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezieht sich zwar ausdrücklich auch auf künftig fällig werdende Beträge. Gleichwohl konnte an den streitgegenständlichen Ansprüchen auf Auskunft und Provisionszahlung betreffend den Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 keine Verstrickungswirkung eintreten.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Verfügungsverbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht dazu führt, dass den an dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Beteiligten die Verfügungsgewalt über das Rechtsverhältnis insgesamt entzogen würde. Eine etwaige Verstrickungswirkung bzw. das Verfügungsverbot erfasst lediglich die konkreten Ansprüche, gegebenenfalls im vorliegenden Fall an sich auch zukünftige Ansprüche aus der Vereinbarung vom 21.2.2001 (Anlage K 2), nicht jedoch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis, also die Vereinbarung selbst. Mithin umfasst die relative Unwirksamkeit nach §§ 135, 136 BGB nur die Abgeltungsklausel aus der Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5), nicht jedoch die Aufhebung der Provisionsvereinbarung für die Zukunft, d.h. mit Wirkung ab 1.1.2012, als solche. Da dem Schuldner, d.h. Herrn ... lediglich die Verfügung über die Forderung selbst verboten ist, ist er nicht daran gehindert, der Pfändung durch die Einwirkung auf das Rechtsverhältnis, das der Forderung zugrunde liegt, den Boden zu entziehen, als die Beschlagnahmewirkung das der Forderung zugrundeliegende Rechtsverhältnis nicht ergreift.

Vor allen Dingen ist aber zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Ansprüche auf Auskunft und Provisionszahlung hinsichtlich des „ob“ und „wie“ im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses völlig unbestimmt waren. So war im Mai 2001 bei Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht klar, ob im Zeitraum 1.1.2012 bis 31.12.2013 überhaupt noch von der Beklagten gegenüber der Firma ... Werkvertragsleistungen erbracht würden und falls ja in welcher Höhe. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Regelung in § 6 Abs. 4 der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) hin. Demnach wurde vereinbart, dass falls der mit dem Auftraggeber (hier: Firma ...) abgeschlossene Vertrag, gleich aus welchem Rechtsgrund, endet, auch die Verpflichtung der Beklagten, an Herrn ... die vereinbarte Provision zu bezahlen, nicht besteht. Nicht entscheidend ist dabei, dass Herr ... die Vermittlung der Firma ... bereits in der Vergangenheit erbracht hatte. Die Provision war mit Erbringung der Vermittlungsleistung gerade noch nicht angefallen, sondern gem. § 6 der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) davon abhängig, ob überhaupt noch von der Beklagten gegenüber der Firma..., Werkvertragsleistungen erbracht würden und falls ja in welcher Höhe.

Des Weiteren ist § 6 Abs. 2 der Provisionsvereinbarung (Anlage K 2) zu entnehmen, dass eine quartalsweise Abrechnung der Provision vereinbart wurde. Daraus folgt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Forderungen nicht etwa um sog. „betagte“ Forderungen handelt, bei denen eine Pfändung mit Verstrickungswirkung auch betreffend zukünftiger Zeiträume in Betracht gekommen wäre (zur Abgrenzung betagter und befristeter Forderungen näher BGH, Urt. v. 28.3.1990 - VIII ZR 17/89; BGH, Urt. v. 17.7.2008 - IX ZR 203/07; BGH, Urt. v. 25.4.2013 - IX ZR 62/12). Vielmehr ist es hier so, dass die von der Klagepartei begehrten Provisionsansprüche quartalsweise, d.h. befristet, entstehen, und zwar unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass im jeweiligen Quartal überhaupt noch von der Beklagten gegenüber der Firma ..., Werkvertragsleistungen erbracht werden. Dies unterscheidet die streitgegenständlichen Ansprüche von solchen aus fortlaufenden Bezügen wie Miete, Pacht bzw. Lohn- oder Gehaltsansprüchen. Eine Pfändung mit Verstrickungswirkung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) kam daher nicht in Betracht. Vielmehr wäre eine Verstrickungswirkung erst mit dem quartalsweisen Entstehen - nicht lediglich Fälligwerden - der Forderungen, d.h. hier frühestens in 2014 in Betracht gekommen. Zu diesem Zeitpunkt war aber schon die Aufhebungsvereinbarung vom 29.12.2011 (Anlage B 5) zwischen der Beklagten und Herrn ... geschlossen worden.

Da wie zuvor ausgeführt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5.5.2011 (Anlage K 1) keine Verstrickungswirkung betreffend die streitgegenständlichen Forderungen zum 29.12.2011 (d.h. dem Datum des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung) entfaltete, kann der Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 5), jedenfalls soweit die streitgegenständlichen Forderungen betroffen sind, auch nicht eine relative Unwirksamkeit gem. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 135, 136 BGB entgegengehalten werden.

ccc. Das Teilurteil des Gerichts vom 14.5.2014 steht nicht entgegen, da genanntes Teilurteil nicht in Rechtskraft erwachsen ist, nachdem im Parallelverfahren die Parteien die Auskunftsstufe im Berufungsverfahren einverständlich für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat das Gericht mit Beschluss vom 1.4.2015 entsprechende Hinweise erteilt. Entgegen der Auffassung der Klagepartei besteht folglich keinerlei Bindungswirkung, zumal das OLG München in seinem Beschluss vom 23.10.2014 in keiner Weise hinsichtlich der vorliegenden Problematik Stellung genommen hat.

cc. Der Kläger hat daher Anspruch auf Zahlung der Provisionsansprüche hinsichtlich des im Übrigen geltend gemachten Zeitraums, i.e. für das 4. Quartal 2010 sowie das gesamte Jahr 2011. Die entsprechenden Beträge, mithin ... € netto, wurden insoweit mit klägerischem Schriftsatz vom 15.1.2015 auf entsprechendes beklagtenseitiges Vorbringen mit Schriftsatz vom 9.12.2014 unstreitig gestellt. Was entsprechende Provisionsansprüche für den Zeitraum 20.9.2010 bis 30.9.2010 betrifft, ist keinerlei substantiierter Sachvortrag der Klagepartei zu verzeichnen bzw. fand letztlich ausgehend von dem ersten klägerischen Schriftsatz hinsichtlich der zweiten Stufe des Verfahrens insoweit keine Geltendmachung statt.

aaa. Ob für die Berechnung der Höhe der Provisionsansprüche im Rahmen der Schwellenwertgrenzen nach § 6 Abs. 1 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) entsprechende Nettoauftragsvolumensbeträge in DM oder € zugrunde zu legen sind, kann einerseits aufgrund der klägerischen Unstreitigstellung, andererseits aufgrund der Tatsache, dass zum genannten Zeitpunkt - 4. Quartal 2010 - die Nettoauftragsvolumensschwelle zur 3 %-igen Provision angesichts der gesamten Vertragslaufzeit bzw. der klageseits wie beklagtenseits zur Akte gereichten Anlagen K 3 ff., K 16 ff., B 13, B 14) in jedem Fall überschritten war, dahingestellt bleiben.

bbb. Die Zahlung der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer (im Folgenden: USt) auf die Provisionszahlungen ist nicht geschuldet.

Eine ausdrückliche vertragliche Regelung ist dahingehend nicht zu verzeichnen. Soweit in § 6 Abs. 1 des Vertrags vom 21.2.2001 (Anlage K 2) sich die Formulierung „(...) erhält Herr ... (...) eine Provision aus dem Nettoauftragsvolumen (...)“ findet, ist vielmehr davon auszugehen, dass ein Aufschlag der USt bewusst nicht stattfinden sollte. Grundsätzlich ist die USt ein rechtlich unselbständiger Teil des zu zahlenden Preises und gilt im Zweifel, soweit sich aus den Umständen nichts anderes ergibt, als in dem jeweiligen Preis enthalten (vgl. Palandt/Ellenberger, 74. Aufl., § 157, Rn. 13).

Eine stillschweigende Vereinbarung, dass die ... die geschuldete Provision zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen befugt war, kann aus dem tatsächlichen Verlauf allein nicht gefolgert werden. Insoweit ist grundsätzlich - und zwar auch in Ansehung der zuletzt mit klägerischem Schriftsatz vom 11.2.2015 ohne weitergehenden Sachvortrag vorgelegten Rechnungen der ... an die ... vom 16.11.2004 und 3.2.2005 - schlicht von einem Abrechnungsfehler auszugehen; etwaige Umstände, dass beide Vertragsparteien, also Herr ... und insbesondere die Beklagte bzw, ihre Rechtsvorgängerin ..., dahingehend bewusst mit rechtlichem Bindungswillen gehandelt haben, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

ccc. Mit Schriftsatz vom 22.9.2014 hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt, indem sie den Provisionsansprüchen der Klagepartei Ansprüche auf Rückzahlung an seit 2004 entgegenhält. Zu einem - teilweisen - Erlöschen der Klageforderungen verhilft dies der Beklagten allerdings nicht.

Denn soweit es auf derartige Gegenansprüche - auch aufgrund der Rechtsnachfolge der Beklagten hinsichtlich der ... kraft Vertragsübernahme - bis einschließlich des 3. Quartals 2010 ankäme, wären diese nach § 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Mag auch nach dem Vertrag vom 21.2.2001 (Anlage K 2) die DTV für die korrekte Abrechnung zuständig gewesen sein, so ändert dies - ungeachtet des nicht gegebenen Nachweises einer Kenntnis der Nichtschuld der Beklagten bzw. ihrer Vorgängerin ... entsprechend der klägerischen Ausführungen - angesichts der eindeutigen vertraglichen Schwellenwertgrenzen in § 6 Abs. 1 nichts an der Offensichtlichkeit der Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen. Daher ist dahingehend grobe Fahrlässigkeit i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu bejahen. Denn grob fahrlässig handelt der Gläubiger, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich groben Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 253/07 Urt. v. 13.12.2004 - II ZR 17/03). Dies ist insbesondere zu bejahen, wenn der Gläubiger, der sich die zur Anspruchsgeltendmachung erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen könnte, die auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.2010 - III ZR 249/09 Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 262/07; Urt. v. 10.11.2009 - VI ZR 247/08). Letzteres ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die unmissverständliche Vertragsklausel jedenfalls zu bejahen.

In diesem Zusammenhang ist zwar die Regelung des § 215 BGB zu beachten, wonach nicht maßgeblich ist, ob die Gegenansprüche im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung verjährt wären, sondern ob die Gegenansprüche in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, in dem erstmals aufgerechnet werden konnten, d.h. der Zeitpunkt, in dem sich die jeweiligen Ansprüche in unverjährter Zeit gegenüber standen. Vorliegend macht der Kläger Zahlungsansprüche seit 20.9. bzw. 1.10.2010 geltend. Nach den obigen Ausführungen zur Verjährung sind daher nur die Gegenansprüche als durchsetzbar berücksichtigungsfähig, die ab 1.1.2007 entstanden sind, da diese mit Ablauf des Jahres 2010 verjähren. Insoweit fehlt es an jeglichem Vorbringen der Beklagtenpartei, mittels welchen konkreten Gegenanspruchs gegenüber welchem klageseits geltend gemachten Provisionsanspruch aufgerechnet wird. Maßgeblich wäre insoweit, wann genau die jeweilige Zuvielzahlung seitens der Beklagten bzw. der ... erfolgte und in welcher Höhe zum jeweiligen Zeitpunkt mit den quartalsweise entstandenen Provisionsansprüchen der Klagepartei aufgerechnet werden konnte. Insgesamt ist die Höhe der erfolgten Überzahlungen streitig. Entsprechende nachweisliche Angaben ergeben sich weder unmittelbar aus dem Vortrag der Beklagtenpartei noch sind sie aus den zur Akte gereichten Anlagen B 13 und B 14 ersichtlich. Weitere Beweisangebote waren nicht zu verzeichnen.

Auch wenn dies im Folgenden von sämtlichen Beteiligten des Rechtsstreits übersehen wurde, so greift daneben an sich auch der mit Schriftsatz vom 7.10.2014 vorgebrachte Einwand der Klagepartei durch, als dass eine Aufrechnung gegenüber dem Kläger nicht in Betracht kommt. Denn der Kläger ist lediglich aufgrund der gesetzlichen Folgen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5.5.2011 (Anlage K 1) Forderungsinhaber. Richtiger Anspruchsgegner hinsichtlich der Gegenansprüche der Beklagten bzw. der ... wäre dagegen die ... bzw. Herr ... als Empfänger der Provisionszahlungen.

Vor diesem Hintergrund kann auch in diesem Zusammenhang die Frage, ob für die Berechnung der Höhe der Provisionsansprüche im Rahmen der Schwellenwertgrenzen nach § 6 Abs. 1 des Vertrags vom 212.2001 (Anlage K 2) entsprechende Nettoauftragsvolumensbeträge in DM oder € zugrunde zu legen sind, letztlich offen bleiben, obgleich insbesondere die unstreitige Tatsache, dass - ungeachtet des letztlichen Unterzeichnungsdatums im Jahre 2003 oder 2004 - die Formulierung der Vereinbarung noch zu Zeiten stattfand, als DM die allgemein maßgebliche Währung darstellte, sowie die Regelung hinsichtlich der „Vertragsstrafe von DM 10.000,00“ in § 3 Abs. 2 dafür sprechen, auch hinsichtlich der Schwellenwertgrenzen die DM-Beträge zugrunde zu legen, zumal konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für einen anderweitigen Parteiwillen außer dem späteren Zeichnungsdatum weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

III.

Ab Rechtshängigkeit hat die Klagepartei Anspruch auf Prozesszinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Insoweit ist allerdings erst auf die mit Schriftsatz vom 29.7.2013 erfolgte Klageänderung abzustellen.

Vorliegend wurden zwar bereits mit Schriftsatz vom 16.10.2012 im Wege der Stufenklage ein Auskunftsanspruch und ein unbezifferter Zahlungsanspruch geltend gemacht. Damit wurde auch der noch unbezifferte Leistungsantrag rechtshängig (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 254, Rn. 1). Allerdings wurde dahingehend lediglich Auskunft über den Zeitraum vom 11.10.2010 bis 30.9.2012 begehrt. Erst mit Schriftsatz vom 29.7.2013 erfolgte die Erweiterung auf den Zeitraum von 20.9.2010 bis 31.12.2013, über den letztlich in erster wie in zweiter Stufe zu entscheiden war.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.

Die Kostenquotelung entspricht der zugesprochenen Zahlungssumme im Verhältnis zum zuletzt gestellten Zahlungsantrag in zweiter Stufe. Soweit die erste Stufe zu berücksichtigen war, greift angesichts des nur geringfügigen Unterliegens § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

VI.

Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG wie folgt festgesetzt:

Für die Zeit bis 17.10.2012 ergibt sich der Streitwert in Höhe von ... € aus dem ursprünglichen Zahlungsantrag des Klageschriftsatzes vom 9.7.2012.

Für die Zeit ab 18.10.2012 ergibt sich der Streitwert von ... € aufgrund der mit Schriftsatz vom 16.10.2012 erfolgten Klageerweiterung; insoweit wird auf die Ausführungen des AG ... im Beschluss vom 12.12.2012 verwiesen.

Für die Zeit ab 31.7.2013 aufgrund der Klageänderung im Schriftsatz vom 30.7.2013 ergibt sich der Streitwert in Höhe von ... € analog der Maßgaben des AG ... mittels schätzungsweiser Hochrechnung von acht Quartalen mit durchschnittlich ... € Umsatz auf nunmehr 14 Quartale mit insgesamt ... € Umsatz; konkrete(re) Angaben zur geltend gemachten Provisionssumme bzw. weitere entsprechende Anlagen waren bis dato nicht zu verzeichnen.

Für die Zeit ab 17.6.2014 ergibt sich - wie durch das Gericht bereits vorläufig mit Beschluss vom 17.6.2014 festgesetzt - ein Streitwert von ... € entsprechend des Zahlungsantrags in zweiter Stufe aus dem klägerischen Schriftsatz vom 16.6.2014.

Nämliches gilt für die Zeit ab 19.1.2015 hinsichtlich des Streitwerts von ... € für den mit klägerischem Schriftsatz vom 15.1.2015 geänderten Zahlungsantrag in zweiter Stufe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 155/04 Verkündet am:
20. Juli 2005
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Streitgegenstand eines Berufungsverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen,
die gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Parteivortrags auszulegen sind.
BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - XII ZR 155/04 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem den Parteien Schriftsätze bis zum 13. Juli 2005 nachgelassen waren, am
20. Juli 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick,
Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 8. Juli 2004 insoweit ersatzlos aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Februar 2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau in Höhe von 19.673,48 € nebst Zinsen und Nebenforderungen als unzulässig verworfen wurde (Klagantrag zu 2). Die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde hat, soweit sie ohne Erfolg geblieben ist, die Klägerin zu tragen. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 253.507 € und für die außergerichtlichen Kosten 273.180 € mit der Maßgabe, daß letztere im Verhältnis zum Beklagten nur in Höhe von 93 % anzusetzen sind. Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes 19.673 €. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Der Wert des Berufungsverfahrens wird unter Abänderung des angefochtenen Urteils auf 253.507 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Freistellung von verschiedenen während ihrer Ehe mit dem Beklagten entstandenen Verbindlichkeiten aus dem Betrieb einer Baumschule. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die Klägerin von dem Rückforderungsanspruch des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung A. (Klagantrag zu 2) freizustellen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht im Umfang des schon in erster Instanz erfolgreichen Antrags mangels Beschwer als unzulässig und im übrigen als unbegründet abgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat die Revision gegen das Berufungsurteil zugelassen, soweit sie sich gegen die Verwerfung der Berufung (Antrag zu 2) richtet. Im übrigen hat der Senat die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist - soweit sie der Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat - begründet und führt in diesem Umfang zur ersatzlosen Aufhebung des Berufungsurteils. 1. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin bezüglich des Klagantrags zu 2 zu Unrecht verworfen, weil in diesem Umfang kein Berufungsverfahren anhängig war. Denn ein nach § 322 Abs. 1 ZPO der materiellen
Rechtskraft fähiges Urteil kann nicht über das prozessuale Begehren des Rechtsmittelklägers hinausgehen, das den Streitgegenstand bestimmt (BGH, Urteil vom 15. Juli 1997 - VI ZR 142/95 - NJW 1997, 3019, 3020). Der Streitgegenstand eines Berufungsverfahrens ergibt sich zunächst aus den in der Berufungsbegründung zwingend enthaltenen Berufungsanträgen (§§ 520 Abs. 3 Nr. 1, 528 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf das Berufungsgericht bei der Ermittlung des prozessualen Begehrens aber nicht beim Wortlaut der Anträge verharren, sondern muß stets auch die Berufungsbegründung zur Auslegung des Klagebegehrens heranziehen (BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - I ZR 226/90 - NJW 1992, 2969, 2970). Dabei ist das Vorbringen einer Partei so auszulegen, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrem Interesse entspricht (BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - IV ZR 369/94 - NJW-RR 1995, 1469, 1470). 2. Zwar hatte die Klägerin sämtliche erstinstanzlichen Anträge mit ihrer Berufungsbegründung wiederholt und deswegen auch den Antrag auf Freistellung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung A. aufgeführt. Weil es aber fern liegt, daß eine Prozeßpartei im Berufungsverfahren Ansprüche weiterverfolgt, mit denen sie schon in erster Instanz obsiegt hatte, hätte es dem Berufungsgericht jedenfalls oblegen, die Klägerin gemäß § 139 ZPO auf diesen Umstand hinzuweisen, um eine eindeutige Bezeichnung des Streitgegenstandes zu erreichen. Hier bedurfte es allerdings wegen des klaren Inhalts der Berufungsbegründung nicht einmal eines solchen Hinweises. Denn die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung im unmittelbaren Anschluß an die Berufungsanträge unter der Überschrift "Umfang der Anfechtung" selbst ausgeführt, daß sie hinsichtlich des Freistellungsanspruchs von Forderungen des Amtes für Landwirtschaft
und Flurneuordnung A. schon in erster Instanz obsiegt hatte. Weiter hat sie ausdrücklich erklärt: "Die diesbezügliche Entscheidung des Landgerichts wird mit der Berufung nicht gerügt". Damit stand der Umfang des Streitgegenstandes im Berufungsrechtszug trotz der mißverständlich formulierten Anträge eindeutig fest. Die Klägerin wollte jedenfalls keine Ansprüche weiter verfolgen, mit denen sie schon in erster Instanz obsiegt hatte. 3. Weil der schon in erster Instanz erfolgreiche Anspruch der Klägerin nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens war, durfte das Berufungsgericht darüber auch nicht entscheiden. Das angefochtene Urteil ist insoweit mit der Kostenfolge der §§ 91 Abs. 1 ZPO, 21 Abs. 1 GKG ersatzlos aufzuheben, was sich auch auf den Wert des Berufungsverfahrens auswirkt (zu den Kosten der überwiegend zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerde vgl. BGH Beschluß vom 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - NJW 2004, 1048 f.). Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil in diesem Umfang kein Berufungsverfahren anhängig war.
Hahne Sprick Wagenitz
Fuchs Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB503/14
vom
1. April 2015
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In Ehe- und Familienstreitsachen darf ein Rechtsmittel nicht wegen Unbestimmtheit
eines Teils des Beschwerdeangriffs insgesamt als unzulässig
angesehen werden, wenn der Begründungsschrift eindeutig zu entnehmen
ist, dass der Rechtsmittelführer seinen prozessualen Anspruch jedenfalls in einer
bestimmten Höhe weiterverfolgen will (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 1. April 1987 - IVb ZB 86/86 - juris und BGH Urteil vom 1. Juli 1975
- VI ZR 251/74 - NJW 1975, 2013).
BGH, Beschluss vom 1. April 2015 - XII ZB 503/14 - OLG Karlsruhe
AG Wiesloch
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. April 2015 durch den Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger
und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. August 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 9.291 €

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren Ehemann, auf Getrenntlebens - und Kindesunterhalt in Anspruch.
2
Die seit Juli 2005 verheirateten Beteiligten leben seit Februar 2012 voneinander getrennt. Der im April 2008 geborene gemeinsame Sohn lebt bei der Antragstellerin. Auf deren Antrag hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet , monatlichen Trennungsunterhalt für Oktober 2012 bis einschließlich Februar 2013 in Höhe von 591,60 € und ab März 2013 in Höhe von 791,60 € sowie für den gemeinsamen Sohn ab Oktober 2012 nach der jeweiligen Altersstufe Unterhalt von 128 % des Kindesmindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle (abzüglich hälftigem Kindergeld) zu bezahlen, und diese Zahlungsverpflichtungen für sofort wirksam erklärt.
3
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt und diese mit gesondertem Schriftsatz, der keinen ausformulierten Beschwerdeantrag enthält, begründet. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
1. Sie ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), das den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 - XII ZB 167/11 - FamRZ 2013, 1117 Rn. 4 mwN).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
7
a) Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Beschwerde sei unzulässig , weil die Beschwerdebegründung keinen Beschwerdeantrag enthalte. Dem Schriftsatz ließen sich weder Umfang noch Ziel der Beschwerde hinreichend bestimmt entnehmen. Die Beschwerdeeinlegung sei unbeschränkt er- folgt, so dass sich die Beschwerde zunächst auch gegen die Entscheidung zum Kindesunterhalt gerichtet habe. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe insoweit eine Anfechtung erfolgen solle, lasse die Beschwerdebegründung nicht eindeutig erkennen. Zwar sei im Betreff "Beschwerdeverfahren-Trennungsunterhalt" angegeben und auf den Kindesunterhalt sei mit keinem Wort eingegangen , was dafür sprechen könne, dass der Antragsgegner die hierzu ergangene Entscheidung akzeptiere, zumal er - wenn auch unter dem Zwang drohender Zwangsvollstreckung - in der Vergangenheit sogar einen höheren Kindesunterhalt gezahlt habe. Andererseits behaupte er aber ein Nettoeinkommen, das die als Kindesunterhalt zugesprochenen Beträge nicht rechtfertige. Zudem gehe er im Rahmen der Berechnung des Trennungsunterhalts nicht von der vom Amtsgericht zuerkannten Höhe des Kindesunterhalts aus.
8
Aus den innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen sei auch nicht eindeutig erkennbar, in welchem Umfang die Entscheidung über den Trennungsunterhalt angefochten werden solle. Der Antragsgegner trage vor, der Anspruch sei nach Höhe und zeitlicher Bemessung unrichtig festgesetzt. Der Beschwerdebegründung lasse sich entnehmen, dass der Antragstellerin für Oktober 2012 bis Februar 2013 monatlich 8,46 € zustünden - wobei dieser Betrag nicht nachvollziehbar sei, weil die entsprechende Berechnung einen Anspruch von 0 € ergebe - und ab März 2013 monatlich 62,66 €. Der Antragsgegner berufe sich aber auch auf Verwirkung und darauf, dass das Amtsgericht sich mit dem Gesichtspunkt der zeitlichen Begrenzung des Trennungsunterhalts nicht auseinandergesetzt habe, wobei Letzteres nach seiner Meinung dazu zu führen habe, dass die Trennungsunterhaltszahlungen spätestens ab März 2014 einzustellen seien. Ob es sich dabei um einen Hauptoder einen Hilfsantrag handele, sei nicht erkennbar, was auch daran deutlich werde, dass der Antragsgegner in einem Schriftsatz nach Ablauf der Be- schwerdebegründungsfrist einen Antrag formuliert habe, der keine zeitliche Begrenzung enthalte.
9
b) Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
aa) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts , wonach der Beschwerdeführer gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen hat. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 15 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 13 mwN).
11
Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung beinhalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert der Zweck des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO nicht zwingend einen förmlichen Sachantrag. Durch die Vorschrift soll der Berufungskläger im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu angehalten werden, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht sowie Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Daher reicht es aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (Senatsbeschlüsse vom 19. November 2014 - XII ZB 522/14 - FamRZ 2015, 247 Rn. 10; vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 16 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 14 mwN).
12
Danach sind die Anforderungen, die § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG an einen bestimmten Sachantrag stellt, erfüllt, wenn die Beschwerdebegründung erkennen lässt, in welcher Weise der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll. Eine Schlüssigkeit der gegebenen Begründung ist nicht erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 17 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 15 mwN).
13
bb) Gemessen hieran genügt die Beschwerdebegründungsschrift des Antragsgegners den formalen Anforderungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG an einen Beschwerdeantrag. Dem Schriftsatz lassen sich Umfang und Ziel der Beschwerde noch hinreichend bestimmt entnehmen.
14
(1) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Beschwerdebegründungsschrift eindeutig zu entnehmen, dass der Antragsgegner sich nicht gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt wendet. Dies belegt der vom Beschwerdegericht gesehene Betreff ("wegen Beschwerdeverfahren-Trennungsunterhalt") ebenso wie der Umstand, dass der 17-seitige Schriftsatz an keiner Stelle auf den Kindesunterhalt eingeht. Es wird aber auch daraus deutlich, dass der Antragsgegner in seine Berechnungen zum Getrenntlebensunterhalt einen monatlichen Kindesun- terhalt von 350 € und damit eben den - über dem titulierten Unterhalt liegenden - Betrag eingestellt hat, den er unstreitig stets bezahlt hat und den auch das Amtsgericht bei der Berechnung des Getrenntlebensunterhaltsanspruchs der Antragstellerin berücksichtigt hat. Zweifel daran, dass dieser Teil der amtsgerichtlichen Entscheidung vom Antragsgegner mit der Beschwerde nicht angegriffen werden soll, verbleiben mithin nicht.
15
(2) Aber auch hinsichtlich des Getrenntlebensunterhalts lässt die Beschwerdebegründung in für § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG ausreichender Weise erkennen, in welchem Umfang der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll.
16
(a) Das Beschwerdegericht vertritt allerdings zutreffend die Ansicht, aus dem Schriftsatz ergebe sich nicht, ob der Antragsgegner sich nur gegen die Höhe des zugesprochenen Unterhalts wende, also den Beschluss lediglich wegen der 8,46 € bzw. 62,66 € übersteigenden Monatsbeträge angreife, oder aber hinsichtlich des Getrenntlebensunterhalts wie in erster Instanz eine vollständige Antragsabweisung begehre. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, aus der im Fließtext enthaltenen Formulierung "zuzuerkennen sind" im Zusammenspiel mit dem konkret genannten Enddatum (28. Februar 2014) gehe das Rechtsschutzziel eindeutig hervor, geht fehl. Abgesehen davon, dass offen bleibt, ob eine Befristung nur hilfsweise geltend gemacht sein soll, enthält die Beschwerdebegründung auch Ausführungen zur Verwirkung. Diese finden sich zwar - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht anmerkt - unter "Verfahrensverlauf", schließen aber mit der Ankündigung, es werde hierzu noch in einem gesonderten Schriftsatz weiter ausgeführt. Dies lässt den Schluss als möglich erscheinen, dass der Einwand im Beschwerdeverfahren verfolgt werden soll.
17
(b) Diese Unklarheit führt jedoch nicht dazu, dass die Beschwerde mangels Antrags unzulässig ist.
18
(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Rechtsmittel nicht wegen Unbestimmtheit eines Teils des Beschwerdeangriffs insgesamt als unzulässig angesehen werden, wenn der Begründungsschrift eindeutig zu entnehmen ist, dass der Rechtsmittelführer seinen prozessualen Anspruch jedenfalls in einer bestimmten Höhe weiterverfolgen will. Darauf können sich Gericht und Gegner einstellen. Dem Schutzbedürfnis vor Unklarheit über den Umfang des Rechtsmittels, dem die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG dient, ist für diesen Teil des Beschwerdeangriffs Genüge getan (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 1987 - IVb ZB 86/86 - juris Rn. 13 und BGH Urteil vom 1. Juli 1975 - VI ZR 251/74 - NJW 1975, 2013, 2014).
19
Die Vorschrift des § 537 Abs. 1 ZPO, nach der ein erstinstanzliches Urteil durch das Berufungsgericht auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist, soweit es durch die Berufungsanträge nicht angegriffen wird, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Zwar könnte sie ein schutzwürdiges Interesse des Berufungsbeklagten daran begründen, aus den in der Berufungsbegründungsfrist eingehenden Schriftsätzen des Rechtsmittelklägers eine eindeutige Kenntnis nicht nur von einem Mindestumfang, sondern vom gesamten Ausmaß des Berufungsangriffs zu erhalten. Die Bestimmung ist aber in Ehe- und Familienstreitsachen nicht anwendbar (§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG) und hat dort auch keine Entsprechung.
20
Im Übrigen steht es einem Rechtsmittelführer - in Ehesachen mit der Einschränkung des § 145 Abs. 1 Satz 1 FamFG - frei, auch nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist den Beschwerdeantrag zu erweitern, soweit sich die Erweiterung auf bereits in der Rechtsmittelbegründungsschrift enthalte- ne Gründe stützt (vgl. Senatsurteil vom 12. November 1997 - XII ZR 39/97 - NJW-RR 1998, 572 und BGH Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 74/11 - NJW-RR 2012, 662 Rn. 8). Selbst ein ausdrücklich eingeschränkter Beschwerdeantrag in der Beschwerdebegründung vermittelt daher für sich genommen dem Beschwerdegegner keine Gewissheit, dass der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel nicht auch auf die ursprünglich nicht angegriffenen Teile der erstinstanzlichen Entscheidung erweitert.
21
(bb) Nach diesen Maßstäben scheitert die Zulässigkeit der Beschwerde nicht daran, dass das Rechtsschutzziel unbestimmt wäre. Der Beschwerdebegründung kann eindeutig entnommen werden, dass der Antragsgegner die amtsgerichtliche Entscheidung zum Getrenntlebensunterhalt jedenfalls insoweit angreifen will, als er zur Zahlung von 8,46 € bzw. 62,66 € übersteigenden Mo- natsbeträgen verpflichtet worden ist. Die vom Beschwerdegericht - zu Recht - benannten Unklarheiten beziehen sich lediglich auf die Frage, ob der Antragsgegner darüber hinaus auch wegen Befristung und/oder Verwirkung für bestimmte Zeitabschnitte oder auch insgesamt eine vollständige Antragsabweisung begehrt. Diese Unklarheiten sind für die Frage der Zulässigkeit jedoch nicht maßgeblich.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Wiesloch, Entscheidung vom 30.05.2014 - 2 F 143/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.08.2014 - 2 UF 140/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 174/13
Verkündet am:
26. Februar 2015
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Insolvenzverwalter kann ein übertragbares Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrages
annehmen, welches dem Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über sein Vermögen unterbreitet worden ist.
BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 - IX ZR 174/13 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juli 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 27. März 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des R. B. sen. (fortan: Schuldner). Die Beklagte zu 1 ist die dritte Ehefrau des Schuldners; die Beklagten zu 2 und zu 3 sind Kinder des Schuldners aus früheren Ehen. Am 24. April 2007 gründete die Beklagte zu 1 die B. GmbH. Am selben Tag gründeten alle Beklagten gemeinsamen die B. Verwaltungs GmbH. Diese GmbH wurde persönlich haftende Gesellschafterin der ebenfalls am 24. April 2007 von den Beklagten gegründeten B. GmbH & Co. KG. Die Beklagten schlossen jeweils notariell beurkundete Treuhandverträge mit dem Schuldner, in denen sie sich verpflichteten, ihren jeweiligen Anteil treuhänderisch für ihn zu halten, je- derzeit alles Erlangte an ihn herauszugeben, seinen Anweisungen Folge zu leisten und - abgesehen vom Finanzamt - Stillschweigen gegenüber jedermann zu bewahren. Sie gaben außerdem notariell beurkundete Abtretungsangebote für ihren jeweiligen Anteil ab, die sich an den Schuldner oder einen von diesem zu benennenden Dritten richteten. Mit notarieller Urkunde vom 7. Juli 2009 verzichtete der Schuldner auf alle ihm aus den Abtretungsangeboten zustehenden Rechte. Durch Vereinbarungen vom 21. Januar 2010, an denen der Kläger nicht beteiligt war, wurden sämtliche Treuhandverträge rückwirkend aufgehoben. Am 12. August 2010 nahm der Kläger sämtliche Abtretungsangebote durch notariell beurkundete Erklärungen an. Eine Ausfertigung der notariell beurkundeten Angebote hatte er zuvor nicht erhalten.
2
Der Kläger verlangt nunmehr festzustellen, dass der Schuldner aufgrund der Annahmeerklärungen vom 12. August 2010 die ihm angebotenen Geschäftsanteile erworben habe, dass die Anteile vom Insolvenzbeschlag erfasst und dass sie Teil der Insolvenzmasse seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die begehrten Feststellungen getroffen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger habe die auf Übertragung der Anteile gerichteten Angebote wirksam angenommen. Die Angebote seien dem Schuldner zugegangen, der im Notartermin vom 24. April 2007 persönlich anwesend gewesen sei. Eine Willenserklärung unter Anwesenden gehe zu, wenn der Empfänger sie wahrgenommen habe. Dies gelte auch im Falle einer notariell beurkundeten Willenserklärung. Auf die Fragen der Zustellung einer notariellen Beurkundung und eines Verzichts der Beteiligten auf den formgemäßen Zugang komme es nicht an. Bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Beteiligten sei im Übrigen ein konkludenter Verzicht auf das Erfordernis des formgemäßen Zugangs anzunehmen.
5
Der Kläger habe gemäß § 80 InsO das Angebot annehmen können. Die mit den Abtretungserklärungen erworbenen Anwartschaften auf den rechtlichen Erwerb der Anteile seien Teil der Insolvenzmasse. Ob der Schuldner bereits mit Abschluss der Treuhandverträge wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile geworden sei, könne offenbleiben. Eine Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO habe der Kläger nicht erklärt. Dass im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft das Ausscheiden eines Gesellschafters im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen vorsehe, ändere nichts, weil die Treuhand nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners vereinbart und auch das Abtretungsangebot in Kenntnis des Insolvenzverfahrens abgegeben worden sei.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Dem Schuldner sind wirksame Angebote auf Abtretung der Gesellschaftsanteile unterbreitet worden.
8
a) Ein Schuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, bleibt rechts- und geschäftsfähig (HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 80 Rn. 19; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 80 Rn. 7; Piekenbrock in Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 80 Rn. 9; Schmidt/Sternal, InsO, 18. Aufl., § 80 Rn. 8 f; Windel, KTS 1995, 367, 398). Die Insolvenzordnung verbietet ihm nicht, nach Verfahrenseröffnung Verträge mit Dritten zu schließen. Der Fall, dass ein Schuldner persönlich rechtsgeschäftlich tätig wird, ist in der Insolvenzordnung - von der hier nicht einschlägigen und im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 27. März 2003 auch nicht anwendbaren Vorschrift des § 35 Abs. 2 InsO abgesehen - nicht ausdrücklich geregelt und wurde vom Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht. Die Anwendung der vorhandenen Bestimmungen führt zu wenig sinnvollen Ergebnissen. Einerseits wird nämlich der Schuldner persönlich aus den von ihm geschlossenen Verträgen verpflichtet. Aus § 80 Abs. 1 InsO und § 55 InsO folgt hinreichend deutlich, dass die vom Schuldner geschlossenen Verträge nicht das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen betreffen können; Masseverbindlichkeiten kann der Schuldner ohne Zustimmung des Verwalters nicht begründen. Andererseits fallen die aus dem Vertrag folgenden Rechte der Insolvenzmasse zu (Jaeger /Henckel, InsO, § 35 Rn. 126; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. März 2003 - IX ZB 388/02, ZVI 2003, 170, 173 unter V 2 b). Gemäß § 35 Abs. 1 InsO35 InsO aF) erfasst das Insolvenzverfahren auch dasjenige Vermögen, welches der Schuldner während des Verfahrens erlangt. Dieses eigenartige, mit §§ 320 ff BGB kaum im Einklang stehende Ergebnis (vgl. hierzu und zu möglichen Lösungen Windel, KTS 1995, 367, 397 ff) ändert jedoch nichts daran, dass der Schuldner persönlich Verträge schließen kann. Dann kann er auch Empfänger eines auf Abschluss eines Abtretungsvertrages gerichteten Antrags sein.
9
b) Das Angebot war hinreichend bestimmt (vgl. zur Geltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rn. 22; vgl. auch RG JW 1932, 1008, 1009; BGH, Beschluss vom 19. April 2010 - II ZR 150/09, WM 2010, 1414 Rn. 4 jeweils zur Frage der Bestimmtheit des Gesellschaftsanteils ). Es richtete sich an den Schuldner, dem das Recht eingeräumt worden war, einen Dritten zu benennen.
10
c) Die Angebote der Beklagten sind dem Schuldner auch insoweit zugegangen , als sie auf Abtretung von GmbH-Anteilen gerichtet waren und deshalb gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG notariell beurkundet werden mussten.
11
aa) Eine formbedürftige Willenserklärung muss nicht nur in der vorgeschriebenen Form abgegeben, sondern dem Empfänger auch in dieser Form zugehen. Eine schriftliche Erklärung geht erst mit Übergabe an den anwesenden oder Eingang im Herrschaftsbereich des abwesenden Empfänger zu (RGZ 61, 414, 415 zu § 766 BGB; BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 - II ZR 40/97, ZIP 1998, 1392, 1393; RGRK/Krüger-Nieland, BGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 18, 32; MünchKomm-BGB/Einsele, 6. Aufl., § 130 Rn. 27, 33; Bamberger/Roth/ Wendtland, BGB, 3. Aufl., § 130 Rn. 11, 27; Erman/Arnold, BGB, 14. Aufl., § 130 Rn. 19, 22; Ahrens in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 130 Rn. 8, 24). Ist die notarielle Beurkundung vorgeschrieben, muss der Empfänger eine Ausfertigung erhalten, die gemäß § 47 BeurkG die notarielle Urkunde im Rechtsverkehr vertritt (BGH, Urteil vom 7. Juni 1995 - VIII ZR 125/94, BGHZ 130, 71, 73; vom 10. Juli 2013 - IV ZR 224/12, BGHZ 198, 32 Rn. 25; RGRK/Krüger-Nieland, aaO; MünchKomm-BGB/Einsele, aaO Rn. 21; Erman/ Arnold, aaO Rn. 19; krit. Kanzleiter, DNotZ 1996, 931). Der Schuldner hat selbst keine Ausfertigung der notariell beurkundeten Angebote erhalten.
12
bb) Das Erfordernis des Zugangs einer Willenserklärung in der nach § 15 Abs. 4 GmbHG vorgeschriebenen Form ist jedoch, anders als die gesetzliche Formvorschrift selbst, dispositiv. Abweichend von den gesetzlichen Vorschriften können Zugangserleichterungen vereinbart werden (BGH, Urteil vom 7. Juni 1995, aaO S. 75). Das Berufungsgericht hat eine entsprechende, konkludent getroffene Vereinbarung aus der gleichzeitigen Anwesenheit aller Beteiligten im Notartermin geschlossen.
13
Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen im Ergebnis nicht durch. Die Beklagten haben den Abschluss einer Verzichtsvereinbarung zwar ausdrücklich bestritten. Der in beiden Instanzen zeugenschaftlich vernommene Urkundsnotar hat zudem erklärt, dass der Schuldner gegebenenfalls die bei ihm, dem Notar, verwahrten Ausfertigungen der Urkunden über die Angebote hätte anfordern können; der Schuldner habe ihn angewiesen, die Ausfertigungen in der Handakte zu verwahren. Der so beschriebene Ablauf, mit welchem die Beklagten offensichtlich einverstanden waren, schließt einen beiderseitigen Verzicht auf den Zugang der Erklärungen in der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG jedoch nicht aus. Nach der weiteren Aussage des Notars, welche die Beklagten sich ausdrücklich zu Eigen gemacht haben, sollte der Schuldner allein entscheiden können, ob und wann er die Angebote annahm oder durch einen Dritten annehmen ließ. Die Urkundsbeteiligten, also die Beklagten , sollten nichts mehr unternehmen müssen, um die Angebote "wirksam zu machen". Dieses Ziel konnte nur durch rechtswirksame Angebote erreicht werden. Nur dann waren die Angebote nämlich für die Beklagten überhaupt bindend (§ 145 BGB). Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird erst mit ihrem Zugang wirksam (vgl. § 130 Abs. 1 BGB). Das gilt unabhängig davon, ob sie unter Anwesenden oder unter Abwesenden abgegeben wird. Wären die Angebote dem Schuldner nicht zugegangen, hätten die Beklagten sie jederzeit widerrufen können, ohne dass der Schuldner dies hätte verhindern können. Das war offensichtlich nicht gewollt.
14
cc) Nicht geprüft hat das Berufungsgericht, ob darin, dass der Notar die Ausfertigungen (§ 47 BeurkG) der Angebote auf Weisung des Schuldners bei sich verwahrte, um sie ihm auf Anforderung zu übersenden, ein Zugang der formgerechten Erklärungen beim Schuldner gesehen werden kann. War der Notar insoweit als Beauftragter des Schuldners tätig, hätte es einer Verzichtsvereinbarung nicht bedurft. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch auch nicht an. Die Angebote sind dem Schuldner jedenfalls wirksam zugegangen.
15
2. Der Kläger hat die Angebote in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners wirksam angenommen.
16
a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO ist der Verwalter von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an berechtigt, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners zu verwalten und über es zu verfügen. Soweit dieBefugnisse des Verwalters reichen, werden diejenigen des Schuldners verdrängt.
17
b) Ob der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen ein ihm persönlich unterbreitetes Vertragsangebot annehmen kann oder ob die Annahme des Angebots dem Insolvenzverwalter vorbehalten ist, hängt davon ab, ob die durch das Angebot vermittelte Rechtsposition zur Masse gehört und damit Neuerwerb im Sinne von § 35 Abs. 1 InsO35 InsO aF) darstellt.
18
aa) Ein Vertragsangebot verschafft dem Empfänger eine rechtlich geschützte Position. Gemäß § 145 BGB ist der Antragende an den Antrag gebunden , wenn er die Bindung nicht ausgeschlossen hat. Gemäß § 146 BGB erlischt der Antrag erst, wenn er abgelehnt oder nicht nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig angenommen wird.
19
bb) Zur Masse gehört die Rechtsposition des Angebotsempfängers nach den allgemeinen Regeln (§§ 35, 36 InsO) dann, wenn sie abtretbar (§§ 398 ff BGB) und damit pfändbar (§§ 851, 857 ZPO) ist. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht generell, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall durch Auslegung der Parteierklärungen entscheiden (Staudinger/Bork, BGB, 2010, § 145 Rn. 35; Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 145 Rn. 19; RGRK/Piper, BGB, 12. Aufl., § 145 Rn. 20; Bamberger/Roth/Eckert, BGB, 3. Aufl., § 145 Rn. 48; Brinkmann in Prütting /Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 145 Rn. 13; Windel, KTS 1995, 367, 371). Sehr oft wird ein Vertragsangebot, das sich an einen bestimmten Angebotsempfänger richtet, ausschließlich für diesen bestimmt sein. Eine Abtretung kommt dann nicht in Betracht. Dem Anbieter kann nicht ohne oder sogar gegen seinen Willen ein anderer als der gewollte Vertragspartner aufgedrängt werden (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl., § 145 Rn. 22). Es gibt jedoch Ausnahmen. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts kann das aus der Gebundenheit des Antragenden folgende Recht des Angebotsempfängers jeden- falls dann abgetreten werden, wenn letzterem die entsprechende Befugnis vertraglich eingeräumt worden ist (RGZ 111, 46, 47; RG JW 1914, 350). Hat der Antragende sich ausdrücklich oder den Umständen nach damit einverstanden erklärt, dass der Angebotsempfänger an einen beliebigen Dritten weiterleiten kann, wird ihm dieser Dritte nicht ohne oder gegen seinen Willen aufgedrängt. Der Senat hat unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung angenommen, dass das Recht aus einem Vertragsangebot unter der genannten Voraussetzung pfändbar ist (BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - IX ZR 102/02, BGHZ 154, 64, 69). Im Einverständnis aller Beteiligten können im Wege der Vertragsübernahme sogar die gesamten Rechte und Pflichten aus einem Schuldverhältnis übertragen werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. Juni 1985 - IX ZR 173/84, BGHZ 95, 88, 93 ff; vom 15. August 2002 - IX ZR 217/99, WM 2002, 1968, 1970; vom 11. Mai 2012 - V ZR 237/11, WM 2012, 1331 Rn. 7). Für die aus einem Vertragsangebot folgenden Rechte kann nichts anderes gelten. Sind sie abtretbar und pfändbar, gehören sie auch zur Masse (vgl. Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 37; Staudinger/Bork, aaO).
20
cc) Die notariellen Angebote, um deren Annahme es hier geht, richteten sich jeweils an den Schuldner oder eine von diesem zu benennende Person. Die Beklagten waren von vornherein mit einem anderen Vertragspartner als dem Schuldner einverstanden. Die Rechtsposition, welche der Schuldner nach Zugang der Angebote innehatte, war abtretbar, damit pfändbar und fiel als Neuerwerb in die Insolvenzmasse. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO war es Sache des Klägers, über die Annahme oder Ablehnung des Angebots zu entscheiden.
21
dd) Dieses Ergebnis läuft der vielfach vertretenen Ansicht zuwider, der Schuldner entscheide allein über den Neuerwerb, während dem Verwalter allenfalls ein Zurückweisungsrecht entsprechend § 333 BGB zustehe (vgl. etwa MünchKomm-InsO/Peters, 3. Aufl., § 35 Rn. 53; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rn. 9.26; Windel, KTS 1994, 367, 400). Es ist gleichwohl richtig. Die Befugnisse des Schuldners sind dann, wenn er an ihn persönlich gerichtete Vertragsangebote nicht annehmen oder ablehnen kann, zwar beträchtlich eingeschränkt. Die Einschränkung betrifft jedoch nur solche Angebote, die abtretbar und pfändbar sind und deshalb in die Masse fallen. Für ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages wird dies regelmäßig nicht der Fall sein. Soweit der Schuldner selbständig tätig ist und durch § 35 Abs. 1 (§ 35 aF) teilweise vom Geschäftsleben ausgeschlossen wird (vgl. Windel, aaO), hat er diese Wertentscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen. Nach § 35 InsO wird der Schuldner entweder mit Zustimmung des Verwalters selbständig tätig, steht dann aber unter dessen Aufsicht und handelt für Rechnung der Masse, oder die selbständige Tätigkeit wird freigegeben (§ 35 Abs. 2 InsO). Dass der Schuldner unabhängig vom Verwalter eigennützig selbständig tätig ist, sieht die Insolvenzordnung während des laufenden Insolvenzverfahrens nicht vor.
22
c) Der Verwalter konnte auch das auf Abtretung des Kommanditanteils gerichtete Angebot annehmen. Die Revision verweist dazu auf § 16 des Gesellschaftsvertrages dieser Gesellschaft, in welchem es unter der Überschrift "Vermögensverfall" heißt: "Wird über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet oder Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt, scheidet der betroffene Gesellschafter rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung oder -ablehnung aus der Gesellschaft aus". Daraus, dass sämtliche Beteiligte bei Abgabe des Angebots von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wussten, hat das Berufungsgericht geschlossen, dass der Schuldner das Angebot auch während des Insolvenzverfahrens sollte annehmen können. Die Revision vermisst demgegenüber einen rechtlichen Hinweis des Beru- fungsgerichts und legt dar, dass die Beklagten gegebenenfalls ihr fehlendes Einverständnis behauptet und durch einen Antrag auf Parteivernehmung und die Benennung des Schuldners als Zeugen unter Beweis gestellt hätten. Diese Rüge geht fehl. Das bindende, unwiderrufliche Angebot in Kenntnis des eröffneten Insolvenzverfahrens, welches der Schuldner ohne weitere Mitwirkung der Beklagten sollte annehmen können, stand außer Streit. Dass der Schuldner gleichwohl erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens berechtigt sein sollte, die Annahme zu erklären, haben die Beklagten in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet. Entsprechenden Vortrag weist die Revision jedenfalls nicht nach.
23
d) Der Verzicht, welchen der Schuldner am 7. Juli 2009 erklärt hat, war wirkungslos. Der Schuldner konnte nicht über ein zur Masse gehörendes Recht verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO).
24
e) Die Annahmeerklärungen des Klägers brauchten dem jeweiligen Anbieter nicht zuzugehen. Die Angebote sahen jeweils vor, dass für die Wirksamkeit der Annahme deren notarielle Beurkundung durch einen Notar genügen sollte. Damit haben die Beklagten auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet (§ 151 BGB).
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 22.02.2012 - 2 O 397/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.07.2013 - I-15 U 28/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 416/97 Verkündet am:
14. Januar 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
BGB §§ 157 D, 433 Abs. 2
Sind die Parteien irrtümlicherweise übereinstimmend davon ausgegangen, daß der
Kaufvertrag über Bergwerkseigentum nicht der Umsatzsteuer unterliegt, kann die
Frage, wer die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer zu tragen hat, einer ergänzenden
Vertragsauslegung zugänglich sein.
BGH, Urt. v. 14. Januar 2000 - V ZR 416/97 - Kammergericht
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Vogt, Dr. Lambert-Lang, Tropf und Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Oktober 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 1991 kaufte die damals noch in Gründung befindliche Klägerin von der Treuhandanstalt, die nunmehr unter dem Namen der Beklagten handelt, das Bergwerkseigentum zweier Bergfelder für den Bodenschatz "Kiese und Kiessande" zum Preis von 2.500.000 DM. Nach Erteilung der erforderlichen Genehmigungen wurde der Kaufpreis bezahlt ; Übergabe, Nutzung und Lastentragung sind erfolgt.
Mit Schreiben vom 4. August 1993 forderte die Klägerin von der Treuhandanstalt eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der nach ihrer Auffassung im vereinbarten Kaufpreis enthaltenen Umsatzsteuer. Nachdem das Finanzamt der Treuhandanstalt in anderer Sache mit Schreiben vom 19. November 1993 mitgeteilt hatte, daß die entgeltliche Übertragung von Bergwerkseigentum umsatzsteuerbar und umsatzpflichtig sei, erteilte die Treuhandanstalt mit Schreiben vom 22. März 1994 der Klägerin eine Rechnung über netto 2,5 Mio. DM zuzüglich 14 % Umsatzsteuer, insgesamt 2,85 Mio. DM und forderte sie zur Zahlung der (weiteren) 350.000 DM auf. Ein Angestellter der Klägerin überwies ohne Anweisung der Geschäftsführung diesen Betrag am 12. April 1994 an die Treuhandanstalt, die ihn an das zuständige Finanzamt weiterleitete. Mit der Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der nach ihrer Auffassung zu Unrecht von der Beklagten geforderten und von ihr gezahlten Umsatzsteuer von 350.000 DM sowie die Erteilung einer Rechnung über einen Kaufpreis von 2.192.982,50 DM zuzüglich 307.017,55 DM Mehrwertsteuer. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat im wesentlichen Erfolg gehabt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält einen Rückforderungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB sowie einen Anspruch auf Rechnungs-
stellung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 Abs. 1 UStG für begründet. Die Zahlung von 350.000 DM Umsatzsteuer sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Eine Zahlungspflicht der Klägerin folge weder aus dem Vertrag noch aus einer an §§ 133, 157 BGB orientierten Auslegung der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen noch aus einem Handelsbrauch. Eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zugunsten der Beklagten scheitere schon daran, daß der von ihr behauptete beiderseitige Irrtum für sie weder unvermeidbar noch unvorhersehbar gewesen sei. Auch eine im Wege der Vertragsergänzung auszufüllende Regelungslücke im Sinne des § 9 Ziff. 2 Satz 3 der Kaufurkunde liege nicht vor. Selbst wenn die getroffene Regelung unbillig sei, habe sich die Verkäuferin lediglich wegen falscher Einschätzung der Umsatzsteuerpflicht verkalkuliert.

II.


Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die hierauf zu entrichtende Umsatzsteuer mit einschließt , falls nicht etwas anderes vereinbart wurde oder sich ein abweichender Handelsbrauch entwickelt hat (BGHZ 58, 292 ff, 295 m.w.N.; 60, 199 ff, 203 m.w.N.; 103, 284 ff, 287; 115, 47 ff, 50).
2. Ohne Rechtsfehler vertritt es auch die Auffassung, daß die Parteien die Frage, wer eine etwaige Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht ausdrücklich geregelt haben. Zwar wendet sich die Revision zu Recht gegen die Auslegung des Berufungsgerichts, schon der gewählte Vertragswortlaut "der Kaufpreis für
das Bergwerkseigentum beträgt insgesamt DM 2.500.000" spreche für eine abschließende Regelung. Denn der verwendete Begriff "insgesamt" bezieht sich erkennbar nur auf die aufgeschlüsselten Kaufpreisteile von 0,6 Mio DM und 1,9 Mio. DM für die beiden verkauften Bergfelder. Unstreitig haben die Parteien jedoch über die Frage, wer eine Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht verhandelt. Die Beklagte macht vielmehr geltend, der Vertrag sei in der beiderseitigen Annahme geschlossen worden, das vereinbarte Rechtsgeschäft unterliege nicht der Umsatzsteuerpflicht. Dann aber kommen außerhalb des Erklärungsaktes liegende Umstände, die im Rahmen der Auslegung den zwingenden Rückschluß auf eine gewollte Überwälzung der Umsatzsteuerpflicht auf die Klägerin zuließen, nicht in Betracht. Die in § 5 Ziff. 1 des Kaufvertrags enthaltene Freistellungsverpflichtung der Käuferin betrifft nur die Pflichten der Käuferin im Rahmen der Nutzung und Wiedernutzbarmachung des Bergwerkeigentums , nicht den steuerlichen Aspekt.
3. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, daß dem Vertrag eine Regelung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden kann. Zwar ist es richtig, daß die hierzu erforderliche Lücke nicht daraus hergeleitet werden kann, daß sich die getroffene Preisabsprache als unbillig erweist. Wohl aber sind die Voraussetzungen für die ergänzende Vertragsauslegung dann gegeben, wenn der Vortrag der Beklagten zutrifft, nach dem die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß der Kaufvertrag nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege. Denn in diesem Fall haben die Parteien die Frage, wer die Umsatzsteuer zu tragen hat, an sich als regelungsbedürftig angesehen, ihre Regelung aber als unerheblich erachtet. Es liegt dann kein in ihre Risikosphäre fallender einseitiger Kalkulationsirrtum der Beklagten, sondern eine Regelungslücke vor, die im Wege der
ergänzenden Auslegung zu schließen ist. Dies geht den Grundsätzen der Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei einem gemeinschaftlichen Kalkulationsirrtum (vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, WM 1973, 677, 679; BGH, Urt. v. 18. November 1975, VI ZR 153/73, DB 1976, 234 ff, 235; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1977, VIII ZR 34/76, WM 1978, 91 ff = JR 1978, 237 m. Anm. Ohlsen = MDR 1978, 834 m. Anm. Weiß; Palandt/ Heinrichs 58. Aufl. § 242 Rdn. 150 m.w.N.; Soergel/Teichmann 12. Aufl. § 242 Rdn. 237 m.w.N.; Knapp, Einfluß nicht erwarteter steuerlicher Folgen auf Schenkungen, BB 1979, 1207 ff) vor. Die von der Revisionserwiderung in Bezug genommene Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 4. April 1973 (VIII ZR 191/72, WM 1973, 677) steht nicht entgegen, weil dort die Parteien die Auswirkungen des UStG 1967 auf die Vertragsabwicklung, d.h. die aktuelle steuerrechtliche Behandlung des Vorgangs, gerade nicht bedacht haben. Hier haben sie sie nach dem Vortrag der Beklagten dagegen bedacht, jedoch übereinstimmend falsch eingeschätzt. Hätten sie sich insoweit aber nicht geirrt, hätten sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner den Kaufpreis als Nettokaufpreis ausgewiesen , weil dies die Klägerin im Hinblick auf ihre Vorsteuerabzugsberechtigung wirtschaftlich im Ergebnis nicht nachteilig belastet und eine andere Regelung der Beklagten nicht zugemutet werden könnte.
Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu würdigen haben, daß die Klägerin eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis von der Beklagten erst mit zeitlicher Verzögerung verlangte und den Vorsteuerabzug erst aufgrund steuerrechtlicher Beratung geraume Zeit nach Vertragsschluß durchführte.

Wenzel Vogt Lambert-Lang Tropf Schneider

Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die Vorschriften, welche im Falle der Übertragung des Rechts für das Rechtsverhältnis zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten gelten, und im Falle einer nach § 1217 Abs. 1 getroffenen gerichtlichen Anordnung die Vorschrift des § 1070 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 75/99 Verkündet am:
9. Oktober 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Hat eine GmbH die Bestellung ihres Geschäftsführers wirksam widerrufen und an
seiner Stelle einen anderen Geschäftsführer bestellt, läßt die Gesellschaft in der
Regel erkennen, daß sie unter keinen Umständen zur weiteren Beschäftigung
des abberufenen Geschäftsführers bereit ist. Dieser kann unter den gegebenen
Umständen die Weiterzahlung seines Gehaltes fordern, ohne seine Dienste der
Gesellschaft zumindest wörtlich angeboten zu haben.

b) Hat der Gläubiger einer GmbH deren Anspruch auf Darlehensrückzahlung gegen
einen abberufenen Geschäftsführer gepfändet und sich zur Einziehung überweisen
lassen, kann dieser mit einem ihm gegen die Gesellschaft zustehenden Gehaltsanspruch
auch gegenüber dem Pfändungspfandgläubiger aufrechnen. Die
Aufrechnung ist jedoch ausgeschlossen, wenn an dem Anspruch, mit dem aufgerechnet
wird, ein Leistungsverweigerungsrecht besteht.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - Kammergericht
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2000 durch die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. Januar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Dem Kläger steht gegen dieG. GmbH aufgrund von zwei rechtskräftigen Versäumnisurteilen des Landgerichts B. v om 14. September und 7. November 1995 eine Forderung aus Werkvertrag in Höhe von 237.223,41 DM sowie aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß dieses Gerichts vom 18. Dezember 1995 eine Kostenforderung von 10.556,50 DM zu. Die G. GmbH hat gegen den Beklagten, ihren früheren Geschäftsführer, aus Darlehen einen restlichen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 80.000,-- DM. Da der Kläger seinen Anspruch gegen die Gesellschaft nicht durchsetzen konnte - ihr Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen ist
mit Beschluß des Amtsgerichts C. v om 27. September 1995 mangels Masse abgewiesen worden -, ließ er den Darlehensrückzahlungsanspruch durch Beschluß des Amtsgerichts S. vom 1. August 1996 pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Aus diesem Recht geht er im vorliegenden Verfahren gegen den Beklagten vor.
Der Beklagte hat einen Betrag von 86.130,28 DM zur Aufrechnung gestellt. Er setzt sich aus Vergütungsforderungen aus dem Geschäftsführerverhältnis für die Monate Oktober bis Dezember 1995 in Höhe von monatlich 23.658,60 DM, einer anteiligen Vergütungsforderung für die Zeit vom 27. September bis 30. September 1995 von 3.154,48 DM sowie einem Anspruch auf betriebliche Sonderzahlung von 12.000,-- DM per 30. November 1995 zusammen. Die Parteien streiten darüber, ob dem Beklagten diese Beträge aus Geschäftsführervertrag zustehen. Der Kläger macht geltend, dem Beklagten stünden gegen die G. GmbH keinerlei Ansprüche mehr zu. Nach Widerruf seiner Geschäftsführerbestellung am 7. Juni 1995 habe der Beklagte seine Dienste der G. GmbH nicht mehr angeboten, so daß diese nicht in Annahmeverzug geraten sei und ihm somit kein Geschäftsführerentgelt zustehe. Zudem müsse er sich sein Einkommen aus einer anderweitigen Tätigkeit anrechnen lassen. Auch hätten die Gesellschaft und der Beklagte am 15. August 1995 den Anstellungsvertrag aufgehoben. Ferner stehe dem Beklagten für den Monat Dezember 1995 kein Tantiemeanspruch zu.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden , daß die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung ganz oder teilweise keinen Erfolg hat. Unter diesen Umständen wäre der Klage ganz oder teilweise stattzugeben.
1. Allerdings rügt die Revision zu Unrecht, dem Beklagten stehe schon deswegen keine Forderung aus dem Geschäftsführervertrag zu, weil sich die G. GmbH mit der Annahme der Dienstleistungen des Beklagten nicht in Verzug befunden habe (§ 615 Satz 1 BGB). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Geschäftsführer, dessen Organbestellung widerrufen worden ist, dessen Anstellungsvertrag jedoch fortbesteht, der Gesellschaft die Leistung seiner Dienste zumindest wörtlich anbieten und damit die Voraussetzungen des Annahmeverzuges (§§ 295, 615 Satz 1 BGB) herbeiführen muß, um die vereinbarte Vergütung weiterhin verlangen zu können. Ein solches Angebot ist dann nicht erforderlich, wenn die verpflichtete Gesellschaft erkennen läßt, daß sie unter keinen Umständen bereit ist, den Geschäftsführer weiter zu beschäftigen. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle gegeben; denn die G. GmbH hat durch die Abberufung des Beklagten und die anschließende Berufung des Zeugen Z. an dessen Stelle zum Geschäftsführer zum Ausdruck gebracht, daß für sie eine Geschäftsführertätigkeit des Beklagten endgültig nicht mehr in Frage kam. Davon abgesehen hat der Beklagte der G. GmbH seine Dienste wörtlich konkludent dadurch angeboten, daß er mit Schreiben vom 4. August 1995 Entgeltansprüche aus dem Geschäftsfüh-
rervertrag für die Zeit von Juli bis einschließlich Dezember 1995 geltend gemacht hat.
2. Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Vorbringen des Klägers nicht berücksichtigt, dieG. GmbH und der Beklagte hätten mit Wirkung zum 15. August 1995 den Geschäftsführervertrag einverständlich aufgehoben. Dieses Vorbringen stellt eine Schlußfolgerung aus dem Inhalt des Schreibens vom 4. August 1995 dar, mit dem der Beklagte gegenüber der G. GmbH Entgeltansprüche für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1995 geltend gemacht hat. Selbst wenn man der Ansicht des Klägers folgt, daraus ergebe sich eine Aufhebungsvereinbarung, ist der weitere Schluß, jegliche Entgeltansprüche des Beklagten seien mit der Aufhebung weggefallen, nicht gerechtfertigt. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben, daß die Erfüllung der von dem Beklagten aufgelisteten Ansprüche Voraussetzung für sein widerspruchsloses Ausscheiden aus der Geschäftsführerstellung ist. Der Antrag auf Vernehmung des Zeugen Z. ist daher nach dem Vorbringen des Klägers nicht schlüssig. Das Berufungsgericht hat somit diesen Beweis zu Recht nicht erhoben.
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine Anrechnung der Einkünfte des Beklagten nach § 615 Satz 2 BGB abgelehnt, die er in der Zeit von September bis Dezember 1995 durch Ausübung einer anderweitigen beruflichen Tätigkeit erzielt hat.
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf das Recht des Beklagten, nach § 6 des Geschäftsführervertrages mit Zustimmung der G. GmbH einer Nebentätigkeit nachgehen zu dürfen, hindert die Anrechnungspflicht nicht. Denn
der Beklagte hat nicht eine Nebentätigkeit im Sinne dieser Vereinbarung ausgeübt , sondern anstelle seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der G. GmbH eine solche Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen. Das erfüllt die Voraussetzungen der Anrechnungspflicht nach § 615 Satz 2 BGB.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch den Vortrag des Klägers zu dem neuen Dienstverhältnis des Beklagten als nicht hinreichend substantiiert angesehen. Der Kläger brauchte nur zu behaupten, daß der Beklagte ein neues Anstellungsverhältnis eingegangen ist. Daß er das getan hat, hat er auch nicht bestritten, sondern sogar bestätigt. Über die Höhe der von dem Beklagten bezogenen Vergütung konnte der Kläger nichts aussagen. Da der Beklagte Einzelheiten dazu aus eigener Kenntnis ohne weiteres darlegen kann, trifft ihn die Verpflichtung, die Dauer des Dienstverhältnisses und die Höhe der Bezüge daraus darzulegen (BGH, Urt. v. 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, NJW 1990, 3151, 3152).
Die Revisionserwiderung meint, die G. GmbH habe für den Beklagten keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr gehabt, so daß sie auf seine weitere Tätigkeit keinen Wert mehr habe legen können. Darin liege der stillschweigende Ausschluß einer Anrechnung anderweitigen Verdienstes. Dem kann nicht gefolgt werden. Ein Verzicht auf die Anrechnung eines anderweit erzielten Verdienstes kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber durch sein gesamtes Verhalten zu erkennen gibt, daß ihn das Verhalten des Arbeitnehmers bis zum Ablauf des Vertrages in keiner Weise mehr interessiert. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Parteien über Zeitpunkt und Anlaß der Vertragsbeendigung im Einvernehmen auseinandergehen
(Staudinger/ Richardi, BGB 13. Aufl. § 615 Rdn. 136). Derartige Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht gegeben. Es ist zwar richtig, daß die G. GmbH eine weitere Tätigkeit des Beklagten nicht mehr wünschte. Daraus kann jedoch nicht der Schluß gezogen werden, die Frage einer weiteren Entgeltzahlung sei für sie ohne Bedeutung gewesen. Aus den zwischen ihr und dem Beklagten geführten Verhandlungen, wie sie sich in dem Schreiben vom 4. August 1995 niedergeschlagen haben, ergibt sich gerade, daß über die Frage der Vergütung kein Einvernehmen bestand. Infolgedessen kann der G. GmbH auch nicht unterstellt werden, sie habe auf eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes des Beklagten auf die von ihr noch zu erfüllenden Gehaltsansprüche keinen Wert gelegt.
Die Revisionserwiderung vertritt weiter die Ansicht, der Kläger könne die Einrede aus § 615 Satz 2 BGB nicht erheben. Er habe sich lediglich den Darlehensrückzahlungsanspruch pfänden und zur Einziehung überweisen lassen; damit habe er jedoch keinerlei Rechte aus dem Dienstverhältnis erlangt, das zwischen der G. GmbH und dem Beklagten bestanden habe. Diese Ansicht der Revisionserwiderung ist unrichtig.
Durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. i.S. der §§ 829, 835 ZPO hat der Kläger die Stellung eines Pfandgläubigers i.S. des § 1275 BGB erlangt (vgl. MüKo zur ZPO/Smid 1992, § 829 Rdn. 2; § 835 Rdn. 2). Nach dieser Vorschrift finden auf das Rechtsverhältnis zwischen Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die für die Übertragung des Rechtes maßgebenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechtes, also die §§ 398 ff. BGB Anwendung. Nach § 406 BGB kann ein Schuldner mit Forde-
rungen, die ihm gegen den bisherigen Gläubiger bereits vor der Abtretung zugestanden haben, auch gegenüber dem neuen Gläubiger aufrechnen. Das setzt aber voraus, daß seine Forderung aufrechnungsfähig ist (Staudinger /Busche, BGB 13. Aufl. § 406 Rdn. 13). Nach § 390 BGB kann eine Forderung , der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden. Dazu ist nicht erforderlich, daß die Einrede bereits erhoben worden ist; es genügt ihre bloße Existenz (Staudinger/Gursky, BGB Neuauflage 2000 § 390 Rdn. 26). Als Einrede kommen sämtliche Leistungsverweigerungsrechte des Bürgerlichen Rechtes, also auch das des § 615 Satz 2 BGB in Betracht (vgl. Staudinger /Gursky, BGB aaO § 390 Rdn. 3).
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann der Kläger der Aufrechnung des Beklagten daher mit der Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 615 Satz 2 BGB begegnen.
4. Zu Recht rügt die Revision auch, daß das Berufungsgericht einen anteiligen Tantiemebetrag von 10.500,-- DM für den Monat Dezember 1995 als Aufrechnungsforderung berücksichtigt hat. Denn das Schreiben der G. GmbH vom 8. Juli 1994 zur Gewährung eines derartigen Anspruches ist widersprüchlich. Es heißt dort einmal, für das Wirtschaftsjahr 1996 werde der Tantiemebetrag unabhängig von irgendwelchen Voraussetzungen auf 126.000,-- DM jährlich erhöht. Andererseits wird ausgeführt, vom Wirtschaftsjahr 1996 an werde sich der Gewinnanteil der Bezüge nach den Vereinbarungen des bestehenden Dienstvertrages berechnen. In diesem Vertrag heißt es dazu, die Höhe der Tantieme betrage bei einem Deckungsbeitrag von über 125 % jährlich 126.000,-- DM. Ein solcher Betrag kann aber im Wirtschaftsjahr 1996 allein deswegen nicht erreicht worden sein, weil die G. GmbH be-
reits damals notleidend war. Denn am 17. August 1995 ist über ihr Vermögen die Sequestration angeordnet und am 27. September 1995 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse zurückgewiesen worden. Diesem Widerspruch hätte das Berufungsgericht - erforderlichenfalls unter Erteilung entsprechender Hinweise nach § 139 ZPO - nachgehen müssen.
5. Das Berufungsurteil war somit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit die weiterhin erforderlichen Feststellungen - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag durch die Parteien - getroffen werden. Dabei wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, weitere Revisionsrügen, deren Behandlung durch den Senat nicht erforderlich war, zu berücksichtigen.
Hesselberger Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 174/13
Verkündet am:
26. Februar 2015
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Insolvenzverwalter kann ein übertragbares Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrages
annehmen, welches dem Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über sein Vermögen unterbreitet worden ist.
BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 - IX ZR 174/13 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juli 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 27. März 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des R. B. sen. (fortan: Schuldner). Die Beklagte zu 1 ist die dritte Ehefrau des Schuldners; die Beklagten zu 2 und zu 3 sind Kinder des Schuldners aus früheren Ehen. Am 24. April 2007 gründete die Beklagte zu 1 die B. GmbH. Am selben Tag gründeten alle Beklagten gemeinsamen die B. Verwaltungs GmbH. Diese GmbH wurde persönlich haftende Gesellschafterin der ebenfalls am 24. April 2007 von den Beklagten gegründeten B. GmbH & Co. KG. Die Beklagten schlossen jeweils notariell beurkundete Treuhandverträge mit dem Schuldner, in denen sie sich verpflichteten, ihren jeweiligen Anteil treuhänderisch für ihn zu halten, je- derzeit alles Erlangte an ihn herauszugeben, seinen Anweisungen Folge zu leisten und - abgesehen vom Finanzamt - Stillschweigen gegenüber jedermann zu bewahren. Sie gaben außerdem notariell beurkundete Abtretungsangebote für ihren jeweiligen Anteil ab, die sich an den Schuldner oder einen von diesem zu benennenden Dritten richteten. Mit notarieller Urkunde vom 7. Juli 2009 verzichtete der Schuldner auf alle ihm aus den Abtretungsangeboten zustehenden Rechte. Durch Vereinbarungen vom 21. Januar 2010, an denen der Kläger nicht beteiligt war, wurden sämtliche Treuhandverträge rückwirkend aufgehoben. Am 12. August 2010 nahm der Kläger sämtliche Abtretungsangebote durch notariell beurkundete Erklärungen an. Eine Ausfertigung der notariell beurkundeten Angebote hatte er zuvor nicht erhalten.
2
Der Kläger verlangt nunmehr festzustellen, dass der Schuldner aufgrund der Annahmeerklärungen vom 12. August 2010 die ihm angebotenen Geschäftsanteile erworben habe, dass die Anteile vom Insolvenzbeschlag erfasst und dass sie Teil der Insolvenzmasse seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die begehrten Feststellungen getroffen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger habe die auf Übertragung der Anteile gerichteten Angebote wirksam angenommen. Die Angebote seien dem Schuldner zugegangen, der im Notartermin vom 24. April 2007 persönlich anwesend gewesen sei. Eine Willenserklärung unter Anwesenden gehe zu, wenn der Empfänger sie wahrgenommen habe. Dies gelte auch im Falle einer notariell beurkundeten Willenserklärung. Auf die Fragen der Zustellung einer notariellen Beurkundung und eines Verzichts der Beteiligten auf den formgemäßen Zugang komme es nicht an. Bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Beteiligten sei im Übrigen ein konkludenter Verzicht auf das Erfordernis des formgemäßen Zugangs anzunehmen.
5
Der Kläger habe gemäß § 80 InsO das Angebot annehmen können. Die mit den Abtretungserklärungen erworbenen Anwartschaften auf den rechtlichen Erwerb der Anteile seien Teil der Insolvenzmasse. Ob der Schuldner bereits mit Abschluss der Treuhandverträge wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile geworden sei, könne offenbleiben. Eine Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO habe der Kläger nicht erklärt. Dass im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft das Ausscheiden eines Gesellschafters im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen vorsehe, ändere nichts, weil die Treuhand nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners vereinbart und auch das Abtretungsangebot in Kenntnis des Insolvenzverfahrens abgegeben worden sei.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Dem Schuldner sind wirksame Angebote auf Abtretung der Gesellschaftsanteile unterbreitet worden.
8
a) Ein Schuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, bleibt rechts- und geschäftsfähig (HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 80 Rn. 19; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 80 Rn. 7; Piekenbrock in Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 80 Rn. 9; Schmidt/Sternal, InsO, 18. Aufl., § 80 Rn. 8 f; Windel, KTS 1995, 367, 398). Die Insolvenzordnung verbietet ihm nicht, nach Verfahrenseröffnung Verträge mit Dritten zu schließen. Der Fall, dass ein Schuldner persönlich rechtsgeschäftlich tätig wird, ist in der Insolvenzordnung - von der hier nicht einschlägigen und im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 27. März 2003 auch nicht anwendbaren Vorschrift des § 35 Abs. 2 InsO abgesehen - nicht ausdrücklich geregelt und wurde vom Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht. Die Anwendung der vorhandenen Bestimmungen führt zu wenig sinnvollen Ergebnissen. Einerseits wird nämlich der Schuldner persönlich aus den von ihm geschlossenen Verträgen verpflichtet. Aus § 80 Abs. 1 InsO und § 55 InsO folgt hinreichend deutlich, dass die vom Schuldner geschlossenen Verträge nicht das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen betreffen können; Masseverbindlichkeiten kann der Schuldner ohne Zustimmung des Verwalters nicht begründen. Andererseits fallen die aus dem Vertrag folgenden Rechte der Insolvenzmasse zu (Jaeger /Henckel, InsO, § 35 Rn. 126; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. März 2003 - IX ZB 388/02, ZVI 2003, 170, 173 unter V 2 b). Gemäß § 35 Abs. 1 InsO35 InsO aF) erfasst das Insolvenzverfahren auch dasjenige Vermögen, welches der Schuldner während des Verfahrens erlangt. Dieses eigenartige, mit §§ 320 ff BGB kaum im Einklang stehende Ergebnis (vgl. hierzu und zu möglichen Lösungen Windel, KTS 1995, 367, 397 ff) ändert jedoch nichts daran, dass der Schuldner persönlich Verträge schließen kann. Dann kann er auch Empfänger eines auf Abschluss eines Abtretungsvertrages gerichteten Antrags sein.
9
b) Das Angebot war hinreichend bestimmt (vgl. zur Geltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rn. 22; vgl. auch RG JW 1932, 1008, 1009; BGH, Beschluss vom 19. April 2010 - II ZR 150/09, WM 2010, 1414 Rn. 4 jeweils zur Frage der Bestimmtheit des Gesellschaftsanteils ). Es richtete sich an den Schuldner, dem das Recht eingeräumt worden war, einen Dritten zu benennen.
10
c) Die Angebote der Beklagten sind dem Schuldner auch insoweit zugegangen , als sie auf Abtretung von GmbH-Anteilen gerichtet waren und deshalb gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG notariell beurkundet werden mussten.
11
aa) Eine formbedürftige Willenserklärung muss nicht nur in der vorgeschriebenen Form abgegeben, sondern dem Empfänger auch in dieser Form zugehen. Eine schriftliche Erklärung geht erst mit Übergabe an den anwesenden oder Eingang im Herrschaftsbereich des abwesenden Empfänger zu (RGZ 61, 414, 415 zu § 766 BGB; BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 - II ZR 40/97, ZIP 1998, 1392, 1393; RGRK/Krüger-Nieland, BGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 18, 32; MünchKomm-BGB/Einsele, 6. Aufl., § 130 Rn. 27, 33; Bamberger/Roth/ Wendtland, BGB, 3. Aufl., § 130 Rn. 11, 27; Erman/Arnold, BGB, 14. Aufl., § 130 Rn. 19, 22; Ahrens in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 130 Rn. 8, 24). Ist die notarielle Beurkundung vorgeschrieben, muss der Empfänger eine Ausfertigung erhalten, die gemäß § 47 BeurkG die notarielle Urkunde im Rechtsverkehr vertritt (BGH, Urteil vom 7. Juni 1995 - VIII ZR 125/94, BGHZ 130, 71, 73; vom 10. Juli 2013 - IV ZR 224/12, BGHZ 198, 32 Rn. 25; RGRK/Krüger-Nieland, aaO; MünchKomm-BGB/Einsele, aaO Rn. 21; Erman/ Arnold, aaO Rn. 19; krit. Kanzleiter, DNotZ 1996, 931). Der Schuldner hat selbst keine Ausfertigung der notariell beurkundeten Angebote erhalten.
12
bb) Das Erfordernis des Zugangs einer Willenserklärung in der nach § 15 Abs. 4 GmbHG vorgeschriebenen Form ist jedoch, anders als die gesetzliche Formvorschrift selbst, dispositiv. Abweichend von den gesetzlichen Vorschriften können Zugangserleichterungen vereinbart werden (BGH, Urteil vom 7. Juni 1995, aaO S. 75). Das Berufungsgericht hat eine entsprechende, konkludent getroffene Vereinbarung aus der gleichzeitigen Anwesenheit aller Beteiligten im Notartermin geschlossen.
13
Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen im Ergebnis nicht durch. Die Beklagten haben den Abschluss einer Verzichtsvereinbarung zwar ausdrücklich bestritten. Der in beiden Instanzen zeugenschaftlich vernommene Urkundsnotar hat zudem erklärt, dass der Schuldner gegebenenfalls die bei ihm, dem Notar, verwahrten Ausfertigungen der Urkunden über die Angebote hätte anfordern können; der Schuldner habe ihn angewiesen, die Ausfertigungen in der Handakte zu verwahren. Der so beschriebene Ablauf, mit welchem die Beklagten offensichtlich einverstanden waren, schließt einen beiderseitigen Verzicht auf den Zugang der Erklärungen in der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG jedoch nicht aus. Nach der weiteren Aussage des Notars, welche die Beklagten sich ausdrücklich zu Eigen gemacht haben, sollte der Schuldner allein entscheiden können, ob und wann er die Angebote annahm oder durch einen Dritten annehmen ließ. Die Urkundsbeteiligten, also die Beklagten , sollten nichts mehr unternehmen müssen, um die Angebote "wirksam zu machen". Dieses Ziel konnte nur durch rechtswirksame Angebote erreicht werden. Nur dann waren die Angebote nämlich für die Beklagten überhaupt bindend (§ 145 BGB). Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird erst mit ihrem Zugang wirksam (vgl. § 130 Abs. 1 BGB). Das gilt unabhängig davon, ob sie unter Anwesenden oder unter Abwesenden abgegeben wird. Wären die Angebote dem Schuldner nicht zugegangen, hätten die Beklagten sie jederzeit widerrufen können, ohne dass der Schuldner dies hätte verhindern können. Das war offensichtlich nicht gewollt.
14
cc) Nicht geprüft hat das Berufungsgericht, ob darin, dass der Notar die Ausfertigungen (§ 47 BeurkG) der Angebote auf Weisung des Schuldners bei sich verwahrte, um sie ihm auf Anforderung zu übersenden, ein Zugang der formgerechten Erklärungen beim Schuldner gesehen werden kann. War der Notar insoweit als Beauftragter des Schuldners tätig, hätte es einer Verzichtsvereinbarung nicht bedurft. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch auch nicht an. Die Angebote sind dem Schuldner jedenfalls wirksam zugegangen.
15
2. Der Kläger hat die Angebote in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners wirksam angenommen.
16
a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO ist der Verwalter von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an berechtigt, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners zu verwalten und über es zu verfügen. Soweit dieBefugnisse des Verwalters reichen, werden diejenigen des Schuldners verdrängt.
17
b) Ob der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen ein ihm persönlich unterbreitetes Vertragsangebot annehmen kann oder ob die Annahme des Angebots dem Insolvenzverwalter vorbehalten ist, hängt davon ab, ob die durch das Angebot vermittelte Rechtsposition zur Masse gehört und damit Neuerwerb im Sinne von § 35 Abs. 1 InsO35 InsO aF) darstellt.
18
aa) Ein Vertragsangebot verschafft dem Empfänger eine rechtlich geschützte Position. Gemäß § 145 BGB ist der Antragende an den Antrag gebunden , wenn er die Bindung nicht ausgeschlossen hat. Gemäß § 146 BGB erlischt der Antrag erst, wenn er abgelehnt oder nicht nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig angenommen wird.
19
bb) Zur Masse gehört die Rechtsposition des Angebotsempfängers nach den allgemeinen Regeln (§§ 35, 36 InsO) dann, wenn sie abtretbar (§§ 398 ff BGB) und damit pfändbar (§§ 851, 857 ZPO) ist. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht generell, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall durch Auslegung der Parteierklärungen entscheiden (Staudinger/Bork, BGB, 2010, § 145 Rn. 35; Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 145 Rn. 19; RGRK/Piper, BGB, 12. Aufl., § 145 Rn. 20; Bamberger/Roth/Eckert, BGB, 3. Aufl., § 145 Rn. 48; Brinkmann in Prütting /Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 145 Rn. 13; Windel, KTS 1995, 367, 371). Sehr oft wird ein Vertragsangebot, das sich an einen bestimmten Angebotsempfänger richtet, ausschließlich für diesen bestimmt sein. Eine Abtretung kommt dann nicht in Betracht. Dem Anbieter kann nicht ohne oder sogar gegen seinen Willen ein anderer als der gewollte Vertragspartner aufgedrängt werden (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl., § 145 Rn. 22). Es gibt jedoch Ausnahmen. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts kann das aus der Gebundenheit des Antragenden folgende Recht des Angebotsempfängers jeden- falls dann abgetreten werden, wenn letzterem die entsprechende Befugnis vertraglich eingeräumt worden ist (RGZ 111, 46, 47; RG JW 1914, 350). Hat der Antragende sich ausdrücklich oder den Umständen nach damit einverstanden erklärt, dass der Angebotsempfänger an einen beliebigen Dritten weiterleiten kann, wird ihm dieser Dritte nicht ohne oder gegen seinen Willen aufgedrängt. Der Senat hat unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung angenommen, dass das Recht aus einem Vertragsangebot unter der genannten Voraussetzung pfändbar ist (BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - IX ZR 102/02, BGHZ 154, 64, 69). Im Einverständnis aller Beteiligten können im Wege der Vertragsübernahme sogar die gesamten Rechte und Pflichten aus einem Schuldverhältnis übertragen werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. Juni 1985 - IX ZR 173/84, BGHZ 95, 88, 93 ff; vom 15. August 2002 - IX ZR 217/99, WM 2002, 1968, 1970; vom 11. Mai 2012 - V ZR 237/11, WM 2012, 1331 Rn. 7). Für die aus einem Vertragsangebot folgenden Rechte kann nichts anderes gelten. Sind sie abtretbar und pfändbar, gehören sie auch zur Masse (vgl. Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 37; Staudinger/Bork, aaO).
20
cc) Die notariellen Angebote, um deren Annahme es hier geht, richteten sich jeweils an den Schuldner oder eine von diesem zu benennende Person. Die Beklagten waren von vornherein mit einem anderen Vertragspartner als dem Schuldner einverstanden. Die Rechtsposition, welche der Schuldner nach Zugang der Angebote innehatte, war abtretbar, damit pfändbar und fiel als Neuerwerb in die Insolvenzmasse. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO war es Sache des Klägers, über die Annahme oder Ablehnung des Angebots zu entscheiden.
21
dd) Dieses Ergebnis läuft der vielfach vertretenen Ansicht zuwider, der Schuldner entscheide allein über den Neuerwerb, während dem Verwalter allenfalls ein Zurückweisungsrecht entsprechend § 333 BGB zustehe (vgl. etwa MünchKomm-InsO/Peters, 3. Aufl., § 35 Rn. 53; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rn. 9.26; Windel, KTS 1994, 367, 400). Es ist gleichwohl richtig. Die Befugnisse des Schuldners sind dann, wenn er an ihn persönlich gerichtete Vertragsangebote nicht annehmen oder ablehnen kann, zwar beträchtlich eingeschränkt. Die Einschränkung betrifft jedoch nur solche Angebote, die abtretbar und pfändbar sind und deshalb in die Masse fallen. Für ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages wird dies regelmäßig nicht der Fall sein. Soweit der Schuldner selbständig tätig ist und durch § 35 Abs. 1 (§ 35 aF) teilweise vom Geschäftsleben ausgeschlossen wird (vgl. Windel, aaO), hat er diese Wertentscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen. Nach § 35 InsO wird der Schuldner entweder mit Zustimmung des Verwalters selbständig tätig, steht dann aber unter dessen Aufsicht und handelt für Rechnung der Masse, oder die selbständige Tätigkeit wird freigegeben (§ 35 Abs. 2 InsO). Dass der Schuldner unabhängig vom Verwalter eigennützig selbständig tätig ist, sieht die Insolvenzordnung während des laufenden Insolvenzverfahrens nicht vor.
22
c) Der Verwalter konnte auch das auf Abtretung des Kommanditanteils gerichtete Angebot annehmen. Die Revision verweist dazu auf § 16 des Gesellschaftsvertrages dieser Gesellschaft, in welchem es unter der Überschrift "Vermögensverfall" heißt: "Wird über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet oder Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt, scheidet der betroffene Gesellschafter rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung oder -ablehnung aus der Gesellschaft aus". Daraus, dass sämtliche Beteiligte bei Abgabe des Angebots von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wussten, hat das Berufungsgericht geschlossen, dass der Schuldner das Angebot auch während des Insolvenzverfahrens sollte annehmen können. Die Revision vermisst demgegenüber einen rechtlichen Hinweis des Beru- fungsgerichts und legt dar, dass die Beklagten gegebenenfalls ihr fehlendes Einverständnis behauptet und durch einen Antrag auf Parteivernehmung und die Benennung des Schuldners als Zeugen unter Beweis gestellt hätten. Diese Rüge geht fehl. Das bindende, unwiderrufliche Angebot in Kenntnis des eröffneten Insolvenzverfahrens, welches der Schuldner ohne weitere Mitwirkung der Beklagten sollte annehmen können, stand außer Streit. Dass der Schuldner gleichwohl erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens berechtigt sein sollte, die Annahme zu erklären, haben die Beklagten in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet. Entsprechenden Vortrag weist die Revision jedenfalls nicht nach.
23
d) Der Verzicht, welchen der Schuldner am 7. Juli 2009 erklärt hat, war wirkungslos. Der Schuldner konnte nicht über ein zur Masse gehörendes Recht verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO).
24
e) Die Annahmeerklärungen des Klägers brauchten dem jeweiligen Anbieter nicht zuzugehen. Die Angebote sahen jeweils vor, dass für die Wirksamkeit der Annahme deren notarielle Beurkundung durch einen Notar genügen sollte. Damit haben die Beklagten auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet (§ 151 BGB).
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 22.02.2012 - 2 O 397/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.07.2013 - I-15 U 28/12 -

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 305/14 Verkündet am:
12. April 2016
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur entsprechenden Geltung der Voraussetzungen von § 301 ZPO wegen
der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, wenn der Kläger
mehrere Ansprüche geltend macht, die sämtlich voraussetzen, dass der
Kläger Eigentümer bestimmter Waren geworden ist, und das Berufungsgericht
nur einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet, während
es hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die
Sache in diesem Umfang an das erstinstanzliche Gericht zurückverweist.

b) Zu den Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung
eines Warenlagers wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB (Fortführung
von BGH, Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228).
BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
ECLI:DE:BGH:2016:120416UXIZR305.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Mai 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über das Eigentum an Waren, die die S. GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) zunächst an die beklagte Sparkasse und später an die Klägerin übereignete.
2
Die Beklagte war die Hausbank der Insolvenzschuldnerin, die mit Sportartikeln , insbesondere Textilien und Schuhen, handelte und über deren Vermögen im September 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Beklagte gewährte der Insolvenzschuldnerin im Oktober 2007 einen befristeten Kontokorrentkredit in Höhe von 1,8 Mio. €, der in der Folgezeit mehrfach verlängert sowie im Dezember 2009 auf 6,3 Mio. €, im Februar 2010 auf 8 Mio. € und mit Kreditzusage vom 1. März 2010 auf 10 Mio. € erhöht wurde. In dieser Höhe wurde die Kreditlinie jeweils mit Kreditzusagen vom 1. April 2010, vom 31. Mai 2010, vom 31. Juli 2010, vom 27. September 2010 und letztmalig vom 8. Oktober 2010 bis zum 30. März 2011 verlängert. Die Beklagte ließ zudem wiederholt Überziehungen der bewilligten Kreditlinie von bis zu mehreren Millionen € zu. Daneben hatte sie der Insolvenzschuldnerin langfristige Darlehen über insgesamt rund 4 Mio. € gewährt.
3
Gegen Ende des Wirtschaftsjahres 2007/2008 (1. März 2007 bis 29. Februar 2008) zeichnete sich bei der Insolvenzschuldnerin ein Verlust ab, der die Geschäftsführung veranlasste, ein Sanierungskonzept einschließlich Zukunftsplanung zu erstellen und diese Sanierungsplanung durch die Streithelferin prüfen zu lassen. Ferner vereinbarte die Insolvenzschuldnerin mit der Beklagten am 17. April 2008 einen Rangrücktritt bezüglich der Forderungen aus vier Darlehen über insgesamt 2,2 Mio. €.
4
Im November 2009 erstattete die Streithelferin im Auftrag der Insolvenzschuldnerin eine "Fortführungsprognose WJ 2010/2011 und WJ 2011/2012, Stand Oktober 2009" (nachfolgend: Bericht der Streithelferin), in dem der Insolvenzschuldnerin bei "Einhaltung der Planungsprämissen und Umsetzung der Maßnahmen" eine positive Fortführungsprognose bescheinigt wurde.
5
Der vom Abschlussprüfer unter dem 13. Januar 2010 testierte Zwischenabschluss für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. November 2009 wies einen von der Insolvenzschuldnerin erwirtschafteten Überschuss in Höhe von rund 1,89 Mio. € aus. Der vom Abschlussprüfer unter dem 2. Juni 2010 testierte Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 (1. März 2009 bis 28. Februar 2010) wies einen Jahresüberschuss von rund 2,19 Mio. € aus.
6
Unter dem 1. Juli 2010 und dem 1. März 2011 schlossen die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte Raumsicherungsübereignungsverträge, mit denen erstere ihre gegenwärtig und zukünftig bei der H. KG (nachfolgend: H KG) eingelagerten Waren zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung an diese übereignete. Die spätere Vereinbarung ergänzte die ältere, da die eingelagerten Waren zwischenzeitlich aus zwei Lagern in einem neuen Lager zusammengeführt worden waren.
7
Jedenfalls im Jahr 2011 geriet die Insolvenzschuldnerin erneut in schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Anfang April 2011 drohte die H KG der Insolvenzschuldnerin wegen offener Forderungen in Höhe von 381.800,66 € die Geltendmachung ihres Pfandrechts und die Pfandverwertung an.
8
Mit Vertrag vom 13./20. April 2011 verkaufte die Insolvenzschuldnerin die bei der H KG eingelagerten Sportartikel für 6.923.837,80 € an die Klägerin, zu der sie seit etwa fünf Jahren in Geschäftsbeziehung stand. Der Kaufpreis sollte vereinbarungsgemäß unmittelbar an verschiedene Gläubiger der Insolvenz- schuldnerin, unter anderem auch an die H KG, gezahlt werden. Ferner war vorgesehen , dass die Vereinbarung sehr vertraulich behandelt werden müsse. In einem Annex zum Kaufvertrag wurde zugleich vereinbart, dass die Insolvenzschuldnerin das Eigentum an den verkauften Waren an die Klägerin überträgt und deshalb ihren Anspruch auf Herausgabe der eingelagerten Waren gegen die H KG an die Klägerin abtritt.
9
Nachdem die Klägerin die vereinbarte Zahlung an die H KG erbracht und einen geringen Teil der bei dieser eingelagerten Waren abtransportiert hatte, zeigte die Beklagte am Nachmittag des 28. April 2011 gegenüber der H KG ihr Sicherungseigentum an. Daraufhin verweigerte letztere gegenüber der Klägerin die weitere Herausgabe der Waren.
10
Ende Juni 2011 lagerte die Beklagte die streitgegenständlichen Waren mit Zustimmung des zwischenzeitlich bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters in ein anderes Lager um, nachdem sie zuvor die weiter angefallenen Lagerkosten in Höhe von 157.930,54 € an die H KG gezahlt hatte.
11
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin am 19. September 2011 erklärte der Insolvenzverwalter den Nichteintritt in den mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag nebst Annex vom 13./20. April 2011. Dem widersprach die Klägerin mit der Begründung, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Pflichten aus diesem Vertrag durch die Abtretung ihres Herausgabeanspruchs gegen die H KG bereits vollständig erfüllt habe. In der Folgezeit veräußerte die Beklagte Teile der eingelagerten Waren mit Zustimmung des Insolvenzverwalters an Dritte.
12
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft über die von ihr in Besitz genommenen Waren und nachfolgend deren Herausgabe. Daneben begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte ihr zum Ersatz der Schäden verpflichtet sei, die ihr aus der Inbesitznahme der Waren entstanden seien und künftig noch entstünden.
13
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt , die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt und die Sache hinsichtlich des Herausgabebegehrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

14
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

15
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
16
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Auskunftsanspruch aus § 260 Abs. 1 BGB zu, da letztere gemäß § 985 BGB verpflichtet sei, die von ihr aus dem Lager der H KG abtransportierten und noch in ihrem Besitz befindlichen Waren an die Klägerin herauszugeben. Die Klägerin habe gemäß dem Annex zum Kaufvertrag vom 13./20. April 2011 das Eigentum an diesen Waren nach § 929 Satz 1, § 931 BGB erworben. Die Insolvenzschuldnerin habe als Berechtigte verfügt, da sie ihr Eigentum nicht zuvor wirksam auf die Beklagte übertragen habe.
17
Die Raumsicherungsübereignungsverträge vom 1. Juli 2010 und vom 1. März 2011 seien gemäß § 138 BGB wegen Gläubigergefährdung nichtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228) seien die im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Bank, die einem konkursreifen Unternehmen zum Zwecke der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistung gewähre, es unterlasse , vor der Krediteinräumung durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann eingehend und objektiv prüfen zu lassen, ob das Sanierungsvorhaben Erfolg verspreche, oder wenn die Bank aufgrund einer solchen Prüfung nicht von den Erfolgsaussichten des Vorhabens habe überzeugt sein können. Der Bericht der Streithelferin von November 2009 werde den inhaltlichen Anforderungen dieser Rechtsprechung an ein ernsthaftes Sanierungskonzept nicht gerecht.
18
Der Anwendbarkeit der vorgenannten Rechtsprechung stünden weder der am 13. Januar 2010 testierte Zwischenabschluss noch der Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 entgegen. Mit der Vorlage dieser Abschlüsse sei weder objektiv die Erforderlichkeit für die Einholung eines Sanierungskonzeptes entfallen noch entfalle das für die Annahme der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB erforderliche subjektive Element.
19
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei nicht der Zeitpunkt der Kreditvergabe, sondern der Übertragung der Sicherheit. Entscheidend sei hier der erste Raumsicherungsübereignungsvertrag vom 1. Juli 2010. Der nachfolgende Vertrag vom 1. März 2011 habe lediglich der Wahrung des Bestimmtheitserfordernisses bei der Übereignung einer Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand gedient, nachdem die Waren in einem neuen Lager zusammengeführt worden seien.
20
Es bedürfe vorliegend keiner Erörterung, ob die Insolvenzschuldnerin im Juli 2010 tatsächlich insolvenzreif gewesen sei. Denn die Pflicht einer Bank, die Erfolgsaussichten der Sanierung prüfen zu lassen, bestehe jedenfalls dann, wenn alle am Kreditengagement Beteiligten von der Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens ausgehen würden. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Beklagte selbst habe die Prolongation der Kontokorrentkreditlinie in ihrer Kreditzusage vom 31. Mai 2010 als "Sanierungskredit" bezeichnet und die Geschäftsbeziehung zur Insolvenzschuldnerin seit Juli 2007 unverändert der "Sanierungsbetreuung" zugeordnet. Der von der Beklagten im Jahr 2008 erklärte Rangrücktritt sei unverändert wirksam gewesen. Die in dem Bericht der Streithelferin vom November 2009 enthaltene Prognose gehe zum Bilanzstichtag 2010 noch von einer Überschuldung aus. Die Beklagte, die die Insolvenzschuldnerin durchgängig als Sanierungsfall betrachtet habe, müsse sich an dieser Zuordnung festhalten lassen.
21
Durch die Kreditgewährung der Beklagten seien möglicherweise Dritte über die Kreditwürdigkeit der Insolvenzschuldnerin getäuscht worden. Nicht erforderlich sei, dass die Klägerin selbst tatsächlich einer Täuschung unterlegen sei. Die Beklagte habe auch gewusst, dass es durch die von der Insolvenzschuldnerin angestrebte Umsatzausweitung zu einer Gefährdung der Lieferanten habe kommen können, da sie gewusst habe, dass die Insolvenzschuldnerin die Ausweitung der Lieferantenkredite angestrebt habe. Der Beklagten sei es nicht gelungen, sich durch stichhaltige Gründe für die Überwindung der Krise der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Sicherungsübereignung zu entlasten.
22
Die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung vom 1. Juli 2010 sei nicht durch den ergänzenden Vertrag vom 1. März 2011 geheilt worden. Dieser Vertrag sei nur für die Bestimmtheit der dinglichen Einigung der Vertragsparteien nach der Umlagerung des Sicherungsgegenstandes von Bedeutung. Der im Juli 2010 bestehende Sittenverstoß habe sich fortgesetzt, zumal nicht ersichtlich sei, dass die von der Beklagten erkannte Sanierungsbedürftigkeit der Insolvenzschuldnerin im März 2011 überwunden gewesen sei.
23
Die Feststellungsklage sei ebenfalls begründet, weil der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz ihrer durch die Inbesitznahme der Waren entstandenen Schäden gemäß §§ 989, 990 Abs. 1 BGB und § 990 Abs. 2, §§ 286, 280 Abs. 2 BGB zustehe. Die Beklagte sei unrechtmäßige Besitzerin der Waren und habe sich zumindest in grob fahrlässiger Weise der Erkenntnis verschlossen, dass die Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.
24
Der im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO geltend gemachte Herausgabeanspruch sei analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

II.

25
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
26
1. Soweit das Berufungsgericht einerseits auf den Klageantrag zu 3) hin festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeden aus der Inbesitznahme der eingelagerten Waren entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und andererseits die Sache zur Entscheidung über den auf Herausgabe gerichteten Klageantrag zu 2) an das Landgericht zurückverwiesen hat, ist das angefochtene Urteil verfahrensfehlerhaft und bereits deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Grundsätze des § 301 ZPO verkannt hat.
27
a) Bei dem Berufungsurteil handelt es sich zwar nicht um ein Teilurteil im Sinne des § 301 ZPO, da sich die Urteilsformel ungeachtet der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs auf den gesamten in der Berufungsinstanz anhängigen Streitgegenstand erstreckt. Denn auch die Entscheidung über die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht ergeht durch Endurteil, das das Verfahren für die zurückverweisende Instanz erledigt (Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 538 Rn. 49; Baumbach/Lauterbach/Albers /Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 538 Rn. 23).
28
Allerdings kann die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht nur im Fall eines Teilurteils, sondern auch dann bestehen, wenn das Berufungsgericht - wie hier - einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet und hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die Sache in diesem Umfang an das Landgericht zurückverweist (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26). Ein solches Urteil kommt in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich und darf daher nur unter Beachtung der Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen werden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26, 32, vom 9. November 2011 - IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 28 und vom 1. März 2016 - VI ZR 437/14, juris Rn. 32). Wird dies nicht beachtet, ist das Berufungsurteil wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels von Amts wegen aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 31 f.).
29
b) Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben , wenn in einem Teilurteil oder, wie hier, in einem Urteil, das in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich kommt, eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13 mwN und vom 9. November 2011 - IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 29 mwN). Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011, aaO Rn. 13 mwN, vom 9. November 2011, aaO Rn. 29 und vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25). Es genügt die Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, WM 2012, 1094 Rn. 19 und vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25).
30
c) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen.
31
Es hat bei seiner stattgebenden Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht berücksichtigt, dass nach Erteilung der Auskunft durch die Beklagte im Rahmen der Prüfung des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs erneut über die Frage zu befinden sein wird, ob die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 13./20. April 2011 Eigentümerin der streitgegenständlichen Waren geworden ist. Insoweit besteht die Gefahr, dass diese Vorfrage in einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung - anders als im Berufungsurteil bezüglich des Schadensersatzanspruchs entschieden werden wird, da hinsichtlich der genannten Vorfrage die den Klageanträgen zu 1) und 3) stattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts keine Bindungswirkung entfaltet.
32
Denn im Fall einer Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO, die hier mit den Klageanträgen zu 1) und 2) erhoben wurde, erwächst die zur Auskunft verurtei- lende Entscheidung, soweit darin der Grund des Hauptanspruchs bejaht wird, bezüglich dieses Grundes weder in Rechtskraft noch entfaltet sie insoweit Bindungswirkung im Sinne von § 318 ZPO (BGH, Urteile vom 26. April 1989 - IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242, vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, WM 2011, 328 Rn. 24 und vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 17).
33
Auch die Rechtskraft der Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Schadensersatz beschränkt sich nach § 322 Abs. 1 ZPO auf die im Tenor ausgesprochene Rechtsfolge und erstreckt sich nicht auf die Feststellung zugrunde liegender präjudizieller Rechtsverhältnisse und sonstiger Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der von der Klagepartei beanspruchten Rechtsfolge zieht (st. Rspr., BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 140 mwN und vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, WM 2011, 1524 Rn. 38).
34
2. Weiter hält die Bejahung eines - dem zuerkannten Auskunftsanspruch aus § 260 Abs. 1 BGB zugrunde liegenden - Anspruchs der Klägerin aus § 985 BGB auf Herausgabe der von der Beklagten aus dem Lager der H KG abtransportierten und noch in ihrem Besitz befindlichen Waren revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
35
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach dem Annex zum Kaufvertrag vom 13./20. April 2011 bereits mit dieser Vereinbarung das Eigentum an den bei der H KG gelagerten Waren gemäß § 929 Satz 1, § 931 BGB auf die Klägerin übergehen sollte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich aber nicht annehmen, dass die vorangegangene Übereignung der Waren an die Beklagte nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig war und die Insolvenzschuldnerin deshalb im April 2011 als Berechtigte verfügt hat.
36
a) aa) Die Würdigung, ob ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt , ist eine Rechtsfrage, die der Nachprüfung im Wege der Revision unterliegt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90, vom 24. Januar 2001 - XII ZR 270/98, VIZ 2001, 572, 573 und vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rn. 23, jeweils mwN).
37
bb) Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB und damit nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 28. Februar 1989 - IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92, 97 und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 69 mwN).
38
(1) Die Wahrnehmung eigener Sicherungsinteressen ist als solche grundsätzlich nicht sittenwidrig (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juni 1958 - VI ZR 79/57, WM 1958, 895, vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400, vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406 und vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90), auch dann nicht, wenn sich ein Gläubiger von seinem Schuldner für einen bereits gewährten Kredit nachträglich Sicherheiten bestellen lässt (BGH, Urteil vom 14. April 1964 - VI ZR 219/62, WM 1964, 671, 672 f.).
39
(2) Für das Vorliegen eines Sittenverstoßes bei der Gewährung von Krediten und/oder deren Besicherung haben sich in Rechtsprechung und Literatur zu § 138 BGB und § 826 BGB verschiedene Fallgruppen herausgebildet (vgl. nur Brünink in Lwowski/Fischer/Langenbucher, Das Recht der Kreditsicherung, 9. Aufl., § 3 Rn. 62 ff.; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1104 ff.; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 90 Rn. 343 ff.; jeweils mwN). Danach kann sich die Sittenwidrigkeit insbesondere aus einer Knebelung des Schuldners (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 1/52, NJW 1952, 1169 f. [insoweit in BGHZ 7, 111 nicht abgedruckt], vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 442, vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 303, zu § 826 auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 401 f.), einer Insolvenzverschleppung (vgl. dazu z.B. BGH, Urteil vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997; zu § 826 auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400, vom 26. März 1984 - II ZR 171/83, WM 1984, 625, 632 [insoweit in BGHZ 90, 381, 399 nicht vollständig abgedruckt], vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 235 f., vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1823 und vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576) oder einer anderweitigen Gläubigergefährdung bzw. Kredittäuschung (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 442, vom 9. März 1977 - VIII ZR 178/75, WM 1977, 480 f., vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91, vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 996 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300 f.; zu § 826 BGB auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 401 und vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406) ergeben.
40
Eine Insolvenzverschleppung liegt beispielsweise vor, wenn ein Kreditgeber um eigener Vorteile willen die letztlich unvermeidliche Insolvenz eines Unternehmens nur hinausschiebt, indem er Kredite gewährt, die nicht zur Sanierung , sondern nur dazu ausreichen, den Zusammenbruch zu verzögern, wenn hierdurch andere Gläubiger über die Kreditfähigkeit des Unternehmens getäuscht und geschädigt werden sowie der Kreditgeber sich dieser Erkenntnis mindestens leichtfertig verschließt (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997).
41
Eine sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung kann auch dann vorliegen, wenn das Sicherungsgeschäft, mit dem der Schuldner (fast) sein gesamtes freies Vermögen zur Sicherung auf einen Gläubiger überträgt, unter Umständen abgeschlossen wird, die dazu geeignet und bestimmt sind, andere gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners zu täuschen und dadurch zur Vergabe weiterer Kredite zu verleiten (vgl. BGH, Urteile vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 996 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300).
42
(3) Allerdings kommt den vorgenannten Fallgruppen, die sich häufig überschneiden (vgl. Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 4. Aufl., § 90 Rn. 345), lediglich die Bedeutung eines Anhaltspunktes zu (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90 mwN). Letztlich kann die Frage der Nichtigkeit nur auf Grund einer umfassenden Gesamtwürdigung des einzelnen Vertrages unter Berücksichtigung aller den Vertrag kennzeichnenden Umstände beurteilt werden, namentlich der objektiven Verhältnisse , unter denen der Vertrag zustande gekommen ist, und seiner Auswirkungen sowie der subjektiven Merkmale wie des verfolgten Zwecks und des zugrunde liegenden Beweggrunds (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 232, vom 2. Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273, vom 4. März 1958 - VIII ZR 213/57, WM 1958, 590, 591, vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 443, vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90 und vom 2. Februar 2012 - III ZR 60/11, WM 2012, 458 Rn. 20). Aus den Hinweisen für das weitere Verfahren in dem Urteil vom 9. Juli 1953 (IV ZR 242/52, NJW 1953, 1665, 1666 re. Sp. [insoweit in BGHZ 10, 228 nicht abgedruckt]) ergibt sich, dass es auch nach diesem Urteil für die Frage, ob die Kreditgeberin und Sicherungsnehmerin die erforderliche Sorgfalt eingehalten hat, nicht ausschließlich auf die Prüfung des Sanierungsvorhabens durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann ankommt.
43
(4) Im Fall einer möglichen Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung ist zudem zu berücksichtigen, dass bei Rechtshandlungen, deren Inhalt und Zweck im Wesentlichen darin besteht, die Gläubiger zu benachteiligen, die Sondervorschriften der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung grundsätzlich abschließend regeln, unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger geschützt werden. Die allgemeine Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB kommt daneben nur zur Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 1971 - II ZR 176/68, BGHZ 56, 339, 355, vom 9. Juli 1987 - IX ZR 89/86, WM 1987, 1172, 1173, vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995 f. mwN, vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 299 f. mwN und vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1189).
44
b) Diese Grundsätze und Vorgaben hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nur unzureichend beachtet und die materiellen Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nicht hinreichend festgestellt.
45
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall der Abschluss des Raumsicherungsübereignungsvertrages vom 1. Juli 2010 ist.
46
(1) Maßgebend für die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sind die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Vornahme (st. Rspr., BGH, Urteile vom 9. November 1978 - VII ZR 54/77, BGHZ 72, 308, 314, vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1189 und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 69), auch wenn die Sittenwidrigkeit eines Sicherungsgeschäftes in Rede steht (BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300). Allerdings ist in diesem Fall zu berücksichtigen, dass es primär auf die Sittenwidrigkeit des schuldrechtlichen Sicherungsvertrags ankommt, dessen Unsittlichkeit und Nichtigkeit ausnahmsweise auch das seiner Umsetzung dienende - abstrakte und damit an sich wertneutrale - dingliche Erfüllungsgeschäft erfasst, wenn die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 1/52, NJW 1952, 1169, 1170 [insoweit in BGHZ 7, 111 nicht abgedruckt], vom 20. Juni 1962 - VIII ZR 128/61, WM 1962, 818, 819, und vom 20. Januar 2006 - V ZR 214/04, NJW-RR 2006, 888, 889; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1102; Palandt/Ellenberger , BGB, 75. Aufl., § 138 Rn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 930 Rn. 15, 20).
47
(2) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass der schuldrechtliche Sicherungsvertrag hier am 1. Juli 2010 geschlossen wurde, während der Vertrag vom 1. März 2011 lediglich eine Änderung der dinglichen Einigung für die Zukunft enthielt.
48
Denn das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1. März 2011 nur um eine Ergänzung des am 1. Juli 2010 abgeschlossenen Vertrags handelte, die lediglich der Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes bei der Übereignung einer Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand diente , nachdem das Sicherungsgut in einem neuen Lager zusammengeführt worden war, und die insoweit nur für die dingliche Einigung der Vertragsparteien von Bedeutung war.
49
Diese Auslegung der mit Ziffer 4 des Vertrags vom 1. März 2011 getroffenen Individualvereinbarung durch das Berufungsgericht unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Senatsurteile vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, WM 2014, 2160 Rn. 15 und vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, WM 2015, 1704 Rn. 17 mwN). Das ist hier nicht der Fall und wird von den Parteien des Revisionsverfahrens auch nicht gerügt.
50
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber für das Vorliegen eines Sittenverstoßes genügen lassen, dass die Beklagte subjektiv von einer - nicht näher definierten - "Sanierungsbedürftigkeit" der Insolvenzschuldnerin ausgegangen sei, und hat deshalb keine Feststellungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin Anfang Juli 2010 getroffen, sondern dies ausdrücklich offen gelassen.
51
(1) Nach dem Leitsatz des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 1953 (IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228), auf den das Berufungsgericht seine Entscheidung ganz wesentlich gestützt hat, sind die im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn die Bank einem konkursreifen Unternehmen zum Zweck der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistungen gewährt, sie dadurch bewirkt, dass möglicherweise Dritte zu ihrem Schaden über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden, und sie sich vor der Krediteinräumung nicht mittels einer eingehenden und objektiven Prüfung durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann von den Erfolgsaussichten des Sanierungsvorhabens überzeugt hat. Danach ist die Insolvenzreife des Darle- hensnehmers und Sicherungsgebers notwendige Voraussetzung für die Prüfungspflicht bzw. das Vorliegen eines Sittenverstoßes bei Verletzung der Prüfungspflicht (ebenso BGH, Urteile vom 4. Juli 1961 - VI ZR 236/60, WM 1961, 1126, 1127 und vom 14. April 1964 - VI ZR 219/62, WM 1964, 671, 672).
52
(2) Es kann dahinstehen, ob Insolvenzreife im Sinne dieser Rechtsprechung nur dann gegeben ist, wenn nach §§ 17, 19 InsO ein Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Darlehensnehmers und Sicherungsgebers vorliegt, oder ob dessen drohende Zahlungsunfähigkeit oder auch schon eine noch früher einsetzende "Sanierungsbedürftigkeit" genügt (vgl. dazu Huber, NZI 2015, 447, 448 f.; Neuhof, NJW 1998, 3225, 3229; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rn. 5.28; Wenzel, NZI 1999, 294). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts reicht es jedenfalls nicht aus, dass der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber über einen längeren Zeitraum hinweg - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend sogar mehrere Jahre lang - als "Sanierungsfall" angesehen hat, ohne die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung des Sicherungsgebers während dieser Zeit, insbesondere Anzeichen für eine Besserung der Lage, zu berücksichtigen.
53
(a) Einer derartigen Reduzierung der Anforderungen an die Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Sicherungsvertrags mit der Folge seiner Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB steht entgegen, dass die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Sicherungsgebers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein wesentlicher Aspekt im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung, insbesondere für die Bejahung der Sittenwidrigkeit, ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273 f. [zu den Anforderungen an die Prüfung der Lage des Sicherungsgebers durch den Sicherungsnehmer , um die Nichtigkeit der Bestellung weiterer Sicherheiten für bereits eingeräumte Kredite gemäß § 138 Abs. 1 BGB zu vermeiden]; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400 und vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576 [jeweils zu § 826 BGB wegen sittenwidriger Insolvenzverschleppung]; BGH, Urteile vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406 und vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 998 [zu anderen Fällen der Gläubigergefährdung oder Kredittäuschung]).
54
(b) Zudem würde durch eine Ausweitung der Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB im Fall von fehlgeschlagenen Sanierungsversuchen die differenzierte Regelung der Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz und der Insolvenzanfechtung in §§ 129 ff. InsO, insbesondere der dort vorgesehenen Fristen, überspielt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 443 und vom 9. Juli 1987 - IX ZR 89/86, WM 1987, 1172, 1173), obwohl grundsätzlich eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung in Betracht kommt, wenn eine Sicherungsübereignung nicht Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273 [zu § 31 Nr. 1 KO], vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250 [zu § 31 Nr. 1 KO] und vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17 [zu § 133 InsO]). Die Nichtigkeit einer Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB gewährleistet jedoch weder die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger noch wirkt sie zwingend zugunsten der Gläubiger, die tatsächlich über die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers und späteren Insolvenzschuldners getäuscht worden sind. Sie kann - wie der vorliegende Fall zeigt - unter Umständen auch einem einzelnen Gläubiger zugutekommen, dessen Vertrag mit dem Insolvenzschuldner Besonderheiten aufweist, die auf einen Vertragsschluss in Kenntnis von erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Insolvenzschuldners hindeuten. So enthielt der Kaufvertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Klägerin, der nur etwa einen Monat vor Stellung des ersten Insolvenzantrags geschlossen wurde, die Vereinbarung strikten Stillschweigens und eine Regelung zur Kaufpreiszah- lung, nach der mit dem Kaufpreis Schulden der Verkäuferin bei verschiedenen Gläubigern, einschließlich des Lagerhalters, ausgeglichen oder verringert werden sollten. Im Übrigen trat die Verkäuferin - ihre im Vertrag versicherte Verfügungsberechtigung unterstellt - mit der im Annex vereinbarten Übereignung gemäß § 931 BGB in Vorleistung.
55
(3) Infolge dessen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den Zwischenabschluss zum 30. November 2009 und den Jahresabschluss zum 28. Februar 2010 als unbeachtlich angesehen, obwohl sich aus diesen - von einem Wirtschaftsprüfer testierten - Abschlüssen konkrete Anhaltspunkte für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin ergaben. Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Sittenwidrigkeit die Vornahme des Rechtsgeschäfts ist [s.o. unter II. 2. b) aa) (1)] und der erste Raumsicherungsübereignungsvertrag nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts am 1. Juli 2010 geschlossen worden ist, steht der Berücksichtigung des Jahresabschlusses für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 ferner nicht entgegen, dass die Vertragsurkunde von der Beklagten bereits unter dem 1. Juni 2010 ausgefertigt wurde.

III.

56
1. Das Berufungsurteil ist damit gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 563 Abs. 3 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin Anfang Juli 2010 getroffen hat und die Beklagte die von der Klägerin behauptete Insolvenzreife zu diesem Zeitpunkt in erheblicher Weise bestritten hat.
57
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
58
Das Berufungsgericht wird sich im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung insbesondere mit dem Zwischenabschluss zum 30. November 2009 und dem Jahresabschluss zum 28. Februar 2010 zu befassen haben sowie mit dem klägerischen Einwand, die in diesen Abschlüssen ausgewiesenen Überschüsse beruhten auf nicht vorhandenen und überbewerteten Warenbeständen sowie auf einer zu Unrecht erfolgswirksam verbuchten wertlosen Schadensersatzforderung in Höhe von rd. 3,8 Mio. €. Dabei wird zu berücksichtigen sein, ob bzw. inwieweit die Beklagte die behaupteten Bilanzierungs- und Bewertungsfehler - sollten sie vorliegen - und die infolgedessen tatsächlich deutlich schlechtere Lage der Insolvenzschuldnerin erkannt hat oder bewusst die Augen davor verschlossen hat. In diesem Zusammenhang wird ferner zu bedenken sein, dass es der Insolvenzschuldnerin nach dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. vom 28. Dezember 2011 (Rn. 361) im Wesentlichen gelungen sein soll, bis Anfang 2011 innerhalb der ihr im Dezember 2009 eingeräumten Kreditlinie zu disponieren.
59
Des Weiteren wird in der Gesamtabwägung gegebenenfalls der Inhalt des streitgegenständlichen Sicherungsvertrags, wie z.B. die Ermächtigung der Sicherungsgeberin zur Verfügung über das Sicherungsgut im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Geschäftsführung (Ziffer 9.1) und die Möglichkeit von Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt an die Sicherungsgeberin (Ziffer 5.1), zu berücksichtigen sein.
60
Schließlich wird das Berufungsgericht, sofern es nicht schon wegen des Vorliegens von Indizien für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Insol- venzschuldnerin die Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung vom 1. Juli 2010 verneint, zu prüfen haben, ob noch zu diesem Zeitpunkt die Ausweitung von Lieferantenkrediten angestrebt war oder ob Lieferanten durch die Sicherungsübereignung über die Kreditfähigkeit und -würdigkeit der Insolvenzschuldnerin getäuscht sowie hierdurch gefährdet worden sind (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300 f.).
Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 08.04.2013 - 4 O 376/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.05.2014 - I-11 U 9/13 -

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 305/14 Verkündet am:
12. April 2016
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur entsprechenden Geltung der Voraussetzungen von § 301 ZPO wegen
der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, wenn der Kläger
mehrere Ansprüche geltend macht, die sämtlich voraussetzen, dass der
Kläger Eigentümer bestimmter Waren geworden ist, und das Berufungsgericht
nur einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet, während
es hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die
Sache in diesem Umfang an das erstinstanzliche Gericht zurückverweist.

b) Zu den Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung
eines Warenlagers wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB (Fortführung
von BGH, Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228).
BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
ECLI:DE:BGH:2016:120416UXIZR305.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Mai 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über das Eigentum an Waren, die die S. GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) zunächst an die beklagte Sparkasse und später an die Klägerin übereignete.
2
Die Beklagte war die Hausbank der Insolvenzschuldnerin, die mit Sportartikeln , insbesondere Textilien und Schuhen, handelte und über deren Vermögen im September 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Beklagte gewährte der Insolvenzschuldnerin im Oktober 2007 einen befristeten Kontokorrentkredit in Höhe von 1,8 Mio. €, der in der Folgezeit mehrfach verlängert sowie im Dezember 2009 auf 6,3 Mio. €, im Februar 2010 auf 8 Mio. € und mit Kreditzusage vom 1. März 2010 auf 10 Mio. € erhöht wurde. In dieser Höhe wurde die Kreditlinie jeweils mit Kreditzusagen vom 1. April 2010, vom 31. Mai 2010, vom 31. Juli 2010, vom 27. September 2010 und letztmalig vom 8. Oktober 2010 bis zum 30. März 2011 verlängert. Die Beklagte ließ zudem wiederholt Überziehungen der bewilligten Kreditlinie von bis zu mehreren Millionen € zu. Daneben hatte sie der Insolvenzschuldnerin langfristige Darlehen über insgesamt rund 4 Mio. € gewährt.
3
Gegen Ende des Wirtschaftsjahres 2007/2008 (1. März 2007 bis 29. Februar 2008) zeichnete sich bei der Insolvenzschuldnerin ein Verlust ab, der die Geschäftsführung veranlasste, ein Sanierungskonzept einschließlich Zukunftsplanung zu erstellen und diese Sanierungsplanung durch die Streithelferin prüfen zu lassen. Ferner vereinbarte die Insolvenzschuldnerin mit der Beklagten am 17. April 2008 einen Rangrücktritt bezüglich der Forderungen aus vier Darlehen über insgesamt 2,2 Mio. €.
4
Im November 2009 erstattete die Streithelferin im Auftrag der Insolvenzschuldnerin eine "Fortführungsprognose WJ 2010/2011 und WJ 2011/2012, Stand Oktober 2009" (nachfolgend: Bericht der Streithelferin), in dem der Insolvenzschuldnerin bei "Einhaltung der Planungsprämissen und Umsetzung der Maßnahmen" eine positive Fortführungsprognose bescheinigt wurde.
5
Der vom Abschlussprüfer unter dem 13. Januar 2010 testierte Zwischenabschluss für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. November 2009 wies einen von der Insolvenzschuldnerin erwirtschafteten Überschuss in Höhe von rund 1,89 Mio. € aus. Der vom Abschlussprüfer unter dem 2. Juni 2010 testierte Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 (1. März 2009 bis 28. Februar 2010) wies einen Jahresüberschuss von rund 2,19 Mio. € aus.
6
Unter dem 1. Juli 2010 und dem 1. März 2011 schlossen die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte Raumsicherungsübereignungsverträge, mit denen erstere ihre gegenwärtig und zukünftig bei der H. KG (nachfolgend: H KG) eingelagerten Waren zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung an diese übereignete. Die spätere Vereinbarung ergänzte die ältere, da die eingelagerten Waren zwischenzeitlich aus zwei Lagern in einem neuen Lager zusammengeführt worden waren.
7
Jedenfalls im Jahr 2011 geriet die Insolvenzschuldnerin erneut in schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Anfang April 2011 drohte die H KG der Insolvenzschuldnerin wegen offener Forderungen in Höhe von 381.800,66 € die Geltendmachung ihres Pfandrechts und die Pfandverwertung an.
8
Mit Vertrag vom 13./20. April 2011 verkaufte die Insolvenzschuldnerin die bei der H KG eingelagerten Sportartikel für 6.923.837,80 € an die Klägerin, zu der sie seit etwa fünf Jahren in Geschäftsbeziehung stand. Der Kaufpreis sollte vereinbarungsgemäß unmittelbar an verschiedene Gläubiger der Insolvenz- schuldnerin, unter anderem auch an die H KG, gezahlt werden. Ferner war vorgesehen , dass die Vereinbarung sehr vertraulich behandelt werden müsse. In einem Annex zum Kaufvertrag wurde zugleich vereinbart, dass die Insolvenzschuldnerin das Eigentum an den verkauften Waren an die Klägerin überträgt und deshalb ihren Anspruch auf Herausgabe der eingelagerten Waren gegen die H KG an die Klägerin abtritt.
9
Nachdem die Klägerin die vereinbarte Zahlung an die H KG erbracht und einen geringen Teil der bei dieser eingelagerten Waren abtransportiert hatte, zeigte die Beklagte am Nachmittag des 28. April 2011 gegenüber der H KG ihr Sicherungseigentum an. Daraufhin verweigerte letztere gegenüber der Klägerin die weitere Herausgabe der Waren.
10
Ende Juni 2011 lagerte die Beklagte die streitgegenständlichen Waren mit Zustimmung des zwischenzeitlich bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters in ein anderes Lager um, nachdem sie zuvor die weiter angefallenen Lagerkosten in Höhe von 157.930,54 € an die H KG gezahlt hatte.
11
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin am 19. September 2011 erklärte der Insolvenzverwalter den Nichteintritt in den mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag nebst Annex vom 13./20. April 2011. Dem widersprach die Klägerin mit der Begründung, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Pflichten aus diesem Vertrag durch die Abtretung ihres Herausgabeanspruchs gegen die H KG bereits vollständig erfüllt habe. In der Folgezeit veräußerte die Beklagte Teile der eingelagerten Waren mit Zustimmung des Insolvenzverwalters an Dritte.
12
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft über die von ihr in Besitz genommenen Waren und nachfolgend deren Herausgabe. Daneben begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte ihr zum Ersatz der Schäden verpflichtet sei, die ihr aus der Inbesitznahme der Waren entstanden seien und künftig noch entstünden.
13
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt , die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt und die Sache hinsichtlich des Herausgabebegehrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

14
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

15
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
16
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Auskunftsanspruch aus § 260 Abs. 1 BGB zu, da letztere gemäß § 985 BGB verpflichtet sei, die von ihr aus dem Lager der H KG abtransportierten und noch in ihrem Besitz befindlichen Waren an die Klägerin herauszugeben. Die Klägerin habe gemäß dem Annex zum Kaufvertrag vom 13./20. April 2011 das Eigentum an diesen Waren nach § 929 Satz 1, § 931 BGB erworben. Die Insolvenzschuldnerin habe als Berechtigte verfügt, da sie ihr Eigentum nicht zuvor wirksam auf die Beklagte übertragen habe.
17
Die Raumsicherungsübereignungsverträge vom 1. Juli 2010 und vom 1. März 2011 seien gemäß § 138 BGB wegen Gläubigergefährdung nichtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228) seien die im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Bank, die einem konkursreifen Unternehmen zum Zwecke der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistung gewähre, es unterlasse , vor der Krediteinräumung durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann eingehend und objektiv prüfen zu lassen, ob das Sanierungsvorhaben Erfolg verspreche, oder wenn die Bank aufgrund einer solchen Prüfung nicht von den Erfolgsaussichten des Vorhabens habe überzeugt sein können. Der Bericht der Streithelferin von November 2009 werde den inhaltlichen Anforderungen dieser Rechtsprechung an ein ernsthaftes Sanierungskonzept nicht gerecht.
18
Der Anwendbarkeit der vorgenannten Rechtsprechung stünden weder der am 13. Januar 2010 testierte Zwischenabschluss noch der Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 entgegen. Mit der Vorlage dieser Abschlüsse sei weder objektiv die Erforderlichkeit für die Einholung eines Sanierungskonzeptes entfallen noch entfalle das für die Annahme der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB erforderliche subjektive Element.
19
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei nicht der Zeitpunkt der Kreditvergabe, sondern der Übertragung der Sicherheit. Entscheidend sei hier der erste Raumsicherungsübereignungsvertrag vom 1. Juli 2010. Der nachfolgende Vertrag vom 1. März 2011 habe lediglich der Wahrung des Bestimmtheitserfordernisses bei der Übereignung einer Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand gedient, nachdem die Waren in einem neuen Lager zusammengeführt worden seien.
20
Es bedürfe vorliegend keiner Erörterung, ob die Insolvenzschuldnerin im Juli 2010 tatsächlich insolvenzreif gewesen sei. Denn die Pflicht einer Bank, die Erfolgsaussichten der Sanierung prüfen zu lassen, bestehe jedenfalls dann, wenn alle am Kreditengagement Beteiligten von der Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens ausgehen würden. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Beklagte selbst habe die Prolongation der Kontokorrentkreditlinie in ihrer Kreditzusage vom 31. Mai 2010 als "Sanierungskredit" bezeichnet und die Geschäftsbeziehung zur Insolvenzschuldnerin seit Juli 2007 unverändert der "Sanierungsbetreuung" zugeordnet. Der von der Beklagten im Jahr 2008 erklärte Rangrücktritt sei unverändert wirksam gewesen. Die in dem Bericht der Streithelferin vom November 2009 enthaltene Prognose gehe zum Bilanzstichtag 2010 noch von einer Überschuldung aus. Die Beklagte, die die Insolvenzschuldnerin durchgängig als Sanierungsfall betrachtet habe, müsse sich an dieser Zuordnung festhalten lassen.
21
Durch die Kreditgewährung der Beklagten seien möglicherweise Dritte über die Kreditwürdigkeit der Insolvenzschuldnerin getäuscht worden. Nicht erforderlich sei, dass die Klägerin selbst tatsächlich einer Täuschung unterlegen sei. Die Beklagte habe auch gewusst, dass es durch die von der Insolvenzschuldnerin angestrebte Umsatzausweitung zu einer Gefährdung der Lieferanten habe kommen können, da sie gewusst habe, dass die Insolvenzschuldnerin die Ausweitung der Lieferantenkredite angestrebt habe. Der Beklagten sei es nicht gelungen, sich durch stichhaltige Gründe für die Überwindung der Krise der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Sicherungsübereignung zu entlasten.
22
Die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung vom 1. Juli 2010 sei nicht durch den ergänzenden Vertrag vom 1. März 2011 geheilt worden. Dieser Vertrag sei nur für die Bestimmtheit der dinglichen Einigung der Vertragsparteien nach der Umlagerung des Sicherungsgegenstandes von Bedeutung. Der im Juli 2010 bestehende Sittenverstoß habe sich fortgesetzt, zumal nicht ersichtlich sei, dass die von der Beklagten erkannte Sanierungsbedürftigkeit der Insolvenzschuldnerin im März 2011 überwunden gewesen sei.
23
Die Feststellungsklage sei ebenfalls begründet, weil der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz ihrer durch die Inbesitznahme der Waren entstandenen Schäden gemäß §§ 989, 990 Abs. 1 BGB und § 990 Abs. 2, §§ 286, 280 Abs. 2 BGB zustehe. Die Beklagte sei unrechtmäßige Besitzerin der Waren und habe sich zumindest in grob fahrlässiger Weise der Erkenntnis verschlossen, dass die Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.
24
Der im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO geltend gemachte Herausgabeanspruch sei analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

II.

25
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
26
1. Soweit das Berufungsgericht einerseits auf den Klageantrag zu 3) hin festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeden aus der Inbesitznahme der eingelagerten Waren entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und andererseits die Sache zur Entscheidung über den auf Herausgabe gerichteten Klageantrag zu 2) an das Landgericht zurückverwiesen hat, ist das angefochtene Urteil verfahrensfehlerhaft und bereits deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Grundsätze des § 301 ZPO verkannt hat.
27
a) Bei dem Berufungsurteil handelt es sich zwar nicht um ein Teilurteil im Sinne des § 301 ZPO, da sich die Urteilsformel ungeachtet der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs auf den gesamten in der Berufungsinstanz anhängigen Streitgegenstand erstreckt. Denn auch die Entscheidung über die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht ergeht durch Endurteil, das das Verfahren für die zurückverweisende Instanz erledigt (Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 538 Rn. 49; Baumbach/Lauterbach/Albers /Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 538 Rn. 23).
28
Allerdings kann die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht nur im Fall eines Teilurteils, sondern auch dann bestehen, wenn das Berufungsgericht - wie hier - einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet und hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die Sache in diesem Umfang an das Landgericht zurückverweist (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26). Ein solches Urteil kommt in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich und darf daher nur unter Beachtung der Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen werden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26, 32, vom 9. November 2011 - IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 28 und vom 1. März 2016 - VI ZR 437/14, juris Rn. 32). Wird dies nicht beachtet, ist das Berufungsurteil wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels von Amts wegen aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 31 f.).
29
b) Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben , wenn in einem Teilurteil oder, wie hier, in einem Urteil, das in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich kommt, eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13 mwN und vom 9. November 2011 - IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 29 mwN). Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011, aaO Rn. 13 mwN, vom 9. November 2011, aaO Rn. 29 und vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25). Es genügt die Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, WM 2012, 1094 Rn. 19 und vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25).
30
c) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen.
31
Es hat bei seiner stattgebenden Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht berücksichtigt, dass nach Erteilung der Auskunft durch die Beklagte im Rahmen der Prüfung des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs erneut über die Frage zu befinden sein wird, ob die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 13./20. April 2011 Eigentümerin der streitgegenständlichen Waren geworden ist. Insoweit besteht die Gefahr, dass diese Vorfrage in einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung - anders als im Berufungsurteil bezüglich des Schadensersatzanspruchs entschieden werden wird, da hinsichtlich der genannten Vorfrage die den Klageanträgen zu 1) und 3) stattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts keine Bindungswirkung entfaltet.
32
Denn im Fall einer Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO, die hier mit den Klageanträgen zu 1) und 2) erhoben wurde, erwächst die zur Auskunft verurtei- lende Entscheidung, soweit darin der Grund des Hauptanspruchs bejaht wird, bezüglich dieses Grundes weder in Rechtskraft noch entfaltet sie insoweit Bindungswirkung im Sinne von § 318 ZPO (BGH, Urteile vom 26. April 1989 - IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242, vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, WM 2011, 328 Rn. 24 und vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 17).
33
Auch die Rechtskraft der Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Schadensersatz beschränkt sich nach § 322 Abs. 1 ZPO auf die im Tenor ausgesprochene Rechtsfolge und erstreckt sich nicht auf die Feststellung zugrunde liegender präjudizieller Rechtsverhältnisse und sonstiger Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der von der Klagepartei beanspruchten Rechtsfolge zieht (st. Rspr., BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 140 mwN und vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, WM 2011, 1524 Rn. 38).
34
2. Weiter hält die Bejahung eines - dem zuerkannten Auskunftsanspruch aus § 260 Abs. 1 BGB zugrunde liegenden - Anspruchs der Klägerin aus § 985 BGB auf Herausgabe der von der Beklagten aus dem Lager der H KG abtransportierten und noch in ihrem Besitz befindlichen Waren revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
35
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach dem Annex zum Kaufvertrag vom 13./20. April 2011 bereits mit dieser Vereinbarung das Eigentum an den bei der H KG gelagerten Waren gemäß § 929 Satz 1, § 931 BGB auf die Klägerin übergehen sollte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich aber nicht annehmen, dass die vorangegangene Übereignung der Waren an die Beklagte nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig war und die Insolvenzschuldnerin deshalb im April 2011 als Berechtigte verfügt hat.
36
a) aa) Die Würdigung, ob ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt , ist eine Rechtsfrage, die der Nachprüfung im Wege der Revision unterliegt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90, vom 24. Januar 2001 - XII ZR 270/98, VIZ 2001, 572, 573 und vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rn. 23, jeweils mwN).
37
bb) Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB und damit nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 28. Februar 1989 - IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92, 97 und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 69 mwN).
38
(1) Die Wahrnehmung eigener Sicherungsinteressen ist als solche grundsätzlich nicht sittenwidrig (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juni 1958 - VI ZR 79/57, WM 1958, 895, vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400, vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406 und vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90), auch dann nicht, wenn sich ein Gläubiger von seinem Schuldner für einen bereits gewährten Kredit nachträglich Sicherheiten bestellen lässt (BGH, Urteil vom 14. April 1964 - VI ZR 219/62, WM 1964, 671, 672 f.).
39
(2) Für das Vorliegen eines Sittenverstoßes bei der Gewährung von Krediten und/oder deren Besicherung haben sich in Rechtsprechung und Literatur zu § 138 BGB und § 826 BGB verschiedene Fallgruppen herausgebildet (vgl. nur Brünink in Lwowski/Fischer/Langenbucher, Das Recht der Kreditsicherung, 9. Aufl., § 3 Rn. 62 ff.; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1104 ff.; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 90 Rn. 343 ff.; jeweils mwN). Danach kann sich die Sittenwidrigkeit insbesondere aus einer Knebelung des Schuldners (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 1/52, NJW 1952, 1169 f. [insoweit in BGHZ 7, 111 nicht abgedruckt], vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 442, vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 303, zu § 826 auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 401 f.), einer Insolvenzverschleppung (vgl. dazu z.B. BGH, Urteil vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997; zu § 826 auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400, vom 26. März 1984 - II ZR 171/83, WM 1984, 625, 632 [insoweit in BGHZ 90, 381, 399 nicht vollständig abgedruckt], vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 235 f., vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1823 und vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576) oder einer anderweitigen Gläubigergefährdung bzw. Kredittäuschung (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 442, vom 9. März 1977 - VIII ZR 178/75, WM 1977, 480 f., vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91, vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 996 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300 f.; zu § 826 BGB auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 401 und vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406) ergeben.
40
Eine Insolvenzverschleppung liegt beispielsweise vor, wenn ein Kreditgeber um eigener Vorteile willen die letztlich unvermeidliche Insolvenz eines Unternehmens nur hinausschiebt, indem er Kredite gewährt, die nicht zur Sanierung , sondern nur dazu ausreichen, den Zusammenbruch zu verzögern, wenn hierdurch andere Gläubiger über die Kreditfähigkeit des Unternehmens getäuscht und geschädigt werden sowie der Kreditgeber sich dieser Erkenntnis mindestens leichtfertig verschließt (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997).
41
Eine sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung kann auch dann vorliegen, wenn das Sicherungsgeschäft, mit dem der Schuldner (fast) sein gesamtes freies Vermögen zur Sicherung auf einen Gläubiger überträgt, unter Umständen abgeschlossen wird, die dazu geeignet und bestimmt sind, andere gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners zu täuschen und dadurch zur Vergabe weiterer Kredite zu verleiten (vgl. BGH, Urteile vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 996 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300).
42
(3) Allerdings kommt den vorgenannten Fallgruppen, die sich häufig überschneiden (vgl. Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 4. Aufl., § 90 Rn. 345), lediglich die Bedeutung eines Anhaltspunktes zu (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90 mwN). Letztlich kann die Frage der Nichtigkeit nur auf Grund einer umfassenden Gesamtwürdigung des einzelnen Vertrages unter Berücksichtigung aller den Vertrag kennzeichnenden Umstände beurteilt werden, namentlich der objektiven Verhältnisse , unter denen der Vertrag zustande gekommen ist, und seiner Auswirkungen sowie der subjektiven Merkmale wie des verfolgten Zwecks und des zugrunde liegenden Beweggrunds (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 232, vom 2. Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273, vom 4. März 1958 - VIII ZR 213/57, WM 1958, 590, 591, vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 443, vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90 und vom 2. Februar 2012 - III ZR 60/11, WM 2012, 458 Rn. 20). Aus den Hinweisen für das weitere Verfahren in dem Urteil vom 9. Juli 1953 (IV ZR 242/52, NJW 1953, 1665, 1666 re. Sp. [insoweit in BGHZ 10, 228 nicht abgedruckt]) ergibt sich, dass es auch nach diesem Urteil für die Frage, ob die Kreditgeberin und Sicherungsnehmerin die erforderliche Sorgfalt eingehalten hat, nicht ausschließlich auf die Prüfung des Sanierungsvorhabens durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann ankommt.
43
(4) Im Fall einer möglichen Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung ist zudem zu berücksichtigen, dass bei Rechtshandlungen, deren Inhalt und Zweck im Wesentlichen darin besteht, die Gläubiger zu benachteiligen, die Sondervorschriften der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung grundsätzlich abschließend regeln, unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger geschützt werden. Die allgemeine Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB kommt daneben nur zur Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 1971 - II ZR 176/68, BGHZ 56, 339, 355, vom 9. Juli 1987 - IX ZR 89/86, WM 1987, 1172, 1173, vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995 f. mwN, vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 299 f. mwN und vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1189).
44
b) Diese Grundsätze und Vorgaben hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nur unzureichend beachtet und die materiellen Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nicht hinreichend festgestellt.
45
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall der Abschluss des Raumsicherungsübereignungsvertrages vom 1. Juli 2010 ist.
46
(1) Maßgebend für die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sind die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Vornahme (st. Rspr., BGH, Urteile vom 9. November 1978 - VII ZR 54/77, BGHZ 72, 308, 314, vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1189 und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 69), auch wenn die Sittenwidrigkeit eines Sicherungsgeschäftes in Rede steht (BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300). Allerdings ist in diesem Fall zu berücksichtigen, dass es primär auf die Sittenwidrigkeit des schuldrechtlichen Sicherungsvertrags ankommt, dessen Unsittlichkeit und Nichtigkeit ausnahmsweise auch das seiner Umsetzung dienende - abstrakte und damit an sich wertneutrale - dingliche Erfüllungsgeschäft erfasst, wenn die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 1/52, NJW 1952, 1169, 1170 [insoweit in BGHZ 7, 111 nicht abgedruckt], vom 20. Juni 1962 - VIII ZR 128/61, WM 1962, 818, 819, und vom 20. Januar 2006 - V ZR 214/04, NJW-RR 2006, 888, 889; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1102; Palandt/Ellenberger , BGB, 75. Aufl., § 138 Rn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 930 Rn. 15, 20).
47
(2) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass der schuldrechtliche Sicherungsvertrag hier am 1. Juli 2010 geschlossen wurde, während der Vertrag vom 1. März 2011 lediglich eine Änderung der dinglichen Einigung für die Zukunft enthielt.
48
Denn das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1. März 2011 nur um eine Ergänzung des am 1. Juli 2010 abgeschlossenen Vertrags handelte, die lediglich der Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes bei der Übereignung einer Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand diente , nachdem das Sicherungsgut in einem neuen Lager zusammengeführt worden war, und die insoweit nur für die dingliche Einigung der Vertragsparteien von Bedeutung war.
49
Diese Auslegung der mit Ziffer 4 des Vertrags vom 1. März 2011 getroffenen Individualvereinbarung durch das Berufungsgericht unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Senatsurteile vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, WM 2014, 2160 Rn. 15 und vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, WM 2015, 1704 Rn. 17 mwN). Das ist hier nicht der Fall und wird von den Parteien des Revisionsverfahrens auch nicht gerügt.
50
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber für das Vorliegen eines Sittenverstoßes genügen lassen, dass die Beklagte subjektiv von einer - nicht näher definierten - "Sanierungsbedürftigkeit" der Insolvenzschuldnerin ausgegangen sei, und hat deshalb keine Feststellungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin Anfang Juli 2010 getroffen, sondern dies ausdrücklich offen gelassen.
51
(1) Nach dem Leitsatz des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 1953 (IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228), auf den das Berufungsgericht seine Entscheidung ganz wesentlich gestützt hat, sind die im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn die Bank einem konkursreifen Unternehmen zum Zweck der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistungen gewährt, sie dadurch bewirkt, dass möglicherweise Dritte zu ihrem Schaden über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden, und sie sich vor der Krediteinräumung nicht mittels einer eingehenden und objektiven Prüfung durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann von den Erfolgsaussichten des Sanierungsvorhabens überzeugt hat. Danach ist die Insolvenzreife des Darle- hensnehmers und Sicherungsgebers notwendige Voraussetzung für die Prüfungspflicht bzw. das Vorliegen eines Sittenverstoßes bei Verletzung der Prüfungspflicht (ebenso BGH, Urteile vom 4. Juli 1961 - VI ZR 236/60, WM 1961, 1126, 1127 und vom 14. April 1964 - VI ZR 219/62, WM 1964, 671, 672).
52
(2) Es kann dahinstehen, ob Insolvenzreife im Sinne dieser Rechtsprechung nur dann gegeben ist, wenn nach §§ 17, 19 InsO ein Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Darlehensnehmers und Sicherungsgebers vorliegt, oder ob dessen drohende Zahlungsunfähigkeit oder auch schon eine noch früher einsetzende "Sanierungsbedürftigkeit" genügt (vgl. dazu Huber, NZI 2015, 447, 448 f.; Neuhof, NJW 1998, 3225, 3229; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rn. 5.28; Wenzel, NZI 1999, 294). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts reicht es jedenfalls nicht aus, dass der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber über einen längeren Zeitraum hinweg - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend sogar mehrere Jahre lang - als "Sanierungsfall" angesehen hat, ohne die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung des Sicherungsgebers während dieser Zeit, insbesondere Anzeichen für eine Besserung der Lage, zu berücksichtigen.
53
(a) Einer derartigen Reduzierung der Anforderungen an die Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Sicherungsvertrags mit der Folge seiner Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB steht entgegen, dass die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Sicherungsgebers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein wesentlicher Aspekt im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung, insbesondere für die Bejahung der Sittenwidrigkeit, ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273 f. [zu den Anforderungen an die Prüfung der Lage des Sicherungsgebers durch den Sicherungsnehmer , um die Nichtigkeit der Bestellung weiterer Sicherheiten für bereits eingeräumte Kredite gemäß § 138 Abs. 1 BGB zu vermeiden]; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400 und vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576 [jeweils zu § 826 BGB wegen sittenwidriger Insolvenzverschleppung]; BGH, Urteile vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406 und vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 998 [zu anderen Fällen der Gläubigergefährdung oder Kredittäuschung]).
54
(b) Zudem würde durch eine Ausweitung der Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB im Fall von fehlgeschlagenen Sanierungsversuchen die differenzierte Regelung der Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz und der Insolvenzanfechtung in §§ 129 ff. InsO, insbesondere der dort vorgesehenen Fristen, überspielt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 443 und vom 9. Juli 1987 - IX ZR 89/86, WM 1987, 1172, 1173), obwohl grundsätzlich eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung in Betracht kommt, wenn eine Sicherungsübereignung nicht Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273 [zu § 31 Nr. 1 KO], vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250 [zu § 31 Nr. 1 KO] und vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17 [zu § 133 InsO]). Die Nichtigkeit einer Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB gewährleistet jedoch weder die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger noch wirkt sie zwingend zugunsten der Gläubiger, die tatsächlich über die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers und späteren Insolvenzschuldners getäuscht worden sind. Sie kann - wie der vorliegende Fall zeigt - unter Umständen auch einem einzelnen Gläubiger zugutekommen, dessen Vertrag mit dem Insolvenzschuldner Besonderheiten aufweist, die auf einen Vertragsschluss in Kenntnis von erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Insolvenzschuldners hindeuten. So enthielt der Kaufvertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Klägerin, der nur etwa einen Monat vor Stellung des ersten Insolvenzantrags geschlossen wurde, die Vereinbarung strikten Stillschweigens und eine Regelung zur Kaufpreiszah- lung, nach der mit dem Kaufpreis Schulden der Verkäuferin bei verschiedenen Gläubigern, einschließlich des Lagerhalters, ausgeglichen oder verringert werden sollten. Im Übrigen trat die Verkäuferin - ihre im Vertrag versicherte Verfügungsberechtigung unterstellt - mit der im Annex vereinbarten Übereignung gemäß § 931 BGB in Vorleistung.
55
(3) Infolge dessen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den Zwischenabschluss zum 30. November 2009 und den Jahresabschluss zum 28. Februar 2010 als unbeachtlich angesehen, obwohl sich aus diesen - von einem Wirtschaftsprüfer testierten - Abschlüssen konkrete Anhaltspunkte für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin ergaben. Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Sittenwidrigkeit die Vornahme des Rechtsgeschäfts ist [s.o. unter II. 2. b) aa) (1)] und der erste Raumsicherungsübereignungsvertrag nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts am 1. Juli 2010 geschlossen worden ist, steht der Berücksichtigung des Jahresabschlusses für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 ferner nicht entgegen, dass die Vertragsurkunde von der Beklagten bereits unter dem 1. Juni 2010 ausgefertigt wurde.

III.

56
1. Das Berufungsurteil ist damit gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 563 Abs. 3 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin Anfang Juli 2010 getroffen hat und die Beklagte die von der Klägerin behauptete Insolvenzreife zu diesem Zeitpunkt in erheblicher Weise bestritten hat.
57
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
58
Das Berufungsgericht wird sich im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung insbesondere mit dem Zwischenabschluss zum 30. November 2009 und dem Jahresabschluss zum 28. Februar 2010 zu befassen haben sowie mit dem klägerischen Einwand, die in diesen Abschlüssen ausgewiesenen Überschüsse beruhten auf nicht vorhandenen und überbewerteten Warenbeständen sowie auf einer zu Unrecht erfolgswirksam verbuchten wertlosen Schadensersatzforderung in Höhe von rd. 3,8 Mio. €. Dabei wird zu berücksichtigen sein, ob bzw. inwieweit die Beklagte die behaupteten Bilanzierungs- und Bewertungsfehler - sollten sie vorliegen - und die infolgedessen tatsächlich deutlich schlechtere Lage der Insolvenzschuldnerin erkannt hat oder bewusst die Augen davor verschlossen hat. In diesem Zusammenhang wird ferner zu bedenken sein, dass es der Insolvenzschuldnerin nach dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. vom 28. Dezember 2011 (Rn. 361) im Wesentlichen gelungen sein soll, bis Anfang 2011 innerhalb der ihr im Dezember 2009 eingeräumten Kreditlinie zu disponieren.
59
Des Weiteren wird in der Gesamtabwägung gegebenenfalls der Inhalt des streitgegenständlichen Sicherungsvertrags, wie z.B. die Ermächtigung der Sicherungsgeberin zur Verfügung über das Sicherungsgut im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Geschäftsführung (Ziffer 9.1) und die Möglichkeit von Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt an die Sicherungsgeberin (Ziffer 5.1), zu berücksichtigen sein.
60
Schließlich wird das Berufungsgericht, sofern es nicht schon wegen des Vorliegens von Indizien für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Insol- venzschuldnerin die Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung vom 1. Juli 2010 verneint, zu prüfen haben, ob noch zu diesem Zeitpunkt die Ausweitung von Lieferantenkrediten angestrebt war oder ob Lieferanten durch die Sicherungsübereignung über die Kreditfähigkeit und -würdigkeit der Insolvenzschuldnerin getäuscht sowie hierdurch gefährdet worden sind (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300 f.).
Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 08.04.2013 - 4 O 376/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.05.2014 - I-11 U 9/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 136/01 Verkündet am:
23. April 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Der Tatrichter hat das für seine Entscheidung maßgebliche ausländische
Recht von Amts wegen zu ermitteln. Diese Ermittlungspflicht umfaßt auch die
ausländische Rechtspraxis, wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des
betreffenden Landes zum Ausdruck kommt.
Bei Rechtsgeschäften, die in der Absicht der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen
werden, gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw.
Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln des § 138 Abs. 1 BGB vor. Etwas
anderes gilt nur dann, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die
Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist.
BGH, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. (nachfolgend: B.-Bank) und das des Komplementärs M. H.. Er
nimmt die Beklagte, die Ehefrau des inzwischen verstorbenen M. H., als Gesellschafterin einer US-amerikanischen Personengesellschaft auf Rückzahlung eines dieser Gesellschaft gewährten Darlehens nebst Zinsen sowie auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Eheleute H. gründeten gemeinsam mit ihren vier Söhnen am 1. Januar 1979 eine General Partnership unter dem Namen "H.-Farms" (nachfolgend: HFGP) für den Betrieb von zwei im US-amerikanischen Bundesstaat New York gelegenen Farmen. Zum 1. Januar 1980 wurde die HFGP umgewandelt in eine bis zum 31. Dezember 1989 befristete Limited Partnership (nachfolgend: HFLP) mit der Beklagten und ihrem Ehemann als Limited-Partner und den teilweise noch minderjährigen Söhnen als General-Partner.
Die HFGP und HFLP nahmen bei der B.-Bank Kredit auf, der zum Zeitpunkt der Umwandlung 831.196,41 DM betrug, letztmals bis Mai 1985 verlängert wurde und sich bis zum 31. Juli 1985 auf 2.169.649,77 DM erhöhte. Zur Sicherheit bestellte die Beklagte gemeinsam mit ihrem Ehemann insbesondere zwei Grundschulden (Mortgages) am Farmgrundstück in New York. Das Einverständnis mit den verschiedenen Kreditvereinbarungen unterzeichnete für die HFLP jeweils die Beklagte.
Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der B.-Bank von der Beklagten Darlehensrückzahlung in Höhe von 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 sowie als Konkursverwalter des M. H.
20.000 DM Schadensersatz wegen der unterbliebenen Rückübertragung eines Anteils an den H.-Farms.
Die Beklagte beruft sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch im wesentlichen auf den gesetzlichen Ausschluû ihrer persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten der HFLP sowie auf eine Haftungsfreistellungserklärung , die M. H. am 28. November 1979 für die B.-Bank abgegeben haben soll, und macht die Einrede der Verjährung geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Der erkennende Senat hat die auf Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils gerichtete Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als die Beklagte zur Darlehensrückzahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:


Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung , im wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte hafte trotz ihrer formalen Stellung als Limited-Partner für die Verbindlichkeiten der HFLP persönlich und unbeschränkt nach § 96 des Partnership Law (P.L.) von New York, da sie nach auûen an der Geschäftsführung maûgeblich beteiligt gewesen sei (Control over management ), sowie "als in Deutschland handelnde Kreditnehmerin". Auch nach der Auflösung (Dissolution) der HFLP durch Ablauf der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Zeit habe die Haftung der Beklagten fortbestanden , weil der Betrieb der H.-Farms unter Mitwirkung der Beklagten fortgesetzt worden und das Unternehmen nunmehr wieder als General Partnership anzusehen gewesen sei. Die Verpflichtung der Beklagten sei durch ihr Handeln begründet und könne nicht mit dem Hinweis auf die Grundsätze des Vertrauen begründenden Rechtsscheins verneint werden. Daû der damalige Alleininhaber der B.-Bank, der Ehemann der Beklagten , die rechtlichen Verhältnisse gekannt habe, sei nicht von Bedeutung.
Die Haftungsfreistellungserklärung vom 28. November 1979 sei dahin auszulegen, daû davon nur Haftungsrisiken in direktem Zusammenhang mit der Bestellung von Sicherheiten erfaût werden sollten, nicht jedoch Verbindlichkeiten aus der Darlehensaufnahme oder deren Verlängerungen. Wenn die Erklärung dagegen als Freistellung für die Familienmitglieder auch als Darlehensnehmer zu verstehen sein sollte, sei sie nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Eine Verjährung sei weder nach dem Recht des Staates New York noch nach deutschem Recht eingetreten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
1. Für eine unmittelbare Verpflichtung der Beklagten als Darlehensnehmerin fehlt jeder Anhaltspunkt. Insbesondere werden in den Darlehensverträgen die "H. Farms" ausdrücklich als Vertragspartner genannt.
2. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht bejahten persönlichen Haftung der Beklagten nach dem Gesellschaftsrecht des Bundesstaates New York beanstandet die Revision mit Recht die unzureichende Ermittlung des ausländischen Rechts.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der HFGP und HFLP sich nach dem Recht des Bundesstaates New York beurteilt.
Das internationale Gesellschaftsrecht ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Nach den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen entscheidet das Personalstatut einer Gesellschaft über die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (BGHZ 78, 318, 334; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1953 - IV ZR 114/53, LM § 105 HGB Nr. 7). Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika be-
urteilt sich das Personalstatut nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des DeutschAmerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 (BGBl. 1956 II 487, 500). Maûgeblich ist danach das Recht, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde (OLG Celle WM 1992, 1703, 1706; OLG Düsseldorf WM 1995, 808, 810; Soergel/ Lüderitz, BGB 12. Aufl. EGBGB Art. 10 Anh. Rdn. 13). Zur Gründung hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Aufgrund des Sitzes der HFGP und HFLP im US-Bundesstaat New York, der Eintragung der HFLP im dortigen Register sowie der unwidersprochen gebliebenen Erwähnung ihrer Gründung nach dem Recht dieses Staates in einem von der Beklagten vorgelegten Gutachten ist jedoch davon auszugehen , daû sich das Personalstatut der Gesellschaften und damit auch die persönliche Haftung der Beklagten als deren Gesellschafterin nach dem Recht des Bundesstaates New York bestimmt.

b) Das somit maûgebliche ausländische Recht hat der Tatrichter nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Eine Verletzung dieser Ermittlungspflicht kann mit der Verfahrensrüge beanstandet werden (BGHZ 118, 151, 162; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - XI ZR 357/99, WM 2001, 502, 503 und vom 26. Juni 2001 - XI ZR 241/00, BGHReport 2001, 894). Zu ermitteln und anzuwenden ist dabei nicht nur das ausländische Gesetzesrecht, sondern das Recht, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Die Ermittlungspflicht des Tatrichters umfaût daher gerade auch die ausländische Rechtspraxis , wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des betreffenden Landes zum Ausdruck kommt. In welcher Weise er sich die notwendigen Erkenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäûen Ermessen. Die
Anforderungen sind um so gröûer, je detaillierter und kontroverser die Parteien eine ausländische Rechtspraxis vortragen (BGHZ 118, 151, 164). Vom Revisionsgericht überprüft werden darf lediglich, ob der Tatrichter sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (BGHZ 118, 151, 163 f.; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 und vom 26. Juni 2001 je aaO). Gibt das Berufungsurteil keinen Aufschluû darüber, daû der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rechtsprechung und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (Senatsurteil vom 26. Juni 2001 aaO m.w.Nachw.).

c) Danach ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft.
aa) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die persönliche Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 96 P.L.. Feststellungen zum Inhalt dieser Regelung enthält weder das Berufungsurteil noch das darin in Bezug genommene Urteil des Landgerichts. Ausführungen zur Auslegung dieser Norm durch die amerikanische Rechtsprechung und Rechtslehre fehlen völlig. Schon deshalb ist von einer unzureichenden Ermittlung des ausländischen Rechts auszugehen.
bb) Auch aus dem übrigen Akteninhalt ergibt sich, daû die von beiden Parteien beantragte Einholung eines rechtswissenschaftlichen Sachverständigengutachtens zu § 96 P.L. ermessensfehlerhaft unterblieben ist.

Dem Berufungsgericht lagen lediglich eine vom Kläger vorgelegte gutachterliche Stellungnahme der Rechtsanwälte R. in New York, ein vom Beklagten vorgelegtes rechtswissenschaftliches Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. sowie eine vom Gericht erbetene kurze Stellungnahme des amerikanischen Rechtsanwalts Bl. vor. Hinreichende Informationen zu dem vom Berufungsgericht im Rahmen des § 96 P.L. für maûgeblich erachteten Gesichtspunkt der Haftung eines Gesellschafters wegen maûgeblicher Beteiligung an der Geschäftsführung nach auûen (Control over management) enthält keine der drei Unterlagen. Die Stellungnahme der Rechtsanwälte R. geht auf diesen Gesichtspunkt überhaupt nicht ein. Das Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. enthält zwar allgemein gefaûte Darlegungen zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 96 P.L., verzichtet aber ausdrücklich auf nähere Ausführungen zu diesem Punkt. Auch die kurze Stellungnahme des Rechtsanwalts Bl., die vom Verfasser einleitend als nicht auf Nachforschungen beruhend, allgemein und mangels Kenntnis aller Fakten zwangsläufig etwas vage bezeichnet wird, enthält nur sehr kurze Ausführungen zur Haftung eines Gesellschafters wegen Beteiligung an der Geschäftsführung und setzt sich dabei weder mit der einschlägigen Rechtsprechung noch mit der Rechtslehre auseinander.
3. Auch die Auslegung der auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung des M. H. durch das Berufungsgericht wird von der Revision mit Recht angegriffen.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es allerdings nicht zu beanstanden , daû das Berufungsgericht bei der Auslegung der Freistellungserklärung deutsches Recht und nicht das Recht des Staates New York zugrunde gelegt hat.
Das vor dem 1. September 1986 geltende deutsche Internationale Privatrecht, das nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB für die Auslegung der genannten Freistellungserklärung maûgebend bleibt, kannte, anders als der geltende Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB, keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über das für das Erlöschen von Schuldverhältnissen maûgebende Recht. Es war jedoch anerkannt, daû für die Frage des Erlöschens einer Verbindlichkeit grundsätzlich das Recht maûgebend war, dem das Schuldverhältnis selbst unterstand (BGHZ 9, 34, 37 m.w.Nachw.), daû aber eine gesonderte Rechtswahl für den Erlaû einer Schuld zulässig war (OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 367, 368 m.w. Nachw.; ebenso für das geltende Recht MünchKomm/Spellenberg, BGB 3. Aufl. Art. 32 EGBGB Rdn. 59).
Im vorliegenden Zusammenhang kann offenbleiben, ob das Schuldverhältnis, das durch die Freistellungserklärung zum Erlöschen gebracht werden sollte, die nach New Yorker Recht zu beurteilende gesellschaftsrechtliche Haftung oder die Darlehensverbindlichkeit selbst war. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Freistellungserklärung ergibt sich nämlich bereits aus einer gesonderten Rechtswahl der Parteien für diese Erklärung. Diese Rechtswahl wurde zwar nicht ausdrücklich vereinbart. Sie ist jedoch den Umständen des Falles und dem prozessualen Verhalten der Parteien zu entnehmen. Die Haftungsfreistel-
lungserklärung war in deutscher Sprache abgefaût und alle Beteiligten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit sowie ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland. Sowohl im vorliegenden Rechtsstreit als auch in dem bereits abgeschlossenen Parallelprozeû des Klägers gegen einen der Söhne der Beklagten sind die Parteien insoweit übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen. Daû in der Frage der Rechtswahl das prozessuale Verhalten der Beteiligten als wesentliches Indiz für den hypothetischen ursprünglichen Parteiwillen oder auch für eine nachträgliche stillschweigende Einigung gewertet werden kann, hat der Bundesgerichtshof wiederholt anerkannt (BGHZ 40, 320, 323 f.; 103, 84, 86; Senatsurteile vom 28. Januar 1992 - XI ZR 149/91, WM 1992, 567, 568 und vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 200/92, WM 1993, 2119, jeweils m.w.Nachw.).

b) Bei der Anwendung deutscher Auslegungsgrundsätze auf die Haftungsfreistellungserklärung sind dem Berufungsgericht jedoch entscheidende Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Die Auslegung individualvertraglicher Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Für das Revisionsgericht ist sie jedoch nicht bindend, wenn gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Senatsurteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94, WM 1995, 743, 744 m.w.Nachw.; BGH, Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514). Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, daû die Auslegung in erster Linie den Wortlaut der Erklärung und den diesem zu entneh-
menden objektiv erklärten Parteiwillen berücksichtigen muû (BGHZ 121, 13, 16; Senatsurteil vom 31. Januar 1995 aaO; BGH, Urteile vom 27. November 1997 - IX ZR 141/96, WM 1998, 776, 777 und vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196) sowie daû vertragliche Willenserklärungen nach dem Willen der Parteien in aller Regel einen rechtserheblichen Inhalt haben sollen und daher im Zweifel nicht so ausgelegt werden dürfen, daû sie sich als sinnlos oder wirkungslos erweisen (BGH, Urteile vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536 und vom 1. Oktober 1999 aaO).
bb) Ein Verstoû gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze liegt darin, daû das Berufungsgericht den Wortlaut der Freistellungserklärung nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gericht hat seine einschränkende Auslegung dieser Erklärung lediglich auf die einleitende Erwähnung einer unmittelbar bevorstehenden Grundschuldbestellung sowie auf die im Schluûabsatz enthaltene Bestimmung über die Unabhängigkeit der Freistellung von etwaigen künftigen Grundschuldbestellungen und Sicherungsübereignungen gestützt. Dagegen hat es die zentralen Bestimmungen der Freistellungserklärung völlig auûer Betracht gelassen, nach denen alle Gesellschafter der H.-Farms "keinesfalls ... dem Bankhaus B. in der persönlichen Haftung" sein sollten und in denen für den Fall, daû "aus irgendwelchen Gründen eine persönliche Haftung jetzt oder auch später bestehen sollte, ... hierauf ein für alle Male verzichtet" wurde.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch dadurch gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoûen, daû es die Freistellungser-
klärung im Wege der Auslegung auf eine persönliche Haftung aus der Grundschuldbestellung beschränkte, ohne der nahe liegenden Frage nachzugehen, ob eine solche Beschränkung die Erklärung nicht jeder realen rechtlichen Wirkung beraubte und sie dadurch sinnlos machte. Daû für die Beklagte und die anderen Gesellschafter der H.-Farms aus der Bestellung von Sicherheiten persönliche Haftungsrisiken hätten entstehen können, wurde vom Berufungsgericht nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
4. Für die Revisionsinstanz muû daher zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daû die auf den 28. November 1979 datierte Freistellungserklärung des M. H. sich auch auf eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms erstreckt. Die Annahme des Berufungsgerichts, in diesem Fall sei die Freistellungserklärung nach § 138 BGB unwirksam, hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.

a) Einen Verstoû gegen § 138 BGB hat das Berufungsgericht darin gesehen, daû M. H. mit der Freistellungserklärung die B.-Bank sittenwidrig geschädigt habe. Das ist, wie die Revision mit Recht rügt, schon deshalb nicht richtig, weil M. H. am 28. November 1979, als er die Freistellungserklärung angeblich abgegeben hat, Alleininhaber der B.-Bank war und daher allenfalls sich selbst, nicht dagegen eine rechtlich von ihm verschiedene Bank geschädigt haben könnte. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Ablichtungen aus dem Handelsregister, deren inhaltliche Richtigkeit von der Gegenseite nicht in Frage gestellt worden ist,
war M. H. von 1974 bis 1983 Alleininhaber der B.-Bank, die erst danach als Kommanditgesellschaft weitergeführt wurde.

b) Auch der vom Berufungsgericht zusätzlich erwähnte Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung vermag auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Gerichts einen Verstoû der Freistellungserklärung gegen § 138 BGB nicht zu begründen.
aa) Rechtsgeschäfte, die ein Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, verstoûen zwar in der Regel gegen die guten Sitten (BGH, Urteil vom 26. Januar 1973 - V ZR 53/71, WM 1973, 303, 304). Jedoch gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB vor, es sei denn, das Rechtsgeschäft weist besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände auf (BGHZ 53, 174, 180; 56, 339, 355; 130, 314, 331; 138, 291, 299 f.).
bb) Im vorliegenden Fall legen die Begleitumstände der Freistellungserklärung die Annahme nahe, daû M. H. diese Erklärung in der Absicht abgegeben hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und daû dies der Beklagten auch bekannt war. Bereits zu dem Zeitpunkt, als die Freistellungserklärung angeblich abgegeben wurde, waren die H.-Farms gegenüber der B.-Bank in erheblichem Umfang verschuldet und die Notwendigkeit weiterer Kredite war absehbar. Die Grundschulden auf dem Farmgrundstück in New York boten angesichts der bekannten Schwierigkeiten und Kosten einer Rechtsverfolgung in Amerika keine ausreichen-
de Sicherheit. Deshalb war die persönliche Haftung der in Deutschland ansässigen Gesellschafter der damals noch in der Rechtsform der General Partnership betriebenen H.-Farms für die B.-Bank besonders wichtig. Daû M. H. ihnen gegenüber auf die Haftung verzichtete, obwohl sie darauf keinen Anspruch hatten, spricht dafür, daû er sie aus verwandtschaftlicher Rücksichtnahme vor dem Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme bewahren wollte und dabei eine Schädigung seiner Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Es liegt auch nahe, daû der Beklagten als Ehefrau des M. H. und leitender Mitarbeiterin der B.-Bank diese Umstände bekannt waren.
cc) Für zusätzliche, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände, die eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnten, enthalten die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte.
Dem Berufungsurteil läût sich zwar entnehmen, daû die Haftungsfreistellungserklärung nicht zu den Kreditakten der B.-Bank genommen, sondern auf der Farm in Amerika aufbewahrt wurde mit der Folge, daû eine Überprüfung des Vorgangs durch die Aufsichtsbehörden der Bank verhindert und eine rechtzeitige Anfechtung durch den Kläger erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Diese Vorgänge liegen aber zeitlich nach der Abgabe der Freistellungserklärung. Für die Beurteilung eines Rechtsgeschäfts als sittenwidrig kommt es auf den Zeitpunkt seiner Vornahme an, wobei der Sittenwidrigkeitsvorwurf nur auf Umstände gestützt werden kann, die die Beteiligten in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben (BGHZ 130, 314, 331 f.; 138, 291, 300; BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989
- III ZR 34/88, WM 1990, 54, 56). Im vorliegenden Fall setzt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB daher voraus, daû M. H. und die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Freistellungserklärung die Verheimlichung dieses wichtigen Vorgangs geplant oder zumindest als ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben. Zu diesem Punkt enthält das Berufungsurteil keinerlei Feststellungen.
5. Soweit das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Verjährungseinrede als nicht durchgreifend angesehen hat, hält dies zwar hinsichtlich der Hauptforderung auf Darlehensrückzahlung, nicht dagegen in vollem Umfang hinsichtlich der Zinsforderung den Angriffen der Revision stand.

a) Die Verjährung der Hauptforderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verneint. Dabei kommt es auf die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Gerichts zu den Verjährungsregeln des Bundesstaates New York nicht an, weil das streitgegenständliche Darlehen einschlieûlich der Frage seiner Verjährung nach deutschem Recht zu beurteilen ist mit der Folge, daû die regelmäûige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von dreiûig Jahren Anwendung findet.
Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Ziffer 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken in der 1984 unverändert gebliebenen Fassung von 1977 (abgedruckt in: Canaris, Bankvertragsrecht 2. Aufl. S. 1350), die in den Kreditverträgen zwischen der B.-Bank und den H.-Farms jeweils ausdrücklich in Bezug genommen
worden waren. Nach dieser Bestimmung waren für die Rechtsbeziehungen mit auûerhalb der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Kunden die Geschäftsräume der kontoführenden Stelle der Bank für beide Teile der Erfüllungsort (Satz 1), und der Erfüllungsort war zugleich maûgeblicher Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht (Satz 2). Diese Regelung kommt hier zur Anwendung, weil die H.-Farms ihren Sitz in Amerika hatten.

b) Die Verjährung der Zinsforderung hat das Berufungsgericht dagegen insoweit zu Unrecht verneint, als es um Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 1990 geht. Ansprüche auf rückständige Zinsen für diesen Zeitraum waren im Zeitpunkt der Unterbrechung der Verjährung durch Einreichung der vorliegenden Klage (§ 209 Abs. 1 BGB a.F., § 253 Abs. 1 ZPO, § 270 Abs. 3 ZPO a.F.) am 11. Februar 1994 bereits nach den §§ 197, 201 BGB a.F. verjährt.
6. Die Revision rügt ferner mit Recht, daû das Berufungsgericht die Höhe der dem Kläger zuerkannten Zinsforderung nicht hinreichend begründet hat.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Verzinsung von 5% entspreche dem "seinerzeit langfristigen Darlehenszins", reicht zur Begründung der Zinsforderung nicht aus. Der zwischen der B.-Bank und den H.-Farms vertraglich vereinbarte Darlehenszins von 5% galt nur für die Laufzeit des Darlehens, die mit Ablauf der letzten Vertragsverlängerung vom 30. Mai 1984 am 31. Mai 1985 endete. Für die Zeit danach
kommen nur Zinsansprüche auf gesetzlicher Grundlage in Betracht. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich weder eine anderweitige Begründung einer Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms noch kann auf der Grundlage dieser Feststellungen ausgeschlossen werden, daû eine etwaige Haftung durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist.
1. Eine Haftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der H.Farms könnte nicht nur aufgrund des vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellten Verhaltens der Beklagten während des Zeitraums, als die H.-Farms als Limited Partnership betrieben wurden, sondern auch aufgrund der Stellung der Beklagten als Gesellschafterin der im Jahre 1979 bestehenden General Partnership sowie aufgrund ihrer etwaigen Beteiligung an einer Fortsetzung des Farmbetriebs nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 in Betracht kommen.

a) Die Frage, ob die Beklagte aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der anfänglichen General Partnership für die bis Ende 1979 aufgenommenen Kredite der H.-Farms haftet, hat das Berufungsgericht offengelassen. Der Senat kann diese Frage nicht klären, weil dazu Fest-
stellungen zu den tatsächlichen Vorgängen beim Übergang von der General Partnership zur Limited Partnership sowie auch zum Inhalt des darauf anwendbaren New Yorker Rechts erforderlich sind, die das Berufungsgericht unterlassen hat.

b) Eine selbständige Haftungsanknüpfung an die Vorgänge nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht bejaht werden. Dabei mag offenbleiben, ob die Feststellung des Berufungsgerichts , der Betrieb der H.-Farms sei nach dem Ende der Limited Partnership unter Mitwirkung der Beklagten fortgeführt worden, den Angriffen der Revision stand hält. Es fehlt jedenfalls an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob nach dem Recht des Bundesstaats New York die Haftung der an der Fortsetzung einer aufgelösten Limited Partnership Mitwirkenden nur neu begründete Verbindlichkeiten erfaût oder sich auch auf die Altschulden der Limited Partnership erstreckt.
2. Auch die Frage, ob eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist, läût sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht klären. Die Unwirksamkeit dieser auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung stünde zwar fest, wenn sie, wie der Kläger behauptet, von M. H. erst nach dem Zusammenbruch der B.-Bank und damit zu einer Zeit abgegeben worden wäre, als M. H. die Bank nicht mehr vertreten konnte. Dem steht aber die Behauptung der Beklagten entgegen, die Freistellungserklärung sei am 28. November 1979 abgegeben worden. Dafür hat die
Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, auch Beweis angetreten. Dazu , wann die Erklärung tatsächlich abgegeben worden ist, hat das Berufungsgericht bisher keinerlei Feststellungen getroffen.

IV.


Das Berufungsurteil muûte daher in dem Umfang aufgehoben werden , in dem der erkennende Senat die Revision der Beklagten angenommen hat (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Insoweit war die Sache, die wegen
der in mehreren Punkten noch fehlenden Feststellungen tatsächlicher Art und zum Inhalt ausländischen Rechts nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Wassermann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 305/14 Verkündet am:
12. April 2016
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur entsprechenden Geltung der Voraussetzungen von § 301 ZPO wegen
der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, wenn der Kläger
mehrere Ansprüche geltend macht, die sämtlich voraussetzen, dass der
Kläger Eigentümer bestimmter Waren geworden ist, und das Berufungsgericht
nur einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet, während
es hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die
Sache in diesem Umfang an das erstinstanzliche Gericht zurückverweist.

b) Zu den Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung
eines Warenlagers wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB (Fortführung
von BGH, Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228).
BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
ECLI:DE:BGH:2016:120416UXIZR305.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Mai 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über das Eigentum an Waren, die die S. GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) zunächst an die beklagte Sparkasse und später an die Klägerin übereignete.
2
Die Beklagte war die Hausbank der Insolvenzschuldnerin, die mit Sportartikeln , insbesondere Textilien und Schuhen, handelte und über deren Vermögen im September 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Beklagte gewährte der Insolvenzschuldnerin im Oktober 2007 einen befristeten Kontokorrentkredit in Höhe von 1,8 Mio. €, der in der Folgezeit mehrfach verlängert sowie im Dezember 2009 auf 6,3 Mio. €, im Februar 2010 auf 8 Mio. € und mit Kreditzusage vom 1. März 2010 auf 10 Mio. € erhöht wurde. In dieser Höhe wurde die Kreditlinie jeweils mit Kreditzusagen vom 1. April 2010, vom 31. Mai 2010, vom 31. Juli 2010, vom 27. September 2010 und letztmalig vom 8. Oktober 2010 bis zum 30. März 2011 verlängert. Die Beklagte ließ zudem wiederholt Überziehungen der bewilligten Kreditlinie von bis zu mehreren Millionen € zu. Daneben hatte sie der Insolvenzschuldnerin langfristige Darlehen über insgesamt rund 4 Mio. € gewährt.
3
Gegen Ende des Wirtschaftsjahres 2007/2008 (1. März 2007 bis 29. Februar 2008) zeichnete sich bei der Insolvenzschuldnerin ein Verlust ab, der die Geschäftsführung veranlasste, ein Sanierungskonzept einschließlich Zukunftsplanung zu erstellen und diese Sanierungsplanung durch die Streithelferin prüfen zu lassen. Ferner vereinbarte die Insolvenzschuldnerin mit der Beklagten am 17. April 2008 einen Rangrücktritt bezüglich der Forderungen aus vier Darlehen über insgesamt 2,2 Mio. €.
4
Im November 2009 erstattete die Streithelferin im Auftrag der Insolvenzschuldnerin eine "Fortführungsprognose WJ 2010/2011 und WJ 2011/2012, Stand Oktober 2009" (nachfolgend: Bericht der Streithelferin), in dem der Insolvenzschuldnerin bei "Einhaltung der Planungsprämissen und Umsetzung der Maßnahmen" eine positive Fortführungsprognose bescheinigt wurde.
5
Der vom Abschlussprüfer unter dem 13. Januar 2010 testierte Zwischenabschluss für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. November 2009 wies einen von der Insolvenzschuldnerin erwirtschafteten Überschuss in Höhe von rund 1,89 Mio. € aus. Der vom Abschlussprüfer unter dem 2. Juni 2010 testierte Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 (1. März 2009 bis 28. Februar 2010) wies einen Jahresüberschuss von rund 2,19 Mio. € aus.
6
Unter dem 1. Juli 2010 und dem 1. März 2011 schlossen die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte Raumsicherungsübereignungsverträge, mit denen erstere ihre gegenwärtig und zukünftig bei der H. KG (nachfolgend: H KG) eingelagerten Waren zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung an diese übereignete. Die spätere Vereinbarung ergänzte die ältere, da die eingelagerten Waren zwischenzeitlich aus zwei Lagern in einem neuen Lager zusammengeführt worden waren.
7
Jedenfalls im Jahr 2011 geriet die Insolvenzschuldnerin erneut in schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Anfang April 2011 drohte die H KG der Insolvenzschuldnerin wegen offener Forderungen in Höhe von 381.800,66 € die Geltendmachung ihres Pfandrechts und die Pfandverwertung an.
8
Mit Vertrag vom 13./20. April 2011 verkaufte die Insolvenzschuldnerin die bei der H KG eingelagerten Sportartikel für 6.923.837,80 € an die Klägerin, zu der sie seit etwa fünf Jahren in Geschäftsbeziehung stand. Der Kaufpreis sollte vereinbarungsgemäß unmittelbar an verschiedene Gläubiger der Insolvenz- schuldnerin, unter anderem auch an die H KG, gezahlt werden. Ferner war vorgesehen , dass die Vereinbarung sehr vertraulich behandelt werden müsse. In einem Annex zum Kaufvertrag wurde zugleich vereinbart, dass die Insolvenzschuldnerin das Eigentum an den verkauften Waren an die Klägerin überträgt und deshalb ihren Anspruch auf Herausgabe der eingelagerten Waren gegen die H KG an die Klägerin abtritt.
9
Nachdem die Klägerin die vereinbarte Zahlung an die H KG erbracht und einen geringen Teil der bei dieser eingelagerten Waren abtransportiert hatte, zeigte die Beklagte am Nachmittag des 28. April 2011 gegenüber der H KG ihr Sicherungseigentum an. Daraufhin verweigerte letztere gegenüber der Klägerin die weitere Herausgabe der Waren.
10
Ende Juni 2011 lagerte die Beklagte die streitgegenständlichen Waren mit Zustimmung des zwischenzeitlich bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters in ein anderes Lager um, nachdem sie zuvor die weiter angefallenen Lagerkosten in Höhe von 157.930,54 € an die H KG gezahlt hatte.
11
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin am 19. September 2011 erklärte der Insolvenzverwalter den Nichteintritt in den mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag nebst Annex vom 13./20. April 2011. Dem widersprach die Klägerin mit der Begründung, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Pflichten aus diesem Vertrag durch die Abtretung ihres Herausgabeanspruchs gegen die H KG bereits vollständig erfüllt habe. In der Folgezeit veräußerte die Beklagte Teile der eingelagerten Waren mit Zustimmung des Insolvenzverwalters an Dritte.
12
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft über die von ihr in Besitz genommenen Waren und nachfolgend deren Herausgabe. Daneben begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte ihr zum Ersatz der Schäden verpflichtet sei, die ihr aus der Inbesitznahme der Waren entstanden seien und künftig noch entstünden.
13
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt , die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt und die Sache hinsichtlich des Herausgabebegehrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

14
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

15
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
16
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Auskunftsanspruch aus § 260 Abs. 1 BGB zu, da letztere gemäß § 985 BGB verpflichtet sei, die von ihr aus dem Lager der H KG abtransportierten und noch in ihrem Besitz befindlichen Waren an die Klägerin herauszugeben. Die Klägerin habe gemäß dem Annex zum Kaufvertrag vom 13./20. April 2011 das Eigentum an diesen Waren nach § 929 Satz 1, § 931 BGB erworben. Die Insolvenzschuldnerin habe als Berechtigte verfügt, da sie ihr Eigentum nicht zuvor wirksam auf die Beklagte übertragen habe.
17
Die Raumsicherungsübereignungsverträge vom 1. Juli 2010 und vom 1. März 2011 seien gemäß § 138 BGB wegen Gläubigergefährdung nichtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228) seien die im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Bank, die einem konkursreifen Unternehmen zum Zwecke der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistung gewähre, es unterlasse , vor der Krediteinräumung durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann eingehend und objektiv prüfen zu lassen, ob das Sanierungsvorhaben Erfolg verspreche, oder wenn die Bank aufgrund einer solchen Prüfung nicht von den Erfolgsaussichten des Vorhabens habe überzeugt sein können. Der Bericht der Streithelferin von November 2009 werde den inhaltlichen Anforderungen dieser Rechtsprechung an ein ernsthaftes Sanierungskonzept nicht gerecht.
18
Der Anwendbarkeit der vorgenannten Rechtsprechung stünden weder der am 13. Januar 2010 testierte Zwischenabschluss noch der Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 entgegen. Mit der Vorlage dieser Abschlüsse sei weder objektiv die Erforderlichkeit für die Einholung eines Sanierungskonzeptes entfallen noch entfalle das für die Annahme der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB erforderliche subjektive Element.
19
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei nicht der Zeitpunkt der Kreditvergabe, sondern der Übertragung der Sicherheit. Entscheidend sei hier der erste Raumsicherungsübereignungsvertrag vom 1. Juli 2010. Der nachfolgende Vertrag vom 1. März 2011 habe lediglich der Wahrung des Bestimmtheitserfordernisses bei der Übereignung einer Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand gedient, nachdem die Waren in einem neuen Lager zusammengeführt worden seien.
20
Es bedürfe vorliegend keiner Erörterung, ob die Insolvenzschuldnerin im Juli 2010 tatsächlich insolvenzreif gewesen sei. Denn die Pflicht einer Bank, die Erfolgsaussichten der Sanierung prüfen zu lassen, bestehe jedenfalls dann, wenn alle am Kreditengagement Beteiligten von der Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens ausgehen würden. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Beklagte selbst habe die Prolongation der Kontokorrentkreditlinie in ihrer Kreditzusage vom 31. Mai 2010 als "Sanierungskredit" bezeichnet und die Geschäftsbeziehung zur Insolvenzschuldnerin seit Juli 2007 unverändert der "Sanierungsbetreuung" zugeordnet. Der von der Beklagten im Jahr 2008 erklärte Rangrücktritt sei unverändert wirksam gewesen. Die in dem Bericht der Streithelferin vom November 2009 enthaltene Prognose gehe zum Bilanzstichtag 2010 noch von einer Überschuldung aus. Die Beklagte, die die Insolvenzschuldnerin durchgängig als Sanierungsfall betrachtet habe, müsse sich an dieser Zuordnung festhalten lassen.
21
Durch die Kreditgewährung der Beklagten seien möglicherweise Dritte über die Kreditwürdigkeit der Insolvenzschuldnerin getäuscht worden. Nicht erforderlich sei, dass die Klägerin selbst tatsächlich einer Täuschung unterlegen sei. Die Beklagte habe auch gewusst, dass es durch die von der Insolvenzschuldnerin angestrebte Umsatzausweitung zu einer Gefährdung der Lieferanten habe kommen können, da sie gewusst habe, dass die Insolvenzschuldnerin die Ausweitung der Lieferantenkredite angestrebt habe. Der Beklagten sei es nicht gelungen, sich durch stichhaltige Gründe für die Überwindung der Krise der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Sicherungsübereignung zu entlasten.
22
Die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung vom 1. Juli 2010 sei nicht durch den ergänzenden Vertrag vom 1. März 2011 geheilt worden. Dieser Vertrag sei nur für die Bestimmtheit der dinglichen Einigung der Vertragsparteien nach der Umlagerung des Sicherungsgegenstandes von Bedeutung. Der im Juli 2010 bestehende Sittenverstoß habe sich fortgesetzt, zumal nicht ersichtlich sei, dass die von der Beklagten erkannte Sanierungsbedürftigkeit der Insolvenzschuldnerin im März 2011 überwunden gewesen sei.
23
Die Feststellungsklage sei ebenfalls begründet, weil der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz ihrer durch die Inbesitznahme der Waren entstandenen Schäden gemäß §§ 989, 990 Abs. 1 BGB und § 990 Abs. 2, §§ 286, 280 Abs. 2 BGB zustehe. Die Beklagte sei unrechtmäßige Besitzerin der Waren und habe sich zumindest in grob fahrlässiger Weise der Erkenntnis verschlossen, dass die Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.
24
Der im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO geltend gemachte Herausgabeanspruch sei analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

II.

25
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
26
1. Soweit das Berufungsgericht einerseits auf den Klageantrag zu 3) hin festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeden aus der Inbesitznahme der eingelagerten Waren entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und andererseits die Sache zur Entscheidung über den auf Herausgabe gerichteten Klageantrag zu 2) an das Landgericht zurückverwiesen hat, ist das angefochtene Urteil verfahrensfehlerhaft und bereits deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Grundsätze des § 301 ZPO verkannt hat.
27
a) Bei dem Berufungsurteil handelt es sich zwar nicht um ein Teilurteil im Sinne des § 301 ZPO, da sich die Urteilsformel ungeachtet der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs auf den gesamten in der Berufungsinstanz anhängigen Streitgegenstand erstreckt. Denn auch die Entscheidung über die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht ergeht durch Endurteil, das das Verfahren für die zurückverweisende Instanz erledigt (Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 538 Rn. 49; Baumbach/Lauterbach/Albers /Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 538 Rn. 23).
28
Allerdings kann die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht nur im Fall eines Teilurteils, sondern auch dann bestehen, wenn das Berufungsgericht - wie hier - einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet und hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die Sache in diesem Umfang an das Landgericht zurückverweist (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26). Ein solches Urteil kommt in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich und darf daher nur unter Beachtung der Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen werden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26, 32, vom 9. November 2011 - IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 28 und vom 1. März 2016 - VI ZR 437/14, juris Rn. 32). Wird dies nicht beachtet, ist das Berufungsurteil wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels von Amts wegen aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 31 f.).
29
b) Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben , wenn in einem Teilurteil oder, wie hier, in einem Urteil, das in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich kommt, eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13 mwN und vom 9. November 2011 - IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 29 mwN). Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011, aaO Rn. 13 mwN, vom 9. November 2011, aaO Rn. 29 und vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25). Es genügt die Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, WM 2012, 1094 Rn. 19 und vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25).
30
c) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen.
31
Es hat bei seiner stattgebenden Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht berücksichtigt, dass nach Erteilung der Auskunft durch die Beklagte im Rahmen der Prüfung des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs erneut über die Frage zu befinden sein wird, ob die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 13./20. April 2011 Eigentümerin der streitgegenständlichen Waren geworden ist. Insoweit besteht die Gefahr, dass diese Vorfrage in einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung - anders als im Berufungsurteil bezüglich des Schadensersatzanspruchs entschieden werden wird, da hinsichtlich der genannten Vorfrage die den Klageanträgen zu 1) und 3) stattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts keine Bindungswirkung entfaltet.
32
Denn im Fall einer Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO, die hier mit den Klageanträgen zu 1) und 2) erhoben wurde, erwächst die zur Auskunft verurtei- lende Entscheidung, soweit darin der Grund des Hauptanspruchs bejaht wird, bezüglich dieses Grundes weder in Rechtskraft noch entfaltet sie insoweit Bindungswirkung im Sinne von § 318 ZPO (BGH, Urteile vom 26. April 1989 - IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242, vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, WM 2011, 328 Rn. 24 und vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 17).
33
Auch die Rechtskraft der Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Schadensersatz beschränkt sich nach § 322 Abs. 1 ZPO auf die im Tenor ausgesprochene Rechtsfolge und erstreckt sich nicht auf die Feststellung zugrunde liegender präjudizieller Rechtsverhältnisse und sonstiger Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der von der Klagepartei beanspruchten Rechtsfolge zieht (st. Rspr., BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 140 mwN und vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, WM 2011, 1524 Rn. 38).
34
2. Weiter hält die Bejahung eines - dem zuerkannten Auskunftsanspruch aus § 260 Abs. 1 BGB zugrunde liegenden - Anspruchs der Klägerin aus § 985 BGB auf Herausgabe der von der Beklagten aus dem Lager der H KG abtransportierten und noch in ihrem Besitz befindlichen Waren revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
35
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach dem Annex zum Kaufvertrag vom 13./20. April 2011 bereits mit dieser Vereinbarung das Eigentum an den bei der H KG gelagerten Waren gemäß § 929 Satz 1, § 931 BGB auf die Klägerin übergehen sollte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich aber nicht annehmen, dass die vorangegangene Übereignung der Waren an die Beklagte nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig war und die Insolvenzschuldnerin deshalb im April 2011 als Berechtigte verfügt hat.
36
a) aa) Die Würdigung, ob ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt , ist eine Rechtsfrage, die der Nachprüfung im Wege der Revision unterliegt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90, vom 24. Januar 2001 - XII ZR 270/98, VIZ 2001, 572, 573 und vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rn. 23, jeweils mwN).
37
bb) Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB und damit nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 28. Februar 1989 - IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92, 97 und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 69 mwN).
38
(1) Die Wahrnehmung eigener Sicherungsinteressen ist als solche grundsätzlich nicht sittenwidrig (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juni 1958 - VI ZR 79/57, WM 1958, 895, vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400, vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406 und vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90), auch dann nicht, wenn sich ein Gläubiger von seinem Schuldner für einen bereits gewährten Kredit nachträglich Sicherheiten bestellen lässt (BGH, Urteil vom 14. April 1964 - VI ZR 219/62, WM 1964, 671, 672 f.).
39
(2) Für das Vorliegen eines Sittenverstoßes bei der Gewährung von Krediten und/oder deren Besicherung haben sich in Rechtsprechung und Literatur zu § 138 BGB und § 826 BGB verschiedene Fallgruppen herausgebildet (vgl. nur Brünink in Lwowski/Fischer/Langenbucher, Das Recht der Kreditsicherung, 9. Aufl., § 3 Rn. 62 ff.; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1104 ff.; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 90 Rn. 343 ff.; jeweils mwN). Danach kann sich die Sittenwidrigkeit insbesondere aus einer Knebelung des Schuldners (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 1/52, NJW 1952, 1169 f. [insoweit in BGHZ 7, 111 nicht abgedruckt], vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 442, vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 303, zu § 826 auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 401 f.), einer Insolvenzverschleppung (vgl. dazu z.B. BGH, Urteil vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997; zu § 826 auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400, vom 26. März 1984 - II ZR 171/83, WM 1984, 625, 632 [insoweit in BGHZ 90, 381, 399 nicht vollständig abgedruckt], vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 235 f., vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1823 und vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576) oder einer anderweitigen Gläubigergefährdung bzw. Kredittäuschung (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 442, vom 9. März 1977 - VIII ZR 178/75, WM 1977, 480 f., vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91, vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 996 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300 f.; zu § 826 BGB auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 401 und vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406) ergeben.
40
Eine Insolvenzverschleppung liegt beispielsweise vor, wenn ein Kreditgeber um eigener Vorteile willen die letztlich unvermeidliche Insolvenz eines Unternehmens nur hinausschiebt, indem er Kredite gewährt, die nicht zur Sanierung , sondern nur dazu ausreichen, den Zusammenbruch zu verzögern, wenn hierdurch andere Gläubiger über die Kreditfähigkeit des Unternehmens getäuscht und geschädigt werden sowie der Kreditgeber sich dieser Erkenntnis mindestens leichtfertig verschließt (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997).
41
Eine sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung kann auch dann vorliegen, wenn das Sicherungsgeschäft, mit dem der Schuldner (fast) sein gesamtes freies Vermögen zur Sicherung auf einen Gläubiger überträgt, unter Umständen abgeschlossen wird, die dazu geeignet und bestimmt sind, andere gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners zu täuschen und dadurch zur Vergabe weiterer Kredite zu verleiten (vgl. BGH, Urteile vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 996 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300).
42
(3) Allerdings kommt den vorgenannten Fallgruppen, die sich häufig überschneiden (vgl. Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 4. Aufl., § 90 Rn. 345), lediglich die Bedeutung eines Anhaltspunktes zu (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90 mwN). Letztlich kann die Frage der Nichtigkeit nur auf Grund einer umfassenden Gesamtwürdigung des einzelnen Vertrages unter Berücksichtigung aller den Vertrag kennzeichnenden Umstände beurteilt werden, namentlich der objektiven Verhältnisse , unter denen der Vertrag zustande gekommen ist, und seiner Auswirkungen sowie der subjektiven Merkmale wie des verfolgten Zwecks und des zugrunde liegenden Beweggrunds (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 232, vom 2. Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273, vom 4. März 1958 - VIII ZR 213/57, WM 1958, 590, 591, vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 443, vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 90 und vom 2. Februar 2012 - III ZR 60/11, WM 2012, 458 Rn. 20). Aus den Hinweisen für das weitere Verfahren in dem Urteil vom 9. Juli 1953 (IV ZR 242/52, NJW 1953, 1665, 1666 re. Sp. [insoweit in BGHZ 10, 228 nicht abgedruckt]) ergibt sich, dass es auch nach diesem Urteil für die Frage, ob die Kreditgeberin und Sicherungsnehmerin die erforderliche Sorgfalt eingehalten hat, nicht ausschließlich auf die Prüfung des Sanierungsvorhabens durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann ankommt.
43
(4) Im Fall einer möglichen Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung ist zudem zu berücksichtigen, dass bei Rechtshandlungen, deren Inhalt und Zweck im Wesentlichen darin besteht, die Gläubiger zu benachteiligen, die Sondervorschriften der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung grundsätzlich abschließend regeln, unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger geschützt werden. Die allgemeine Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB kommt daneben nur zur Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 1971 - II ZR 176/68, BGHZ 56, 339, 355, vom 9. Juli 1987 - IX ZR 89/86, WM 1987, 1172, 1173, vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995 f. mwN, vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 299 f. mwN und vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1189).
44
b) Diese Grundsätze und Vorgaben hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nur unzureichend beachtet und die materiellen Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nicht hinreichend festgestellt.
45
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall der Abschluss des Raumsicherungsübereignungsvertrages vom 1. Juli 2010 ist.
46
(1) Maßgebend für die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sind die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Vornahme (st. Rspr., BGH, Urteile vom 9. November 1978 - VII ZR 54/77, BGHZ 72, 308, 314, vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1189 und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 69), auch wenn die Sittenwidrigkeit eines Sicherungsgeschäftes in Rede steht (BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300). Allerdings ist in diesem Fall zu berücksichtigen, dass es primär auf die Sittenwidrigkeit des schuldrechtlichen Sicherungsvertrags ankommt, dessen Unsittlichkeit und Nichtigkeit ausnahmsweise auch das seiner Umsetzung dienende - abstrakte und damit an sich wertneutrale - dingliche Erfüllungsgeschäft erfasst, wenn die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 1/52, NJW 1952, 1169, 1170 [insoweit in BGHZ 7, 111 nicht abgedruckt], vom 20. Juni 1962 - VIII ZR 128/61, WM 1962, 818, 819, und vom 20. Januar 2006 - V ZR 214/04, NJW-RR 2006, 888, 889; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1102; Palandt/Ellenberger , BGB, 75. Aufl., § 138 Rn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 930 Rn. 15, 20).
47
(2) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass der schuldrechtliche Sicherungsvertrag hier am 1. Juli 2010 geschlossen wurde, während der Vertrag vom 1. März 2011 lediglich eine Änderung der dinglichen Einigung für die Zukunft enthielt.
48
Denn das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1. März 2011 nur um eine Ergänzung des am 1. Juli 2010 abgeschlossenen Vertrags handelte, die lediglich der Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes bei der Übereignung einer Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand diente , nachdem das Sicherungsgut in einem neuen Lager zusammengeführt worden war, und die insoweit nur für die dingliche Einigung der Vertragsparteien von Bedeutung war.
49
Diese Auslegung der mit Ziffer 4 des Vertrags vom 1. März 2011 getroffenen Individualvereinbarung durch das Berufungsgericht unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Senatsurteile vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, WM 2014, 2160 Rn. 15 und vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, WM 2015, 1704 Rn. 17 mwN). Das ist hier nicht der Fall und wird von den Parteien des Revisionsverfahrens auch nicht gerügt.
50
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber für das Vorliegen eines Sittenverstoßes genügen lassen, dass die Beklagte subjektiv von einer - nicht näher definierten - "Sanierungsbedürftigkeit" der Insolvenzschuldnerin ausgegangen sei, und hat deshalb keine Feststellungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin Anfang Juli 2010 getroffen, sondern dies ausdrücklich offen gelassen.
51
(1) Nach dem Leitsatz des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 1953 (IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228), auf den das Berufungsgericht seine Entscheidung ganz wesentlich gestützt hat, sind die im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn die Bank einem konkursreifen Unternehmen zum Zweck der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistungen gewährt, sie dadurch bewirkt, dass möglicherweise Dritte zu ihrem Schaden über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden, und sie sich vor der Krediteinräumung nicht mittels einer eingehenden und objektiven Prüfung durch einen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann von den Erfolgsaussichten des Sanierungsvorhabens überzeugt hat. Danach ist die Insolvenzreife des Darle- hensnehmers und Sicherungsgebers notwendige Voraussetzung für die Prüfungspflicht bzw. das Vorliegen eines Sittenverstoßes bei Verletzung der Prüfungspflicht (ebenso BGH, Urteile vom 4. Juli 1961 - VI ZR 236/60, WM 1961, 1126, 1127 und vom 14. April 1964 - VI ZR 219/62, WM 1964, 671, 672).
52
(2) Es kann dahinstehen, ob Insolvenzreife im Sinne dieser Rechtsprechung nur dann gegeben ist, wenn nach §§ 17, 19 InsO ein Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Darlehensnehmers und Sicherungsgebers vorliegt, oder ob dessen drohende Zahlungsunfähigkeit oder auch schon eine noch früher einsetzende "Sanierungsbedürftigkeit" genügt (vgl. dazu Huber, NZI 2015, 447, 448 f.; Neuhof, NJW 1998, 3225, 3229; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rn. 5.28; Wenzel, NZI 1999, 294). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts reicht es jedenfalls nicht aus, dass der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber über einen längeren Zeitraum hinweg - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend sogar mehrere Jahre lang - als "Sanierungsfall" angesehen hat, ohne die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung des Sicherungsgebers während dieser Zeit, insbesondere Anzeichen für eine Besserung der Lage, zu berücksichtigen.
53
(a) Einer derartigen Reduzierung der Anforderungen an die Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Sicherungsvertrags mit der Folge seiner Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB steht entgegen, dass die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Sicherungsgebers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein wesentlicher Aspekt im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung, insbesondere für die Bejahung der Sittenwidrigkeit, ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273 f. [zu den Anforderungen an die Prüfung der Lage des Sicherungsgebers durch den Sicherungsnehmer , um die Nichtigkeit der Bestellung weiterer Sicherheiten für bereits eingeräumte Kredite gemäß § 138 Abs. 1 BGB zu vermeiden]; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, WM 1970, 399, 400 und vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576 [jeweils zu § 826 BGB wegen sittenwidriger Insolvenzverschleppung]; BGH, Urteile vom 14. November 1983 - II ZR 39/83, WM 1983, 1406 und vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 998 [zu anderen Fällen der Gläubigergefährdung oder Kredittäuschung]).
54
(b) Zudem würde durch eine Ausweitung der Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB im Fall von fehlgeschlagenen Sanierungsversuchen die differenzierte Regelung der Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz und der Insolvenzanfechtung in §§ 129 ff. InsO, insbesondere der dort vorgesehenen Fristen, überspielt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 129/69, WM 1971, 441, 443 und vom 9. Juli 1987 - IX ZR 89/86, WM 1987, 1172, 1173), obwohl grundsätzlich eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung in Betracht kommt, wenn eine Sicherungsübereignung nicht Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273 [zu § 31 Nr. 1 KO], vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250 [zu § 31 Nr. 1 KO] und vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17 [zu § 133 InsO]). Die Nichtigkeit einer Sicherungsübereignung gemäß § 138 Abs. 1 BGB gewährleistet jedoch weder die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger noch wirkt sie zwingend zugunsten der Gläubiger, die tatsächlich über die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers und späteren Insolvenzschuldners getäuscht worden sind. Sie kann - wie der vorliegende Fall zeigt - unter Umständen auch einem einzelnen Gläubiger zugutekommen, dessen Vertrag mit dem Insolvenzschuldner Besonderheiten aufweist, die auf einen Vertragsschluss in Kenntnis von erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Insolvenzschuldners hindeuten. So enthielt der Kaufvertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Klägerin, der nur etwa einen Monat vor Stellung des ersten Insolvenzantrags geschlossen wurde, die Vereinbarung strikten Stillschweigens und eine Regelung zur Kaufpreiszah- lung, nach der mit dem Kaufpreis Schulden der Verkäuferin bei verschiedenen Gläubigern, einschließlich des Lagerhalters, ausgeglichen oder verringert werden sollten. Im Übrigen trat die Verkäuferin - ihre im Vertrag versicherte Verfügungsberechtigung unterstellt - mit der im Annex vereinbarten Übereignung gemäß § 931 BGB in Vorleistung.
55
(3) Infolge dessen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den Zwischenabschluss zum 30. November 2009 und den Jahresabschluss zum 28. Februar 2010 als unbeachtlich angesehen, obwohl sich aus diesen - von einem Wirtschaftsprüfer testierten - Abschlüssen konkrete Anhaltspunkte für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin ergaben. Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Sittenwidrigkeit die Vornahme des Rechtsgeschäfts ist [s.o. unter II. 2. b) aa) (1)] und der erste Raumsicherungsübereignungsvertrag nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts am 1. Juli 2010 geschlossen worden ist, steht der Berücksichtigung des Jahresabschlusses für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 ferner nicht entgegen, dass die Vertragsurkunde von der Beklagten bereits unter dem 1. Juni 2010 ausgefertigt wurde.

III.

56
1. Das Berufungsurteil ist damit gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 563 Abs. 3 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Insolvenzschuldnerin Anfang Juli 2010 getroffen hat und die Beklagte die von der Klägerin behauptete Insolvenzreife zu diesem Zeitpunkt in erheblicher Weise bestritten hat.
57
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
58
Das Berufungsgericht wird sich im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung insbesondere mit dem Zwischenabschluss zum 30. November 2009 und dem Jahresabschluss zum 28. Februar 2010 zu befassen haben sowie mit dem klägerischen Einwand, die in diesen Abschlüssen ausgewiesenen Überschüsse beruhten auf nicht vorhandenen und überbewerteten Warenbeständen sowie auf einer zu Unrecht erfolgswirksam verbuchten wertlosen Schadensersatzforderung in Höhe von rd. 3,8 Mio. €. Dabei wird zu berücksichtigen sein, ob bzw. inwieweit die Beklagte die behaupteten Bilanzierungs- und Bewertungsfehler - sollten sie vorliegen - und die infolgedessen tatsächlich deutlich schlechtere Lage der Insolvenzschuldnerin erkannt hat oder bewusst die Augen davor verschlossen hat. In diesem Zusammenhang wird ferner zu bedenken sein, dass es der Insolvenzschuldnerin nach dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. vom 28. Dezember 2011 (Rn. 361) im Wesentlichen gelungen sein soll, bis Anfang 2011 innerhalb der ihr im Dezember 2009 eingeräumten Kreditlinie zu disponieren.
59
Des Weiteren wird in der Gesamtabwägung gegebenenfalls der Inhalt des streitgegenständlichen Sicherungsvertrags, wie z.B. die Ermächtigung der Sicherungsgeberin zur Verfügung über das Sicherungsgut im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Geschäftsführung (Ziffer 9.1) und die Möglichkeit von Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt an die Sicherungsgeberin (Ziffer 5.1), zu berücksichtigen sein.
60
Schließlich wird das Berufungsgericht, sofern es nicht schon wegen des Vorliegens von Indizien für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Insol- venzschuldnerin die Sittenwidrigkeit der Sicherungsübereignung vom 1. Juli 2010 verneint, zu prüfen haben, ob noch zu diesem Zeitpunkt die Ausweitung von Lieferantenkrediten angestrebt war oder ob Lieferanten durch die Sicherungsübereignung über die Kreditfähigkeit und -würdigkeit der Insolvenzschuldnerin getäuscht sowie hierdurch gefährdet worden sind (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91 und vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 300 f.).
Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 08.04.2013 - 4 O 376/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.05.2014 - I-11 U 9/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 62/12
Verkündet am:
25. April 2013
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nach Ablauf der in § 110 Abs. 1 InsO genannten Frist kann sich die Unwirksamkeit
einer Vorausverfügung allein aus den allgemeinen Vorschriften ergeben.
BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 62/12 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die beklagte Stadt veräußerte ein Grundstück an eine Gesellschaft (im Folgenden: Schuldnerin), damit diese darauf ein Stadthaus errichte. Die Stadt sollte das Grundstück von der Schuldnerin mieten und es nach Ablauf einer fünfundzwanzigjährigen Mietdauer zurückerwerben. Entsprechend diesen Plänen schlossen die Vertragsparteien im Herbst 1997 einen Mietvertrag. Darin vereinbarten sie eine monatliche Miete in Höhe von 43.127,25 DM zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung. Die Beklagte verpflichtete sich, die Mieten unter Verzicht auf jedwede Einwendungen und Einreden an die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank (fortan nur Klägerin) auf ein Konto der Schuldnerin bei die- ser zu zahlen. Das Mietverhältnis begann am 12. November 1997 und sollte spätestens am 11. November 2022 enden.
2
Die Schuldnerin finanzierte das Projekt durch die Klägerin, die von ihr die Mietansprüche gegen die Beklagte aus dem Mietvertrag durch Forfaitierungsvertrag von November 1997 kaufte und abgetreten erhielt. Mit Einredeverzichtserklärung vom 12. November 1997 übernahm die Beklagte gegenüber der Klägerin die unwiderrufliche Verpflichtung zur uneingeschränkten und termingerechten Zahlung der im Mietvertrag vereinbarten monatlichen Mieten bis zur Höhe der vereinbarten Gesamtmietforderung unabhängig vom Bestand des Mietverhältnisses und etwaiger Einreden und Einwendungen aus dem Mietverhältnis. Die Aufsichtsbehörde genehmigte die Sonderfinanzierungsmaßnahme; die Einredeverzichtserklärung erachtete sie als nicht genehmigungsbedürftig.
3
Die Beklagte zahlte die geschuldeten Mieten bis Juni 2003 wie im Mietvertrag vereinbart. Am 13. Juni 2003 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und die Streithelferin als Insolvenzverwalterin bestellt. Diese forderte die Beklagte auf, die Mieten ab Juli 2003 an die Masse zu zahlen. Seitdem entrichtete die Beklagte die vertraglich vereinbarten Mieten an ein Treuhandkonto der Streithelferin.
4
Mit der Klage verlangt die Klägerin aus eigenem und aus abgetretenem Recht die rückständigen Mieten ab Juli 2003 bis Dezember 2007 in Höhe von 924.075,01 € zuzüglich Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin, mit der diese die Mieten für das Jahr 2008 in Höhe von 240.000 € zuzüglich Zinsen beansprucht hat, hat es zurückgewiesen.
Die Klägerin will mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erreichen , dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt und die Beklagte auf ihre Anschlussberufung verurteilt wird, an sie die rückständigen Mieten für das Jahr 2008 nebst Zinsen zu zahlen.

Entscheidungsgründe:


A.


5
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.
6
Das Berufungsgericht hat die Revision im Urteilsausspruch ohne beschränkenden Zusatz zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt , die Revision werde zugelassen, weil die Frage, ob die Vorschrift des § 110 InsO auch bei einem "Sale-and-lease-back" Anwendung finde, noch nicht entschieden sei. Damit ist die Nachprüfung des angefochtenen Urteils nicht auf diese Frage beschränkt.
7
Allerdings kann die Beschränkung der Zulassung der Revision - auch nach der Rechtsprechung des Senats - in den Gründen des angefochtenen Urteils erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615; vom 3. März 2005 - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716; Beschluss vom 8. Mai 2012 - XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446 Rn. 5 ff; Urteil vom 10. Mai 2012 - IX ZR 125/10, NJW 2012, 2435 Rn. 11). Voraussetzung hierfür ist, dass die Beschränkung rechtlich zulässig ist und sie sich klar und eindeutig aus dem Berufungsurteil ergibt (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983, aaO; vom 3. März 2005, aaO; vom 8. März 2006 - IV ZR 263/04, FamRZ 2006, 777 f; vom 10. Mai 2012, aaO). Jedenfalls an der zweiten Voraussetzung fehlt es.
8
Gegenstand des Mietvertrages ist ein von der Schuldnerin errichtetes und refinanziertes Mietobjekt. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Schuldnerin als Vermieterin und Forderungsverkäuferin, der Beklagten als Mieterin und der Klägerin als finanzierender Bank sind durch eine Vielzahl von Verträgen geregelt worden, die aufeinander aufbauen und wechselseitige Bezüge entfalten. Bei diesem komplexen Sach- und Streitstand hat das Berufungsgericht nicht mit der gebotenen Deutlichkeit ausgesprochen, dass es nur für einen Teil des Streitgegenstandes den Weg zum Revisionsgericht eröffnen wollte. Mit den Ausführungen in den Gründen hat es vielmehr nur dargelegt, warum es die Revision zugelassen hat. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob sich - was ebenfalls zweifelhaft ist - eine Beschränkung der Revision auf einen abtrennbaren Teil der Klageforderung bezogen hätte.

B.


9
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


10
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in ZIP 2012, 1523 veröffentlicht ist, hat die Klage für zulässig, aber unbegründet angesehen und hierzu ausgeführt, der Klägerin stünden die geltend gemachten Mietforderungen weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu. Der Einredever- zichtserklärung könne nicht entnommen werden, dass die Beklagte für jeden Fall die Mieten statt an den Vermieter an die finanzierende Bank zu leisten gehabt habe. Eine selbstständige und unwiderrufliche Garantie habe die Beklagte gegenüber der Klägerin gerade nicht abgegeben, weil die Aufsichtsbehörde hiergegen Bedenken erhoben habe. Mit der Einredeverzichtserklärung habe die Beklagte der Klägerin gegenüber nur die Verpflichtungen bestätigt, die sie bereits im Mietvertrag übernommen gehabt habe. Der Mietvertrag selbst enthalte keinen Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB, in ihm habe die Beklagte nur die Verpflichtung zur Erfüllung direkt an die Klägerin übernommen. Die Vorausabtretung im Forfaitierungsvertrag sei nach § 110 Abs. 1 Satz 1 InsO unwirksam. Diese Vorschrift bezwecke die Erhaltung der Masse; damit werde klargestellt, dass die Immobilie und ihre Nutzungen als Teil der Masse nach Verfahrenseröffnung der Befriedigung der Gläubiger dienten. Soweit die Masse dem Mieter das unbewegliche Mietobjekt zur weiteren Nutzung überlassen müsse, stehe ihr die ungeschmälerte Miete zur Verfügung. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn der zwischen der Beklagten und der Schuldnerin geschlossene Vertrag trotz seiner Bezeichnung als Mietvertrag rechtlich als Leasingvertrag zu qualifizieren sei. Auch bei einem "Sale-and-lease-back" erwerbe der Leasinggeber das Objekt vom Leasingnehmer, der es weiter nutzen wolle. Jedenfalls beim Immobilienleasing seien die §§ 108 bis 112 InsO anzuwenden, wenn die Leasingphase vor der Verfahrenseröffnung eingesetzt habe.

II.


11
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. Die Klage ist zulässig erhoben. Es liegt insbesondere kein Falleiner - unzulässigen - alternativen Klagehäufung vor. Eine sogenannte Alternativklage , bei der dem Gericht wahlweise zwei gleichrangige Streitgegenstände zur Entscheidung gestellt werden, verstößt gegen den in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO normierten Bestimmtheitsgrundsatz. Sie ist unzulässig, weil sich bei einer Entscheidung die materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) nicht bestimmen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 6 ff mwN).
13
Zwar hat die Klägerin ihre Ansprüche auf zwei selbständige prozessuale Ansprüche gestützt, indem sie die geltend gemachten Ansprüche auf die Mieten zum einen aus dem voraus abgetretenen Recht der Schuldnerin und damit aus dem Mietvertrag herleitet, zum anderen aus eigenem Recht, nämlich aus der Einredeverzichtsvereinbarung mit der Beklagten vom 12. November 1997. Auch hat sie ausdrücklich eine Rangfolge, in der sie die Ansprüche zur Überprüfung durch das Gericht stellen wollte, nicht benannt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011, aaO Rn. 10 f). Ihrer Klageschrift ist jedoch noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sie ihren Anspruch zuvörderst auf die Vereinbarung vom 12. November 1997 und damit auf einen Anspruch aus eigenem Recht und erst in zweiter Linie auf einen ihr abgetretenen Anspruch aus dem Forfaitierungsvertrag stützt. Denn sie hat ausgeführt, dass die Beklagte mit der sogenannten Einredeverzichtserklärung eine schuldunabhängige Einstandspflicht begründet und damit einen eigenständigen Schuldgrund geschaffen habe , so dass dahinstehen könne, ob § 110 InsO auf die Abtretung im Forfaitierungsvertrag Anwendung finde.
14
Soweit die Klägerin ihren Anspruch aus § 3 Abs. 5 des Mietvertrages herleitet, nach dem sich die Beklagte als Mieterin verpflichtet hat, Miet- und Schadensersatzforderungen an die Klägerin unter Verzicht auf jegliche Einreden und Einwendungen zu zahlen, handelte es sich nicht um einen selbstständigen Streitgegenstand, sondern um eine andere rechtliche Begründung innerhalb der vorgenannten Ansprüche.
15
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Mieten aus eigenem Recht nach Auslegung von Mietvertrag und Einredeverzichtserklärung zu Recht verneint.
16
aa) Die Auslegung von Willenserklärungen und von Vertragsbestimmungen obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden oder ob die Auslegung auf einem von der Revision gerügten Verfahrensfehler beruht (BGH, Urteil vom 8. Januar 2009 - IX ZR 229/07, NJW 2009, 840 Rn. 9). Sofern das Berufungsgericht solche Auslegungsregeln und Erfahrungssätze nicht verletzt hat, ist seine Auslegung für das Revisionsgericht bindend (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 178/05, NZI 2007, 407 Rn. 22).
17
bb) Die Auslegung des Berufungsgerichts, § 3 Abs. 5 des Mietvertrages begründe neben der in § 5 des Forfaitierungsvertrages erfolgten Abtretung der Mietansprüche der Schuldnerin an die Klägerin keinen direkten Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Mit dieser Vereinbarung wollten die Parteien des Mietvertrages sicherstellen, dass die Beklagte die Mietzahlungen unabhängig von Einwendungen und Einreden aus dem Mietvertrag an die Zessionarin, die Klägerin, erbrachte; die in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Mietvertrages normierte Vorleistungspflicht der Beklagten sollte auch auf diese Fälle erstreckt werden. Ihre Gegenrechte hatte sie nach § 3 Abs. 5 Satz 2 des Mietvertrages allein gegenüber ihrer Vertragspartnerin, der Schuldnerin, zu verfolgen. Hierdurch sollten nach den Grundsätzen des § 328 Abs. 2 BGB für die Klägerin als Zessionarin keine weitergehenden Rechte begründet werden. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die Beklagte die Mieten nicht unmittelbar an die Klägerin, sondern auf ein bei der Klägerin geführtes Konto der Schuldnerin überweisen sollte. Der Revision kann daher nicht zugegeben werden, es liege eine die Beklagte gemäß § 790 BGB bindende Anweisung nach §§ 783, 784 BGB vor, die Mieten an die Klägerin zu zahlen.
18
Auch die an dem Projekt Beteiligten - die Klägerin als finanzierende Bank, die Schuldnerin als Bauträgerin, Käuferin und Vermieterin und die Beklagte als Bauherrin und Mieterin - sind bei Abschluss der Verträge - Kauf-, Miet- und Forfaitierungsvertrag - nicht davon ausgegangen, die Beklagte hätte bereits in § 3 Abs. 5 des Mietvertrages gegenüber der Klägerin im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter ein abstraktes Schuld- oder Garantieversprechen abgegeben, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist. Denn sonst hätte die Klägerin, der der Mietvertrag bekannt war, nicht darauf gedrängt , von der Beklagten den Einredeverzicht von November 1997 zu erhalten. Noch im laufenden Rechtsstreit hat die Klägerin ihren Anspruch auf diese Vertragsklausel zunächst nicht gestützt; erst das Landgericht hat diese Klausel als echten Vertrag zugunsten der Klägerin ausgelegt.
19
cc) Ebenso rechtsfehlerfrei ist die Auslegung der Einredeverzichtserklärung vom 12. November 1997 durch das Berufungsgericht, aus ihr ergebe sich ein eigener Zahlungsanspruch der Klägerin ebenfalls nicht.

20
Der Wortlaut der Erklärung ist nicht eindeutig und deswegen auslegungsbedürftig (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1999 - XII ZR 208/96, NZM 1999, 371, 372). Das Berufungsgericht hat seiner Auslegung maßgeblich die Entstehungsgeschichte der Erklärung zugrunde gelegt. Danach hat sich die Beklagte geweigert, eine solche von der Klägerin vorformulierte und ihr vorgelegte selbständige Garantie im Hinblick auf entsprechende Warnungen durch die kommunale Aufsichtsbehörde zu unterschreiben. Im Erklärungstext wurden daher die Wörter "selbstständige Garantie" durch "Verpflichtung" ersetzt, überschrieben wurde die Erklärung nunmehr - statt mit Garantieerklärung - mit Einredeverzichtserklärung. Weiter verwies die Klägerin in dem Schreiben vom 23. Oktober 1997 - mithin vor der Unterschriftsleistung durch die Beklagte - darauf , dass die Beklagte in der Verzichtserklärung lediglich - nunmehr allerdings ausdrücklich auch ihr gegenüber - die Verpflichtung übernehmen solle, die sie bereits in dem Mietvertrag gegenüber der Schuldnerin übernommen habe. Erst dann hat die Beklagte den Erklärungstext unterzeichnet.
21
Aufbauend auf dieser Vorgeschichte hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung zutreffend auf das Verständnis der Vertragsparteien abgestellt und angenommen, dass die Klägerin die Erklärungen der Beklagten nicht als selbstständige , anspruchsbegründende Verpflichtung der Beklagten ansehen durfte. Dies lässt einen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin nicht erkennen. Die Auslegung ist interessengerecht. Da die Mietansprüche der Schuldnerin bereits an die Klägerin abgetreten waren und die Abtretung aufgedeckt war, konnte die Beklagte außerhalb der Insolvenz ihres Vertragspartners schuldbefreiend nur auf das von der Schuldnerin benannte Konto bei der Klägerin leisten. Die Begründung einer zusätzlichen selbstständigen Verpflichtung der Beklagten wäre nur sinnvoll gewesen, wenn die Parteien das Risiko hätten absichern wollen, dass im Fall der Insolvenz der Vermieterin die Vorausabtretung wegen insolvenzrechtlicher Vorschriften wirkungslos wäre. In einem solchen Fall hätte eine selbstständige Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin jedoch zur Folge gehabt, dass jene die Mieten für den Fall, dass die Abtretung ihre Wirksamkeit verlor, zweimal hätte zahlen müssen, nämlich einmal an die Masse und ein weiteres Mal an die Klägerin. Dass die Beklagte bereit war, gerade dieses Risiko einzugehen, kann der Entstehungsgeschichte der Erklärung nicht entnommen werden, insbesondere wegen der beiden Seiten bekannten Warnungen der kommunalen Aufsichtsbehörde. Zudem hätten die Vertragsparteien die Absicherung der Klägerin in der Insolvenz auf andere Weise erreichen können, ohne die Beklagte der Gefahr der zweimaligen Zahlung der Mieten auszusetzen.
22
b) Die Revision hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie sich gegen die Verneinung eines hilfsweise auf die Abtretung in § 5 des Forfaitierungsvertrages gestützten Anspruchs wendet. Die sich aus diesem Vertrag ergebende Abtretung künftiger Mieten entfaltet in der Insolvenz des Vermieters als eine nach § 91 Abs. 1 InsO grundsätzlich unwirksame Vorausverfügung nur in den Grenzen des § 110 InsO Wirkungen. Da die Verfahrenseröffnung am 13. des laufenden Monats erfolgte, verlor die Abtretung mit Beginn des Folgemonats (Juli 2003) ihre Wirksamkeit.
23
aa) Auf die im Jahr 1997 geschlossenen Verträge findet die am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung, insbesondere auch die Vorschriften der §§ 91, 108 ff InsO, Anwendung. Unstreitig ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin im Jahr 2002 beantragt worden. Damit gilt die Insolvenzordnung auch für Rechtsverhältnisse, die vor dem 1. Januar 1999 begründet worden sind (§ 359 InsO, Art. 110 Abs. 1, Art. 103, 104 EGInsO).

24
bb) Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten in der Sache um einen Mietvertrag, einen Leasingvertrag oder um einen Mietkaufvertrag (vgl. von Westphalen, Der Leasingvertrag, 6. Aufl., Kap. B Rn. 78 ff) handelt. In jedem Fall bestand das Vertragsverhältnis im Fall der Insolvenz der Schuldnerin - bezogen auf die Verpflichtung , den Gebrauch an dem Gegenstand zu überlassen und dafür ein Entgelt zu entrichten - fort, wie sich aus § 108 Abs. 1 InsO ergibt. Alle drei Vertragstypen unterfallen insoweit dem Mietrecht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1989 - VIII ZR 302/87, BGHZ 106, 304, 308 ff mwN; vom 14. Dezember1989 - IX ZR 283/88, BGHZ 109, 368, 370 f; von Westphalen, Der Leasingvertrag, 6. Aufl., Kap. B Rn. 2, 86) und somit dieser Vorschrift (vgl. MünchKomm-InsO/ Eckert, 2. Aufl., § 108 Rn. 28, 35; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2007, § 108 Rn. 6; FK-InsO/Wegener, 7. Aufl., § 108 Rn. 15). Daher bestanden die Ansprüche auf Zahlung der Mieten auch für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung am 13. Juni 2003 fort und wurden - vorbehaltlich der Wirkungen der §§ 91, 110 InsO - von der Abtretung erfasst.
25
cc) Nach der Rechtsprechung des Senats beschränkt § 110 Abs. 1 InsO - ebenso wie die Parallelvorschrift des § 114 Abs. 1 InsO (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 Rn. 9 ff, 12) - nicht die Wirksamkeit von Vorausverfügungen über Mietforderungen, sondern verdrängt in seinem Anwendungsbereich § 91 InsO (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 Rn. 12; vom 17. September 2009 - IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 Rn. 10; vom 20. September 2012 - IX ZR 208/11, ZIP 2012, 2358 Rn. 15). Mithin begründen die besonderen Vorschriften (in ihren zeitlichen Grenzen) die Wirksamkeit der Vorausabtretung, auch wenn diese nach der allgemeinen, die Masse schützenden Vorschrift des § 91 InsO unwirk- sam wäre. Ist die Vorausverfügung des Schuldners für die Zeit nach Insolvenzeröffnung hingegen nicht nach den §§ 81, 91 Abs. 1 InsO unwirksam, ist für eine Anwendung von § 110 InsO kein Raum (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 110 Rn. 13; HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 91 Rn. 15; vgl. HmbKommInsO /Ahrendt, 4. Aufl., § 110 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Eckert, aaO § 110 Rn. 11). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung trotz einiger Gegenstimmen im Schrifttum (Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 110 Rn. 2; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 54; Reichelt/Tresselt, ZfIR 2012, 501, 502 f; HK-InsO/Marotzke, 6. Aufl., § 110 Rn. 5; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 110 Rn. 8) fest.
26
dd) Da die Frist des § 110 Abs. 1 Satz 1 InsO für die hier eingeklagten Forderungen abgelaufen ist, beurteilt sich die Frage nach der Wirksamkeit der Vorausabtretung in dem Forfaitierungsvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens allein nach § 91 Abs. 1 InsO. Danach hat die Vorausverfügung keine Wirkung.
27
(1) Nach § 91 Abs. 1 InsO können Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist der Verfügungstatbestand mit dem Zustandekommen des Abtretungsvertrages abgeschlossen. Der Rechtsübergang vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung. Entsteht die im Voraus abgetretene Forderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens , kann der Zessionar deshalb gemäß § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungsrecht mehr zu Lasten der Masse erwerben. Nur wenn der Zessionar bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsicht- lich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung insolvenzfest (BGH, Urteil vom 20. September 2012 - IX ZR 208/11, ZIP 2012, 2358 Rn. 13 mwN). Werden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen abgetreten, kommt es deshalb darauf an, ob sie bereits mit dem Vertragsschluss betagt entstehen, mithin nur hinsichtlich ihrer Fälligkeit vom Ablauf einer Frist abhängig sind, oder befristet entstehen, weil sie in ihrem Bestehen vom Ablauf der Frist abhängig sind; nur im ersten Fall hat der Abtretungsempfänger eine gesicherte Rechtsposition (BGH, Urteil vom 20. September 2012, aaO Rn. 14 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. September 2009 - IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 Rn. 10).
28
Im Allgemeinen sind Mietforderungen als aufschiebend befristete Forderungen anzusehen, weil der Anspruch auf Entrichtung der Miete - ähnlich wie der Anspruch auf Vergütung für geleistete Dienste (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. September 2012, aaO Rn. 14) - erst zum Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Nutzungsüberlassung entsteht. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2009, aaO mwN). Nach § 91 Abs. 1 InsO wird die Abtretung solcher Forderungen mit Ablauf der Frist in § 110 InsO unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2012, aaO; vom 11. Oktober 2012 - IX ZR 30/10, NZI 2012, 883 Rn. 17).
29
Etwas anderes gilt für die Grundmietzeit des Finanzierungsleasings, weil die Forderungen auf Zahlung der Leasingraten betagte Forderungen darstellen. Sie entstehen nicht erst nach Maßgabe der zeitlichen Entwicklung des Dauerschuldverhältnisses , sondern sind in jeder Weise durch den Leasingvertrag rechtlich von vornherein festgelegt, weil die feste Dauer der Mietzeit, die Fälligkeit und die Höhe der Leasingraten wesentlicher Bestandteil des Finanzierungsleasings sind, bei dem Kündigungsmöglichkeiten vor Ablauf der Grundmietzeit in der Regel ausgeschlossen sind (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 - IX ZR 283/88, BGHZ 109, 368, 372 f; vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96, ZIP 1997, 513, 514). Es kommt hinzu, dass die vereinbarten Leasingraten nicht nur das Entgelt für eine zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung, sondern zugleich für die vom Leasinggeber erbrachte Finanzierungsleistung sind. Auch dies rechtfertigt es, sie als betagte Forderungen zu behandeln (BGH, Urteil vom 28. März 1990 - VIII ZR 17/89, BGHZ 111, 84, 94 f; vom 3. Juni 1992 - VIII ZR 138/91, BGHZ 118, 282, 290 f; vgl. auch Urteil vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 12). Dies hat zur Folge , dass die Vorausabtretung der Leasingrate in der Insolvenz des Leasinggebers wirksam bleibt, weil die Forderung schon vor Insolvenzeröffnung entstanden ist.
30
Entschieden hat der Senat dies in dem zitierten Urteil vom 14. Dezember 1989 (aaO) zu §§ 15, 21 KO und für einen Leasingvertrag über bewegliche Gegenstände. Für §§ 91, 110 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - IX ZR 78/09, NZI 2010, 220 Rn. 21; vom 10. November 2011, aaO) sowie für Finanzierungsleasingverträge über unbewegliche Gegenstände gilt nichts anderes, sofern der Leasingvertrag in der Weise ausgestaltet ist, dass die Forderungen auf Zahlung der künftigen Leasingraten bereits mit Vertragsschluss als betagte Forderungen entstehen.
31
Allerdings wird in der Literatur erwogen, beim Leasing unbeweglicher Gegenstände die Vorausabtretung des dem Gebrauchswert entsprechenden Teils der Leasingraten über die zeitlichen Schranken des § 110 Abs. 1 InsO hinaus als unwirksam und nur hinsichtlich des die Finanzierung betreffenden Teils als wirksam anzusehen, weil die fortdauernde Überlassung des Leasingobjektes nach Verfahrenseröffnung eine nicht vernachlässigbare Leistung der Masse darstelle (MünchKomm-InsO/Eckert, 2. Aufl., § 110 Rn. 17 f, § 108 Rn. 34; Reichelt/Tresselt, ZfIR 2012, 501, 504). Diese Erwägung müsste in gleicher Weise auch für Leasingverträge über bewegliche Gegenstände gelten. Hier hat der Senat jedoch bereits entschieden und hält nach Überprüfung daran fest, dass es der Masse auch ohne gleichwertige Gegenleistung zuzumuten ist, dem Leasingnehmer den Gebrauch zu gewähren, sofern sich die Gebrauchsgewährung darauf beschränkt, den Leasingnehmer nicht in der Nutzung zu stören und ihn allenfalls gegenüber Störungen durch Dritte zu unterstützen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 - IX ZR 283/88, BGHZ 109, 369, 379 f; vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. Mai 1996 zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des AGB-Gesetzes, BT-Drucks. 13/4699 S. 6).
32
(2) Das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Schuldnerin ist jedoch abweichend von den Gegebenheiten eines üblichen Leasingvertrages derart ausgestaltet, dass die Forderungen auf die künftigen Mieten nicht betagt, sondern nur befristet entstanden sind.
33
Unerheblich ist allerdings, dass die Parteien den Überlassungsvertrag als Mietvertrag bezeichnet und im Vertragstext einheitlich mietrechtliche Bezeichnungen verwendet haben. Denn es kommt auf die Verwendung bestimmter Bezeichnungen nicht an. Maßgebend ist vielmehr, ob sich der Inhalt des Vertrages von einem gewöhnlichen Mietvertrag in erheblicher Weise unterscheidet. Bei einem Finanzierungsleasingvertrag können die Vertragsparteien abweichend von dem in erster Linie maßgeblichen Mietrecht die Sach- und Preisgefahr auf den Leasingnehmer abwälzen, die mietrechtliche Gewährleistung des Leasinggebers bei gleichzeitiger Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten ausschließen und regeln, dass der Vertrag während einer befristeten Grundmietzeit nur außerordentlich gekündigt werden darf. Sie können auch die Rechtsfolgen einer ordentlichen oder außerordentlichen Vertragsbeendigung vor Ablauf der vorgesehenen Leasingzeit dem Vertragszweck anpassen, um zu erreichen, dass der Leasingnehmer nach Ablauf der Vertragszeit auch in diesem Fall für die gesamten Finanzierungskosten aufzukommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 1990 - VIII ZR 17/89, BGHZ 111, 84, 94 f; BGH, Urteil vom 11. März 1998 - VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637, 1638).
34
Hier haben die Beklagte und die Schuldnerin in dem streitgegenständlichen Mietvertrag mietvertragstypische Vereinbarungen getroffen, die nicht wesentlich von einem gewöhnlichen Mietvertrag abweichen. Die Schuldnerin schuldete während der Mietzeit auch die üblichen Mietnebenleistungen (Wasser , Strom, Beheizbarkeit u.a.) und hatte der Beklagten das Mietobjekt in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und es während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Sie trug - leasinguntypisch - die notwendigen Instandsetzungs- und Instandhaltungsaufwendungen und war zur Gewährleistung nach §§ 537 ff BGB aF verpflichtet. Mithin beschränkte sich ihre Verpflichtung, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache zu überlassen, nicht darauf, sie in ihrer Nutzung nicht zu stören. Mit der Übernahme der mietrechtlichen Gewährleistung konnten erhebliche Belastungen auf die Schuldnerin und in ihrer Insolvenz auf die Masse zukommen, die dieser ohne gleichwertige Gegenleistungen nicht zugemutet werden können (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 - IX ZR 283/88, BGHZ 109, 368, 372 f; MünchKomm -InsO/Eckert, aaO § 110 Rn. 38; aA wohl Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. Mai 1996 zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des AGB-Gesetzes, BT-Drucks. 13/4699 S. 6).
35
Es kommt Weiteres hinzu: Das auf 25 Jahre angelegte Mietverhältnis konnte die Beklagte ordentlich mit einer sechsmonatigen Kündigungsfrist je- weils zum Ende eines jeden Jahres kündigen. Damit waren die Mietraten nicht in jeder Weise durch den Mietvertrag rechtlich von vornherein festgelegt, wie es für die Annahme einer betagten Forderung erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989, aaO S. 272 f).
36
Allerdings darf für die Beurteilung des Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und der Schuldnerin nicht allein der Mietvertrag in den Blick genommen werden. Die Vertragsparteien haben im zeitlichen Zusammenhang eine Vielzahl von aufeinander abgestimmten Verträgen geschlossen. Danach wollte die Beklagte das Stadthaus errichten und hat zur Finanzierung dieser Maßnahme die Schuldnerin herangezogen; die Schuldnerin hat die Maßnahme bei der Klägerin durch den Forfaitierungsvertrag refinanziert. Zur Realisierung der Pläne hat die Beklagte das Grundstück an die Schuldnerin verkauft und sollte es von ihr mieten und nach Ablauf der Mietzeit zurückerwerben, wobei ihr ein durch eine Auflassungsvormerkung und durch ein - notariell beurkundetes, bis zum 30. Juli 2022 unwiderrufliches - Verkaufsangebot der Schuldnerin abgesichertes Rückkaufsrecht eingeräumt war. Die vereinbarten Mieten sollten letztlich an die Klägerin fließen. Im Falle der Kündigung sollte die Beklagte verpflichtet sein, das notariell beurkundete unwiderrufliche Kaufangebot der Schuldnerin zu den dort genannten Bedingungen anzunehmen, wobei der Kaufpreis sich in der Höhe nach der Dauer des Mietvertrages richtete. Außerdem sollte sie die Schuldnerin in diesem Fall von ihren Verpflichtungen gegenüber der Klägerin freistellen. Letztlich wollten die Vertragsparteien durch diese Regelungen erreichen, dass die Beklagte innerhalb der vereinbarten - durch Kündigung gegebenenfalls variablen - Laufzeit des Mietvertrages einerseits die Kosten für die Anschaffung des Grundstücks und die Errichtung des Stadthauses und andererseits die Finanzierungskosten vollständig trug.
37
Tatsächlich leiden Teile der getroffenen Vereinbarungen an Wirksamkeitsmängeln. Die allein im Mietvertrag enthaltene Verpflichtung der Beklagten, das Kaufangebot der Schuldnerin bei Beendigung des Mietvertrages anzunehmen , mithin das Eigentum an dem Grundstück zu erwerben, war entgegen § 313 Satz 1 BGB aF, § 311b Abs. 1 BGB nicht notariell beurkundet. Dies führt nach §§ 125, 139 BGB zur Nichtigkeit jedenfalls der Erwerbsverpflichtung, aber auch der Verpflichtung, die Schuldnerin gegenüber der Klägerin freizustellen, weil letztere nur im Zusammenspiel mit der Erwerbsverpflichtung Bedeutung erlangt und bei ihrer Fortgeltung ein mittelbarer Zwang auf die Beklagte herbeigeführt werden würde, das Grundstück zurück zu erwerben (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1979 – VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43, 46). Das aber hat zur Folge, dass die Beklagte den Mietvertrag jederzeit kündigen und sich der Verpflichtung entziehen kann, für die Finanzierung des Objekts bis zum Ende aufzukommen , sofern sie den Verlust des Grundstücks in Kauf nimmt. Mithin entstehen die Mietforderungen zum Anfang eines jeden Monats befristet. Die nicht wirksam umgesetzten Absichten der Vertragsparteien sind bei der rechtlichen Einordnung der Forderung als betagt unbeachtlich.
38
ee) Der Einredeverzicht vom 12. November 1997 steht dem nicht entgegen. Die Beklagte durfte sich gegenüber der Klägerin aufgrund dieses Verzichts nicht auf irgendwelche Einwendungen aus dem Mietvertrag oder auf die Unwirksamkeit des Mietvertrages berufen und war ihr gegenüber weiterhin vorleistungspflichtig. Die Geltendmachung der insolvenzrechtlichen Unwirksamkeit der Abtretung im Verhältnis der Klägerin zur Schuldnerin sollte durch die Erklärung jedoch nicht ausgeschlossen werden. Dagegen spricht bereits der Wortlaut der Erklärung, aber auch ihre bereits dargestellte Entstehungsgeschichte.
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 23.06.2011 - 4 O 232/07 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 08.02.2012 - 3 U 111/11 -

Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.