Verwaltungsgericht Berlin Beschluss, 27. Sept. 2019 - VG 35 K 73.19 A
VERWALTUNGSGERICHT BERLIN
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In der Verwaltungsstreitsache
des mdj. A, geb. ……2018,
vertreten durch den Vater, B,
vertreten durch die Mutter, C,
Klägers,
Verfahrensbevollmächtigte(r): BSP Rechtsanwälte, Wilhelmstraße 46, 10117 Berlin,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, dieses vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
- Außenstelle Berlin -,
Badensche Straße 23, 10715 Berlin,
Beklagte,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 35. Kammer, durch den Richter Prein genannt Roggenkämper als Einzelrichter im Wege schriftlicher Entscheidung am 27. September 2019
für Recht erkannt:
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. August 2018 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Zuständigkeit der Beklagten für die Durchführung des Asylverfahrens.
Der Kläger, ein aserbaidschanischer Staatsangehöriger, ist das am ... ... 2018 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Kind des Herrn B, geboren ... ... 1978 und der Frau C, geboren ... ... 1990 (Eltern), über deren Klagen im Dublin-Verfahren der Einzelrichter mit schriftlicher Entscheidung vom heutigen Tage entschieden hat (VG 35 K 30.19 A).
Die Eltern zeigten die Geburt des Klägers am ... ... 2018 dem Bundesamt an.
Die Eltern reisten im Jahr 2017 in Besitz von litauischen Sehengen-Visa in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten nach ihrer Ankunft im Bundesgebiet Asylanträge, die das Bundesamt als unzulässig ablehnte. Nachdem ihr einstweiliges Rechtsschutzersuchen durch das Gericht zunächst ohne Erfolg blieb, ordnete das Gericht wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist später die aufschiebende Wirkung der Klagen an und hob mit dem Urteil vom heutigen Tage (VG 35 K 30.19 A) den dortigen Dublin-Bescheid auf. Auf den Tatbestand des Urteils wird für die weiteren Einzelheiten betreffend die Eltern Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 20. August 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids). Ferner stellte es fest, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen (Nr. 2 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Litauen an (Nr. 3 des Bescheids). Das Einreiseverbot wurde auf sechs Monate befristet (Nr. 4 des Bescheids).
Mit seiner am 31. August 2018 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter (vormaliges Aktenzeichen: VG 31 K 792.18 A) und hat zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (VG 31 L 791.18 A). Mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
Der Kläger ist im Wesentlichen der Ansicht, dass die Überstellungsfrist der Eltern abgelaufen und die Beklagte für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig sei.
Er beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 20. August 2018 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 4 AsylVfG zuzuerkennen; hilfsweise hierzu beantrage ich die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin den subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 AsylVfG zuzuerkennen, und höchst hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie geht von einer wirksamen Verlängerung der Überstellungsfrist der Eltern infolge Flüchtigseins aus.
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2018 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterinals Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Die Verfahrensbeteiligten haben sich mit Schriftsatz vom 24. September 2019 bzw. allgemeiner Prozesserklärung vom 27. Juli 2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, ferner auf die Gerichtsakte betreffend das Verfahren der Eltern (VG 35 K 30.19 A), ferner auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Ausländerakten der Ausländerbehörde Bezug genommen, die dem Gericht vorgelegen haben und jeweils Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
1. Über die Klage entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung, da das Verfahren gemäß § 76 Abs. 1 des Asylgesetzes - AsylG - auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist und die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
2. Die Klage hat teilweise Erfolg.
a) Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten erklärt, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiter hilfsweise Abschiebungsverbote festzustellen, ist die erhobene Klage unzulässig. Gegen Dublin-Bescheide, wie hier, ist allein die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt VwGO gegen die getroffenen Verfügungen im Bescheid statthaft. Dem Gericht ist verwehrt, eine Entscheidung über das Asylbegehren selbst zu treffen (ausführlich VG Berlin, Urteil vom 26. Februar 2019 - VG 31 K 230.18 A -, juris Rn. 19 ff. m.w.N.).
b) Der Bescheid vom 20. August 2018 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 2. Hs AsylG) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Schutzbegehrens als unzulässig ist § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - Dublin 111-VO -, ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Grundlage für eine Zuständigkeit Litauens wäre im Fall des minderjährigen Klägers, der im Bundesgebiet geboren wurde, Art. 20 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Dublin 111- VO. Nach Satz 1 ist für die Zwecke der Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Nach Satz 2 wird ebenso bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens der Eltern des Klägers ist mittlerweile auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, nachdem die Überstellungsfrist abgelaufen ist. Wegen der Begründung wird auf das Urteil vom heutigen Tage (VG 35 K 30.19 A) verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit abgesehen.
Erweist sich der Asylantrag danach nicht mehr als unzulässig, so fehlt nunmehr auch eine Grundlage für die Feststellung des Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG, die Anordnung der Abschiebung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthalts verbots gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und § 708 Nr. 11 i.V.m. § 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
Prein genannt Roggenkämpfer
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:
- 1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen; - 2.
- a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a, - b)
deren Durchführung und - c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
- 3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler; - 4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung; - 4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen; - 5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a; - 5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts; - 6.
Führung des Registers nach § 91a; - 7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel; - 8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder; - 9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen; - 10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt; - 11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen; - 12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7; - 13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.