Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702

bei uns veröffentlicht am19.01.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Aktenzeichen: Au 3 K 15.702

Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

19. Januar 2016

3. Kammer

Sachgebiets - Nr. 221

Hauptpunkte: Zweite Juristische Staatsprüfung; Wiederholungsprüfung; Bewertungsrügen; gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum der Prüfer; Randbemerkung; Nachprüfungsverfahren

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen Zweiter Juristischer Staatsprüfung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ... den Richter am Verwaltungsgericht ... den Richter am Verwaltungsgericht ... ohne mündliche Verhandlung am 19. Januar 2016 folgenden

Gerichtsbescheid:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung.

1. Der 1984 geborene Kläger nahm erstmals erfolglos am Schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Prüfungstermin 2013/2 teil. Die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung betrug hier 2,07 (mangelhaft).

Mit Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts * vom 1. Oktober 2014 wurde der Kläger zum Schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2014/2 - Wiederholungsprüfung - am Prüfungsort * zugelassen. An dieser Prüfung nahm der Kläger vom 25. November 2014 bis 9. Dezember 2014 ordnungsgemäß teil.

2. Mit Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (Landesjustizprüfungsamt) vom 7. April 2015 - zur Post gegeben am selben Tag - wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Zweite Juristische Staatsprüfung wiederholt nicht bestanden sei. Die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung betrage 2,77 (mangelhaft). Im Einzelnen sind die schriftlichen Prüfungsarbeiten wie folgt bewertet worden:

Zivilrecht (inkl. ArbeitsR)

Strafrecht

Öffentl. Recht (inkl. SteuerR)

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

4,0

1,0

0,0

5,5

2,0

2,0

4,0

3,0

2,0

3,0

4,0

Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass eine zweite Wiederholung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nicht möglich sei, da er in keinem der beiden Prüfungsversuche eine Punktzahl von mindestens 3,00 erzielt habe (§ 70 Abs. 2 JAPO). Eine zweite Wiederholung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung sei auch nach Ableistung eines erneuten Vorbereitungsdienstes nicht möglich (§ 70 Abs. 4 JAPO). Mit Zustellung des Bescheids scheide der Kläger kraft Gesetzes aus dem Vorbereitungsdienst aus (§ 56 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 JAPO).

3. Hiergegen hat der Kläger am 11. Mai 2015 Klage erhoben. Mit Blick auf ein noch nicht abgeschlossenes Nachprüfungsverfahren nach § 14 JAPO wurde mit Beschluss des Gerichts vom16. Juni 2015 zunächst das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

4. Mit anwaltlichen Schreiben jeweils vom 8. Juni 2015 ließ der Kläger im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach § 14 JAPO gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt Begründungen seiner Einwendungen hinsichtlich der Prüfungsarbeiten Nr. 3, 4, 5, 6 und 9 vortragen.

In der Folge hielten die durch das Landesjustizprüfungsamt zu den Einwendungen des Klägers gehörten Korrektoren an ihren jeweiligen Bewertungen fest. Zur Begründung wurde ganz überwiegend darauf verwiesen, dass der Kläger keine substantiierten Rügen zu einzelnen konkreten Bewertungsaspekten seiner Klausurbearbeitung formuliert habe. Das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens teilte das Landesjustizprüfungsamt dem Kläger mit Schreiben vom 14. August 2015 mit und erklärte, dass es somit bei dem negativen Prüfungsbescheid vom 7. April 2015 verbleiben müsse.

5. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. September 2015 teilte der Kläger mit, dass er die Wiederaufnahme des Klageverfahrens wünsche. Er beantragt (sinngemäß),

den Bescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 7. April 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Prüfungsverfahren hinsichtlich der gegenständlichen Prüfungsleistungen durch Wiederholung bzw. Neubewertung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzusetzen.

Hinsichtlich der Prüfungsarbeit Nr. 3 (Zivilrecht - 0 Punkte) sei zunächst zu rügen, dass dem Kläger durch die die Arbeiten nach Prüfungsende einsammelnde Aufsichtsperson nicht gestattet worden sei, seine Arbeitsblätter in die richtige Reihenfolge zu bringen; er habe diese vielmehr in größter Eile „zusammenraffen“ müssen, wobei eine falsche Nummerierung erfolgt sei. Hätte der Kläger jedoch weiter hinten im Prüfungsraum gesessen, so wäre er nicht bereits als dritter Prüfling beim Einsammeln der Arbeiten an der Reihe gewesen, so dass ihm ausreichend Zeit zur korrekten Sortierung der Arbeitsblätter verblieben wäre. Inhaltlich sei die Einschätzung der Korrektoren, dass die Arbeit völlig unbrauchbar sei, unzutreffend. Die Arbeit zeige richtigerweise durchaus positive Ansätze. Trotz des Fehlens einiger Problemlösungen würden diese im Ansatz erkannt und größtenteils - wenn auch knapp oder oberflächlich - behandelt. Auch seien Ansätze zum Sachverhalt und zu materiellrechtlichen Aspekten gegeben. Die Bewertung durch die Korrektoren sei daher unangemessen niedrig; es hätte eine höhere Punktzahl vergeben werden müssen. Hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 4 (Zivilrecht - 5,5 Punkte) sei die Einschätzung des Zweitkorrektors, dass er die Leistung mit Blick auf die vom Erstkorrektor festgestellten Lücken etwas schlechter einschätze, unzutreffend. Die Arbeit zeige weitaus mehr positive Ansätze. Die Probleme der Arbeit würden zu einem großen Teil erkannt und auch zutreffend gelöst. Nur zum Teil seien die Antworten etwas knapp und ungenau. Die Bewertung durch den Zweitkorrektor (5 Punkte) sei daher unangemessen niedrig; es hätte eine höhere Punktzahl vergeben werden müssen. Hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 5 (Arbeitsrecht - 2,0 Punkte) sei die Einschätzung der Korrektoren, dass die Arbeit erhebliche Mängel und Lücken aufweise, unzutreffend. So würden die Probleme durch den Kläger zu einem recht großen Teil erkannt und auch oft zutreffend gelöst. Selbst wenn die Antworten oft knapp oder ungenau seien, so enthalte die Bearbeitung dennoch Ansätze, die nicht auf eine Unbrauchbarkeit der Arbeit schließen ließen. Der Hauptteil der Prüfungsaufgabe, die Urlaubsabgeltung, werde erkannt und mit einem korrekten Ergebnis gelöst; hier werde auch die EuGH-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung genannt. Die Widerrechtlichkeit der Drohung sei durch „Inaussichtstellen eines Übels“ ausreichend definiert. Die Bewertung durch die Korrektoren sei daher unangemessen niedrig; es hätte eine höhere Punktzahl vergeben werden müssen. Hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 6 (Strafrecht - 2,0 Punkte) sei die Einschätzung der Korrektoren, dass die Arbeit an erheblichen Mängeln leide und nicht brauchbar sei, unzutreffend. Die Arbeit zeige weitaus mehr positive Ansätze. Die Probleme der Arbeit würden zu einem großen Teil erkannt und auch zutreffend gelöst, selbst wenn dies nur im Ansatz zu erkennen sei. Insbesondere in der Anklageschrift seien durchweg positive und rechtlich zutreffende Überlegungen zu erkennen. Selbst wenn hier Teile (Beweismittel, Anträge, Zuständigkeit) fehlten, so dürfe dies nicht übermäßig gewichtet werden, da diese Punkte schlicht aus dem zugelassenen Hilfsmittel „Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung“ (Kroiß/Neurauter) hätten entnommen werden können. Auch sei zu Unrecht negativ bewertet worden, dass als Unterschrift und Staatsanwaltschaft mit „XYZ“ und „Dienstbezeichnung“ gesetzt worden sei; aus dem Aufgabentext hätten sich richtigerweise jedoch weder Name noch Dienstbezeichnung des handelnden Staatsanwalts ergeben. Die Bewertung durch die Korrektoren sei daher unangemessen niedrig; es hätte eine höhere Punktzahl vergeben werden müssen. Hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 9 (Öffentliches Recht - 2,0 Punkte) sei die Einschätzung der Korrektoren, dass die Arbeit an erheblichen Mängeln leide und nicht brauchbar sei, unzutreffend. Richtigerweise zeige die Arbeit weitaus mehr positive Ansätze. So würde die Problematik der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen durchaus erkannt, selbst wenn von einer unzulässigen Klage ausgegangen werde. Auch weitere wichtige Punkte würden erkannt, so die Behandlung der Problematik aus dem Immissionsschutzrecht und dem Baurecht. Die Bewertung durch die Korrektoren sei daher unangemessen niedrig; es hätte eine höhere Punktzahl vergeben werden müssen. Nach alledem würden die bereits im Nachprüfungsverfahren nach § 14 JAPO erhobenen Einwendungen vollumfänglich aufrechterhalten und um den Aspekt der Seitennummerierung hinsichtlich der Prüfungsarbeit Nr. 3 ergänzt.

6. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die zulässige Klage sei nicht begründet. Denn der gegenständliche Prüfungsbescheid sei rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten; er habe keinen Anspruch auf Neubewertung der Prüfungsarbeiten Nr. 3, 4, 5, 6 und 9. Im Bereich prüfungsspezifischer Wertungen komme den Prüfern ein Beurteilungsspielraum zu, der verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei. Hiervon ausgehend sei die Bewertung der angegriffenen Prüfungsarbeiten nicht zu beanstanden. Da die materiellen Einwendungen des Klägers sämtlich bereits Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens nach § 14 JAPO gewesen seien, werde insoweit grundsätzlich auf die eingeholten Stellungnahmen der Prüfer verwiesen. Soweit der Kläger weiterhin lediglich allgemein und pauschal ausführe, einzelne Aspekte bzw. Punkte einer Prüfungsarbeit erkannt und bearbeitet zu haben und hieraus eine bessere Note ableiten wolle, so setze er schlicht seine Bewertung an die Stelle der Prüfer, ohne konkrete substantiierte Einwendungen hinsichtlich der Korrektur vorzubringen; dies könne von vornherein nicht zum Erfolg führen. Soweit der Kläger im Hinblick auf Prüfungsarbeit Nr. 3 (Zivilrecht - 0 Punkte) in formeller Hinsicht vorbringe, dass er seine Arbeitsblätter aufgrund des Verhaltens der Aufsichtsperson nicht mehr sorgfältig in die richtige Reihenfolge habe bringen können, während andere, weiter hinten sitzende Prüflinge hierzu noch Zeit gehabt hätten, sei hierin kein relevanter Rechtsfehler zu erblicken. Eine Ungleichbehandlung sei insoweit von vornherein ausgeschlossen, da die Nummerierung und Sortierung der Arbeitsblätter nur in Anwesenheit der Aufsichtsperson gestattet sei; andere Prüflinge hätten also nicht etwa während des Einsammelns anderer Arbeiten ihre Arbeitsblätter in Ruhe nummerieren und sortieren können. Unabhängig davon sei die betreffende Verfahrensrüge erstmals im Klageverfahren erfolgt und damit mit Blick auf § 12 Abs. 2 Satz 1 und 3 JAPO verspätet. Hinsichtlich der Prüfungsarbeit Nr. 5 (Arbeitsrecht - 2,0 Punkte) hätten die Korrektoren zutreffend ausgeführt, dass die EuGH-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung nur vage und ohne konkrete Umsetzung angesprochen worden sei. Das bloß mehr oder weniger zufällige Auffinden eines vertretbaren Ergebnisses habe aufgrund des Fehlens einer belastbaren Argumentation sehr wohl kritisiert werden dürfen. Hinsichtlich der Drohung hätten die Korrektoren zutreffend festgestellt, dass eine Definition und präzise Darstellung der „Widerrechtlichkeit“ der Drohung fehle und allenfalls Ansätze einer Subsumtion vorhanden seien, der jedoch naturgemäß eine genaue Definition voranzugehen habe. Hinsichtlich der Prüfungsarbeit Nr. 6 (Strafrecht - 2,0 Punkte) gelte, dass das Vorhandensein eines allgemeinen Formulars einer staatsanwaltlichen Abschlussverfügung im Hilfsmittel „Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung“ nicht geeignet sei, Defizite zu Beweismitteln, Anträgen und Zuständigkeitsfragen zu relativieren. Die Worte „Dienstbezeichnung“ und „XYZ“ seien überdies ausweislich der Stellungnahme des Erstkorrektors nicht negativ bewertet worden. Hinsichtlich der Prüfungsarbeit Nr. 9 (Öffentliches Recht - 2,0 Punkte) hätten die Korrektoren den Umstand, dass der Kläger die Problematik der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen erkannt hat, in die Bewertung einfließen lassen (vgl. Begründungsblatt unter A.: „zu oberflächlich …“ und die Randbemerkungen auf S. 5 und 6 der Bearbeitung); vertiefte Ausführungen zu prozessualen Fragestellungen und Rechtsfolgen in diesem Zusammenhang fehlten jedoch in der klägerischen Bearbeitung. Gleiches gelte sinngemäß auch für die pauschale klägerische Rüge, Problematiken aus dem Immissionsschutzrecht und dem Baurecht seien grundsätzlich erkannt worden.

7. Im Übrigen wird hinsichtlich des Sachverhalts auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Es konnte vorliegend gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubewertung der strittigen Prüfungsleistungen sowie Fortführung des Prüfungsverfahrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Im schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung ist an elf Tagen je eine schriftliche Arbeit unter Aufsicht zu fertigen (§ 62 Abs. 1 Satz 1 JAPO). Nur wer im schriftlichen Teil der Prüfung einen Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,72 Punkten erreicht und nicht in mehr als sechs Prüfungsarbeiten eine geringere Punktzahl als 4,00 erhalten hat, ist zur mündlichen Prüfung zugelassen (§ 64 Abs. 3 Satz 1 JAPO). Wer nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen ist, hat die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden (§ 64 Abs. 3 Satz 3 JAPO).

Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist allein der das Prüfungsverfahren mit einer Gesamtnote abschließende Bescheid, während die Bewertung einzelner Prüfungsarbeiten im allgemeinen keine selbstständige Bedeutung hat. Bei der Überprüfung des Prüfungsbescheides ist lediglich auf die Prüfungsarbeiten einzugehen, deren Bewertung vom Prüfling in Frage gestellt wird. Der Prüfling hat es in der Hand zu bestimmen, gegen welche Teile der Prüfung er mit substantiierten Einwänden vorgehen und welche er gegen sich gelten lassen will (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 3.3.1999 - 7 B 98.2824 - juris Rn. 18).

Die gerichtliche Überprüfung der Bewertung von Prüfungsarbeiten hat sich zunächst in formeller Hinsicht darauf zu erstrecken, ob die Bewertung unter Verletzung solcher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, die dem Schutz der Chancengleichheit aller Prüflinge dienen. Die Aufhebung eines Prüfungsbescheids und die Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen, setzt in materieller Hinsicht voraus, dass die Bewertung fehlerhaft ist und dass dieser Fehler Einfluss auf das Gesamtergebnis hat. Insoweit hat sich die Überprüfung darauf zu erstrecken, ob die Prüfer anzuwendendes Recht verkannten, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgingen, allgemeingültige Bewertungsgrundsätze verletzten oder sich von sachfremden Erwägungen leiten ließen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prüfer ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt haben, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem die Prüfung dient, verkannt haben und ob ferner die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht. Streiten Prüfling und Prüfer um die Beantwortung von Fachfragen, so ist dem Prüfling ein Antwortspielraum einzuräumen. Eine von ihm vorgetragene und mit gewichtigen Argumenten versehene fachlich vertretbare Antwort darf nicht als falsch gewertet werden, weil die Prüfer fachlich anderer Ansicht sind wie der Prüfling (vgl. BVerfGE 83, 34; 83, 59; 91, 262/266). Im Übrigen müssen Prüfer bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Prüfungspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und die sie allgemein anwenden. Die Bestehensgrenze - also der Maßstab für ungenügende Prüfungsleistungen - lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Leistungen bestimmen. Daraus folgt, dass Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Hieraus resultiert ein prüfungsrechtlicher Bewertungsspielraum, der zwar im dargestellten Umfange der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen Kontrolle unterliegt. Prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben dabei jedoch der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen. Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. zum Ganzen: BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34/50 ff. - juris Rn. 49-59; B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84 - BVerfGE 84, 59/77 ff. - juris Rn. 65-72; BVerwG, B.v. 16.8.2011 - 6 B 18.11 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 3.3.1999 - 7 B 98.2824 - juris Rn. 19; B.v. 26.3.2014 - 7 ZB 14.389 - juris Rn. 9).

b) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze vermag der Kläger mit seinen Einwendungen gegen den Prüfungsbescheid vom 7. April 2015 nicht durchzudringen. Hierin wurde vielmehr zu Recht festgestellt, dass der Kläger die Zweite Juristische Staatsprüfung (Wiederholungsprüfung) im Termin 2014/2 - und damit endgültig -nicht bestanden hat, da er im schriftlichen Teil der Prüfung nicht einen Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,72 Punkten erreicht hat (§ 64 Abs. 3 Satz 1 JAPO).

aa) Verfahrensfehler sind nicht gegeben.

Zwar rügt der Kläger, dass ihm bei der Prüfungsarbeit Nr. 3 (Zivilrecht - 0 Punkte) durch die die Arbeiten nach Prüfungsende einsammelnde Aufsichtsperson nicht gestattet worden sei, seine Arbeitsblätter in die richtige Reihenfolge zu bringen; er habe diese vielmehr in größter Eile „zusammenraffen“ müssen, wobei eine falsche Nummerierung erfolgt sei. Der Kläger sieht hierin eine Ungleichbehandlung zu weiter hinten im Prüfungsraum sitzenden Prüflingen, denen nach Ende der Bearbeitungszeit ausreichend Zeit zur korrekten Sortierung der Arbeitsblätter verblieben sei, da die Aufsichtsperson ihre Bearbeitungen erst später eingesammelt habe.

Hierin ist jedoch kein durchgreifender Verfahrensfehler zu erblicken.

Soweit der Kläger erstmalig im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf aus seiner Sicht begangene formale Mängel der Zweiten Juristischen Staatsprüfung hinweist, ist dem nicht weiter nachzugehen, da der Kläger mit diesen verspäteten Einwänden präkludiert ist. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 JAPO ist ein Antrag nach § 12 Abs. 1 JAPO zur Rüge von Mängeln im Prüfungsverfahren unverzüglich schriftlich beim Landesjustizprüfungsamt zu stellen; der Antrag ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 JAPO ausgeschlossen, wenn seit dem Abschluss des Teils des Prüfungsverfahrens, der mit den Mängeln behaftet war, ein Monat verstrichen ist. Vorliegend fand der gegenständliche Schriftliche Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2014/2 vom 25. November 2014 bis zum 9. Dezember 2014 statt. Die Verfahrensrüge zur Seitennummerierung bei Prüfungsarbeit Nr. 3 wurde jedoch erstmals durch die Klägerseite mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2015 (Blatt 39 der Gerichtsakte) vorgebracht, obwohl der Kläger bereits seit mehr als zehn Monaten Kenntnis von dem von ihm nunmehr behaupteten Sachverhalt gehabt haben muss. Mangels rechtzeitiger Geltendmachung ist der Kläger somit mit seiner Verfahrensrüge zu einer vorgeblichen Verletzung des Gebots der Chancengleichheit präkludiert, § 12 Abs. 2 Satz 1 und 3 JAPO (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 9.11.2015 - 7 ZB 15.316 - juris Rn. 10; B.v. 26.2.2014 - 7 ZB 14.28 - juris Rn. 10; B.v. 13.7.2009 - 7 ZB 08.163 - juris Rn. 12).

bb) Mit seinen materiellen Bewertungsrügen vermag der Kläger ebenfalls nicht durchzudringen.

Dies gilt zunächst für den pauschal und allgemein gehaltenen Vortrag der Klägerseite, dass die gegenständlichen Bearbeitungen der Prüfungsarbeiten Nr. 3, 4, 5, 6 und 9 auch „positive Ansätze“ sowie „positive und rechtlich zutreffende Überlegungen“ zeigten und einige Aspekte „im Ansatz“ erkannt und z.T. auch behandelt bzw. gelöst worden seien (etwa hinsichtlich des Sachverhalts sowie materiellrechtlichen Aspekten, hier z. B. aus dem Immissionsschutzrecht und Baurecht), so dass im Ergebnis eine „unangemessen niedrige Bewertung vorliege und richtigerweise eine (deutlich) höhere Punktzahl hätte vergeben müssen. Insoweit fehlen bereits jegliche substantiierte Rügen bzw. konkrete Einwände hinsichtlich der Bewertung der gegenständlichen Prüfungsarbeiten, denen das Gericht nachgehen könnte. Der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz aus § 86 VwGO ist insoweit durch die Mitwirkungspflicht des Prüflings begrenzt (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 92, 132 - juris Rn. 27; VG Augsburg, U.v. 18.3.2015 - Au 3 K 14.881 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 16.12.2014 - M 4 K 13.561 - juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 28.4.1999 - W 10 K 98.504 - juris Rn. 28).

(1) Auch soweit der Kläger hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 5 (Arbeitsrecht - 2,0 Punkte) - zumindest im Ansatz - konkretere Einwendungen erhebt, bleibt dies erfolglos.

(a) Der Kläger trägt insoweit zum einen vor, dass nicht ausreichend positiv gewürdigt worden sei, dass ein Hauptteil der Prüfungsarbeit, der Komplex der Urlaubsabgeltung, erkannt und mit einem korrekten Ergebnis gelöst worden sei; hier sei auch die einschlägige EuGH-Rechtsprechung genannt worden.

Der Kläger hat insoweit in seiner Bearbeitung ausgeführt (S. 20-23):

Ausführungen (ggf. Hervorhebungen durch den Korrektor)

Korrekturbemerkung

„Der Kläger hat keinen Urlaubsabgeltungsanspruch aus § 7 IV BUrlG.

Der Verfall des Abgeltungsanspruchs ist mit der EuGH-Rechtsprechung vereinbar. Diese bezieht sich nur auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch. Dieser beträgt nach § 3 I BUrlG 20 Werktage. … Von den nach § 9 I des Tarifvertrages bestehenden 30 Urlaubstagen pro Jahr kann im Umkehrschluss zu § 13 I 1 BUrlG tarifvertraglich abgewichen werden. … Die übrigen Urlaubstage verfallen hier nach § 7 III 2 BUrlG. … Es trifft zu, dass nach der EuGH-Rechtsprechung nun während längerer Krankheitszeit entstandener Urlaubsansprüche grundsätzlich weiterbestehen und nicht wegen Unmöglichkeit der Inanspruchnahme während des Krankenstandes nach § 275 I BGB verfallen. … Diese Entscheidung hat der EuGH insoweit modifiziert, dass solche Ansprüche nach 15 Monaten dennoch verfallen. Für den 2011er Urlaub ist dies der Fall.

Die Abgeltung des übrigen Urlaubs aus 2012 ist auch verfallen, obwohl er noch bestünde, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden wäre. Dieser ist deshalb verfallen, da die Inanspruchnahme vor dem Verfall vorgeht und hier kein Grund vorlag, weshalb der Kläger den Urlaub nicht in Anspruch hätte nehmen können, zumal die Beklagte ein Gesuch nach“

Auf dem Begründungsblatt der Bewertung der klägerischen Arbeit ist hierzu Folgendes vermerkt:

Bewertungsbogen

Korrekturbemerkung

A. Urlaubsabgeltung

I.

Urlaub 2011

1. Anspruchsgrundlage: § 611 BGB i. V. m. § 7 II Arbeitsvertrag, § 9 I und III MTV, § 7 IV BUrlG

nur teilweise

2. Voraussetzungen

a) Urlaubsanspruch in geltend gemachter Höhe entstanden

Voller Urlaubsanspruch am 01.01.2011; Höhe: gesetzlicher Urlaubsanspruch 24 Werktage, zusätzlicher tariflicher Anspruch 6 Werktage (§ 9 I MTV), insgesamt 30 Werktage Urlaub

fehlt

b) Erbringung von Arbeitsleistung für Entstehen des Urlaubsanspruchs nicht erforderlich

fehlt

c) Arbeitsverhältnis beendet zum 31.03.2014

fehlt

3. Verfall des Urlaubs gemäß § 7 III 2 und 3 BUrlG bzw. § 9 II 2 und 3 MTV zum31.03.2012

vage

a) nach dieser Regelung wurde Urlaub zwar über den 31.12.2011 übertragen, da Kläger fortdauernd seit November 2010 arbeitsunfähig war, Urlaub wäre aber in diesem Fall bis 31.03.2012 zu nehmen, ansonsten Verfall

wohl i. E.

b) aber: Regelungen verstoßen in dieser Auslegung gegen EU-Recht; nach Auslegung der Richtlinie durch EuGH grundsätzlich kein Verfall von Urlaubsansprüchen; eine nationale Regelung, nach der der Urlaub im Fall der Dauererkrankung erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahrs verfällt, verstößt nicht gegen EU-Recht; im Anschluss daran richtlinienkonforme Rechtsprechung des BAG: im Fall der dauernden Erkrankung verfällt Urlaub erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres

vage angesprochen

viel zu knapp

4. Subsumtion: Urlaubsanspruch für 2011 mit Ablauf des 31.03.2013 verfallen, daher auch kein Abgeltungsanspruch

nicht erwähnt

II.

Urlaub 2012

1. Anspruchsgrundlage: wie I.1.

2. Voraussetzungen wie I.2.: Danach am 01.01.2012 Urlaubsanspruch in voller Höhe entstanden

fehlt

3. Kein Verfall des Urlaubs gemäß § 7 III 2 und 3 BUrlG bzw. § 9 II 2 und 3 MTV zum31.03.2013, sondern Urlaubsanspruch wird zum Urlaub 2013 hinzugefügt und unterliegt dem Urlaubsregime des § 7 III BUrlG bzw. § 9 II MTV

fehlt

4. a) Kläger war bis Ende September 2013 wegen Arbeitsunfähigkeit gehindert, Urlaub für 2012 einzubringen; danach hätte Kläger allerdings Urlaub in voller Höhe in Natur nehmen können

sehr vage

b) Kläger hat keinen Urlaub verlangt; Schreiben vom 28.10.2013 beinhaltet nach seinem Erklärungswortlaut (§ 133 BGB) nicht die Aufforderung, Urlaub zu gewähren

fehlt

c) ein Übertragungsgrund liegt nicht vor, wird insbesondere nicht vom Kläger geltend gemacht

fehlt

d) Folge: Urlaub zum 31.12.2013 verfallen

nicht erwähnt

In der zusammenfassenden textlichen Bewertung ist u. a. ausgeführt, dass der Hauptteil der Arbeit, die Frage der Urlaubsabgeltung, nur sehr oberflächlich behandelt werde, das Ergebnis sei jedoch korrekt. Die EuGH-Rechtsprechung werde zwar erwähnt, jedoch sei nicht klar in welchem Zusammenhang, eine logische Subsumtion finde nicht statt, eine ordentliche Zitierung der maßgeblichen Vorschriften fehle.

Zur Rüge des Klägers haben die Korrektoren in ihren schriftlichen Stellungnahmen im Nachprüfungsverfahren ausgeführt, dass das vom Kläger gefundene Ergebnis zur Urlaubsabgeltung nur teilweise korrekt sei, wesentliche Probleme würden gar nicht, lückenhaft, oberflächlich oder nur völlig unzureichend behandelt. Insbesondere fehle die genaue Entstehung des Urlaubsanspruchs, die EuGH-Rechtsprechung werde zwar erwähnt, jedoch nur vage und ohne logische Subsumtion.

Aus alledem ergibt sich kein materieller Bewertungsfehler.

Die Korrektoren haben die Ausführungen des Klägers zur EuGH-Rechtsprechung (EuGH, U. v. 22.11.2011 - Rs. C-214/10 - NJW 2012, 290 - juris) ausweislich des Begründungsblatts und der zusammenfassenden textlichen Bewertung grundsätzlich zur Kenntnis genommen; gleiches gilt für den Umstand, dass der Urlaub 2011 im Ergebnis durch den Kläger zutreffend als verfallen erkannt worden ist. Zugleich haben die Korrektoren jedoch auch festgestellt, dass die klägerische Bearbeitung des Komplexes der Urlaubsabgeltung zahlreiche Prüfungspunkte nicht anspricht und auch die vorhandenen Ausführungen nur sehr oberflächlich und knapp erfolgt sind. Hiergegen ist mit Blick auf den prüferischen Beurteilungsspielraum nichts zu erinnern. Vielmehr erscheint die Bewertung der klägerischen Leistung durch die Korrektoren mit Blick auf den umfangreichen Erwartungshorizont des Begründungsblatts auch für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar und schlüssig. Sie steht insbesondere auch nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen nicht im Widerspruch zu einer Gesamtbewertung der klägerischen Bearbeitung mit 2,0 Punkten. Letztlich macht der Kläger insoweit eine Überschreitung des Bewertungsspielraums ohnehin nicht hinreichend substantiiert geltend, sondern setzt schlicht seine subjektive Bewertung der eigenen Leistung anstelle die Bewertung der Korrektoren.

(b) Zum anderen trägt der Kläger vor, dass er die Widerrechtlichkeit der Drohung durch „Inaussichtstellen eines Übels“ sehr wohl ausreichend definiert habe, was eine höhere Punktzahl bedingen müsse.

Der Kläger hat insoweit in seiner Bearbeitung ausgeführt (S. 9-12):

Ausführungen (ggf. Hervorhebungen durch den Korrektor)

Korrekturbemerkung

„Dem Kläger stehen aus § 611 I BGB 1.548,75 € brutto für die seit November 2013 geleisteten 5 Stunden Mehrarbeit je Woche zu.

Der Kläger hat diese Arbeitsleistung erbracht.

Für deren Vergütung ist die Änderungsvereinbarung nicht maßgeblich. Diese ist unwirksam nach § 142 I BGB.

Der Kläger hat sie mit Schriftsatz vom 21.05.2014 gemäß §§ 143 I, II, 164 I BGB wirksam angefochten.

Die Vereinbarung war nach § 123 I Var. 2 BGB anfechtbar. Die Beklagte hat dem Kläger widerrechtlich gedroht, als sie andeutete, ihm sonst aufgrund der schlechten Wirtschaftslage zu kündigen. Eine solche Andeutung ist eine Drohung, da die Beklagte dem Kläger mit dem verlorenen Arbeitsplatz indirekt ein Übel in Aussicht gestellt hat. … Diese Drohung ist widerrechtlich. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte ihm andernfalls nicht hätte kündigen dürfen. Entlassungen wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten sind betriebsbedingt. Im konkreten Fall wäre eine Kündigung des Klägers nach § 1 I KSchG unwirksam gewesen. Sie wäre gemäß § 1 III 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Danach müsste eine Sozialauswahl der zu Entlassenden nach den dort genannten Kriterien stattfinden. Bei ca. 400 Arbeitnehmern ist es völlig unrealistisch, dass ein Arbeitnehmer, der seit mehr als 20 Jahren im Betrieb beschäftigt ist, entlassen wird, da es höchstwahrscheinlich Arbeitnehmer gibt, die jünger sind als und dem Betrieb nicht so lange angehören wie der Kläger sowie eine ähnliche Unterhaltssituation haben.“

so??

Auf dem Begründungsblatt der Bewertung der klägerischen Arbeit ist hierzu Folgendes vermerkt:

Bewertungsbogen

Korrekturbemerkung

B. Nicht vergütete Arbeitszeit November 2013 bis März 2014

Kein Anspruch aus Arbeitsvertrag, da Änderungsvereinbarung gerade einer Vergütungspflicht entgegensteht und wirksam ist

I.

Kein Anfechtungsgrund nach §§ 123, 142 I BGB

gesehen

1. Täuschung

„Signalisierung“ wirtschaftlicher Schwierigkeiten/Hinweis auf Insolvenz keine arglistige Täuschung, da auch nach Sachvortrag des Klägers wahre Tatsache

Fehlt

2. Drohung mit Kündigung

- Begriff der Drohung: Inaussichtstellen eines Übels; liegt vor mit Ankündigung einer Kündigung

ungenau

- nicht widerrechtlich, da „vernünftiger Arbeitgeber“ in dieser Situation eine betriebsbedingte Kündigung in Erwägung ziehen durfte

so nicht vertretbar

In der zusammenfassenden textlichen Bewertung der Korrektoren ist u. a. ausgeführt, dass die Drohung zwar knapp angesprochen werde, die Widerrechtlichkeit werde jedoch nicht definiert, die dünne Argumentation sei nicht vertretbar.

Zur Rüge des Klägers haben die Korrektoren in ihren schriftlichen Stellungnahmen im Nachprüfungsverfahren ausgeführt, dass die Drohung zwar definiert werde, jedoch gerade nicht die Widerrechtlichkeit derselben.

Aus alledem ergibt sich kein materieller Bewertungsfehler.

Eine Drohung i. S. v. § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung als in irgendeiner Weise von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Der Bedrohte muss einer Zwangslage ausgesetzt sein, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder der des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sich die Widerrechtlichkeit gleichwohl aus der Inadäquanz, d. h. der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist das Mittel nach Treu und Glauben nicht als angemessen zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig (vgl. zum Ganzen: BAG, U.v. 12.5.2010 - 2 AZR 544/08 - NZA 2010, 1250 - juris Rn. 26).

Mit der Passage seiner Bearbeitung „… indirekt ein Übel in Aussicht gestellt hat.“ ist mithin durch den Kläger in der Tat lediglich der Begriff der Drohung definiert worden, nicht jedoch deren Widerrechtlichkeit. Dies ist in der zusammenfassenden textlichen Bewertung der Korrektoren zutreffend festgehalten worden. In welchem Maße die fehlende Definition der Widerrechtlichkeit negativ zu bewerten ist, ist dem Beurteilungsspielraum der Prüfer vorbehalten. Eine substantiierte Darlegung einer Überschreitung des Bewertungsspielraums durch die Korrektoren ist auch insoweit klägerseitig weder vorgetragen noch ersichtlich.

(2) Soweit der Kläger hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 6 (Strafrecht - 2,0 Punkte) - zumindest im Ansatz - konkretere Rügen erhebt, vermag er ebenfalls nicht durchzudringen.

Er rügt insoweit, dass zu Unrecht negativ bewertet worden sei, dass am Ende der zu fertigenden Abschlussverfügung als Unterschrift und Staatsanwaltschaft mit „XYZ“ und „Amtsbezeichnung“ gesetzt worden sei; aus dem Aufgabentext hätten sich richtigerweise jedoch weder Name noch Dienstbezeichnung des handelnden Staatsanwalts ergeben. Zudem dürfe das Fehlen von Teilen der zu fertigenden Anklageschrift (Beweismittel, Anträge, Zuständigkeit) nicht übermäßig gewichtet werden dürfe, da diese Punkte schlicht aus dem zugelassenen Hilfsmittel „Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung“ (Kroiß/Neurauter) hätten entnommen werden könnten.

Der Kläger hat insoweit in seiner Bearbeitung ausgeführt (S. 21):

Ausführungen (ggf. Hervorhebungen durch den Korrektor)

Korrekturbemerkung

„XYZ (Amtsbezeichnung)“

Unterschrift?

Staatsanwalt?

Auf dem Begründungsblatt der Bewertung der klägerischen Arbeit ist hierzu Folgendes vermerkt:

Bewertungsbogen

Korrekturbemerkung

B) Anklageschrift

1. Personalien, Wahlverteidiger

nur angedeutet Bl. 22

2. Sachverhalt

3. Wiedergabe des gesetzlichen Tatbestandes und Benennung der Straftatbestände

misslungen

Blatt 27

4. Zuständigkeit - AG Augsburg, Schöffengericht, §§ 24, 25, 28 GVG, § 7 I StPO

/

5. Anträge - Eröffnung, Zulassung, Termin

/

6. Beweismittel

/

7. Abverfügung mit Unterschrift

/

In der zusammenfassenden textlichen Bewertung der Korrektoren ist u. a. ausgeführt, dass die Anklage nicht geglückt sei. Hier fehle es nahezu an allem (Beweismittel, Anträge, Zuständigkeit). Insgesamt handele es sich um eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung.

Zur Rüge des Klägers haben die Korrektoren in ihren schriftlichen Stellungnahmen im Nachprüfungsverfahren ausgeführt, dass die Frage, wie stark das Fehlen wesentlicher Teile der Anklageschrift zu bewerten sei, ureigene Aufgabe des Prüfers sei. Die klägerische Vermutung, dass die Formulierungen „XYZ“ und „Dienstbezeichnung“ für die Wertung der Bearbeitung als „nicht geglückt“ ausschlaggebend gewesen seien, sei nicht zutreffend. Aus der Zusammenfassung gehe eindeutig hervor, dass das Fehlen der Angabe der Beweismittel, der Anträge und der Angabe des zuständigen Gerichts beanstandet worden sei, da es sich insoweit um elementare Voraussetzungen einer praxistauglichen Arbeit handele. Soweit klägerseitig gerügt werde, dass die genannten Punkte aus dem zugelassenen Hilfsmittel „Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung“ (Kroiß/Neurauter) hätten entnommen werden können, ändere dies nichts an der Tatsache, dass die betreffenden Aspekte fehlten bzw. allenfalls mangelhaft vorhanden seien.

Aus alledem ergibt sich kein materieller Bewertungsfehler.

Zwar sprechen die Korrekturrandbemerkungen dafür, dass die klägerische Verwendung von „XYZ“ und „Amtsbezeichnung“ am Ende der Abschlussverfügung durch die Korrektoren grundsätzlich negativ gesehen worden ist. Dies ist insoweit nachvollziehbar, als durch „XYZ“ nicht hinreichend deutlich wurde, dass eine eigenhändige Unterschrift unter der Abschlussverfügung anzubringen ist - und nicht etwa der bloße gedruckte Name des Staatsanwalts (vgl. Korrekturbemerkung „Unterschrift?“). In gleicher Weise wurde die klägerische Verwendung des allgemeinen Terminus „Amtsbezeichnung“ schlüssig beanstandet, da die Angabe einer konkreten Amtsbezeichnung wie „Staatsanwalt“ oder etwa „Oberstaatsanwalt“ in einer staatsanwaltlichen Abschlussverfügung durchaus erwartet werden konnte (vgl. Korrekturbemerkung „Staatsanwalt?“). Ohnehin sind Randbemerkungen jedoch bei einer schriftlichen Prüfungsarbeit lediglich ein untergeordneter Teil der Gesamtbewertung und gehören nur dann zum Inhalt der Bewertung, wenn auf sie in der Bewertungsbegründung - wie hier nicht - inhaltlich eingegangen wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2009 - 7 ZB 08.996 - juris Rn. 27). Dementsprechend gibt es mangels Benennung der gegenständlichen Punkte in der zusammenfassenden textlichen Bewertung keinerlei Anzeichen, dass die genannten Punkte durch die Korrektoren vorliegend unverhältnismäßig negativ gewertet worden sein könnten und damit ein Verstoß gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze vorliegen könnte. Ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis ist bei offensichtlich nicht tragenden, sondern nur beiläufigen Anmerkungen nicht ohne weiteres anzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2009 - 7 ZB 08.996 - juris Rn. 27). Die klägerische Rüge hierzu beruht auf bloßen Vermutungen. Selbiges gilt für die klägerische Behauptung einer unverhältnismäßig negativen Bewertung des - unstreitigen - Fehlens von Teilen der Anklageschrift (Beweismittel, Anträge, Zuständigkeit). In welchem Maße die fehlenden Bearbeitungspunkte negativ zu bewerten sind, ist letztlich dem Beurteilungsspielraum der Prüfer vorbehalten. Insoweit ist grundsätzlich für die Bewertung auch nicht von Relevanz, ob und ggf. inwieweit fehlende Bearbeitungspunkte einem zugelassenen Hilfsmittel hätten entnommen werden können. Denn auch das sichere Beherrschen des Umgangs mit zugelassenen Hilfsmitteln - etwa Kommentaren - gehört zu den juristischen Fertigkeiten und Arbeitstechniken, die von einem Prüfling in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung erwarten werden dürfen.

(3) Schließlich überzeugen auch die durch den Kläger hinsichtlich Prüfungsarbeit Nr. 9 (Öffentliches Recht - 2,0 Punkte) - zumindest im Ansatz - konkreter vorgebrachten Einwände nicht.

Der Kläger trägt hierzu vor, dass er eine höhere Punktzahl verdiene, da die Problematik der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen durchaus erkannt worden sei, selbst wenn von einer unzulässigen Klage ausgegangen werde.

Der Kläger hat insoweit in seiner Bearbeitung ausgeführt (S. 5 f.):

Ausführungen (ggf. Hervorhebungen durch den Korrektor)

Korrekturbemerkung

„Die Anfechtungsklage nach § 42 I Var. 1 VwGO ist hier statthaft. Ziffer 1.3 des Bescheides vom 09.05.2014 ist eine Auflage nach Art. 36 II Nr. 4 BayVwVfG, da die Klägerin hier nur gezwungen wird, die Anlage nach Austausch und Einbau der Geräte mit einer gewissen Lautstärke zu betreiben, was impliziert, dass ein lauterer Betrieb zu unterlassen ist.

Solche Nebenbestimmungen sind isoliert vom Verwaltungsakte anfechtbar. Dies gebietet das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 IV 1 GG, da ansonsten Genehmigungen als begünstigende Verwaltungsakte, die mit einer belastenden Nebenbestimmung versehen sind, nur im Wege der Verpflichtungsklage nach § 40 I Var. 2 VwGO angegriffen werden, indem man einen auflagefreien Verwaltungsakt einklagt, was bedeuten würde, dass der Kläger dann nicht den Schutz des § 80 I 1 VwGO genießen würde.“

kaum vertretbar

Relevanz?

Fehlt: qualifizierte Argumentation

Begriffe

Fehlt: Gesamtdarstellung der Rechtslage

Auf dem Begründungsblatt der Bewertung der klägerischen Arbeit ist hierzu Folgendes vermerkt:

Bewertungsbogen

Korrekturbemerkung

A. Zulässigkeit der Klage im Hauptantrag: Anfechtungsklage unstatthaft

a.A. - bei fehlender Vertiefung

Abgrenzung Nebenbestimmung, Inhaltsbestimmung gem. obj. Erklärungsinhalt

hier: Einschränkung des Betriebsumfangs

Zu oberflächlich und lückenhaft

In der zusammenfassenden textlichen Bewertung der Korrektoren ist u. a. ausgeführt, dass die Arbeit eine „höchst mangelhafte Prozessstation“ aufweise, Zentralthemen seien hier nicht bewältigt.

Zur Rüge des Klägers haben die Korrektoren in ihren schriftlichen Stellungnahmen im Nachprüfungsverfahren ausgeführt, dass das bloße Nennen bzw. Erkennen einer Problematik nichts darüber aussage, wie der Prüfling auf diese Rechtsaspekte eingegangen ist und ob er sie juristisch bewältigt hat. Von einer näheren oder gar verbrieften Herausarbeitung der prozessualen Fragestellungen und Rechtsfolgen durch den Kläger könne keine Rede sein.

Aus alledem ergibt sich kein materieller Bewertungsfehler.

Die Korrektoren haben ausweislich der Korrekturbemerkungen am Rand der Arbeit und der Anmerkungen auf dem Begründungsblatt die Ausführungen des Klägers zur statthaften Klageart und zur isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen grundsätzlich zur Kenntnis genommen. Sie haben insoweit jedoch eine fehlende qualifizierte Argumentation und Vertiefung sowie oberflächliche und lückenhafte Ausführungen bei fehlender Gesamtdarstellung der Rechtslage festgestellt. Diese Einschätzungen sind aus Sicht des Gerichts im Lichte der knappen klägerischen Bearbeitung grundsätzlich plausibel und schlüssig. Den Korrektoren ist grundsätzlich beizupflichten, dass dem bloßen Nennen bzw. Erkennen einer Problematik ohne juristische Bewältigung derselben nur sehr eingeschränkter Wert zukommt. Die Korrektoren bewegen sich daher vorliegend im Rahmen ihres prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums, in dem letztlich sie darüber zu befinden haben, wie die Leistung des Klägers zu bewerten ist. Der Kläger macht auch insoweit eine Überschreitung des Bewertungsspielraums nicht hinreichend substantiiert geltend; hierfür ist - wie ausgeführt - nicht ausreichend, schlicht eine bessere Benotung einzufordern.

(4) Soweit der Kläger vorliegend überhaupt konkretere Bewertungsrügen erhebt, ist letztlich insgesamt festzustellen, dass die Einwendungen sich jeweils auf nur wenige Einzelaspekte von allenfalls beschränkter Bedeutung für die Gesamtbewertung der jeweiligen Prüfungsarbeit beziehen. Mit Blick auf die ausweislich der jeweiligen Begründungsblätter und textlichen Zusammenfassungen umfangreich festgestellten Mängel und Lücken in den Bearbeitungen des Klägers erscheinen die gegenständlichen Rügen daher von vornherein nicht geeignet, die durchgängig negativen Gesamtbewertungen der klägerischen Leistungen in der streitgegenständlichen Zweiten Juristischen Staatsprüfung ernsthaft in Frage zu stellen.

c) Nach alledem ist die Klage vollumfänglich abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Gerichtsbescheid steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift:Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 15.000,- festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 36.3 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702 zitiert 22 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Zivilprozessordnung - ZPO | § 129a Anträge und Erklärungen zu Protokoll


(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden. (2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an da

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 24


(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht 1. die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,2. im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre F

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 25


Der Richter beim Amtsgericht entscheidet als Strafrichter bei Vergehen, 1. wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden oder2. wenn eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 28


Für die Verhandlung und Entscheidung der zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Strafsachen werden, soweit nicht der Strafrichter entscheidet, bei den Amtsgerichten Schöffengerichte gebildet.

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 18. März 2015 - Au 3 K 14.881

bei uns veröffentlicht am 18.03.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheit

Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Dez. 2014 - M 4 K 13.561

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger nahm im Termin 2012/

Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Aktenzeichen: Au 3 K 15.702 Im Namen des Volkes Gerichtsbescheid 19. Januar 2016 3. Kammer Sachgebiets - Nr. 221 Hauptpunkte: Zweite Juristische Staatsprüfung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. März 2014 - 7 ZB 14.389

bei uns veröffentlicht am 26.03.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2008 - 15 Sa 1265/07 - aufgehoben.
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Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 19. Jan. 2016 - Au 3 K 15.702

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Aktenzeichen: Au 3 K 15.702 Im Namen des Volkes Gerichtsbescheid 19. Januar 2016 3. Kammer Sachgebiets - Nr. 221 Hauptpunkte: Zweite Juristische Staatsprüfung

Referenzen

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin nahm im Termin 2012/1 am schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung teil (zweite Wiederholungsprüfung). Mit Bescheid vom 9. Oktober 2012 teilte ihr das Landesjustizprüfungsamt mit, sie habe die Prüfung zum dritten Mal nicht bestanden (Gesamtnote der schriftlichen Prüfung: 3,59 - mangelhaft) und könne sie auch nach Ableistung eines erneuten Vorbereitungsdienstes nicht wiederholen.

Zu den von der Klägerin im Überdenkungsverfahren erhobenen Einwänden gegen die Bewertungen haben die Prüfer schriftlich Stellung genommen und an ihren bisherigen Bewertungen festgehalten.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2013 hat das Verwaltungsgericht München die von der Klägerin erhobene Klage mit dem Antrag, den Beklagten zur Neubewertung zu verpflichten, abgewiesen. Die zuletzt auf die mit vier Punkten bewertete Klausur 1 und die mit sechs Punkten bewertete Klausur 9 beschränkten Einwendungen der Klägerin gegen die Bewertungen seien unbegründet.

Zur Begründung des hiergegen eingereichten Antrags auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Prüfer der Klausur 1 hätten zu Unrecht beanstandet, dass die Klägerin den Auszug der Zeugin aus der Ehewohnung und dessen genauen Zeitpunkt im Tatbestand des zu entwerfenden Urteils nicht erwähnt habe. Die Klägerin habe die Tatsache der Trennung der Eheleute durch ihre Formulierung „damalige Ehefrau“ im Tatbestand ausreichend deutlich gemacht. Den Ausführungen des Erstprüfers im erstinstanzlichen Verfahren, es habe sich um einen völlig untergeordneten Punkt gehandelt, sei entgegenzuhalten, dass er diesen Punkt in seinem Begründungsblatt als Auslassung hervorgehoben habe. Auch die weiteren Fehlzeichen der Korrektoren beim streitigen Teil des Tatbestands seien bewertungsfehlerhaft, da die Klägerin die wesentlichen Punkte erwähnt und den Tatbestand den gesetzlichen Vorgaben entsprechend vertretbar knapp gehalten habe. Bei der Klausur 9 hätten die Korrektoren bemängelt, dass die Klägerin den Zuwendungsbescheid nicht geprüft habe, der nach dem Begründungsblatt im Rahmen der Rechtmäßigkeit der zurückgeforderten Zuwendung zu erörtern gewesen wäre. Die Klägerin habe den Zuwendungsbescheid jedoch zumindest im Hilfsgutachten angesprochen. Die Prüferbemerkung „fehlt“ hinsichtlich der baurechtlichen Zulässigkeit der geförderten Baumaßnahme sei daher nicht gerechtfertigt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Akten des Landesjustizprüfungsamts Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Aus der Antragsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Im schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung ist an elf Tagen je eine schriftliche Arbeit unter Aufsicht zu fertigen (§ 62 Abs. 1 Satz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen [JAPO] vom 13.10.2003 [GVBl S. 758, BayRS 2038-3-3-11-J], zuletzt geändert durch Verordnung vom 10.9.2013 [GVBl S. 606]). Nur wer im schriftlichen Teil der Prüfung einen Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,72 Punkten erreicht und nicht in mehr als sechs Prüfungsarbeiten eine geringere Punktzahl als 4,00 erhalten hat, ist zur mündlichen Prüfung zugelassen (§ 64 Abs. 3 Satz 1 JAPO). Wer nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen ist, hat die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden (§ 64 Abs. 3 Satz 3 JAPO).

Die Aufhebung eines Prüfungsbescheids und die Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen, setzt voraus, dass die Bewertung fehlerhaft ist und dass dieser Fehler Einfluss auf das Gesamtergebnis hat (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1994 - 6 C 5/93 - NVwZ-RR 1994, 582). Prüfungsbewertungen sind jedoch wegen des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen gerichtlichen Überprüfung unterliegt der erhobene Einwand, die Prüfer hätten anzuwendendes Recht verkannt, seien von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, hätten allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prüfer ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt haben, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem die Prüfung dient, verkannt haben, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht. Prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen (BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34/50 ff. und B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84 - BVerfGE 84, 59/77 ff; BVerwG, B.v. 16.8.2011 - 6 B 18.11 - juris Rn. 16).

b) Gemessen daran ergeben sich aus den im Klage- und Zulassungsverfahren erhobenen Rügen der Klägerin zu den Bewertungen der Klausuren 1 und 9 keine Bewertungsfehler.

aa) Hinsichtlich der im Begründungsblatt zur Klausur 1 als fehlend bemängelten Ausführungen zum Auszug der Zeugin aus der Ehewohnung am 1. Oktober 2009 im zu entwerfenden Tatbestand (unstreitiger Sachverhalt) hat der Erstprüfer mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 im Ausgangsverfahren ausdrücklich erklärt (Bl. 80 der VG-Akte), das Fehlen dieser Angabe habe sich auf die Bewertung nicht ausgewirkt, da es sich um einen völlig untergeordneten Punkt gehandelt habe. Eine bessere Bewertung der Leistung wäre auch bei Angabe des Trennungszeitpunkts nicht in Betracht gekommen.

Es besteht kein Grund zur Annahme, an diesen Ausführungen zu zweifeln. Vielmehr erscheint nachvollziehbar, dass allein der Umstand, ob ein Prüfungsteilnehmer im Tatbestand seiner Bearbeitung den Auszug der Zeugin aus der Ehewohnung und den genauen Zeitpunkt ausdrücklich erwähnt hat oder nicht, sich nicht entscheidend auf die Bewertung ausgewirkt hat. Die ausführliche Gliederung zur Klausurlösung im Begründungsblatt der Aufgabe 1 erstreckt sich auf mehr als zwei Seiten. Allein zum unstreitigen Teil des Tatbestands enthält die Gliederung zehn Unterpunkte. Auch wenn der Erstprüfer den von der Klägerin gefertigten Tatbestand in der zusammenfassenden Bewertung als „äußerst lückenhaft“ bezeichnet und sich die Zweitprüferin hiermit einverstanden erklärt hat, haben die Prüfer das Fehlen von Ausführungen zum Unterpunkt C.II.7 („Auszug EM aus Ehewohnung am 01.10.2009“) nicht besonders hervorgehoben. Vielmehr ist lediglich an dieser Stelle der Gliederung - ebenso wie bei weiteren Unterpunkten - ein Fehlzeichen angebracht. Auch die Klausurbearbeitung der Klägerin enthält keine Randbemerkungen, die auf eine besondere Betonung gerade dieses Unterpunkts oder auf eine den prüferischen Bewertungsspielraum überschreitende Überbewertung des Fehlens von Ausführungen im Tatbestand bei der Gesamtbewertung schließen ließen.

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin gewählte Formulierung „damalige Ehefrau“ den zu beurteilenden Sachverhalt, insbesondere den Trennungszeitpunkt der Eheleute, nur ungenau wiedergibt.

bb) Auch aus den Fehlzeichen des Erstprüfers im Begründungsblatt bei sieben von neun Unterpunkten im Rahmen des streitigen Teils des Tatbestands ergeben sich keine Bewertungsmängel. Zu fertigen war laut Bearbeitervermerk die vollständige Entscheidung des Gerichts mit Ausnahme des Streitwertbeschlusses. Auch wenn im Tatbestand die Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden sollen und wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden soll (§ 313 Abs. 2 ZPO), darf der Tatbestand nicht derart lückenhaft oder unvollständig sein, dass eine Überprüfung im Rechtsmittelverfahren nicht möglich ist. Die Berufung gegen das Urteil des Erstgerichts kann nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Tatbestand der erstgerichtlichen Entscheidung muss daher bei aller Knappheit aus sich heraus verständlich und vollständig sein. Zu den als fehlend gekennzeichneten Unterpunkten enthält die Klausurbearbeitung der Klägerin auf Seite 4 (streitiges Klägervorbringen) keine Ausführungen. Dass die Prüfer dies bemängelt und den Tatbestand als „äußerst lückenhaft“ bezeichnet haben, stellt keine Überschreitung ihres prüferischen Bewertungsspielraums dar.

cc) Schließlich ist auch die Bewertung der klägerischen Bearbeitung der Klausur 9 nicht zu beanstanden. Zu entwerfen war ein verwaltungsgerichtliches Urteil über eine Klage gegen einen Rückforderungsbescheid. Nach dem Bearbeitervermerk waren alle aufgeworfenen Rechtsfragen, auf die nach Ansicht des Bearbeiters in den Entscheidungsgründen nicht einzugehen war, in einem Hilfsgutachten zu erörtern. Die Prüferbemerkung „fehlt“ im Begründungsblatt muss im Zusammenhang mit den Ausführungen der Erstprüferin in der zusammenfassenden Bewertung gesehen werden, wonach die Klägerin auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheids zumindest tiefergehend im Hilfsgutachten hätte eingehen müssen (ebenso die Stellungnahme der Erstprüferin vom 11.2.2013 im Überdenkungsverfahren). Der Kläger des Klausurfalls hatte sich in seiner Klageschrift ausdrücklich darauf berufen, dass die zurückgeforderte Zuwendung rechtswidrig gewährt worden sei, weil der geförderte Anbau und die Freischankfläche als nicht privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange beeinträchtigen würden. Wenn sich dies nach Auffassung der Klägerin, die die Prüfer insoweit nicht als fehlerhaft bemängelt haben, auf die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheids nicht auswirkt, hätte sie die Frage der baurechtlichen Zulässigkeit des geförderten Vorhabens zumindest im Hilfsgutachten erörtern müssen. Ihre dortigen Ausführungen beschränken sich jedoch unter der Überschrift „Genehmigungspflichtigkeit bzgl. Kühlraum“ auf das Zitat verschiedener baurechtlicher Vorschriften. Abgesehen davon, dass sie die ebenfalls geförderte Freischankfläche in ihrer Bearbeitung nicht erwähnt hat, kann in der bloßen Auflistung von Rechtsnormen ohne Subsumtion keine ausreichende (hilfsgutachterliche) Erörterung der aufgeworfenen Fragen gesehen werden.

2. Als unterlegene Rechtsmittelführerin hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 36.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (http://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf).

3. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen das Nichtbestehen der Meisterprüfung für den Beruf Hauswirtschafter/in.

1. ie 1972 geborene Klägerin strebte erstmals 2011/12 die Meisterprüfung für den Beruf Hauswirtschafter/in an.

De Meisterprüfung umfasst nach § 3 der Prüfungsverordnung die Teile

- Hauswirtschaftliche Versorgungs- und Betreuungsleistungen,

- Betriebs- und Unternehmensführung sowie

- Berufsausbildung und Mitarbeiterführung.

Mit bestandkräftigem Bescheid des Fortbildungszentrums für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... vom 23. April 2012 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die Meisterprüfung für den Beruf Hauswirtschafter/in nicht bestanden sei. Ausweislich der Gründe des Bescheids hatte die Klägerin im Teilbereich „Hauswirtschaftliche Versorgungs- und Betreuungsleistungen“ die Note 3,0 erzielt. Vom Teilbereich „Berufsausbildung und Mitarbeiterführung“ sei sie befreit gewesen. Im Teilbereich „Betriebs- und Unternehmensführung“ hatte die Klägerin die Note 5,0 (mangelhaft) erreicht.

Mit Formblatt vom 21. Oktober 2013 beantragte die Klägerin beim Fortbildungszentrum für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... die erneute Zulassung zur Meisterprüfung für den Beruf Hauswirtschafter/in (1. Wiederholungsprüfung). Hinsichtlich des bereits 2011/12 bestandenen Teilbereichs „Hauswirtschaftliche Versorgungs- und Betreuungsleistungen“ beantragte die Klägerin gemäß § 9 Abs. 2 der Prüfungsverordnung eine Befreiung, da die Ablegung der Erstprüfung noch keine zwei Jahre zurücklag. Hinsichtlich des Teilbereichs „Berufsausbildung und Mitarbeiterführung“ stellte die Klägerin einen Antrag auf Prüfungserleichterung.

2. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 stellte die Klägerin einen Antrag auf Prüfungserleichterung auch hinsichtlich des Teilbereichs „Betriebs- und Unternehmensführung“. Sie begehrte eine Verlängerung der Prüfungszeit für die Situationsaufgabe und die schriftliche Prüfung. Ausweislich eines Attests einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 6. Februar 2013 befinde sich die Klägerin dort bereits länger in Behandlung. Sie weise einen Grad der Behinderung von 50 v. H. auf. Um der Klägerin die bestmöglichen Voraussetzungen für ein Bestehen der Prüfung zu bieten, sei es sachgerecht, jegliche Ablenkungssituation so klein wie möglich zu halten. Weiter sei aufgrund der Einschränkungen der Klägerin eine Verlängerung der Prüfungszeit um 30 v. H. medizinisch indiziert.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2014 gewährte das Fortbildungszentrum für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... der Klägerin hinsichtlich des Teilbereichs „Betriebs- und Unternehmensführung“ Nachteilsausgleich im Wege der Prüfungszeitverlängerung um jeweils 30 v. H. (54 min.).

3. Die Situationsaufgabe im Teilbereich „Betriebs- und Unternehmensführung“ fand sodann am 19. Februar 2014 in ... statt. Die schriftliche Prüfung der Klägerin im Teilbereich „Betriebs- und Unternehmensführung“ erfolgte an gleicher Stelle am 10. März 2014. An der Korrektur der schriftlichen Prüfung der Klägerin wirkte als Zweitkorrektorin eine Prüferin mit, die die Klägerin bereits im Rahmen im Vorfeld ihres erfolglosen Prüfungsversuchs im Jahr 2011/12 als Lehrgangsleiterin betreut hatte.

Mit Schreiben vom 26. März 2014 teilte das Fortbildungszentrum für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... der Klägerin mit, dass ihr Bestehen im Prüfungsteil „Betriebs- und Unternehmensführung“ gefährdet sei und daher auf Antrag eine mündliche Ergänzungsprüfung stattfinde. Einen entsprechenden Antrag stellte die Klägerin mit Erklärung vom 1. April 2014. Die mündliche Ergänzungsprüfung fand sodann am 29. April 2014 in ... statt. An dieser Prüfung wirkte die Zweitkorrektorin der schriftlichen Prüfung, die die Klägerin bereits im Vorfeld ihres erfolglosen Prüfungsversuchs im Jahr 2011/12 als Lehrgangsleiterin betreut hatte, auf eigenen Wunsch nicht mit; es wurde insoweit eine andere Prüferin hinzugezogen.

4. Mit Bescheid des Fortbildungszentrums für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... vom 5. Mai 2014 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die Meisterprüfung für den Beruf Hauswirtschafter/in 2013/14 - 1. Wiederholungsprüfung - nicht bestanden sei.

Zur Begründung wurde angeführt, dass nach der Prüfungsverordnung für das Bestehen der Meisterprüfung in jedem Prüfungsteil eine Gesamtnote von mindestens 4,50 („ausreichend“) zu erzielen sei. Die Klägerin habe jedoch im Prüfungsteil „Betriebs- und Unternehmensführung“ lediglich eine Gesamtnote von 4,66 erreicht (Teilnoten: Situationsaufgabe [doppelt gewichtet]: 4,5; Schriftliche Prüfung: 5,00).

Dem Bescheid war abschließend u. a. ein Hinweis auf § 9 der Prüfungsverordnung beigefügt, nach der in einem zweijährigen Zeitraum seit der letzten Prüfung von der Neuablegung bereits bestandener Teilleistungen in späteren Wiederholungsprüfungen auf Antrag befreit werden könne. Es wurde daher gebeten, sich bei Wunsch auf Wiederholung der Prüfung bis spätestens 15. Juni 2014 mit einem beiliegenden Formblatt anzumelden.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2014 und 18. Mai 2014 bat die Klägerin zunächst um schriftliche Begründung der Benotung der mündlichen Ergänzungsprüfung vom 29. April 2014. Am 27. Mai 2014 nahm die Klägerin sodann umfassend Einsicht in ihre Prüfungsakte.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 rügte die Klägerin, dass ihr im Rahmen der Akteneinsicht nur das Einscannen von fünf Seiten der Prüfungsakte gestattet worden sei; im Übrigen seien nur schriftliche Notizen erlaubt worden. Es wurde um Übersendung von Kopien der Bewertungsbögen der schriftlichen Prüfung gebeten. Zudem wurde die Mitwirkung der Prüferin, die die Klägerin bereits im Vorfeld ihres erfolglosen Prüfungsversuchs im Jahr 2011/12 kennengelernt hatte, an der Korrektur der schriftlichen Prüfung gerügt.

Mit Schreiben des Fortbildungszentrums für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... vom 2. Juni 2014 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass bei der Akteneinsicht nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften nur Notizen zulässig seien; auf die Anfertigung von Kopien bestehe kein Anspruch. Eine Übersendung der Bewertungsbögen der schriftlichen Prüfung sei nicht möglich, es wurde auf die Möglichkeit der Akteneinsicht verwiesen. Die Zuteilung der Prüferin, die die Klägerin bereits 2011/12 als Lehrgangsleiterin betreut hatte, sei aus organisatorischen Gründen erfolgt.

5. Mit ihrer am 6. Juni 2014 erhobenen Klage beantragt die Klägerin,

den Bescheid des Fortbildungszentrums für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... vom 5. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Prüfungsverfahren hinsichtlich des Teils „Betriebs- und Unternehmensführung“ durch Wiederholung bzw. Neubewertung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzusetzen.

Die Bewertung der schriftlichen Prüfung vom 10. März 2014 sei intransparent. Ferner habe in verfahrensfehlerhafter Weise dort als Zweitkorrektorin eine Prüferin mitgewirkt, die die Klägerin bereits im Rahmen ihres Nichtbestehens im Jahr 2011/12 als Lehrgangsleiterin betreut habe und daher befangen gewesen sei. Die Klägerin habe insoweit bereits am 5. Februar 2014 vorsorglich telefonisch die Befangenheit zweier Prüferinnen aus dem Jahr 2011/2012 gerügt. Die Zweitkorrektorin der schriftlichen Prüfung habe zudem ihren Beurteilungsspielraum allgemein überschritten, da sie insgesamt zu 29,5 P. (Gesamtnote 5) gelangt sei, während die Erstkorrektur 38 P. (Gesamtnote 5) ergeben habe. Konkret hätte die Klägerin bei der Frage 3.1 statt 4 P. (Erstkorrektur) bzw. 3 P. (Zweitkorrektur) mindestens 5 P. erreichen müssen. Bei Frage 3.2 hätte die Klägerin statt 2 P. (Erst- und Zweitkorrektur) mindestens 3 P. erzielen müssen. Bei Frage 4.1 hätte die Klägerin statt 3 P. (Erstkorrektur) bzw. 4 P. (Zweitkorrektur) mindestens 5 P. erreichen müssen. Bei Frage 4.2 hätte die Klägerin statt 1 P. (Erst- und Zweitkorrektur) mindestens 2 P. erzielen müssen. Die gebotene Besserbewertung der Klägerin bei den Fragen 3.2, 4.1 und 4.2 folge aus dem Umstand, dass sie hier jeweils einige bzw. viele der in der Musterlösung festgelegten Lösungsvorschläge mit eigenen Worten genannt habe. Überdies sei auch die Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung vom 29. April 2014 intransparent und leide an offensichtlichen Ermessensfehlern. Denn ausweislich der Prüfungsmitschrift habe die Klägerin mit ihren Antworten 21 Häkchen erreicht; es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin trotz dieser offensichtlich richtigen Antworten sodann die Note „ungenügend“ erzielt haben soll. Zudem werde eine neutrale Überprüfung der Situationsaufgabe vom 19. Februar 2014 gewünscht. Ferner sei der Klägerin eine sachgerechte Verfolgung ihrer Rechte erschwert worden, da das Fortbildungszentrum für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... ihr nicht die Fertigung von Kopien aus der Prüfungsakte erlaubt und keine Einsicht in zum Ergebnisvergleich erforderliche Bewertungsbögen gewährt habe. Auch entspreche die dem Prüfungsbescheid beigefügte Frist zur Anmeldung für die zweite Wiederholungsprüfung (15.6.2014) nicht der Frist, die das entsprechende Antragsformblatt ausweise (15.11.2014).

6. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der gegenständliche Prüfungsbescheid sei rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten; sie habe keinen Anspruch auf Neubewertung bzw. Wiederholung der Prüfungsleistungen. Die Klägerin habe im Prüfungsteil „Betriebs- und Unternehmensführung“ lediglich die Gesamtnote 4,66 (mangelhaft) erreicht, die sich aus den Prüfungsbereichen „Situationsaufgabe“ (4,5; doppelt gewichtet) sowie „Schriftliche Prüfung“ (5,00) zusammensetze. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 der Prüfungsverordnung sei die Prüfung - wie hier - nicht bestanden, soweit in einem Prüfungsteil die Note „ungenügend“ (> 5,50) bzw. in mehreren Prüfungsteilen die Note „mangelhaft“ (4,51 - 5,50) erzielt worden sei. Die Bewertung der schriftlichen Prüfung (5,0) vom 10. März 2014 sei ordnungsgemäß. Ausweislich einer eingeholten ergänzenden Stellungnahme der Prüferinnen sei in der gesamten Arbeit zu erkennen gewesen, dass die von einer Meisterin erwarteten vertieften Fachkenntnisse nicht vorhanden seien. Erläuterungen, korrekter Einsatz von Fachbegriffen und Argumentation fehlten durchgängig, Transferleistungen seien nicht ersichtlich gewesen. Die Antworten hätten meist nur entfernt im Zusammenhang mit den Fragestellungen gestanden, offenbar habe die Klägerin insoweit Verständnisschwierigkeiten - etwa bei Fachbegriffen - gehabt. Konkret habe die Klägerin Frage 3 zur Betriebs- und Arbeitsorganisation auf dem Niveau einer Hauswirtschafterin beantwortet; eine meisterliche Bearbeitung, die auch die methodisch-didaktische Vorgehensweise eines methodischen Schulungserfolgs erläutere, habe jedoch gefehlt. Frage 4.1 habe eine zweigeteilte Antwort bedingt, sei jedoch als solche nicht beantwortet worden. Hier sei jedoch zugunsten der Klägerin eine Teilbepunktung erfolgt, da Wissen zu Stellenbeschreibungen vorhanden gewesen sei. Bei Frage 4.2 sei es erforderlich gewesen, situationsbezogen und in logischer Abfolge eine optimale Schnittstellengestaltung vorzuschlagen; die Antwort der Klägerin sei hingegen nicht situationsbezogenen und präzise, sie entspreche nicht dem Niveau einer Meisterin. Auch eine mündliche Ergänzungsprüfung vom 29. April 2014 habe die Klägerin nicht zur Notenverbesserung nutzen können. Ausweislich des Prüfungsprotokolls vom 29. April 2014 und einer eingeholten Stellungnahme der Prüferinnen aus dem Juli 2014 habe die Klägerin insoweit erneut die Prüfungsanforderungen nicht erfüllen können. Insbesondere im Bereich Qualitätsmanagement habe die Klägerin große Defizite aufgewiesen; teils habe sie auch Fachausdrücke - und damit die Frage - nicht richtig verstanden. Die Klägerin habe letztlich nicht nachweisen können, dass sie als Führungskraft wirtschaftliche, rechtliche und soziale Zusammenhänge im Betrieb erkennen, analysieren und bewerten sowie Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen könne. Die Rügen der Klägerin überzeugten demgegenüber nicht. Der Umstand, dass die Zweitkorrektorin der schriftlichen Prüfung die Klägerin bereits als Lehrgangsleiterin im Rahmen der nichtbestandenen Erstprüfung 2011/12 betreut hat, begründe von vornherein keine Befangenheit dieser Prüferin auch im Jahr 2014; ohnehin würden die schriftlichen Arbeiten anonym, nur mit Ziffern versehen korrigiert. Der Klägerin sei auch im Nachgang des Prüfungsbescheids am 27. Mai 2014 hinreichend Einsicht in die Prüfungsakten gewährt worden; dies sei in der Prüfungsakte dokumentiert. Der Klägerin hätten bei Aktensicht auch die Bewertungsbögen vorgelegen. Die einzelnen Prüfungsaufgaben der schriftlichen Prüfung sowie die von ihr gegebenen Lösungsvorschläge seien mit der Klägerin eingehend besprochen worden. Der Klägerin sei auch - überobligatorisch - das Einscannen von fünf Seiten gestattet worden, sie habe letztlich den Akteneinsichtstermin von sich aus eine Stunde vor dem geplanten Ende beendet. Zur Ermöglichung der Fertigung von Kopien sei die Prüfungsbehörde nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften ohnehin nicht verpflichtet. Auch der dem Prüfungsbescheid beigefügte Hinweis hinsichtlich der Frist zur Anmeldung für die zweite Wiederholungsprüfung (15.6.2014) sei rechtlich nicht zu beanstanden; dieser beziehe sich auf den zweijährigen Zeitraum seit der letzten Prüfung im April 2012, in dem nach § 9 Abs. 2 der Prüfungsverordnung von der Neuablegung bereits bestandener Teilleistungen in späteren Wiederholungsprüfungen auf Antrag befreit werden kann.

7. Die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der gegenständliche Prüfungsbescheid des Fortbildungszentrums für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ... vom 5. Mai 2014 ist rechtmäßig. Ein Anspruch der Klägerin auf Fortsetzung des Prüfungsverfahrens durch Wiederholung der gegenständlichen Prüfungsleistungen bzw. Neubewertung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts besteht nicht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Der gegenständliche Prüfungsbescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage der gegenständlichen Prüfung ist auf Bundesebene die Verordnung über die Anforderungen in der Meisterprüfung für den Beruf Hauswirtschafter/Hauswirtschafterin vom 28. Juli 2005 (BGBl. I S. 2278 - HWirtMeistPrV). Auf Landesebene ist subsidiär die Verordnung über die Durchführung der Prüfungen nach dem Berufsbildungsgesetz im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Prüfungsordnung Berufsbildung - Landwirtschaft und Hauswirtschaft - LHBPO) vom 3. Dezember 2003 (GVBl 2003, S. 906) zu beachten.

Prüfungsbewertungen sind wegen des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) gebotenen gerichtlichen Überprüfung unterliegt der erhobene Einwand, die Prüfer hätten anzuwendendes Recht verkannt, seien von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, hätten allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prüfer ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt haben, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem die Prüfung dient, verkannt haben, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht. Prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 26.3.2014 - 7 ZB 14.389 - juris Rn. 9 unter Bezugnahme auf BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34/50 ff. und B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84 - BVerfGE 84, 59/77 ff; BVerwG, B.v. 16.8.2011 - 6 B 18.11 - juris Rn. 16).

Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling sind der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen (BVerwG, U.v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 u. a. - NVwZ 1993, 686). Vielmehr hat das Gericht aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Prüflings - notfalls mit sachverständiger Hilfe - darüber zu befinden, ob eine vom Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegensatz zu dessen Beurteilung richtig oder zumindest vertretbar ist (sog. Antwortspielraum des Prüflings, vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 u. a. - BVerfGE 84, 34/55; siehe zum Ganzen: BayVGH, U.v. 13.8.2003 - 7 B 02.1652 - juris Rn. 15).

Fehler im Verfahren der Bewertung der Leistungen eines Prüflings sind grundsätzlich durch eine erneute (Beratung und) Bewertung durch die zuständigen Prüfer zu beheben (vgl. BayVGH, U.v. 11.7.2003 - 22 B 02.3037 - juris Rn. 20; Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rn. 512). Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass die wahren Kenntnisse und Fähigkeiten des Prüflings fehlerfrei ermittelt wurden, um so eine zutreffende Bewertung tragen zu können. Liegt dagegen eine verlässliche Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob die an eine erfolgreiche Prüfung zu stellenden Mindestanforderungen erfüllt sind, nicht oder nicht mehr vor, verbietet es der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit, im Wege der Neubewertung über eine Prüfungsleistung zu entscheiden. Soweit es den Grundsatz der Chancengleichheit betrifft, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten müssen; mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, die zur Wahrung ihrer Rechte einen Verwaltungsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten (BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34/52; BVerwG, U.v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 91, 262/273). Auch eine verfahrensfehlerhaft zustande gekommene oder inhaltlich fehlerhaft bewertete Prüfung muss daher ganz oder teilweise wiederholt werden, wenn und soweit auf andere Weise eine zuverlässige Bewertungsgrundlage für die erneut zu treffende Prüfungsentscheidung nicht zu erlangen ist (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 15.10.2009 - 22 ZB 08.834 - juris Rn. 7 f. unter Bezugnahme auf BVerwG, B.v. 11.4.1996 - 6 B 13/96 - NVwZ 1997, 502; vgl. auch BVerwG, B.v. 16.4.1980 - 7 B 58/80 - juris Rn. 3).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze vermag die Klägerin mit ihren Einwänden gegen den Prüfungsbescheid vom 5. Mai 2014 nicht durchzudringen. Hierin wurde vielmehr zu Recht festgestellt, dass die Klägerin die Meisterprüfung Hauswirtschafter/in insgesamt nicht bestanden hat, da im Prüfungsteil „Betriebs- und Unternehmensführung“ nicht mindestens die Note „ausreichend“ erzielt worden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 1 HWirtMeistPrV).

a) Zunächst ist der Bescheid in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtsfehlerfrei.

aa) Insbesondere ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass bei der schriftlichen Prüfung am 10. März 2014 als Zweitkorrektorin eine Prüferin mitgewirkt hat, die die Klägerin bereits im Zuge ihres ersten erfolglosen Prüfungsversuchs 2011/12 als Lehrgangsleiterin betreut hatte. Eine Neubewertung der schriftlichen Prüfung durch eine andere Zweitkorrektorin bzw. einen anderen Zweitkorrektor ist somit nicht geboten.

Zwar regelt § 3 Abs. 1 Satz 1 der Prüfungsordnung Berufsbildung - Landwirtschaft und Hauswirtschaft (LHBPO), dass bei der Zulassung zur Prüfung und bei der Prüfung selbst Prüfungsausschussmitglieder nicht mitwirken dürfen, die nach Maßgabe des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) ausgeschlossen oder befangen sind. Die Entscheidung über den Ausschluss von der Mitwirkung trifft gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 LHBPO die zuständige Stelle, während der Prüfung der Prüfungsausschuss.

Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG regelt, dass bei Vorliegen eines Grundes, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder der Behauptung eines solchen Grundes durch einen Beteiligten, derjenige, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten hat.

Eine Befangenheit i. S.v. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann erst dann angenommen werden, wenn der Prüfer - ohne Rücksicht auf individuelle Befindlichkeiten des Prüflings - diesem gegenüber eine aus objektiven Anhaltspunkten ableitbare Voreingenommenheit zeigt, also die notwendige persönliche Distanz zum Prüfling und die fachliche Neutralität im Prüfungsverfahren nicht mehr gewährleistet erscheinen (BayVGH, B.v. 17.11.2014 - 22 ZB 14.1633 - juris Rn. 18).

Hiervon ausgehend ist nicht von einer Befangenheit der Zweitkorrektorin der schriftlichen Prüfung i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LHBPO i. V. m. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG auszugehen.

Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus dem von der Klägerin gerügten Umstand, dass die Zweitkorrektorin bereits im Rahmen des ersten erfolglosen Prüfungsversuchs der Klägerin 2011/12 als Lehrgangsleiterin mitgewirkt hat. Für die Besorgnis der Befangenheit von Amtsträgern i. S. v. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gilt das gleiche wie im Verwaltungsprozess gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Bezug auf zur Entscheidung berufene Richter. Auch insoweit vermag allein die Mitwirkung an einer für einen Beteiligten früher ergangenen ungünstigen Entscheidung die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht zu begründen, was sogar dann gilt, wenn die ursprüngliche Entscheidung auf ein Rechtsmittel hin aufgehoben worden ist. Eine derartige Vorbefassung rechtfertigt ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters - oder hier des Prüfers - vielmehr erst, wenn sich dies aufgrund besonderer zusätzlicher Umstände aufdrängt (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.4.2012 - 7 CE 12.166 - juris Rn. 24; vgl. auch BVerfG, E.v. 26.1.1971 - 2 BvR 443/69 - BVerfGE 30, 149 - juris; BGH, B.v. 27.12.2011 - V ZB 175/11 - MDR 2012, 363 - juris Rn. 2; jeweils zur rechtsfehlerfreien Mitwirkung von bereits früher befassten Richtern in späteren Verfahren). Solche besonderen zusätzlichen Umstände sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ergeben sie sich nicht aus dem bloßen Umstand, dass die betreffende Zweitkorrektorin in der schriftlichen Prüfung die Klägerin lediglich mit 29,5 P. bewertet hat (siehe Bewertungsblatt auf Blatt 107 der Verwaltungsakte), während die Erstkorrektorin 38 Punkte ermittelt hat (siehe Bewertungsblatt auf Blatt 106 der Verwaltungsakte).

Unabhängig davon werden die Arbeiten der schriftlichen Prüfung der gegenständlichen Meisterprüfung zur Wahrung des Grundsatzes der Chancengleichheit anonym nach Platzziffern korrigiert, d. h. es war für die Zweitkorrektorin bei Abgabe ihrer Bewertung gar nicht ersichtlich, dass die betreffende Arbeit von der Klägerin gefertigt worden ist (vgl. hierzu allg. BayVGH, B.v. 21.11.2011 - 7 ZB 11.1320 - juris Rn. 14). Insoweit wird auf die Bewertungsblätter der schriftlichen Prüfung (Blatt 106 f. der Verwaltungsakte) und die Arbeit der Klägerin (Blatt 90-99 der Verwaltungsakte) verwiesen, die jeweils die Platzziffer „1“ tragen. Vor diesem Hintergrund ist eine Befangenheit der Zweitkorrektorin von vornherein ausgeschlossen.

Auch im Übrigen ist ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, der die Besorgnis der Befangenheit der Zweitkorrektorin begründen würde, nicht ersichtlich. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Zweitkorrektorin die Prüfungsleistung der Klägerin nicht mit innerer Distanz und frei von Emotionen bzw. frei von sachfremden Erwägungen zur Kenntnis genommen hätte (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2011 - 7 ZB 11.1320 - juris Rn. 11).

Ohnehin ist in aller Regel davon auszugehen, dass ein Prüfer bei der Korrektur schriftlicher Prüfungsarbeiten auch angesichts schwerwiegender Fehlleistungen des Prüflings die für eine gerechte Beurteilung notwendige emotionale Distanz aufbringt. Beiläufige oder vereinzelte Ausrutscher und Entgleisungen eines Prüfers, die nicht für die ganze Prüfung kennzeichnend sind und die nicht eine generell ablehnende Haltung gegenüber dem Prüfungsteilnehmer offenbaren, lassen für sich allein ebenso wie harte, aber berechtigte Kritik nicht notwendig auf eine Befangenheit des Prüfers schließen (BVerwG, U.v. 20.9.1984 - BVerwGE 70, 143/152; Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rn. 187/197 m. w. N.; so zum Ganzen: BayVGH, B.v. 14.12.2010 - 7 ZB 10.2108 - juris Rn. 9).

Vorliegend enthält das Bewertungsblatt der Zweitkorrektorin zur Arbeit der Klägerin (Blatt 107 der Verwaltungsakte) keinerlei unsachliche Ausführungen, die die Besorgnis ihrer Befangenheit begründen könnten. Auch ihre Stellungnahme zur Klage (Blatt 35 der Gerichtsakte) deutet nicht auf fehlende Neutralität hin. Die Zweitkorrektorin legt hier ohne Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot dar, wie sie zur Bewertung der Leistung der Klägerin gekommen ist (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 14.12.2010 - 7 ZB 10.2108 - juris Rn. 10).

bb) Auch das gebotene Überdenkungsverfahren ist - soweit erforderlich - ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Der Prüfling muss die Möglichkeit haben, Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen „rechtzeitig und wirkungsvoll“ vorzutragen, um derart ein „Überdenken“ dieser Bewertung durch die ursprünglichen Prüfer zu erreichen. Dieser Anspruch auf ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren besteht unabhängig von dem Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG, da die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen nur eingeschränkt möglich ist. Für die Durchführung eines derartigen Überdenkungsverfahrens bietet sich etwa das in §§ 68 ff. VwGO grundsätzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren an, wobei zwischen Widerspruchs- und Überdenkungsverfahren zu differenzieren ist (siehe zum Ganzen: BayVGH, U.v. 30.4.1998 - 7 B 97.2986 - juris Rn. 27 m. w. N.).

Zweck eines Überdenkungsverfahrens ist nicht eine Neubewertung der gesamten Prüfungsleistung. Die bisherige Bewertung bleibt vielmehr wirksam und bildet die Grundlage für das verwaltungsinterne Kontrollverfahren. Dem Recht des Prüflings, auf vermeintliche Irrtümer und Rechtsfehler dieser Bewertung hinzuweisen, entspricht nur insoweit eine Pflicht des Prüfers zum Überdenken, als die Einwände konkret und nachvollziehbar begründet wurden. Es obliegt dem Prüfling, konkret darzulegen, wo die Korrektur von Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiiert Einwendungen gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 92, 132/138). Der Prüfer muss sich daher im Überdenkungsverfahren keineswegs von vornherein mit der gesamten Prüfungsleistung des Prüflings befassen, wie dies bei einer Neubewertung der Fall wäre (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 4.12.1998 - 7 ZB 98.2422 - juris Rn. 12).

Hiervon ausgehend hat vorliegend - soweit erforderlich - ein ordnungsgemäßes Überdenkungsverfahren durch die Prüfer stattgefunden.

Vor Klageerhebung war kein Überdenkungsverfahren veranlasst, da die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt keine konkreten aufgabenbezogenen Bewertungsrügen erhoben hatte. Die Klägerin hat vielmehr erstmals mit am 6. Juni 2014 eingegangener Klageschrift (Blatt 2 f. der Gerichtsakte) Bewertungsrügen hinsichtlich der Prüfung formuliert, die jedoch im Kern pauschal blieben. Hierzu hat der Beklagte sodann die beteiligten Prüferinnen um allgemeine schriftliche Stellungnahme gebeten. Die entsprechenden Einlassungen hat der Beklagte sodann dem Gericht mit Schriftsatz vom 1. August 2014 vorgelegt (Blatt 32-37 der Gerichtsakte). Erst mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13. November 2014 (Blatt 47-49 der Gerichtsakte) hat die Klägerin ergänzende aufgabenbezogene Bewertungsrügen hinsichtlich der schriftlichen Prüfungsarbeit formuliert. Diese blieben jedoch unsubstantiiert, es wurde lediglich argumentiert, dass die Klägerin mit ihrer Bearbeitung bei den Aufgaben 3.1, 3.2, 4.1 und 4.2 jeweils höhere Punktzahlen hätten erzielen müssen, da einige bzw. viele Punkte der Musterlösung mit eigenen Worten wiedergegeben worden seien. Derart pauschale Rügen eines Prüflings sind nicht geeignet, einen Anspruch auf (erneutes) Überdenken durch die Prüfer zu begründen. Unabhängig davon haben die beteiligten Prüferinnen jedenfalls im Rahmen der informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung zu den pauschalen Rügen der Klägerin allgemein Stellung genommen und in diesem Rahmen hinreichend Gelegenheit zur Überdenkung ihrer Bewertung erhalten.

cc) Weitere Verfahrensrügen erhebt die Klägerin nicht.

Soweit die Klägerin rügt, dass es ihr im Nachgang der Bekanntgabe des Prüfungsbescheids vom 5. Mai 2014 verweigert worden sei, im Zuge der Akteneinsicht Kopien aus ihrer Prüfungsakte zu fertigen, so begegnet dies zwar rechtlichen Bedenken.

Denn der Prüfling kann entsprechend Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG Einwände gegen die Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen „rechtzeitig und wirkungsvoll“ grundsätzlich nur vortragen, wenn er die mit der Korrektur vermerkten und der Bewertungsbegründung der Prüfer versehene Prüfungsarbeit einer zeitlich und sachlich ausreichenden Überprüfung unterziehen kann. Insbesondere wenn es darum geht, die fachliche Richtigkeit oder Vertretbarkeit eigener Ausführungen zu belegen, bedarf es hierzu regelmäßig der Beiziehung von Fachliteratur oder des Rats von Sachkundigen, denen der Text vorgelegt werden muss. Kann sich der Prüfling bei der Einsicht in seine Prüfungsarbeit allenfalls Notizen machen und wird ihm die Anfertigung einer Kopie verwehrt, so wird ihm die Durchführung eines verwaltungsinternen Kontrollverfahrens und damit die Gewährung effektiven Rechtsschutzes unverhältnismäßig erschwert. Andererseits besteht kein anzuerkennendes Bedürfnis dafür, Ablichtungen oder Abschriften von Prüfungsarbeiten zu verweigern, da diese Arbeiten nach Abschluss der Bewertung keiner Geheimhaltung mehr unterliegen. Auch die Prüfungsarbeiten unterliegen daher der Verpflichtung zur Aktenvorlage nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO, was zur Folge hat, dass der Prüfling im gerichtlichen Verfahren gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 VwGO Anspruch auf Anfertigung von Ablichtungen auf seine Kosten hat. Der Ausschluss der Fertigung von Kopien bei Einsicht in die Prüfungsakte könnte somit zur Folge haben, dass der Prüfling Klage erheben muss, um eine Ablichtung seiner Prüfungsarbeit zu erhalten und seine Einwände formulieren zu können. Dies widerspräche aber der Zielsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ein Überdenkungsverfahren als verwaltungsinternes Kontrollverfahren vor der Befassung der Verwaltungsgerichte durchzuführen (siehe zum Ganzen: BayVGH, U.v. 30.4.1998 - 7 B 97.2986 - juris Rn. 30).

Eine im Nachgang eines Prüfungsbescheids verweigerte Fertigung von Kopien aus der Prüfungsakte betrifft jedoch somit im Kern die Möglichkeit und Pflicht des Prüflings, in materiell-rechtlicher Hinsicht Einwendungen gegen die Bewertung seiner Leistung zu formulieren. Sie stellt hingegen keinen Verfahrensfehler dar, der für sich genommen zur Neubewertung bzw. Wiederholung der Prüfung führt.

Unabhängig davon hat vorliegend die Prozessbevollmächtigte der Klägerin antragsgemäß unter dem Datum des 6. August 2014 (Blatt 31 der Gerichtsakte) Akteneinsicht und damit Gelegenheit erhalten, Kopien aus der Verwaltungsakte des Beklagten zu fertigen, um auf dieser Basis Rügen und Einwendungen zu formulieren. Eine formale Rechtsverletzung der Klägerin ist daher von vornherein nicht erkennbar.

In diesem Zusammenhang ist noch festzuhalten, dass der Klägerin vorliegend von vornherein kein Anspruch auf Einsicht in andere (auch anonymisierte) Bewertungsblätter oder schriftliche Arbeiten - und damit fremde Prüfungsakten - zukommt, um einen Bewertungsvergleich mit anderen Prüflingen vorzunehmen. Hierfür würde es grundsätzlich einer Bevollmächtigung durch die betroffenen anderen Prüflinge bedürfen (vgl. Niehues/Fischer, 5. Aufl. 2010, Rn. 203). Es ist vielmehr ausreichend, dass der Klägerin anhand der Bewertungsblätter in der Prüfungsakte das abstrakte Bewertungsschema der schriftlichen Prüfung (tatsächlich erreichte Punktzahl und Maximalpunktzahl je Einzelfrage), die eigene konkrete Bewertung durch Erst- und Zweitkorrektorin sowie der unverbindliche Korrekturrahmen offengelegt worden sind. Ohnehin ist es einem Prüfling grundsätzlich verwehrt, durch einen wertenden Vergleich mit einer anderen Prüfungsarbeit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit in der Form des Gleichbewertungsgebots darzutun, wenn er nicht nachweisen kann, dass beide Prüfungsleistungen in einzelnen oder allen Punkten gleich sind, jedoch vom selben Prüfer unterschiedlich bewertet wurden; auch den Gerichten ist es in einem derartigen Fall generell verwehrt, selbst einen wertenden Vergleich anzustellen (BayVGH, U.v. 12.4.2000 - 7 B 99.1899 - juris Rn. 26).

b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Prüfungsbescheid vom 5. Mai 2014 nicht zu beanstanden.

Wie bereits eingangs ausgeführt sind Prüfungsbewertungen wegen des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Prüfungsspezifische Wertungen, die keine von den Gerichten zu kontrollierenden Verstöße erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen. Hierzu zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B.v. 2.6.1998 - 6 B 78/97 - juris Rn. 3 f.; B.v. 16.8.2011 - 6 B 18.11 - juris Rn. 16; B.v. 8.3.2012 - 6 B 36/11 - NJW 2012, 2054; so zum Ganzen: BayVGH, B.v. 3.2.2014 - 7 ZB 13.2221 - juris Rn. 8).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist eine Überschreitung des prüferischen Bewertungsspielraums vorliegend nicht erkennbar. Anhand der Prüfungsprotokolle, Bewertungsblätter sowie der ergänzenden Stellungnahmen der Prüferinnen im Klageverfahren lässt sich hinreichend nachvollziehen, aus welchen Gründen die Prüfungsleistungen der Klägerin positiv und negativ bewertet wurden und mit welchem Gewicht sie in die Bewertung der Gesamtleistung eingeflossen sind. Auch die Ermittlung der Gesamtnote ist nicht zu beanstanden. Substantiierte aufgabenbezogene Rügen, die angeben, welche konkreten Antworten sich noch im vertretbaren Antwortspielraum befunden hätten, werden durch die Klägerin ohnehin nicht geltend gemacht. Die Klägerin vermag mithin mit ihren Bewertungsrügen nicht durchzudringen.

aa) Soweit die Klägerin pauschal eine „neutrale Überprüfung der Situationsaufgabe“ nach § 5 Abs. 4 HWirtMeistPrV begehrt, fehlen bereits jegliche substantiierte Rügen bzw. Einwände hinsichtlich der Bewertung mit der Endnote „4,5“ (vgl. Blatt 30-81 der Verwaltungsakte). Nachdem die Klägerin somit ihren prüfungsrechtlichen Rüge- und Darlegungspflichten nicht nachgekommen ist, ist das Gericht nicht gehalten, von sich aus eine Überprüfung der betreffenden Prüfungsleistung vorzunehmen. Der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz aus § 86 VwGO ist insoweit durch die Mitwirkungspflicht des Prüflings begrenzt (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 92, 132 - juris Rn. 27; VG Düsseldorf, U.v. 5.7.2002 - 15 K 3624/00 - juris Rn. 33).

bb) Die Bewertung der schriftlichen Prüfung der Klägerin durch die Prüferinnen mit der Endnote „5 - mangelhaft“ ist ebenfalls rechtsfehlerfrei.

Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 HWirtMeistPrV besteht die schriftliche Prüfung aus einer unter Aufsicht anzufertigenden Arbeit zu komplexen praxisbezogenen Fragestellungen aus den in § 5 Abs. 2 HWirtMeistPrV aufgeführten Inhalten und soll nicht länger als 180 Minuten dauern.

(1) Soweit die Klägerin insoweit pauschal eine Intransparenz der Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeit rügt, überzeugt dies nicht.

Korrektur und Bewertung einer Prüfungsleistung müssen transparent und für den Prüfling nachvollziehbar sein (VG Augsburg, U.v. 18.12.2001 - Au 9 K 00.1255 - juris Rn. 45 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 91, 262 - juris).

Diese Anforderungen wurden vorliegend gewahrt. Die Bewertungsblätter der Erst- und Zweitkorrektorin (Blatt 106 f. der Verwaltungsakte) lassen das Bewertungsschema der schriftlichen Prüfung hinreichend erkennen. Es sind hinsichtlich jeder Einzelfrage der maximal erreichbare Punktwert sowie die konkret von der Klägerin erreichte Punktzahl sowie das Endergebnis (Erstkorrektorin: 38/100 Punkte; Zweitkorrektorin: 29,5/100 Punkte) ausgewiesen. Ebenfalls auf den Bewertungsblättern abgedruckt ist der Punkteschlüssel, dem zu entnehmen ist, welche Punktebereiche jeweils welcher Endnote entsprechen (z. B. „5 - mangelhaft“: 30-49 Punkte). Aus dem in der Prüfungsakte enthaltenen „unverbindlichen Korrekturrahmen“ (Blatt 83-89 der Verwaltungsakte) wird zudem deutlich, welcher antwortspezifischer Erwartungshorizont seitens der Prüferinnen bestanden hat.

(2) Soweit die Klägerin darüber hinaus pauschal rügt, die Zweitkorrektorin habe ihren Bewertungsspielraum überschritten, da sie lediglich 29,5 P. für die Klägerin ermittelt habe, während die Erstkorrektorin 38 Punkte ermittelt habe, so ist dieser Vortrag bereits völlig unsubstantiiert, insbesondere nicht auf eine konkrete Bewertung einer oder mehrerer Einzelfrage/n der schriftlichen Prüfungsarbeit gerichtet. Unabhängig davon erschließt sich dem Gericht nicht, was das Sachziel dieser klägerischen Argumentation ist; denn auch eine Bewertung durch die Zweitkorrektorin ebenfalls mit 38 Punkten würde allenfalls zu einer Gesamtpunktzahl von 38 Punkten für die schriftliche Prüfung führen - und damit nach dem Punkteschlüssel der Prüfung an der Endnote „5 - mangelhaft“ (Bereich 30-49 Punkte) nichts ändern.

(3) Auch die erstmals mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13. November 2014 (Blatt 47-49 der Gerichtsakte) im Rahmen der Klagebegründung erhobenen aufgabenbezogenen Bewertungsrügen führen zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt selbst dann, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sie aufgrund der rechtlich bedenklichen Weigerung des Beklagten, im Rahmen der Akteneinsicht die Fertigung von Kopien der Prüfungsakte zu ermöglichen (siehe oben unter Ziffer 1.a.cc), erst im Nachgang der anwaltlichen Akteneinsicht vom 6. August 2014 (Blatt 31 der Gerichtsakte) in der Lage war, substantiierte Rügen und Einwendungen hinsichtlich der schriftlichen Prüfung zu formulieren.

Die aufgabenbezogenen Bewertungsrügen der Klägerin verbleiben letztlich gänzlich unsubstantiiert. Die Klägerin führt hinsichtlich der Einzelfragen 3.1, 3.2, 4.1 und 4.2 der schriftlichen Prüfungsarbeit schlicht an, dass sie aus ihrer Sicht dort eine höhere Einzelpunktzahl hätten erreichen müssen. Hinsichtlich der Einzelfrage 3.1 begründet sie diese Auffassung nicht. Hinsichtlich der Einzelfragen 3.2, 4.1 und 4.2 führt sie zur Begründung pauschal und unsubstantiiert an, dass sie hier jeweils einige bzw. viele der in der Musterlösung enthaltenen Lösungsvorschläge mit eigenen Worten genannt habe. Eine solche unsubstantiierte Argumentation - die noch nicht einmal konkret die durch die Klägerin aus ihrer Sicht der Musterlösung entsprechend gelösten Aspekte benennt - ist jedoch bereits im Ansatz ungeeignet, eine Überschreitung des Bewertungsspielraums der Prüferinnen darzulegen bzw. zu begründen. Die Klägerin legt nicht einmal ansatzweise im Wege von substantiierten aufgabenbezogenen Rügen dar, welche konkreten Antworten sich aus ihrer Sicht noch im vertretbaren Antwortspielraum befunden und eine höhere Bewertung gerechtfertigt hätten.

Unabhängig davon haben die in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehörten Prüferinnen in Ergänzung ihrer schriftlichen Einlassungen nachvollziehbar und schlüssig darlegen und begründen können, aus welchen Gründen sie im Fall der Klägerin zu ihrer Gesamtbewertung der schriftlichen Prüfung als „mangelhaft“ (5,0) gelangt sind. Die Prüferinnen haben dargelegt, dass das Niveau der Meisterprüfung ausgehend von § 1 HWirtMeistPrV vom Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) bestimmt werde. Hiernach entspreche der Abschluss als Meister/in im Bereich der Hauswirtschaft Niveaustufe 6 und sei einem Bachelor gleichgestellt. Angesichts dieses hohen Anforderungsniveaus und Erwartungshorizonts habe die Klägerin in der schriftlichen Prüfung nicht überzeugen können und bei weitem keine noch „ausreichende“ Leistung gezeigt. Es gehe in der Meisterprüfung insbesondere darum, Fachbegriffe (z. B. DIN EN ISO-9001) nicht nur - wie die Klägerin - zu benennen, sondern diese Termini auch zu verstehen und zu erläutern. Anhand komplexer Problemstellungen seien Gesamtzusammenhänge aufzuzeigen und auch gedankliche Transferleistungen zu erbringen.

Letztlich kann das Gericht auch in diesem Kontext das Sachziel der Klägerin nicht nachvollziehen. Denn selbst wenn man die von der Klägerin angestrebte Bewertung der Einzelfragen 3.1, 3.2, 4.1 und 4.2 zugrunde legte, würde dies lediglich dazu führen, dass sie im Fall der Erstkorrektur 5 Teilpunkte mehr (neue Endpunktzahl: 43/100) sowie im Fall der Zweitkorrektur ebenfalls 5 Teilpunkte mehr (neue Endpunktzahl: 34,5/100) erreichen würde. Es würde sich sodann im arithmetischen Mittel zwischen Erst- und Zweitkorrektur mit 38,75 P. weiterhin eine Gesamtpunktzahl der schriftlichen Prüfungsarbeit ergeben, die deutlich im Bereich der Note „5 - mangelhaft“ (30-49 Punkte) liegt.

(4) Auch die Bewertung der die schriftliche Arbeit ergänzenden mündlichen Prüfung vom 29. April 2014 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die schriftliche Arbeit ist gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 HWirtMeistPrV durch eine mündliche Prüfung zu ergänzen, wenn diese für das Bestehen der schriftlichen Prüfung von Bedeutung ist. Im Falle einer ungenügenden Leistung in der schriftlichen Prüfung besteht diese Möglichkeit nicht, § 5 Abs. 5 Satz 3 HWirtMeistPrV. Die Ergänzungsprüfung soll gemäß § 5 Abs. 5 Satz 4 HWirtMeistPrV je Prüfling nicht länger als 30 Minuten dauern.

Soweit die Klägerin auch insoweit pauschal eine allgemeine Intransparenz der Bewertung rügt, überzeugt dies nicht. Ausweislich des handschriftlichen Prüfungsprotokolls der Prüferinnen vom 29. April 2014 (Blatt 25 der Verwaltungsakte) habe sich die Klägerin im 30-minütigen Prüfungsgespräch sehr unkonzentriert gezeigt und trotz Erklärungen der Prüferinnen die Fragen nicht ausreichend verstanden. Die Antworten seien mangelhaft bzw. ungenügend gewesen. Die beiden Prüferinnen seien sich einig gewesen, dass kein meisterliches Niveau erreicht worden sei; die Note „mangelhaft“ aus der schriftlichen Arbeit habe daher nicht auf die Note „ausreichend“ angehoben werden können. Der Anlage 2 zum Prüfungsprotokoll (Blatt 21-23 der Verwaltungsakte) sind die Fragestellungen zu entnehmen, die die Prüferinnen in thematischer Anlehnung an die schriftliche Prüfung mit der Klägerin in der mündlichen Ergänzungsprüfung erörtert haben. In der schriftlichen Einlassung vom 8. bzw. 10. Juli 2014 zur gegenständlichen Klage (Blatt 34 der Gerichtsakte) ergänzten die Prüferinnen noch, dass die Klägerin insbesondere bei den Grundsätzen im Qualitätsmanagement große Mängel aufgewiesen habe; sie habe nicht nachweisen können, dass sie wirtschaftliche, rechtliche und soziale Zusammenhänge im Betrieb erkennen, analysieren und bewerten sowie Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen könne. Diesen Feststellungen der Prüferinnen ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.

Ihre Eindrücke und Bewertung haben die informatorisch angehörten Prüferinnen auch in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und schlüssig dargelegt (siehe oben).

Der Rechtsfehlerfreiheit der Nichtanhebung der Note der Klägerin von „mangelhaft“ auf „ausreichend“ steht auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht entgegen, dass in der Anlage 2 zum Prüfungsprotokoll neben (negativen) Fehlzeichen auch etwa 20 (positive) Häkchen enthalten sind. Denn die am Korrekturrand angebrachten Häkchen und positiven Stellungnahmen sind kein Maßstab, an dem die Gesamtbewertung des Prüfers auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft werden kann. Sie stellen vielmehr grundsätzlich nur prüfungsinterne Hilfsmittel ohne Aussagekraft für die zu vergebende Gesamtnote dar und sind für sich betrachtet wertungsneutral, d. h. es lässt sich ihnen nicht entnehmen, welches Gewicht den mit ihnen versehenen Ausführungen des Prüflings im Gesamtgefüge der Prüfungsleistung zukommt (vgl. BayVGH, U.v. 03.12.2001 - 7 B 01.774 - juris Rn. 39; VG München, U.v. 6.12.2011 - M 4 K 11.528 - juris Rn. 45).

3. Klarzustellen ist noch, dass die seitens der Klägerin gerügte Passage hinsichtlich einer fristgerechten Anmeldung zu einer nochmaligen Wiederholungsprüfung unter Befreiung des bereits 2011/12 bestandenen Prüfungsteils nicht förmlicher Teil des gegenständlichen Prüfungsbescheids vom 5. Mai 2014 - und somit auch nicht Klagegegenstand - ist. Es handelt sich insoweit um einen bloßen behördlichen Hinweis ohne Regelungscharakter i. S. v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, der nach der Rechtsbehelfsbelehrung abgedruckt ist (vgl. Blatt 164 der Verwaltungsakte).

Nur der guten Ordnung halber sei daher darauf hingewiesen, dass die Zweijahresfrist aus § 9 Abs. 2 HWirtMeistPrV, innerhalb derer im Falle der Prüfungswiederholung von einzelnen bereits bestandenen Prüfungsteilen befreit werden kann, ausweislich der Norm ausdrücklich mit dem Tage der Beendigung der insgesamt nicht bestandenen Prüfung an beginnt. Insoweit dürfte im Fall der Klägerin grundsätzlich auf die Zustellung des Prüfungsbescheids vom 23. April 2012 (Blatt 170-173 der Verwaltungsakte) über das Nichtbestehen der Meisterprüfung 2011/12 abzustellen sein. Das exakte Zustellungsdatum lässt sich der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakte jedoch nicht entnehmen.

4. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nahm im Termin 2012/2 zum dritten Mal an der Ersten Juristischen Staatsprüfung teil (Freiversuch im Termin 2010/1; „erster“ Versuch im Termin 2011/1).

Mit Bescheid vom ... Januar 2013 teilte ihm das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz - Landesjustizprüfungsamt - mit, dass er die Erste Juristische Staatsprüfung wiederholt nicht bestanden habe.

Seine schriftlichen Prüfungsarbeiten seien wie folgt bewertet worden:

Aufgabe

1

2

3

4

5

6

Punktzahl

3,5

4,0

3,0

4,0

4,0

4,0

Gesamtnote der schriftlichen Prüfung: 3,75 - mangelhaft.

Damit habe er im schriftlichen Teil der Prüfung nicht den erforderlichen Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,80 Punkten erreicht (§ 31 Abs. 2 JAPO).

Eine weitere Wiederholung der Prüfung sei auch nach einem erneuten Studium nicht möglich (§ 36 Abs. 1 JAPO).

Der Bescheid wurde am 7. Januar 2013 zur Post gegeben.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Februar 2013, der am Montag, dem 11. Februar 2013 bei Gericht einging, erhob der Kläger Klage gegen den Prüfungsbescheid.

Bereits mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 11. Januar 2013 hatte der Kläger ein Nachprüfungsverfahren beantragt und am 8. Februar 2013 Einwendungen gegen die Zweitkorrektur der Klausur 1 vorgetragen. Das Landesjustizprüfungsamt holte eine Stellungnahme des Zweitprüfers ein und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 13. März 2013 mit, der Bewerter sei unter eingehender Würdigung der Argumente des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dass es mit den bisherigen Bewertungen sein Bewenden haben müsse. Ein Abdruck der Prüfer-Stellungnahme wurde übersandt.

Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 24. April 2014 wurde die Klage begründet. Die Klage richtet sich gegen die Zweitbewertung der Aufgabe 1 (vom Erstkorrektor mit 4 und vom Zweitkorrektor mit 3 Punkten bewertet). Die Einwendungen aus dem Nachprüfungsverfahren wurden aufrechterhalten und weiter begründet. Der Kläger beantragt:

I.

Der Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz - Landesjustizprüfungsamt - vom ... Januar 2013 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte wird verpflichtet, über die Zweitbewertung der schriftlichen Prüfungsarbeit (Aufgabe) Nr. 1 des Klägers sowie über das Bestehen der Ersten Juristischen Staatsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Das Landesjustizprüfungsamt nahm mit Schriftsatz vom 16. Juni 2014 Stellung und beantragte für den Beklagten:

Die Klage wird abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2014 („Replik“) wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers gegen den Vortrag in der Klageerwiderung.

Das Gericht hat am 16. Dezember 2014 mündlich verhandelt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte, insbesondere auf die genannten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom ... Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Bewertung der vom Kläger angefertigten Bearbeitung (Klausur) der Aufgabe 1 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Er hat somit keinen Anspruch auf Neubewertung dieser Klausur und Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

I.Prüfungsentscheidungen sind nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar.

Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird (BVerfG v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34 [52]).

Dieser prüfungsspezifische Bewertungsspielraum erstreckt sich auch auf die Notenvergabe bei Prüfungen wie der streitgegenständlichen: Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (BVerfG v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34 [51 f.]).

Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (BVerwG v. 12.11.1997 - 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328 [333 f.] = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 384, m. w. N.; BVerwG v. 13.3.1998 - 6 B 28.98 - juris; BVerwG v. 4.5.1999 - 6 C 13.98 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395 = NVwZ 2000, 915 [920]; BVerwG v. 14.7.1999 - 6 C 20.98 - BVerwGE 109, 211 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 396). Ebenso handelt es sich um eine den Prüfern vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend determinierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar“ zu bewerten ist (BVerwG v. 12.11.1997 - 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328 [334] = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 384). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraumes überschritten haben (zusammenfassend: BVerwG v. 13.5.2004 - 6 B 25/04 - NVwZ 2004, 1375 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406).

Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (BVerfG v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34 [53 ff.]; zum ganzen ebenso z. B. BVerwG v. 21.10.1993 - 6 C 12.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320 = BayVBl 1994, 443; BVerwG v. 17.12.1997 - 6 B 55.97 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 385; zusammenfassend: BVerwG v. 13.5. 2004 - 6 B 25/04 - NVwZ 2004, 1375 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406). Die wissenschaftlich-fachlichen Wertungen können vom Gericht stärker, wenn auch nicht vollständig, überprüft werden. Eine fachliche Antwort lässt sich bei entsprechendem Fachwissen als „richtig“, „falsch“ oder bei bestehenden Unklarheiten zumindest als „vertretbar“ bezeichnen. Ob eine als „falsch“ bewertete Lösung diese Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht gegebenenfalls durch Sachverständige klären. Bei der Beurteilung juristischer Fachfragen, insbesondere bei juristischen Staatsprüfungen, ist allerdings in aller Regel von der erforderlichen Qualifikation und Fachkompetenz der Verwaltungsgerichte auszugehen (BVerwG v. 24.2. 1993 - 6 C 38/92 - NVwZ 1993, 686 = BayVBl 1993, 504 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 314; BVerwG v. 21.7.1998 - 6 B 44/98 - NVwZ 1999, 187 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 390; VG Berlin v. 19.1. 2005 - 12 A 413.02 - juris).

Das Gericht hat jedoch die zugrunde liegenden Prüfungsbewertungen nur insoweit zu überprüfen, als vom Prüfling dagegen substantiierte Einwendungen vorgebracht werden. Der Prüfling muss also auf vermeintliche Irrtümer und Rechtsfehler wirkungsvoll hinweisen (BVerfG v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34 [48]). Dazu genügt es nicht, dass er sich generell gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistungen wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt. Vielmehr muss er konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt. Macht er geltend, dass etwa eine als falsch bewertete Antwort in Wahrheit vertretbar sei und auch so vertreten werde, so hat er dies unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen näher darzulegen (BVerwG v. 24.2. 1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 92, 132).

Ist die vom Prüfling gerügte Bewertung einer Prüfungsaufgabe fehlerhaft und hat dieser Fehler Einfluss auf das Prüfungsergebnis, so führt dies zur Aufhebung des Bescheides über die Prüfungsendnote und zur Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen (BVerwG v. 16.3.1994 - 6 C 5/93 - DVBl 1994, 1356 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 329). Können allerdings Auswirkungen dieser materiellen Prüfungsfehler auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung ausgeschlossen werden, so folgt - wie bei unwesentlichen Verfahrensfehlern - aus dem Grundsatz der Chancengleichheit, dass ein Anspruch auf Neubewertung nicht besteht, weil sich die Prüfungsentscheidung im Ergebnis als zutreffend und damit als rechtmäßig darstellt (BVerwG v. 13.3.1998 - 6 B 28/98 - juris).

II.

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die gegen die Klausurbewertung erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen.

1. Die erste Einwendung des Klägers richtet sich gegen die Prüferbemerkung „Die Erbenstellung ist nur bruchstückhaft erörtert. Verf. ist der Sinngehalt der Auslegung - Ermittlung des Erblasserswillens - und die Methodik hierzu nicht klar und bewusst.“

Diese Prüferkritik ist im Ergebnis berechtigt, auch wenn die Wortwahl des Zweitprüfers im Nachprüfungsverfahren („Verf. hat nicht verstanden und versteht offenbar immer noch nicht …“) unangebracht erscheint.

Der Kläger führt in seiner Klausur (auf Seiten 2 bis 3) aus:

„Laut Wortlaut des Testament will O dem V Gebäude, Bankkonten, Auto und Wohnungseinrichtung ‚vermachen‘. Dies könnte zunächst auf ein Vermächtnis gem. § 1939 BGB hindeuten. Im Rahmen einer sachgerechten Auslegung gem. § 2084 ist aber möglicherweise von einer Erbeinsetzung des V gem. § 2087 I BGB auszugehen.

Gemäß § 2087 I BGB ist eine Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zuwendet.

O hat hier den Großteil seines Vermögens dem V zugewendet und nicht nur einzelne Gegenstände gem. § 2087 II BGB.

Somit ist die Zuwendung an V nicht als Vermächtnis gem. § 1939 BGB zu sehen, sondern als Erbeinsetzung i. S. v. § 2087 I BGB.“

Die Ausführungen, mit denen der Kläger in der Klausur das Testament des O auslegt, sind systematisch nicht richtig.

Testamente sind zunächst aus sich heraus auszulegen. Erst wenn die individuelle Auslegung nach § 133 BGB (wobei § 157 BGB nicht anwendbar ist) nicht zu einem Ergebnis führt, sind die erbrechtlichen Auslegungsregeln, wie etwa § 2084 und § 2087 BGB, heranzuziehen (vgl. Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 133 Rn. 23, Leipold ebd. § 2084 Rn. 4, Rudy ebd. § 2087 Rn. 1; Ellenberger in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 133 Rn. 13, Weidlich ebd. § 2087 Rn. 1; Singer in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 133 Rn. 6).

Dabei stellt § 2087 Abs. 2 BGB unstreitig eine Auslegungsregel dar; für § 2087 Abs. 1 BGB ist dies streitig (vgl. Otte in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2087 Rn. 1 zum Meinungsstand). Der Kläger geht in seiner Klagebegründung mit der wohl überwiegenden Meinung davon aus, dass § 2087 Abs. 1 BGB keine Auslegungsregel darstellt.

In seiner Klausurbearbeitung prüft der Kläger eine individuelle Auslegung nach § 133 BGB nicht und geht offensichtlich von einer Erbeinsetzung über eine Auslegung des § 2087 Abs. 1 BGB aus (obwohl er in der Klagebegründung ausführt, dass § 2087 Abs. 1 BGB keine Auslegungsregel darstellt). Dabei ist insbesondere der Satz „O hat hier den Großteil seines Vermögens dem V zugewendet und nicht nur einzelne Gegenstände gem. § 2087 II BGB“ - wie der Zweitkorrektor zu Recht moniert - falsch, da O nach dem Aufgabensachverhalt einzelne Gegenstände zuwendet. Eine Gleichsetzung des (wirtschaftlichen) Begriffs „Großteil des Vermögens“ mit dem (rechtlichen) Begriff „Vermögen“ bzw. „Bruchteil des Vermögens“ ist nicht möglich; § 2087 Abs. 1 BGB ist nicht anwendbar (vgl. Otte in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2087 Rn. 6).

Richtigerweise hätte der Kläger über die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB dazu kommen müssen, dass wegen des wirtschaftlichen Werts des Zugewendeten der Zweifel im Sinn von § 2087 Abs. 2 BGB ausgeräumt ist und ausnahmsweise eine Erbeinsetzung gewollt ist (vgl. z. B. OLG Frankfurt, U.v. 13.7.2011 - 1 U 43/10 - juris, Rn. 38; OLG München, B.v. 15.7.2010 - 31 Wx 33/10 - FamRZ 2011, 68, juris-Rn. 11 f.; OLG München, B.v. 21.5.2007 - 31 Wx 120/06 - FamRZ 2008, 187, juris-Rn. 13; Otte in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2087 Rn. 19 ff.). Für eine Erbeinsetzung spricht dabei auch, dass der Erblasser in der Regel einen Erben einsetzen will (OLG München, B.v. 21.5.2007 - 31 Wx 120/06 - FamRZ 2008, 187, juris-Rn. 13) und hierfür nach dem Aufgabensachverhalt nur der V in Betracht kommt.

Der Kläger kommt damit zwar zu dem richtigen Ergebnis, dass V durch O zum Erben eingesetzt worden ist, jedoch ist die Begründung hierfür unzureichend.

2. Weiter wendet sich der Kläger gegen die Prüferbemerkung „Die Prüfung des Vertragsschlusses ist zu ungenau“ in der Begründung der Zweitbewertung. Diese Prüferkritik bezieht sich auf den Vertragsschluss zwischen O und B über die Miete der Praxisräume.

Der Kläger macht geltend, dass er „die Kernprobleme an dieser Stelle gesehen hat“. Der Zweitkorrektor habe die Ausführungen des Klägers nicht oder nicht vollständig zur Kenntnis genommen und zugleich Untergeordnetes zum Mittelpunkt der Bewertung gemacht.

Auch mit dieser Bewertungsrüge hat der Kläger keinen Erfolg.

a) Der Zweitkorrektor hat im Nachprüfungsverfahren dargelegt, dass der Kläger zwar den § 147 Abs. 2 BGB sehe, jedoch nicht die Frage kläre, innerhalb welchen Zeitraums die Annahme des Vertragsangebots zu erwarten ist; er begnüge sich mit der Wiederholung des Gesetzestextes und der Feststellung, die verstrichene Zeit sei „länger“, ohne eine Subsumtion und eine Begründung zu liefern.

Diese Prüferkritik trifft zu. Nach § 147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesenden gemacht Antrag (auf Abschluss eines Vertrages) nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Die gesetzliche Annahmefrist setzt sich dabei zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden (Ellenberger in Palandt, BGB, § 147 Rn. 6).

Nach der Aufgabenstellung hatte O dem B die unterschriebene Vertragsurkunde am 2. Februar 2005 zugesandt und B die von ihm am 23. Mai 2005 unterschriebene Vertragsurkunde dem O am 27. Mai 2005 persönlich ausgehändigt.

Der Kläger schreibt hierzu in seiner Klausur (Seiten 4 bis 5): „Gem. § 147 II BGB kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur angenommen werden bis zu dem Zeitpunkt, an welchem der Antragende den Eingang der Antwort erwarten darf. … Die Antwort des B war hier mehr als drei Monate nach dem Angebot des O eingegangen; dies ist länger, als auf eine Annahmeerklärung unter regelmäßigen Umständen zu warten sein wird.“

„Mehr als drei Monate ist länger als…“ ist jedoch weder eine Subsumtion noch eine Begründung, auch wenn man berücksichtigt, dass hier kein allzu großer Begründungsaufwand notwendig gewesen wäre.

b) Zutreffend ist auch die Feststellung des Zweitprüfers, dass § 150 Abs. 1 BGB zwar gesehen werde, aber unklar bleibe, wie das neue Angebot des B angenommen werde.

Der Kläger schreibt hier (Seite 5 der Klausur): „Gem. § 150 I BGB gilt die verspätete Annahme als neuer Antrag an den O. Die Annahme erfolgte am 27.5.2005 mit Übergabe der nur [gemeint: nun?] beiderseitig unterschriebenen Vertragsurkunde, § 147 I 1 BGB.“

Diese Formulierung ist zumindest ungenau. Die „Übergabe“ der Vertragsurkunde ist keine „Annahme“. Eine konkludente Annahme scheidet schon deswegen aus, weil nach der Aufgabenstellung O bei der Übergabe angibt, er habe den Vorgang schon als erledigt betrachtet. Erst danach erklärt er, weil die Räume noch frei seien, gehe die Sache in Ordnung. Erst damit nimmt O das Angebot des B (§ 150 Abs. 2 BGB) durch mündliche Erklärung an.

Der Kläger bringt in seinem Schriftsatz vom 27. November 2014 vor, er habe gar nicht behauptet, dass „die Übergabe selbst die Annahme darstelle“; vielmehr „bezeichnet er mit der Übergabe nur den Zeitpunkt, zu dem die (ausdrückliche) Annahme erfolgt“. Dies sei aufgrund des „überdeutlichen“ Sachverhalts eindeutig so zu verstehen.

Die zitierte Formulierung des Klägers ist jedoch keineswegs „eindeutig“ so zu verstehen. Sie ist vielmehr, auch unter Beachtung des Schriftsatzes vom 27. November 2014, ungenau und sogar falsch, weil weder die Übergabe der Vertragsurkunde die Annahme darstellt noch dies der richtige Zeitpunkt ist, da die Annahme rechtlich eindeutig nach der Übergabe erfolgte; die Länge des Zeitraums ist unmaßgeblich.

c) Es handelt sich hier auch nicht um Randprobleme oder untergeordnete Detailfragen, wie der Kläger meint. Es ist insbesondere falsch, bei einem Mietvertrag die Form bei der Wirksamkeit des Vertragsschlusses zu prüfen. Die Frage der Form ist nur wichtig dafür, ob eine wirksame Befristung des Mietvertrags vorlag und damit eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen war (§ 550 BGB). Ebenso ist es falsch, einen Vertragsschluss zu bejahen (Seite 5 unten) und danach (Seite 6: „3. Form“) dessen Wirksamkeit zu prüfen.

3. Ferner wendet sich der Kläger gegen die Prüferbemerkung auf dem Begründungsblatt: „Zum Formerfordernis nach § 550 BGB fehlen weitgehend sinnhafte Ausführungen und schon gar eine systematische Prüfung.“

Er trägt vor, er habe immerhin das Problem gesehen, dass die Annahme des Vertragsangebots „letztlich mündlich“ gewesen sei. Es sei im Ergebnis gut vertretbar, gleichwohl das Schriftformerfordernis des § 550 BGB als gewahrt anzusehen. Es sei zwar richtig, dass er verkannt habe, dass die Nichtbeachtung der in § 550 BGB geregelten Schriftform abweichend von § 125 Satz 1 BGB ausnahmsweise nicht zur Nichtigkeit führe. Seine Prüfung werde dadurch aber nicht unsystematisch. Die Kritik sei weit überzogen.

Auch diese Einwendung bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger räumt selbst ein, dass er die systematische Stellung des § 550 BGB verkannt hat. Bei dem „Formerfordernis“ nach § 550 BGB, auf den sich die Prüferbemerkung ausdrücklich bezieht, geht es nicht um die Wirksamkeit des Mietvertrages (Weidenkaff in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 550 Rn. 1). Fehlt es an der schriftlichen Form, ist nicht § 125 BGB anwendbar, da § 550 BGB insoweit lex specialis ist; Rechtsfolge ist daher ein Mietvertrag auf unbestimmte Zeit mit den hierfür anwendbaren Kündigungsregelungen (Weidenkaff in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 550 Rn. 13).

Die Prüfung des Klägers ist nicht systematisch. Erst prüft er (auf Seiten 4 bis 7 der Klausur) den § 550 BGB unter dem Gliederungspunkt „II. Wirksamkeit des Mietvertrags“ und unter dem Obersatz: „Zu prüfen ist, ob der Mietvertrag zwischen O und B wirksam war und weiterhin wirksam bleibt.“

Unter dem Unterpunkt „1. Vertragsschluss“ kommt er dann zu dem Ergebnis: „Es liegt somit ein Vertragsschluss zwischen O und B gem. §§ 535 I, 578 BGB vor.“ Als nächstes prüft und verneint der Kläger unter der Überschrift „2. Wirksame Befristung“ Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB.

Sodann führt der Kläger unter der Überschrift „3. Form“ aus:

„Möglicherweise ist der Vertrag nicht wirksam entstanden, wenn ein Formerfordernis nicht eingehalten wurde gem. § 125 BGB. Gem. §§ 578 I, II i. V. m. 550 BGB könnte für den Mietvertrag das Schriftformerfordernis gegolten haben. … Dieses ist gewahrt, da eine beiderseitig unterschriebene Vertragsurkunde vorliegt; die letztlich mündliche Annahme des O am 27.05.2005 steht nicht dem Monate vorher schriftlich Erklärten entgegen. Die Schriftform gem. § 550 BGB ist somit gewahrt und der Vertrag schon nicht gem. § 125 BGB nichtig.

Es liegt ein wirksamer Mietvertrag über die Praxisräume mit einer Laufzeit bis 30.06.2015 vor.“

Unter dem Gliederungspunkt „III. Wirksame Kündigung“ (Seite 8 der Klausur) geht der Kläger auf § 550 BGB nicht mehr ein. Hier wäre es auf diese Frage jedoch angekommen, da zu prüfen war, ob der Mietvertrag auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und ob somit eine ordentliche Kündigung zulässig war (vgl. § 542 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Es ist falsch, von einem wirksamen Mietvertrag auszugehen und danach seine Unwirksamkeit „ex tunc“ zu prüfen. Auch ist die Prüfung, ob ein Vertrag „in schriftlicher Form“ vorliegt, widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Der Kläger schreibt einerseits, dass die Annahme des Vertrages durch O „mündlich“ gewesen sei. Dann schreibt er ohne jegliche Problematisierung und Begründung, dass das Schriftformerfordernis (trotzdem) gewahrt sei, weil eine beiderseitig unterschriebene Vertragsurkunde vorliegt. Eine Diskussion des Problems eines unwirksamen schriftlichen Mietvertrags, der nachträglich inhaltsgleich „nochmals“ mündlich geschlossen wird, und eine nachvollziehbare Begründung (siehe die ausführliche Erörterung im Urteil des BGH v. 24.2.2010 - XII ZR 120/06 - NJW 2010, 1518) fehlen völlig, der Kläger nennt lediglich ein Ergebnis.

Die vom Kläger beanstandete Prüferbemerkung erweist sich somit als zutreffend.

4. Schließlich beanstandet der Kläger die Prüferbemerkung des Zweitprüfers auf dem Begründungsblatt: „Bei Frage 2. findet Verf. die Anspruchsgrundlage unzureichend. Eine systematische Prüfung fehlt. Zum AGB-Problem ohne brauchbare Argumente.“

a) Der Kläger ist der Meinung, die Kritik an der AGB-Prüfung werde in gleichem Maße bereits von der Erstkorrektur vorgetragen, rechtfertige also keine schärfere Bewertung durch den Zweitprüfer.

Der Erstkorrektor schreibt hierzu: „Bei Frage 2 erfolgt die AGB-Prüfung vom Aufbau her verfehlt bei der Erörterung des Vertragsschlusses, obwohl es hier auf die AGB gar nicht ankommt, sondern erst bei der Frage der Kündigung. Das Problem der unangemessenen Benachteiligung wird völlig verkannt.“

Unabhängig von der Frage, ob beide Prüferbemerkungen sich inhaltlich entsprechen, hindert das den Zweitprüfer nicht, in seiner Gesamtbeurteilung bestimmte Mängel schwerer zu gewichten als der Erstprüfer. Der Erstprüfer „verbraucht“ Kritikpunkte nicht. Zudem hat der Kläger lediglich die Einbeziehung der AGB in den Vertrag geprüft, nicht jedoch deren Wirksamkeit.

b) Bei der Frage nach der Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung der Mietkaution haben die Korrektoren die Prüfung vertraglicher Ansprüche vermisst. Der Kläger wendet dagegen ein, dass im Mietrecht keine Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung der Mietkaution normiert sei. Dies zu erwähnen, sei überflüssig; deshalb sei es nicht „unzureichend“, direkt auf einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB abzustellen.

Dieser Vortrag trifft nicht zu; auf eine Anspruchsgrundlage im Mietrecht kommt es nicht an. In der Rechtsprechung und Literatur wird der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution aus dem Mietvertrag selbst abgeleitet. Dies wird mit der im Mietvertrag enthaltenen (ausdrücklichen oder konkludenten) Sicherungsabrede begründet, die der Hingabe der Kaution zugrunde liegt (BGH, U.v. 18.1.2006 - VIII ZR 71/05 - NJW 2006, 1422, Rn. 8; BGH, U.v. 24.3.1999 - XII ZR 124/97 - BGHZ 141,160, Rn. 13), aus der Vereinbarung einer „Mietkaution“ folgt damit automatisch ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch.

Deshalb konnten die Prüfer durchaus erwarten, dass der Klausurbearbeiter zunächst sich aus dem Mietvertrag ergebende Ansprüche auf Rückzahlung der Mietkaution anspricht und prüft, bevor er sich einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB zuwendet.

c) Schließlich wendet sich der Kläger gegen die Prüferbemerkung, dass bei der Bearbeitung der Frage 2 „eine systematische Prüfung fehlt“.

Im Nachprüfungsverfahren hat der Zweitkorrektor seine Kritik folgendermaßen konkretisiert: „Soweit sich Verf. gegen die Beurteilung der unsystematischen Prüfung wendet, ist mir dies nicht nachvollziehbar. Schon bei der Frage des Gegenstands der Leistung und wieder bei der Frage des Erlangten beschränkt sich Verf. auf die kryptische Aussage der ‚Mietsicherheit‘ bzw. der ‚Mietkaution‘. Dass dies völlig unklar und keinerlei brauchbare rechtliche Kategorie für § 812 BGB ist, sieht Verf. nicht.“

Der Kläger ist der Meinung, er habe den Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 BGB systematisch richtig geprüft. Der vom Zweitprüfer in seiner Stellungnahme erhobene Vorwurf, dass „Mietsicherheit“ und „Mietkaution“ keine brauchbaren rechtlichen Kategorien seien, betreffe etwas anderes als eine unsystematische Prüfung und sei auch deutlich weniger gewichtig.

Auch diese Einwendung ist im Ergebnis nicht berechtigt. Die Prüfung des Bereicherungsanspruchs durch den Kläger weist systematische Mängel auf.

Auf Seite 11 seiner Klausur schreibt der Kläger:

„S könnte gegen V einen Anspruch auf Zahlung der 950 € aus § 812 I 2 Alt. 1 BGB haben.

I.

Leistung

Es müsste eine Leistung des S an V vorliegen i. S.v. § 812 I 2 BGB.

Leistung ist jede bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.

Vorliegend hat der S dem V eine Mietsicherheit gem. § 551 I BGB geleistet. Eine Leistung liegt also vor.

II.

erlangtes Etwas

V hat dadurch besagte Mietkaution erlangt i. S. v. § 812 I BGB.“

Eine systematische Prüfung in Sinne einer sachgerechten Subsumtion der angesprochenen Tatbestandsmerkmale ist hier nicht zu erkennen.

Die - synonym verwendeten - Begriffe „Mietsicherheit“ und „Mietkaution“ umschreiben das Geleistete und das Erlangte nur ungenau. Geleistet hat S an V 900 Euro, V hat dadurch Eigentum und Besitz am Geld und 50 Euro an Zinsen erlangt; hierauf geht der Kläger in seiner Bearbeitung gar nicht ein (erst am Ende der Klausur auf Seite 15 wird dies als Ergebnis angesprochen); seine Prüfung widerspricht auch seinem Obersatz und der Fallfrage.

Zudem ist es ein schwerer systematischer Fehler - der auch vom Erstprüfer ausdrücklich beanstandet wird -, dass der Kläger (auf Seite 12 der Klausur) die „Einbeziehung der AGB“ unter dem Gliederungspunkt „wirksamer Mietvertrag“ prüft, obwohl dies für Wirksamkeit des Mietvertrags nicht von Bedeutung ist (vgl. § 306 Abs. 1 u. 2 BGB), sondern nur dafür, ob die Kündigung durch S wirksam war (wirksame Einbeziehung der Kündigungsausschlussregelung mittels AGB). Der Gliederungspunkt „3. Gegenanspruch des V“ (Seite 15 der Klausur) ist ebenfalls unsystematisch, da er richtigerweise „Erlöschen des Anspruchs“ lauten müsste; eine erklärte Aufrechnung stellt eine Einwendung dar und bringt eine Forderung (teilweise) zum Erlöschen. Letztlich fehlt die Prüfung von Zurückbehaltungsrechten (z. B. wegen Nebenkostenabrechnung; Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 273 Rn. 15).

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung - ZPO -.

Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs.1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2008 - 15 Sa 1265/07 - aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass der Prozessvergleich vom 16. August 2006 zum Aktenzeichen 15 Sa 1322/05 unwirksam ist.

3. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Beklagten - und über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs.

2

Der 1962 geborene, ledige und für ein Kind unterhaltspflichtige Kläger war seit November 2000 bei der Beklagten als „Personalreferent/Leiter der Personalabteilung Angestellte“ tätig. Sein Bruttogehalt betrug zuletzt 5.190,00 Euro zzgl. leistungsabhängiger Vergütung (Bonus).

3

Im September 2004 entzog die Beklagte dem Kläger wesentliche Teile seiner bisherigen Arbeitsaufgaben. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 kündigte sie das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf Gründe in seinem Verhalten ordentlich zum 30. April 2005 und mit Schreiben vom 21. Februar 2005 - vorsorglich - ordentlich zum 31. August 2005.

4

Der Kläger erhob gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht stellte durch Urteil vom 30. März 2005 die Unwirksamkeit der Kündigung vom 29. Oktober 2004 fest. Die Beklagte legte Berufung ein und beantragte hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zum 30. April 2005 aufzulösen. Den die Kündigung vom 21. Februar 2005 betreffenden Kündigungsrechtsstreit setzte das Arbeitsgericht aus. Daneben führten die Parteien zwei Rechtsstreite über die Weiterbeschäftigung des Klägers zu seinen ursprünglichen Arbeitsbedingungen und Zahlungsansprüche (Berufungsaktenzeichen: 15 Sa 1202/05 und 15 Sa 125/06).

5

Am 16. August 2006 schlossen die Parteien in mündlicher Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht zum Aktenzeichen 15 Sa 1322/05 einen Vergleich folgenden Inhalts:

        

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 29.10.2004 mit sozialer Auslauffrist mit dem 31.12.2006 seine Beendigung finden wird.

        

2. Der Kläger wird bis zum Ablauf der Frist unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt unter Anrechnung auf seine Urlaubsansprüche und unter Verzicht auf Verrechnung mit eventuellen Zwischenverdiensten des Klägers.

        

3. Die Zeit vom 01.05.2004 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird bei einem monatlichen Gehaltsanspruch von 4.000,00 € brutto abgerechnet und unter Berücksichtigung von Gehaltsanteilen, die auf Träger von Sozialleistungen und Sozialversicherungsleistungen übergegangen sind, ausgezahlt.

        

4. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen unter dem Datum des 31.12.2006, das wohlwollend abgefasst ist und seinem beruflichen Fortkommen dient.

        

Der Kläger wird der Beklagten einen Zeugnisentwurf vorlegen, den diese nur ablehnen kann, wenn die Angaben und die Bewertung offensichtlich unzutreffend sind.

        

Das gleiche gilt für ein vom Kläger vorzulegendes Zwischenzeugnis.

        

5. Mit Erfüllung des Vergleichs sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt einschließlich der Ansprüche auf Bonuszahlungen.

        

Gleichfalls sind erledigt die Rechtsstreite der Parteien 15 Sa 1202/05, 15 Sa 125/06 und der noch in erster Instanz ausgesetzte Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Braunschweig zum Aktenzeichen 2 Ca 57/05.

        

6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.

        

In der Berufungssache 15 Sa 1202/05 werden die Kosten des Berufungsverfahrens gleichfalls gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der dortigen erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.

        

Die Kosten des Rechtsstreits 15 Sa 125/06 werden gegeneinander aufgehoben.

        

Ebenso werden gegeneinander aufgehoben die Kosten des Rechtsstreits 2 Ca 57/05.“

6

In der Folgezeit stritten die Parteien zunächst über die Regelung zu Nr. 3 des Vergleichs und dabei über die Frage, ob zwischen ihnen tatsächlich - wie protokolliert - die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses auf der Basis von 4.000,00 Euro für die Zeit ab 1. Mai 2004 oder - wie vom Kläger im Hinblick auf die am 30. April 2005 auslaufende Kündigungsfrist geltend gemacht - erst ab 1. Mai 2005 vereinbart worden war. Anlass war eine von der Beklagten geltend gemachte Gehaltsüberzahlung betreffend die Zeit ab 1. Mai 2004.

7

Mit Schriftsatz vom 13. August 2007, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 16. August 2007, hat der Kläger den Vergleich „unter allen erdenklichen Gesichtspunkten, insbesondere wegen Täuschung und Drohung im Sinne von § 123 BGB“ angefochten. „Vorsorglich“ hat er den Widerruf des Vergleichs und „höchstvorsorglich“ den Rücktritt vom Vergleich erklärt. Auf entsprechende Erklärungen gegenüber der Beklagten hat er Bezug genommen.

8

Mit Beschluss vom 12. September 2007 hat das Landesarbeitsgericht eine Selbstablehnung des Vorsitzenden für begründet erklärt.

9

Der Kläger hat in dem unter dem Aktenzeichen 15 Sa 1265/07 fortgesetzten Berufungsverfahren (ursprünglich: 15 Sa 1322/05) geltend gemacht, der Prozessvergleich habe den Rechtsstreit nicht erledigt. Die Anfechtung sei wegen widerrechtlicher Drohung begründet. Unmittelbar zu Beginn der Verhandlung vom 16. August 2006 habe der Vorsitzende - offenbar bereits über das Scheitern außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen unterrichtet - seine Unzufriedenheit über den Verfahrensstand zum Ausdruck gebracht und auf seinen - des Klägers - Vortrag zum Grund des Konflikts mit den Worten reagiert: „Passen Sie auf, was Sie sagen; es wird sonst alles gegen Sie verwendet“. Dadurch sei bei ihm der Eindruck entstanden, der Vorsitzende wolle jegliche Erörterung des Streitstoffs gleich zu Beginn unterbinden. Trotz seiner Erklärung, den Arbeitsplatz wiedererlangen zu wollen, habe dieser das Gespräch sogleich auf die Erörterung der Modalitäten eines Vergleichs gelenkt. Da er sich dem nicht offen habe widersetzen wollen, habe er einen seiner Vorstellung entsprechenden Abfindungsbetrag von 150 TEuro genannt. Der Vorsitzende habe daraufhin erklärt: „Wer bis zuletzt hofft, stirbt mit einem Lächeln“ und sei dazu übergegangen, ihm geringe Erfolgsaussichten seiner Klage wie folgt vor Augen zu führen: „Wenn Sie dem nicht zustimmen, dann kriegen Sie sonst nur 10 oder 20 TEuro“, „Sie haben keine Chance, höchstens 20 %, Sie müssen das machen!“. Seine weiterhin ablehnende Haltung gegenüber einem Vergleich habe der Vorsitzende mit den Worten kommentiert: „Sie spielen hier Vabanque“; „Was Sie machen, ist unverantwortlich im Hinblick auf Ihre familiäre Situation“ und: „Hören Sie mir auf mit Mobbing, davon will ich nichts hören, da kommt nichts bei raus!“ Zusammen mit weiteren unsachlichen Bemerkungen habe dies in ihm den Eindruck hervorgerufen, sein Fall werde nicht mehr objektiv und unparteiisch beurteilt. In unverhohlen aggressiver Art habe der Vorsitzende dann geäußert: „Seien sie vernünftig. Sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln“, auf seine weitere Verweigerung eines Vergleichsschlusses ohne Widerrufsmöglichkeit erklärt: „Ich reiße Ihnen sonst den Kopf ab“ und schließlich: „Sie werden sonst an die Wand gestellt und erschossen“ sowie - nach einem „Blick in die Runde“ -: „Manche muss man eben zu ihrem Glück zwingen“. Danach habe er - der Kläger - endgültig den Eindruck gewonnen, der Vorsitzende sei bereit, sich über jedes Recht hinwegzusetzen. Durch dessen weitere Reaktionen wie „Dann wechseln Sie eben die Stadt.“; „Dann müssen Sie eben wieder unten anfangen und sich hocharbeiten“ sei ihm klar geworden, dass gleichgültig sei, was er noch vortrage. So sei nach der Erklärung des Vorsitzenden: „Stimmen Sie dem jetzt endlich zu, ich will Mittag essen gehen“ der Vergleich geschlossen worden. Erst später sei ihm bewusst geworden, dass diese massiven, einer fairen Verhandlungsführung widersprechenden Drohungen zu seiner Verhandlungsunfähigkeit geführt hätten. Ohne sie hätte er den Vergleich nicht geschlossen, zumindest nicht mit dem protokollierten Inhalt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

das Verfahren - 15 Sa 1322/05 - fortzusetzen,

        

2.    

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 30. März 2005 - 2 Ca 992/04 - zurückzuweisen sowie

        

3.    

den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen.

11

Die Beklagte hat beantragt, „die Anträge zurückzuweisen“. Sie hat die Auffassung vertreten, der Vergleich sei wirksam. Das Landesarbeitsgericht sei nach Erstberatung der Auffassung gewesen, die Kündigung sei wohl nicht gerechtfertigt, ihr sei jedoch die Fortsetzung des zerrütteten Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten. Der Vorsitzende habe dem Kläger in ruhigem und vernünftigem Ton erläutert, dass er sich bei gerichtlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Festsetzung einer Abfindung schlechter stehe als bei Abschluss des angetragenen Prozessvergleichs. Auch wenn sich der Vorsitzende dabei - Einzelheiten seien ihrem Prozessbevollmächtigten nicht mehr „erinnerlich“ - zu Äußerungen habe hinreißen lassen, die nicht in einen Gerichtssaal gehörten, seien diese für den Vergleichsschluss nicht kausal geworden. Entscheidend seien vielmehr die Verhandlungen der Parteien während der Sitzungsunterbrechungen gewesen. Einzelne, herausgegriffene Äußerungen des Vorsitzenden, etwa der Art, der Kläger habe „keine Chance“ und solle dem Vergleich „endlich zustimmen“, seien vor dem Hintergrund der rund dreistündigen Verhandlung verständlich. Zudem habe der Kläger den Vergleich erst angefochten, als - unstreitig - ein zwischenzeitlich von ihm neu begründetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber wieder beendet gewesen sei. „Vergleichsreue“ sei kein Anfechtungsgrund. Im Übrigen sei von einer Bestätigung des Vergleichs auszugehen.

12

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist. Es hat die Revision zugelassen. Mit ihr begehrt der Kläger die Feststellung, dass das vorliegende Verfahren (Berufungsaktenzeichen: 15 Sa 1322/05; nunmehr: 15 Sa 1265/07) sowie die Verfahren 15 Sa 1202/05, 15 Sa 125/06 und 2 Ca 57/05 (Arbeitsgericht Braunschweig) durch den Prozessvergleich vom 16. August 2006 nicht erledigt sind. Weiter beantragt er, nach den im vorliegenden Verfahren gestellten Berufungsanträgen zu erkennen. Soweit sein Begehren zunächst auch auf eine Sachentscheidung in den Verfahren 15 Sa 1202/05 und 15 Sa 125/06 gerichtet war, hat er hieran zuletzt nicht mehr festgehalten.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vergleichs vom 16. August 2006 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur (weiteren) Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Beklagten.

14

I. Die mit der Revision zuletzt verfolgten Anträge sind zulässig. Das gilt insbesondere für den Feststellungsantrag. Er genügt den Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO.

15

1. Der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur. Er enthält einerseits eine Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts bestimmt. Zugleich beruht er auf einem privatrechtlichen Vertrag, für den § 779 BGB und die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Willenserklärung gelten. Die Einheit von Prozesshandlung und materiellem Rechtsgeschäft sowie prozesswirtschaftliche Gründe sind maßgebend für die prozessualen Folgen materiellrechtlicher Mängel des Prozessvergleichs. Soweit diese auf Umständen beruhen, die bereits im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bestanden haben - sei es, dass sie zur Nichtigkeit des Vergleichs von Anfang an führen (zB gemäß §§ 134, 138, 306, 779 BGB), sei es, dass sie ein Anfechtungsrecht gemäß §§ 119, 123 BGB begründen, nach dessen Ausübung der Vergleich rückwirkend nichtig wird(§ 142 BGB) - ist der Prozessvergleich auch als Prozesshandlung unwirksam. Seine prozessbeendende Wirkung ist dann nicht eingetreten, die Rechtshängigkeit des Prozesses hat fortbestanden (st. Rspr., BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251).

16

2. Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit in demselben Verfahren auszutragen, in dem der Vergleich geschlossen wurde (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251; 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 40, 17). Wird die Wirksamkeit verneint, kann hierüber ein Zwischenurteil ergehen, das die Unwirksamkeit feststellt (Senat 14. Juli 1960 - 2 AZR 152/60 - zu III der Gründe, BAGE 9, 319; BGH 26. Januar 1967 - Ia ZB 19/65 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 47, 132). Wird der Vergleich als wirksam angesehen, so ergeht ein Endurteil dahin, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - aaO; BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - BGHZ 16, 388).

17

3. Werden in einem Prozessvergleich andere Verfahren mit erledigt (Gesamtvergleich), so kann der Streit über dessen Wirksamkeit in jedem dieser Verfahren geklärt werden. Dabei steht es der Partei frei, die Unwirksamkeit des Vergleichs als Vorfrage klären zu lassen, sie demnach in dem von ihr gewählten Verfahren zum Streitgegenstand einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zu machen. Damit wird die Frage der Wirksamkeit des Vergleichs einer rechtskraftfähigen Entscheidung zugeführt, die für die Parteien in den übrigen Verfahren bindend ist. Diese sind ggf. bis zur Entscheidung des angegangenen Gerichts auszusetzen (Senat 25. Juni 1981 - 2 AZR 219/79 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 36, 105; BGH 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82 - zu I der Gründe, BGHZ 87, 215).

18

4. Der in der Revision erhobene Feststellungsantrag des Klägers ist als ein solcher Zwischenfeststellungsantrag auszulegen und mit diesem Inhalt zulässig. Er zielt darauf, die Wirkungen einer erfolgreich geltend gemachten Unwirksamkeit des Vergleichs nicht nur für den vorliegenden Rechtsstreit, sondern auch für die miterledigten Rechtsstreite verbindlich klären zu lassen. Dabei kann offenbleiben, ob schon der im Berufungsverfahren zuletzt gestellte Antrag zu 1 - wovon offenbar das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - als ein solcher Antrag auszulegen war. Das Begehren ist auch zulässig, wenn von einer erstmaligen Anbringung des Antrags in der Revision auszugehen wäre. Zwar ist eine Klageerweiterung in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig (st. Rspr., BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu II 1 der Gründe mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2). Sie ist aber aus prozessökonomischen Gründen zuzulassen, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt stützt und berechtigte Interessen des Gegners nicht beeinträchtigt werden (BAG 18. September 2007 - 3 AZR 560/05 - Rn. 14, NZA-RR 2008, 320; 10. Februar 2004 - 9 AZR 89/03 - zu A der Gründe, AP ATG § 2 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 10). Das ist hier der Fall. Die Beklagte sieht dies ersichtlich nicht anders.

19

5. Dem Umstand, dass das Landesarbeitsgericht durch Endurteil entschieden hat, entspricht es, dass der Kläger seinen Antrag auf (Sach-)Entscheidung über die Berufungsanträge auch in der Revision weiter verfolgt. Diese sind nicht in der Berufungsinstanz „hängen geblieben“ (vgl. Senat 4. März 2004 - 2 AZR 305/03 - zu B II der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 794 Nr. 1; OLG Karlsruhe 21. Juli 2005 - 19 U 46/05 - MDR 2005, 1368). Das Vorbringen der Parteien lässt nicht erkennen, dass sie den Streit zunächst auf die Frage der Wirksamkeit des Prozessvergleichs beschränkt hätten (zu einer solchen Konstellation, in der die Berufungsanträge vorerst nicht gestellt waren: BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu I 1 der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12). Mit der vor dem Senat erfolgten Klarstellung, dass sich die begehrte Sachentscheidung auf die im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Berufungsanträge beschränkt, hat der Kläger der prozessualen Selbstständigkeit der mitverglichenen Rechtsstreite Rechnung getragen. Eine Sachentscheidung in den weiteren Verfahren kann der Kläger nur dadurch herbeiführen, dass er sich jeweils auf die Unwirksamkeit des Vergleichs vom 16. August 2006 beruft und sodann die entsprechenden Sachanträge stellt.

20

II. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Prozessvergleich vom 16. August 2006 ist unwirksam.

21

1. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils bietet dem Senat eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Er ist nicht mangelhaft iSv. § 69 Abs. 3 ArbGG.

22

a) § 69 Abs. 3 ArbGG verlangt für Urteile, gegen die die Revision statthaft ist, eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstands auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien. Dabei ist eine Bezugnahme auf Schriftsätze möglich, soweit dadurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird. Diesen Anforderungen (zu den Einzelheiten vgl. Senat 20. August 2009 - 2 AZR 165/08 - Rn. 16, AP BGB § 626 Nr. 223 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 27) wird die angefochtene Entscheidung gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand den Streitgegenstand bezeichnet, die Anträge hervorgehoben und auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Eine vorbehaltlose Antragstellung - wie im Termin der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer erfolgt - stellt grundsätzlich die Bezugnahme auf den gesamten bis dahin vorliegenden Inhalt der Verfahrensakten dar, der damit insgesamt iSv. § 559 Abs. 1 ZPO der revisionsrechtlichen Beurteilung unterliegt(vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 87; BGH 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 - NJW 1992, 2148).

23

b) Danach kann offenbleiben, ob die Rügen des Klägers, soweit sie sich auf Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Behandlung seines in der Vorinstanz angebrachten und negativ beschiedenen Tatbestandsberichtigungsantrags beziehen, wegen der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung (§ 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO) und der Möglichkeit der Anhörungsrüge (§ 78a ArbGG) zulässig sind. Es ist jedenfalls mit Blick auf die Inbezugnahme des Parteivorbringens nicht ersichtlich, dass die gerügte Auslassung wesentlichen Vorbringens zu einer Unrichtigkeit des Tatbestands hätte führen können.

24

2. Der Prozessvergleich vom 16. August 2006 ist nicht aus formellen Gründen unwirksam. Die gesetzlichen Anforderungen an die Protokollierung (§ 162 Abs. 1, § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) sind erfüllt. Der Kläger hat seinen in der Vorinstanz erhobenen Einwand, es fehle an einer Genehmigung des Vergleichs, in der Revision nicht mehr aufgegriffen. Seine Behauptung ist zudem durch das vom Vorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterzeichnete Sitzungsprotokoll widerlegt. Weist das Protokoll - wie hier - die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten aus, ist dagegen nur der Nachweis der Fälschung möglich (§ 165 ZPO).

25

3. Der Vergleich ist unwirksam, weil die Anfechtung berechtigt ist. Der Kläger ist im Termin der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2006 widerrechtlich durch Drohung seitens des Kammervorsitzenden zum Abschluss des Vergleichs bestimmt worden (§ 123 Abs. 1 BGB). Dies hat er nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts frist- und formgerecht durch Anfechtung geltend gemacht (§ 124 Abs. 1 und 2, § 143 Abs. 1 und 2 BGB).

26

a) Eine Drohung iSd. § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung als in irgendeiner Weise von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Der Bedrohte muss einer Zwangslage ausgesetzt sein, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder der des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sich die Widerrechtlichkeit gleichwohl aus der Inadäquanz, dh. der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist das Mittel nach Treu und Glauben nicht als angemessen zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig (BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 200/07 - Rn. 18, EzA BGB 2002 § 123 Nr. 8; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 197/05 - Rn. 14, AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6 mwN).

27

b) § 123 Abs. 1 BGB verlangt, dass der Drohende das Übel irgendwie in Aussicht stellt. Eine Willenserklärung, die lediglich unter Ausnutzung einer bestehenden Zwangslage veranlasst worden ist, kann nicht wegen widerrechtlicher Drohung angefochten werden (BGH 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 33). § 123 Abs. 1 BGB schützt die freie Willensentscheidung nur vor rechtswidrigen Beeinflussungen durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung. Die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit des Einzelnen wird dagegen nicht allgemein gegen jede Art von Beeinträchtigung durch eine Zwangslage geschützt (BAG 16. Februar 1983 - 7 AZR 134/81 - zu I 5 der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 22 = EzA BGB § 123 Nr. 21; BGH 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - aaO).

28

c) Für die Anfechtung wegen Drohung ist es unerheblich, von welcher Person die Drohung stammt. Diese kann auch von einer Hilfsperson des Geschäftspartners oder einem Dritten ausgehen (BAG 15. Dezember 2005 - 6 AZR 197/05 - Rn. 16, AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6; Senat 26. November 1981 - 2 AZR 664/79 -). Dritter in diesem Sinne kann auch das Gericht oder ein Mitglied des Gerichts sein (BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu II 3 der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12).

29

d) Danach ist die Anfechtung berechtigt.

30

aa) Der wirksamen Anfechtung des Prozessvergleichs steht nicht entgegen, dass der Kläger lediglich eine unzulässige Einflussnahme auf seine Willensbildung und nicht auch eine vergleichbare Einwirkung auf seinen Prozessbevollmächtigten geltend gemacht hat. Der bei den Landesarbeitsgerichten nach § 11 Abs. 4 ArbGG bestehende Vertretungszwang, der den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs mit umfasst(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 11 Rn. 119; für den Anwaltszwang: BGH 20. Februar 1991 - XII ZB 125/88 - zu II 2 der Gründe, NJW 1991, 1743 mwN), hindert nach den Umständen des vorliegenden Falls die Vergleichsanfechtung wegen eines Willensmangels in der Person des Klägers nicht.

31

(1) Zwar ist ein Rechtsgeschäft, das ein Vertreter abgeschlossen hat, nach § 166 Abs. 1 BGB wegen Täuschung oder Drohung nur anfechtbar, wenn sich der Vertreter hat täuschen lassen oder sich die Drohung gegen ihn richtete(Palandt/Heinrichs BGB 68. Aufl. § 166 Rn. 3). Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn es um die Anfechtung eines Prozessvergleichs geht und der geltend gemachte Willensmangel in der Person einer Partei besteht, die in einem Vergleichstermin selbst zugegen war. Beteiligt sich die Prozesspartei an den gerichtlichen Vergleichsverhandlungen, so ist es je nach den Umständen möglich, dass nicht ihr Bevollmächtigter, sondern sie selbst die eigentliche Entscheidung trifft, ob der Vergleich mit dem ausgehandelten Inhalt angenommen werden soll. Schließt der Prozessbevollmächtigte unter derartigen Voraussetzungen den Vergleich ab, setzt er regelmäßig nur den Geschäftswillen seines Mandanten in die Tat um; er handelt nach dessen Weisungen. Dann aber kommt es für Willensmängel im Rahmen der Anfechtung analog § 166 Abs. 2 BGB auf die Prozesspartei selbst und nicht ihren Vertreter an(zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung BGH 24. Oktober 1968 - II ZR 214/66 - zu II 2 b der Gründe, WM 1969, 471; für den Fall der Drohungsanfechtung unausgesprochen BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - NJW 1966, 2399).

32

(2) Im Streitfall gehen die Parteien übereinstimmend von einem weisungsgebundenen Handeln des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers aus. So hat die Beklagte selbst ausgeführt, die Verhandlungen hätten sich deshalb so langwierig gestaltet, weil der Kläger mehrfach erklärt habe, den Vergleich schließen zu wollen, einige Sekunden später aber hiervon wieder Abstand genommen habe. Angesichts dieses „Szenario“ sei es nachvollziehbar, dass der Vorsitzende nach Stunden erklärt habe, der Kläger habe „sonst keine Chance“ und ihn mit den Worten angesprochen habe: „Stimmen Sie dem jetzt endlich zu, ich will Mittag essen gehen“. Das wiederum lässt den Schluss zu, dass der Prozessbevollmächtigte den Vergleich ohne das Einverständnis des Klägers nicht genehmigt hätte.

33

bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist von einer Willensbeeinflussung des Klägers durch widerrechtliche Drohung seitens des Vorsitzenden auszugehen.

34

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Erklärungen des Vorsitzenden „Gleich werden Sie an die Wand gestellt und erschossen“, „Ich reiße Ihnen sonst den Kopf ab“ und: „Seien Sie vernünftig, sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln“ seien ersichtlich nicht wörtlich zu verstehen, sondern „als schlechter Scherz“ zu erkennen gewesen. Der Vorsitzende habe dem Kläger - wenn auch in unsachlicher Art und Weise - anhand der Prozesslage die voraussichtlichen Folgen eines möglichen Scheiterns der Vergleichsverhandlungen aufzeigen wollen.

35

(2) Damit hat sich das Landesarbeitsgericht zu Unrecht allein am Wortlaut der in Rede stehenden Äußerungen orientiert. Es hat nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Drohung iSv. § 123 BGB nicht ausdrücklich ausgesprochen zu werden braucht, sondern versteckt oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann(BGH 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - zu I 1 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 33). Den Erklärungen des Vorsitzenden kann ein drohendes Element nicht abgesprochen werden. Aus dem Vorbringen der Parteien geht nicht hervor, dass dem Kläger die - offenbar häufiger an den Tag gelegte - ungewöhnliche Art des Vorsitzenden bekannt gewesen wäre oder die Vergleichsverhandlungen in einer aufgelockerten Gesprächsatmosphäre geführt worden wären. Dies ist auch objektiv nicht ersichtlich. Vielmehr beschreibt das Vorbringen beider Parteien eine durchgehende Anspannung des Klägers. Unter diesen Umständen ist es nachvollziehbar, dass beim Kläger aufgrund der in Rede stehenden Äußerungen der Eindruck entstanden ist, dem Vorsitzenden sei jedes, ggf. auch ein anrüchiges Mittel recht, um den Prozess zu dem gewünschten Abschluss bringen, und er - der Kläger - diesem Druck nur dadurch ausweichen könne, dass er den angetragenen Vergleich (endlich) schließe. Bereits dies erfüllt die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 BGB.

36

(a) Zwar soll das Gericht nach § 64 Abs. 7, § 57 Abs. 2 ArbGG in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. Damit weist ihm das Gesetz im Hinblick auf Vergleichsbemühungen eine aktive Rolle zu, die sich auch in Vergleichsvorschlägen äußern kann (Dietrich ZZP 120, 443, 446). Wenn das Gericht in diesem Zusammenhang - was von vielen Parteien als hilfreich empfunden wird - seine vorläufigen rechtlichen Überlegungen und etwaige Beweisrisiken offenlegt, ist darin in der Regel ein sachlicher Hinweis auf die rechtlichen Folgen eines Scheiterns der Vergleichsverhandlungen zu sehen; die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken kann regelmäßig nicht als Drohung gewertet werden (BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu II 2 c der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl. § 779 Rn. 52; Staudinger/Singer/ v. Finckenstein (2004) § 123 Rn. 63; Arndt NJW 1967, 1585; Schneider NJW 1966, 2399).

37

(b) Anders liegt der Fall aber, wenn die Verhandlungsführung den Eindruck erweckt, die Partei müsse sich zwingend der Autorität des Gerichts beugen (vgl. Staudinger/Singer/v. Finckenstein (2004) § 123 Rn. 63; Dietrich ZZP 120, 443, 451; Schallow Der mangelhafte Prozessvergleich S. 222 f.). Die Einbettung des Prozessvergleichs in das gerichtliche Urteilsverfahren setzt die Einhaltung verfahrensrechtlicher Vorschriften voraus, insbesondere des Gebots, einer Partei auch im Rahmen von Vergleichsverhandlungen Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zu vertreten, und ihr rechtliches Gehör zu gewähren (Schallow S. 222; Wolf in Gottwald/Hutmacher/Röhl/Strempel Der Prozessvergleich S. 153, 156). Außerdem verlangt der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) iVm. Art. 2 GG abzuleitende Justizgewährleistungsanspruch danach, einer Partei den Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren(BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395). Bei der Beurteilung, ob das Drängen des Gerichts auf einen Vergleichsabschluss nach den Umständen des Einzelfalls eine widerrechtliche Drohung darstellt, sind diese grundrechtlichen Anforderungen mit zu berücksichtigen.

38

(c) Im Streitfall hat der Vorsitzende in seiner dienstlichen Äußerung, die sich der Kläger ausdrücklich zu eigen gemacht hat, eingeräumt, es sei ihm darum gegangen, dem Kläger das „tödliche“ Risiko einer Ablehnung des Vergleichs vor Augen zu führen. Die drastische Wortwahl, mit der er dies in der Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, war geeignet, beim Kläger die Furcht vor einer von ihm nicht mehr zu beeinflussenden, nachteiligen Entscheidung zu wecken und die freie Abwägung des Für und Wider auszuschließen (vgl. hierzu einen ähnlichen Fall BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu II 2 c der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12). Hinzu kommt, dass der Kläger die Äußerungen des Vorsitzenden dahin verstehen musste, bei weiteren Bedenken gegen den Vergleich oder dessen Inhalt als „Störenfried“ zu gelten und nicht erwarten zu können, mit seinem Anliegen noch Gehör zu finden und mit Sachargumenten durchzudringen. Das in Aussicht gestellte Übel war damit zum einen die Verlängerung der für den Kläger unerträglich gewordenen Situation im Gerichtssaal selber. Zum anderen musste der Kläger befürchten, bei endgültiger Verweigerung eines Vergleichsabschlusses kein unbefangenes, abgewogenes Urteil mehr erlangen zu können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vergleich aus Sicht des Vorsitzenden für den Kläger vorteilhaft war. Die durch § 123 Abs. 1 BGB geschützte freie Willensbestimmung schließt die Verweigerung eines angetragenen Vergleichs ein, mag dies auch aus Sicht des Gerichts oder objektiv unvernünftig erscheinen.

39

cc) Das Vorgehen des Vorsitzenden war offensichtlich dazu bestimmt, den Kläger zu veranlassen, seinen Widerstand gegen den angetragenen Vergleich aufzugeben. Das ergibt sich sowohl aus den Worten: „Manche muss man eben zu ihrem Glück zwingen“ als auch aus dem Hinweis, der Kläger habe sonst „keine Chance“. Der Einwand der Beklagten, derartige Erklärungen seien lediglich Ausdruck einer durch die langwierigen Vergleichsverhandlungen eingetretenen Erschöpfung des Kammervorsitzenden, liegt fern. Wäre dem so gewesen, hätte es angesichts der offen zutage getretenen Unsicherheit des Klägers nahe gelegen, die Aufnahme eines Widerrufsvorbehalts in den Vergleich anzuregen.

40

dd) Zu Unrecht meint die Beklagte, schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers fehle es jedenfalls an der Kausalität der aufgezeigten Drohung für den Vergleichsschluss.

41

(1) Gemäß § 123 Abs. 1 BGB muss die Drohung für die angefochtene Willenserklärung des Bedrohten ursächlich gewesen sein. Dabei genügt es, dass sie nach der Vorstellung des Drohenden mitursächlich gewesen ist (BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 58, BAGE 125, 70; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 197/05 - Rn. 19, AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6; MünchKommBGB/Kramer 5. Aufl. § 123 Rn. 47). Eine Willenserklärung kann nur dann erfolgreich wegen Drohung angefochten werden, wenn der Anfechtende einem auf die Bestimmung des Willens gerichteten Verlangen nachgegeben und die Willenserklärung nicht aus eigener, selbstständiger Überlegung abgegeben hat (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 45, BAGE 120, 251).

42

(2) Danach ist die Kausalität der widerrechtlichen Einflussnahme auf den Willensbildungsprozess des Klägers zu bejahen. Ist die Androhung eines Übels geeignet, den Bedrohten zur Abgabe einer Willenserklärung zu bestimmen, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie eine solche Wirkung auch gehabt hat (vgl. BGH 30. Januar 1963 - VIII ZR 256/61 - BB 1963, 452).

43

(a) Diese Vermutung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dadurch erschüttert, dass der Kläger gegen den Vorsitzenden - möglicherweise trotz ausdrücklichen Hinweises - kein Ablehnungsgesuch (§ 42, § 44 ZPO)angebracht, sondern die Vergleichsverhandlungen fortgesetzt hat. Zwar mag das Führen von Vergleichsverhandlungen in Kenntnis eines Ablehnungsgrunds als „Einlassen“ im Sinne von § 43 ZPO zu verstehen sein und ggf. den Verlust eines Ablehnungsrechts aus § 42 ZPO bewirken(bspw. OLG Frankfurt 19. Februar 1991 - 3 WF 185/90 - FamRZ 1991, 839; MünchKommZPO/Gehrlein 3. Aufl. § 43 Rn. 5). Es ist aber fraglich, ob § 43 ZPO auch im Rahmen von § 123 BGB zum Tragen kommen kann. Letztlich kann dies dahinstehen. § 43 ZPO dient der Prozesswirtschaftlichkeit und soll verhindern, dass das Ablehnungsrecht zu Zwecken der Prozesstaktik eingesetzt wird(MünchKommZPO/Gehrlein aaO Rn. 1). Zwingende materiell-rechtliche Wirkungen ergeben sich daraus nicht. Im Übrigen wird allein durch die Nichtausübung eines Ablehnungsrechts noch nicht der Kausalzusammenhang zwischen Drohung und späterem Vergleichsschluss durchbrochen.

44

(b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kausalität der Drohung durch Zwischenberatungen der Parteien untereinander beseitigt worden wäre. Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht darstellt, was Gegenstand dieser Beratungen war, spricht der weitere Verlauf der mündlichen Verhandlung gegen einen von den vorangegangenen Äußerungen des Vorsitzenden unbeeinflussten, freien Entschluss des Klägers, dem Vergleich zuzustimmen. Sonst hätte es einer weiteren Einwirkung auf den Kläger nicht bedurft.

45

e) Der Rechtsstreit war nicht zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die Wirksamkeit des Prozessvergleichs an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Es bedarf keiner weiteren Feststellungen. Zwar hat das Landesarbeitsgericht das Vorbringen des Klägers zum Vorliegen einer widerrechtlichen Drohung als streitig angesehen und für seine Entscheidung lediglich als wahr unterstellt. Dabei hat es aber übersehen, dass die Behauptungen des Klägers, soweit sie sich auf den Gang der Verhandlung und für die Beklagte wahrnehmbare Äußerungen des Vorsitzenden bezogen haben, entweder in weiten Teilen - was etwa die von diesem selbst in einer dienstlichen Stellungnahme eingeräumten Äußerungen anbelangt - durch bejahende Einlassung zugestanden worden sind oder zumindest wegen der Unzulässigkeit eines Bestreitens nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu gelten hatten.

46

aa) Soweit die Beklagte dem Vorbringen des Klägers überhaupt - im Wesentlichen pauschal - entgegen getreten ist, hat sie sich auf Erinnerungslücken ihres Prozessbevollmächtigten berufen. Insoweit liegt ein Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) vor.

47

bb) Dies ist hier unzulässig. Dem Vortrag der Beklagten ist nicht zu entnehmen, welche Anstrengungen ihr Prozessbevollmächtigter unter Hinzuziehung ggf. vorhandener Sitzungsunterlagen unternommen hat, mögliche Erinnerungslücken zu schließen. Im Übrigen war die Beklagte im Termin vom 16. August 2006 auch durch ihren Personalleiter vertreten. Ob und mit welchem Ergebnis sie versucht hat, sich über diesen die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, geht aus ihrem Vorbringen nicht hervor.

48

4. Die Anfechtung des Prozessvergleichs ist nicht gemäß § 144 BGB ausgeschlossen. Die diesbezüglichen Behauptungen der Beklagten sind unschlüssig.

49

a) Nach § 144 Abs. 1 BGB ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Bestätigung ist jede Erklärung des Anfechtungsberechtigten, in der sein Wille zum Ausdruck kommt, ein ihm bekanntes Anfechtungsrecht nicht auszuüben (BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 36, BAGE 125, 70; BGH 28. April 1971 - VIII ZR 258/69 - zu II 3 e cc der Gründe, NJW 1971, 1795). An die Annahme einer Bestätigung durch schlüssiges Verhalten sind strenge Anforderungen zu stellen. Teilnehmer am Rechtsverkehr pflegen erfahrungsgemäß nicht ohne Weiteres auf bestehende Befugnisse oder Gestaltungsmöglichkeiten zu verzichten (BGH 2. Februar 1990 - V ZR 266/88 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 110, 220). Für die Fälle des § 123 BGB gilt dies in besonderem Maße, weil dem Anfechtungsberechtigten eine Anfechtungsfrist von einem Jahr zur Verfügung steht(§ 124 BGB). Diese gesetzliche Überlegungsfrist darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass jedes Verhalten des Anfechtungsberechtigten, das sich als Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus dem anfechtbaren Rechtsgeschäft verstehen lässt, als dessen Bestätigung gewertet wird. Eine stillschweigende Bestätigung iSv. § 144 BGB kann erst angenommen werden, wenn das fragliche Verhalten eindeutig Ausdruck eines entsprechenden Willens und jede andere Deutung den Umständen nach ausgeschlossen ist(BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - aaO; 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B I 1 der Gründe mwN, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5).

50

b) Danach kann eine Bestätigung des anfechtbaren Vergleichs nicht darin gesehen werden, dass der Kläger für die Zeit bis zum 31. Dezember 2006 Leistungen auf der Grundlage des Vergleichs entgegen genommen und sich mit der Beklagten um die Auslegung von dessen Nr. 3 gestritten hat. Das Verhalten des Klägers war ersichtlich einer wirtschaftlichen Notwendigkeit geschuldet. Es steht auch nicht im Widerspruch zu seiner Überzeugung, der Prozessvergleich habe den Rechtsstreit nicht beendet und das Arbeitsverhältnis bestehe mangels rechtswirksamer Kündigung fort. Selbst wenn der Kläger, wie von der Beklagten behauptet, im Hinblick auf die Zeugniserteilung eine Vollstreckung aus dem Vergleich angekündigt hätte, müsste dies nicht als dessen Bestätigung verstanden werden. Der Kläger konnte angesichts des Ablaufs der Kündigungsfrist ohnehin ein Zeugnis beanspruchen. Ebenso wenig lässt sich ein eindeutiger Bestätigungswille daraus ableiten, dass er die Konsequenzen aus dem Verhalten des Vorsitzenden erst zu einem Zeitpunkt gezogen hat, zu welchem sein neu begründetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber bereits beendet war. Sein Verhalten lässt durchaus andere Deutungen zu. So ist es möglich, dass der Kläger seinen neuen Arbeitgeber nicht dadurch verunsichern wollte, dass er einen Kündigungsrechtsstreit mit seinem früheren Arbeitgeber wieder aufnähme, oder er die Hoffnung hegte, er könne sich durch einen beruflichen Neuanfang die Belastungen, die mit einer Fortsetzung des vorliegenden Rechtsstreits verbunden sind, ersparen.

51

5. Ist der Vergleich damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB unwirksam, kann dahinstehen, ob - wie vom Kläger geltend gemacht - sonstige Unwirksamkeitsgründe vorliegen. Grundsätzlich können auch möglicherweise nichtige Rechtsgeschäfte angefochten werden (sog. Doppelwirkungen im Recht, vgl. BGH 25. November 2009 - VIII ZR 318/08 - Rn. 18, BB 2010, 271).

52

III. Der durch den Prozessvergleich nicht erledigte Rechtsstreit ist in der Lage fortzusetzen, in der er sich vor Vergleichsabschluss befand. Da das Berufungsgericht noch keine Sachentscheidung getroffen hat, ist der Rechtsstreit an dieses zurückzuverweisen (entsprechend § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

        

    Kreft
zugleich für ehrenamtlichen
Richter Dr. Bartel, der wegen
des Endes seiner Amtszeit an
einer Unterzeichnung
verhindert ist    

        

    Eylert    

        

    Berger    

        

        

        

        

        

    Jan Eulen    

                 

(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht

1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,
2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder
3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.

Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.

(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.

Der Richter beim Amtsgericht entscheidet als Strafrichter bei Vergehen,

1.
wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden oder
2.
wenn eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist.

Für die Verhandlung und Entscheidung der zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Strafsachen werden, soweit nicht der Strafrichter entscheidet, bei den Amtsgerichten Schöffengerichte gebildet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.