Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Jan. 2019 - M 16 K 17.2157

bei uns veröffentlicht am15.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

II. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 25. April 2017 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017 rechtswidrig gewesen ist.

III. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, hat der Kläger die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. Im Übrigen tragen der Beklagte und der Beigeladene die Kosten des Verfahrens je zu Hälfte.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem das sog. Oldtimertreffen in P. im Jahre 2017 zugelassen wurde.

Der Kläger bewohnt als Eigentümer das Anwesen „… “ in …, das ehemalige sog. … des 1971 geschlossenen Bergwerks. Im Norden seines Grundstücks befinden sich das Bergbaumuseum („Tiefstollen 2“) und die Musikschule („Tiefstollen 3“), im Nordosten die sog. T. („T. 5“), ein Bürgerhaus mit Mehrzwecksaal und großzügigem Freibereich. Im Flächennutzungsplan der Beklagten sind das klägerische Grundstück sowie die o.g. nördlich davon gelegenen Flächen als Flächen für den Gemeinbedarf dargestellt, das mit der T. bebaute Areal als Mischgebiet. Die Umgebung westlich und südlich des klägerischen Anwesens ist unbebaut, im Osten liegen Bahnanlagen sowie Flächen, die im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet dargestellt sind. Erschlossen wird das Grundstück des Klägers aus dem Norden über die Straße „Tiefstollen“.

Seit 2012 veranstaltet der Beigeladene jährlich ein eintägiges „V. Motor & Music Festival“ (sog. Oldtimertreffen), seit 2013 in der T. und auf dem angrenzenden Areal. Das Veranstaltungsprogramm besteht aus moderierten Präsentationen der Oldtimer, Bewirtung und Live-Musik.

Auf eine Anzeige nach Art. 19 LStVG vom 14. Februar 2017 hin erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 25. April 2017 dem Beigeladenen die Erlaubnis zur Durchführung eines Oldtimertreffens am Samstag, den 17. Juni 2017 von 10 Uhr bis 2 Uhr auf dem Vorplatz und in der T. (Ablauf: ab 10 Uhr Oldtimervorführung mit anschließender Fahrzeugprämierung am Vorplatz der T. inkl. Bewirtung und Live-Musikbegleitung; ab ca. 22 Uhr Verlegung der Veranstaltung in den Innenbereich der T. mit Live-Musik). Die Erlaubnis (Nr. 1) wurde mit Auflagen verbunden. So wurde u.a. die Höchstbesucherzahl für das Außengelände tagsüber auf ca. 1.500 Personen und abends ab 22 Uhr im Innenbereich der Halle auf 800 Personen - je gleichzeitig - beschränkt (Nr. 2.3.1). Bühne und Lautsprecher seien mit möglichst großem Abstand zur benachbarten Wohnbebauung aufzustellen und so auszurichten, dass eine direkte Beschallung vermieden werde. Nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie (§ 3 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 BImSchG) seien an den nächstgelegenen Immissionsorten bei seltenen Ereignissen folgende Immissions-Höchstwerte außerhalb von Gebäuden zulässig:

nachts: 22 - 6 Uhr 45 dB(A) tagsüber (innerhalb der Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen): 6 - 8 Uhr und 20 bis 22 Uhr 55 dB(A) tagsüber (außerhalb der Ruhezeiten): 60 dB(A).

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürften die vorgenannten Immissions-Höchstwerte nachts um nicht mehr als 10 dB(A) und tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Beurteilungsmaßstab sei nachts die ungünstigste volle Stunde. Als Veranstalter habe der Beigeladene die Einhaltung o.g. Wertes durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen (Nr. 2.12.3, Lärmschutz für die Nachbarschaft). Musikdarbietungen seien in der Lautstärke so zu bemessen, dass die umliegende Wohnbevölkerung nicht in unzumutbarer Weise gestört werde. Lautsprecher seien so einzurichten, dass eine direkte Beschallung der Wohngebäude in unmittelbarer Nähe vermieden werde (Nr. 2.13, Musikdarbietungen). Der Veranstalter werde angehalten dafür Sorge zu tragen, die Besucher in geeigneter Weise darauf aufmerksam zu machen, beim Verlassen des Veranstaltungsorts jeden unnötigen Lärm auf Parkplätzen und umliegenden Straßen zu unterlassen (Nr. 2.17.5). Gleichzeitig wurde dem Beigeladenen die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs zum Verabreichen von Getränken und Speisen (unter Auflagen) erteilt (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 5, ergänzt durch Bescheid v. 15.5.2017).

Am 17. Mai 2017 erhob der Kläger Klage mit dem Antrag:

Der Bescheid vom 25. April 2017 über die Erlaubnis für die Durchführung einer öffentlichen Vergnügung und der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs einer Schank- und Speisewirtschaft wird aufgehoben.

Mit Beschluss vom 18. Mai 2017 wurde der Veranstalter zu dem Verfahren beigeladen.

Mit Ergänzungsbescheid vom 30. Mai 2017 verfügte die Beklagte folgende neue Auflage (2.1.3): „Um sicherzustellen, dass die im Bescheid ergangenen Auflagen seitens des Veranstalters erfüllt werden, wird die Marktgemeinde P. einen Mitarbeiter abstellen, der am Veranstaltungstag zugegen sein wird. Dieser Mitarbeiter soll insbesondere darauf achten, dass die vorgegebenen Lärmschutzauflagen zum Schutze der Besucher als auch der Nachbarschaft (Nr. 2.12 und 2.12.3) eingehalten werden. Dies soll Mithilfe eines mobilen Schallmessgerätes, stichprobenartig, über den Veranstaltungstag verteilt erfolgen. Die richtige Anwendung des Gerätes, als auch die Auswahl der geeigneten Messorte etc. wird durch einen Mitarbeiter des technischen Umweltschutzes des Landratsamtes W.-S. im Vorfeld erläutert“. Zudem wurde verfügt, dass die Bestuhlung im Außenbereich auf maximal 800 Personen (zeitgleich) ausgelegt sein darf.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2017 (M 16 S 17.2177) lehnte das Verwaltungsgericht München den zeitgleich mit der Klage eingereichten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ab. Die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage seien als offen anzusehen, die Interessenabwägung falle aber zu Lasten des Klägers aus.

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 - nach Durchführung der Veranstaltung - ließ der Kläger beantragen,

festzustellen, dass der Bescheid v. 25. April 2017 über die Erlaubnis für die Durchführung einer öffentlichen Vergnügung und der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs einer Schank- und Speisewirtschaft rechtswidrig war.

Mit Schriftsatz vom 9. August 2018 ließ der Kläger die Klage um folgende Anträge erweitern:

Der Beklagte wird verurteilt, es in Zukunft zu unterlassen, die regelmäßig in und außerhalb der „T.“ (T. 5, 8 P., Flur-Nr. …, Gemarkung …) durchgeführte Veranstaltung „Oldtimertreffen der … … mit Live-Musik zu genehmigen,

hilfsweise durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass bei diesen Veranstaltungen die Lärmbelästigung an den in der beigefügten Nordansicht des Wohnhauses des Klägers ( … … ) mit einem roten „...“ gekennzeichneten Fenstern in der Zeit von 6:00 - 8:00 Uhr und 20:00 - 22:00 Uhr an Werktagen sowie an Sonn- und Feiertagen 55 dB(A), nachts von 22:00 - 6:00 Uhr an Werktatgen sowie von 22:00 - 7:00 Uhr an Sonn- und Feiertagen 45 dB(A), im Übrigen tagsüber 60 dB(A) nicht übersteigt und dem Kläger eine ungehinderte und sichere Zufahrt zu seinem Grundstück zu gewährleisten.

Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verurteilung zu I. ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR festgesetzt werden kann.

Zu Begründung der Klage macht der Kläger zusammengefasst im Wesentlichen geltend, der Bescheid schütze ihn nicht hinreichend vor unzumutbarem Lärm. Es fehle an einer Lärmprognose und im Bescheid sei nicht sichergestellt, dass die festgesetzten Lärmwerte eingehalten werden könnten. Rein tatsächlich seien diese Werte massiv überschritten worden; dazu legt der Kläger ein schalltechnisches Gutachten des Ingenieurbüros … … … vom 25.7.2017 vor. Die Veranstaltung sei auch nicht mit Blick auf die Figur der sog. „seltenen Veranstaltung“ rechtmäßig gewesen. Die Standortgebundenheit sei zu verneinen, da die Veranstaltung 2012 bereits einmal auf dem sog. Volksfestplatz stattgefunden habe. Es fehle aber auch an der sozialen Adäquanz und Akzeptanz. Zudem sollten auch bei seltenen Ereignissen Überschreitungen des Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr vermieden werden und Geräuschspitzen die Werte von 65 dB(A) nachts einhalten; auch diese Werte seien hier überschritten worden. Schließlich werde die Zufahrt zu dem Grundstück des Klägers durch die Veranstaltung erheblich behindert, aufgrund seiner Herzerkrankung sei er jedoch auf eine jederzeitige Erreichbarkeit für einen Rettungswagen angewiesen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen jeweils,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses, so dass der Vortrag des Klägers zu nachträglichen Erkenntnissen und insbesondere das vorgelegte Privatgutachten unerheblich seien. Im Übrigen verweisen die Beklagte und der Beigeladene der Sache nach auf die Entscheidung der Kammer im Eilverfahren und tragen ergänzend vor, die Veranstaltung sei jedenfalls als sog. seltenes Ereignis genehmigungsfähig gewesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2019 stellte der Kläger nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Gericht zuletzt den Antrag,

festzustellen, dass der Bescheid vom 25. April 2017, in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017, über die Erlaubnis für die Durchführung einer öffentlichen Vergnügung und der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs einer Schank- und Speisewirtschaft rechtswidrig war.

Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Eil- und Hauptsacheverfahren sowie in dem Verfahren M 22 K 17.5132 und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Soweit die Klage nach der mit Schriftsatz vom 9. August 2018 erklärten Klageerweiterung (vgl. dazu Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 91 Rn. 25) vorbeugend auf Unterlassung zielte, war sie gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Denn insoweit hat die Klagepartei die Klage in der mündlichen Verhandlung konkludent zurückgenommen, indem sie einen eingeschränkten, allein auf die Fortsetzungsfeststellung gerichteten Antrag gestellt hat (vgl. dazu Rennert, a.a.O., § 92 Rn. 9; BFH, B.v 1.10.1999 - VII R 32/98 - BFHE 189, 252 = juris Rn. 9 ff.).

II.

Soweit die Klage aufrechterhalten wurde und sich auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25. April 2017 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017 richtet, ist sie zulässig und begründet.

1. Die Klage ist nach Umstellung des Klageantrags als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) zulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt - wie hier durch die Durchführung der Veranstaltung - erledigt hat, auf Antrag aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Hier hat der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein solches berechtigtes Interesse, da Wiederholungsgefahr gegeben ist. Das sog. Oldtimertreffen soll, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, auch in Zukunft und insbesondere 2019 an und in der T. stattfinden. An den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen hat sich nichts Wesentliches geändert. Es ist damit davon auszugehen, dass der Beklagte erneut einen entsprechenden Bescheid erlassen und sich die kontroversen Rechtsfragen zwischen den Beteiligten wiederum stellen werden (vgl. dazu BayVGH, U.v. 22.7.2015 - 22 B 15.620 - juris Rn. 33; BayVGH, B. v. 24.3.2011 - 22 ZB 10.3014 - juris Rn. 10).

2. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 25. April 2017 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017 war zum Zeitpunkt der Veranstaltung rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt, weil er die rechtlichen Vorgaben zum Schutz des Klägers vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht hinreichend berücksichtigt hat.

a) Keiner abschließenden Entscheidung bedarf dabei, inwieweit die Zulassung der Veranstaltung auf § 12 GastG oder Art. 19 Abs. 2 LStVG beruht bzw. - bei Annahme eines Nebeneinanders von Zulassungsentscheidungen nach beiden Rechtsgrundlagen - in welchem der genannten Regelungsregime die hier in Rede stehenden Geräuscheinwirkungen zu berücksichtigen waren.

Ausgangspunkt ist dabei der Grundsatz der Subsidiarität der Erlaubnis nach Art. 19 LStVG. Für eine Anzeige- bzw. Erlaubnispflicht danach ist kein Raum, soweit bundesrechtliche oder besondere landesrechtliche Vorschriften bestehen. Besteht eine Erlaubnispflicht nach anderen Vorschriften, z.B. nach dem Gaststättengesetz oder auch der Straßenverkehrsordnung, beschränken sich Anordnungen und Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG auf den Bereich, der nicht sondergesetzlich geregelt ist (vgl. VG München, B.v. 2.6.2017 - M 16 S 17.2177 - juris Rn. 25; Schenk, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 36). Für den hier maßgeblichen Zeitpunkt folgt diese Subsidiarität bereits aus Art. 19 Abs. 9 LStVG in der bis zum 31. Juli 2017 gültigen Fassung; im Übrigen dürfte sich daran aber auch mit dessen Streichung nichts geändert haben (vgl. LT-Drs. 17/16299 S. 16; VG Würzburg, U.v. 21.2.2018 - W 6 K 17.394 - juris Rn. 38).

Weiterhin ist anerkannt, dass zu den im gaststättenrechtlichen Verfahren zu berücksichtigenden Lärmeinwirkungen sowohl die Geräusche durch den eigentlichen Gaststättenbetrieb, also der Lärm aus der Gaststätte, als auch der sonstige der Gaststätte zurechenbare Lärm zählt. Zurechenbar in diesem Sinne ist etwa der Lärm, der durch die Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte hervorgerufen wird, sofern er einen erkennbaren Bezug zu dem Betrieb hat. Dies ist u.a. bei Verkehrslärm der Fall, solange die Gäste nicht mehr bzw. noch nicht in den allgemeinen Straßenverkehr eingegliedert sind (vgl. BVerwG, B.v. 30.4.1965 - VII B 195/64 - VwRspr 1966, 483; BVerwG, U.v. 7.5.1996 - 1 C 10/95 - BVerwGE 101, 157 = juris Rn. 35; BVerwG, B.v. 9.4.2003 - 6 B 12/03 - juris Rn. 10).

Nach diesen Maßstäben spricht viel dafür, dass in der hier vorliegenden Situation die gesamten von der in Rede stehenden Veranstaltung ausgehenden Geräuscheinwirkungen dem Gaststättenbetrieb zuzurechnen und damit auch unter dem Blickwinkel des § 12 GastG zu prüfen waren, jedenfalls weil die Bewirtung und die Verantwortung für die Gesamtveranstaltung hier in einer Hand lagen (in diesem Sinne auch BayVGH, U.v. 2.11.1992 - 22 B 92.263 - n.v.; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 12 GastG Rn. 5).

Einer abschließenden Entscheidung bedarf diese Frage jedoch nicht. Die Beklagte war sowohl für den Vollzug des § 12 GastG zuständig (vgl. § 1 Abs. 2 BayGastV) als auch, da es sich hier in Ermangelung eines sportlichen Wettkampfes nicht um eine motorsportliche Veranstaltung i.S.d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LStVG handelte (vgl. Schenk, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 70), für die Erteilung der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG. Sowohl die Gestattung nach § 12 GastG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) als auch die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG (vgl. Art. 19 Abs. 4 LStVG, vgl. auch BayVGH, B.v. 16.4.2018 - 10 ZB 18.310 - juris Rn. 6) setzen voraus, dass keine schädlichen Umwelteinwirklungen i.S.d. § 3 BImSchG für die Nachbarschaft zu befürchten sind, und entfalten insoweit drittschützende Wirkung (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014 - 22 CS 14.3013 - juris Rn. 4 zu §§ 4, 5 GastG; BayVGH, B.v. 16.4.2018 - 10 ZB 18.310 - juris Rn. 6 zu Art. 19 Abs. 4 LStVG). Schließlich konnte die Beurteilung der Geräuschimmissionen hier in jedem Fall allein anhand eines alle Geräusche der Veranstaltung erfassenden Summenpegels, also einer Gesamtbetrachtung erfolgen. Eine segmentierende Betrachtung und Aufteilung der Immissionen - insbesondere aus dem Gaststättenbetrieb, der Livemusik, der Oldtimervorführung, dem Feuerwerk, dem An- und Abfahrtsverkehr sowie der Kommunikation der Besucher - würde den tatsächlichen Verhältnissen und der Zusammenfassung aller Bestandteile der Veranstaltung zu einer Einheit im Sinne eines integrativen Konzepts nicht gerecht (vgl. dazu BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris Rn. 11 ff.).

b) Nach der Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Erheblichkeit von Immissionen muss dabei nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.1978 - IV C 79.76 - BVerwGE 56, 110 = juris Rn. 89; VGH BW, U.v. 6.3.2018 - 6 S 1168/17 - juris Rn. 34; vgl. auch BayVGH, B.v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 5). Dabei kommt es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten an (vgl. VGH BW, a.a.O.; BVerwG, U.v. 7.5.1996 - 1 C 10/95 - BVerwGE 101, 157 = juris Rn. 28). Immissionen, die Gesundheitsschäden hervorrufen, sind stets erheblich (vgl. BayVGH, U.v. 6.5.2013 - 22 B 12.1967 - juris Rn. 27).

Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit kann auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. In Betracht kommt insoweit insbesondere die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm). Unmittelbare Geltung beansprucht diese in Fällen wie hier allerdings nicht, da Nr. 1 Buchst. b TA Lärm immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Der Begriff der Freizeitanlage nach der TA Lärm deckt sich mit dem Terminus, wie er in Nr. 1 der sog. Freizeitlärm-Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) vom 6. März 2015 verwendet wird (vgl. Hansmann in: Landmann/Rohmer, Nr. 1.1 TA Lärm Rn. 11). Er erfasst danach Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Davon ausgehend ist hier das gesamte Veranstaltungsgelände als Freizeitanlage zu qualifizieren. Dies gilt auch insoweit, als die Veranstaltung nach 22 Uhr in der sog. T. weitergeführt wurde. Dass Freizeitanlagen im Freien liegen müssten, ist der vorgenannten Definition nicht zu entnehmen (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 70). Eine etwaige gaststättenrechtliche (Voll) Erlaubnis nach § 2 GastG für die Bewirtschaftung der T. außerhalb von Veranstaltungen der hier in Rede stehenden Art wäre dabei für den vorliegend zu beurteilenden Betrieb unerheblich. Sie führte nicht dazu, dass die T. insoweit als Gaststätte zu qualifizieren und die TA Lärm nach 22 Uhr unmittelbar anzuwenden wäre (vgl. auch BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris Rn. 13). Solange für die Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, ist es damit der Würdigung im Einzelfall vorbehalten, die Erheblichkeit der Lärmbelästigung unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) sowie ihres Zusammenwirkens zu beurteilen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets zu beurteilen (vgl. BVerwG, B.v. 6.8.2018 - 7 B 4/18 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris Rn. 11). Als Orientierungshilfen kommen dabei - ungeachtet ihrer fehlenden unmittelbaren Geltung - zum einen die TA Lärm in Betracht, zum anderen - im Sinne eines „groben Anhalts“ - die o.g. Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. BVerwG, a.a.O.; BayVGH, a.a.O.; BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - juris Rn. 8; vgl. zur Freizeitlärm-Richtlinie auch die Anwendungsempfehlung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Schreiben v. 15.5.2015, Az. 33-4100/751/2).

Hier hält es die Kammer für sachgerecht, zur Beurteilung der von der Veranstaltung ausgehenden Geräuschimmissionen die Freizeitlärm-Richtlinie als Orientierungshilfe heranzuziehen. Das sog. Oldtimertreffen stellt sich als volksfestartige Veranstaltung mit Elementen eines Kulturevents dar. Das Lärmpotential, das damit verbunden ist, ist dem Emissionscharakter der in der Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten Freizeitanlagen ähnlicher als dem der gewerblichen Anlagen, die von der TA Lärm erfasst werden. Die Freizeitlärm-Richtlinie enthält adäquate Maßstäbe, um die Bedürfnisse der Allgemeinheit an solchen Kultur- und Freizeitveranstaltungen, die im Wesentlichen auch im Freien und während des Sommerhalbjahres stattfinden, und das Ruhebedürfnis der Bevölkerung in Ausgleich zu bringen (vgl. dazu auch VG Neustadt (Weinstraße) - U.v. 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 48; VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 73; OVG RP, U.v. 22.12.2017 - 1 A 11826/16 - juris Rn. 33; BVerwG, B.v. 6.8.2018 - 7 B 4/18 - juris Rn. 5).

c) Dies hat der Beklagte grundsätzlich zutreffend erkannt. Von den hier inmitten stehenden Immissionen der einmal jährlich stattfindenden Veranstaltung gehen keine Gesundheitsgefährdungen aus (vgl. dazu BayVGH, B.v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624 - juris Rn. 17), zumal die von der Klagepartei vorgetragene atypische individuelle Empfindlichkeit nach den o.g. Maßstäben keine Rolle spielt (vgl. auch VG Arnsberg, U.v. 18.7.2016 - 8 K 3533/15 - juris Rn. 35; Jarass, in: Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 3 Rn. 57). Zur Beurteilung der Erheblichkeit der von der Veranstaltung ausgehenden Belästigungen für das körperliche und seelische Wohlbefinden sowie der Beeinträchtigungen des Eigentums hat die Beklagte sich zu Recht an der Freizeitlärm-Richtlinie orientiert. Die von der Beklagten in Nr. 2.12.3 des Bescheidstenors im Wege der Auflage und in Anlehnung an Nr. 4.1 Buchst. c der Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissions-Höchstwerte verletzen den Kläger an sich auch nicht in seinen Rechten. Dahinstehen kann dabei, ob das Gebiet, in dem der Kläger wohnt, tatsächlich die Schutzwürdigkeit eines Kern- bzw. Mischgebietes beanspruchen kann. Der Bescheid liegt insoweit jedenfalls auf der sicheren Seite, ebenso mit Blick auf die festgelegten Maximalpegel (vgl. dazu Nr. 4.3 Freizeitlärm-Richtlinie).

d) Gleichwohl trägt der Bescheid dem Schutz des Klägers vor unzumutbarem Lärm nicht ausreichend Rechnung. Denn der Beklagte durfte sich hier nicht darauf beschränken, die Gestattung bzw. Erlaubnis zu erteilen und dem Beigeladenen aufzugeben, die o.g. Immissionswerte einzuhalten. In der Regel reicht eine solche zielorientierte Festlegung, die dem Emittenten die Art und Weise der Einhaltung des Gebots nicht vorschreibt, zwar aus, um eine Immissions-Konfliktlage zu lösen (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15; BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 - juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - juris Rn. 17; VG Würzburg, B.v. 30.5.2016 - W 5 E 16.483 - juris Rn. 57; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 19 Rn. 116). Eventuelle Verstöße gegen in einer Genehmigung enthaltene Nebenbestimmungen lassen danach regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 67 unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 12.4.2012 - 1 ZB 09.247 - juris Rn. 19). Anders liegt es hingegen, wenn von vornherein belastbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die festgelegten Immissionswerte voraussichtlich nicht eingehalten werden können (vgl. BayVGH, Beschlüsse v. 18.10.2017 und 18.5.2018, a.a.O.; VG Würzburg, a.a.O.; VG Koblenz, U.v. 12.4.2016 - 1 K 1069/15.KO - juris Rn. 34; Schenk, a.a.O.). Denn in diesem Fall sind die Nebenbestimmungen von vornherein ungeeignet, den Schutz des Nachbarn vor Lärm sicherzustellen, und wird der ungelöste Konflikt unzulässig auf die Vollzugsebene verlagert.

Derartige Anhaltspunkte dafür, dass die festgelegten Immissionswerte, bezogen auf das von dem Kläger bewohnte Gebäude, bei Durchführung der geplanten Veranstaltung nicht einzuhalten waren, lagen hier vor. Angesichts der Vielzahl der prognostizierten Besucher, des zu erwartenden Verkehrs, der Situierung der Parkplätze, des volksfestartigen Charakters der Veranstaltung mit Gastbetrieb im Freien, der Livemusik und nicht zuletzt auch der geringen Entfernung zwischen dem Veranstaltungsgelände und dem Anwesen des Klägers entsprach es allgemeiner Lebenserfahrung, dass die recht niedrigen festgelegten Immissionswerte, die die Freizeitlärm-Richtlinie in Nr. 4.1 Buchst. c für den „Regelfall“ vorsieht, hier nicht einzuhalten waren. Dies gilt insbesondere für den Höchstwert von 55 dB(A) innerhalb der Beurteilungszeit von 20 bis 22 Uhr (Ruhezeit). Der typische Verlauf von Freizeitveranstaltungen im Freien, die im Wesentlichen durch den Verzehr von Speisen und Getränken geprägt sind, legte nahe, dass die Besucheranzahl, der Bewirtungsbetrieb und damit auch der Geräuschpegel durch die Kommunikation der Gäste am Abend eher noch zunehmen würden, so dass der abgesenkte Immissionswert von 55 dB(A) nicht einzuhalten war. Vergleichbares gilt aber auch für die Nachtzeit. Auch der festgelegte Immissionswert von 45 dB(A), der auf die unter gewöhnlichen Umständen in einem Misch- bzw. Kerngebiet auftretende Immissionslast ausgerichtet ist (vgl. Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm), konnte nach dem geplanten Zuschnitt der Veranstaltung nicht eingehalten werden, zumal insoweit auf die volle Nachtstunde mit dem höchsten Beurteilungspegel abzustellen ist (vgl. Nr. 3.4 Freizeitlärm-Richtlinie) und in diese Zeit auch das Feuerwerk sowie der Abfahrtsverkehr fielen. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass es schon in der Vergangenheit Auseinandersetzungen wegen des von der Veranstaltung ausgehenden Lärms gab und der Kläger in dem vor dem erkennenden Gericht geführten Verfahren M 22 K 17.5133 eigene Lärmmessungen und massive Überschreitungen der o.g. Immissionswerte vortrug. Schließlich ist aus der Verwaltungs- und Gerichtspraxis sowie den Medien bekannt, dass Großveranstaltungen der hier in Rede stehenden Art mit Blick auf ihre Immissionen problematisch sind und in der Regel nur über eine sog. Sonderfallbeurteilung für seltene Ereignisse zugelassen werden können. Davon geht übrigens auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft in der o.g. Anwendungsempfehlung v. 15. Mai 2015 aus. Ob das von dem Kläger vorgelegte, nach der Veranstaltung erstellte Gutachten des Ingenieurbüros … … … vom 25. Juli 2017 für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids bzw. der Prognose, ob die festgesetzten Immissionswerte eingehalten werden können, heranzuziehen ist, kann damit dahinstehen. Dies gilt umso mehr, als dieses ebenso wie auch der Vermerk des Beklagten vom 21. Juni 2017 über das Ergebnis der vom Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung durchgeführten Messungen dazu kommt, dass die festgelegten Werte tatsächlichen überschritten wurden.

Die mit Ergänzungsbescheid vom 30. Mai 2017 eingefügte Auflage Nr. 2.1.3 vermochte den Lärmschutz der Nachbarschaft ebenfalls nicht ausreichend sicher zu stellen. Die punktuellen und zeitlich beschränkten stichprobenartigen Messungen durch einen Mitarbeiter des Beklagten mit Hilfe eines mobilen Pegelmessgeräts waren insoweit nicht geeignet. Während der laufenden Veranstaltung standen diesem schon keine realistischen Möglichkeiten zur wirksamen Lärmbegrenzung zur Verfügung, was der o.g. Vermerk vom 21. Juni 2017 letztlich bestätigt.

e) Der Bescheid stellt sich auch nicht mit Blick auf die Rechtsfigur der seltenen Veranstaltung als rechtmäßig dar.

aa) Es ist zwar anerkannt, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeitsschwelle auch die Seltenheit des Anlasses und seine Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind. Insbesondere Volksfeste können als herkömmliche und allgemein akzeptierte Formen des städtischen und dörflichen Zusammenlebens angesehen werden, die Identität und Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen. Damit einhergehende Geräusche werden daher von verständigen Durchschnittmenschen in höherem Maße akzeptiert als andere Immissionen (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 16.4.2018 - 10 ZB 18.310 - juris Rn. 7; OVG NRW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris Rn. 11 ff.; VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 58 ff.). Diesem Gedanken trägt die Freizeitlärm-Richtlinie durch die Sonderregelung in Nr. 4.4 Rechnung, die ebenfalls als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit herangezogen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2018, a.a.O.; OVG NRW, a.a.O.).

bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich das hier inmitten stehende Oldtimertreffen als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz i.S.d.Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie dar. Hohe Standortgebundenheit liegt bei besonderem örtlichen oder regionalen Bezug vor. Hierunter können Feste mit kommunaler Bedeutung - wie die örtliche Kirmes oder das jährliche Fest der Feuerwehr - sowie besondere Vereinsfeiern fallen (vgl. Nr. 4.4.1 Freizeitlärm-Richtlinie). Das hier in Rede stehende Oldtimertreffen 2017 war bereits die sechste Veranstaltung dieser Art in P. und gehörte, nicht zuletzt aufgrund seiner überörtlichen Anziehungskraft, bereits zu diesem Zeitpunkt zum festen Bestandteil des Veranstaltungskalenders in dem Markt P., wie u.a. aus dem vorgelegten Beschluss des Marktgemeinderates vom 28. September 2016 ersichtlich wird. Die soziale Adäquanz und Akzeptanz zeigt sich u.a. in dem vorgenannten Votum des Marktgemeinderates, der von einem „Highlight“ spricht, in der positiven Berichterstattung in der Presse sowie in der hohen Anzahl von Besuchern. Damit kommt der Veranstaltung offenkundig auch eine soziale Funktion und Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als sie auch Elemente einer Kulturveranstaltung aufweist und das Zusammenspiel des ehemaligen Bergbauareals mit der Oldtimerveranstaltung, die ebenfalls Objekte der Technikgeschichte präsentiert, die Identität sowie die „Marke“ P.s als Ort der „Industrie- und Technikkultur“ stärken dürfte.

Dass die Veranstaltung sich als neuartig darstellt, ist dabei unerheblich; seltene Veranstaltungen der o.g. Art sind nicht auf den historisch überkommenen Bestand beschränkt (vgl. OVG NRW, a.a.O., Rn. 13; VG Arnsberg, U.v. 18.7.2016 - 8 K 3533/15 - juris Rn. 27 f.). Ebenso unbeachtlich ist, dass das Treffen eine gewisse überregionale Bedeutung hat; maßgeblich ist, dass es auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von dieser angenommen wird (vgl. VG Arnsberg, a.a.O.). Und auch der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie sich nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht ihrer Anwendung nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 74 mit Ausführung u.a. zur Parallelität zu Nr. 7.2 TA Lärm).

Die Veranstaltung ist weiterhin als „selten“ einzuordnen. Bei der Bestimmung dieses Merkmals sind allein solche Veranstaltungen in den Blick zu nehmen, die sowohl hinsichtlich des Austragungsorts als auch im Hinblick auf die Immissionsbelastungen, die von ihnen ausgehen, Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. VG Arnsberg, a.a.O., Rn. 29). Nach dem Akteninhalt sticht das Oldtimertreffen nach Größe und Immissionslast aus den sonstigen Veranstaltungen auf dem Areal heraus. Die Beklagte hat in dem Verfahren M 22 K 17.5133 ausgeführt, der gesamte Außenbereich werde außer für das Oldtimertreffen nur für den Weihnachtsmarkt benötigt, hinzu kämen noch bis zu vier kleinere Veranstaltungen im Freien wie ein Museumsfest, ein Familienfest und die sog. Vorwies`n der Fußballer; etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger im hiesigen Verfahren als A10 vorgelegten Anlage. Dass die genannten Veranstaltungen unter dem Gesichtspunkt der Immissionsbelastung Ähnlichkeiten mit dem Oldtimertreffen aufweisen, liegt nicht nahe und wurde auch nicht substantiiert vorgetragen, kann letztlich aber dahinstehen, da es sich jedenfalls insgesamt nur um eine eng begrenzte Anzahl von Veranstaltungen handelt (vgl. auch Nr. 4.4.2 Buchst. d Freizeitlärm-Richtlinie).

cc) Weiterhin scheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die bei seltenen Veranstaltungen im o.g. Sinn vorzunehmende Prüfung der Zumutbarkeit und Unvermeidbarkeit (vgl. Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie) zu einem positiven Ergebnis hätte kommen können.

Seltene Veranstaltungen werden insoweit privilegiert, als Beurteilungspegel von bis zu 70 dB(A)/tags und 55 dB(A)/nachts grundsätzlich als zumutbar angesehen werden, wobei der Beginn der Nachtzeit in einem besonders gelagerten Fall, an den hier zu denken wäre, um bis zu zwei Stunden verschoben werden kann (vgl. Nr. 4.4.2 Buchst. a, b, c Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus können nach Nr. 4.4.2 Buchst. a Freizeitlärm-Richtlinie in Einzelfällen, die explizit zu begründen sind, sogar Immissionswerte von mehr als 70 dB(A)/tags und 55 dB(A)/nachts als zumutbar angesehen werden. Dabei sollen allerdings Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr vermieden werden (Nr. 4.4.2 Buchst. b). Zudem liegt es nahe, dass diese Ausnahme jedenfalls im Wesentlichen auf herausragende Ereignisse beschränkt ist, die in der Rechtsprechung unter die Rechtsfigur des „sehr seltenen Ereignisses“ gefasst wurden (vgl. dazu BayVGH, B.v. 17.9.2013 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 12; Schenk, in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 19 Rn. 116; vgl. zur Diskussion um die Bedeutung des „sehr seltenen Ereignisses“ nach der Neuregelung der Freizeitlärm-Richtlinie auch VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 58 ff.). Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A)/tags und 65 dB(A)/nachts einhalten (Nr. 4.4.2 Buchst. e).

Dass die sich daraus ergebenden (absoluten) Grenzen der Zumutbarkeit hier einzuhalten waren bzw. tatsächlich eingehalten wurden, erscheint danach durchaus möglich. Dies dürfte angesichts der Beendigung bis 22:30 Uhr auch für die Lärmbelastung durch das Feuerwerk gelten (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 2.11.1992 - 22 B 92.263). Dabei wäre allerdings noch näher zu prüfen, welche Bedeutung dem Feuerwerk nach der Konzeption der Veranstaltung zukommt.

dd) Letztlich kann dies aber offen bleiben. Denn um die Zumutbarkeit einschließlich der Einhaltung der o.g. absoluten Grenzen beurteilen zu können, hätte der Beklagte angesichts der Größe der Veranstaltung eine immissionsschutzfachliche Äußerung (ggf. auch des Landratsamts) über die zu erwartenden Immissionen einholen müssen (vgl. dazu auch OVG NRW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris Rn. 3; VG Würzburg, U.v. 21.2.2018 - W 6 K 17.394 - juris Rn. 48). Anders mag es bei einer kleineren Veranstaltung wie etwa einem Weihnachtsmarkt oder Familienfest liegen, bei der die Gemeinde auch ohne immissionsschutzfachliche Unterstützung zu der Einschätzung gelangen kann, dass die zu erwartenden Immissionen jedenfalls „auf der sicheren Seite“ liegen.

Hier lag der Zulassungsentscheidung keine fachliche Stellungnahme zu Grunde. Im gerichtlichen Verfahren kann sie auch nicht nachgeholt werden. Denn Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist bei der Fortsetzungsfeststellungsklage allein die Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf (hier: Durchführung der Veranstaltung am 17. Juni 2017) erledigten, d.h. unwirksam gewordenen Zulassungsentscheidung. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage kann jedenfalls nicht nach dem Zeitpunkt der Erledigung liegen. Die rückwirkende Nachbesserung oder sogar Nachholung einer materiell-rechtlich relevanten Begründung nach diesem Zeitpunkt wäre systemwidrig und ist deshalb prozessual ausgeschlossen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 10.7.2018 - 10 B 17.1996 - juris Rn. 34; Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 113 Rn. 152).

Eine Verletzung der Klägers in eigenen Rechten wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger sich mit E-Mail vom 11. April 2017 an den Gemeinderat wandte und sich gegen den Vorschlag der Gemeindeverwaltung aussprach, dass der Beklagte eine entsprechende Lärmprognose im Rahmen eines umfassenden, sich auf alle regelmäßig auf dem Areal stattfindenden Veranstaltungen erstreckenden Gutachtens einholt. Die Intervention des Klägers mag der Klärung der Immissionsbelastung zwar nicht förderlich gewesen sein, kann ihm jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt der treuwidrigen Vereitelung weiterer Aufklärung entgegengehalten werden. Zum einen bleibt im Unklaren, aus welchen konkreten Gründen der Marktgemeinderat den Vorschlag der Verwaltung (einstimmig) ablehnte. Zum anderen erscheint es, auch wenn die Motive des Klägers gleichfalls ungewiss bleiben, nicht illegitim, wenn der Kläger den Standpunkt einnimmt, die Kosten für die Lärmprognose solle der Veranstalter und nicht die Allgemeinheit tragen.

ee) Vergleichbares gilt mit Blick auf die gebotene Prüfung der Unvermeidbarkeit der zu erwartenden Immissionen. Eine solche Prüfung hat die zuständige Behörde nach Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie vor der Zulassungsentscheidung vorzunehmen. Die Unvermeidbarkeit setzt dabei voraus, dass eine Überschreitung aufgrund der Umgebungsbedingungen und der Mindestversorgungspegel entsprechend VDI 3770:2012-09 trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen unvermeidbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn lokal geeignete Ausweichstandorte nicht zur Verfügung stehen.

Die Beklagte hätte in jedem Fall technische und organisatorische Lärmminderungsmaßnahmen untersuchen müssen, und zwar, angesichts der Größe der Veranstaltung und der Komplexität des zu erwartenden Immissionsgeschehens, ebenfalls auf der Grundlage einer immissionsschutzfachlichen Stellungnahme (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Als Lärmminderungsmaßnahmen wären dabei insbesondere eine Optimierung der Ausrichtung der Beschallungstechnik in Betracht gekommen (vgl. Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie), aber auch ein lärmminimierendes Parkmanagement.

e) Schließlich bestehen Zweifel an der Bestimmtheit des Bescheids.

Bei einer Genehmigung oder Erlaubnis muss klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Soweit Dritte betroffen sind, gilt dies auch im Verhältnis zu diesen. In eigenen Rechten verletzt wird ein Dritter durch eine Unbestimmtheit dann, wenn sich diese gerade auf die Merkmale eines Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um die Verletzung solcher Vorschriften auszuschließen, die seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 28, 4 f.; OVG NRW, B.v. 23.7.2018 - 2 B 565/18 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - juris Rn. 13.). Welches Maß an Konkretisierung im Einzelfall notwendig ist, hängt dabei von der Art des Verwaltungsaktes, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab, wobei sich die Maßstäbe aus dem jeweiligen Fachrecht ergeben können (vgl. OVG NRW, U.v. 11.6.1992 - 20 A 2485/89 - juris Rn. 10; Stelkens, a.a.O. Rn. 5).

Diese Anforderungen dürften auch für die hier in Rede stehenden Zulassungsentscheidungen nach § 12 GastG bzw. Art. 19 LStVG zum Tragen kommen, soweit es die Lärmwirkungen betrifft. Soweit Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG einschlägig ist, spricht dafür, dass die „Veranstaltung“ schon begrifflich durch ihren Gegenstand, räumlich sowie durch einen gewissen organisatorischen Einsatz im Sinne eines Konzepts bestimmt wird (vgl. Schenk, in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 19 Rn. 5, 17, 20). Der Umfang der Erlaubnis ist damit nur erkennbar, wenn sich alle wesentlichen Elemente aus der Anzeige bzw. der Erlaubnis selbst ergeben. Wenn der Veranstalter diese nicht in seine Anzeige oder einen Erlaubnisantrag einbezieht, sind sie formell illegal und können untersagt werden (vgl. Schenk, a.a.O. Rn. 20). Der gaststättenrechtlichen Erlaubnis als raumbezogener Personalkonzession liegt zwar ein typisierender Ansatz insofern zu Grunde, als sie nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GastG für eine bestimmte Betriebsart (und bestimmte Betriebsräume) erteilt wird und dem Erlaubnisinhaber innerhalb der vom Typ vorgegebenen Variationsbreite Spielraum für die Ausgestaltung seines Betriebs lässt (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. § 3 Rn. 1, 17). Dies dürfte auch für die Gestattung aus besonderem Anlass gelten, die unter „erleichterten Voraussetzungen“ erteilt wird. Andererseits ist für die Gaststättenerlaubnis als Feststellung, dass gegen die beabsichtigte Tätigkeit in den genannten Räumen keine gaststättenrechtlichen Bedenken bestehen (Michel/Kienzle/Pauly, a.a.O., § 3 Rn. 25), nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG auch das Verhältnis des Betriebs zu seiner Umgebung in den Blick zu nehmen, insbesondere zur Beurteilung der hier in Rede stehenden Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen.

Danach dürfte das Bestimmtheitserfordernis objektiv-rechtlich bei der Gestattung bzw. Erlaubnis einer Veranstaltung der hier in Rede stehenden Art und Größe verlangen, dass in der Zulassungsentscheidung bzw. dem entsprechenden Antrag zumindest die wesentlichen (dem Gaststättenbetrieb zuzurechnenden) Lärmquellen wie insbesondere Ausschank und Sitzgelegenheiten, Bühne, Beschallungstechnik sowie Parkplätze räumlich und zeitlich bezeichnet werden, z.B. mit Hilfe eines Lageplans. Weiterhin dürfte das Bestimmtheitsgebot insoweit drittschützende Wirkung haben, weil die o.g. Merkmale Gegenstand der Beurteilung sind, ob das Vorhaben mit dem gebotenen Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft vereinbar ist. Darüber hinaus dürften die o.g. Angaben und ihre Dokumentation in den Akten aber auch zwingende Voraussetzung dafür sein, dass der Beklagte selbst die gebotene Einschätzung der Immissionsbelastung vornehmen bzw. eine belastbare immissionsschutzfachliche Stellungnahme einholen kann.

Derartige Angaben finden sich hier weder in den Anzeige- bzw. Antragsunterlagen noch in der Zulassungsentscheidung..

III.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1, § 154 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Jan. 2019 - M 16 K 17.2157

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Jan. 2019 - M 16 K 17.2157

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Jan. 2019 - M 16 K 17.2157 zitiert 21 §§.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Gaststättengesetz - GastG | § 4 Versagungsgründe


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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 09. Mai 2016 - 4 K 1107/15.NW

bei uns veröffentlicht am 09.05.2016

weitere Fundstellen ... Tenor Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. August 2015 rechtswidrig war, soweit darin dem Beigeladenen die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung über 24 Uhr hinaus erlaubt worden ist. Im Übrige
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Jan. 2019 - M 16 K 17.2157.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Juni 2017 - M 16 S 17.2177

bei uns veröffentlicht am 17.06.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Referenzen

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 22 B 15.620

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 22. Juli 2015

(VG Ansbach, Urteil vom 26. August 2014, Az.: AN 4 K 14.386)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 421

Hauptpunkte: Zulassung zu einem Jahrmarkt; Erschöpfung des Kontingents für eine bestimmte Betriebsart; Auswahlverfahren bei Bewerberüberhang; Verpflichtung des kommunalen Veranstalters zu Neubescheidung; Zulässigkeit der Bescheidungsklage ohne gleichzeitige Anfechtung der Zulassung zumindest eines Konkurrenten; Übergang von der Bescheidungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage; berechtigtes Interesse; Wiederholungsgefahr; beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt F.,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt, S.-Str. ..., F.,

- Beklagte -

wegen Zulassung zu einem Jahrmarkt;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. August 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Juli 2015 am 22. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 mit seinem Ausschankbetrieb „F.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beantragte bei der Beklagten erfolglos die Zulassung mit seinem neuen Ausschankstand „F.“ zu der von der Beklagten vom 3. bis 15. Oktober 2014 veranstalteten und nach § 69 Abs. 1 GewO festgesetzten Michaelis-Kirchweih. Hierfür hatte er sich mit diesem neuen und mit seinem alten Ausschankstand mit unterschiedlichem Platzbedarf (neu: 10-20 m x 3-6 m; alt: 15 m x 3 m) beworben. Die Beklagte hat den Antrag lediglich hinsichtlich des neuen Ausschankstandes beschieden. Vor dem Verwaltungsgericht begehrte der Kläger zuletzt die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Zulassungsantrags bezüglich seines neuen Ausschankstandes.

Für die Vergabe der Standplätze hat die Beklagte „Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an der Michaelis-Kirchweih F. und anderer Veranstaltungen der Stadt F.“ vom 10. August 2004 erlassen (im Folgenden: RL 2004). Mit Schreiben vom 7. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht zum Zuge gekommen sei. Den zum Zuge gekommenen Bewerbern bot sie zeitgleich den Abschluss von Beschickerverträgen an; gesonderte Zulassungsbescheide erließ sie nicht. Mit Bescheid vom 29. April 2014 begründete sie ihre Entscheidung gegenüber dem Kläger und führte aus, um die für den Ausschankstand des Klägers von der Größe her in Betracht kommenden Standplätze hätten sich fünf Beschicker beworben. Vier Bewerber hätten ebenso attraktive Stände wie der Kläger, seien ihm aber aufgrund ihrer langjährigen Präsenz auf der Michaelis-Kirchweih als „bekannt und bewährt“ vorzuziehen. Der Stand des fünften Beschickers, der Firma K., sei attraktiver, was an Hand der fristgerecht eingereichten Fotos habe bewertet werden können, während auf den Fotos des Klägers sein neuer Ausschankstand nur im Rohbau abgebildet sei und sein Stand daher nur nach der textlichen Beschreibung habe bewertet werden können (VG-Akte Bl. 119 f.).

Der Kläger reichte am 2. Juli 2014 Fotos seines fertig gestellten Ausschankstands nach (VG-Akte Bl. 185 f.).

Bereits am 13. März 2014 hatte der Kläger im Hauptantrag Verpflichtungs- und hilfsweise Bescheidungsklage erhoben. Das Verwaltungsgericht wies den Hauptantrag mit Urteil vom 26. August 2014 als unzulässig mangels gleichzeitiger Drittanfechtungsklage ab, gab ihr im Hilfsantrag aber statt und verpflichtete die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 7. Februar 2014 in der Fassung vom 29. April 2014, den Antrag des Klägers vom 7. September 2013 auf Zulassung zur Kirchweih unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung wurde ausgeführt:

Die Klage sei hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig, denn die Erhebung einer „isolierten“ Bescheidungsklage sei dem abgelehnten Bewerber z. B. dann nicht verwehrt, wenn über die Klage geraume Zeit vor Marktbeginn entschieden werde und er darauf vertrauen könne und wolle, dass im Falle seines Obsiegens die Standplatzvergabe an einen Konkurrenten von Amts wegen rechtzeitig zurückgenommen werde. Dies sei hier anzunehmen.

Die Klage sei im Hilfsantrag auch begründet, weil die Ablehnung des Zulassungsantrags des Klägers rechtswidrig sei und ihn in seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 70 Abs. 3 GewO verletze. Die Auswahlentscheidung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, weil sie auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage beruhe. So habe die Beklagte 17 Bewerber zugelassen, obwohl entgegen Nr. 2.4 RL 2004 nicht einmal die Hälfte Fotos ihrer Stände vorgelegt, die Beklagte auf die Vorlage auch nicht verzichtet und auch nicht dokumentiert habe, dass die Stände im Vergleich zur letzten Kirchweih ihr Aussehen behalten hätten. Damit seien aber die nach Nr. 7.2 RL 2004 relevanten Tatsachen und etwa ergänzend verwendetes Verwaltungswissen für die Auswahlentscheidung nach Attraktivitätsgesichtspunkten nicht hinreichend dokumentiert und die Auswahlentscheidung sei daher nicht nachprüfbar. Die neue Auswahlentscheidung müsse nicht zwangsläufig zugunsten des Klägers ausfallen.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils im stattgebenden Teil und die Abweisung der Klage auch insoweit. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Klage auch im Bescheidungsantrag mangels gleichzeitigen Anfechtungsantrags gegen mindestens einen der fünf, dem Kläger mit Bescheid vom 29. April 2014 mitgeteilten begünstigten Konkurrenten unzulässig. Eine Drittanfechtung sei ihm angesichts der überschaubaren Zahl von Konkurrenten und seiner nicht auf eine bloße sachgerechte Neubewertung seiner Bewerbung, sondern auf einen bestimmten, an die Firma K. vergebenen Standplatz zielenden Klage zumutbar. Sie habe ihn so verstanden, dass er sich nur auf diesen oder einen größeren Standplatz beworben habe. Etwaige Fehler im Auswahlverfahren hätten sich auf die Auswahlentscheidung nicht ausgewirkt, denn der Kläger habe allein den der Firma K. zugeteilten Standplatz begehrt. Diese Bewerberin habe aber aussagekräftige Bilder vorgelegt und nicht wie der Kläger nur ein Foto seines Ausschankstandes im Rohbau. Der Kläger habe erst am 2. Juli 2014 aussagekräftige Bilder nachgereicht, die nach Nr. 3.2 RL 2004 als verspätet nicht mehr hätten berücksichtigt werden dürfen. Nr. 2.4 RL 2004 finde nur auf zugelassene Betriebe Anwendung.

Der Kläger habe kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, denn eine Wiederholungsgefahr bestehe wegen der zwischenzeitlichen Änderung der Zulassungsrichtlinien nicht. Auch ein Schadensersatzbegehren wäre nicht aussichtsreich, da sich das Auswahlermessen der Beklagten bei der streitigen Auswahlentscheidung nicht auf Null reduziert habe und sie für eine Neubescheidung ein neues Bewerbungsverfahren hätte durchführen müssen, um allen Bewerbern aus Vertrauensschutzgründen die Vorlage aussagekräftiger Fotos zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. August 2014 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 mit seinem Ausschankbetrieb „F.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Eine Anfechtung der von der Beklagten mit den zugelassenen Konkurrenten geschlossenen privatrechtlichen Verträge als deren Zulassung „ins Blaue hinein“ sei dem Kläger unzumutbar gewesen, da er die Gründe für deren Vorzug nicht kenne, weil die Beklagte in ihrem Bescheid vom 29. April 2014 zwar weitere vier Konkurrenten benannt, aber ihre Ermessensentscheidung nur hinsichtlich des Konkurrenten Firma K. mitgeteilt habe. Zudem habe er sich mit seinem neuen und auch mit seinem alten Ausschankstand mit unterschiedlichem Platzbedarf beworben. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe er unter dem Blickwinkel eines Schadensersatzbegehrens sowie wegen der Besonderheit der Marktzulassung, bei der eine Erledigung durch Zeitablauf vor Erlangung von Hauptsacherechtsschutz eintrete.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ihre Richtlinien für die Vergabe der Standplätze durch neue „Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an der Michaelis-Kirchweih F. und anderer Veranstaltungen der Stadt F.“ vom 9. Januar 2015 ersetzt (im Folgenden: RL 2015). Diese wurden auf das Zulassungsverfahren zur Michaelis-Kirchweih 2015 angewendet. Die erneute Bewerbung des Klägers wurde mit Bescheid vom 21. Mai 2015 abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung der Beklagten ist trotz Eintritt eines erledigenden Ereignisses zulässig. Die Beklagte hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung des angefochtenen Urteils. Dies ergibt sich wohl schon aus dessen Kostenentscheidung, da das Verwaltungsgericht sie zur Neubescheidung des Antrags des Klägers verpflichtet und ihr hälftig die Verfahrenskosten auferlegt hat. Es ergibt sich jedenfalls aus dem Verhalten des Klägers, der das angefochtene Urteil verteidigt und zur Grundlage eines Amtshaftungsanspruchs machen will. Es kann für die Beklagte daher von Nutzen sein, das angefochtene Urteil aus der Welt zu schaffen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt aber ohne Erfolg. Die ursprünglich erhobene Bescheidungsklage ist zwar durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses unzulässig geworden, weil das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist. Der Kläger ist jedoch zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen, die auch begründet ist, weil das Verwaltungsgericht die Beklagte in seinem Urteil vom 26. August 2014 zu Recht verpflichtet hatte, den Antrag des Klägers vom 7. September 2013 auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Allerdings ist nun die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich.

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.

a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist analog § 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO statthaft, nachdem sich das ursprüngliche Bescheidungsbegehren mit Ende der Kirchweih am 15. Oktober 2014 erledigt hat. Die Umstellung von einer Verpflichtungs- (hier: Bescheidungs-) auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist als Einschränkung des Klageantrags nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO auch noch in der Berufungsinstanz zulässig (vgl. BVerwG, U. v. 4.12.2014 - 4 C 33/13 - juris Rn. 11).

b) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert auch nicht an § 42 Abs. 2 VwGO. Der Kläger ist für die Bescheidungsklage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt gewesen, da er einen möglichen Anspruch auf Neubescheidung als Minus zu einem Zulassungsanspruch nach § 70 Abs. 1 GewO geltend machen konnte.

c) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert auch nicht daran, dass für die ursprüngliche Bescheidungsklage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ohne Drittanfechtungsklage gegen die Zulassung zumindest eines seiner Konkurrenten kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden hätte.

Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob eine Bescheidungsklage im tripolaren Konkurrenzverhältnis ohne gleichzeitige Drittanfechtungsklage gegen die Zulassung zumindest eines der dem Kläger vorgezogenen Konkurrenten zulässig ist. Im Kern geht es um die Frage, ob der unterlegene Konkurrent oder der Jahrmarkt-Veranstalter der durch bestandskräftige Vergabe der Standplätze an zugelassene Konkurrenten drohenden Kapazitätserschöpfung - ersterer durch Drittanfechtungsklage, letzterer durch Rücknahme rechtswidriger Zulassungen - entgegenzuwirken hat, um effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG zu erlangen bzw. zu gewähren. Die Erhebung einer Drittanfechtungsklage war in der vorliegenden Fallkonstellation jedoch im Hinblick auf in Art. 19 Abs. 4 GG wurzelnde quantitative und qualitative Unzumutbarkeitserwägungen entbehrlich, so dass es auf die übrigen Fragen zu diesem Problemkreis nicht mehr ankommt.

Einem Bewerber ist die Erhebung einer zusätzlichen Drittanfechtungsklage zum Einen quantitativ unzumutbar, wenn er eine Vielzahl an Zulassungen von Konkurrenten anfechten müsste (eindeutig bei Hunderten von Konzessionen, vgl. BVerwG, U. v. 7.10.1988 - 7 C 65.87 - BVerwGE 80, 270/273). Jedoch kann schon die Anfechtung von siebzehn an Konkurrenten vergebenen Begünstigungen unzumutbar sein. Die für Musterverfahren in § 93a Abs. 1 VwGO gegebene Zahl von mindestens zwanzig Verfahren ist kein geeigneter Maßstab für eine Unzumutbarkeit, weil sie nicht auf die individuelle Zumutbarkeit für einen Kläger, sondern auf die effektive Durchführung eines Musterverfahrens abstellt (vgl. OVG Berlin-Bbg, B. v. 27.3.2012 - OVG 12 N 7.11 - juris Rn. 6). Hier ist dem Kläger die Anfechtung der Zulassung von bis zu siebzehn mit ihm konkurrierenden Beschickern (vgl. Übersicht Ausschankbetriebe Michaelis-Kirchweih 2014, Anlage zum Schriftsatz vom 8.7.2015) bereits zahlenmäßig nicht zumutbar, da auch dann sein Prozessrisiko noch unzumutbar hoch ist. Anders wäre es dann, wenn er sein Begehren allein auf einen ganz bestimmten Standplatz beschränkt hätte, welcher der Firma K. zugeteilt worden ist. Dann hätte es genügt, deren Zulassung anzufechten. Darauf hat der Kläger seine Klage aber nicht beschränkt, wie sein nicht auf einen bestimmten Standplatz beschränkter Klageantrag zeigt (Klageschrift vom 13.3.2014, VG-Akte Bl. 18).

Dagegen steht auch nicht die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, er habe lediglich die Zulassung der Firma K. angefochten, es werde gerade auf diesen Platz abgestellt (Niederschrift der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 26.8.2014, VG-Akte Bl. 294/295 unten). Diese Einlassung darf nicht losgelöst von ihrem Zusammenhang interpretiert werden, in dem sie gefallen ist. Diese Einlassung ist als Verteidigungsvorbringen gegen den Hinweis des Verwaltungsgerichts auf eine erforderliche Drittanfechtungsklage hinsichtlich seines Verpflichtungsbegehrens zu verstehen. Aus dem Gesamtzusammenhang seiner beiden Bewerbungen mit seinem neuen und mit seinem alten Ausschankstand ist aber ersichtlich, dass es dem Kläger vorzugsweise, aber nicht ausschließlich auf den an die Firma K. vergebenen Standplatz ankam. Seine Bewerbung mit zwei unterschiedlich großen Ausschankständen - von denen die Beklagte nur eine beschieden hat - zeigt sein Kernanliegen, überhaupt mit einem Ausschankstand die Kirchweih beschicken zu können, gleich welcher Art und Größe.

Zum Anderen ist dem Kläger die Drittanfechtung von bis zu siebzehn Zulassungen von Konkurrenten auch qualitativ unzumutbar, weil die Beklagte ihre Auswahlentscheidung zu deren Gunsten und zulasten des Klägers nur so unvollständig in ihren Akten dokumentiert hat, dass der Kläger nicht hinreichend die Erfolgsaussichten von Drittanfechtungsklagen abschätzen konnte, also „ins Blaue hinein“ anfechten und ein ihm nicht einschätzbares Prozessrisiko hätte eingehen müssen. Hier hat die Beklagte ihrer Auswahlentscheidung in ihren Akten nicht dokumentiertes Verwaltungswissen zur Gestaltung der Ausschankstände von Konkurrenten des Klägers zugrunde gelegt, so dass deren Zulassung trotz Aktenvorlage nicht nachvollziehbar ist. So hat die Beklagte im Bescheid vom 29. April 2014 mit dem Ausschankstand des Klägers zunächst jene von fünf Beschickern verglichen. Vier Stände hat sie dem Ausschankstand des Klägers für gleichwertig attraktiv erachtet, obwohl mindestens ein Beschicker (Firma M.) - ebenso wie der Kläger - seiner Bewerbung keine Fotos seines (fertig gestellten) Ausschankstandes im Betriebszustand beigefügt hatte (vgl. Heftung „zugelassene Bewerber“), zudem teilweise die Angaben zum Platzbedarf und über Hilfsfahrzeuge fehlten, ein Vergleich an Hand allein der Bewerbungsunterlagen also objektiv nicht möglich war. Selbst wenn die Beklagte hinsichtlich des anderen Beschickers auf vorhandenes Verwaltungswissen über die Gestaltung des Standes in früheren Jahren zurückgegriffen hätte, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (Urteil S. 16 f.), hat sie dieses nicht dokumentiert. Ebenso wenig hat sie dokumentiert, worauf sie ihre Einschätzung der Attraktivität des zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig gestellten Ausschankstands des Klägers und damit ihre Auswahlentscheidung des Kirchweihausschusses gestützt hat (vgl. Schriftsatz vom 15.4.2014, VG-Akte Bl. 95/97, Beschlussbuchauszug ebenda Bl. 231, 236).

Schließlich hat die Beklagte für ihren Bescheid vom 29. April 2014 nur einen Teil der im Auswahlverfahren zu vergleichenden Bewerber namentlich bezeichnet und bewertet, weil sie nur die Maße des alten Ausschankstandes des Klägers zum Maßstab genommen hat, obwohl sein neuer Ausschankstand flexiblere Maße aufweist und er sich mit beiden Ausschankständen beworben hatte. Die Beklagte geht selbst davon aus, nur den neuen Stand zugrunde gelegt zu haben (Schriftsatz vom 27.11.2014, VGH-Akte Bl. 82/84 und Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 4). Im Bescheid vom 29. April 2014 (VG-Akte Bl. 129 ff.) hat sie diese Erkenntnis aber nicht umgesetzt. Jedenfalls wäre ein noch größerer Kreis an Ausschankständen anderer Bewerber mit dem neuen Ausschankstand des Klägers zu vergleichen gewesen als die fünf im Bescheid genannten (Bescheid vom 29.4.2014, VG-Akte Bl. 129 ff.), möglicherweise bis zu siebzehn (Übersicht Ausschankbetriebe Michaelis-Kirchweih 2014, Anlage zum Schriftsatz vom 8.7.2015), mindestens aber zwölf (vgl. Bescheid vom 21.5.2015). Da zu deren Auswahl nichts Näheres ausgeführt ist, war dem Kläger die Anfechtung ihrer Zulassung unzumutbar gewesen.

Dass der Kläger die Datenverwechslung zwischen altem und neuem Ausschankstand möglicherweise dadurch verursacht hat, dass er sie beide identisch und ohne nähere Unterscheidung als „F.“ bezeichnet, aber nur ein Foto seines neuen Ausschankstands im Rohbau, jedoch keines des zweiten beworbenen älteren Ausschankstands beigefügt hat, ändert hieran nichts, weil die Beklagte dies - offenbar aufgrund ihres Verwaltungswissens - nicht beanstandet hat.

d) Für die Fortsetzungsfeststellungsklage liegt ein besonderes Feststellungsinteresse des Klägers als berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO vor.

Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat, weil sie seine Rechtsposition noch verbessern kann (BVerwG, U. v. 14.1.1965 - 1 C 68.61 - BVerwGE 20, 146/149 ff., 154 f.; BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 11, 23; BVerwG, B. v. 19.12.2013 - 8 B 8/13 - juris Rn. 6).

aa) Der Kläger kann sich für sein besonderes Feststellungsinteresse zwar nicht auf eine Wiederholungsgefahr berufen, weil eine künftige Auswahlentscheidung unter wesentlich veränderten Umständen ergehen wird.

Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn künftig unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine gleichartige behördliche Entscheidung wie der Verwaltungsakt ergehen wird, der Gegenstand des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens ist (vgl. BVerwG, B. v. 16.10.1989 - 7 B 108/89 - NVwZ 1990, 360; BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282 ff., juris Rn. 26; BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 12; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 43 a. E.). Es muss also eine Präjudizwirkung für künftige vergleichbare Rechtsverhältnisse vorliegen (vgl. BVerwG, B. v. 19.12.2013 - 8 B 8/13 - juris Rn. 6), weil sich dieselben kontroversen Rechtsfragen zwischen den Beteiligten in anderer Weise neu stellen werden (in diesem Sinne BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282 ff., juris Rn. 27).

Daran fehlt es hier, da eine künftige Auswahlentscheidung der Beklagten wegen Änderung ihrer Zulassungs-Richtlinien anderen materiellen Maßstäben folgen muss als die streitgegenständliche Auswahlentscheidung, zwischenzeitlich als sachliche Änderung der neue Ausschankstand des Klägers fertig gestellt und für ein neues Bewerbungsverfahren nicht nur als Rohbau vorhanden ist und die Beklagte nach ihrer neuen Vergabepraxis nach den neuen Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens künftig Fotos für alle Bewerbungen zu fordern beabsichtigt. Dass die Beklagte rechtswidrig ergangene Zulassungen widerrufen bzw. gekündigt und das Auswahlverfahren neu durchgeführt hat (vgl. den vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015 vorgelegten Bescheid vom 17.7.2015), stellt die hier getroffene Wertung gerade nicht in Frage.

bb) Der Kläger kann sich entgegen seiner Ansicht auch nicht auf ein besonderes Feststellungsinteresse aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG deswegen berufen, weil bei Marktzulassungen regelmäßig eine Erledigung vor Abschluss eines Hauptsacherechtsbehelfs eintritt und sonst keine Entscheidung zur Hauptsache erlangt werden könnte.

Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist zu bejahen, wenn anderenfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 23 m. w. N.; BVerfG, B. v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 u. a. - BVerfGE 104, 220/232 f.; BVerfG, B. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/86). Dies wurde z. B. bejaht bei Wohnungsdurchsuchungen in Folge richterlicher Anordnung, bei vorläufigen Ingewahrsamnahmen und Inhaftierungen zur Vorbereitung einer Abschiebung sowie bei versammlungsrechtlichen Maßnahmen.

Dies ist bei marktrechtlichen Auswahlentscheidungen zu verneinen. Sie bergen nicht typischerweise die Gefahr, dass vor Beginn eines Marktes die Auswahlentscheidung nicht mehr in einem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüft werden könnte. Vielmehr hängt es von der Gestaltung des Auswahlverfahrens im Einzelfall ab, wie früh die Auswahlentscheidung getroffen wird und wie rasch das Verwaltungsgericht über einen Hauptsacherechtsbehelf entscheiden kann. Gerade die Rücksichtnahme auf die erforderlichen Dispositionen der Bewerber verlangt, dass eine Auswahlentscheidung möglichst früh fällt. Anders als die genannten Verwaltungsakte, die wegen ihrer Dringlichkeit regelmäßig sofort vollziehbar sind oder für sofort vollziehbar erklärt werden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-4 VwGO, Art. 21a Satz 1 BayVwZVG), um unverzüglich ein hoheitliches Einschreiten zu ermöglichen, ist dies bei tripolaren Auswahl- und Zulassungsentscheidungen schon wegen des organisatorisch bedingten zeitlichen Vorlaufs bis zum Veranstaltungsbeginn regelmäßig entbehrlich.

cc) Ein besonderes Feststellungsinteresse liegt für den Kläger aber in der beabsichtigten Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB.

Ein entsprechendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse wird regelmäßig angenommen, wenn die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ernstlich beabsichtigt und nicht völlig aussichtslos ist, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Schadensersatzanspruch im Einzelnen besteht. Da Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an die Beurteilung eines Verwaltungsakts durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit als rechtmäßig oder rechtswidrig gebunden sind (vgl. BGH, U. v. 23.10.2003 - III ZR 9/03 -NJW 2003, 3693/3696; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 44), ist ein sich hierauf beziehender verwaltungsgerichtlicher Ausspruch geeignet, die Rechtsposition des Klägers in einem solchen künftigen Verfahren zu verbessern. Einen solchen Anspruch kann der Kläger, da die Beklagte die Auswahl der Schausteller für diese Veranstaltung - trotz des Abschlusses privatrechtlicher Beschickerverträge jedenfalls nach § 70 GewO - in Ausübung hoheitlicher Gewalt getroffen hat, zumindest auch auf § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG stützen.

Für die Aussichtslosigkeit genügt nicht die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess, sondern der geltend gemachte Anspruch darf unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt bestehen und dies muss sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängen (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 34 m. w. N.; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 48).

Eine schuldhaft rechtswidrige Schadensverursachung durch ein hoheitliches Handeln wird bei Ermessensentscheidungen allerdings dann verneint, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Ein vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Ob es möglich gewesen wäre, die Zulassung des Klägers bei fehlerfreier Rechtsanwendung abzulehnen, ist im Verfahren offen geblieben und kann nicht weiter aufgeklärt werden. Dies gilt auch für die eigentliche Auswahlentscheidung nach dem Kriterium der Attraktivität nach Nr. 7.2 RL 2004, weil die Beklagte die Anwendung dieses Kriteriums nicht näher aktenkundig dokumentiert und auch nicht näher spezifiziert hat. Selbst nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist weder feststellbar, dass der Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zugelassen werden konnte, noch dass eine rechtmäßige Handhabung des Ermessens durch die Beklagte auch zu seinem Ausschluss hätte führen können (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 3). Vielmehr muss auch in Betracht gezogen werden, dass in einem eventuellen Schadensersatzprozess eine „Ermessensreduzierung auf Null“ festgestellt werden könnte.

Die Prüfung, wie hoch der entstandene Schaden ist, obliegt der alleinigen Beurteilung des zuständigen Zivilgerichts. Gleiches gilt für die Beantwortung der Frage, ob es dem Kläger (z. B. unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 BGB) zum Nachteil gereichen würde, sollte er es in vorwerfbarer Weise unterlassen haben, sich vorsorglich um eine Zulassung zu anderen während der gleichen Zeit stattfindenden Volksfesten zu bemühen.

Soweit ein Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses davon abhängig gemacht wird, dass ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, umgekehrt die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, für ein Feststellungsinteresse nicht genügt (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 22 mit Verweis auf OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.), dürfen an die Darlegung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (so auch BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 22). Bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann und muss ein seine Prozesschancen sorgfältig wägender Geschädigter zum Einen dartun, dass und in welcher Höhe ihm Schaden entstanden ist. Dies hat der Kläger getan und darauf verwiesen, dass sein Ausschankstand mangels anderweitiger Aufstellmöglichkeit für die Dauer der Michaelis-Kirchweih ungenutzt geblieben und ihm dadurch ein Gewinn von 10.000 Euro entgangen sei (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 3). Das erscheint nicht unplausibel. Zudem hat der Kläger der Beklagten die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs schriftsätzlich angekündigt (Schriftsätze vom 28.11.2014, 16.2.2015 und 13.7.2015, VGH-Akte Bl. 74 f., 115/116, 180 f.).

2. In der Sache ist die Beklagte zu Recht zur Neubescheidung durch das Verwaltungsgericht nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verpflichtet worden, da ihre Auswahlentscheidung rechtswidrig war und der Kläger Anspruch auf eine fehlerfreie Neubescheidung hatte.

Nicht nur die Kriterien, von denen sich eine Behörde bei Entscheidungen nach § 70 Abs. 3 GewO leiten lässt, müssen transparent und nachvollziehbar sein (BayVGH, B. v. 12.8.2013 - 22 CE 13.970 - GewArch 2013, 445/447 Rn. 31 mit Verweis auf NdsOVG, B. v. 17.11.2009 - 7 ME 116/09 - GewArch 2010, 245/246). Auch der konkrete Auswahlvorgang selbst muss diesen Erfordernissen genügen (BayVGH a. a. O. m. w. N.). Dies ist besonders bedeutsam bei einem Auswahlkriterium wie der Attraktivität, bei dem die Gewichtung einzelner Merkmale subjektive Elemente enthält und letztlich das Ergebnis höchstpersönlicher Wertungen darstellt. Die Verwaltungsgerichte könnten bei einer solchen Gewichtung nur ihre eigenen - nicht notwendig richtigeren - Einschätzungen an die Stelle derjenigen der Behörde setzen, was insoweit zur Anerkennung eines Gestaltungs- und Ermessensspielraums bzw. Auswahlermessens der Behörde geführt hat (BayVGH, B. v. 20.7.2011 - 22 ZB 10.1135 - BayVBl. 2012, 118 Rn. 13; BayVGH, B. v. 6.5.2013 - 22 CE 13.923 - juris Rn. 18). Bisweilen wird ohne nennenswerten sachlichen Unterschied von einer „Einschätzungsprärogative“ (OVG NW, B. v. 2.7.2010 - 4 B 643/10 - juris Rn. 5) oder von einem „Beurteilungsspielraum“ (SächsOVG, B. v. 26.11.2013 - 3 B 494/13 - GewArch 2014, 128 Rn. 13) gesprochen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich insofern darauf, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen wurde, ob in die Entscheidung sachwidrige Erwägungen eingeflossen sind und sie frei von Verfahrensfehlern ergangen ist (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 28.7.2015 - 22 ZB 14.1261). Gerade weil hier der Rechtsschutz nicht durch eine umfassende gerichtliche Kontrolle der Anwendung der Auswahlkriterien sichergestellt werden kann, sondern nur durch die Kontrolle der Ausfüllung von Spielräumen, kommt der Transparenz des Auswahlverfahrens entscheidende Bedeutung zu (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 14.7.2015 - 22 ZB 14.1728 - Rn. 28; BVerwG, B. v. 28.5.2014 - 8 B 6.13 - Rn. 13).

Wie ausgeführt (oben II.1.c)), hat die Beklagte ihrer Auswahlentscheidung nicht nachprüfbare Tatsachengrundlagen und in ihren Akten nicht dokumentiertes Verwaltungswissen zur Gestaltung der Ausschankstände von Konkurrenten des Klägers zugrunde gelegt, desgleichen Erkenntnisse auch über den Platzbedarf von Hilfsfahrzeugen, so dass deren Zulassung nicht nachvollziehbar ist. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen wurde, ob in die Entscheidung sachwidrige Erwägungen eingeflossen sind und sie frei von Verfahrensfehlern ergangen ist, war so nicht möglich. So hat die Beklagte erstens unter den mit dem Ausschankstand des Klägers verglichenen Ausschankständen auch einen für gleich attraktiv erachtet (Bescheid vom 29.4.2014, VG-Akte Bl. 129 f.), obwohl der Beschicker (Firma M.) - ebenso wie der Kläger - seiner Bewerbung keine Fotos seines Ausschankstandes im Betriebszustand beigefügt hatte (vgl. Heftung „zugelassene Bewerber“), so dass ein Vergleich an Hand allein der Bewerbungsunterlagen also objektiv nicht möglich war. Selbst wenn die Beklagte hinsichtlich dieses Beschickers auf vorhandenes Verwaltungswissen über die Gestaltung des Standes in früheren Jahren zurückgegriffen haben sollte, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (Urteil S. 16 f.), hat sie dieses nicht dokumentiert. Zweitens hat die Beklagte nicht dokumentiert, worauf sie ihre Einschätzung des zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig gestellten Ausschankstands des Klägers als mit den anderen vier Ausschankständen als gleichwertig attraktiv gestützt hat, obwohl ihr hierzu außer einem Rohbaufoto keine Unterlagen zur Verfügung standen und sie bezüglich dieses erst im Bau befindlichen neuen Ausschankstandes auch auf keinerlei Erfahrungen aus früheren Jahren zurückgreifen konnte. Solches Wissen konnte sie allenfalls bezüglich des alten, hier nicht streitgegenständlichen Ausschankstands des Klägers haben, dessen gesonderte Bewerbung sie jedoch nicht beschieden hat und den sie nach eigenem Vorbringen auch nicht verglichen haben will (vgl. Schriftsatz vom 27.11.2014, VGH-Akte Bl. 82/84). Ihr Verweis auf die textliche Betriebsbeschreibung als „F.“ genügt als Ersatz nicht. Dass der Kläger aber für eine erfolgversprechende Bewerbung nicht lediglich ein Duplikat seines vorhandenen Ausschankstandes neu errichten würde, sondern diesem eine - worin auch immer liegende - größere Attraktivität zumaß, ergab sich bereits aus der Tatsache seiner doppelten Bewerbung. Demgegenüber hat die Beklagte offenbar dem neuen Ausschankstand schlicht dieselbe Attraktivität zugemessen wie dem alten Ausschankstand. Dieser Fehler führt zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf ein rechtsfehlerfreies Bewerbungsverfahren (§ 114 VwGO).

Auf bloße Hilfserwägungen im Bescheid vom 29. April 2014, die für die Auswahlentscheidung nicht tragend waren, und nur bei Gleichstand der Konkurrenten unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität hätten Bedeutung erlangen können, braucht nicht eingegangen zu werden.

Nach allem ist die Berufung der Beklagten erfolglos und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt, da der Neubescheidungsantrag im Verpflichtungsantrag als Minus enthalten ist und das rechtliche Interesse des Klägers daran - auch mit Blick auf seinen zur Begründung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses bezifferten Schadensersatzanspruch - nicht geringer einzuschätzen ist (§ 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GG).

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Nachbar gegen die Genehmigung einer öffentlichen Veranstaltung.

Seit 2013 veranstaltet der Beigeladene jährlich ein von der Antragsgegnerin genehmigtes eintägiges „Vintage Motor & Music Festival“ (Oldtimertreffen), welches tagsüber auf dem Gelände vor der sog. Tiefstollenhalle und ab ca. 22.00 Uhr in der Halle stattfindet. Das Veranstaltungsprogramm besteht aus moderierten Fahrzeugpräsentationen, Bewirtung und Live-Musik.

Mit Bescheid vom 25. April 2017 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die Erlaubnis zur Durchführung eines Oldtimertreffens am 17. Juni 2017 von 10.00 Uhr bis 2.00 Uhr auf dem Vorplatz und in der Tiefstollenhalle (Ablauf: ab 10.00 Uhr Oldtimervorführung mit anschließender Fahrzeugprämierung - ab ca. 15.30 Uhr - am Vorplatz der Tiefstollenhalle inkl. Bewirtung und Live-Musikbegleitung; ab ca. 22.00 Uhr Verlegung der Veranstaltung in den Innenbereich der Tiefstollenhalle mit Live-Musik). Die Erlaubnis (Nr. 1) wurde mit Auflagen verbunden. So wurde u.a. die Höchstbesucherzahl für das Außengelände tagsüber auf ca. 1.500 Personen und abends ab 22.00 Uhr (Innenbereich der Halle) auf 800 Personen - je gleichzeitig - beschränkt (Nr. 2.3.1). Die für den Einsatz der Hilfsorganisationen (Feuerwehr, Rettungsdienst usw.) und der Polizei notwendigen Rettungswege seien freizuhalten. Die An- und Abfahrtswege zum/vom Veranstaltungsort seien für evtl. notwenige Einsatzfahrten von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten freizuhalten. Sowohl Lieferals auch alle sonstigen Fahrzeuge müssten außerhalb auf dafür geeigneten Verkehrsflächen abgestellt werden (Nr. 2.11.4). Bühne und Lautsprecher seien mit möglichst großem Abstand zur benachbarten Wohnbebauung aufzustellen und so auszurichten, dass eine direkte Beschallung vermieden werde. Nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie (§ 3 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 BImSchG) seien an den nächstgelegenen Immissionsorten bei seltenen Ereignissen folgende Immissions-Höchstwerte außerhalb von Gebäuden zulässig:

Nachts: 22.00 - 06.00 Uhr 45 dB(A)

tagsüber

(innerhalb der Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen):

06.00 - 08.00 Uhr und 20.00 bis 22.00 Uhr 55 dB(A)

tagsüber (außerhalb der Ruhezeiten): 60 dB(A).

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürften die vorg. Immissions-Höchstwerte nachts um nicht mehr als 10 dB(A) und tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Beurteilungsmaßstab sei nachts die ungünstigste volle Stunde. Als Veranstalter habe der Beigeladene die Einhaltung o.g. Wertes durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen (Nr. 2.12.3 Lärmschutz für die Nachbarschaft). Musikdarbietungen seien in der Lautstärke so zu bemessen, dass die umliegende Wohnbevölkerung nicht in unzumutbarer Weise gestört werde. Lautsprecher seien so einzurichten, dass eine direkte Beschallung der Wohngebäude in unmittelbarer Nähe vermieden werde (Nr. 2.13 Musikdarbietungen). Der Veranstalter habe Vorkehrungen zur Verhütung von Schäden an Sachgütern, zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder Belästigungen für die Allgemeinheit, besonders die Nachbarschaft und vor Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft zu treffen (vgl. unter Nr. 2.17.2). Der Veranstalter werde angehalten dafür Sorge zu tragen, die Besucher in geeigneter Weise darauf aufmerksam zu machen, beim Verlassen des Veranstaltungsorts jeden unnötigen Lärm auf Parkplätzen und umliegenden Straßen zu unterlassen (Nr. 2.17.5). Dem Veranstalter werde gleichzeitig die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs zum Verabreichen von Getränken und Speisen (unter den folgenden Beschränkungen und Auflagen) erteilt (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung der „Nr. 2 - 4“ werde angeordnet (Nr. 5).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die getroffenen Anordnungen seien zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit oder Nachbarschaft (vgl. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG) erforderlich. Ohne die Anordnungen hätte die Veranstaltung gemäß Art. 19 Abs. 4 LStVG versagt werden müssen. Die Erteilung von Anordnungen bzw. Auflagen stelle unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einen geringeren Eingriff dar. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stütze sich auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Der Sofortvollzug sei im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten, um Gefahren für die Besucher der Veranstaltung abzuwehren. Ferner gewährleiste der Sofortvollzug auch die fristgerechte Beachtung und Durchführung der notwendigen Anordnungen auch bei Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Bescheid. Bei Anordnungen zur Abwehr von Gefahren von gewichtigen Schutzgütern überwiege wegen der Dringlichkeit des Einschreitens der Behörde das Vollzugsinteresse. Das Interesse des Veranstalters müsse demgegenüber zurücktreten.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2017 wurde der Bescheid vom 25. April 2017 nachträglich dahingehend geändert, dass die sofortige Vollziehung der „Nr. 1 bis 4“ angeordnet wurde. Dies wurde damit begründet, dass es sich diesbezüglich um einen „redaktionellen Fehler“ gehandelt habe.

Am 17. Mai 2017 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25. April 2017 Klage (M 16 K 17.2157) und stellten einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO. Mit Beschlüssen vom 18. Mai 2017 wurde der Veranstalter zu den Verfahren beigeladen.

Zur Begründung der Klage und des Antrags wurde im Wesentlichen vorgetragen, das Grundstück des Antragstellers Fl.-Nr. … der Gemarkung Peißenberg befinde sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Grundstücks Fl.-Nr. 3098/4, auf dem sich die Tiefstollenhalle befinde. Unter anderem aufgrund des an- und abfahrenden Verkehrs bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages sei es in den Jahren 2015 und 2016 (auch nachts zwischen 1.30 Uhr und 2.00 Uhr) zu massiven Lärmbelästigungen auf dem Grundstück des Antragstellers von ca. 63 bis 70 dB(A) gekommen. Bereits im Jahr 2013 sei es von 16 Anwohnern zu Beschwerden wegen Lärmbelästigung gekommen. Im Jahr 2016 sei die Veranstaltung für 1.500 Personen außerhalb der Halle zugelassen gewesen. Nach unterschiedlichen Quellen hätten zumindest in den Vorjahren jedoch teilweise 2.500 bis zu 4.000 Menschen die jeweiligen Veranstaltungen besucht. Eine Kontrolle der Besucherzahlen sei nicht explizit angeordnet worden. Des Weiteren könne der Antragsteller sein Grundstück nicht ungehindert erreichen und verlassen. Der Antragsteller habe mit Schriftsatz vom 8. November 2016 eine vorbeugende Unterlassungsklage erhoben (M 22 K 16.5132). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe der Vorsitzende vorgeschlagen, das Verfahren für erledigt zu erklären. Der Antragsteller habe jedoch in das anstehende Genehmigungsverfahren für die geplante Veranstaltung frühzeitig miteinbezogen werden sollen. Nach Auffassung des Gerichts hätte seitens des Beigeladenen eine Lärmprognose bzw. -abschätzung beigebracht werden sollen. Entgegen den Zusagen des Beigeladenen sei auch für die diesjährige Veranstaltung keine Lärmprognose bzw. -abschätzung mit dem Antrag eingereicht worden. Dem Bescheid liege somit wieder keine Lärmprognose bzw. -abschätzung zu Grunde, nach der begründet davon ausgegangen werden könne, dass die einschlägigen Lärmwerte am Haus des Antragstellers eingehalten würden. Zudem finde sich in dem Bescheid keine Regelung, sicherzustellen, dass dem Antragsteller während der Dauer der Veranstaltung die ungehinderte An- und Abfahrt zu seinem Haus gewährleistet sei. Der Antragsteller habe im Jahr 2015 einen Herzinfarkt erlitten, der mit dem Einsetzen von 6 Stents habe behandelt werden müssen. Es sei daher für den Antragsteller von enormer Wichtigkeit, dass sein Haus für Rettungsfahrzeuge reibungslos erreichbar sei. Auch werde in dem Bescheid erneut keine Anordnung getroffen, dass die Besucherzahlen zu kontrollieren seien, obwohl der Veranstalter seinen Antrag für 3.000 Besucher gestellt habe. Gerade im letzten Jahr habe sich gezeigt, dass die bloße Beschränkung im Bescheid nicht ausreiche, um den Veranstalter zu veranlassen, die festgelegten Besucherzahlen auch tatsächlich einzuhalten. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 LStVG schütze der Bescheid den Antragsteller weder vor Gefahren für sein Leben bzw. seine Gesundheit und führe darüber hinaus zu einer erheblichen Beeinträchtigung für den Antragsteller. Es liege ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht des Antragstellers vor, den er nicht dulden müsse. Hierzu zählten auch Immissionen wie Lärm und die Zu- und Abgangsbehinderung. Die im Bescheid aufgrund der Freizeitlärmrichtlinie festgesetzten Immissions-Höchstwerte seien durch den Veranstalter permanent überschritten worden. Dies belegten eigene Messungen des Antragstellers. Während der gesamten Veranstaltungsdauer komme es u.a. durch die Besucher, die Musik und durch den An- und Abfahrtsverkehr, insbesondere von Motorrädern und Oldtimern zu einer konstanten und erheblichen Lärmbelästigung auf dem Grundstück des Antragstellers. Zur Nachtzeit sei diese Beeinträchtigung besonders gravierend. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen bei vorangegangenen Veranstaltungen sei auch diesmal nicht damit zu rechnen, dass der Veranstalter die Lärmwerte einhalte, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Veranstaltung um ein Oldtimertreffen handle und die hohe Lautstärke der Motoren- und Abgasgeräusche von Oldtimern ein allgemein bekanntes Problem darstelle, eine hohe Besucherzahl erwartet werde, die sich hauptsächlich draußen aufhalten werde und die Veranstaltung mitsamt eines Feuerwerks bis spät nachts stattfinden werde. Die Antragsgegnerin hätte im Rahmen des Erlaubnisverfahrens somit anhand von Lärmprognosen sicherstellen müssen, dass die Einhaltung der Immissionswerte durch den Veranstalter gewährleistet sei. Die Beeinträchtigung des Eigentums des Antragstellers sei auch erheblich und ihm nicht zumutbar. Es handle sich nicht nur um die dauerhaften Immissionen durch die hohen Besucherzahlen und die Musikdarbietungen, sondern auch um die Verursachung von Lärm zur Nachtzeit durch Besucher, welche sich außerhalb der Halle aufhielten und insbesondere dem nächtlichen Abfahrtsverkehr. Dieser plötzlich auftretende Lärm, welcher in besonderer Weise durch die anwesenden Oldtimer verursacht werde, stelle eine besonders gravierende Störung der Nachtruhe des Antragstellers und anderer Nachbarn dar. Zudem sei der Antragsteller aufgrund seines Herzinfarkts deutlich empfindlicher gegenüber starken Lärmimmissionen als andere Personen. Auch die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach § 12 GastG sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten. Insgesamt hätte der Bescheid über die Veranstaltung aufgrund der bis nachts dauernden Party und des erheblichen Besucherzustroms geeigneter Maßnahmen bzw. Beschränkungen zur Sicherstellung der Einhaltung der höchstzulässigen Immissionswerte im Rahmen der Gestattungen und Erlaubnisse sowie einer Zufahrtsregelung für den Antragsteller bedurft.

Der Antragsteller beantragt,

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16. Mai 2017 gegen den Bescheid vom 25. April 2017 über die Erlaubnis für die Durchführung einer öffentlichen Vergnügung und der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs einer Schank- und Speisewirtschaft wird wiederhergestellt.

Die Antragsgegnerin sowie der Beigeladene beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Hierzu wurde im Wesentlichen vorgetragen, es werde auf das Verfahren M 22 K 16.5132 Bezug genommen. Die Tiefstollenhalle nebst Außenanlagen sei für derartige Veranstaltungen geeignet und das Haus des Antragstellers sei dem Außenbereich und nicht einem Wohngebiet zuzurechnen. Die Zufahrt sei auch während der Veranstaltung gesichert, da die Fahrzeuge „im Kreis“ geleitet würden und die Breite so gewählt sei, dass auch die Feuerwehr und die Rettungswagen genügend Platz hätten. In der mündlichen Verhandlung sei von Seiten des Gerichts prognostiziert worden, dass eine Lärmschutzprognose bzw. -schätzung ca. 600,- Euro kosten werde. Bei der Einholung von Angeboten habe sich herausgestellt, dass eine solche Prognose oder Schätzung von den Sachverständigen nicht vorgenommen werde, sondern nur ausführliche Gutachten mit Rechenmodellen erstellt würden, für die der Preis deutlich über 2.500,- Euro gelegen habe. Da ein Gutachten durch das Gericht nicht gefordert gewesen sei, habe der Beigeladene aufgrund der Kosten davon Abstand genommen. Die Antragsgegnerin habe daraufhin zunächst verwaltungsintern überlegt, ob sie ein entsprechendes Gutachten in Auftrag geben solle, da dies auch für andere Veranstaltungen in der Tiefstollenhalle im Hinblick auf die Lärmproblematik hätte sinnvoll sein können. Dies sei am 3. Mai 2017 mit einer entsprechenden Empfehlung dem Marktgemeinderat vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 3. April 2017 sei der Antragsteller darüber informiert worden, dass die Anzeige durch den Beigeladenen rechtzeitig eingegangen sei und dass beabsichtigt sei, ein Gutachten für den Innen- und Außenbereich der Tiefstollenhallte erstellen zu lassen. Der Antragsteller habe sich daraufhin per E-Mail vom 11. April 2017 an alle 24 Marktgemeinderäte gewandt und erklärt, „die Gemeinde übernehme wieder unreflektiert Kosten, für die sie einfach nicht zuständig sei“. Aufgrund dieser E-Mail sei der Marktgemeinderat der Empfehlung der Verwaltung, ein entsprechendes Gutachten einzuholen, nicht gefolgt. Der Antragsteller habe damit deutlich aufgezeigt, dass es ihm nicht darum gehe, dass die Lärmbelastung bei Veranstaltungen in und an der Tiefstollenhalle für ihn möglichst gering gehalten werde, sondern dass er in erster Linie die jährliche Veranstaltung des Beigeladenen verhindern möchte. Seine gesundheitlichen Beschwerden habe er hintenangestellt. Der Sachvortrag des Antragstellers werde insoweit bestritten, als er im Rechtsstreit M 22 K 16.5132 nicht ausdrücklich anerkannt worden sei. Die in Art. 19 Abs. 4 LStVG aufgeführten Versagungsgründe lägen nicht vor. Es werde vorsorglich die fehlende Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gerügt. Im Hinblick auf die durch den Antragsteller erfolgte Zustimmung zur Errichtung der Veranstaltungshalle und damit inzident erklärter Zustimmung zur Durchführung von Veranstaltungen sei es zweifelhaft, ob eine Drittwirkung im Sinne des § 42 VwGO zu unterstellen sei. Bei einer Interessenabwägung zwischen gemeindlicher Planungshoheit, dem Interesse des Beigeladenen an der Durchführung der Veranstaltung, dem Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung von kulturell relevanten Veranstaltungen, dem Interesse der Antragsgegnerin an Erzielung touristischer Attraktivität u.ä. habe das Einzelinteresse des Antragstellers zurückzutreten. Nach der Veranstaltung im Jahr 2013 habe keiner der die Beschwerden unterschreibenden Anwohner - mit Ausnahme des Antragstellers - weiterhin Bedenken gegen die Durchführung der Veranstaltung gesehen. Die Veranstaltung selbst habe im gesamten Ort eine außerordentlich positive Resonanz gefunden. Es sei bei keiner Veranstaltung - außer einem vom Antragsteller vorsätzlich selbst und rechtswidrig durchgeführten Provokationsfall (Fahrt entgegen der Fahrtrichtung der Einbahnstraßenregelung) - zu Sicherheitsproblemen oder zu maßgeblichen Überschreitungen der Immissionswerte gekommen. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass durch die ständige Präsenz eines Nothilfeeinsatzzugs der Johanniter die vom Antragsteller behauptete Gefahr, dass ein Nothilfefahrzeug nicht auf das Gelände käme, bereits ausgeschlossen sei.

Mit Schriftsätzen vom 29. und 30. Mai 2017 nahmen die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin sowie des Beigeladenen zu Anfragen des Gerichts bezüglich beabsichtigter Maßnahmen zur Überwachung bzw. Gewährleistung der Einhaltung der Auflagen Stellung.

Die Bevollmächtigten des Antragstellers erwiderten mit Schriftsatz, übersandt am 31. Mai 2017, hierzu im Wesentlichen, die Tiefstollenhalle sei gerade nicht als „Veranstaltungshalle“ vorgesehen gewesen. Der Antragsteller habe seine Zustimmung zur Umwidmung zu einem „Bürgerhaus“ gegeben, nicht zu einem „Volksplatz“. Eine Veranstaltung, die Teilnehmer aus Österreich und der Schweiz anziehe, könne kaum als lokale Veranstaltung im Rahmen eines Bürgerhauses angesehen werden. Die Interessen des Antragstellers seien seitens der Gemeinde überhaupt nicht mit eingestellt oder abgewogen worden. Inwiefern die Gegenseite ohne die Einschaltung eines Lärmsachverständigen oder die Durchführung von Lärmmessungen zu dem Ergebnis kommen wolle, dass es im Rahmen der Veranstaltung nie zu maßgeblichen Überschreitungen von Immissionswerten gekommen sei, entziehe sich der Kenntnis des Antragstellers. Gerade die Einhaltung der Lärmwerte sei für die Genehmigungsfähigkeit derartiger Veranstaltungen eine unumgängliche Voraussetzung. Die vorgelegten Filmaufnahmen (Anlage A 3) zeigten, dass keinesfalls gewährleistet sei, dass Rettungsfahrzeuge schnell zum Anwesen des Antragstellers gelangen könnten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der „Limiter“ gewährleiste, dass die Immissionswerte eingehalten würden. Zudem seien für die Beurteilung des Lärms sämtliche Immissionen miteinzubeziehen und nicht nur die Musikanlage. Der Antragsgegner trage in diesem Zusammenhang zum ersten Mal vor, dass er einen Lärmschutzbeauftragten habe, der die Wirksamkeit der Lärmbegrenzung vor und während der Veranstaltung überprüfe, was mit Nichtwissen bestritten werde. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Anlage in der Veranstaltungshalle selbst mit einem „Limiter“ ausgerüstet sei. Es werde nicht substantiiert dargelegt, wie die Besucherzahlen überprüft würden.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2017 legten die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen die Kopie eines ergänzenden Auflagenbescheids vom 30. Mai 2017 vor. Dieser betrifft die Anwesenheit eines Behördenvertreters bei der Veranstaltung, von diesem durchzuführende Schallmessungen sowie eine Auslegung der Bestuhlung im Außenbereich auf maximal 800 Personen (zeitgleich). Die Bevollmächtigten des Antragstellers äußerten sich nochmals mit Schriftsatz vom 1. Juni 2017. Es müsse bereits im Zeitpunkt der Genehmigung eine überprüfbare Lärmprognose vorliegen. Die Einsetzung eines Lärmschutzbeauftragten vor Ort könne somit nicht zur Rechtmäßigkeit des Bescheids führen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten in den Verfahren M 16 K 17.2157 und M 22 K 16.5132 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Antragsteller begehrt gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Verfahren M 16 K 17.2157.

Der Antragsteller besitzt die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, weil er geltend machen kann, dass er durch die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung bzw. Gestattung in öffentlich-rechtlichen nachbarschützenden Rechten verletzt werden kann. Sein Wohngrundstück grenzt unmittelbar an das Veranstaltungsgelände an. Eine erfolgte Zustimmung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens für die Veranstaltungshalle ist insoweit nicht maßgeblich.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers als offen anzusehen. Die durch das Gericht daher vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung ergibt, dass die Interessen des Beigeladenen und die öffentlichen Interessen an der Durchführung der Veranstaltung und damit der sofortigen Vollziehung die Interessen des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegen. Ein evtl. Mangel in der Begründung des Sofortvollzugs führt in einem Verfahren nach § 80a VwGO nicht notwendig zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (vgl. OVG SH, B.v. 29.7.1994 - M 58/94 - juris Rn. 13 ff.).

In dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Antragsgegnerin dem Beigeladenen eine Erlaubnis für die Durchführung der angezeigten Veranstaltung erteilt bzw. auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 5 LStVG Anordnungen getroffen. Eine diesbezügliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin war gegeben (vgl. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG), da es sich bei einem Oldtimer-Treffen - wie der von dem Beigeladenen durchgeführten Veranstaltung - nicht um eine motorsportliche Veranstaltung im Sinne von Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 LStVG handelt (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 70). Weiterhin wurde dem Beigeladenen eine gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 GastG erteilt.

Nach der konkreten Ausgestaltung der Veranstaltung dürfte davon auszugehen sein, dass vorliegend der Anwendungsvorrang des Art. 19 Abs. 9 LStVG greift. Danach sind Art. 19 Abs. 1 bis 5 LStVG nicht anzuwenden, soweit bundesrechtliche oder besondere landesrechtliche Vorschriften bestehen. Besteht eine Erlaubnispflicht (oder Anordnungspflicht) nach anderen Vorschriften (z.B. nach dem Gaststättengesetz oder auch der Straßenverkehrs-Ordnung), beschränken sich Anordnungen und Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG auf den Bereich, der nicht sondergesetzlich geregelt ist (vgl. VG Würzburg, B.v. 18.7.2014 - W 5 S. 14.638 - juris Rn. 22). Findet - wie im vorliegenden Fall - die Veranstaltung nur teilweise auf öffentlichem Verkehrsgrund statt, ist - im Hinblick auf die diesbezüglich gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO erforderliche Erlaubnis - für den übrigen Bereich der Veranstaltung Art. 19 LStVG maßgeblich (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 36).

Soweit ein Regelungsbedarf gerade durch den vorübergehenden Gaststättenbetrieb hervorgerufen wird, ist das Regelungssystem des Gaststättengesetzes, nicht das des Art. 19 LStVG heranzuziehen. Der Nachbarschutz ist dann, wenn die Verabreichung von Speisen und Getränken das ganz beherrschende Element der Veranstaltung ist, im Rahmen der Gestattung nach § 12 GastG zu regeln. Wenn hingegen die Bewirtung nur eines von mehreren, annähernd gleich gewichtigen Veranstaltungselementen ist oder gegenüber der Gesamtveranstaltung nur untergeordnete Bedeutung hat, dann geht das Regelungsbedürfnis hinsichtlich der Gefahren für die Nachbarschaft nicht von der Bewirtung, sondern von der Veranstaltung als solcher aus und kann nur von der nach Art. 19 LStVG zuständigen Behörde bewältigt werden (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 44). Bei der Veranstaltung des Beigeladenen ist angesichts der wohl durchgängig bis 22.00 Uhr vorgesehenen Bewirtung auf einer Freischankfläche und der Bereitstellung von ca. 800 Sitzplätzen auf Biertischgarnituren bei einer maximal erlaubten Besucherzahl von (gleichzeitig) 1.500 Personen davon auszugehen, dass die Bewirtung im Verhältnis zu der Oldtimervorführung und anschließender Fahrzeugprämierung (bereits ab ca. 15.30 Uhr) und der Live-Musikbegleitung sowie einzelner Verkaufsstände ein sehr gewichtiges und auch die Veranstaltung prägendes Element darstellt. Die nach § 12 GastG gestattungspflichtige Veranstaltung ruft deshalb einen gaststättenrechtlichen Regelungsbedarf hervor, der zur Anwendung des Regelungssystems des Gaststättengesetzes führt. Nachbarschutzregelungen nach Art. 19 LStVG scheiden dann wegen des subsidiären Charakters der Vorschrift aus. (vgl. VG Würzburg, B.v. 18.7.2014 - W 5 S. 14.638 - juris Rn. 25). Allerdings können aus Gründen des Nachbarschutzes erforderliche Auflagen (vgl. auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) auf der Grundlage von § 12 Abs. 3 GastG verfügt werden. Einen Anspruch des Nachbarn auf Durchführung des „richtigen“ Verwaltungsverfahrens gibt es nicht (vgl. VG Würzburg, B.v. 18.7.2014 - W 5 S. 14.638 - juris Rn. 27). Demnach sind der summarischen Prüfung im Rahmen des Eilverfahrens die verfügten Auflagen zum Nachbarschutz zu Grunde zulegen, auch wenn diese - jedenfalls bislang - auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 4 bzw. 5 LStVG erfolgt sind.

Nach § 12 Abs. 1 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden. Ein besonderer Anlass liegt vor, wenn die betreffende gastronomische Tätigkeit an ein kurzfristiges, nicht häufig auftretendes Ereignis anknüpft, das außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegt. In jedem Fall muss die beabsichtigte gastronomische Tätigkeit als Annex eines eigenständigen anderen Ereignisses erscheinen. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung des Vorhabens und seines (angeblichen) Anlasses Der besondere Anlass braucht dabei nicht von anderer Seite vorgegeben zu sein, er kann auch - wie z.B. bei der Sommerveranstaltung eines Vereins - vom Antragsteller selbst geschaffen sein (vgl. BVerwG; U.v. 4.7.1989 1 C 11/88 - juris LS u. Rn. 16; vgl. auch VG München, B.v. 8.9.2011 - M 16 E 11.4178 - juris Rn. 21). Hier ist als besonderer Anlass das Oldtimertreffen bzw. die Oldtimervorführung mit Live-Musik als Vereinsveranstaltung gegeben. Diesbezüglich ist der Gastronomiebetrieb als Annex anzusehen.

Die Erteilung der Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Die Behörde hat bei der Erteilung die Schutzgüter des § 4 Abs. 1 GastG zu beachten. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Betrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lässt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinne von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter. Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind. Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 4 f.).

Wenn § 12 Abs. 1 GastG davon spricht, der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes könne „unter erleichterten Voraussetzungen“ vorübergehend und auf Widerruf gestattet werden, so bedeutet dies insbesondere, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind. Eine generelle Freistellung von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung ist damit freilich nicht verbunden. Je kleiner die Zahl der Tage und Nächte mit Ruhestörungen ist, desto eher kann man diese der Nachbarschaft aus besonderem Anlass zumuten. Je größer die Zahl von Tagen und Nächten mit Ruhestörungen ist, desto gewichtiger muss der besondere Anlass sein, um die Zumutbarkeit für die Nachbarschaft zu begründen. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2016 - 22 CS 16.1199 - juris Rn. 26).

Der streitgegenständliche Bescheid enthält eine Lärmschutzauflage für die Nachbarschaft, mit der dem Veranstalter aufgegeben wird, die Einhaltung der Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) sicherzustellen. Festgelegt werden dabei konkret die allgemeinen unter 4.1 Buchst. c) der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie (Stand: 6. März 2015) allgemeinen Immissionsrichtwerte „Außen“ für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete (60 dB(A), 55 dB(A) bzw. 45 dB(A). Die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie sieht allerdings hinsichtlich der Maximalpegel eine großzügigere Regel vor als im streitgegenständlichen Bescheid festgesetzt. Danach sollen einzelne Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte „Außen“ tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (vgl. Nr. 4.3 LAI-Freizeitlärm-Richtlinie).

Die im Bescheid festgesetzten Immissionswerte entsprechen im Wesentlichen auch den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten der TA Lärm (vgl. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm), welche grundsätzlich auch für Grundstücke im Außenbereich heranzuziehen sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 2.11.2016 - 22 CS 16.2048, 22 CS 122 CS 16.2049 - juris Rn. 35). Auch nach Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm dürfen einzelne Geräuschspitzen diese Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Eine unmodifizierte Anwendung der TA Lärm dürfte jedoch bereits deshalb nicht erfolgen, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Die dabei zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ haben zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind. Hinzukommt, dass in Nr. 1 Satz 2 Buchst. b TA Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausgenommen werden. Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen ggf. anheben zu können (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 8).

Auch die von der Antragsgegnerin herangezogene LAI-Freizeitlärm-Richtlinie sieht bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz eine Sonderfallbeurteilung vor. Auch wenn die unter Nr. 4.1 LAI-Freizeitlärm-Richtlinie genannten Immissionsrichtwerte trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, kann eine Veranstaltung in Sonderfällen gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweist und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt wird (vgl. Nr. 4.4.1 LAI-Freizeitlärm-Richtlinie). Die Annahme eines derartigen Sonderfalls bedarf der vorherigen Prüfung der Unvermeidbarkeit und der Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen durch die zuständige Behörde (vgl. Nr. 4.4.2 LAI-Freizeitlärm-Richtlinie). Die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie kann auch im Rahmen von Gestattungen nach § 12 GastG jedenfalls als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. OVG NW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris Rn. 9).

In Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid ist festzustellen, dass dieser die Einhaltung der ohnehin für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgeblichen Lärmwerte vorgibt und somit bereits weitestgehenden Nachbarschutz aufgibt. Die Antragsgegnerin hat sich bei ihrer Entscheidung und der betreffenden Lärmschutzauflage maßgeblich an der Vorgabe der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie orientiert, auf die das Gericht in der mündlichen Verhandlung über die vorbeugende Unterlassungsklage (M 22 K 16.5132) hingewiesen hatte. Die bereits im Rahmen der Unterlassungsklage geltend gemachten Interessen des Antragstellers sind dabei konkret berücksichtigt worden. Eine Ergänzung von Ermessenserwägungen wäre auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren möglich (vgl. § 114 Satz 2 VwGO). Auch sind die Betriebszeiten für den Gaststättenbetrieb auf der Freifläche noch als hinreichend bestimmt anzusehen. Wie sich auch aus den von Seiten des Antragstellers vorgelegten Filmaufnahmen (1. Film, Minute 5.42) ergibt, wurden in der Vergangenheit auch die Besucher durch (das dort gezeigte) Plakat darauf hingewiesen, dass der Ausschank auf der Freifläche um 22.00 Uhr beendet wird. Auch die Musikdarbietung findet ab 22.00 Uhr (nur noch) in der Halle statt. Die Auflagen betreffend den Lärmschutz in Bezug auf die Nachbarschaft sind auch hinreichend bestimmt, da konkrete Werte vorgegeben werden, auch wenn in dem Bescheid diesbezüglich zugleich auch noch allgemeine Auflagen enthalten sind.

Es bestehen zwar gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass es dem Veranstalter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht möglich sein dürfte, die in der Auflage vorgegebenen Lärmwerte einzuhalten. Dies führt im Rahmen der summarischen Prüfung jedoch nicht dazu, bereits jetzt überwiegende Erfolgsaussichten der Klage sicher annehmen zu können. Vielmehr sind diese als offen anzusehen und bedürfen im Einzelnen näherer Aufklärung und Prüfung im Hauptsacheverfahren.

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in der Sache keinen materiellen Anspruch darauf hat, dass die im Bescheid festgesetzten allgemeinen Lärmwerte eingehalten werden, vielmehr besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Abwägung bzw. Ermittlung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle. Wie ausgeführt, ist die im Rahmen des § 12 Abs. 1 GastG zu ermittelnde Schädlichkeitsgrenze nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. In diesem Zusammenhang wären Ermittlungen zur voraussichtlichen Geräuschbelastung anzustellen. Dabei ist nicht ersichtlich, dass diese nicht auch noch nachträglich erfolgen könnten. Allein das Fehlen eines Lärmschutzgutachtens und die fehlende Ermittlung der Schädlichkeitsgrenze zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses führen noch nicht bereits zu überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache, da insoweit auch noch eine Anpassung des Bescheids erfolgen könnte. Durch die derzeitigen Festsetzungen wird der Antragsteller nicht beschwert. Auch wird vertreten, dass eventuelle Verstöße gegen die in einer gaststättenrechtlichen Genehmigung enthaltenen Bestimmungen die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt lassen und allein die Frage der Vollzugskontrolle betreffen. Etwas anderes soll dann gelten, wenn auch Kontrollen der zuständigen Überwachungsbehörden sich als ungeeignet zur Einhaltung des zulässigen Beurteilungspegels darstellen (vgl. VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 67). Dies kann vorliegend nicht hinreichend sicher prognostiziert werden. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Eilverfahrens deutlich gemacht, dass die Einhaltung der Auflagen seitens der Antragsgegnerin kontrolliert und auch verfolgt werden wird. Diesbezüglich wurde nachträglich auch ein ergänzender Auflagenbescheid erlassen. So soll ein (erstmals) hierfür gesondert bestellter „Lärmschutzbeauftragter“ der Antragsgegnerin vor Ort die Einhaltung der Auflagen überprüfen und die Sicherstellung der Einhaltung der Auflagen bezüglich des Lärmschutzes und der Höchstbesucherzahl gewährleisten. Hierzu soll dieser auch stichprobenartig über den Veranstaltungstag verteilt Schallmessungen vornehmen. Weiterhin wurde dargelegt, dass die Musikanlage im Außenbereich mit einem eingebauten „Limiter“ ausgerüstet sei, der automatisch bei Überschreitung von ausnahmsweisen Spitzenlautstärken die Lautstärke begrenze. Die Anlage in der Veranstaltungshalle selbst sei ebenfalls mit einem „Limiter“ ausgerüstet. Die Überwachung der zulässigen Besucherzahl im Außenbereich erfolge durch den Einsatz von 20 Ordnungskräften (im Bescheid seien lediglich 15 Ordnungskräfte angegeben) und eingerichteten Kontrollstellen. Außerdem stehe Einsatzpersonal der Feuerwehr zur Verfügung und die örtliche Polizeiinspektion führe stichprobenartige Überprüfungen der Einhaltung der Sicherheitsbedingungen und insbesondere auch der Auflagen durch. Für die Halle finde die Kontrolle der Maximalbesucherzahl über den Verkauf von Eintrittskarten statt. Da eine derartige Überwachung der Veranstaltung in der Vergangenheit offensichtlich noch nicht erfolgt ist, kann derzeit auch nicht bereits prognostiziert werden, dass die geplanten Maßnahmen zur Kontrolle von vornherein ungeeignet wären. Soweit in der Vergangenheit in der Presse von 4.000 Besuchern berichtet wurden, bezieht sich dies wohl auf die gesamte Besucherzahl der Veranstaltung und nicht auf gleichzeitig anwesende Besucher. Angesichts der Länge der Veranstaltung lässt sich hieraus nicht schlüssig folgern, dass zeitgleich mehr als 1.500 Personen anwesend waren, oder es nicht möglich wäre, den Besucherzustrom durch die von Seiten des Beigeladenen und der Antragsgegnerin konkret beabsichtigten Maßnahmen wirksam zu begrenzen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Besucherzahl in der Halle durch den Verkauf von Eintrittskarten begrenzt wird. So ergibt sich aus dem von Antragstellerseite vorgelegten Filmmaterial, dass für die Veranstaltung in der Halle Karten zum Verkauf angeboten werden (vgl. entsprechende Lautsprecherdurchsage Film 1 Minute …).

Soweit der Antragsteller geltend macht, er könne sein Grundstück nicht ungehindert verlassen, betrifft dies nicht den Regelungsgegenstand des streitgegenständlichen Bescheids. Dies wäre vielmehr eine Folge der Inanspruchnahme der das Grundstück des Antragstellers erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche (Tiefstollen) für die Veranstaltung, die über die hierfür nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO erforderliche straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis und damit zusammenhängende verkehrsrechtliche Anordnungen zu regeln ist. Die Antragsgegnerin hat dies mit Bescheiden vom 22. Mai 2016 getan. Eine Klage diesbezüglich ist bislang nicht anhängig.

Die Situation der offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erfordert im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO demnach eine Interessensabwägung durch das Gericht.

Zwar spricht zu Gunsten des Antragstellers, dass nach der Vorschrift des § 80 Abs. 1 VwGO auch eine Drittanfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung entfaltet und somit entsprechend dem in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes vor einer Entscheidung in der Hauptsache der Vollzug einer belastenden hoheitlichen Maßnahme zu unterbleiben hat. Vorliegend aber ist es im überwiegenden öffentlichen Interesse und im Interesse des Beigeladenen geboten, diesen Grundsatz zu durchbrechen. Die Durchführung des Festivals für den Beigeladenen und auch für die Antragsgegnerin ist, wie diese dargelegt hat, von erheblicher Bedeutung und die Vorbereitungen für das Festival dürften bereits sehr weit fortgeschritten sein. Die Antragsgegnerin hat im Zuge des gerichtlichen Eilverfahrens konkrete Überwachungsmaßnahmen angekündigt und hierzu weitere Auflagen angeordnet. Vor diesem Hintergrund erscheint für den Antragsteller die Durchführung des Festivals hinnehmbar. Bewirtung und Musikdarbietungen im Außengelände sind bei der streitgegenständlichen Veranstaltung lediglich bis 22.00 Uhr zugelassen. Das Wohnhaus des Antragstellers ist von der Veranstaltungshalle ca. 80 m entfernt. Soweit es möglicherweise in der Vergangenheit zu erhöhten Lärmbelästigungen nach 22.00 Uhr (auch) durch abfahrende Fahrzeuge von unmittelbar an das Grundstück des Antragstellers angrenzenden Flächen des Veranstaltungsgeländes (nach den vorgelegten Filmaufnahmen waren dort jedenfalls zum Zeitpunkt der Aufnahmen Oldtimer geparkt) gekommen sein sollte, könnte dem von Seiten des Beigeladenen durch entsprechende Parkregelungen begegnet werden. Im Hinblick darauf, dass ein Rettungsdienst mit Einsatzfahrzeug für die Veranstaltung selbst zur Verfügung steht und der Bescheid Auflagen bezüglich freizuhaltender Rettungswege (An- und Abfahrt zum/vom Veranstaltungsort) enthält, ist davon auszugehen, dass auch die Erreichbarkeit des Grundstücks des Antragstellers durch Rettungsfahrzeuge gewährleistet ist. Weitere Lärmbeschwerden von sonstigen Anwohnern gab es nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nach dem Jahr 2013 nicht mehr, der Antragsteller hat solche auch nicht konkret dargelegt. Tagesveranstaltungen, bei denen der Außenbereich der Halle in Anspruch genommen wird, finden zudem nur an einzelnen Tagen im Jahr statt. Weiterhin ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass sich zuletzt die Antragsgegnerin bemüht hatte, ein Lärmschutzgutachten einzuholen und dies dem Antragsteller mit Schreiben vom 3. April 2017 mitgeteilt hatte. Hiergegen ist der Antragsteller selbst vorgegangen, indem er sämtliche Gemeinderatsmitglieder am 11. April 2017 anschrieb und sich aus Kostengründen gegen die Einholung des Gutachtens durch die Gemeinde aussprach, was schließlich maßgeblich dazu führte, dass der entsprechende Beschlussvorschlag der Gemeindeverwaltung im Gemeinderat abgelehnt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Dementsprechend waren die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat und damit ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei war die Hälfte des Wertes der Hauptsache anzusetzen (vgl. Nr. 1.5 Streitwertkatalog 2013).

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 10. März 2017 rechtswidrig gewesen ist.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die gaststättenrechtliche Gestattung des „Maibaumfestes“ für den Beigeladenen durch die beklagte Verwaltungsgemeinschaft M. am Sonntag, den 30. April 2017.

1. Mit Bescheid vom 16. August 2011 genehmigte das Landratsamt A. den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in der W. Str. …, D. Die Baugenehmigung enthält u.a. unter Nr. 6 des Bescheides die Auflage, dass die entlang der östlichen Grundstücksgrenze vorgesehene PKW-Stellplätze nur zur Tagzeit (6:00 Uhr – 22:00 Uhr) genutzt werden dürfen. Parkvorgänge während der Nachtzeit (22:00 Uhr – 6:00 Uhr) sind durch geeignete Maßnahmen wirksam zu unterbinden. Ausgenommen hiervon ist der Parkverkehr im Rahmen von Feuerwehreinsätzen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Notsituationen), der zu Tag- und Nachtzeit zulässig ist. Unter Nr. 22 enthält die Baugenehmigung den Hinweis, dass in der vorgelegten Schallemissionsprognose keine lärmrelevanten Veranstaltungen betrachtet worden sind. Von Seiten der Gemeinde D. ist deshalb Sorge dafür zu tragen, dass keine derartigen Veranstaltungen stattfinden.

Mit Bescheid vom 20. April 2016 erteilte die Verwaltungsgemeinschaft M. dem Musikverein „D.“ W. e.V. die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs gem. § 12 GastG für das „Maibaumfest“ am Samstag, den 30. April 2016, von 18:00 Uhr bis 24:00 Uhr, am Standort Rathaus D., W. Str. …, D. Mit E-Mail vom 15. Juni 2016 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an die Gemeinde D. und erklärte u.a., dass es bei dem Maifest am 30. April 2016 zu erheblichen Lärmbelästigungen gekommen sei. Die Musikdarbietungen seien mindestens bis 22:30 Uhr gegangen. Der Bevollmächtigte äußerte die Auffassung, eine Erlaubnis nach Gaststättenrecht sei für solche Veranstaltungen nicht ausreichend. Dem jeweiligen Veranstalter seien Auflagen nach LStVG zu machen. Diese Auflagen dürften in den ruhebedürftigen Zeiten zwischen 20:00 bis 22:00 Uhr dazu führen, dass aufgrund der Nähe zu benachbarten Wohnhäusern solche Veranstaltungen nicht tunlich seien. Gegen ein einmaliges Feuerwehrfest im Jahr bestünden allerdings keine Bedenken.

Am 27. Oktober 2016 fand eine Besprechung zwischen dem Bevollmächtigten des Klägers und dem ersten Bürgermeister der Gemeinde D., Herrn B., wegen den Veranstaltungen im Feuerwehrhaus statt. Die Parteien einigten sich unter anderem darauf, dass das Maifest am 30. April oder 1. Mai eines Jahres im Zeitraum von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr durchgeführt werden darf. Um 20:00 Uhr muss nach der Vereinbarung eine Platzräumung erfolgen. Der erste Bürgermeister sagte zu, dass er die Vereinbarung den betroffenen Vereinen näher bringen wird. Werden diese den Vorschlag akzeptieren, wird der Vorschlag dem Gemeinderat vorgelegt.

Im Anschluss an die Besprechung vom 27. Oktober 2016 legte der Bevollmächtigte des Klägers der Verwaltungsgemeinschaft M. mit Schreiben vom 8. November 2016 den Entwurf einer Vereinbarung vor. Die Vereinbarung enthält entsprechend der am 27. Oktober 2016 getroffenen Vereinbarung unter anderem den Passus, dass das Maifest am 30. April oder am 1. Mai und nur beschränkt auf die Zeit von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr durchgeführt werden darf und das Gelände spätestens um 20:00 Uhr vollständig geräumt sein muss.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2016 teilte die Verwaltungsgemeinschaft M. dem Bevollmächtigten des Klägers mit, dass hinsichtlich der Vereinbarung noch keine Entscheidung des Gemeinderats erfolgt ist, da noch keine Gespräche mit den beteiligten Vereinen geführt worden sind. Erst nach diesen Gesprächen werde die Angelegenheit im Gemeinderat behandelt.

Ausweislich des Beschlussbuches des Gemeinderats D. stimmte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 17. Februar 2017 unter Tagesordnungspunkt 8 „Beschlussfassung, dass die traditionelle Maibaumaufstellung auch 2017 wieder am Rathaus stattfindet?“ dafür, eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für ein seltenes Ereignis auszustellen. Im Vorfeld der Abstimmung kam es laut Auszug aus dem Beschlussbuch zu einer Diskussion im Gemeinderat. Aus dem Gemeinderat wurde u.a. geäußert, dass sich die Gemeinde an ihr Wort halten müsse, da der Bürgermeister im Vorfeld der Baugenehmigung zugesagt habe, im Neubau keine nächtlichen Veranstaltungen zu genehmigen. Hinterfragt wurde auch, ob es nicht Alternativen für diesen Veranstaltungsstandort gäbe.

2. Am 1. März 2017 zeigte der Feuerwehrverein W. e. V. (Beigeladener) bei der Verwaltungsgemeinschaft M. mit Formblatt eine öffentliche Vergnügung nach Art. 19 Abs. 1 LStVG an und beantragte gleichzeitig eine Gestattung nach § 12 GastG zum Betrieb einer vorübergehenden Schank- und Speisewirtschaft für ein Maibaumfest in D., am Sonntag, 30. April 2017 (im Zeitraum 18:00 bis 24:00 Uhr, erwartete Besucherzahl: 200, geplanter Auftritt des Musikvereins „D. W.“, Veranstaltungsort: am Rathaus D.).

Mit Bescheid vom 10. März 2017 erteilte die Verwaltungsgemeinschaft M. dem Beigeladenen als Verwaltungsbehörde der Gemeinde D. in stets widerruflicher Weise die Gestattung zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft sowie einer öffentlichen Vergnügung an den Beigeladenen (Nr. 1) für das Maibaumfest am Sonntag, 30. April 2017, von 18:00 – 24:00 Uhr auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung K., Vorplatz und Feuerwehrhaus D., W.-straße … in … D. (Nr. 2). Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden nachfolgende Auflagen und Anordnungen getroffen (Nr. 3) und die sofortige Vollziehung der Nrn. 1, 2 und 3 angeordnet (Nr. 4). In den Auflagen und Anordnungen ist unter Nr. 2 (Dauer der Veranstaltung) festgesetzt: Musikende 22:00 Uhr, Ausschankende: 23:30 Uhr, Veranstaltungsende 24:00 Uhr, verbunden mit dem Hinweis, dass die Veranstaltung mit Musikende um 22:00 Uhr vom Vorplatz des Feuerwehrhauses in die Feuerwehrgerätehalle zu verlegen ist, die Tore zu schließen und geschlossen zu halten sind. Unter Nr. 12 wird aufgegeben, als Parkplätze für die Veranstaltungsbesucher die Parkplätze hinter dem Feuerwehrhaus zur Verfügung zu stellen und auszuweisen. Es wird darauf hingewiesen, dass weitere Parkplätze in nächster Nähe vorhanden sind. Unter Nr. 12 ist ausgeführt, dass Musikdarbietungen um 22:00 Uhr zu beenden sind und die Beschallungstechnik so auszurichten und auszuwählen ist, dass die Belastung der Nachbarschaft minimiert wird. Der Geräuschpegel darf am nächstgelegenen Wohnhaus 70 dB(A) nicht überschreiten; einzelne Geräuschspitzen dürfen den Wert von maximal 90 dB(A) am nächstgelegenen Wohnhaus nicht überschreiten.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Verwaltungsgemeinschaft erlasse die Nr. 1 des Bescheides aufgrund § 12 Abs. 1 GastG und Art. 19 Abs. 5 LStVG. Auflagen in Bezug auf die Genehmigung zur Schank- und Speisewirtschaft dürften gemäß § 12 Abs. 3 GastG angeordnet werden. Auflagen bezüglich der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 5 LStVG dürften i.V.m. Art. 19 Abs. 4 LStVG erlassen werden. Die Anordnungen zum Lärmschutz seien gemäß den Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes, der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und der Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) getroffen worden. Grundsätzlich sei in allgemeinen Wohngebieten tagsüber ein Emissionsrichtwert von 55 dB(A) und nachts von 40 dB(A) einzuhalten. Die Nachtruhe gelte grundsätzlich von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Es könne jedoch bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit und sozialer Adäquanz und Akzeptanz, die zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt würden, eine Sonderfallbeurteilung erfolgen, mit der auch die Nachtzeit bis zu zwei Stunden nach hinten verschoben werden und der Geräuschpegel von 55 dB(A) auf 70 dB(A) angehoben werden könne. Eine hohe Standortgebundenheit sei bei besonderem örtlichen Bezug gegeben. Hierunter könnten Feste mit kommunaler Bedeutung fallen, wie zum Beispiel das jährliche Fest des Feuerwehrvereins (Nr. 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI). Die Maibaumaufstellung sei ein alter Brauch und finde einmal im Jahr in Franken traditionell am Vorabend des 1. Mai statt. Es handele sich daher um eine seltene Veranstaltung. Die Feuerwehren der beiden D.er Ortsteile W. und K. seien mit dem Bau des neuen Feuerwehrhauses zusammengelegt zur Freiwilligen Feuerwehr D. Damit beide Ortsteile ein gemeinsames Maifest feiern und damit die soziale Verbindung des Ortes stärken könnten, sei das Feuerwehrhaus in der W.-straße … in D. der optimale Veranstaltungsort, da das Maifest eine Veranstaltung des Feuerwehrvereins sei, das Feuerwehrhaus zentral gelegen sei und zu Fuß von beiden Ortsteilen aus optimal zu erreichen sei. Es werde davon ausgegangen, dass die Veranstaltung überwiegend zu Fuß aufgesucht werde, was den Abfahrtsverkehr am Feuerwehrhaus in Grenzen halte. Da bei der Veranstaltung ein örtlicher Musikverein spiele, seien mit vereinzelten Überschreitungen des Geräuschpegels von 70 dB(A) zu rechnen. Da die Veranstaltung aber nur einmal im Jahr stattfinde und die Musikdarbietung um 22:00 Uhr beendet sein müsse, seien diese Überschreitungen zumutbar. Einzelne Geräuschspitzen sollten dabei den Pegel von 90 dB(A) einhalten. Die Auflagen und Anordnungen ergingen im pflichtgemäßen Ermessen und nach sorgfältiger Abwägung. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei dabei Rechnung getragen worden. Die Anordnungen seien geeignet, u.a. um die Nachtruhe der umliegenden Anwohner zu berücksichtigen. Die Anordnungen seien angemessen, da das öffentliche Interesse der Dorfgemeinschaft an der Durchführung der integrativen und gemeinschaftsfördernden Veranstaltung höher wiege als die Nachtruhe vereinzelter Nachbarn. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Einnahmen des Feuerwehrvereins durch diese Veranstaltung direkt der Feuerwehr zugutekämen und die Gemeindekasse entlasteten.

3. Am 13. April 2017 ließ der Kläger Klage erheben und stellte (zunächst) folgenden Antrag:

Der Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft M. vom 10. März 2017 wird aufgehoben.

Zur Begründung führte der Bevollmächtige im Schriftsatz vom 24. April 2017 aus, zwar nehme der Bescheid in der Begründung auf die TA-Lärm und die Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) Bezug, Werte seien jedoch im Bescheid nicht enthalten. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig. Das Gebiet, in dem das Hausanwesen des Klägers stehe, sei als allgemeines Wohngebiet einzustufen. Bereits im Zusammenhang mit der Errichtung des Rathauses der Verbandsgemeinde D. habe es erhebliche Diskussionen gegeben und der damalige und jetzige Bürgermeister habe dem Kläger ausdrücklich zugesagt, dass keine Veranstaltungen stattfänden. Auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats D. vom 17. März 2017 sowie auf die Baugenehmigung vom 16. August 2011 werde verwiesen. Entgegen seinem Versprechen habe jedoch dann der erste Bürgermeister der Gemeinde D. zeitnah versucht, Festveranstaltungen im dortigen Bereich durchzusetzen. Im Zuge der Baugenehmigung habe die Gemeinde bereits eine Schallemissionsprognose der Firma W. vom 3. März 2011 vorgelegt, was zu den Auflagen Nr. 5 und 6 sowie dem Hinweis Nr. 22 der Baugenehmigung geführt habe. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 habe das Landratsamt Aschaffenburg dazu ausgeführt, dass diese Immissionsprognose jedenfalls bei Veranstaltungen angepasst werden müsse. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass bei einem Feuerwehrgerätehaus die Nachbarn gezwungen seien, im Rahmen des Gemeinwohls nächtliche Einsätze der Feuerwehr, die mit erheblichem Lärm verbunden seien, hinzunehmen. Weitere zusätzliche Lärmbelastungen durch Festveranstaltungen seien daher definitiv nicht zumutbar. Auch verfüge die Gemeinde über genügend andere Plätze, beispielsweise eine Festhalle, wo solche Veranstaltungen unschwer durchgeführt werden könnten. Es handele sich auch nicht um eine Traditionsveranstaltung. Im Jahr 2016 sei die Veranstaltung, wenn auch völlig unzulänglich, für den Musikverein „D.“ W. e.V. genehmigt worden. Auf eine Beschwerde hin habe das Landratsamt Aschaffenburg mit Schreiben vom 29. Juni 2016 nochmals ausdrücklich klargestellt, dass im Hinblick auf die bereits bestehenden Belastungen durch Feuerwehrübungen und Einsätze Vergnügungsveranstaltungen nicht in Betracht kämen. In der Folgezeit hätten Gespräche stattgefunden, die zu einem Einigungsvorschlag vom 8. November 2016 geführt hätten. Obwohl die Gemeinde zugesagt habe, entsprechende Stellungnahmen abzugeben, habe der Kläger aus der Zeitung erfahren müssen, dass entgegen den Zusagen das klägerische Anwesen sowie weitere Anwesen in der unmittelbaren Nachbarschaft mit entsprechendem Lärm zusätzlich zu dem sowieso bestehenden Lärm durch den Betrieb des Feuerwehrgerätehauses überzogen würden. Zwar sei der Beklagten zuzugestehen, dass sie in Bezug auf Entscheidungen nach dem LStVG einen gewissen Ermessensspielraum habe. Durch die Zusage des Bürgermeisters, die in dem Baugenehmigungsbescheid ihren Niederschlag gefunden habe, sei die Gemeinde jedoch gebunden. Gerade die Lärmprognose, die bereits dazu geführt habe, dass bestimmte Parkplätze nach 22:00 Uhr nicht genutzt werden könnten, lasse der nunmehr angefochtene Bescheid völlig unberücksichtigt. Eine örtliche oder überörtliche Bedeutung am gegebenen Standort sei nicht ersichtlich, nachdem das Maibaumfest bisher lediglich einmal und für einen anderen Betreiber stattgefunden habe. Die Beklagte versuche durch die Hintertür die von Anfang an gehegten Interessen nunmehr doch noch umzusetzen.

Dem Schriftsatz waren einigen Dokumente, u.a. das erwähnte vorläufige Protokoll der Sitzung des Gemeinderats D. vom 13. März 2017, die im Schriftsatz zitierten Schreiben des Landratsamt Aschaffenburg vom 1. Dezember 2015 (Abteilung Immissionsschutz an das Bauamt) und vom 29. Juni 2016 (an den Bevollmächtigten des Klägers) sowie ein Zeitungsartikel vom 20. Februar 2017 beigefügt.

Mit Schriftsatz vom 25. April 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, nicht die Gemeinde D. sondern die Verwaltungsgemeinschaft M. sei die richtige Beklagte. Der Bescheid vom 10. März 2017 sei rechtmäßig. Auf die Begründung im Bescheid vom 10. März 2017 werde verwiesen. Bei dem Maifest sei von einem Fest mit kommunaler Bedeutung gemäß Nr. 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie auszugehen. Das Maifest solle in diesem Jahr zum zweiten Mal nach dem Jahr 2016 auf dem zentral gelegenen Grundstück des Feuerwehrhauses bzw. Rathauses in D. stattfinden. Mit dem Maifest sei im Jahr 2016 erstmals nur noch ein Maibaum in der Gemeinde D. aufgestellt worden. Die ehemals eigenständigen Gemeinden K.und W., die nunmehr Ortsteile der Gemeinde D. seien, verfügten somit nicht mehr über zwei trennende, eigene Maibäume, sondern es existiere nur noch ein gemeinsamer Maibaum im Ort D. Dieser gemeinsame Maibaum und das gemeinsame Ortsfest brächten somit die beiden Ortsteile weiter näher zusammen. Vor Installation des Maibaumständers habe sich die Gemeinde beim Landratsamt Aschaffenburg, Bauaufsichtsbehörde, nach der Möglichkeit der Durchführung von maximal sechs Veranstaltungstagen im Jahr erkundigt. Das Landratsamt habe mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 mitgeteilt, dass in diesem Fall der Tatbestand einer baurechtlich relevanten Nutzungsänderung nicht als erfüllt angesehen werde. Auf die Schreiben des Landratsamtes Aschaffenburg, Immissionsschutz, vom 29. Juni 2016 und 30. August 2016 an den Bevollmächtigten werde verwiesen.

Dem Schriftsatz waren mehrere Dokumente, u.a. das zitierte Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg, Bauaufsichtsbehörde, vom 22. Dezember 2015 an die Verwaltungsgemeinschaft M. sowie zwei Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg (vom 29. Juni 2016 und vom 30. August 2016) an den Bevollmächtigten des Klägers beigefügt.

Mit Schriftsatz vom 26. April 2017 führte der Bevollmächtige des Klägers ergänzend aus, die Ausführungen der Beklagten entbehrten jeder Grundlage. Bei dem Maibaumfest handle es sich nicht um ein Fest mit kommunaler Bedeutung. Dies setze eine gewisse Dauer in der Vergangenheit und Tradition voraus. Diese sei nicht vorhanden. Diese solle entgegen der klaren Aussage des ersten Bürgermeisters gerade erst geschaffen und manifestiert werden. Es gebe zahlreiche Stellen in den Ortsteilen K. und W., insbesondere eine Veranstaltungshalle, wo ein Maibaum problemlos aufstellbar wäre, ohne dass die Nachbarschaft, die durch das Feuerwehrhaus schon genügend beeinträchtigt sei, noch weiter beeinträchtigt würde. Es sei schlicht unzutreffend, dass es keine Alternativstandorte gebe.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2017 – also nach Durchführung der Veranstaltung – führte der Bevollmächtigte des Klägers weiter aus, die Auflage 22 der Baugenehmigung lege klipp und klar fest, dass in der Schallemissionsprognose keine Veranstaltungen betrachtet worden seien. Im Hinweis stehe deshalb, dass die Gemeinde D. Sorge dafür zu tragen habe, dass keine derartigen Veranstaltungen stattfänden. Außerdem handle es sich bei dem Fest der Feuerwehr um keine traditionell stattfindende jährliche Veranstaltung der Feuerwehr. Die Standortgebundenheit beziehe sich nicht auf den konkreten Veranstaltungsort. Es müsse nochmals ausdrücklich festgestellt werden, dass im Zusammenhang mit der Baugenehmigung ausdrücklich versprochen worden sei, dass Veranstaltungen nicht stattfinden würden. Es sei auch im Gemeinderatsbeschluss festgestellt worden, dass Veranstaltungen nicht stattfinden dürften und man nun durch die Hintertür über das Gaststättenrecht und die Freizeitlärmrichtlinie versuche solche Feste zu installieren. Diesem Ansinnen müsse bereits in den Anfängen entgegengetreten werden. Die vorliegende Klage werde daher als Fortsetzungsfeststellungsklage weitergeführt. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass die Beklagte offensichtlich beabsichtige ein solches Maibaumfest zur ständigen Einrichtung werden zu lassen. Dies widerspreche in eklatanter Weise zum einen den Festlegungen der Baugenehmigung zum anderen der, wenn auch nur mündlich unstreitig gegebenen, Zusagen des Bürgermeisters. Bereits mit Schreiben vom 21. Juli 2010, also rund ein Jahr vor Erteilung der Baugenehmigung, habe die Bauaufsichtsbehörde erhebliche immissionsrechtliche Bedenken angemeldet. Diese seien durch das Schreiben der Beklagten vom 2. August 2010 zerstreut worden. Hierbei sei immer nur von nicht störenden Veranstaltungen die Rede gewesen. Nur deshalb seien entsprechende Auflage gemacht worden. Hierzu habe es eine umfangreiche Korrespondenz gegeben, die auch in der Presse ihren Niederschlag gefunden habe. Relevant in diesem Zusammenhang sei auch das Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Juli 2011, das der Baugenehmigung vorausgegangen sei. Hieraus ergebe sich eindeutig, dass durch den Betrieb des Feuerwehrhauses die zulässigen Schallimmissionen bis an die Grenze ausgereizt seien. Weitergehende Veranstaltungen müsste der Kläger definitiv nicht hinnehmen, auch nicht das hier streitgegenständliche Maibaumfest, das im Übrigen im Jahr 2016 erstmals an der Stelle durchgeführt worden sei. Von einer Tradition könne daher nicht die Rede sein.

Die im Schriftsatz zitierten Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft M. an das Landratsamt Aschaffenburg vom 2. August 2010 sowie das Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Juli 2011 waren dem Schriftsatz als Anlagen beigefügt.

4. Mit Beschluss vom 19. April 2017 wurde der … … e.V., vertreten durch den 1. Vorstand, zum Verfahren beigeladen.

Im Schriftsatz vom 24. Januar 2018 führte die Vereinsgemeinschaft „Maibaum in D.“, der auch der Beigeladene angehört, im Wesentlichen aus, es habe in der Vergangenheit zwei Maibaumfeste in den Ortsteilen W. und K. gegeben. Beide Veranstaltungen seien wegen Helfermangel, höherer Kosten und Gebühren, geringen Besucherzahlen und hohem Aufwand nicht positiv verlaufen. Aus diesem Grunde hätten sich die Veranstalter dieser beiden Feste zusammengetan um ein gemeinsames Maibaumfest zu organisieren. Als Örtlichkeit des Festes sei D. ausgewählt worden, da es sich dabei um einen neuen und „neutralen“ Ort gehandelt habe. Man sei auch übereingekommen, dass nur das neue Rat- und Feuerwehrhaus für das Maibaumfest in Frage komme. Der Bürgermeister von D., Herr B., sei wegen des geplanten Festes hocherfreut gewesen und habe zugesagt die notwendigen Schritte einzuleiten. Auch der Feuerwehrwehrverein D. habe sich dann an der Organisation beteiligt. Die erste Veranstaltung sei dann ein voller Erfolg gewesen. Auch das zweite Fest sei trotz schlechten Wetters gut verlaufen. Die ganze Dorfgemeinschaft profitiere von dem gemeinsamen Fest, da dies die einzige Veranstaltung sei, bei der gemeinsam gefeiert werde. Die Absage des gemeinsamen Festes wäre ein Schlag gegen das Gemeinschaftsgefühl und gegen eine langjährige Tradition.

5. Im Sofortverfahren W 6 S 17.412 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. März 2010 mit Beschluss vom 27. April 2017 unter Beachtung verschiedener Maßgaben ab.

Mit Beschluss vom 17. August 2017 ordnete das Verwaltungsgericht das Ruhen des Verfahrens an, da sich die Beteiligten einvernehmlich auf Durchführung einer Mediation durch den Güterichter verständigt hatten. Die Mediation führte zu keinem Ergebnis.

6. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2018 beantragte der Kläger zuletzt,

festzustellen, dass der Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft M. vom 10. März 2017 rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte hielt den Antrag auf Klageabweisung aufrecht.

Der Beigeladene stellte keinen Antrag. Im Übrigen wird auf die Niederschrift verwiesen.

7. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die beigezogene Bauakte des Landratsamtes Aschaffenburg für das Feuerwehrgerätehaus in D. (Az.: 91.3-6024-B 242/2010/0) verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist nach Umstellung des Klageantrages auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des gaststättenrechtlichen Gestattungsbescheides vom 10. März 2017 zulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt – wie hier nach Durchführung der Veranstaltung durch Zeitablauf – erledigt hat, auf Antrag aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Der Kläger hat hier ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da Wiederholungsgefahr gegeben ist. Das Maibaumfest am Vorabend des 1. Mai soll auch in Zukunft auf dem Platz vor dem Feuerwehrgerätehaus in D. gegenüber dem Wohnanwesen des Klägers stattfinden. Laut Aussage des ersten Bürgermeisters der Gemeinde D. in der mündlichen Verhandlung sei der Standort für das Maibaumfest „alternativlos“. Auch an den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen hat sich nichts geändert. Damit ist davon auszugehen, dass die Beklagte erneut entsprechende gaststättenrechtliche Gestattungen erlassen wird.

Der Kläger besitzt auch die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, weil er geltend machen kann, dass er durch die dem Beigeladenen erteilte Gestattung in öffentlich-rechtlichen nachbarschützenden Rechten (s. hierzu unter Nr. 2.4) verletzt werden kann. Sein Wohngrundstück befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort.

2. Die Klage ist begründet, weil die Gestattung vom 10. März 2017 zum Zeitpunkt ihrer Erledigung rechtswidrig gewesen ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt hat. Die Gestattung vom 10. März 2017 hat den Schutz des Klägers vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht hinreichend berücksichtigt und diesen dadurch in seinen Rechten verletzt.

2.1 Gegenstand der Klage ist dabei die Gestattung vom 10. März 2017 ohne Berücksichtigung der vom Gericht in seinem Beschluss vom 27. April 2017 (W 6 S 17.412) im Sofortverfahren angeordneten Maßgaben. Denn diese Maßgaben sind Auflagen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, die speziell auf die Zwecke des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zugeschnitten sind. Die Maßgaben dienen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Vollziehung eines Verwaltungsaktes, um als milderes Mittel die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu vermeiden. Diese Auflagen führen aber nicht dazu, die streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung in der Sache selbst zu korrigieren (vgl. BayVGH, U.v. 6.9.1990 – 22 B 90.500 – juris). Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Bescheid selbst in der Sache nicht geändert.

2.2 Passivlegitimiert ist vorliegend gemäß § 78 Nr. 1 VwGO die Verwaltungsgemeinschaft M. (vgl. dazu die Ausführungen im B.v. 27.4.2017 – W 6 S 17.412). Auch wenn die Klage ursprünglich ausdrücklich gegen die Gemeinde D. gerichtet wurde, war schon aufgrund der erkennbaren Umstände im Wege der Auslegung einer formlose Berichtigung möglich (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 76 Rn. 16). Im späteren Verlauf des Verfahrens (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 17.5.2017) wurde die Verwaltungsgemeinschaft M. dann auch vom Kläger als Beklagte bezeichnet.

2.3 Die Rechtsgrundlage für die Gestattung des Maibaumfests war vorliegend ausschließlich im Gaststättenrecht zu finden, da der Getränke- und Speisenverkauf bei der Veranstaltung keine nur untergeordnete Rolle spielte. Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung standen nach Aktenlage die gaststättenrelevanten Leistungen im Sinne des § 1 GastG im Vordergrund, insbesondere der Ausschank von Getränken und die Abgabe von Speisen. Dem Verkauf der Speisen und Getränke kam gegenüber der geplanten Musikdarbietung auf der Bühne das klare Übergewicht zu. Dies ergab sich schon aus dem Umstand, dass der Festbetrieb auch nach Ende der Musikdarbietung um 22:00 Uhr weiter fortgesetzt wurde. Die Veranstaltung diente ausweislich des Bescheids auch der Einnahmebeschaffung des Beigeladenen und sollte damit zur finanziellen Entlastung der Gemeinde beitragen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.1.2015 – W 6 K 14.494 – BeckRS 2015, 41307; B.v. 18.7.2014 – W 5 S 14.638 – juris). Die parallele Genehmigung nach Art. 19 LStVG war in Relation zum Gaststättenrecht nur subsidiär (siehe Art. 19 Abs. 9 LStVG, der zum Zeitpunkt der Erledigung der Klage noch in Kraft war; aufgehoben mit Wirkung zum 1.8.2017 durch § 3 Nr. 1, § 4 Gesetz v. 24.7.2017, GVBl. 388; durch die Streichung von Art. 19 Abs. 9 LStVG hat sich an der Rechtslage nichts geändert, vgl. LT-Drs. 17/16299, S. 16). Im Rahmen der gaststättenrechtlichen Gestattung waren damit auch die Fragen des Lärmschutzes zu beurteilen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.1.2015 – W 6 K 14.494 – BeckRS 2015; B.v. 18.7.2014 – W 5 S 14.638 – juris). Im Übrigen wären durch das LStVG hinsichtlich des Lärmschutzes auch keine weitergehenden Vorgaben gemacht worden (vgl. VG Ansbach, U.v. 28.7.2009 – AN 4 K 08.01001 – juris).

Konkrete Rechtsgrundlage für die Gestattung des Maibaumfestes war dabei § 12 Abs. 1 GastG. Nach dieser Vorschrift kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Wiederruf gestattet werden. Ein besonderer Anlass liegt vor, wenn die betreffende gastronomische Tätigkeit an ein kurzfristiges, nicht häufig auftretendes Ereignis anknüpft, das außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegt. In jedem Fall muss die beabsichtigte gastronomische Tätigkeit als Annex eines eigenständigen anderen Ereignisses erscheinen. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung des Vorhabens und seines Anlasses. Der besondere Anlass braucht dabei nicht von anderer Seite vorgegeben zu sein, er kann auch – wie z.B. bei der Sommerveranstaltung eines Vereins – vom Antragsteller selbst geschaffen sein (vgl. BVerwG; U.v. 4.7.1989 – 1 C 11/88 – juris LS u. Rn. 16). Vorliegend lag der besondere Anlass im Aufstellen des Maibaums. Diesbezüglich war der Gastronomiebetrieb als Annex anzusehen.

2.4 Die Erteilung der Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG steht im Ermessen der zuständigen Behörde.

Die Behörde hat bei der Erteilung die Schutzgüter des § 4 Abs. 1 GastG zu beachten. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Betrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lässt. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürfte Anlagen – hierzu gehören sowohl Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinne von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird – so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u.a. aus Erwähnung der Nachbarschaft in § 3 Abs. 1 BImschG ergibt, besteht das Erfordernis, umweltschädliche Einwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Allgemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter (BayVGH, B.v. 17.9.2014 – 22 CS 14.2013 – juris Rn. 4).

Wenn § 12 Abs. 1 GastG davon spricht, der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes könne „unter erleichterten Voraussetzungen“ vorübergehend und auf Widerruf gestattet werden, so bedeutet dies insbesondere, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeitsbzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen ist. Eine generelle Freistellung von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung ist damit nicht verbunden. Je kleiner die Zahl der Tage und Nächte mit Ruhestörungen ist, desto eher ist diese der Nachbarschaft aus besonderem Anlass zumutbar. Je größer die Zahl von Tagen und Nächten mit Ruhestörungen ist, desto gewichtiger muss der besondere Anlass sein, um die Zumutbarkeit für die Nachbarschaft zu begründen. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2016 – 22 CS 16.1199 – juris Rn. 26).

Im Rahmen von Gestattungen nach § 12 GastG kann für die Beurteilung der Zumutbarkeit die Freizeitlärmrichtlinie der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 6. März 2015 (Freizeitlärm-Richtlinie) als Orientierungshilfe herangezogen werden (BVerwG, U.v. 16.5.2001 – 7 C 16.00 – juris; OVG NW, B.v. 25.5.2016 – 4 B 581/16 – juris Rn. 9). Die Freizeitlärmrichtlinie sieht hierbei Immissionsrichtwerte vor, oberhalb derer in der Regel mit erheblichen Belästigungen zu rechnen ist (Nr. 4.1 – 4.3). In allgemeinen Wohngebieten – das klägerische Wohngrundstück liegt ausweislich des Bebauungsplans „F.“ in einem solchen – betragen die Immissionsrichtwerte „Außen“ an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A), nachts 40 dB(A). Für seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist vorgesehen, dass diese trotz Überschreitung der allgemeinen Immissionsrichtwerte auf der Grundlage einer Sonderfallbeurteilung zulässig sein können (Ziffer 4.4). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonders örtlichen oder regionalen Bezug gegeben (z.B. Feste mit kommunaler Bedeutung). Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion oder Bedeutung hat (Nr. 4.4.1). Liegt ein derartiger Sonderfall vor, prüft die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen. Unvermeidbarkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn geeignete Ausweichstandorte nicht zur Verfügung stehen (Nr. 4.4.2). Zu prüfen ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs. Dabei sind bei zu erwartenden Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts deren Zumutbarkeit explizit zu begründen, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) sollen vermieden werden. Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen sollen 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten. In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich zu begründen. Nach Nr. 4.4.3 der Richtlinie soll die Verschiebung der Nachtzeit auf Abende vor Samstagen sowie vor Sonn- und Feiertagen beschränkt werden.

Bei sehr seltenen Ereignissen kann sogar von den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie abgewichen werden, falls keine geeigneten Alternativstandorte existieren; aber selbst dies gilt nicht grenzenlos (vgl. dazu BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327 – NJW 1998, 401).

2.4.1 Die Regelungen hinsichtlich des Lärmschutzes im Bescheid der Beklagten vom 10. März 2017 haben sich weitgehend an den Vorgaben der LAI Freizeitlärm-Richtlinie orientiert. Entsprechend den unter Nr. 4.4.2 angegebenen Werten wurde festgelegt, dass der Geräuschpegel am nächstgelegenen Wohnhaus 70 dB(A) nicht überschreiten darf und einzelne Geräuschspitzen einen Wert von 90 dB(A) nicht überschreiten dürfen (Nr. 12 des Bescheides). Außerdem wurde festgelegt, dass die Musikdarbietung um 22:00 Uhr zu beenden ist und die Beschallungstechnik so auszurichten und auszuwählen ist, dass die Belastung der Nachbarschaft minimiert wird (Nr. 12 des Bescheides). Weiter wurde angeordnet, dass die Veranstaltung mit Musikende um 22:00 Uhr vom Feuerwehrhaus in die Feuerwehrgerätehalle zu verlegen sind und die Tore daraufhin zu schließen sind und geschlossen gehalten werden müssen (Nr. 2 des Bescheides). Nicht klar geht aus dem Bescheid hervor, wie hoch der Beurteilungspegel nach Beendigung der Musikdarbietung um 22:00 Uhr sein durfte. Die Festlegung in Nr. 12 des Bescheides könnte man zum einen so verstehen, dass der festgelegte Wert von 70 dB(A) auch nach Ende der Musikdarbietung um 22:00 Uhr bis zum Ende der Veranstaltung um 24:00 Uhr gilt, da hinsichtlich dieser Festsetzung keine Differenzierung nach der Uhrzeit vorgenommen wurde. Auf der anderen Seite könnte man die Bestimmung so verstehen, dass die Festlegung des Grenzwerts nur bis zum Ende der Musikdarbietung gilt. In diesem Falle wäre für die Zeit von 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr kein maximal zulässiger Lärmpegel festgelegt.

2.4.2 Unabhängig von der Frage der zulässigen Geräuschimmissionen nach 22:00 Uhr, war die so ausgestalte Gestattung des Maibaumfestes am 30. April 2017 unter Zugrundelegung der zuvor dargestellten Maßstäbe ermessensfehlerhaft, da die Abwägung mangels Ermittlung der Erheblichkeitsbzw. Zumutbarkeitsschwelle und möglicher evt. Alternativstandorte rechtsfehlerhaft erfolgte.

2.4.2.1 Die Gestattung des Maibaumfestes vom 10. März 2017 war schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte keine Ermittlungen hinsichtlich der zu erwartenden Geräuschbelastung angestellt hat und somit keine Kenntnis davon hatte, welche Belastungen auf die umliegende Wohnbebauung ausgehen können.

Wie ausgeführt, ist die im Rahmen des § 12 Abs. 1 GastG zu ermittelnde Schädlichkeitsgrenze nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Um diese Abwägung durchführen zu können, ist es erforderlich, Kenntnis darüber zu haben, welche Lärmbelästigungen von der geplanten Veranstaltung voraussichtlich ausgehen werden. Hat die Genehmigungsbehörde keine dahingehenden Anhaltspunkte, kann sie die Belastung für die umgebende Wohnbebauung nicht verlässlich abschätzen. Das führt dazu, dass in die durchzuführende Abwägung keine verlässlichen Werte eingestellt werden können. Die Zumutbarkeitsschwelle kann auf diese Weise nicht ermittelt werden (vgl. OVG NW, B.v. 25.5.2016 – 4 B 581/16 – NVwZ-RR 2016, 849; vgl. auch VG München, B. v. 17.6.2017 – 16 S 17.2177, BeckRS 2017, 113656). Erforderlich ist es deshalb, im Vorfeld einer solchen Veranstaltung Ermittlungen anzustellen, die aussagekräftige Werte über die zu erwartenden Geräuschbelastungen liefern, etwa durch die Erstellung einer Lärmprognose. Auch die LAI-Freizeitlärmrichtline sieht in Nr. 4.3.3 vor, dass die Immissionsschutzbehörde den Veranstalter zu verpflichten hat, Unterlagen vorzulegen, anhand derer die Geräuschbelastung der Umgebung abgeschätzt werden kann.

Vorliegend hatte die Beklagte keine Kenntnis von den zu erwartenden Lärmbelastungen durch die konkrete Veranstaltung. Die Beklagte hat weder eigene Ermittlungen angestellt, noch hat sie den Beigeladenen verpflichtet Unterlagen vorzulegen, aus denen die zu erwartenden Lärmbelastungen verlässlich abzuschätzen gewesen wären. Auch aus der im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens für das Feuerwehrgerätehaus erstellten Lärmprognose der Fa. W. vom 3. März 2011 ließen sich keine dahingehenden Werte gewinnen; Veranstaltungen wurden in dieser Prognose nicht betrachtet. Die Beklagte hatte damit keine Anhaltspunkte, welche Auswirkungen von der Veranstaltung auf die Nachbarschaft ausgehen. Die im Bescheid festgesetzten maximal zulässigen Lärmpegel wurden damit „ins Blaue hinein“, lediglich schematisch und ohne Kenntnis von den tatsächlichen Verhältnissen festgesetzt. Es ließ sich nicht verlässlich beurteilen, ob die festgesetzten Werte durch die konkret zur Gestattung gestellte Veranstaltung überhaupt eingehalten werden können. Da die Beklagte keine Kenntnis von den zu erwartenden Immissionen hatte, konnte sie auch keine geeigneten Maßnahmen festschreiben, um die Lärmimmissionen zu verringern. Auch bei Durchführung der Veranstaltung am 30. April 2017 wurden keine belastbaren Werte ermittelt.

Die Notwendigkeit der Ermittlung der zu erwartenden Lärmbelastungen wäre in der konkreten Konstellation v.a. deshalb erforderlich gewesen, weil es nach Durchführung einer vergleichbaren Veranstaltung im Vorjahr am 30. April 2016, zu Beschwerden aufgrund der durch das Fest ausgehenden Lärmimmissionen durch den Kläger gekommen war. Außerdem gab es schon im Zuge des Genehmigungsverfahrens für das Feuerwehrgerätehaus Spannungen mit der Nachbarschaft aufgrund der erwarteten Lärmbelastung durch den Betrieb des Feuerwehrgerätehauses, sodass Konflikte, ausgelöst durch die zusätzliche Gestattung einer lärmrelevanten Veranstaltung, zu erwarten waren.

2.4.2.2 Die Gestattung des Maibaumfestes war auch deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte die besonderen Verhältnisse des Einwirkungsbereichs der Festveranstaltung nicht ausreichend berücksichtigt hat.

In die Abwägung der wiederstreitenden Interessen im Rahmen der Entscheidung nach § 12 Abs. 1 GastG sind u.a. auch die besonderen Verhältnisse der Umgebung des Veranstaltungsortes zu berücksichtigen. Insbesondere ist dabei auch die Schutzwürdigkeit und Sensibilität (vgl. Nr. 4.4. der LAI-Freizeitlärmlinie) der betroffenen umliegenden Wohnbebauung zu beachten (vgl. auch BVerwG, U.v. 17.7.2003 – 4 B 55/03 – NJW 2003, 3360). Je größer die Vorbelastung der Umgebung mit Immissionen ist, desto mehr muss bei der Gestattung einer Veranstaltung Rücksicht auf die Bedürfnisse der Anwohner genommen werden.

Dies ist vorliegend nicht in ausreichendem Maße geschehen. Die Beklagte hat zwar zutreffend erkannt, dass sich die Geräuschbelastungen durch das Fest auf ein allgemeines Wohngebiet auswirken. Allerdings hat die Beklage nicht beachtet (zumindest hat dies keinen Niederschlag im Bescheid vom 10. März 2017 oder im Schriftsatz der Beklagten vom 25. April 2017 gefunden), dass der Einwirkungsbereich des Maibaumfestes schon durch Geräuschimmissionen ausgehend vom benachbarten Feuerwehrgerätehaus belastet ist. Die Auswertung der Schallimmissionsprognose der Fa. W. vom 3. März 2011 zeigt die Lärmbelastung der Umgebung, insbesondere auch des Anwesens des Klägers, durch den Betrieb des Feuerwehrgerätehauses auf. Aus der Prognose geht im Einzelnen hervor, dass das Grundstück des Klägers von Lärmimmissionen durch den Parkverkehr auf dem Anlagengrundstück sowie durch den Fahr- und Parkverkehr der Feuerwehrfahrzeuge und den Übungsbetrieb auf der Freifläche betroffen ist. Die Prognose kommt zwar zu dem Ergebnis, dass die Nachbarschaft bei Einhaltung bestimmter Vorgaben keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist. Dennoch handelt es sich bei diesen Lärmimmissionen um eine relevante Vorbelastung, die eine besondere Sensibilität der umliegenden Bebauung begründet. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass das Anwesen des Klägers in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, die Lärmprognose der Fa. W. ging dagegen von einem Dorf- und Mischgebiet aus. Darüber hinaus ist die Umgebung des Feuerwehrhauses durch Immissionen belastet, die von Einsätzen der Feuerwehr, insbesondere zur Nachtzeit, ausgehen. Laut der Prognose kommt es durch solche Einsätze zu einer Überschreitung der maximal zulässigen Spitzenpegel (S. 11 der Schallimmissionsprognose). Zwar dürfen bei solchen Einsätzen die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm überschritten werden. Allerdings handelt es sich dabei trotzdem um Vorbelastungen mit Lärmimmissionen, die bei einer Abwägungsentscheidung nach § 12 GastG zu berücksichtigen sind. Wenn ein Nachbar eines Feuerwehrhauses die Überschreitung von Grenzwerten durch Einsätze zum Wohle der Allgemeinheit hinnehmen muss, so muss dies zumindest bei einer Entscheidung über die Gestattung von Veranstaltungen, die zusätzliche Lärmbelastung begründen, berücksichtigt werden.

Das Gericht weist in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass vorliegend nur festgestellt wird, dass die Vorbelastung bei der Entscheidung im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 12 GastG hätte berücksichtigt werden müssen. Dies bedeutet nicht, dass die Durchführung eines Festes auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses aufgrund der dargestellten Vorbelastung zwingend ausgeschlossen ist. Bei einer erneuten Entscheidung über die Gestattung einer Veranstaltung sind allerdings – wie oben dargelegt – alle relevanten Faktoren einzustellen, was bei der Entscheidung über das Fest am 30. April 2017 nicht geschehen war. Dies bedeutet auch, dass, sollten zukünftige Ermittlungen ergeben, dass die umliegenden Grundstücke aufgrund der Nähe zum Feuerwehrgerätehaus und Rathaus darüber hinaus Belastungen ausgesetzt sind (in der mündlichen Verhandlung wurde etwa der An- und Abfahrtsverkehr zu dort befindlichen Geldautomaten vom Klägervertreter benannt), diese ebenfalls bei einer Entscheidung über die Gestattung der Festveranstaltung zu berücksichtigen sein werden.

2.4.2.3 Die Gestattung war auch deshalb rechtsfehlerhaft, da eine ermessensfehlerfreie Würdigung und Abwägung von Alternativstandorten (Ausweichstandorten) im Bescheid nicht erfolgte. Im Hinblick auf die Unvermeidbarkeit der zu erwartenden Immissionen hat sich die Genehmigungsbehörde im Rahmen der Entscheidung nach § 12 Abs. 1 GastG auch damit auseinanderzusetzen, ob für die konkrete Veranstaltung Alternativstandorte in Frage kommen, an denen die umliegenden Anwohner durch die Veranstaltung in geringerem Maße belastet werden (VG Würzburg, U.v. 14.1.2015 – W 6 K 14.494 – BeckRS 2015, 41307; vgl. auch Nr. 4.4.2 der LAI-Freizeitlärmrichtlinie).

Eine solche Auseinandersetzung ist nicht im gebotenen Maße erfolgt. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 10. März 2017 zwar ausgeführt, dass das Feuerwehrgerätehaus der ideale Standort für das Maibaumfest sei, da es sich bei dem Maibaumfest um ein gemeinsames Fest der beiden ehemals selbständigen Ortsteile K. und W. handele und das Feuerwehrgerätehaus zentral zwischen den beiden Ortsteilen liege und deshalb auch von allen Besuchern zu Fuß erreicht werden könne. Diese Begründung kann den oben genannten Anforderungen allerdings nicht gerecht werden. Dabei ist v.a. zu beachten, dass aus dem Bescheid der Beklagten auch hervorgeht, dass es zentrale Funktion des gemeinsamen Festes ist, den sozialen Zusammenhalt im Ort D. durch ein gemeinsames Maibaumfest zu stärken. Das Ziel der Stärkung der Ortsgemeinschaft ist jedoch nicht zwangsläufig an einen bestimmten Ort in der Gemeinde gebunden. Ein gemeinsames Fest könnte grundsätzlich auch an anderen Stellen im Ort ausgerichtet werden, auch wenn ein solcher Ort nicht so zentral gelegen ist, wie das bei dem Feuerwehrgerätehaus der Fall ist. Als entscheidend für die Förderung des Zusammenhalts stellt sich nach dem Vortrag der Beklagten dar, dass ein gemeinsames Fest stattfindet, an dem die Bewohner beider Ortsteile zusammenkommen. Aus diesem Grunde hätte sich die Beklagte damit auseinandersetzen müssen, ob dieses Ziel auch an anderen Standorten in der Gemeinde erreicht werden kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Maibaumfest als traditioneller Anlass nicht zwangsläufig einen Bezug zur Feuerwehr D. hat; im Jahr 2016 wurde das Fest von einem anderen Verein ausgerichtet. Die Berücksichtigung anderer Standorte wäre insbesondere auch deshalb angezeigt gewesen, da sich gegenüber dem Veranstaltungsgelände ein allgemeines Wohngebiet befindet, das im Hinblick auf Lärmbelastungen besonders schutzwürdig ist. Auch aufgrund der bereits beschriebenen Vorbelastung der Umgebung des Feuerwehrgerätehauses (s. Ausführungen unter 2.4.2.2) hätte sich eine Beschäftigung mit Alternativen aufdrängen müssen.

Es ist davon auszugehen, dass in der Gemeinde D. grundsätzlich Ausweichstandorte für die Veranstaltung des Maibaumfestes bestanden. So hat etwa der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass im Ort eine Veranstaltungshalle existiert. Auch in der Gemeinderatssitzung vom 17. Februar 2017 wurde die Auffassung geäußert, dass man sich mit Alternativstandorten auseinandersetzen müsste. Sollten die alternativen Standorte – wie vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlungen ausgeführt – für die Veranstaltung des Maibaumfestes tatsächlich nicht in Frage kommen, hätte dies in der Begründung des Bescheids dargelegt werden müssen. Nicht ausreichend war es, einen bestimmten Veranstaltungsort – wie im Bescheid vom 10. März 2017 geschehen – als optimalen Standort zu bezeichnen, ohne Alternativen zu bedenken.

2.4.3 Ergänzend weist das Gericht noch darauf hin, dass die Zusage des Ersten Bürgermeisters, dass auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses keine Veranstaltungen stattfinden werden, die im Zuge des Genehmigungsverfahren für das Feuerwehrgerätehaus gefallen sein soll (vgl. dazu das Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17. März 2017), der Gestattung eines Maibaumfestes nach § 12 GastG an besagtem Ort nicht entgegenstehen kann. Fest steht, dass dem Kläger eine solche Zusage – unabhängig von ihrem genauen Inhalt – jedenfalls nur mündlich und nicht schriftlich gemacht wurde. Damit kann es sich um keine rechtsverbindliche Zusage gemäß Art. 38 BayVwVfG handeln, welche die Beklagte bindet. Die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt in der Zukunft zu unterlassen, bedarf gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG der Schriftform.

Entgegen der Ansicht des Klägervertreters steht auch die Baugenehmigung des Landratsamts Aschaffenburg für das Feuerwehrhaus vom 16. August 2011 der Ausrichtung von Veranstaltungen an diesem Standort nicht grundsätzlich entgegen. Unter Nr. 22 der Baugenehmigung vom 16. August 2011 ist zwar ausgeführt, dass von Seiten der Gemeinde dafür Sorge zu tragen ist, dass auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses keine lärmrelevanten Veranstaltungen stattfinden. Allerdings ist dieser Passus unter der Überschrift „Hinweise“ in die Baugenehmigung aufgenommen worden, sodass es sich dabei um keine Inhalts- oder Nebenbestimmung der Baugenehmigung und damit um keine verbindliche Regelung handelt. Außerdem ist – v.a. weil der Satz auf den Hinweis folgt, dass Veranstaltungen in der vorgelegten Schallprognose nicht berücksichtigt worden sind – davon auszugehen, dass Veranstaltungen nicht generell untersagt werden sollten. Vielmehr ist der Satz so zu verstehen, dass auf Grundlage der in der Baugenehmigung genehmigten Nutzungen keine (weiteren) lärmrelevanten Veranstaltungen zulässig sind. Dem steht es grundsätzlich aber nicht entgegen, dass die Beklagte eine gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG erteilt, in deren Rahmen zu prüfen ist, ob dem Kläger weitere Lärmeinwirkungen zuzumuten sind. Diese Auffassung hat auch das Landratsamt Aschaffenburg in mehreren Schreiben geäußert.

3. Die Kostenentscheidung zulasten der Beklagten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da er sich mangels Antragstellung nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO)

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze

1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit,
2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder
3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
erteilt werden.

(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung, dass die Bescheide der Beklagten vom 5. Juli 2016 zur Durchführung der Veranstaltung „C.“ in der Zeit vom 21. Juli 2016 bis 24. Juli 2016 rechtswidrig waren, weiter. Mit diesen Bescheiden erteilte die Beklagte dem Beigeladenen diesbezügliche Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG, § 29 Abs. 2 StVO und § 68 Abs. 1 GewO.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden nur dann vor, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – juris). Solche Zweifel zeigt die Antragsbegründung nicht auf.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die streitgegenständlichen Erlaubnisse subjektive Rechte der Klägerin nicht verletzten. Die Veranstaltung „C.“ sei als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 der Freizeitrichtlinie einzustufen. Die Kriterien der Standortgebundenheit sowie der sozialen Adäquanz und Akzeptanz seien erfüllt. „C.“ sei auf die Verhältnisse am Kanal in Bamberg zugeschnitten und beziehe die örtlichen Begebenheiten mit ein. Auch die soziale Adäquanz könne man dem Kulturfest nicht absprechen, weil derartige Vergnügungen in einem begrenzten Rahmen zum städtischen Leben gehörten und von breiten Teilen der Bevölkerung angenommen, zumindest aber toleriert würden. Die 39 Stände dienten der leiblichen Versorgung der Gäste, auf den Bühnen seien musikalische bzw. künstlerische Darbietungen vorgesehen gewesen. Zudem sei ein Kunsthandwerkermarkt angeschlossen. Eine erhebliche Belästigung der Klägerin i.S.d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG liege nicht vor. Gegenüber vorangegangenen Veranstaltungen seien erhebliche zeitliche Einschränkungen vorgenommen worden. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte in Bezug auf die Begrenzung der Lautstärke musikalischer Darbietungen eine konkrete überwachbare Auflage, dass 80 dB (A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden dürften. Im Bereich des Anwesens der Klägerin sei tagsüber lediglich ein Beurteilungspegel von 67 dB (A) zu erwarten gewesen. Es seien keine durchgreifenden Mängel der Immissionsprognose zulasten der Klägerin ersichtlich. Bei seltenen Veranstaltungen gehe die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.2.2 davon aus, dass vor den Fenstern im Freien eine Lärmbelastung von 70 dB (A) tagsüber grundsätzlich eingehalten werden solle. Erst bei Überschreitungen sei deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. Auch die Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe sichergestellt, dass eine ausreichend lange Nachtruhe gewährleistet bleibe. Sie sei rechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte i.S.d. Nr. 4.1 Freizeitlärmrichtlinie nicht unvermeidbar i.S.v. Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie war. Hierbei komme es nicht auf die exakte Einordnung des das Anwesen der Klägerin umgebenden Gebietes an. Die von der Klägerin vorgebrachten Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche seien nur insoweit von Bedeutung, als sie drittschützende Normen beträfen. Das Anwesen der Klägerin befinde sich nicht im langgezogenen westlichen Teil des Veranstaltungsgeländes am Kanal, sondern am Rande des von der öffentlichen Vergnügung in Anspruch genommenen Geländes. Zu prüfen sei daher nur, wie sich die eigene Sicherheit der Klägerin und ihres Anwesen während der Dauer der Veranstaltung darstelle. Nördlich, westlich und südlich seien ausreichende Freiflächen vorhanden, so dass ein etwaiger Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen nicht mit unzumutbaren Einschränkungen verbunden gewesen wäre. Das Anwesen sei während der Hauptbetriebszeit für Rettungskräfte usw. erreichbar gewesen. Auch eine Aufstellung von Drehleitern sei möglich gewesen. Die zum Schutz der Klägerin verfügten Auflagen seien ausreichend gewesen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich im Jahr 2017 die Rahmenbedingungen für die Durchführung der Veranstaltung „C.“ geändert hätten. Der Kunsthandwerkermarkt sei in südliche Richtung verlegt und im Bereich des Anwesens „Am Kanal 11“ ein Behelfssteg als neuer Rettungsweg vorgesehen worden. Daher könne die Klägerin, unabhängig vom fehlenden Drittschutz, auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend machen, weil sich die Veranstaltung nicht mehr in derselben Form wie im Jahr 2016 wiederholen werde.

Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass es sich bei „C.“ um keine kulturelle Veranstaltung mit sozialer Adäquanz gehandelt habe. Insbesondere habe dies nicht mit den 39 Ständen, die der leiblichen Versorgung der Gäste dienen sollten, begründet werden können. Durch die Festlegung der Betriebszeiten und des Ausschankendes sei nicht gewährleistet gewesen, dass der Beurteilungspegel von 55 dB (A) zur Nachtzeit eingehalten werde, da es bei einem Ausschankende erst eine Viertelstunde vor Veranstaltungsende erfahrungsgemäß länger dauere, bis die Gäste ausgetrunken und das Festgelände verlassen hätten. Das Verwaltungsgericht habe die Auswirkungen der Veranstaltung zur Nachtzeit nicht berücksichtigt und daher auch nicht rechtmäßig zum Ergebnis gelangen können, dass keine erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen zu erwarten gewesen seien. Das Urteil enthalte auch keine Aussage darüber, ob bei der Immissionsprognose der Zuschlag für die Informationshaltigkeit der Musikwiedergabe gemäß Ziff. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie berücksichtigt worden sei. Auch die Voraussetzungen der „Unvermeidbarkeit“ i.S.d. Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie seien nicht richtig bewertet worden, weil geeignete Ausweichstandorte zur Verfügung gestanden hätten. Die Veranstaltung hätte auch nur auf der von der Klägerin abgewandten Kanalseite stattfinden können, da dort besonders schutzbedürftige bauliche Anlagen nicht existierten. Zudem hätten die Schutzwürdigkeit und die Sensibilität des Einwirkungsbereichs berücksichtigt werden müssen. Die durch Wohnnutzung geprägten baulichen Anlagen, wie auch das von der Klägerin bewohnte Anwesen, hätten eine höhere Schutzwürdigkeit und Sensibilität aufgewiesen als dies auf der gegenüberliegenden Kanalseite der Fall gewesen wäre. Auch hätten die Voraussetzungen für die Verschiebung der Nachtzeit nicht vorlegen. Diese sehe die Freizeitlärmrichtlinie nur in besonders gelagerten Fällen vor. Woraus sich bei vorliegender Gestaltung die Besonderheit des Falles hätte ergeben sollen, sei nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus die von der Klägerin vorgebrachten Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche zu Unrecht nur auf die Frage des Brandschutzes des von der Klägerin bewohnten Anwesens beschränkt geprüft. Das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs vermittle ihr eine besondere Rechtsstellung, in welcher sie hätte verletzt sein können. Sie sei in eigenen Rechtspositionen betroffen gewesen, weil im Fall einer Panik und plötzlichen Entfluchtung nicht ausgeschlossen hätte werden können, dass es auch zu Schäden an ihrem Gebäude gekommen wäre. Auch bei einer veränderten Konzeption der Veranstaltung sei ein Fortsetzungsfestsetzungsinteresse gegeben, da ein künftiger Verstoß gegen die Rechtspositionen der Klägerin nur dann verhindert werden könne, wenn die Rechtsverletzung in Bezug auf die Vergangenheit festgestellt worden sei.

Mit diesem Vorbringen zieht die Klägerin die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Klägerin ihre Drittanfechtungsklage gegen die Erlaubnisse zur Veranstaltung von „C.“ nur auf die Verletzung drittschützender Normen stützen kann. Art. 19 Abs. 4 LStVG, wonach die Erlaubnis für eine Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen u.a. zu untersagen ist, wenn es zur Verhütung von Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich erscheint, entfaltet drittschützende Wirkung (Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Der Begriff des Schutzes vor erheblichen Nachteilen und Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft entspricht im Wesentlichen der Definition für schädliche Umwelteinwirkungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG. Zudem ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigungen i.S.d. § 906 BGB identisch mit erheblichen Belästigungen und damit schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG, § 3 Rn. 14a m. w. N.). Nachteile in diesem Sinn sind wirtschaftliche und ideelle Einbußen, insbesondere auch die Wertminderung von Grundstücken und Wohngebäuden. Als Belästigungen werden das normale Maß übersteigende Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens, ohne dass eine Gesundheitsgefahr vorliegen muss, bezeichnet. Beide Einwirkungen „Nachteile und Belästigungen“ müssen erheblich sein. Ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten und damit der Nachteil bzw. die Beeinträchtigung unzumutbar sind, ist aus der Sicht des Betroffenen zu beurteilen. Nach herrschender Auffassung kommt es bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze allerdings nicht auf das Empfinden des individuell Betroffenen, sondern auf das eines verständigen Durchschnittsmenschen in vergleichbarer Lage an (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG, § 3 Rn. 15 a).

Bezogen auf die angeführten Lärmimmissionen hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmimmissionen die Freizeitlärmrichtlinie heranzuziehen war (BayVGH, B.v. 13.8.2010 – 10 CE 10.1996 – juris Rn. 16; B.v. 17.10.1996 – 24 CS 96.3415 – juris Rn. 15; HessVGH, U.v. 25.2.2005 – 2 UE 2890 – juris Rn. 53 ff.). Die Freizeitlärmrichtlinie sieht Immissionsrichtwerte vor, oberhalb derer in der Regel mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Für seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist vorgesehen, dass diese trotz Überschreitung der allgemeinen Immissionsrichtwerte zulässig sein können. Die Veranstaltung „C.“ war als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 Freizeitlärmrichtlinie einzuordnen. Hohe Standortgebundenheit liegt bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug vor. Hierunter können Feste mit kommunaler Bedeutung – wie die örtliche Kirmes oder das jährliche Fest der Feuerwehr – sowie besondere Vereinsfeiern fallen (vgl. 4.4.1 Freizeitlärmrichtlinie). „C.“ fand im Jahr 2016 bereits das elfte Mal statt und ist somit bereits traditioneller Bestandteil des jährlichen Veranstaltungskalenders der Beklagten. Die soziale Akzeptanz und Adäquanz zeigt sich darin, dass das Fest von der örtlichen Gemeinschaft angenommen wird und offensichtlich für viele Bewohner eine hohen Stellenwert aufweist. Die hohen Besucherzahlen sprechen insoweit für sich. Von dem Großteil der Anwohner wird die Veranstaltung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfindet, zumindest geduldet. Die Einordnung der Veranstaltung als seltenes Ereignis setzt im Übrigen nicht voraus, dass es sich bei der Veranstaltung um eine Kulturveranstaltung handelt. Die Zahl der der Versorgung der Gäste dienenden Stände hat daher keine entscheidende Bedeutung.

Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die zu erwartenden Immissionen unvermeidbar und zumutbar im Sinn der Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie waren. Lokal geeignete Ausweichstandorte standen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Verfügung. Sowohl der Name der Veranstaltung „C.“ als auch bestimmte Programmpunkte (Gondelfahrten, venezianische Nacht) zeigen den besonderen räumlichen und auch konzeptionellen Bezug der Veranstaltung zum Kanal. Dass eine Verlagerung auf nur eine Kanalseite, wie von der Klägerin gewünscht, angesichts der prognostizierten Besucherzahlen und des umfassenden Angebots tatsächlich realisierbar gewesen wäre, ist weder substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, weil die gegenüberliegende Kanalseite in noch größerem Umfang als die Kanalseite, an der das Anwesen der Klägerin liegt, mit Ständen und Sitzgelegenheiten belegt war.

Die von der Veranstaltung ausgehenden Immissionen waren der Klägerin unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs nach nicht zu beanstandender Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch zumutbar. Die Freizeitlärmrichtlinie sieht in Nr. 4.4.2 vor, dass die zuständige Behörde die genannten Voraussetzungen desto intensiver zu prüfen, zu bewerten und zu begründen hat, in je größerem Umfang Abweichungen von den Immissionsrichtwerten nach Nr. 4.1 bis 3 in Anspruch genommen werden und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Vorliegend hatte die Beklagte berücksichtigt, dass die Veranstaltung an nur vier von nach dieser Richtline insgesamt 18 möglichen Tagen (für derartige Veranstaltungen) stattfand. Ferner blieb der errechnete Beurteilungspegel der von der Veranstaltung ausgehenden Lärmimmissionen unter dem allgemein zugelassenen Beurteilungspegel von 70 dB (A) tagsüber. Auch eine Überschreitung des Beurteilungspegels für die Nacht von 55 dB (A) war nicht zu erwarten. Sichergestellt war dies durch die Festsetzung eines entsprechenden zeitlichen Rahmens für die Veranstaltung. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass bei Festsetzung des Ausschankendes auf 15 Minuten vor Veranstaltungsende nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich Besucher länger auf dem Veranstaltungsgelände aufhielten, und daher der Nachtrichtwert von 55 dB (A) überschritten worden wäre, begründet dies nicht die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides. Sie bezweifelt damit lediglich, dass die festgesetzten Auflagen zum Veranstaltungsende tatsächlich eingehalten worden sind. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Vollzugsproblem (BayVGH, B.v. 5.6.2009 – 10 CS 09.1313 – juris Rn. 13). Die im Bescheid festgesetzten Veranstaltungszeiten waren grundsätzlich geeignet, die Einhaltung des zulässigen Immissionsrichtwerts sicherzustellen. Im Übrigen hat die Beklagte im Zulassungsverfahren darauf hingewiesen, dass inzwischen der zeitliche Abstand zwischen Ausschankende und Veranstaltungsende verlängert worden ist, so dass die Einhaltung der entsprechenden Auflagen in Zukunft (wohl) auch keine Vollzugsprobleme mehr aufwirft.

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Verschiebung der Nachtzeit auf 23 Uhr an zwei Veranstaltungstagen in Einklang mit den Regelungen der Freizeitlärmrichtlinie stand. Nach Nr. 4.4.2 Buchst. c Freizeitlärmrichtlinie kann in besonders gelagerten Fällen eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit für den Freitag und Samstag der Veranstaltung in der Zeit von 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr Gebrauch gemacht. Begründet hat die Beklagte die Verlagerung der Nachtzeit um eine Stunde an diesen beiden Tagen damit, dass eine achtstündige Nachtruhe gewährleistet sei, weil an den darauf folgenden Tagen in den von der Veranstaltung betroffenen Straßenzügen am frühen Morgen kein Liefer- oder Geschäftsverkehr stattfinde. Besondere zwingende betriebliche Verhältnisse machten zwar eine Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde nicht erforderlich, zu berücksichtigen war jedoch, dass die Veranstaltung ein „Sommerfest“ darstellte und daher insbesondere am Wochenende der Wunsch der Besucher bestand, sich länger im Freien aufzuhalten. Die zu erwarten gewesene Besucherzahl war zwischen 19.00 und 22.00 Uhr am höchsten, so dass auch insoweit dem Charakter der Veranstaltung und den Besucherwünschen Rechnung zu tragen war. Die Beklagte hatte sich dabei an die Empfehlung der Freizeitlärmrichtlinie gehalten, wonach eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit auf Abende vor Samstagen, Sonn- und Feiertagen beschränkt werden soll (4.3.3 Freizeitlärmrichtlinie).

In die Zumutbarkeitsprüfung war zudem einzubeziehen, dass die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.4.2 Buchst. a und b Überschreitungen des Beurteilungspegels bis 24.00 Uhr zulässt, wenn deren Zumutbarkeit explizit begründet wird. Die von der Klägerin hinzunehmende Lärmbelastung war daher auch nach der nicht zu beanstandenden Immissionsprognose insoweit geringer, als nach der Freizeitlärmrichtlinie zulässig gewesen wäre (zu diesem Gesichtspunkt vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 – 8 S 136/14 – juris Rn. 87). Auch die Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs war bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Immissionen zu berücksichtigen. Dies erfolgt jedoch nicht entsprechend des Gebietscharakters des Einwirkungsbereichs, weil der Immissionsgrenzwert von 70 dB (A) tagsüber unabhängig vom Gebietscharakter gilt. Der Schutzwürdigkeit des Gebietes, das auf der Kanalseite, auf der auch das Anwesen der Klägerin liegt, überwiegend von Wohnbebauung geprägt ist, wurde dadurch Rechnung getragen, dass der Tagesrichtwert von 70 dB (A) eingehalten werden musste. Die Immissionsprognose hatte sogar ergeben, dass selbst bei konservativem Ansatz ein Beurteilungspegel von maximal 67 dB (A) zu erwarten gewesen war. Eine geeignete Ausweichfläche am Kanal stand nicht zur Verfügung, weil die Veranstaltung ohne grundlegende Änderung ihres Konzepts nicht komplett auf die andere Kanalseite hätte verlagert werden können. Die Berechnung des Beurteilungspegels erfolgte auf der Grundlage der Sächsischen Freizeitlärmstudie. Durch eine entsprechende Auflage im Erlaubnisbescheid (2.5.1) war sichergestellt, dass bei den musikalischen Darbietungen 80 dB (A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden (Pegelbegrenzung), so dass insgesamt der zumutbare Beurteilungspegel von 70 dB (A) grundsätzlich eingehalten werden konnte. Auch war die Beklagte den Empfehlungen der Freizeitlärmrichtlinie insoweit gefolgt, dass sie auf eine optimale Ausrichtung der Bühnen und auf eine Reduzierung tiefer Frequenzanteile hingewirkt hat (Nr. 4.4.3 Freizeitlärmrichtlinie). Ein Zuschlag für die Informationshaltigkeit eines Geräuschs (Nr. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie) wäre nur erforderlich gewesen, wenn es durch das Mithören ungewünschter Informationen zu einer erhöhten Belästigung gekommen wäre. Insoweit hat die Beklagte nachvollziehbar vorgetragen, dass bei zunehmender Besucherzahl auf offenen Plätzen die Informationshaltigkeit der Musikdarbietung sinkt, weil die Besuchermenge die eigentliche Geräuschkulisse bildet. Auch wäre es bei Berücksichtigung der Abstrahlrichtung der Musik und der Limitierung der Einzelschallquellen selbst bei einem Zuschlag für Informationshaltigkeit zur keiner relevanten Erhöhung des prognostizierten Immissionspegels am Anwesen der Klägerin gekommen.

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die von der Klägerin angesprochenen Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche keine subjektive Rechtsposition der Klägerin betrafen. Sie hat auch im Zulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt, dass sie zum Schutz ihrer subjektiven Rechte einen Anspruch auf weitergehende Schutzauflagen bzw. auf eine Aufhebung der entsprechenden Erlaubnis wegen eines angeblich unzureichenden Sicherheitskonzepts gehabt hätte.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf die Aufnahme weitergehender Nebenbestimmungen in die Erlaubnisbescheide bzw. auf deren Aufhebung hätte vorausgesetzt, dass die Veranstaltung wegen Mängeln am Sicherheitskonzept mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Nachteilen oder Belästigungen für die Nachbarschaft geführt hätte (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG).

Erforderlich nach den Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts ist eine Schutzauflage zugunsten des Nachbarn nur dann, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines erheblichen Nachteils oder einer erheblichen Belästigung besteht. Der zeitliche Horizont für die zu treffende Prognose ist die überschaubare Zukunft, der geforderte Wahrscheinlichkeitsgrad verlangt weder Gewissheit noch muss der Schadenseintritt unmittelbar bevorstehen. Dies bedeutet, dass die Erlaubnisbehörde bei ihrer Gefahrenprognose nur solche Verhaltensweisen von Veranstaltungsbesuchern oder Geschehensabläufe berücksichtigen muss, die nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erheblichen Nachteilen bei den betroffenen Nachbarn führen können (BayVGH, U. v. 7.8.2013 – 10 B 13.1231 – juris Rn. 36). Erhebliche Nachteile für Rechtspositionen der Klägerin bei der von ihr angenommenen Gesamtevakuierung des Veranstaltungsgeländes, die ihr in einer solchen eher unwahrscheinlichen Ausnahmesituation nicht zuzumuten wären, sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Sicherheitskonzept des Beigeladenen, das Bestandteil des Erlaubnisbescheids vom 5. Juli 2016 ist, wäre eine Evakuierung des Veranstaltungsgeländes teilweise am Anwesen der Klägerin vorbei in Richtung H-gasse erfolgt. Im Falle einer Evakuierungsmaßnahme wäre der Anliegergebrauch nur für kurze Zeit eingeschränkt. Die Beklagte hat auch wiederholt glaubhaft dargelegt, dass die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen oder Feuerwehrfahrzeugen zum Anwesen der Klägerin jederzeit sichergestellt gewesen wäre.

Im Übrigen wäre der Anliegergebrauch nur dann beeinträchtigt, wenn durch die der Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO die für das Grundstück der Klägerin erforderlichen Zufahrten und Zugänge unzumutbar beeinträchtigt würden (BayVGH, B.v. 23.7.2009 – 8 B 08.3282 – juris Rn. 37). Der Anliegergebrauch geht grundsätzlich nur soweit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert (BVerwG, U.v. 6.8.1982 – 4 C 58.80 – juris). Durch die erteilte Sondernutzungserlaubnis wird jedoch der Zugang zum Grundstück der Klägerin nicht beeinträchtigt, weil die H-gasse nicht mehr zum Bereich der erlaubten Sondernutzung gehört. Diese ist auf den Straßenabschnitt „Am K-“ beschränkt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2. § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG. Der Regelstreitwert war zu verdoppeln, weil beide Erlaubnisbescheide Gegenstand des Verfahrens sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze

1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit,
2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder
3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
erteilt werden.

(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung, dass die Bescheide der Beklagten vom 5. Juli 2016 zur Durchführung der Veranstaltung „C.“ in der Zeit vom 21. Juli 2016 bis 24. Juli 2016 rechtswidrig waren, weiter. Mit diesen Bescheiden erteilte die Beklagte dem Beigeladenen diesbezügliche Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG, § 29 Abs. 2 StVO und § 68 Abs. 1 GewO.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden nur dann vor, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – juris). Solche Zweifel zeigt die Antragsbegründung nicht auf.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die streitgegenständlichen Erlaubnisse subjektive Rechte der Klägerin nicht verletzten. Die Veranstaltung „C.“ sei als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 der Freizeitrichtlinie einzustufen. Die Kriterien der Standortgebundenheit sowie der sozialen Adäquanz und Akzeptanz seien erfüllt. „C.“ sei auf die Verhältnisse am Kanal in Bamberg zugeschnitten und beziehe die örtlichen Begebenheiten mit ein. Auch die soziale Adäquanz könne man dem Kulturfest nicht absprechen, weil derartige Vergnügungen in einem begrenzten Rahmen zum städtischen Leben gehörten und von breiten Teilen der Bevölkerung angenommen, zumindest aber toleriert würden. Die 39 Stände dienten der leiblichen Versorgung der Gäste, auf den Bühnen seien musikalische bzw. künstlerische Darbietungen vorgesehen gewesen. Zudem sei ein Kunsthandwerkermarkt angeschlossen. Eine erhebliche Belästigung der Klägerin i.S.d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG liege nicht vor. Gegenüber vorangegangenen Veranstaltungen seien erhebliche zeitliche Einschränkungen vorgenommen worden. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte in Bezug auf die Begrenzung der Lautstärke musikalischer Darbietungen eine konkrete überwachbare Auflage, dass 80 dB (A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden dürften. Im Bereich des Anwesens der Klägerin sei tagsüber lediglich ein Beurteilungspegel von 67 dB (A) zu erwarten gewesen. Es seien keine durchgreifenden Mängel der Immissionsprognose zulasten der Klägerin ersichtlich. Bei seltenen Veranstaltungen gehe die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.2.2 davon aus, dass vor den Fenstern im Freien eine Lärmbelastung von 70 dB (A) tagsüber grundsätzlich eingehalten werden solle. Erst bei Überschreitungen sei deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. Auch die Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe sichergestellt, dass eine ausreichend lange Nachtruhe gewährleistet bleibe. Sie sei rechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte i.S.d. Nr. 4.1 Freizeitlärmrichtlinie nicht unvermeidbar i.S.v. Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie war. Hierbei komme es nicht auf die exakte Einordnung des das Anwesen der Klägerin umgebenden Gebietes an. Die von der Klägerin vorgebrachten Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche seien nur insoweit von Bedeutung, als sie drittschützende Normen beträfen. Das Anwesen der Klägerin befinde sich nicht im langgezogenen westlichen Teil des Veranstaltungsgeländes am Kanal, sondern am Rande des von der öffentlichen Vergnügung in Anspruch genommenen Geländes. Zu prüfen sei daher nur, wie sich die eigene Sicherheit der Klägerin und ihres Anwesen während der Dauer der Veranstaltung darstelle. Nördlich, westlich und südlich seien ausreichende Freiflächen vorhanden, so dass ein etwaiger Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen nicht mit unzumutbaren Einschränkungen verbunden gewesen wäre. Das Anwesen sei während der Hauptbetriebszeit für Rettungskräfte usw. erreichbar gewesen. Auch eine Aufstellung von Drehleitern sei möglich gewesen. Die zum Schutz der Klägerin verfügten Auflagen seien ausreichend gewesen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich im Jahr 2017 die Rahmenbedingungen für die Durchführung der Veranstaltung „C.“ geändert hätten. Der Kunsthandwerkermarkt sei in südliche Richtung verlegt und im Bereich des Anwesens „Am Kanal 11“ ein Behelfssteg als neuer Rettungsweg vorgesehen worden. Daher könne die Klägerin, unabhängig vom fehlenden Drittschutz, auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend machen, weil sich die Veranstaltung nicht mehr in derselben Form wie im Jahr 2016 wiederholen werde.

Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass es sich bei „C.“ um keine kulturelle Veranstaltung mit sozialer Adäquanz gehandelt habe. Insbesondere habe dies nicht mit den 39 Ständen, die der leiblichen Versorgung der Gäste dienen sollten, begründet werden können. Durch die Festlegung der Betriebszeiten und des Ausschankendes sei nicht gewährleistet gewesen, dass der Beurteilungspegel von 55 dB (A) zur Nachtzeit eingehalten werde, da es bei einem Ausschankende erst eine Viertelstunde vor Veranstaltungsende erfahrungsgemäß länger dauere, bis die Gäste ausgetrunken und das Festgelände verlassen hätten. Das Verwaltungsgericht habe die Auswirkungen der Veranstaltung zur Nachtzeit nicht berücksichtigt und daher auch nicht rechtmäßig zum Ergebnis gelangen können, dass keine erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen zu erwarten gewesen seien. Das Urteil enthalte auch keine Aussage darüber, ob bei der Immissionsprognose der Zuschlag für die Informationshaltigkeit der Musikwiedergabe gemäß Ziff. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie berücksichtigt worden sei. Auch die Voraussetzungen der „Unvermeidbarkeit“ i.S.d. Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie seien nicht richtig bewertet worden, weil geeignete Ausweichstandorte zur Verfügung gestanden hätten. Die Veranstaltung hätte auch nur auf der von der Klägerin abgewandten Kanalseite stattfinden können, da dort besonders schutzbedürftige bauliche Anlagen nicht existierten. Zudem hätten die Schutzwürdigkeit und die Sensibilität des Einwirkungsbereichs berücksichtigt werden müssen. Die durch Wohnnutzung geprägten baulichen Anlagen, wie auch das von der Klägerin bewohnte Anwesen, hätten eine höhere Schutzwürdigkeit und Sensibilität aufgewiesen als dies auf der gegenüberliegenden Kanalseite der Fall gewesen wäre. Auch hätten die Voraussetzungen für die Verschiebung der Nachtzeit nicht vorlegen. Diese sehe die Freizeitlärmrichtlinie nur in besonders gelagerten Fällen vor. Woraus sich bei vorliegender Gestaltung die Besonderheit des Falles hätte ergeben sollen, sei nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus die von der Klägerin vorgebrachten Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche zu Unrecht nur auf die Frage des Brandschutzes des von der Klägerin bewohnten Anwesens beschränkt geprüft. Das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs vermittle ihr eine besondere Rechtsstellung, in welcher sie hätte verletzt sein können. Sie sei in eigenen Rechtspositionen betroffen gewesen, weil im Fall einer Panik und plötzlichen Entfluchtung nicht ausgeschlossen hätte werden können, dass es auch zu Schäden an ihrem Gebäude gekommen wäre. Auch bei einer veränderten Konzeption der Veranstaltung sei ein Fortsetzungsfestsetzungsinteresse gegeben, da ein künftiger Verstoß gegen die Rechtspositionen der Klägerin nur dann verhindert werden könne, wenn die Rechtsverletzung in Bezug auf die Vergangenheit festgestellt worden sei.

Mit diesem Vorbringen zieht die Klägerin die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Klägerin ihre Drittanfechtungsklage gegen die Erlaubnisse zur Veranstaltung von „C.“ nur auf die Verletzung drittschützender Normen stützen kann. Art. 19 Abs. 4 LStVG, wonach die Erlaubnis für eine Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen u.a. zu untersagen ist, wenn es zur Verhütung von Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich erscheint, entfaltet drittschützende Wirkung (Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Der Begriff des Schutzes vor erheblichen Nachteilen und Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft entspricht im Wesentlichen der Definition für schädliche Umwelteinwirkungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG. Zudem ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigungen i.S.d. § 906 BGB identisch mit erheblichen Belästigungen und damit schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG, § 3 Rn. 14a m. w. N.). Nachteile in diesem Sinn sind wirtschaftliche und ideelle Einbußen, insbesondere auch die Wertminderung von Grundstücken und Wohngebäuden. Als Belästigungen werden das normale Maß übersteigende Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens, ohne dass eine Gesundheitsgefahr vorliegen muss, bezeichnet. Beide Einwirkungen „Nachteile und Belästigungen“ müssen erheblich sein. Ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten und damit der Nachteil bzw. die Beeinträchtigung unzumutbar sind, ist aus der Sicht des Betroffenen zu beurteilen. Nach herrschender Auffassung kommt es bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze allerdings nicht auf das Empfinden des individuell Betroffenen, sondern auf das eines verständigen Durchschnittsmenschen in vergleichbarer Lage an (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG, § 3 Rn. 15 a).

Bezogen auf die angeführten Lärmimmissionen hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmimmissionen die Freizeitlärmrichtlinie heranzuziehen war (BayVGH, B.v. 13.8.2010 – 10 CE 10.1996 – juris Rn. 16; B.v. 17.10.1996 – 24 CS 96.3415 – juris Rn. 15; HessVGH, U.v. 25.2.2005 – 2 UE 2890 – juris Rn. 53 ff.). Die Freizeitlärmrichtlinie sieht Immissionsrichtwerte vor, oberhalb derer in der Regel mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Für seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist vorgesehen, dass diese trotz Überschreitung der allgemeinen Immissionsrichtwerte zulässig sein können. Die Veranstaltung „C.“ war als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 Freizeitlärmrichtlinie einzuordnen. Hohe Standortgebundenheit liegt bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug vor. Hierunter können Feste mit kommunaler Bedeutung – wie die örtliche Kirmes oder das jährliche Fest der Feuerwehr – sowie besondere Vereinsfeiern fallen (vgl. 4.4.1 Freizeitlärmrichtlinie). „C.“ fand im Jahr 2016 bereits das elfte Mal statt und ist somit bereits traditioneller Bestandteil des jährlichen Veranstaltungskalenders der Beklagten. Die soziale Akzeptanz und Adäquanz zeigt sich darin, dass das Fest von der örtlichen Gemeinschaft angenommen wird und offensichtlich für viele Bewohner eine hohen Stellenwert aufweist. Die hohen Besucherzahlen sprechen insoweit für sich. Von dem Großteil der Anwohner wird die Veranstaltung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfindet, zumindest geduldet. Die Einordnung der Veranstaltung als seltenes Ereignis setzt im Übrigen nicht voraus, dass es sich bei der Veranstaltung um eine Kulturveranstaltung handelt. Die Zahl der der Versorgung der Gäste dienenden Stände hat daher keine entscheidende Bedeutung.

Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die zu erwartenden Immissionen unvermeidbar und zumutbar im Sinn der Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie waren. Lokal geeignete Ausweichstandorte standen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Verfügung. Sowohl der Name der Veranstaltung „C.“ als auch bestimmte Programmpunkte (Gondelfahrten, venezianische Nacht) zeigen den besonderen räumlichen und auch konzeptionellen Bezug der Veranstaltung zum Kanal. Dass eine Verlagerung auf nur eine Kanalseite, wie von der Klägerin gewünscht, angesichts der prognostizierten Besucherzahlen und des umfassenden Angebots tatsächlich realisierbar gewesen wäre, ist weder substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, weil die gegenüberliegende Kanalseite in noch größerem Umfang als die Kanalseite, an der das Anwesen der Klägerin liegt, mit Ständen und Sitzgelegenheiten belegt war.

Die von der Veranstaltung ausgehenden Immissionen waren der Klägerin unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs nach nicht zu beanstandender Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch zumutbar. Die Freizeitlärmrichtlinie sieht in Nr. 4.4.2 vor, dass die zuständige Behörde die genannten Voraussetzungen desto intensiver zu prüfen, zu bewerten und zu begründen hat, in je größerem Umfang Abweichungen von den Immissionsrichtwerten nach Nr. 4.1 bis 3 in Anspruch genommen werden und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Vorliegend hatte die Beklagte berücksichtigt, dass die Veranstaltung an nur vier von nach dieser Richtline insgesamt 18 möglichen Tagen (für derartige Veranstaltungen) stattfand. Ferner blieb der errechnete Beurteilungspegel der von der Veranstaltung ausgehenden Lärmimmissionen unter dem allgemein zugelassenen Beurteilungspegel von 70 dB (A) tagsüber. Auch eine Überschreitung des Beurteilungspegels für die Nacht von 55 dB (A) war nicht zu erwarten. Sichergestellt war dies durch die Festsetzung eines entsprechenden zeitlichen Rahmens für die Veranstaltung. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass bei Festsetzung des Ausschankendes auf 15 Minuten vor Veranstaltungsende nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich Besucher länger auf dem Veranstaltungsgelände aufhielten, und daher der Nachtrichtwert von 55 dB (A) überschritten worden wäre, begründet dies nicht die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides. Sie bezweifelt damit lediglich, dass die festgesetzten Auflagen zum Veranstaltungsende tatsächlich eingehalten worden sind. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Vollzugsproblem (BayVGH, B.v. 5.6.2009 – 10 CS 09.1313 – juris Rn. 13). Die im Bescheid festgesetzten Veranstaltungszeiten waren grundsätzlich geeignet, die Einhaltung des zulässigen Immissionsrichtwerts sicherzustellen. Im Übrigen hat die Beklagte im Zulassungsverfahren darauf hingewiesen, dass inzwischen der zeitliche Abstand zwischen Ausschankende und Veranstaltungsende verlängert worden ist, so dass die Einhaltung der entsprechenden Auflagen in Zukunft (wohl) auch keine Vollzugsprobleme mehr aufwirft.

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Verschiebung der Nachtzeit auf 23 Uhr an zwei Veranstaltungstagen in Einklang mit den Regelungen der Freizeitlärmrichtlinie stand. Nach Nr. 4.4.2 Buchst. c Freizeitlärmrichtlinie kann in besonders gelagerten Fällen eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit für den Freitag und Samstag der Veranstaltung in der Zeit von 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr Gebrauch gemacht. Begründet hat die Beklagte die Verlagerung der Nachtzeit um eine Stunde an diesen beiden Tagen damit, dass eine achtstündige Nachtruhe gewährleistet sei, weil an den darauf folgenden Tagen in den von der Veranstaltung betroffenen Straßenzügen am frühen Morgen kein Liefer- oder Geschäftsverkehr stattfinde. Besondere zwingende betriebliche Verhältnisse machten zwar eine Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde nicht erforderlich, zu berücksichtigen war jedoch, dass die Veranstaltung ein „Sommerfest“ darstellte und daher insbesondere am Wochenende der Wunsch der Besucher bestand, sich länger im Freien aufzuhalten. Die zu erwarten gewesene Besucherzahl war zwischen 19.00 und 22.00 Uhr am höchsten, so dass auch insoweit dem Charakter der Veranstaltung und den Besucherwünschen Rechnung zu tragen war. Die Beklagte hatte sich dabei an die Empfehlung der Freizeitlärmrichtlinie gehalten, wonach eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit auf Abende vor Samstagen, Sonn- und Feiertagen beschränkt werden soll (4.3.3 Freizeitlärmrichtlinie).

In die Zumutbarkeitsprüfung war zudem einzubeziehen, dass die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.4.2 Buchst. a und b Überschreitungen des Beurteilungspegels bis 24.00 Uhr zulässt, wenn deren Zumutbarkeit explizit begründet wird. Die von der Klägerin hinzunehmende Lärmbelastung war daher auch nach der nicht zu beanstandenden Immissionsprognose insoweit geringer, als nach der Freizeitlärmrichtlinie zulässig gewesen wäre (zu diesem Gesichtspunkt vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 – 8 S 136/14 – juris Rn. 87). Auch die Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs war bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Immissionen zu berücksichtigen. Dies erfolgt jedoch nicht entsprechend des Gebietscharakters des Einwirkungsbereichs, weil der Immissionsgrenzwert von 70 dB (A) tagsüber unabhängig vom Gebietscharakter gilt. Der Schutzwürdigkeit des Gebietes, das auf der Kanalseite, auf der auch das Anwesen der Klägerin liegt, überwiegend von Wohnbebauung geprägt ist, wurde dadurch Rechnung getragen, dass der Tagesrichtwert von 70 dB (A) eingehalten werden musste. Die Immissionsprognose hatte sogar ergeben, dass selbst bei konservativem Ansatz ein Beurteilungspegel von maximal 67 dB (A) zu erwarten gewesen war. Eine geeignete Ausweichfläche am Kanal stand nicht zur Verfügung, weil die Veranstaltung ohne grundlegende Änderung ihres Konzepts nicht komplett auf die andere Kanalseite hätte verlagert werden können. Die Berechnung des Beurteilungspegels erfolgte auf der Grundlage der Sächsischen Freizeitlärmstudie. Durch eine entsprechende Auflage im Erlaubnisbescheid (2.5.1) war sichergestellt, dass bei den musikalischen Darbietungen 80 dB (A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden (Pegelbegrenzung), so dass insgesamt der zumutbare Beurteilungspegel von 70 dB (A) grundsätzlich eingehalten werden konnte. Auch war die Beklagte den Empfehlungen der Freizeitlärmrichtlinie insoweit gefolgt, dass sie auf eine optimale Ausrichtung der Bühnen und auf eine Reduzierung tiefer Frequenzanteile hingewirkt hat (Nr. 4.4.3 Freizeitlärmrichtlinie). Ein Zuschlag für die Informationshaltigkeit eines Geräuschs (Nr. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie) wäre nur erforderlich gewesen, wenn es durch das Mithören ungewünschter Informationen zu einer erhöhten Belästigung gekommen wäre. Insoweit hat die Beklagte nachvollziehbar vorgetragen, dass bei zunehmender Besucherzahl auf offenen Plätzen die Informationshaltigkeit der Musikdarbietung sinkt, weil die Besuchermenge die eigentliche Geräuschkulisse bildet. Auch wäre es bei Berücksichtigung der Abstrahlrichtung der Musik und der Limitierung der Einzelschallquellen selbst bei einem Zuschlag für Informationshaltigkeit zur keiner relevanten Erhöhung des prognostizierten Immissionspegels am Anwesen der Klägerin gekommen.

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die von der Klägerin angesprochenen Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche keine subjektive Rechtsposition der Klägerin betrafen. Sie hat auch im Zulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt, dass sie zum Schutz ihrer subjektiven Rechte einen Anspruch auf weitergehende Schutzauflagen bzw. auf eine Aufhebung der entsprechenden Erlaubnis wegen eines angeblich unzureichenden Sicherheitskonzepts gehabt hätte.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf die Aufnahme weitergehender Nebenbestimmungen in die Erlaubnisbescheide bzw. auf deren Aufhebung hätte vorausgesetzt, dass die Veranstaltung wegen Mängeln am Sicherheitskonzept mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Nachteilen oder Belästigungen für die Nachbarschaft geführt hätte (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG).

Erforderlich nach den Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts ist eine Schutzauflage zugunsten des Nachbarn nur dann, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines erheblichen Nachteils oder einer erheblichen Belästigung besteht. Der zeitliche Horizont für die zu treffende Prognose ist die überschaubare Zukunft, der geforderte Wahrscheinlichkeitsgrad verlangt weder Gewissheit noch muss der Schadenseintritt unmittelbar bevorstehen. Dies bedeutet, dass die Erlaubnisbehörde bei ihrer Gefahrenprognose nur solche Verhaltensweisen von Veranstaltungsbesuchern oder Geschehensabläufe berücksichtigen muss, die nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erheblichen Nachteilen bei den betroffenen Nachbarn führen können (BayVGH, U. v. 7.8.2013 – 10 B 13.1231 – juris Rn. 36). Erhebliche Nachteile für Rechtspositionen der Klägerin bei der von ihr angenommenen Gesamtevakuierung des Veranstaltungsgeländes, die ihr in einer solchen eher unwahrscheinlichen Ausnahmesituation nicht zuzumuten wären, sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Sicherheitskonzept des Beigeladenen, das Bestandteil des Erlaubnisbescheids vom 5. Juli 2016 ist, wäre eine Evakuierung des Veranstaltungsgeländes teilweise am Anwesen der Klägerin vorbei in Richtung H-gasse erfolgt. Im Falle einer Evakuierungsmaßnahme wäre der Anliegergebrauch nur für kurze Zeit eingeschränkt. Die Beklagte hat auch wiederholt glaubhaft dargelegt, dass die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen oder Feuerwehrfahrzeugen zum Anwesen der Klägerin jederzeit sichergestellt gewesen wäre.

Im Übrigen wäre der Anliegergebrauch nur dann beeinträchtigt, wenn durch die der Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO die für das Grundstück der Klägerin erforderlichen Zufahrten und Zugänge unzumutbar beeinträchtigt würden (BayVGH, B.v. 23.7.2009 – 8 B 08.3282 – juris Rn. 37). Der Anliegergebrauch geht grundsätzlich nur soweit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert (BVerwG, U.v. 6.8.1982 – 4 C 58.80 – juris). Durch die erteilte Sondernutzungserlaubnis wird jedoch der Zugang zum Grundstück der Klägerin nicht beeinträchtigt, weil die H-gasse nicht mehr zum Bereich der erlaubten Sondernutzung gehört. Diese ist auf den Straßenabschnitt „Am K-“ beschränkt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2. § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG. Der Regelstreitwert war zu verdoppeln, weil beide Erlaubnisbescheide Gegenstand des Verfahrens sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

Die Verordnung der Stadt Heidelberg über die Verlängerung der Sperrzeit in der Altstadt vom 20. Dezember 2016 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Sperrzeit in der Altstadt (Sperrzeitverordnung - SperrVO) vom 20.12.2016.
Die Antragsteller zu 1 und 3 sind Eigentümer des Gebäudes ......, das sich im räumlichen Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung befindet. Die Antragsteller zu 1 und 2 wohnen in dem Gebäude, der Antragsteller zu 3 ist regelmäßig zu Gast bei den Antragstellern zu 1 und 2 und bewohnt dort ein eigenes Zimmer.
Dem Erlass dieser Sperrzeitverordnung gingen jahrelange politische und gerichtliche Auseinandersetzungen voraus. Abweichend von der ab 01.01.2010 geltenden landesgesetzlichen Sperrzeitregelung gem. § 9 GastVO erließ die Antragsgegnerin mit Beschluss des Gemeinderats vom 17.12.2009 zum 01.01.2010 eine Sperrzeitverordnung, die Sperrzeiten in den Nächten zum Montag bis Freitag von 2:00 bis 6:00 Uhr und in den Nächten zum Samstag und Sonntag von 3:00 bis 6:00 Uhr vorsah. Unter dem 29.07.2010 erhoben Anwohner vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Normerlassklage auf Festsetzung längerer Sperrzeiten (Az. 4 K 1809/10). Im Rahmen des folgenden Berufungsverfahrens vor dem erkennenden Senat (Az. 6 S 1566/12) schlossen die damaligen Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Antragsgegnerin zur Einholung einer schalltechnischen Untersuchung verpflichtete, auf deren Basis sie über eine Verlängerung der Sperrzeit entscheiden sollte. Die Gutachter der Firma ...... kamen unter dem 22.10.2014 aufgrund von Berechnungen ohne Lärmmessungen zu dem Ergebnis, dass für die zentralen Bereiche der Altstadt mit hoher Gaststättendichte relevante Richtwertüberschreitungen vorlägen, die teilweise bis zum Schließen der Bars um 3:00 Uhr anhielten. In der Beschlussvorlage unter Federführung des Dezernats IV, Bürgeramt der Antragsgegnerin (im Folgenden Verwaltungsvorschlag) für den Gemeinderat hieß es, die Sperrzeiten unter der Woche auf 1:00 Uhr, in den Nächten zum Samstag und Sonntag auf 3:00 Uhr festzulegen. Diesem Vorschlag folgte der Gemeinderat nicht und hob am 18.12.2014 die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Sperrzeit im Bereich der Altstadt vom 17.12.2009 auf, mit der Folge, dass die (großzügigere) Regelung des § 9 GastVO wieder Anwendung fand. Gegen diese Aufhebungsverordnung stellten die Antragsteller am 21.12.2015 einen Normenkontrollantrag (Az. 6 S 2629/15). Das Verfahren ruht derzeit.
Im Frühjahr 2016 gab die Antragsgegnerin ein neues Lärmgutachten bei der Firma ... in Auftrag. Das Lärmgutachten vom 12.10.2016 bewertete die Lärmsituation im Sperrzeitgebiet neben den aktualisierten (theoretischen) Schallausbreitungsberechnungen - die bereits in dem 2014 erstellten Gutachten ermittelt wurden - zusätzlich aufgrund von täglichen Schallpegelmessungen an fünf Immissionsorten im Zeitraum vom 13.05.2016 bis zum 03.07.2016. Es kam zu dem Ergebnis, dass die entsprechend dem vorherrschenden Gebietscharakter eines Kern-/Mischgebiets geltenden Immissionsrichtwerte der TA-Lärm von 45 db(A) für die Nachtstunden nicht eingehalten werden. Zur Gewährleistung gesunder Wohnverhältnisse mit ausreichender Nachtruhe sei im öffentlichen Interesse eine Anpassung der Sperrzeiten geboten.
Zur Vorbereitung der Beschlussfassung des Gemeinderats über eine neue Sperrzeitverordnung empfahl die Beschlussvorlage mit Blick auf die Ergebnisse des Lärmgutachtens und entsprechende Polizei-/Ordnungsdienstberichte erneut die Verlängerung der Sperrzeit für die Nächte zum Montag bis Freitag ab 1:00 Uhr und für die Nächte zum Samstag und Sonntag ab 3:00 Uhr. Dieser Vorlage folgte der Gemeinderat nicht. Er beschloss in der Sitzung vom 20.12.2016 die hier streitgegenständliche Sperrzeitverordnung.
§ 1 der Sperrzeitverordnung vom 20.12.2016, bekanntgemacht am 28.12.2016, in Kraft ab dem 01.01.2017, lautet:
„Im Geltungsbereich dieser Rechtsverordnung beginnt die Sperrzeit abweichend von § 9 Absatz 1 der Gaststättenverordnung für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten in den Nächten zum Montag, zum Dienstag, zum Mittwoch und zum Donnerstag um 2:00 Uhr. In den Nächten zum Freitag, zum Samstag und zum Sonntag beginnt die Sperrzeit um 4:00 Uhr. Sie endet jeweils um 6:00 Uhr.“
In § 2 der Sperrzeitverordnung wird der räumliche Geltungsbereich unter Bezugnahme auf einen in der Anlage beigefügten Lageplan näher bestimmt. Er umfasst im Wesentlichen die Heidelberger Altstadt.
In der Begründung des Antrags wird ausgeführt, dass die Interessen zweier großer Gruppen in Einklang zu bringen seien. Die Gastronomen hätten darum gebeten, die Sperrzeit unter der Woche frühestens ab 2:00 Uhr festzulegen, denn gerade in den Sommermonaten besuchten die meisten Gäste die gastronomischen Betriebe erst nach Sonnenuntergang, also z.B. ab 22:00 Uhr. Die Sperrzeitverkürzung in der Nacht von Donnerstag auf Freitag trage der Tatsache Rechnung, dass der Donnerstagabend unter der Studentenschaft einen höheren Stellenwert als Ausgeh-Abend als das Wochenende habe. In anderen größeren Städten Baden-Württembergs gälten die landesrechtlichen Regelungen, ohne dass es zu Problemen komme. Der vorgelegte Kompromissvorschlag weiche an den meisten Wochentagen von der Landesregelung zu Gunsten des Bedürfnisses der Heidelberger Altstadtbewohner auf Nachtruhe ab.
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Am 16.05.2017 haben die Antragsteller Normenkontrollanträge gestellt. Die Antragsteller zu 1 und 3 tragen vor, sie seien als Eigentümer eines im räumlichen Geltungsbereich der streitgegenständlichen Rechtsverordnung gelegenen Gebäudes antragsbefugt. Überdies seien die Antragsteller zu 1 und 2 als Bewohner des Gebäudes ... von der Sperrzeitverordnung unmittelbar betroffen, weil sie nun mit kürzeren Sperrzeiten konfrontiert seien. Das Problem seien nicht einzelne gastronomische Betriebe, sondern deren Vielzahl in unmittelbarer Nähe und die dazwischen pendelnden Menschenmassen. Gerade die ... diene als Achse zwischen ... und der ... Der Heimweg werde durch die ... in Richtung S-Bahnhof angetreten. Deshalb sei eine allgemeine Regelung erforderlich. Die Anträge seien auch begründet, da die Sperrzeitverordnung von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 der Verordnung der Landesregierung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (GastVO) i.V.m. § 1 des Gaststättengesetzes für Baden-Württemberg (LGastG) und § 18 des Gaststättengesetzes (GastG) nicht gedeckt sei. Das öffentliche Bedürfnis für die Verlängerung der Sperrzeit ergebe sich aus den im Gutachten festgestellten erheblichen Überschreitungen der zur Orientierung herangezogenen Richtwerte der TA-Lärm. Für die Nachtzeit sei von einem Richtwert von 45 dB(A) auszugehen. Dieser Wert werde überall erheblich überschritten. Solche Richtwertüberschreitungen nächtlicher Lärmwerte und die darüber hinaus vorliegenden Beeinträchtigungen durch Verschmutzungen seien mit der Schutzwürdigkeit der Wohnnutzung nicht mehr vereinbar. Es liege eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung vor. Des Weiteren sei auf die besonderen örtlichen Verhältnisse in der Heidelberger Altstadt hinzuweisen. Durch die enge Bebauung mit schmalen Straßen und hohen Häuserschluchten seien die Immissionen für die Anwohner besonders stark, weil sich der Schall durch die große Nähe und den „Trichtereffekt“ verstärke. Wirtschaftliche Interessen der Gaststättenbetreiber könnten kein öffentliches Bedürfnis für eine Sperrzeitverkürzung begründen.
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Die angefochtene Verordnung leide unter Ermessensfehlern, weil sie keine für Altstadtbewohner ausreichende Nachtruhe gewährleiste. Sie hätten sich zwar bewusst für diesen Wohnsitz entschieden, es sei allerdings nicht absehbar gewesen, welche Entwicklung die Heidelberger Altstadt nehmen würde. Einerseits sei die Anzahl der Gaststätten gestiegen, andererseits seien die Sperrzeiten kontinuierlich verkürzt worden. Der Lärm sei tatsächlich noch höher als vom Gutachter festgestellt. Statt der im Gutachten angegebenen 160 Betriebe befänden sich in dem maßgeblichen Bereich 206 Gastronomiebetriebe. Der Besuchsfaktor einiger Betriebe müsse nach oben korrigiert werden. Die Fluktuation der Besucher könne nicht auf alle Straßenzüge verteilt werden. Es gebe „Hauptverkehrswege“ insbesondere zu Bars und Diskotheken. Der aus den Gaststätten dringende Lärm sei überhaupt nicht berücksichtigt worden.
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Die Antragsteller beantragen,
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die Verordnung der Stadt Heidelberg über die Verlängerung der Sperrzeit in der Altstadt vom 20. Dezember 2016 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Anträge abzuweisen.
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Sie macht geltend, die Normenkontrollanträge seien bereits unzulässig, weil es den Antragstellern an der Antragsbefugnis fehle. Es reiche nicht aus, dass sie im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung wohnten, sie müssten „Nachbar“ im immissionsschutz- und damit auch gaststättenrechtlichen Sinne sein. Dies sei nicht der Fall. Am Wohnort der Antragsteller in der ... sei es vergleichsweise ruhig. Lediglich ein Gourmetrestaurant befinde sich in direkter Nachbarschaft. Die ... liege abseits der Publikumsströme zu und von den Gaststätten und werde von diesen allenfalls gestreift. Sie fungiere auch nicht als Verbindungsweg zwischen besonders frequentierten Hotspots oder von diesen zu Haltestellen des ÖPNV.
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Die Anträge seien auch unbegründet. Zwar habe sich der Verwaltungsvorschlag unter Bezugnahme auf den Polizeibericht und das von der Firma ... erstellte Lärmgutachten für die Festsetzung von Sperrzeiten unter der Woche ab 1:00 Uhr und am Wochenende (in den Nächten auf Samstag und Sonntag) ab 3:00 Uhr ausgesprochen. Der Gemeinderat habe aber nach intensiver Befassung dem Vorschlag nicht in vollem Umfange folgen können. Er habe sich die Überlegungen der Beschlussvorlage zu eigen gemacht, durch eigene Wertungen ergänzt und den Verwaltungsvorschlag nur teilweise umgesetzt. Er habe zunächst noch weitergehende Anträge, gerichtet auf Beibehaltung der gesetzlichen Regelung nach § 9 GastVO, abgelehnt. Er habe sich sodann für eine differenzierte Sperrzeitregelung entschieden. Der Gemeinderat habe die vom kommunalen Ordnungsdienst festgestellten störenden Ereignisse sowie die Ergebnisse des Lärmgutachtens zur Kenntnis genommen. Er habe sich entschlossen, die Wohnnutzung im Vergleich zur gesetzlichen Regelung zu schützen, zugleich aber diesen Schutz unter Berücksichtigung des feststellbaren Bedürfnisses an langen Öffnungszeiten der Gaststätten zu begrenzen. Dabei habe er sich davon leiten lassen, dass die Heidelberger Altstadt seit jeher in besonderem Maße ein beispielloses und besonderes Ausgehviertel darstelle und dass niemand tatsächlich ruhige Verhältnisse, wie sie in typischen Wohnvierteln herrschten, erwarte. Er habe gerade auch die besondere Gaststättensituation im östlichen Teil der Altstadt gewürdigt, bei der es Teil des typischen Ausgehverhaltens sei, dass im Laufe des Abends/der Nacht verschiedene – fußläufig erreichbare - Gaststätten besucht würden und von Gaststätte zu Gaststätte gezogen werde. Das Ausgehverhalten in Heidelberg sei ganz wesentlich von der Vielzahl der dort lebenden Studenten geprägt, die bereits die Nacht von Donnerstag auf Freitag als Vorstufe oder gar Teil des Wochenendes betrachteten, insbesondere weil in dieser Nacht die Altstadtsituation nicht von den am Wochenende dort ebenfalls in großer Zahl anzutreffenden Touristen dominiert werde.
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Weiterhin habe der Gemeinderat berücksichtigt, dass die Lärmbeeinträchtigung nicht regelmäßig und ununterbrochen, sondern nur an solchen Wochentagen und Wochenenden besonders bemerkbar sei, an denen sich das Wetter für solche Ausgehabende eigne. Der Gemeinderat habe sich auch davon leiten lassen, dass der Landesverordnungsgeber in seiner allgemeinen Regelung in § 9 GastVO die typischen Bedürfnisse bereits berücksichtigt und einen angemessenen Interessenausgleich in der Weise typisierend festgelegt habe, dass ein Sperrzeitbeginn unter der Woche um 3:00 Uhr und am Wochenende um 5:00 Uhr ausreichend sei.
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Auf der anderen Seite sei dem Gemeinderat bewusst gewesen, dass durch die kurzen Sperrzeiten schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zu erwarten seien. Er habe deswegen die Sperrzeit mit Ausnahme der Nacht auf den Freitag (sog. „studentischer Donnerstag“) gegenüber der landesgesetzlichen Regelung verlängert, indem er die Sperrzeit werktags um 2:00 Uhr und am Wochenende um 4:00 Uhr beginnen lasse. Weiterhin habe der Gemeinderat die Verwaltung aufgefordert zu prüfen, inwiefern durch Einbeziehung des Kommunalen Ordnungsdienstes und der Polizei die Situation künftig erträglicher im Sinne eines noch besseren Interessenausgleichs gestaltet werden könne.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und der gewechselten Schriftsätze wird auf die Gerichtsakte sowie das Lärmgutachten vom 12.10.2016 mit dem zugehörigen Messbericht vom 10.10.2016 Bezug genommen. Die Gerichtsakten aus den Verfahren 6 S 2629/15 und 6 S 1566/12 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig und begründet.
I.
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Die Normenkontrollanträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Verordnung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Sperrzeit in der Altstadt (SperrVO) unterliegt als eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit der Normenkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO). Die Antragsteller begehren, wie sie nochmals in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, mit ihrem Antrag die Aufhebung der SperrVO und nicht den Erlass einer für sie günstigeren Regelung. Hierfür wäre eine Feststellungsklage (sog. Normerlassklage) gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthafte Klageart (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.04.2015 - 4 CN 2.14 - BVerwGE 152, 55, juris Rn. 5).
23 
Die Antragsteller sind gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO als Eigentümer (Ast. zu 1 und 3) bzw. als ständige Bewohner (Ast. zu 1 und 2) des Anwesens ..., das sich im räumlichen Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung befindet, antragsbefugt. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO räumt jeder natürlichen oder juristischen Person eine Antragsbefugnis ein, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Regelung der Klagebefugnis in § 42 Abs. 2 VwGO, an der sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 47 Abs. 2 VwGO durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) orientiert hat. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte der Antragsteller offenkundig und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden (BVerwG, Beschluss vom 08.06.2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641, juris Rn. 3; Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.07.2012 - 10 S 406/10 - juris Rn. 24; Urteil vom 11.11.2012 – 6 S 947/12 – juris Rn. 16).
24 
Nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung haben Anwohner sowie Eigentümer eines im Einwirkungsbereich einer Gaststätte belegenen Grundstücks im Einzelfall die Befugnis, als Drittbetroffene gegen die Verkürzung der Sperrzeit einer Gaststätte mit der Anfechtungsklage vorzugehen (vgl. ausführlich BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 - GewArch 1996, 426, juris Rn. 32, 34; Urteil vom 13.01.1961 - 7 C 219.59 - BVerwGE 11, 331, juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008 - 6 S 1613/07). Voraussetzung für eine Drittbetroffenheit ist, dass die Antragsteller „Nachbarn“ i.S. der gaststättenrechtlichen Regelungen gem. § 1 LGastG, § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 18 GastG, § 11 GastVO sind. Nachbarschaft im Sinne dieser Vorschrift setzt ein qualifiziertes Betroffensein in Form einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung zu den emittierenden Betrieben voraus, das sich deutlich von den Auswirkungen abhebt, die den Einzelnen als Teil der Allgemeinheit treffen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 - BVerwGE 101, 157, juris Rn. 34). Im Fall einer abstrakt-generellen Regelung der Sperrzeit für ein bestimmtes räumliches Gebiet durch Rechtsverordnung kann es dabei nicht nur auf die Betrachtung einzelner Betriebe ankommen, sondern es muss die Gesamtsituation in den Blick genommen werden. Durch die Vielzahl der Gaststätten, die in den streitigen Nachtstunden geöffnet haben, kommt es auch zu - grundsätzlich - den Gaststätten zurechenbarem (vgl. BVerwG a.a.O., juris Rn. 28) Lärm durch Fußgängerverkehr zwischen den einzelnen Betrieben.
25 
In diesem Zusammenhang schilderte die Antragstellerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass sie sich in der Nachtzeit nicht von dem Lärm aus einer einzelnen Gaststätte, sondern von dem Lärm, der von dem erheblichen Fußgängerverkehr zwischen den einzelnen Gaststättenbetrieben herrühre, belästigt fühlten. Die ... diene als „Achse“ zwischen ... und ..., in welchen zahlreiche Gaststätten belegen seien. Überdies sei die ... ein beliebter Weg zu den Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs. Die Antragsteller machen geltend, dass sie durch die zu kurzen Sperrzeiten und den damit einhergehenden Lärm in den späten Nachtstunden in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, das gerade durch die Regelungen des Gaststättengesetzes geschützt werden solle (vgl. § 1 LGastG, §§ 5 Abs. 1 Nr. 3, § 18 GastG, 11 GastVO), verletzt werden (vgl. ThürOVG, Urteil vom 31.03.2003 – 2 N 607/00 – juris Rn. 32). Es ist daher nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die in der angegriffenen Sperrzeitverordnung getroffenen Regelungen die Antragsteller in ihren schützenswerten Rechten verletzen.
26 
Den Antragstellern steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zu. Dieses liegt vor, wenn die mögliche Rechtsverletzung eines Antragstellers durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Vorschrift noch verhindert, beseitigt oder zumindest gemildert werden kann bzw. wenn ein Antragsteller ein irgendwie geartetes Interesse an der Nichtigerklärung der Norm geltend machen kann (Unruh in Fehling/Kastner/Wahrendorf, Handkommentar Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 47 VwGO Rn. 91; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 77). Nicht erforderlich ist, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt (Beispiel aus dem BauR: BVerwG, Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268, juris Rn. 16; Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 - juris Rn. 10). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedoch dann, wenn die Entscheidung dem Antragsteller unter keinen Umständen zu einem rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil verhelfen bzw. er seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - BVerwG 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 (91), juris Rn. 18; Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 - juris Rn. 10).
27 
Zwar würde hier durch die begehrte Nichtigerklärung die gesetzliche Regelung - Sperrzeiten unter der Woche von 3:00 bis 6:00 Uhr und am Wochenende von 5:00 bis 6:00 Uhr - wieder anzuwenden sein, was zumindest für die Nächte außer von Donnerstag zum Freitag eine Verkürzung der Sperrzeit um eine Stunde und damit gegebenenfalls eine Verschlechterung für die Zeiten der Nachtruhe bedeuten kann. Eine die Unwirksamkeit der angefochtenen Satzung feststellende Entscheidung kann für die Antragsteller gleichwohl von Nutzen sein, weil davon auszugehen ist, dass sich der Gemeinderat nochmals differenziert mit den Anforderungen an eine rechtmäßige Sperrzeitverordnung befassen wird, zumal sich aus den Gründen der Entscheidung ein Handlungsauftrag ergeben kann. Überdies würde der Weg für die Antragsteller frei, das ebenfalls von ihnen eingeleitete Verfahren der Normenkontrolle der Vorgängerverordnung vom 18.12.2014, die die Aufhebung der Verordnung vom 17.12.2009 umfasste (Az. 6 S 2629/15), wieder anzurufen und die Aufhebungsverordnung vom 18.12.2014 auf ihre Gültigkeit überprüfen zu lassen.
28 
Die einjährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die angegriffene Sperrzeitverordnung wurde am 28.12.2016 bekanntgemacht; die Normenkontrollanträge sind am 17.05.2017 gestellt worden.
II.
29 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet.
30 
Gegenstand der Überprüfung im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist die Vereinbarkeit der gesamten Rechtsverordnung mit höherrangigem Recht, unabhängig von einer möglichen subjektiven Rechtsverletzung der Antragsteller (vgl. W.-R. Schenke, Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 47 Rn. 50).
31 
Die formell nicht zu beanstandende Sperrzeitverordnung ist materiell rechtswidrig, weil sie nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 GastVO i.V.m. § 1 LGastG und § 18 GastG gedeckt ist. Weder die Verlängerung der Sperrzeit in der angefochtenen Verordnung in den Nächten zum Montag bis Donnerstag von 3:00 Uhr auf 2:00 Uhr und in den Nächten zum Samstag und Sonntag von 5:00 Uhr auf 4:00 Uhr (§ 1 Satz 1 und Satz 2 2. Hs. SperrVO, dazu 1.) noch die vorgenommene Verkürzung der Sperrzeit in der Nacht zum Freitag von 3:00 Uhr auf 4:00 Uhr (gem. § 1 Satz 2 1. Hs SperrVO, dazu 2.) sind in rechtmäßiger Weise erfolgt, weil die schützenswerten Interessen der Nachbarn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in ihrer Konkretisierung durch die Vorschriften des Gaststättenrechts nicht hinreichend berücksichtigt bzw. abgewogen wurden.
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1. Die Voraussetzungen des § 11 GastVO für eine Verlängerung der Sperrzeit in den Nächten zum Montag, zum Dienstag, zum Mittwoch, zum Donnerstag, zum Samstag und zum Sonntag um jeweils eine Stunde liegen zwar vor, da die Ausnutzung der allgemeinen Sperrzeit gem. § 9 GastVO nicht in Einklang mit von der Verwaltung zu wahrenden öffentlichen Belangen steht (dazu a). Allerdings ist die vom Verordnungsgeber getroffene Regelung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil sie nicht hinreichend dem Ausgleich des Interessenkonflikts zwischen Anwohnern, Gaststättenbetreibern und Gästen gerecht wird (dazu b).
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a) Gem. § 11 GastVO kann bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die in § 9 GastVO festgelegte allgemeine Sperrzeit durch Rechtsverordnung verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden. Nach § 9 Abs. 1 GastVO beginnt die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 3 Uhr. In der Nacht zum Samstag und zum Sonntag beginnt sie um 5 Uhr. Sie endet jeweils um 6 Uhr. Die Tatbestandsmerkmale „öffentliches Bedürfnis“ und „besondere örtliche Verhältnisse“ sind vom Gericht voll nachprüfbare unbestimmte Rechtsbegriffe, sie lassen sich nicht klar gegeneinander abgrenzen. Das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Bedürfnis“ ist jedoch in der Regel einschlägig, wenn der öffentliche Bedarf an Diensten der Gaststätten im Vordergrund der Überlegung steht. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sind vorrangig dann zu prüfen, wenn nicht die Frage des besonderen Bedarfs streitig ist, dafür aber die Frage einer besonderen Störempfindlichkeit bzw. Unempfindlichkeit der Umgebung. Beiden Tatbestandsmerkmalen ist gemeinsam, dass das Gemeinwohl jeweils einer Sperrzeitverkürzung/-verlängerung/-aufhebung nicht entgegenstehen darf (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - GewArch 2001, 349, juris Rn. 41; Hess. VGH, Beschluss vom 12.03.2012 - 8 B 2473/11.N - juris Rn. 6).
34 
Gründe für eine Verlängerung der Sperrzeit liegen vor, wenn die Ausnutzung der allgemeinen Sperrzeit nicht im Einklang mit der Rechtsordnung oder anderen von der Verwaltung zu wahrenden öffentlichen Belangen steht und insoweit dem Gemeinwohl zuwiderläuft, weil - wie hier - Interessen der Nachbarschaft in Bezug auf die Einhaltung der Lärmschutzrichtwerte, gerade zur Nachtzeit, missachtet werden (Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 18 Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157, juris Rn. 27). Beurteilungsmaßstab ist insoweit das immissionsschutzrechtliche Regelungskonzept des BImSchG, wonach nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des BImSchG, zu denen auch Gaststätten gehören (vgl. z.B. Heilshorn/Sparwasser in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2015, vor § 22 BImSchG Rn. 14, 47; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 22 Rn. 9), so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. auch §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen (wie z.B. Lärm), die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157, juris Rn. 28). Zu den zu berücksichtigenden Lärmeinwirkungen zählen nicht nur die Geräusche durch den eigentlichen Gaststättenbetrieb, also der Lärm aus der Gaststätte, sondern auch sonstiger, der Gaststätte zurechenbarer Lärm, etwa der Lärm, der durch die Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte hervorgerufen wird, sofern er einen erkennbaren Bezug zu dem Betrieb hat (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 06.06.2011 - 6 S 2666/10 -). Das Ausmaß der durch den Betrieb von Gaststätten bedingten Lärmeinwirkungen beurteilt sich anhand der Regelungen der gemäß § 48 BImSchG erlassenen TA-Lärm (Nr. 1 Abs. 2 TA-Lärm; vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204, juris Rn. 52; Feldhaus/Tegeder in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Juni 2016, TA-Lärm Nr. 1 Rn. 16). Die Erheblichkeit von Immissionen muss nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 - BVerwGE 56, 110, juris Rn. 89; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008 - 6 S 1613/07 -), wobei es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten ankommt (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 - BVerwGE 101, 157, juris Rn. 28). Bei der Bewertung der Zumutbarkeit sind über das Ausmaß der Lärmbeeinträchtigung hinaus die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz als Kriterien heranzuziehen, wobei sie keine eigenständige Maßstabsfunktion besitzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300, juris Rn. 14; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204, juris Rn. 78).
35 
Ausgehend von diesen Vorgaben legt der Senat das Lärmgutachten vom 12.10.2016 der Firma ... zugrunde. Es stellt für den Senat nachvollziehbar und im Wesentlichen auch von den Beteiligten unwidersprochen die Lärmimmissionen im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung dar. Neben den aktualisierten (theoretischen) Schallausbreitungsberechnungen wurden zusätzlich tägliche Schallpegelmessungen an fünf Immissionsorten im Zeitraum vom 13.05.2016 bis zum 03.07.2016 vorgenommen. Entsprechend dem Gebietscharakter (Kern- und Mischgebiet) des von der Sperrzeitverordnung umfassten räumlichen Geltungsbereichs ist von Immissionsrichtwerten der TA-Lärm für die Nachtzeit von 45 dB(A) und Grenzwerten für kurzzeitige Geräuschspitzen von 65 dB(A) auszugehen (vgl. Ziff. 6.1 c) TA-Lärm). Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass das Geräuschniveau im Gebiet der Sperrzeitverordnung während des Nachtzeitraums an allen Messpunkten im Wochenverlauf von Montag bis Sonntag kontinuierlich ansteigt und im Mittel gesehen in der Nachtzeit (zwischen 22:00 und 6:00 Uhr) dauerhaft über den für die Heidelberger Altstadt (Kern- bzw. Mischgebiet) maßgeblichen Immissionsrichtwerten von 45 dB(A) (Ziff. 6.1 c) TA-Lärm) liegt:
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Für die Nächte unter der Woche - Nächte zum Montag bis Freitag - ermittelten die Gutachter im Durchschnitt eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte von 23:00 bis 3:00 Uhr an den fünf Immissionspunkten von 7 bis 22 dB(A). In der Zeit von 1:00 bis 3:00 Uhr lagen die konkreten Überschreitungen der Richtwerte des Taktmaximalmittelungspegels bei bis zu 29 db(A), wobei der höchste Wert in der Nacht zum Freitag, morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr, am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ gemessen wurde. Auch in allen sonstigen Nächten unter der Woche lagen in der Zeit von 1:00 bis 3:00 Uhr durchgehend Lärmwerte über den Immissionsrichtwerten vor. Lediglich an dem weiter von den „Hotspots“ entfernten Immissionspunkt M05 „Kurpfälzisches Museum“ wurden geringere bis gar keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte festgestellt.
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Die Überschreitung des ausgewiesenen Maximalpegels von 65 dB(A) lag an Wochentagen - mit Ausnahme des Messpunktes M05 „Kurpfälzisches Museum“ - bei 5 bis 27 dB(A). Der Spitzenwert von bis zu 27 dB(A) wurde am Messpunkt M01 „Untere Straße“ in der Nacht zum Freitag zwischen 1:00 bis 2:00 Uhr morgens gemessen.
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Auch nach Beginn der Sperrzeit - zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung im Mai 2016 um 3:00 Uhr in der Nacht - wurden die Immissionsrichtwerte im Stundenmittel um 4 bis 11 dB(A) überschritten. Ebenso lag fast durchgängig eine Überschreitung des ausgewiesenen Maximalpegels um bis zu 18 dB(A) vor. Aus diesen Untersuchungsergebnissen ist zu folgern, dass nach Sperrzeitbeginn um 3:00 Uhr die Intensität der Geräuschimmissionen nur geringfügig abnimmt und selbst in den ganz frühen Morgenstunden die Idealwerte der TA-Lärm auch nicht annähernd erreicht werden.
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Die Messungen und Lärmberechnungen in den Nächten zum Samstag und Sonntag (Wochenende) haben ergeben, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der Kernaltstadt größtenteils um 20-25 dB(A), an manchen Stellen (z.B. am Messpunkt M01 von 23:00 bis 5:00 Uhr) sogar um mehr als 25 dB(A) überschritten wird. In der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr lagen die konkreten Überschreitungen der Richtwerte des Taktmaximalmittelungspegels bei bis zu 31 db(A), in der Zeit von 3:00 bis 5:00 Uhr bei bis zu 28 dB(A), wobei der höchste Wert in der Nacht zum Sonntag, morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ (76 dB(A)) und zwischen 3:00 und 4:00 Uhr (73 dB(A)) gemessen wurde. Der in der TA-Lärm ausgewiesene Immissionsrichtwert für den Maximalpegel von 65 dB(A) für Kern-/Mischgebiete ist an Wochenenden in der Nacht von 23:00 bis 6:00 Uhr im Mittel um 11 bis 26 dB(A) überschritten.
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Die Gutachter selbst gehen von einer Prognoseunsicherheit von +/- 3 dB(A) aus und vermuten überdies, dass die Geräuschbelastung bei besserem Wetter im Messzeitraum noch höher ausgefallen wäre, der erfasste Beurteilungspegel also „nicht die Maximalbelastung“ darstelle. Darüber hinaus waren die Mikrofone zur Lärmmessung teilweise im 2. und 3. Obergeschoss installiert, so dass für die Lärmwerte auf Erdgeschossniveau zusätzlich von einer Erhöhung des Beurteilungspegels von 1 bis 1,5 dB(A) pro Stockwerk ausgegangen werden muss. Nach alledem kann dahinstehen, ob die von den Antragstellern geltend gemachten Einwände - insbesondere auch die zwischenzeitliche Zunahme der Anzahl der Gaststätten im Geltungsbereich der Verordnung - gegen das Lärmgutachten durchgreifen, da jedenfalls bereits nach den getroffenen Feststellungen von einer massiven Überschreitung der betreffenden Immissionsrichtwerte auszugehen ist.
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Nach den im Gutachten getroffenen Feststellungen entspricht die „aktuell in der Kernaltstadt vorgefundene Geräuschsituation derjenigen von Gewerbe- und Industriegebieten“ und stellt eine erhebliche Lärmbelästigung - und damit schädliche Umwelteinwirkungen i.S. der §§ 3, 22 BImSchG - für die Anwohner dar. Sowohl der vom Gutachten gemessene Durchschnittspegel als auch die ermittelten Lärmspitzen überschreiten die in der TA-Lärm nach dem Gebietscharakter zulässigen Richtwerte in einem Ausmaß, das den Betroffenen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sozialadäquanz zumutbar ist.
42 
In der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.05.1996 - 4 B 50.96 - NVwZ 1996, 1001, juris Rn. 7; Urteil vom 02.09.1996 - 4 B 152.96 - NVwZ 1997, 390, juris Rn. 6; vgl. auch Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 22 Rn. 36 m.w.N.) ist geklärt, dass der Begriff der Sozialadäquanz keine eigenständige Maßstabsfunktion erfüllt, der Kreis der zumutbaren Emissionen hierdurch weder erweitert noch verengt wird. Der Begriff der Sozialadäquanz dient in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich als Differenzierungsmerkmal, das es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ermöglicht, der jeweiligen Art der Störung Rechnung zu tragen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich der Grad der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit nicht losgelöst von allgemeinen Wertungen - insbesondere unter Berücksichtigung des sozial Üblichen und Tolerierbaren -, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben, abstrakt festlegen und an einem starren Lärmwert ablesen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 – 6 B 12.03 – GewArch 2003, 300, juris Rn. 14).
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Unter diesem Aspekt ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei der Heidelberger Altstadt seit jeher um ein beliebtes Ausgehviertel v.a. für die zahlreichen Touristen und Studenten der traditionsreichen Universitätsstadt handelt. Außerdem sorgen auch die baulichen Gegebenheiten für eine Verstärkung des Lärms. Durch die vielen schmalen Gassen mit höherer Bebauung verstärkt sich der Lärm teilweise durch einen sog. „Trichtereffekt“. Die Einhaltung der Lärmrichtwerte von 45 db(A) für die Nachtzeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr erscheint daher nicht realistisch und wird von den Antragstellern überdies auch gar nicht eingefordert. Allerdings reicht dies alleine nicht aus, das für gewerbliche Betriebe dieser Art einschlägige Regelwerk der TA-Lärm außer Kraft zu setzen, ohne dass dieses zumindest berücksichtigt würde.
44 
Zu beachten ist daher, dass Lärmeinwirkungen außerhalb der Sperrzeiten in der Nachtzeit vor dem Hintergrund eines öffentlichen Bedürfnisses nach Bewirtungsangeboten differenziert betrachtet werden müssen: Je weiter die Nacht fortgeschritten ist, desto größer wird das Interesse an der Wahrung der Nachtruhe. Berücksichtigt werden muss, dass ein wie hier um (mehr als) 10 dB(A) erhöhter Lärmpegel für weite Teile der Nachtzeit in der Regel als Verdoppelung der Lautstärke empfunden wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204, juris Rn. 75; Ulrich, DVBl. 1985, 1159 (1160); Tegeter, UPR 2000, 99 (100)). In der Rechtsprechung (Bay. VGH, Urteil vom 05.03.1996 - 20 B 92.1055 - NVwZ-RR 1997, 159, juris Rn. 52) ist anerkannt, dass bei Außenpegeln von 60 dB(A) zur Nachtzeit, denen bei Normalfenstern in gekipptem Zustand Innenpegel von ca. 45 dB(A) und in geschlossenem Zustand der Fenster von 36 dB(A) korrespondieren, die theoretische „Aufweck"-Grenze erreicht wird und langfristig Gesundheitsgefährdungen nicht auszuschließen sind. Hiermit übereinstimmend wird in der Rechtsprechung (OVG Berlin, Urteil vom 17.03.1999 - 2 S 6.98 - GewArch 2000, 171, juris Rn. 34; Bay. VGH, Urteil vom 05.12.1997 a.a.O., juris Rn. 53) auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, bei deren Erreichen auch das sich aus § 34 Abs. 1 BauGB ergebende Rücksichtnahmegebot verletzt ist, in allgemeinen Wohngebieten zur Nachtzeit bei Mittelungspegeln von 60 dB(A) und in Kern- und Mischgebieten - wie hier - zur Nachtzeit bei 62 dB(A) angesetzt. Diese Zumutbarkeitsschwelle wird im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung - wie oben ausführlich dargestellt – in der gesamten Nachtzeit größtenteils überschritten, was eine so nachhaltige Störung der Nachtruhe der Anlieger zur Folge hat, dass sie von diesen nicht uneingeschränkt hingenommen werden muss.
45 
Eine Differenzierung der Sperrzeiten zwischen den Nächten unter der Woche und den Wochenenden erscheint jedoch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die meisten Anwohner am Wochenende nicht früh aufstehen müssen und die Nachtruhe unter der Woche einen höheren Stellenwert genießt als am Wochenende, aus Gründen der Sozialadäquanz vertretbar.
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Aus dem Gesagten folgt, dass es jedenfalls in den Nächten unter der Woche den Anwohnern in der Heidelberger Altstadt nicht zumutbar ist, Lärm im Zusammenhang mit dem Besuch der Gaststätten bis um 3:00 Uhr in der Nacht zu ertragen. Das gleiche gilt für die Situation am Wochenende. Bei einer Sperrzeit ab 5:00 Uhr ist davon auszugehen, dass die gesundheitsgefährdenden Überschreitungen der Immissionsrichtwerte bis in die frühen Morgenstunden andauern und so den Anwohnern keine ausreichenden Ruhepausen verbleiben. Daraus folgt, dass bei (unterstellter) Beibehaltung der landesgesetzlichen Sperrzeitregelung von einer erheblichen Beeinträchtigung der Belange des Gemeinwohls auszugehen ist, so dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Sperrzeit hier vorliegen.
47 
b) Diesem Auftrag ist der Gemeinderat der Antragsgegnerin zwar nachgekommen, indem er die Sperrzeit in den Nächten unter der Woche (außer in der Nacht zum Donnerstag) von 2:00 Uhr bis 6:00 Uhr und in den Nächten zum Samstag und Sonntag von 4:00 Uhr bis 6:00 festgelegt und damit jeweils um eine Stunde im Vergleich zur landesgesetzlich vorgesehenen Regelung verlängert hat. Die Verlängerung um eine Stunde ist jedoch insbesondere mit Blick auf das eingeholte Lärmgutachten nicht hinreichend, da die schützenswerten Interessen der Anwohner im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Im Ergebnis wird durch die Regelung in der Sperrzeitverordnung das der Gemeinde eingeräumte Rechtssetzungsermessen rechtswidrig ausgeübt.
48 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts kommt es bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen, soweit keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive dessen an, der an ihrem Erlass mitwirkt. Soweit der Normgeber zur Regelung einer Frage befugt ist, ist seine Entscheidungsfreiheit eine Ausprägung des auch mit Rechtssetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Es wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zweckes der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Demgemäß beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle darauf, ob diese äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis überschritten sind. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung des Abwägungsvorgangs des Normgebers setzt daher bei untergesetzlichen Normen eine besonders ausgestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven voraus, wie sie etwa im Bauplanungsrecht vorgegeben sind. Sind solche - wie hier - nicht vorhanden, wird die Norm nicht wegen Mängeln im Abwägungsvorgang rechtswidrig. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens den anzulegenden rechtlichen Maßstäben entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.06.1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - BVerfGE 45, 142; BVerwG, Urteil vom 26.04.2006 – 6 C 19.05 – BVerwGE 125, 384, juris Rn. 16; zum Ganzen s.a. Beschlüsse vom 03.05.1995 - 1 B 222.93 - GewArch 1995, 425, juris Rn. 5 und vom 30.04.2003 - 6 C 6.02 - BVerwGE 118, 128, juris Rn. 66).
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Zweck der gesetzlichen Ermächtigung zur Regelung der Sperrzeit ist der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere der Schutz der Nachtruhe, der Volksgesundheit, die Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs und der Arbeitsschutz (BT-Drs. V/205, S. 17; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 18 Rn. 12). Aus dieser Zwecksetzung lassen sich auch die grundrechtlich geschützten Interessen ableiten, die untereinander abzuwägen sind: In Einklang zu bringen waren hier vom Verordnungsgeber kollidierende Grundrechte der Anwohner – insbesondere der Schutz der Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) -, die Berufsfreiheit der Gastronomen (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie die allgemeine Handlungsfreiheit der Gaststättenbesucher (Art. 2 Abs. 1 GG). Überdies muss die Verordnung dem aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG und den einzelnen Grundrechten folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.
50 
Gemessen an diesem Zweck ist die Sperrzeitverordnung nicht verhältnismäßig, da sie ersichtlich die Belange der Anwohner zu gering gewichtet und im Ergebnis deren Grundrecht auf Gesundheit nicht ausreichend beachtet. Aus dem von der Antragsgegnerin eingeholten Lärmgutachten ergibt sich, dass in der Nachtzeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr weit über den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm liegende Lärmwerte zu verzeichnen sind.
51 
In den Nächten unter der Woche - Nächte zum Montag bis Freitag – lagen in der Zeit von 1:00 bis 3:00 Uhr die konkreten Überschreitungen der Richtwerte des Taktmaximalmittelungspegels bei bis zu 29 db(A), wobei der höchste Wert (84 dB(A)) in der Nacht zum Freitag, morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ gemessen wurde. Eine Überschreitung des ausgewiesenen Maximalpegels von 65 dB(A) lag an Wochentagen in der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr an allen Immissionspunkten außer M05 vor. Der Spitzenwert von 27 dB(A) wurde am Messpunkt M01 „Untere Straße“ in der Nacht zum Freitag zwischen 1:00 bis 2:00 Uhr morgens gemessen. Die Messungen und Lärmberechnungen in den Nächten zum Samstag und Sonntag (Wochenende) haben ergeben, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der Kernaltstadt in der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr bis zu 31 db(A) und in der Zeit von 3:00 bis 5:00 Uhr bis zu 27 dB(A) überschritten wurde, wobei der höchste Wert in der Nacht zum Sonntag morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ (76 dB(A)) und zwischen 3:00 und 4:00 Uhr (73 dB(A)) gemessen wurde. Die Überschreitungen des Maximalpegels von 65 dB(A) für Kern-/Mischgebiete lagen an Wochenenden in der Nacht von 23:00 bis 6:00 Uhr im Mittel bei 11 bis 26 dB(A). Zwischen 1:00 Uhr und 3:00 Uhr wurden am Immissionspunkt M01 („Untere Straße“) Spitzenwerte von 91 dB(A) gemessen, in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr von 90 dB(A). An den anderen Immissionspunkten lagen die Messergebnisse knapp unter diesen Werten. Die Grenze, ab der Gesundheitsgefahren für die Anwohner zu erwarten sind, wird in der Nacht um 2:00 Uhr bzw. 4:00 Uhr am Wochenende jeweils weit überschritten.
52 
Wie vorstehend (siehe 1.) ausgeführt, steigt die Schutzwürdigkeit der Anwohner und ihr Bedürfnis nach Einhaltung der Nachtruhe, je weiter die Nacht fortgeschritten ist, Differenzierungen für die Nächte am Wochenende sind möglich. Bei den hier gemessenen Lärmwerten ist aufgrund des anhaltenden Lärms in der Nacht von negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner auszugehen. Zwar hat die Antragsgegnerin die landesgesetzlich vorgesehene allgemeine Sperrzeit an allen Tagen außer donnerstags je um eine Stunde verlängert, jedoch liegen die um 2:00 Uhr werktags und um 4:00 Uhr am Wochenende gemessenen Lärmwerte im Gebiet der Sperrzeitverordnung so erheblich über den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm, dass durch die streitgegenständliche Regelung im Ergebnis das immissionsschutzrechtliche Regelungskonzept unterlaufen wird, das den Schutz der Nachtruhe gewährleisten und die Verhinderung von Gesundheitsschäden durch Lärmeinwirkungen vermeiden soll.
53 
Aus alledem ergibt sich, dass die Interessen der Anwohner in der Sperrzeitregelung ersichtlich in zu großem Maße zurückstehen mussten, während die Belange der Touristen und der Gastronomen in der Norm zu große Berücksichtigung fanden. Die Grundrechte der Touristen und sonstigen Gaststättenbesucher sind nur punktuell und zeitlich eng auf deren Visite in Heidelberg begrenzt. Die Interessen der Gastronomen berühren zwar erhebliche Belange ihrer Berufsausübungsfreiheit, halten sich aber dennoch im Rahmen eines geschäftlichen Erwerbs- und Umsatzinteresses, das schon seiner Natur nach von vielen Marktbedingungen bestimmt wird. Von der Berufsfreiheit geschützt werden aber nicht bestimmte Marktsituationen, sondern nur die ungehinderte Berufsausübung an sich. Trotz der zweifelsfreien Berührung der Grundrechte von Touristen, sonstigen Gaststättenbesuchern und Gastronomen wiegt hier das Grundrecht der Anwohner aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erheblich schwerer. Störungen der Nachtruhe sind in der Regel durch den dadurch verursachten Schlafentzug auch Störungen oder zumindest Gefährdungen der Gesundheit. Je weiter sie sich in die Nacht hinein erstrecken, desto größer wird ihr Störpotenzial. Hier entfaltet sich der Lärm nicht nur an einzelnen Tagen bis spät in die Nacht, sondern über alle sieben Tage der Woche.
54 
Um die Vorgaben des BImSchG zu erfüllen, bliebe der Antragsgegnerin hier einzig die Möglichkeit, den für die Lärmentwicklung im Wesentlichen verantwortlichen Betrieben im Wege der Einzelverfügung eine Sperrzeitverlängerung aufzuerlegen. Dies jedoch wäre mit dem Sinn einer Rechtsverordnung, Sperrzeiten abstrakt und generell für ein bestimmtes Gebiet festzusetzen, nicht zu vereinbaren. Die getroffene abstrakte Regelung wird dem Zweck der Ermächtigung jedoch nicht gerecht. Die Verlängerung der Sperrzeit an allen Tagen (außer in der Nacht zum Freitag) ist daher wegen Unterschreitens der gesetzlichen Mindestanforderungen rechtswidrig. Es obliegt der Antragsgegnerin, eine Regelung zu schaffen, die die kollidierenden Interessen in einen sachgerechten Ausgleich bringt.
55 
2. Die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Sperrzeit durch die Rechtsverordnung gem. § 11 GastVO in der Nacht zum Freitag auf 4:00 Uhr liegen nicht vor, da dieser ebenfalls Belange des Gemeinwohls entgegenstehen.
56 
Wie zuvor unter 1. ausgeführt, kann gem. § 11 GastVO bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die in § 9 GastVO festgelegte allgemeine Sperrzeit durch Rechtsverordnung auch allgemein verkürzt werden.
57 
Dahinstehen kann hier, ob der Vortrag der Antragsgegnerin, in der Heidelberger Altstadt bestehe in der Nacht zum Freitag ein öffentliches Bedürfnis an verkürzten Sperrzeiten, da viele der in Heidelberg lebenden Studierenden „jedenfalls nach Beobachtung der Gemeinderäte“ bereits die Nacht zum Freitag als Vorstufe oder gar als Teil des Wochenendes betrachteten, insbesondere weil in dieser Nacht weniger Touristen als am Wochenende in der Altstadt anzutreffen seien, zutrifft und ob diese tatsächlichen Umstände überhaupt ein öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 11 GastVO begründen könnten. Denn die Verkürzung der Sperrzeit abweichend von der landesgesetzlichen Regelung um eine Stunde widerspricht jedenfalls den schützenswerten Belangen des Gemeinwohls (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157, juris Rn. 26; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 18 Rn. 26). Wie oben unter 1. dargestellt wurde, liegen die gemessenen Lärmwerte in dem Gebiet der SperrVO zur Nachtzeit – schon während der landesgesetzlich vorgesehenen Sperrzeiten - weit über den von der TA-Lärm vorgegebenen Immissionsrichtwerten. Diese Richtwerte wurden nach den Messprotokollen und dem Lärmgutachten für Donnerstage im Messzeitraum in der Zeit von 23:00 bis 3:00 Uhr um 13 bis 29 dB(A) überschritten, die Überschreitung des Maximalpegels lag bei 16 bis 21 dB(A). Diese gemessenen Lärmwerte können auch nicht als sozialadäquat und damit zumutbar eingestuft werden. Lässt sich unter der Woche schon ein Sperrzeitbeginn um 3:00 Uhr vor dem immissionsschutzrechtlichen Regelungskonzept nicht rechtfertigen, so widerspricht ein Sperrzeitbeginn um 4:00 Uhr erst Recht den Belangen des Gemeinwohls. Die Nachtruhe in der Nacht zum Freitag – einem normalen Werktag - ist gegenüber den Anwohnern nicht weniger schutzwürdig, als an den anderen Tagen unter der Woche. Diese nachhaltige Störung der Nachtruhe der Anwohner muss von diesen nicht hingenommen werden.
58 
Die Verkürzung der Sperrzeit in der Nacht zum Freitag, abweichend von der landesgesetzlichen Regelung auf lediglich zwei Stunden, verstößt damit gegen Gemeinwohlbelange. Ein öffentliches Bedürfnis an dem Abweichen von der landesgesetzlichen Regelung besteht daher nicht, die Verordnung ist insoweit schon wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm des § 11 GastVO unwirksam.
59 
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind nach alledem begründet. Die Sperrzeitverordnung vom 20.12.2016 ist für unwirksam zu erklären.
60 
Der Antragsgegnerin obliegt, sich um eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation für die im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung wohnenden Menschen zu bemühen (Bay. VGH, Urteil vom 25.01.2010 – 22 N 09.1193 – juris Rn. 37). Die abstrakte Festlegung der Sperrzeiten ist Sache des Gemeinderats. Er hat insoweit ein normgeberisches Ermessen, wie er die widerstreitenden Interessen von Anwohnern, Gastwirten und Nutzern der Gaststätten in Ausgleich bringen möchte.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
62 
Beschluss vom 6. März 2018
63 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 54.4 des Streitwertkatalogs 2013 auf 22.500 Euro (je 7.500 Euro pro Antragsteller) festgesetzt.
64 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig und begründet.
I.
22 
Die Normenkontrollanträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Verordnung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Sperrzeit in der Altstadt (SperrVO) unterliegt als eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit der Normenkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO). Die Antragsteller begehren, wie sie nochmals in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, mit ihrem Antrag die Aufhebung der SperrVO und nicht den Erlass einer für sie günstigeren Regelung. Hierfür wäre eine Feststellungsklage (sog. Normerlassklage) gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthafte Klageart (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.04.2015 - 4 CN 2.14 - BVerwGE 152, 55, juris Rn. 5).
23 
Die Antragsteller sind gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO als Eigentümer (Ast. zu 1 und 3) bzw. als ständige Bewohner (Ast. zu 1 und 2) des Anwesens ..., das sich im räumlichen Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung befindet, antragsbefugt. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO räumt jeder natürlichen oder juristischen Person eine Antragsbefugnis ein, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Regelung der Klagebefugnis in § 42 Abs. 2 VwGO, an der sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 47 Abs. 2 VwGO durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) orientiert hat. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte der Antragsteller offenkundig und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden (BVerwG, Beschluss vom 08.06.2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641, juris Rn. 3; Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.07.2012 - 10 S 406/10 - juris Rn. 24; Urteil vom 11.11.2012 – 6 S 947/12 – juris Rn. 16).
24 
Nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung haben Anwohner sowie Eigentümer eines im Einwirkungsbereich einer Gaststätte belegenen Grundstücks im Einzelfall die Befugnis, als Drittbetroffene gegen die Verkürzung der Sperrzeit einer Gaststätte mit der Anfechtungsklage vorzugehen (vgl. ausführlich BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 - GewArch 1996, 426, juris Rn. 32, 34; Urteil vom 13.01.1961 - 7 C 219.59 - BVerwGE 11, 331, juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008 - 6 S 1613/07). Voraussetzung für eine Drittbetroffenheit ist, dass die Antragsteller „Nachbarn“ i.S. der gaststättenrechtlichen Regelungen gem. § 1 LGastG, § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 18 GastG, § 11 GastVO sind. Nachbarschaft im Sinne dieser Vorschrift setzt ein qualifiziertes Betroffensein in Form einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung zu den emittierenden Betrieben voraus, das sich deutlich von den Auswirkungen abhebt, die den Einzelnen als Teil der Allgemeinheit treffen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 - BVerwGE 101, 157, juris Rn. 34). Im Fall einer abstrakt-generellen Regelung der Sperrzeit für ein bestimmtes räumliches Gebiet durch Rechtsverordnung kann es dabei nicht nur auf die Betrachtung einzelner Betriebe ankommen, sondern es muss die Gesamtsituation in den Blick genommen werden. Durch die Vielzahl der Gaststätten, die in den streitigen Nachtstunden geöffnet haben, kommt es auch zu - grundsätzlich - den Gaststätten zurechenbarem (vgl. BVerwG a.a.O., juris Rn. 28) Lärm durch Fußgängerverkehr zwischen den einzelnen Betrieben.
25 
In diesem Zusammenhang schilderte die Antragstellerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass sie sich in der Nachtzeit nicht von dem Lärm aus einer einzelnen Gaststätte, sondern von dem Lärm, der von dem erheblichen Fußgängerverkehr zwischen den einzelnen Gaststättenbetrieben herrühre, belästigt fühlten. Die ... diene als „Achse“ zwischen ... und ..., in welchen zahlreiche Gaststätten belegen seien. Überdies sei die ... ein beliebter Weg zu den Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs. Die Antragsteller machen geltend, dass sie durch die zu kurzen Sperrzeiten und den damit einhergehenden Lärm in den späten Nachtstunden in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, das gerade durch die Regelungen des Gaststättengesetzes geschützt werden solle (vgl. § 1 LGastG, §§ 5 Abs. 1 Nr. 3, § 18 GastG, 11 GastVO), verletzt werden (vgl. ThürOVG, Urteil vom 31.03.2003 – 2 N 607/00 – juris Rn. 32). Es ist daher nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die in der angegriffenen Sperrzeitverordnung getroffenen Regelungen die Antragsteller in ihren schützenswerten Rechten verletzen.
26 
Den Antragstellern steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zu. Dieses liegt vor, wenn die mögliche Rechtsverletzung eines Antragstellers durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Vorschrift noch verhindert, beseitigt oder zumindest gemildert werden kann bzw. wenn ein Antragsteller ein irgendwie geartetes Interesse an der Nichtigerklärung der Norm geltend machen kann (Unruh in Fehling/Kastner/Wahrendorf, Handkommentar Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 47 VwGO Rn. 91; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 77). Nicht erforderlich ist, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt (Beispiel aus dem BauR: BVerwG, Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268, juris Rn. 16; Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 - juris Rn. 10). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedoch dann, wenn die Entscheidung dem Antragsteller unter keinen Umständen zu einem rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil verhelfen bzw. er seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - BVerwG 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 (91), juris Rn. 18; Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 - juris Rn. 10).
27 
Zwar würde hier durch die begehrte Nichtigerklärung die gesetzliche Regelung - Sperrzeiten unter der Woche von 3:00 bis 6:00 Uhr und am Wochenende von 5:00 bis 6:00 Uhr - wieder anzuwenden sein, was zumindest für die Nächte außer von Donnerstag zum Freitag eine Verkürzung der Sperrzeit um eine Stunde und damit gegebenenfalls eine Verschlechterung für die Zeiten der Nachtruhe bedeuten kann. Eine die Unwirksamkeit der angefochtenen Satzung feststellende Entscheidung kann für die Antragsteller gleichwohl von Nutzen sein, weil davon auszugehen ist, dass sich der Gemeinderat nochmals differenziert mit den Anforderungen an eine rechtmäßige Sperrzeitverordnung befassen wird, zumal sich aus den Gründen der Entscheidung ein Handlungsauftrag ergeben kann. Überdies würde der Weg für die Antragsteller frei, das ebenfalls von ihnen eingeleitete Verfahren der Normenkontrolle der Vorgängerverordnung vom 18.12.2014, die die Aufhebung der Verordnung vom 17.12.2009 umfasste (Az. 6 S 2629/15), wieder anzurufen und die Aufhebungsverordnung vom 18.12.2014 auf ihre Gültigkeit überprüfen zu lassen.
28 
Die einjährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die angegriffene Sperrzeitverordnung wurde am 28.12.2016 bekanntgemacht; die Normenkontrollanträge sind am 17.05.2017 gestellt worden.
II.
29 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet.
30 
Gegenstand der Überprüfung im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist die Vereinbarkeit der gesamten Rechtsverordnung mit höherrangigem Recht, unabhängig von einer möglichen subjektiven Rechtsverletzung der Antragsteller (vgl. W.-R. Schenke, Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 47 Rn. 50).
31 
Die formell nicht zu beanstandende Sperrzeitverordnung ist materiell rechtswidrig, weil sie nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 GastVO i.V.m. § 1 LGastG und § 18 GastG gedeckt ist. Weder die Verlängerung der Sperrzeit in der angefochtenen Verordnung in den Nächten zum Montag bis Donnerstag von 3:00 Uhr auf 2:00 Uhr und in den Nächten zum Samstag und Sonntag von 5:00 Uhr auf 4:00 Uhr (§ 1 Satz 1 und Satz 2 2. Hs. SperrVO, dazu 1.) noch die vorgenommene Verkürzung der Sperrzeit in der Nacht zum Freitag von 3:00 Uhr auf 4:00 Uhr (gem. § 1 Satz 2 1. Hs SperrVO, dazu 2.) sind in rechtmäßiger Weise erfolgt, weil die schützenswerten Interessen der Nachbarn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in ihrer Konkretisierung durch die Vorschriften des Gaststättenrechts nicht hinreichend berücksichtigt bzw. abgewogen wurden.
32 
1. Die Voraussetzungen des § 11 GastVO für eine Verlängerung der Sperrzeit in den Nächten zum Montag, zum Dienstag, zum Mittwoch, zum Donnerstag, zum Samstag und zum Sonntag um jeweils eine Stunde liegen zwar vor, da die Ausnutzung der allgemeinen Sperrzeit gem. § 9 GastVO nicht in Einklang mit von der Verwaltung zu wahrenden öffentlichen Belangen steht (dazu a). Allerdings ist die vom Verordnungsgeber getroffene Regelung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil sie nicht hinreichend dem Ausgleich des Interessenkonflikts zwischen Anwohnern, Gaststättenbetreibern und Gästen gerecht wird (dazu b).
33 
a) Gem. § 11 GastVO kann bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die in § 9 GastVO festgelegte allgemeine Sperrzeit durch Rechtsverordnung verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden. Nach § 9 Abs. 1 GastVO beginnt die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 3 Uhr. In der Nacht zum Samstag und zum Sonntag beginnt sie um 5 Uhr. Sie endet jeweils um 6 Uhr. Die Tatbestandsmerkmale „öffentliches Bedürfnis“ und „besondere örtliche Verhältnisse“ sind vom Gericht voll nachprüfbare unbestimmte Rechtsbegriffe, sie lassen sich nicht klar gegeneinander abgrenzen. Das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Bedürfnis“ ist jedoch in der Regel einschlägig, wenn der öffentliche Bedarf an Diensten der Gaststätten im Vordergrund der Überlegung steht. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sind vorrangig dann zu prüfen, wenn nicht die Frage des besonderen Bedarfs streitig ist, dafür aber die Frage einer besonderen Störempfindlichkeit bzw. Unempfindlichkeit der Umgebung. Beiden Tatbestandsmerkmalen ist gemeinsam, dass das Gemeinwohl jeweils einer Sperrzeitverkürzung/-verlängerung/-aufhebung nicht entgegenstehen darf (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - GewArch 2001, 349, juris Rn. 41; Hess. VGH, Beschluss vom 12.03.2012 - 8 B 2473/11.N - juris Rn. 6).
34 
Gründe für eine Verlängerung der Sperrzeit liegen vor, wenn die Ausnutzung der allgemeinen Sperrzeit nicht im Einklang mit der Rechtsordnung oder anderen von der Verwaltung zu wahrenden öffentlichen Belangen steht und insoweit dem Gemeinwohl zuwiderläuft, weil - wie hier - Interessen der Nachbarschaft in Bezug auf die Einhaltung der Lärmschutzrichtwerte, gerade zur Nachtzeit, missachtet werden (Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 18 Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157, juris Rn. 27). Beurteilungsmaßstab ist insoweit das immissionsschutzrechtliche Regelungskonzept des BImSchG, wonach nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des BImSchG, zu denen auch Gaststätten gehören (vgl. z.B. Heilshorn/Sparwasser in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2015, vor § 22 BImSchG Rn. 14, 47; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 22 Rn. 9), so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. auch §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen (wie z.B. Lärm), die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157, juris Rn. 28). Zu den zu berücksichtigenden Lärmeinwirkungen zählen nicht nur die Geräusche durch den eigentlichen Gaststättenbetrieb, also der Lärm aus der Gaststätte, sondern auch sonstiger, der Gaststätte zurechenbarer Lärm, etwa der Lärm, der durch die Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte hervorgerufen wird, sofern er einen erkennbaren Bezug zu dem Betrieb hat (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 06.06.2011 - 6 S 2666/10 -). Das Ausmaß der durch den Betrieb von Gaststätten bedingten Lärmeinwirkungen beurteilt sich anhand der Regelungen der gemäß § 48 BImSchG erlassenen TA-Lärm (Nr. 1 Abs. 2 TA-Lärm; vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204, juris Rn. 52; Feldhaus/Tegeder in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Juni 2016, TA-Lärm Nr. 1 Rn. 16). Die Erheblichkeit von Immissionen muss nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 - BVerwGE 56, 110, juris Rn. 89; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008 - 6 S 1613/07 -), wobei es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten ankommt (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 - BVerwGE 101, 157, juris Rn. 28). Bei der Bewertung der Zumutbarkeit sind über das Ausmaß der Lärmbeeinträchtigung hinaus die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz als Kriterien heranzuziehen, wobei sie keine eigenständige Maßstabsfunktion besitzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300, juris Rn. 14; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204, juris Rn. 78).
35 
Ausgehend von diesen Vorgaben legt der Senat das Lärmgutachten vom 12.10.2016 der Firma ... zugrunde. Es stellt für den Senat nachvollziehbar und im Wesentlichen auch von den Beteiligten unwidersprochen die Lärmimmissionen im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung dar. Neben den aktualisierten (theoretischen) Schallausbreitungsberechnungen wurden zusätzlich tägliche Schallpegelmessungen an fünf Immissionsorten im Zeitraum vom 13.05.2016 bis zum 03.07.2016 vorgenommen. Entsprechend dem Gebietscharakter (Kern- und Mischgebiet) des von der Sperrzeitverordnung umfassten räumlichen Geltungsbereichs ist von Immissionsrichtwerten der TA-Lärm für die Nachtzeit von 45 dB(A) und Grenzwerten für kurzzeitige Geräuschspitzen von 65 dB(A) auszugehen (vgl. Ziff. 6.1 c) TA-Lärm). Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass das Geräuschniveau im Gebiet der Sperrzeitverordnung während des Nachtzeitraums an allen Messpunkten im Wochenverlauf von Montag bis Sonntag kontinuierlich ansteigt und im Mittel gesehen in der Nachtzeit (zwischen 22:00 und 6:00 Uhr) dauerhaft über den für die Heidelberger Altstadt (Kern- bzw. Mischgebiet) maßgeblichen Immissionsrichtwerten von 45 dB(A) (Ziff. 6.1 c) TA-Lärm) liegt:
36 
Für die Nächte unter der Woche - Nächte zum Montag bis Freitag - ermittelten die Gutachter im Durchschnitt eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte von 23:00 bis 3:00 Uhr an den fünf Immissionspunkten von 7 bis 22 dB(A). In der Zeit von 1:00 bis 3:00 Uhr lagen die konkreten Überschreitungen der Richtwerte des Taktmaximalmittelungspegels bei bis zu 29 db(A), wobei der höchste Wert in der Nacht zum Freitag, morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr, am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ gemessen wurde. Auch in allen sonstigen Nächten unter der Woche lagen in der Zeit von 1:00 bis 3:00 Uhr durchgehend Lärmwerte über den Immissionsrichtwerten vor. Lediglich an dem weiter von den „Hotspots“ entfernten Immissionspunkt M05 „Kurpfälzisches Museum“ wurden geringere bis gar keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte festgestellt.
37 
Die Überschreitung des ausgewiesenen Maximalpegels von 65 dB(A) lag an Wochentagen - mit Ausnahme des Messpunktes M05 „Kurpfälzisches Museum“ - bei 5 bis 27 dB(A). Der Spitzenwert von bis zu 27 dB(A) wurde am Messpunkt M01 „Untere Straße“ in der Nacht zum Freitag zwischen 1:00 bis 2:00 Uhr morgens gemessen.
38 
Auch nach Beginn der Sperrzeit - zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung im Mai 2016 um 3:00 Uhr in der Nacht - wurden die Immissionsrichtwerte im Stundenmittel um 4 bis 11 dB(A) überschritten. Ebenso lag fast durchgängig eine Überschreitung des ausgewiesenen Maximalpegels um bis zu 18 dB(A) vor. Aus diesen Untersuchungsergebnissen ist zu folgern, dass nach Sperrzeitbeginn um 3:00 Uhr die Intensität der Geräuschimmissionen nur geringfügig abnimmt und selbst in den ganz frühen Morgenstunden die Idealwerte der TA-Lärm auch nicht annähernd erreicht werden.
39 
Die Messungen und Lärmberechnungen in den Nächten zum Samstag und Sonntag (Wochenende) haben ergeben, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der Kernaltstadt größtenteils um 20-25 dB(A), an manchen Stellen (z.B. am Messpunkt M01 von 23:00 bis 5:00 Uhr) sogar um mehr als 25 dB(A) überschritten wird. In der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr lagen die konkreten Überschreitungen der Richtwerte des Taktmaximalmittelungspegels bei bis zu 31 db(A), in der Zeit von 3:00 bis 5:00 Uhr bei bis zu 28 dB(A), wobei der höchste Wert in der Nacht zum Sonntag, morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ (76 dB(A)) und zwischen 3:00 und 4:00 Uhr (73 dB(A)) gemessen wurde. Der in der TA-Lärm ausgewiesene Immissionsrichtwert für den Maximalpegel von 65 dB(A) für Kern-/Mischgebiete ist an Wochenenden in der Nacht von 23:00 bis 6:00 Uhr im Mittel um 11 bis 26 dB(A) überschritten.
40 
Die Gutachter selbst gehen von einer Prognoseunsicherheit von +/- 3 dB(A) aus und vermuten überdies, dass die Geräuschbelastung bei besserem Wetter im Messzeitraum noch höher ausgefallen wäre, der erfasste Beurteilungspegel also „nicht die Maximalbelastung“ darstelle. Darüber hinaus waren die Mikrofone zur Lärmmessung teilweise im 2. und 3. Obergeschoss installiert, so dass für die Lärmwerte auf Erdgeschossniveau zusätzlich von einer Erhöhung des Beurteilungspegels von 1 bis 1,5 dB(A) pro Stockwerk ausgegangen werden muss. Nach alledem kann dahinstehen, ob die von den Antragstellern geltend gemachten Einwände - insbesondere auch die zwischenzeitliche Zunahme der Anzahl der Gaststätten im Geltungsbereich der Verordnung - gegen das Lärmgutachten durchgreifen, da jedenfalls bereits nach den getroffenen Feststellungen von einer massiven Überschreitung der betreffenden Immissionsrichtwerte auszugehen ist.
41 
Nach den im Gutachten getroffenen Feststellungen entspricht die „aktuell in der Kernaltstadt vorgefundene Geräuschsituation derjenigen von Gewerbe- und Industriegebieten“ und stellt eine erhebliche Lärmbelästigung - und damit schädliche Umwelteinwirkungen i.S. der §§ 3, 22 BImSchG - für die Anwohner dar. Sowohl der vom Gutachten gemessene Durchschnittspegel als auch die ermittelten Lärmspitzen überschreiten die in der TA-Lärm nach dem Gebietscharakter zulässigen Richtwerte in einem Ausmaß, das den Betroffenen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sozialadäquanz zumutbar ist.
42 
In der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.05.1996 - 4 B 50.96 - NVwZ 1996, 1001, juris Rn. 7; Urteil vom 02.09.1996 - 4 B 152.96 - NVwZ 1997, 390, juris Rn. 6; vgl. auch Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 22 Rn. 36 m.w.N.) ist geklärt, dass der Begriff der Sozialadäquanz keine eigenständige Maßstabsfunktion erfüllt, der Kreis der zumutbaren Emissionen hierdurch weder erweitert noch verengt wird. Der Begriff der Sozialadäquanz dient in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich als Differenzierungsmerkmal, das es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ermöglicht, der jeweiligen Art der Störung Rechnung zu tragen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich der Grad der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit nicht losgelöst von allgemeinen Wertungen - insbesondere unter Berücksichtigung des sozial Üblichen und Tolerierbaren -, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben, abstrakt festlegen und an einem starren Lärmwert ablesen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 – 6 B 12.03 – GewArch 2003, 300, juris Rn. 14).
43 
Unter diesem Aspekt ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei der Heidelberger Altstadt seit jeher um ein beliebtes Ausgehviertel v.a. für die zahlreichen Touristen und Studenten der traditionsreichen Universitätsstadt handelt. Außerdem sorgen auch die baulichen Gegebenheiten für eine Verstärkung des Lärms. Durch die vielen schmalen Gassen mit höherer Bebauung verstärkt sich der Lärm teilweise durch einen sog. „Trichtereffekt“. Die Einhaltung der Lärmrichtwerte von 45 db(A) für die Nachtzeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr erscheint daher nicht realistisch und wird von den Antragstellern überdies auch gar nicht eingefordert. Allerdings reicht dies alleine nicht aus, das für gewerbliche Betriebe dieser Art einschlägige Regelwerk der TA-Lärm außer Kraft zu setzen, ohne dass dieses zumindest berücksichtigt würde.
44 
Zu beachten ist daher, dass Lärmeinwirkungen außerhalb der Sperrzeiten in der Nachtzeit vor dem Hintergrund eines öffentlichen Bedürfnisses nach Bewirtungsangeboten differenziert betrachtet werden müssen: Je weiter die Nacht fortgeschritten ist, desto größer wird das Interesse an der Wahrung der Nachtruhe. Berücksichtigt werden muss, dass ein wie hier um (mehr als) 10 dB(A) erhöhter Lärmpegel für weite Teile der Nachtzeit in der Regel als Verdoppelung der Lautstärke empfunden wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204, juris Rn. 75; Ulrich, DVBl. 1985, 1159 (1160); Tegeter, UPR 2000, 99 (100)). In der Rechtsprechung (Bay. VGH, Urteil vom 05.03.1996 - 20 B 92.1055 - NVwZ-RR 1997, 159, juris Rn. 52) ist anerkannt, dass bei Außenpegeln von 60 dB(A) zur Nachtzeit, denen bei Normalfenstern in gekipptem Zustand Innenpegel von ca. 45 dB(A) und in geschlossenem Zustand der Fenster von 36 dB(A) korrespondieren, die theoretische „Aufweck"-Grenze erreicht wird und langfristig Gesundheitsgefährdungen nicht auszuschließen sind. Hiermit übereinstimmend wird in der Rechtsprechung (OVG Berlin, Urteil vom 17.03.1999 - 2 S 6.98 - GewArch 2000, 171, juris Rn. 34; Bay. VGH, Urteil vom 05.12.1997 a.a.O., juris Rn. 53) auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, bei deren Erreichen auch das sich aus § 34 Abs. 1 BauGB ergebende Rücksichtnahmegebot verletzt ist, in allgemeinen Wohngebieten zur Nachtzeit bei Mittelungspegeln von 60 dB(A) und in Kern- und Mischgebieten - wie hier - zur Nachtzeit bei 62 dB(A) angesetzt. Diese Zumutbarkeitsschwelle wird im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung - wie oben ausführlich dargestellt – in der gesamten Nachtzeit größtenteils überschritten, was eine so nachhaltige Störung der Nachtruhe der Anlieger zur Folge hat, dass sie von diesen nicht uneingeschränkt hingenommen werden muss.
45 
Eine Differenzierung der Sperrzeiten zwischen den Nächten unter der Woche und den Wochenenden erscheint jedoch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die meisten Anwohner am Wochenende nicht früh aufstehen müssen und die Nachtruhe unter der Woche einen höheren Stellenwert genießt als am Wochenende, aus Gründen der Sozialadäquanz vertretbar.
46 
Aus dem Gesagten folgt, dass es jedenfalls in den Nächten unter der Woche den Anwohnern in der Heidelberger Altstadt nicht zumutbar ist, Lärm im Zusammenhang mit dem Besuch der Gaststätten bis um 3:00 Uhr in der Nacht zu ertragen. Das gleiche gilt für die Situation am Wochenende. Bei einer Sperrzeit ab 5:00 Uhr ist davon auszugehen, dass die gesundheitsgefährdenden Überschreitungen der Immissionsrichtwerte bis in die frühen Morgenstunden andauern und so den Anwohnern keine ausreichenden Ruhepausen verbleiben. Daraus folgt, dass bei (unterstellter) Beibehaltung der landesgesetzlichen Sperrzeitregelung von einer erheblichen Beeinträchtigung der Belange des Gemeinwohls auszugehen ist, so dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Sperrzeit hier vorliegen.
47 
b) Diesem Auftrag ist der Gemeinderat der Antragsgegnerin zwar nachgekommen, indem er die Sperrzeit in den Nächten unter der Woche (außer in der Nacht zum Donnerstag) von 2:00 Uhr bis 6:00 Uhr und in den Nächten zum Samstag und Sonntag von 4:00 Uhr bis 6:00 festgelegt und damit jeweils um eine Stunde im Vergleich zur landesgesetzlich vorgesehenen Regelung verlängert hat. Die Verlängerung um eine Stunde ist jedoch insbesondere mit Blick auf das eingeholte Lärmgutachten nicht hinreichend, da die schützenswerten Interessen der Anwohner im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Im Ergebnis wird durch die Regelung in der Sperrzeitverordnung das der Gemeinde eingeräumte Rechtssetzungsermessen rechtswidrig ausgeübt.
48 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts kommt es bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen, soweit keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive dessen an, der an ihrem Erlass mitwirkt. Soweit der Normgeber zur Regelung einer Frage befugt ist, ist seine Entscheidungsfreiheit eine Ausprägung des auch mit Rechtssetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Es wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zweckes der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Demgemäß beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle darauf, ob diese äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis überschritten sind. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung des Abwägungsvorgangs des Normgebers setzt daher bei untergesetzlichen Normen eine besonders ausgestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven voraus, wie sie etwa im Bauplanungsrecht vorgegeben sind. Sind solche - wie hier - nicht vorhanden, wird die Norm nicht wegen Mängeln im Abwägungsvorgang rechtswidrig. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens den anzulegenden rechtlichen Maßstäben entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.06.1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - BVerfGE 45, 142; BVerwG, Urteil vom 26.04.2006 – 6 C 19.05 – BVerwGE 125, 384, juris Rn. 16; zum Ganzen s.a. Beschlüsse vom 03.05.1995 - 1 B 222.93 - GewArch 1995, 425, juris Rn. 5 und vom 30.04.2003 - 6 C 6.02 - BVerwGE 118, 128, juris Rn. 66).
49 
Zweck der gesetzlichen Ermächtigung zur Regelung der Sperrzeit ist der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere der Schutz der Nachtruhe, der Volksgesundheit, die Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs und der Arbeitsschutz (BT-Drs. V/205, S. 17; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 18 Rn. 12). Aus dieser Zwecksetzung lassen sich auch die grundrechtlich geschützten Interessen ableiten, die untereinander abzuwägen sind: In Einklang zu bringen waren hier vom Verordnungsgeber kollidierende Grundrechte der Anwohner – insbesondere der Schutz der Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) -, die Berufsfreiheit der Gastronomen (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie die allgemeine Handlungsfreiheit der Gaststättenbesucher (Art. 2 Abs. 1 GG). Überdies muss die Verordnung dem aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG und den einzelnen Grundrechten folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.
50 
Gemessen an diesem Zweck ist die Sperrzeitverordnung nicht verhältnismäßig, da sie ersichtlich die Belange der Anwohner zu gering gewichtet und im Ergebnis deren Grundrecht auf Gesundheit nicht ausreichend beachtet. Aus dem von der Antragsgegnerin eingeholten Lärmgutachten ergibt sich, dass in der Nachtzeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr weit über den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm liegende Lärmwerte zu verzeichnen sind.
51 
In den Nächten unter der Woche - Nächte zum Montag bis Freitag – lagen in der Zeit von 1:00 bis 3:00 Uhr die konkreten Überschreitungen der Richtwerte des Taktmaximalmittelungspegels bei bis zu 29 db(A), wobei der höchste Wert (84 dB(A)) in der Nacht zum Freitag, morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ gemessen wurde. Eine Überschreitung des ausgewiesenen Maximalpegels von 65 dB(A) lag an Wochentagen in der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr an allen Immissionspunkten außer M05 vor. Der Spitzenwert von 27 dB(A) wurde am Messpunkt M01 „Untere Straße“ in der Nacht zum Freitag zwischen 1:00 bis 2:00 Uhr morgens gemessen. Die Messungen und Lärmberechnungen in den Nächten zum Samstag und Sonntag (Wochenende) haben ergeben, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der Kernaltstadt in der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr bis zu 31 db(A) und in der Zeit von 3:00 bis 5:00 Uhr bis zu 27 dB(A) überschritten wurde, wobei der höchste Wert in der Nacht zum Sonntag morgens um 1:00 bis 2:00 Uhr am Immissionsmesspunkt M01 „Untere Straße“ (76 dB(A)) und zwischen 3:00 und 4:00 Uhr (73 dB(A)) gemessen wurde. Die Überschreitungen des Maximalpegels von 65 dB(A) für Kern-/Mischgebiete lagen an Wochenenden in der Nacht von 23:00 bis 6:00 Uhr im Mittel bei 11 bis 26 dB(A). Zwischen 1:00 Uhr und 3:00 Uhr wurden am Immissionspunkt M01 („Untere Straße“) Spitzenwerte von 91 dB(A) gemessen, in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr von 90 dB(A). An den anderen Immissionspunkten lagen die Messergebnisse knapp unter diesen Werten. Die Grenze, ab der Gesundheitsgefahren für die Anwohner zu erwarten sind, wird in der Nacht um 2:00 Uhr bzw. 4:00 Uhr am Wochenende jeweils weit überschritten.
52 
Wie vorstehend (siehe 1.) ausgeführt, steigt die Schutzwürdigkeit der Anwohner und ihr Bedürfnis nach Einhaltung der Nachtruhe, je weiter die Nacht fortgeschritten ist, Differenzierungen für die Nächte am Wochenende sind möglich. Bei den hier gemessenen Lärmwerten ist aufgrund des anhaltenden Lärms in der Nacht von negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner auszugehen. Zwar hat die Antragsgegnerin die landesgesetzlich vorgesehene allgemeine Sperrzeit an allen Tagen außer donnerstags je um eine Stunde verlängert, jedoch liegen die um 2:00 Uhr werktags und um 4:00 Uhr am Wochenende gemessenen Lärmwerte im Gebiet der Sperrzeitverordnung so erheblich über den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm, dass durch die streitgegenständliche Regelung im Ergebnis das immissionsschutzrechtliche Regelungskonzept unterlaufen wird, das den Schutz der Nachtruhe gewährleisten und die Verhinderung von Gesundheitsschäden durch Lärmeinwirkungen vermeiden soll.
53 
Aus alledem ergibt sich, dass die Interessen der Anwohner in der Sperrzeitregelung ersichtlich in zu großem Maße zurückstehen mussten, während die Belange der Touristen und der Gastronomen in der Norm zu große Berücksichtigung fanden. Die Grundrechte der Touristen und sonstigen Gaststättenbesucher sind nur punktuell und zeitlich eng auf deren Visite in Heidelberg begrenzt. Die Interessen der Gastronomen berühren zwar erhebliche Belange ihrer Berufsausübungsfreiheit, halten sich aber dennoch im Rahmen eines geschäftlichen Erwerbs- und Umsatzinteresses, das schon seiner Natur nach von vielen Marktbedingungen bestimmt wird. Von der Berufsfreiheit geschützt werden aber nicht bestimmte Marktsituationen, sondern nur die ungehinderte Berufsausübung an sich. Trotz der zweifelsfreien Berührung der Grundrechte von Touristen, sonstigen Gaststättenbesuchern und Gastronomen wiegt hier das Grundrecht der Anwohner aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erheblich schwerer. Störungen der Nachtruhe sind in der Regel durch den dadurch verursachten Schlafentzug auch Störungen oder zumindest Gefährdungen der Gesundheit. Je weiter sie sich in die Nacht hinein erstrecken, desto größer wird ihr Störpotenzial. Hier entfaltet sich der Lärm nicht nur an einzelnen Tagen bis spät in die Nacht, sondern über alle sieben Tage der Woche.
54 
Um die Vorgaben des BImSchG zu erfüllen, bliebe der Antragsgegnerin hier einzig die Möglichkeit, den für die Lärmentwicklung im Wesentlichen verantwortlichen Betrieben im Wege der Einzelverfügung eine Sperrzeitverlängerung aufzuerlegen. Dies jedoch wäre mit dem Sinn einer Rechtsverordnung, Sperrzeiten abstrakt und generell für ein bestimmtes Gebiet festzusetzen, nicht zu vereinbaren. Die getroffene abstrakte Regelung wird dem Zweck der Ermächtigung jedoch nicht gerecht. Die Verlängerung der Sperrzeit an allen Tagen (außer in der Nacht zum Freitag) ist daher wegen Unterschreitens der gesetzlichen Mindestanforderungen rechtswidrig. Es obliegt der Antragsgegnerin, eine Regelung zu schaffen, die die kollidierenden Interessen in einen sachgerechten Ausgleich bringt.
55 
2. Die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Sperrzeit durch die Rechtsverordnung gem. § 11 GastVO in der Nacht zum Freitag auf 4:00 Uhr liegen nicht vor, da dieser ebenfalls Belange des Gemeinwohls entgegenstehen.
56 
Wie zuvor unter 1. ausgeführt, kann gem. § 11 GastVO bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die in § 9 GastVO festgelegte allgemeine Sperrzeit durch Rechtsverordnung auch allgemein verkürzt werden.
57 
Dahinstehen kann hier, ob der Vortrag der Antragsgegnerin, in der Heidelberger Altstadt bestehe in der Nacht zum Freitag ein öffentliches Bedürfnis an verkürzten Sperrzeiten, da viele der in Heidelberg lebenden Studierenden „jedenfalls nach Beobachtung der Gemeinderäte“ bereits die Nacht zum Freitag als Vorstufe oder gar als Teil des Wochenendes betrachteten, insbesondere weil in dieser Nacht weniger Touristen als am Wochenende in der Altstadt anzutreffen seien, zutrifft und ob diese tatsächlichen Umstände überhaupt ein öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 11 GastVO begründen könnten. Denn die Verkürzung der Sperrzeit abweichend von der landesgesetzlichen Regelung um eine Stunde widerspricht jedenfalls den schützenswerten Belangen des Gemeinwohls (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157, juris Rn. 26; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 18 Rn. 26). Wie oben unter 1. dargestellt wurde, liegen die gemessenen Lärmwerte in dem Gebiet der SperrVO zur Nachtzeit – schon während der landesgesetzlich vorgesehenen Sperrzeiten - weit über den von der TA-Lärm vorgegebenen Immissionsrichtwerten. Diese Richtwerte wurden nach den Messprotokollen und dem Lärmgutachten für Donnerstage im Messzeitraum in der Zeit von 23:00 bis 3:00 Uhr um 13 bis 29 dB(A) überschritten, die Überschreitung des Maximalpegels lag bei 16 bis 21 dB(A). Diese gemessenen Lärmwerte können auch nicht als sozialadäquat und damit zumutbar eingestuft werden. Lässt sich unter der Woche schon ein Sperrzeitbeginn um 3:00 Uhr vor dem immissionsschutzrechtlichen Regelungskonzept nicht rechtfertigen, so widerspricht ein Sperrzeitbeginn um 4:00 Uhr erst Recht den Belangen des Gemeinwohls. Die Nachtruhe in der Nacht zum Freitag – einem normalen Werktag - ist gegenüber den Anwohnern nicht weniger schutzwürdig, als an den anderen Tagen unter der Woche. Diese nachhaltige Störung der Nachtruhe der Anwohner muss von diesen nicht hingenommen werden.
58 
Die Verkürzung der Sperrzeit in der Nacht zum Freitag, abweichend von der landesgesetzlichen Regelung auf lediglich zwei Stunden, verstößt damit gegen Gemeinwohlbelange. Ein öffentliches Bedürfnis an dem Abweichen von der landesgesetzlichen Regelung besteht daher nicht, die Verordnung ist insoweit schon wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm des § 11 GastVO unwirksam.
59 
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind nach alledem begründet. Die Sperrzeitverordnung vom 20.12.2016 ist für unwirksam zu erklären.
60 
Der Antragsgegnerin obliegt, sich um eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation für die im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung wohnenden Menschen zu bemühen (Bay. VGH, Urteil vom 25.01.2010 – 22 N 09.1193 – juris Rn. 37). Die abstrakte Festlegung der Sperrzeiten ist Sache des Gemeinderats. Er hat insoweit ein normgeberisches Ermessen, wie er die widerstreitenden Interessen von Anwohnern, Gastwirten und Nutzern der Gaststätten in Ausgleich bringen möchte.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
62 
Beschluss vom 6. März 2018
63 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 54.4 des Streitwertkatalogs 2013 auf 22.500 Euro (je 7.500 Euro pro Antragsteller) festgesetzt.
64 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, in deren Rahmen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung der in der Begründung dieses Rechtsmittels vorgebrachten Gesichtspunkte beschränkt ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht entsprochen.

Zutreffend weist die Beschwerdebegründung allerdings darauf hin, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage des Antragstellers nicht damit begründet werden kann, er werde durch die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beeinträchtigt. Denn da der Antragsteller nicht mehr in der G.-straße wohnt, scheidet bereits die Möglichkeit einer geräuschbedingten Beeinträchtigung seiner Gesundheit als Folge der durch diesen Verwaltungsakt zugelassenen Handlungen aus.

Dessen ungeachtet besitzt der Antragsteller die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Auf der Grundlage der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nur möglichen, aber auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist darüber hinaus davon auszugehen, dass er durch die Gestattung vom 1. September 2014 in einem subjektiven Recht verletzt wird, wie das nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Voraussetzung für den Erfolg einer diesen Verwaltungsakt betreffenden Anfechtungsklage ist. Denn der Antragsteller ist (Mit-)Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44. Allen derzeit erkennbaren Umständen nach wird sein Grundrecht auf Eigentum durch die Geräuschbelastung, die als Folge des verfahrensgegenständlichen Bescheids zu erwarten steht, entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht lediglich nach Maßgabe der Gesetze eingeschränkt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter.

Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarass, a. a. O. Rn. 55 ff. m. w. N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich den Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzung zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinn von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan 001 dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise und u. a. nur dann zulässig, wenn „die Wohnnutzung … in der Nachbarschaft nicht gestört wird“.

Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann - auch im Licht des Beschwerdevorbringens - nicht ernsthaft bezweifelt werden.

Allerdings wendet sich die Antragsgegnerin zu Recht gegen eine „schematische“ Anwendung der TA Lärm. Eine unmodifizierte Anwendung der TA Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offenbleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U. v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32). Hinzukommt, dass die Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen ggf. anheben zu können (vgl. BR-Drucks. 254/98, S. 47). Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a. a. O. Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.

Auch andere Regelwerke stehen zur Beurteilung der Geräusche, denen sich die Anwesen des Antragstellers als Folge der verfahrensgegenständlichen Gestattung ausgesetzt sehen werden, nicht zur Verfügung. Nicht einschlägig ist insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass vorliegend eine analoge Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Betracht kommt; nicht dargelegt wurde namentlich das Bestehen einer (absichtlichen oder planwidrigen) Regelungslücke. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (ähnlich Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, § 1 18. BImSchV Rn. 29).

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz im Mai 1995 als Muster-Verwaltungsvorschrift verabschiedete sog. „Freizeitlärm-Richtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst.

Im Rahmen der nach alledem gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise fällt ausschlaggebend ins Gewicht, dass die Lärmbelastung, die aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung resultieren wird, angesichts eines von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels während der Nachtzeit von bis zu 74 dB(A) derart hoch ist, dass sie das Maß dessen, was Betroffenen in dem konkreten Gebiet zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Hierbei kann nicht außer Betracht bleiben, dass alle vorgenannten Regelwerke davon ausgehen, selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht in jener besonderen Weise als schutzbedürftig ausgestaltet wurde, wie das durch den Bebauungsplan 001 geschehen ist, werde das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von der Art, wie sie für den 19. September 2014 ab 22.00 Uhr prognostiziert wurden, auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Angesichts der Geräuschbelastung, der sich die Anlieger der G.-straße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend ausgesetzt sehen, vermag hieran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Gestattung vom 1. September 2014 lärmträchtige Betätigungen nur während einer einzigen Nacht zulässt.

Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Vorschrift des § 6 der 18. BImSchV bezieht, ist diese Norm ebenso wenig unmittelbar oder entsprechend anwendbar, wie das aus den dargestellten Gründen für die Sportanlagenlärmschutzverordnung in ihrer Gesamtheit gilt. Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt. Nach der Aufstellung, die der Antragsteller der Beschwerdeerwiderung vom 16. September 2014 beigefügt hat und der die Antragsgegnerin in ihrer Replik vom 17. September 2014 nicht entgegengetreten ist, finden in der G.-straße (bzw. in ihrem näheren Umfeld) Veranstaltungen, die mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner einhergehen, vielmehr in großer Zahl und in engen zeitlichen Abständen statt (vgl. zu dem Erfordernis, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit besonders geräuschintensiver Veranstaltungen auch die Gesamtbelastung, die sich für ein Grundstück durch andere Störereignisse ergibt, sowie die zwischen ihnen liegenden Abstände zu berücksichtigen, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32).

Einer Abänderung bedarf der angefochtene Beschluss entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht unter dem Blickwinkel der erforderlichen Bestimmtheit. Die vom Verwaltungsgericht wiederhergestellte aufschiebende Wirkung hat eindeutig zur Folge, dass die Beigeladenen aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung keine Befugnisse herleiten können. Die Rechtslage stellt sich vielmehr so dar, wie sie bestünde, wäre dieser Verwaltungsakt nicht erlassen worden. Der Umfang der gaststättenrechtlichen Befugnisse der Beigeladenen bestimmt sich deshalb nach Maßgabe der ihnen erteilten Erlaubnisse einschließlich der hierfür geltenden Nebenbestimmungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt haben und sie von ihrer Interessenlage zudem als im Lager der unterlegenen Antragsgegnerin stehend anzusehen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - geändert.

Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst: Die Kläger zu 1, zu 2, zu 3 und zu 6 tragen jeweils ein Fünftel, die Kläger zu 4 und zu 5 als Gesamtschuldner ebenfalls ein Fünftel der Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens beim Verwaltungsgericht, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Nutzung einer historischen Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen.
Die beigeladene Gemeinde ist Eigentümerin des im Ortsteil Stetten gelegenen Grundstücks xxx, das mit einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kelter („Glockenkelter“) bebaut ist. Die Kläger sind Eigentümer von mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken, die sich in einem Abstand von 15 m bis ca. 80 m zur Glockenkelter befinden. Das 55 m entfernt gelegene Grundstück des Klägers zu 6 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „An der Weinstraße“ der Beigeladenen, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Grundstücke der übrigen Kläger befinden sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Das Grundstück xxx und die Glockenkelter wurden von der Beigeladenen zuletzt für den kommunalen Bau- und Wertstoffhof genutzt. Am 7.4.2009 beantragte sie beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Kelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen. Die Kläger zu 1 bis 6 wurden als Angrenzer benachrichtigt und erhoben Einwendungen u.a. wegen der Lärmbelästigung durch Veranstaltungen und den Parkverkehr.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20.7.2010 eine Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Glockenkelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich einer Außenbewirtschaftung und der Anlage von zwei Behindertenparkplätzen. Zum Lärmschutz enthielt die Baugenehmigung u.a. folgende besondere Auflagen:
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt. Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf längstens bis 22:00 Uhr betrieben werden. An Sonn- und Feiertagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. An Werktagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftungsfläche bis zu 200 Personen zulässig.
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu zehn Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung ohne die in Nr. 1 und 2 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Hierbei dürfen für die Immissionsorte IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
10 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
11 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig. (…)
12 
Bei Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen, die von deutlich hervortretender Musik begleitet werden, sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten; ab 20:00 Uhr bei allen Veranstaltungen.
13 
Die Kläger legten am 9.8.2010 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und brachten zur Begründung u.a. vor, es sei nicht berücksichtigt worden, dass während und nach den Veranstaltungen mit einem verstärkten Geräuschpegel durch alkoholisierte Besucher zu rechnen sei, die sich im Freien aufhielten. Die festgelegten Auflagen zum Lärmschutz seien nicht durchsetzbar und ungeeignet. Bei den Veranstaltungen sei von einem Festcharakter auszugehen, so dass der Geräuschpegel schon von vornherein höher sein werde. Außerdem müssten Lärmbelastungen durch Park- und Parksuchverkehr mit berücksichtigt werden, weil die zur Glockenkelter gehörigen Stellplätze recht weit entfernt seien.
14 
Während des Widerspruchsverfahrens änderte das Landratsamt mit Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 die besonderen Auflagen zum Lärmschutz dahingehend, dass in Ziff. 01 ein Hinweis auf die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie eingefügt und auf die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 verwiesen wurde. Außerdem wurde eine Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht, nach der folgende Veranstaltungen zulassen werden sollen:
15 
-Weinverköstigungen und Degustationen
16 
-Sonderveranstaltungen von örtlichen Weingärtnern, Gastronomen und ortsansässigen Firmen,
17 
-Kommunale Veranstaltungen, insbesondere Informationsveranstaltungen für Bürger, Bürgerempfänge, Gemeinderatssitzungen
18 
-Ausstellungen
19 
-Seminare und Schulungen
20 
-Vortragsangebote
21 
-Altennachmittage
22 
-Lesungen
23 
-Vereinsveranstaltungen und -versammlungen
24 
-Jubiläen und Weihnachtsfeiern
25 
-Geburtstage und Familienfeiern
26 
-standesamtliche Trauungen - nicht Hochzeiten
27 
-kulturelle Veranstaltungen
28 
Die Glockenkelter werde für Veranstaltungen der Gemeinde, der örtlichen Schulen, der örtlichen Musikschule, der örtlichen Kunstschule und der Volkshochschule xxx sowie der ortsansässigen Vereine zur Verfügung gestellt. Daneben seien weitere Nutzungen im gewerblichen Bereich, insbesondere durch ortsansässige Weinbetriebe und Gastronomie sowie durch ortsansässige Firmen möglich. Private Nutzungen durch Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde würden nur eingeschränkt (maximal 15 im Jahr) zugelassen, Nutzungen durch nicht Ortsansässige nur in Ausnahmefällen (maximal 5 im Jahr).
29 
Die Kläger legten gegen die Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 am 14.2.2011 Widerspruch ein, ebenso gegen Nachtragsgenehmigungen des Landratsamts vom 28.6.2011 für eine veränderte Ausführung des Windfangs und vom 21.7.2011 für eine abweichende Ausführung der Rauchableitungsöffnungen an der hangseitigen Dachfläche der Glockenkelter. Über die Widersprüche wurde bisher nicht entschieden.
30 
Am 8.7.2013 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und geltend gemacht, die Umgebung der Glockenkelter sei als reines Wohngebiet einzustufen. Die Baugenehmigung sei den Nachbarn gegenüber rücksichtslos. Das Sachverständigengutachten xxx vom April 2009 berücksichtige nur den reinen Veranstaltungslärm aus der Kelter, aber weder Fahrzeuge noch Besucherbewegungen außerhalb des Gebäudes. Die Festsetzung von Obergrenzen für die Schallbelastung sei ungeeignet, weil während der laufenden Veranstaltung keine Begrenzung mehr möglich sei. Ebenso seien die Auflagen zur maximalen Personenzahl und zum Geschlossen halten der Türen und Fenster nicht kontrollierbar. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese befolgt würden, weil die Kelter keine Klimaanlage habe. Außerdem sei es rücksichtslos, die maximale Obergrenze von zehn seltenen Ereignissen nach der Freizeitlärm-Richtlinie voll auszuschöpfen. Mit der Zulassung einer Außenbewirtschaftung mit bis zu 200 Sitzplätzen sonntags außerhalb der Ruhezeit bewege sich die Genehmigung außerhalb der Vorgaben der schalltechnischen Untersuchung; dies müsse auf höchstens fünf Stunden, werktags innerhalb der Ruhezeiten sowie sonn- und feiertags auf eine Stunde begrenzt bleiben.
31 
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, dass dem Schutzbedürfnis der Kläger mit den geänderten Nebenbestimmungen im ergänzenden Bescheid vom 9.2.2011 ausreichend Rechnung getragen sei. Die Beigeladene hat geltend gemacht, bei der Umgebung der Glockenkelter sei weder von einem reinen noch von einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen, außerdem sei die bisherige Nutzung der Kelter als Bau- und Wertstoffhof als Vorbelastung zu berücksichtigen. Es sei davon auszugehen, dass die Nebenbestimmungen eingehalten würden, weil ein danach nicht erlaubtes Verhalten durch die Baugenehmigung nicht legalisiert werde.
32 
In der mündlichen Verhandlung am 29.6.2012 sind die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz vom Vertreter des Beklagten mit Zustimmung der Beigeladenen in mehreren Punkten geändert worden, so dass sie wie folgt gelautet haben:
33 
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte nach LAI-Freizeitlärmrichtlinie (NVwZ 1997, 469ff) außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
34 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
35 
Auf die schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 wird verwiesen.
36 
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt (…). Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
37 
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf bis längstens 22:00 Uhr betrieben werden. In der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. Musikveranstaltungen und Veranstaltungen mit Musik sind nicht zulässig. Ausnahmen ergeben sich aus Ziffer 03. An Sonn- und Feiertagen ist eine Außenbewirtschaftung in der Zeit außerhalb der Ruhezeiten (9 - 13 Uhr, 15 - 20 Uhr) längstens für 7 Stunden zulässig.
38 
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik ohne die in Nr. 01 und 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) dürfen davon an bis zu 5 Tagen im Jahr - unter Anrechnung auf die insgesamt 10 seltenen Ereignisse ohne die in Nr. 2 genannten Einschränkungen bis zu maximal 200 Personen tags zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden. Hierbei dürfen an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
39 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
40 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig.
41 
06  Bei lauten Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik (Blasmusik, Musikvereinskonzert, elektrisch verstärkte Musikinstrumente und ähnliche Veranstaltungen, Innenraumpegel L = 63 dB(A) bis L= 88 dB(A)) sind während der Veranstaltungen Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türe nördlich zum Hofbereich geöffnet werden. Bei allen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster nach 20:00 Uhr generell geschlossen zu halten.
42 
06 a)  Die Gemeinde Kernen hat in den jeweiligen Nutzungsverträgen mit den Veranstaltern durch Vereinbarung sicherzustellen, dass die Nebenbestimmungen / Besonderen Auflagen eingehalten werden.
43 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.6.2012 die Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsbescheids vom 9.2.2011 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung sei in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9.2.2011 und den Änderungen in der mündlichen Verhandlung bis auf die Nebenbestimmung Ziff. 03 für seltene Ereignisse rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lärmeinwirkungen durch die Kelter auf die Grundstücke der Kläger seien insgesamt nicht unzumutbar und begründeten keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die aufgehobene Nebenbestimmung zu den „seltenen Ereignissen“ sei aber zu unbestimmt und zu weit formuliert. Ihrem Sinn und Zweck nach sei sie immer dann anzuwenden, wenn Veranstaltungen die Voraussetzungen nach Ziff. 01 und 02 nicht einhielten. Damit seien diese Ereignisse aber weder vom Zeitpunkt her bekannt noch vorhersehbar. Ob eine Veranstaltung als seltenes Ereignis auf das Kontingent der zehn zulässigen seltenen Ereignisse anzurechnen sei, lasse sich dann aber erst durch eine Messung des Schalldruckpegels während der jeweiligen Veranstaltung feststellen. Das führe zu Unsicherheit bei den Anwohnern, ob jetzt ein seltenes Ereignis vorliege und ob dafür die vorgegebenen höheren Lärmwerte jeweils noch eingehalten oder bereits überschritten würden. Das sei nicht zumutbar. Wenn die zehn zugelassenen seltenen Ereignisse nicht hinreichend charakterisiert seien und es keine nachprüfbaren Kriterien für die Einordnung als seltenes Ereignis im Voraus gebe, sei ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht mehr gewährleistet.
44 
Die Beigeladene hat am 28.8.2012, das beklagte Land am 30.8.2012 die Zulassung der Berufung gegen das jeweils am 8.8.2012 zugestellte Urteil beantragt, soweit darin die Nebenbestimmung Ziff. 03 zur Zulässigkeit seltener Ereignisse aufgehoben worden ist. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 16.1.2014 verfolgen sie ihr Anliegen weiter.
45 
In der Berufungsverhandlung am 29.6.2016 und nochmals am 28.7.2016 hat das beklagte Land die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung vom 20.7.2010 erneut geändert, so dass sie nunmehr wie folgt lautet:
46 
03  (a) Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Kalenderjahr seltene Veranstaltungen (insbesondere Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit musikalischer Umrahmung) ohne die unter Ziff. 01 oder 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Seltene Veranstaltungen sind solche mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem und regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum).
47 
(b) Die Nachbarschaft im Einwirkungsbereich ist rechtzeitig, d.h. in der Regel mindestens 14 Tage vorher über Art, Dauer und Ende der Veranstaltung zu unterrichten - und zwar durch Bekanntgabe im Gemeinde-Mitteilungsblatt. Dabei ist vom Veranstalter ein Ansprechpartner samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und der für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss.
48 
(c) Seltene Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Hintergrundmusik mit Emissionspegel der Musik bis LWA=75 dB(A)) dürfen an maximal 5 Tagen im Jahr unter Anrechnung auf insgesamt maximal 10 Veranstaltungen (auch in der Glockenkelter) ohne die Ziff. 01 und Ziff. 02 genannten Einschränkungen mit maximal 200 Personen tagsüber zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden.
49 
Bei sämtlichen seltenen Veranstaltungen dürfen an den Immissionsorten IO1 bis IO5 vor den Fenstern im Freien folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
50 
- tags: 70 dB(A)
- nachts: 55 dB(A)
51 
Geräuschspitzen dürfen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts nicht überschreiten (vgl. Freizeitlärmrichtlinie vom 6.3.2015).
52 
(d) Diese Veranstaltungen dürfen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden.
53 
(e) In der Glockenkelter wird bei den seltenen Veranstaltungen zwischen lauten Musikveranstaltungen/lauten Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI von 83 bis 88 dB(A) einerseits und sehr lauten Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI = 89dB(A) bis 105 dB(A) andererseits unterschieden.
54 
Sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik müssen als solche bis 22:00 Uhr beendet sein. Eine Fortsetzung dieser Veranstaltungen nach 22:00 Uhr ohne sehr laute Musik ist möglich. Während diesen seltenen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türen nördlich zum Hofbereich geöffnet werden (vgl. Ziff. 06 des Ergänzungsbescheides vom 09.02.2011).
55 
(f) Die Gemeinde ist verpflichtet, bei elektronisch verstärkter Musik durch den Einsatz eines Pegelbegrenzers die Einhaltung der unter (e) genannten Innenraumpegel sicherzustellen.
56 
Die Kläger haben daraufhin ihre Klageanträge, soweit über diese noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, dahingehend geändert, dass sie die Aufhebung der der Baugenehmigung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 20.7.2010 beigefügten Nebenbestimmung Ziff. 03 nunmehr in der Fassung der Bescheide des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 29.6.2016 und 28.7.2016 begehren.
57 
Der Beklagte und die Beigeladene berufen sich darauf, dass die Freizeitlärmrichtlinie zwischenzeitlich zum 6.3.2015 geändert worden sei und die neue Fassung durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlen werde. Die Freizeitlärmrichtlinie sei auch in der aktuellen Fassung nach wie vor als Orientierungshilfe dafür heranzuziehen, was den Anwohnern zumutbar sei. Mit den am 29.6. und 28.7.2016 vorgenommenen Änderungen der Nebenbestimmungen sei den neuen Anforderungen der Richtlinie Rechnung getragen. Sie sei auch bei Veranstaltungen in Gebäuden heranzuziehen. Soweit die Kläger forderten, dass nur seltene Veranstaltungen über 22:00 Uhr hinaus dauern dürften, betreffe dies letztlich den Regelbetrieb; insoweit sei bereits rechtskräftig über die Zumutbarkeit entschieden.
58 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
59 
das Urteil des Veraltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - abzuändern und die Klagen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge insgesamt abzuweisen.
60 
Die Kläger beantragen,
61 
die Berufungen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge zurückzuweisen.
62 
Sie sind der Ansicht, die Freizeitlärmrichtlinie sei auf Veranstaltungsgebäude wie die Glockenkelter nicht anwendbar. Das ergebe sich sowohl aus der Beschreibung des Anwendungsbereichs in Ziff. 1 der Richtlinie als auch aus dem Wortlaut der Ziff. 4.4 für seltene Veranstaltungen. In beiden Formulierungen werde auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten und ähnliche Freizeitveranstaltungen abgehoben. Dennoch enthalte die Freizeitlärmrichtlinie hinsichtlich der Zumutbarkeit seltener Ereignisse Aspekte, die auch hier zu berücksichtigten seien, wie etwa die vorherige Ankündigung und die Benennung eines Ansprechpartners für Beschwerden. Die Erfahrung im vorliegenden Fall habe aber gezeigt, dass ein Ansprechpartner des Veranstalters nicht ausreiche, sondern dass es sich dabei um einen mit ortspolizeilichen Kompetenzen ausgestatteten und damit handlungsfähigen Mitarbeiter der Gemeinde handeln müsse. Außerdem sei zu fordern, dass grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22:00 Uhr hinausgehen dürfe, als seltenes Ereignis gelten müsse. In diesem Fall müssten dann bis 24:00 Uhr alle Stellplätze geräumt und alle Aufräum- und Abbauarbeiten abgeschlossen sein. Pro Jahr dürften nur zehn solcher seltener Ereignisse zulässig sein. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) über 50 bis maximal 200 Personen dürften nur an fünf Tagen im Jahr unter Anrechnung auf die zehn seltenen Ereignisse durchgeführt werden. Dabei müsse die Veranstaltung dann um 20:00 Uhr beendet und bis 22:00 Uhr die Parkplätze geräumt sowie Aufräum- und Abbauarbeiten beendet sein. Außerdem müsse der ruhende Verkehr rund um die Glockenkelter regelmäßig überwacht werden, bei den seltenen Ereignissen in jedem Einzelfall. Schließlich müsse die Gemeinde dreimal jährlich bei einem seltenen Ereignis Überwachungsmessungen durchführen, deren Ergebnisse dem Landrat übermitteln und unmittelbar nach Vorliegen veröffentlichen.
63 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Baugenehmigungsverfahrens, des Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (Az. 8 S 920/11) vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ebenso Bezug genommen wird wie auf die vorliegende Prozessakte.

Entscheidungsgründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wer ein Gaststättengewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis kann auch nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt werden.

(2) Der Erlaubnis bedarf nicht, wer

1.
alkoholfreie Getränke,
2.
unentgeltliche Kostproben,
3.
zubereitete Speisen oder
4.
in Verbindung mit einem Beherbergungsbetrieb Getränke und zubereitete Speisen an Hausgäste
verabreicht.

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen Geräuschimmissionen, die von einem benachbarten, als öffentliche Einrichtung gewidmeten Kultur- und Gemeindezentrum auf sein Wohngrundstück einwirken. Die Baugenehmigung für das Kultur- und Gemeindezentrum, gegen die der Kläger erfolglos geklagt hat, sieht u.a. Lärmschutzauflagen vor. Das Verwaltungsgericht gab der Unterlassungsklage statt und verurteilte die beklagte Gemeinde dafür zu sorgen, dass die Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums unter Einhaltung der tenorierten Lärmschutzauflagen erfolgt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Auflagen zur Klarstellung neu gefasst und für seltene Veranstaltungen höhere Beurteilungspegel vorgesehen; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II

2

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das trifft auf die von der Beschwerde formulierten Grundsatzfragen - ungeachtet dessen, ob die Begründung den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt - sämtlich nicht zu.

4

a) Die Frage,

Gilt für Gemeindezentren die Freizeitlärm-Richtlinie oder die TA Lärm?

würde sich - auch ungeachtet einer Bindungswirkung des im vorangegangenen gegen die Baugenehmigung gerichteten Baunachbarstreit ergangenen Urteils - in einem Revisionsverfahren so nicht stellen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass es - solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind - der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten bleibt, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. In diesem Zusammenhang können als Orientierungshilfe zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Lärmeinwirkungen auch technische Regelwerke herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz - nunmehr Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) - verabschiedeten und mehrfach fortgeschriebenen "Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche" (Freizeitlärm-Richtlinie, Stand 6. März 2015; vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 = juris Rn. 8 m.w.N.).

5

Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat - ebenso wie das von der Beklagten im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Schallschutzgutachten von Dipl.-Ing. R. vom 8. November 2010 - die Freizeitlärm-Richtlinie herangezogen, weil das mit den im Kultur- und Gemeindezentrum stattfindenden Veranstaltungen verbundene Lärmpotenzial dem Emissionscharakter der in der Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten Freizeitanlagen ähnlicher sei als dem der von der TA Lärm erfassten gewerblichen Anlagen. Gegen diese tatrichterliche Würdigung kann die Beklagte sich nicht mit einer Grundsatzrüge wenden. Abgesehen davon legt sie weder dar noch ist sonst ersichtlich, warum die im Wesentlichen auf (technischen) Anlagenlärm zugeschnittene TA Lärm als Orientierungshilfe geeigneter sein sollte. Vom Anwendungsbereich der TA Lärm sind nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen ausdrücklich ausgenommen (Nr. 1 Buchst. b).

6

b) Auch die Frage,

Sind seltene Ereignisse nur solche im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 2 LImSchG Rheinland-Pfalz?

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht hat in Ziffer 5 des Tenors und in den hierauf bezogenen Urteilsgründen (UA S. 15) unter Hinweis auf die Regelung Nr. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie ausdrücklich auf seltene Ereignisse abgestellt und dabei auf § 4 Abs. 5 Satz 2 des Landes-Immissionsschutzgesetzes (LImSchG) vom 20. Dezember 2000 (GVBl. S. 578, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 19. August 2014, GVBl. S. 194) Bezug genommen; soweit es § 5 LImSchG zitiert hat, handelt es sich dabei offensichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung. Die Ausfüllung des Begriffs des seltenen Ereignisses im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie, die keine Rechtsquelle darstellt, ist keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung und daher nicht revisibel (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 - BRS 71 Nr. 168 Rn. 4). Ob eine Veranstaltung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 LImSchG erfüllt, namentlich für ihre Durchführung ein öffentliches Bedürfnis besteht, betrifft ebenfalls die Anwendung und Auslegung nicht revisiblen Landesrechts. Auf die Auslegung von Nr. 6.3 der TA Lärm kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der Beschwerde schon deshalb nicht an, weil das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Einzelfallwürdigung die TA Lärm nicht herangezogen hat.

7

c) Aus diesem Grund wäre die Frage,

Ist Nr. 6.7 der TA Lärm in Fällen des § 34 Abs. 1 BauGB anwendbar?

in einem Revisionsverfahren ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht stützt seine Ausführungen zur Gemengelage nicht auf Nr. 6.7 der TA Lärm. Der Verweis der Beschwerde auf die unter Nr. 3 der Freizeitlärm-Richtlinie vorgesehene subsidiäre Geltung der TA Lärm führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Nr. 3 betrifft nur den zulässigen Rückgriff auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung festgelegt sind. Die vom Oberverwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen behandelten und in den tenorierten Auflagen Nr. 4 und 5 vorgesehenen Beurteilungspegel orientieren sich dagegen offenkundig an den in Nr. 4.1 Buchst. c und d sowie Nr. 4.4.2 Buchst. a, b und e der Freizeitlärm-Richtlinie vorgesehenen Werten. Das belegt schon die Verwendung des Begriffs "Ruhezeit", den die TA Lärm so nicht kennt (vgl. Nr. 6.5 der TA Lärm "Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit"). Ungeachtet dessen hat das Oberverwaltungsgericht - wie schon das Verwaltungsgericht - in den tenorierten Auflagen ohnehin nicht auf den errechneten Mittelwert von 43 dB(A), sondern - dem Antrag des Klägers entsprechend - auf den für die Beklagte günstigeren Nachtwert von 45 dB(A) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete abgestellt.

8

d) Die Frage,

Sind nachbarschützende Genehmigungsauflagen Anspruchsgrundlagen?

würde sich so formuliert nicht stellen, weil das Oberverwaltungsgericht den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch nicht auf die Schallschutzauflagen in der Baugenehmigung, sondern auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bzw. eine analoge Anwendung der §§ 1004, 906 BGB gestützt hat. Sofern sie in Wahrheit darauf zielt, ob der Nachbar in solchen Fällen nur einen Anspruch gegen die Genehmigungsbehörde auf bauaufsichtliches Einschreiten hat, lässt sie sich verneinen, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

9

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es einem lärmbetroffenen Nachbarn unbenommen ist, sein Rechtsschutzziel (Schutz vor Lärmimmissionen) sowohl mittels Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Einrichtung als auch im Wege einer Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Bauaufsichtsbehörde zu verfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 = juris Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Februar 1993 - V ZR 74/92 - BGHZ 122, 1 LS). Dies gilt nicht nur für die Fälle, in denen der Unterlassungsanspruch gegen den privaten Betreiber auf dem Zivilrechtsweg verfolgt werden muss, sondern auch dann, wenn für die Unterlassungsklage der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, weil es sich - wie hier - um eine von der Gemeinde betriebene öffentlich-rechtliche Einrichtung handelt.

10

e) Schließlich wäre auch die auf das im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Schallschutzgutachten von Dipl.-Ing. R. vom 8. November 2010 zielende Frage,

ob Gutachten gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden können,

in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Das Schallschutzgutachten ist Bestandteil der Baugenehmigung vom 10. November 2010; nach deren Inhalt sind insbesondere die in Abschnitt 7 des Gutachtens beschriebenen Schallschutzmaßnahmen zu beachten und einzuhalten (S. 2). Die vom Oberverwaltungsgericht gemäß §§ 133, 157 BGB vorgenommene Auslegung (UA S. 13 f.) betrifft folglich den Inhalt der Baugenehmigung. Entgegen der Auffassung der Beschwerde macht es insoweit keinen Unterschied, ob die Genehmigungsbehörde das Schallschutzgutachten oder Teile davon in die Baugenehmigung "einrückt" oder sich dessen Inhalt im Wege der Bezugnahme zu eigen macht. Dass die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB auf öffentlich-rechtliche Erklärungen, d.h. u.a. auf Verwaltungsakte, entsprechend anzuwenden sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 27 m.w.N.).

11

2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

12

a) Mit der Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, weil es ohne vorherige Ankündigung erst im Urteil von seinem Schreiben vom 30. Dezember 2016 abgerückt sei und so eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen habe, dringt die Beklagte nicht durch.

13

Der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung verbietet es, dass das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens und unter Berücksichtigung der Vielfalt der vertretenen Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - juris Rn. 16, 18 und vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 38 jeweils m.w.N.). Die Garantie des rechtlichen Gehörs kann deshalb auch dann verletzt sein, wenn das Gericht im Laufe des Verfahrens seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs in hinreichend eindeutiger Weise zu erkennen gegeben hat und dann - ohne vorherigen Hinweis - von dieser wieder abrückt, so dass dem Prozessbeteiligten ein Vortrag zur geänderten Auffassung nicht mehr möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 7 B 26.15 - AbfallR 2016, 250 = juris Rn. 11 m.w.N.).

14

Daran gemessen ist eine Überraschungsentscheidung hier nicht dargetan. Das Oberverwaltungsgericht war nicht gehalten, in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2017 ausdrücklich vom Inhalt seines Schreibens vom 30. Dezember 2016 abzurücken. Dieses Schreiben lässt nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich der Frage nach dem vollstreckungsfähigen Inhalt der Begriffe "lärmintensive Veranstaltungen" bzw. "lärmintensive Nutzungen" oder der Anwendbarkeit der TA Lärm bereits im Sinne der Beklagten festgelegt sei. Es dient lediglich zur Erläuterung des Beschlusses vom 20. Dezember 2016 über die Zulassung der Berufung und betont ausdrücklich, dass mit der Zulassung keine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung verbunden sei. Als Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer rechtlichen Bewertung scheidet es daher aus.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) verstoßen, weil es das von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Schallgutachten des Ingenieurbüros G. vom 28. August 2016 nicht gewürdigt hat.

16

Die Beschwerde legt schon nicht dar, dass es auf dieses Gutachten entscheidungserheblich ankommt. Es verhält sich dazu, ob die Auflage unter Nr. 7.3 des Schallschutzgutachtens von Dipl.-Ing. R. vom 8. November 2010, wonach die Außenbauteile lärmintensiv genutzter Räume nachts ständig geschlossen zu halten sind, aus schalltechnischer Sicht für die gesamte Veranstaltungszeit einschließlich Pausen gilt (S. 1). Diese Frage stellt sich schon deshalb nicht, weil die Baugenehmigung einschließlich des zu ihrem Bestandteil erklärten Schallschutzgutachtens von Dipl.-Ing. R. bestandskräftig geworden ist. Eine nachträgliche Auslegung der Schallschutzauflagen durch einen Drittgutachter, die der Sache nach auf eine formlose Änderung der Auflagen hinaus liefe, scheidet daher aus.

17

c) Ein Aufklärungsmangel liegt auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht keine Tatsachenfeststellungen zu den tatsächlichen Lärmbelastungen getroffen, sondern nur festgestellt hat, dass die Fenster und Oberlichter des Kultur- und Gemeindezentrums zur Nachtzeit geöffnet waren.

18

Die Beschwerde übersieht, dass der Unterlassungsanspruch des Klägers nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht davon abhängt, ob der Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrum nachweislich zu unzumutbaren Lärmbelästigungen geführt hat. Über die in den Schallschutzauflagen der Baugenehmigung festgesetzten Verhaltensanordnungen wird ein abstrakter Gefährdungstatbestand normiert, der den Schutz des Nachbarn vorverlagert. Das Verhaltensgebot gegenüber der Beklagten, die Außenbauteile lärmintensiv genutzter Räume nachts ständig geschlossen zu halten, wird seinem Zweck nur gerecht, wenn seine Durchsetzung unabhängig von den Auswirkungen im jeweiligen Einzelfall gewährleistet ist. Der Kläger muss daher nicht nachweisen, dass ein Verstoß gegen die gerade auch seinen Schutz bezweckenden Auflagen ihn konkret beeinträchtigt oder solche Beeinträchtigungen unmittelbar bevorstehen (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1996 - V ZR 335/95 - DVBl. 1997, 424 = juris Rn. 10). Vielmehr reicht aus, dass - wie das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts festgestellt hat - die Beklagte die Lärmschutzauflagen in der Vergangenheit nachweislich wiederholt nicht beachtet hat.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

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Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. August 2015 rechtswidrig war, soweit darin dem Beigeladenen die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung über 24 Uhr hinaus erlaubt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe von festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes sowie einer immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.

2

Die Klägerin wohnt auf dem mit einem Wohngebäude bebauten Grundstück Flurstück-Nr. …, „A-Straße ...“ in Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Haardt. Der Beigeladene ist Eigentümer der beiden nördlich der A-Straße gelegenen Grundstücke Flurstück-Nrn. … und …, die im Westen an die B-Straße angrenzen. Das Grundstück Flurstück-Nr. … ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem der Beigeladene auch sein ... Geschäft betreibt. Das südlich sich anschließende Grundstück Flurstück-Nr. … besteht aus einer Grünfläche mit mehreren Bäumen und Rasen. Östlich der beiden Grundstücke des Beigeladenen steht die protestantische Kirche. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Luftaufnahme des betroffenen Straßenabschnitts dienen (rot = Grundstück der Klägerin, gelb = Grundstücke des Beigeladenen):

3

Es folgt die Luftbildaufnahme

4

Im Ortsteil Haardt findet jährlich Anfang Mai das „Haardter Weinfest auf der Straße“ mit dem „Schubkarrenrennen“ statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Beklagte die Haardter „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“, bei dem Stücke eines überdimensionierten Zwetschgenkuchens verkauft werden und das „Quetschekern-Zielspucken“ angeboten wird. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 m langen Kerwemeile entlang des Mandelrings an verschiedenen Plätzen Musik und Pfälzische Spezialitäten angeboten.

5

Der Beigeladene beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Ausschankstelle auf seinen Grundstücken Flurstück-Nrn. … und …. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … stehen während des Festes mehrere Bierzeltgarnituren, vereinzelte Stehtische und die Ausschankstelle. Die zwei an der Hauswand des Gebäudes auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … angebrachten Lautsprecher sind vom Wohnhaus der Klägerin etwa knapp 35 m entfernt.

6

Für das „Haardter Weinfest auf der Straße“ im Mai 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes nach dem Gaststättengesetz am 8. Mai 2015 auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik an insgesamt sechs Tagen im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 bis maximal 24 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten, Musikinstrumenten und ähnlichen Geräten. Die Genehmigung wurde mit mehreren Nebenbestimmungen versehen.

7

Da sich die Klägerin in der Vergangenheit bei der Beklagten mehrfach über von der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Beklagte mit ihr die Durchführung von Lärmmessungen. Diese ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A).

8

Mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe für den Zeitraum vom 4. September 2015 bis zum 8. September 2015 im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der (protestantischen) Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis enthielt u.a. die folgende Auflage:

9

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

10

Die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilten Gestattung wurde mit Verfügung vom 31. August 2015 angeordnet.

11

Mit weiterem Bescheid vom 20. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Benutzung von Lautsprechern und Tonwiedergabegeräten zum Abspielen von Musik (CD) an seiner Ausschankstelle anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe. Das Abspielen von CD-Musik wurde unter I. des Bescheides für folgende Tage bis maximal 24 Uhr gestattet: Freitag, 4. September 2015, Samstag, 5. September 2015, Sonntag, 6. September und Montag, 7. September 2015. Die Genehmigung enthielt unter II. u.a. folgende Auflagen:

12

1. Zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sind die Geräuschemissionen der Verstärkeranlagen so zu begrenzen, dass der Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) nächstgelegener Wohngebäude bzw. in angrenzenden Wohngebieten folgende Werte nicht überschreitet: In den unter Ziffer I. dieser Verfügung genehmigten Zeiten 70 dB(A), Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags einhalten. Zum Immissionsort wurde folgendes geregelt: Maßgeblicher Immissionsort für die Einhaltung des Grenzwertes ist entsprechend der schutzwürdigen Nutzung in der Nachbarschaft vor dem Fenster des Anwesens 67433 Neustadt, A-Straße …, sofern sich die Anwohnerin mit einer Lärmmessung vor Ort einverstanden erklärt, ansonsten vor dem Anwesen 67433 Neustadt, A-Straße …

13

2. Die Beschallungstechnik ist so auszurichten, dass das Anwesen Am Bürgergarten 2 so wenig wie möglich beschallt wird. Insbesondere ist auf eine Reduzierung der abgestrahlten tiefen Frequenzanteile hinzuwirken (z.B. durch Minimierung einzelner nicht relevanter Terzen).

14

3. Vor Beginn der Veranstaltungen ist die Beschallungsanlage so einzupegeln, dass der o. g. Immissionsrichtwert (Ziffer II Nr. 1) eingehalten wird. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken. Die ermittelten Schalldruckpegel und Beurteilungspegel sind zu dokumentieren.

15

4. Um sicherzustellen, dass der Immissionsrichtwert eingehalten wird, hat die für die Veranstaltung verantwortliche Person während den Veranstaltungen stündliche Messungen am Emissionsort vorzunehmen. Als Emissionsort wird der Standort in 1 Meter Abstand zur hauptangesteuerten Lautsprecherbox festgelegt. Welcher Grenzwert am Emissionsort einzuhalten ist, wird dem Veranstalter in Abstimmung mit der Einmessung durch den Kommunalen Vollzugsdienst vorgegeben. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken.“

16

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert. Im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung sei für die Musikdarbietungen bis 23 Uhr bzw. 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) bezogen auf den Beurteilungszeitraum für den Tag zugelassen worden.

17

Am 27. August 2015 legte die Klägerin gegen die dem Beigeladenen erteilten Genehmigungen vom 4. und 20. August 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, der Ausschank an dieser Örtlichkeit in unmittelbarer Nähe zum allgemeinen Wohngebiet führe mit und ohne Musik stets zu unangemessenen Lärmbelästigungen. Ihr Anwesen sei am stärksten von den Lärmbelästigungen betroffen. Der Beigeladene halte sich auch nicht an die vorgegebenen Zeiten. Auch beim Weinfest 2015 habe der Beigeladene die zugelassenen Zeiten überzogen. Der Ansicht der Beklagten, Weinfeste und Kerwen gehörten zu den sehr seltenen Festen, sei zu widersprechen. Laut Freizeitlärmrichtlinie seien Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Es gebe zahlreiche Ausschankstellen beim Haardter Weinfest und der Woi- und Quetschekuchekerwe. Eine Unvermeidbarkeit sei nicht gegeben. Da die Beklagte den Ausschank des Beigeladenen erneut genehmigt habe, möge sie begründen, warum hierauf im Bereich der Kirche nicht verzichtet werden könne.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2015, der Klägerin zugestellt am 7. November 2015, wies der Stadtrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin als offensichtlich unzulässig zurück, da die Verwaltungsakte sich erledigt hätten.

19

Die Klägerin hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die Ausnahmegenehmigung auch mit den Nebenbestimmungen zum Schutz der Nachbarschaft rechtswidrig sei. Es sei nicht dafür Sorge getragen worden, dass die Musikwiedergabe zu den angegebenen Zeiten tatsächlich enden würde.

20

Zwar erkenne die Rechtsprechung in einzelnen Fällen bestimmter Ereignisse als „sehr seltene“ Ereignisse wegen Herkömmlichkeit, Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft und sozialer Adäquanz trotz der damit verbundenen Belästigungen für die Nachbarschaft als zumutbar an. Die Zahl dieser sehr seltenen Ereignisse dürfe aber fünf pro Jahr nicht übersteigen. Auch seien die maximal zugelassenen Ereignisse innerhalb eines Ortes aufzuteilen und auf die zehn seltenen Ereignisse pro Jahr seien diese fünf sehr seltenen Ereignisse anzurechnen. Durch das Weinfest vom 8. bis 14. Mai 2015 und durch die Quetschekuchekerwe vom 4. bis 7. September 2015 seien schon zehn Tage erreicht worden. Zu diesen zehn Tagen seien noch Tage für Aufbau und Abbau von jeweils einem Tag hinzuzurechnen, da auch diese Tage mit Musikdarbietungen untermauert worden seien. Ebenfalls hinzugerechnet werden müssten das Sommernachtsfest und andere Veranstaltungen. Alle diese Feste seien konzentriert auf den Bereich von Gemeindezentrum und protestantischer Kirche. Die maximal zulässigen zehn Ereignisse seien weit überschritten, was bei der Entscheidung im Hinblick auf die Ausnahmegenehmigung und die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nicht bedacht worden sei.

21

Entgegen dem Verlangen der Rechtsprechung sei auch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob möglicherweise Ausweichstandorte für die Veranstaltungen zur Verfügung stünden. Dass entsprechende Prüfungen stattgefunden haben, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es müsse dargelegt werden, welche anderen Standorte man in die Prüfung einbezogen habe. Auch sei nicht in Betracht gezogen worden, dass es bei dem ausgewählten Standort zu erheblichen Reflektionen an der Schlossbergmauer und der Kirche kommen könne. Eine solche Reflektion führe zur Verstärkung der Richtwerte und mache die Veranstaltung unzulässig. Es sei davon auszugehen, dass die im Bescheid festgelegten 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, weshalb die Ausnahmegenehmigung bereits nichtig, zumindest aber rechtswidrig sei.

22

Die Klägerin beantragt,

23

festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 rechtswidrig waren.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Sie verweist zur Begründung auf die ergangenen Ausgangsbescheide.

27

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

28

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage ist zulässig (1.), in der Sache aber nur teilweise begründet (2.).

30

1. Die Klage ist zulässig.

31

1.1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 haben sich durch Zeitablauf vor Klageerhebung erledigt. Die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe 2015 fand bereits in der Zeit vom 4. bis 8. September 2015 statt. Nur hierauf bezogen sich die vorübergehende Gestattung und die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung.

32

1.2. Die Klägerin ist auch im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog klagebefugt, da sie durch die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 Gaststättengesetz – GastG – und durch die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 6 Abs. 5 Landesimmissionsschutzgesetz – LImSchG – zumindest möglicherweise in drittschützenden Rechten verletzt ist. Im Hinblick auf die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung folgt dies daraus, dass eine solche von Nachbarn erfolgreich angefochten werden kann, wenn die enthaltenen Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – ausgehen (vgl. VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 lässt Ausnahmen von dem Verbot im Hinblick auf den Schutz der Nachtruhe nach § 4 Abs. 1 LImSchG und der Regelung nach § 6 Abs. 1 LImSchG in Bezug auf die Verwendung von Tongeräten zu. Insoweit schützen die §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 LImSchG nicht nur die Allgemeinheit, sondern dienen auch dem Nachbarschutz, auf den sich die Klägerin hier berufen kann (vgl. VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –).

33

Auf die in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 aufgeworfene Frage, ob die Klägerin – wie ursprünglich angegeben – Miteigentümerin des Grundstücks Flurstück-Nr. … oder nur Besitzerin ist, kommt es hier nicht an, denn auch nur obligatorisch Berechtigte sind befugt, sich auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG zu berufen. Diese Vorschrift verweist auf den immissionsschutzrechtlichen Begriff der Nachbarschaft, der auch Anwohner umfasst, die keine Eigentümer der von ihnen bewohnten oder genutzten Grundstücke sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 – 7 C 50/78 –, GewArch 1983, 101; Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437).

34

1.3. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung unter dem Aspekt der konkreten Wiederholungsgefahr. Eine solche ist anzunehmen, wenn die berechtigte Erwartung besteht, dass gleichartige, die Klägerin im Wesentlichen in ähnlicher Weise belastende Verwaltungsakte unter weitgehend gleichen Umständen künftig wieder erlassen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12/04 –, juris). Davon ist hier angesichts der Praxis der Vorjahre und weil der Beigeladene seine Ausschankstelle mit CD-Musik auf der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe auch künftig betreiben will, ohne Weiteres auszugehen.

35

2. In der Sache hat die Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nur teilweise Erfolg.

36

Zunächst kann offen bleiben, ob die Beklagte vorliegend berechtigt war, für die Ausschankstelle des Beigeladenen und das Abspielen von CD-Musik sowohl eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung als auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erteilen (2.1.). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren materiellen Rechten (2.2.). Dagegen verstößt die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung vom 4. August 2015 zum Teil gegen das in § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – verankerte Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarlichen Ausprägung (2.3.).

37

2.1. In der hier gegeben Situation der Drittanfechtung von den Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakten kommt es ausschließlich darauf an, ob die beiden Bescheide vom 4. und 20. August 2015 subjektiv-öffentliche Rechte der drittbetroffenen Klägerin verletzt haben (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, LKRZ 2013, 442). Infolgedessen geht die Kammer nicht näher darauf ein, ob die Beklagte formal überhaupt befugt war, neben der am 4. August 2015 erteilten vorübergehenden gaststättenrechtliche Gestattung eine eigenständige immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erlassen oder ob die Beklagte die Frage nach der Zulässigkeit des Abspielens von CD-Musik umfassend und abschließend in der gaststättenrechtliche Gestattung hätte regeln müssen, weil das Gaststättengesetz als Bundesgesetz für eine Ausgliederung der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen keinen Raum lässt (so VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Abgesehen davon, dass die Beklagte hier gemäß § 1 Satz 1 Gaststättenverordnung – GastVO – sowohl zuständige Behörde für die Erteilung der gaststättenrechtlichen Gestattung als auch gemäß § 15 Abs. 1 LImSchG zuständige Behörde für den Erlass der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung war, kommt es nach Auffassung der Kammer für den Erfolg der Klage der Klägerin allein darauf an, ob diese durch die in den beiden Bescheiden getroffenen Regelungen in ihrem Zusammenspiel materiell-rechtlich beschwert ist, also entweder durch den von der Musikanlage des Beigeladenen oder von den Gästen der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehenden Lärm unzumutbar beeinträchtigt wurde (vgl. auch zur Unbeachtlichkeit der fehlenden Zuständigkeit der Behörde bei Drittanfechtungen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2012 – 8 B 10627/12.OVG –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. April 2006 – 3 S 547/06 –, NVwZ-RR 2007, 82; VG Neustadt, Urteil vom 18. April 2016 – 3 K 818/14.NW –). Dies war nur teilweise der Fall.

38

2.2. Die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 war rechtmäßig.

39

2.2.1. Die von dem Beigeladenen anlässlich der Durchführung der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe betriebene Ausschankstelle inklusive Tongeräten ist eine Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die keiner Genehmigung bedarf und daher in den Anwendungsbereich der §§ 22, 23 BImSchG fällt. Nach § 22 Abs. 2 BImSchG bleiben weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt. Zu diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zählen sowohl § 4 Abs. 1 LImSchG als auch § 6 Abs. 1 LImSchG. Nach § 4 Abs. 1 LImSchG sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, die zu einer Störung der Nachtruhe führen können. Nach § 6 Abs. 1 LImSchG dürfen Geräte, die der Erzeugung oder Wiedergabe von Schall oder Schallzeichen dienen (Tongeräte), insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche Geräte, nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann.

40

2.2.2. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 LImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot der Störung der Nachtruhe (§ 4 Abs. 1 LImSchG) bzw. von dem Verbot der erheblichen Belästigung Dritter durch Tonwiedergabegeräte (§ 6 Abs. 1 LImSchG) bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse zulassen. Die Ausnahme soll gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Ferner kann die zuständige Behörde nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 LImSchG für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde und bei Vorliegen eines öffentlichen oder eines berechtigten privaten Interesses um mehr als eine Stunde hinausschieben. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse u.a. für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach § 4 Abs. 1 LImSchG zulassen. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.

41

2.2.3. Die Erteilung einer Ausnahme nach den genannten Vorschriften erfordert eine Güterabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 – 21 A 1136/87 –, NVwZ 1988, 178). Hierbei steht der Behörde ein Ermessensspielraum zu (VG Mainz, Urteil vom 24. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Diesen Anforderungen genügt die verfahrensgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015.

42

2.2.3.1. Zunächst ist ein besonderes Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe mit einer eigenen Ausschankstelle unter Nutzung von Tongeräten im Rahmen seiner vorübergehenden Betriebsführung anzuerkennen. Es steht außer Frage, dass die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe als „Weinkerwe“ ebenso wie das Haardter Weinfest auf der Straße ein traditionelles örtliches Fest mit Brauchtumscharakter ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris zur Jakobuskerwe in Neustadt-Hambach). Bei den in der Pfalz stattfindenden und sich regelmäßig großem Zuspruch des Publikums erfreuenden „Weinkerwen“ stehen die Ausschankstellen von Weingütern, Winzergenossenschaften, Vereinen und Privatleuten im Mittelpunkt. Ohne diese Ausschankstellen, die häufig auch Live- oder CD-Musik im Programm haben, wäre die Durchführung einer „Weinkerwe“ nicht denkbar. Insofern erfüllen diese eine „soziale Funktion“ (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zu Biergärten in Bayern).

43

2.2.3.2. Trotz dieser sozialen Funktion ist der Betrieb einer Ausschankstelle auf einer Weinkerwe in der Pfalz nicht von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77/87 –, NJW 1989, 1291 zur Problematik des Sportlärms und der sozialen Funktion des Sports; Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zur sozialen Funktion von Biergärten). Ob das besondere Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Weinkerwe das in die Abwägung einzustellende Interesse der Klägerin an einer ungestörten Nachtruhe und daran, durch Tongeräte auch während des Tages nicht erheblich belästigt zu werden, überwiegt, beurteilt sich daher maßgeblich danach, ob die Immissionen der Klägerin zumutbar sind.

44

Die durch das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen entstehenden Lärmimmissionen sind für die Klägerin dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen. Für dieses Verständnis spricht der Zweck der im Landesimmissionsschutzgesetz getroffenen Regelung. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, d. h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), ist im Kontext der §§ 4 und 6 LImSchG ebenso wie im Rahmen des § 22 Abs. 1 BImSchG anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, NJW 2003, 3360). Die Zumutbarkeit bestimmt sich grundsätzlich nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 – , juris). Sowohl nach der verwaltungsgerichtlichen als auch nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 8 B 13/09 –, juris und BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14 –, NJW 2015, 2023).

45

Vorliegend bezieht sich die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auf die Benutzung von Tongeräten i. S. d. § 6 LImSchG (Lautsprecher und Tonwiedergabegeräte). In Übereinstimmung mit § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG erteilte die Beklagte die Ausnahmegenehmigung unter Auflagen und zwar mit dem Inhalt, dass das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen an vier Tagen (von Freitag, dem 4. September 2015 bis Montag, dem 7. September 2015) bis maximal 24 Uhr am maßgeblichen Immissionsort (Bürgergarten 2, Anwesen der Klägerin) ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) nicht überschritten werden darf. Ferner enthielt die Ausnahmegenehmigung weitere Auflagen zur Sicherstellung der Einhaltung der erlaubten Beurteilungspegel wie die Ausrichtung der Beschallungstechnik und die Einpegelung der Beschallungsanlage.

46

2.2.3.3. Diese Auflagen waren geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

47

2.2.3.3.1. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der Musikveranstaltungen im Rahmen des vorübergehenden Gaststättenbetriebs des Beigeladenen hat die Beklagte sich in nicht zu beanstandender Weise an der von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) herausgegebenen Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden 3. Freizeitlärm-Richtlinie) orientiert, die nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 22. Juli 2015 von den rheinland-pfälzischen Immissionsschutzbehörden bei der Ermittlung und Beurteilung von Freizeitlärm herangezogen werden soll. Die von Sachverständigen ausgearbeitete 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat zwar keinen Normcharakter, kann aber auch von Behörden und Gerichten als Entscheidungshilfe mit Indiz-Charakter zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 – 7 C 16/00 –, NVwZ 2001, 1167 und BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699). Die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie bieten eine Orientierungshilfe insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Live- oder CD-Musik, Platzkonzerte oder Volksfeste dargeboten werden. Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG kommt im Einzelfall der Dauer und der Häufigkeit solcher Immissionen besondere Bedeutung zu.

48

2.2.3.3.2. Die Kammer hat sich mit den Bewertungsgrundsätzen der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, welche nach den früheren Fassungen von 1987 bzw. von 1997 (letztere im Folgenden 2. Freizeitlärm-Richtlinie) erneut in der Fassung vom 6. März 2015 überarbeitet worden sind, befasst und hält diese grundsätzlich für gut geeignet, über Konflikte zwischen einerseits dem Ruhebedürfnis der Wohnbevölkerung und den Bedürfnissen der Allgemeinheit an Freizeitveranstaltungen insbesondere im Freien während des Sommerhalbjahres zu entscheiden (so auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris zum Frankfurter Museumsuferfest und VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Februar 2016 – 4 K 1275/15.WI –, juris zum Kulturfestival „Folklore“ in Wiesbaden).

49

2.2.3.3.3. Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie sieht in Ziffer 4.1 für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemeine Wohngebiete – vom Vorliegen eines solchen Gebiets geht die Kammer zugunsten der Klägerin hier aus – einen Immissionsrichtwert tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit von 55 dB (A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) sowie nachts von 40 dB(A) vor. Die Genehmigung vom 20. August 2015 geht über diese Richtwerte deutlich hinaus. Allerdings trifft die Nr. 4.4 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Veranstaltungen eine Sonderfallbeurteilung. Ausgehend von dem Umstand, dass bei Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, können in Sonderfällen solche Veranstaltungen gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (Ziffer 4.4.1). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug gegeben. Hierunter können auch Feste mit kommunaler Bedeutung wie die örtliche Kirmes fallen. Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Gemäß Ziffer 4.4.2 soll in derartigen Sonderfällen die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen prüfen. In Bezug auf die Zumutbarkeit gibt die 3. Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 folgende Hinweise:

50

„Voraussetzung ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs.

51

a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.

52

b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden.

53

c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein.

54

d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten.

55

e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten.

56

Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich nachvollziehbar zu begründen. Da das Spektrum derjenigen Veranstaltungen, die die Immissionsrichtwerte der Ziffern 4.1 bis 4.3 nicht einhalten können, groß ist und vom Dorffest bis zu überregionalen Großereignissen reicht, gilt:

57

In je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen (24 Stunden-Zeitraum) seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Bei herausragenden Veranstaltungen sind in der Begründung gerade der sozialen Adäquanz und Akzeptanz besondere Bedeutung beizumessen.“

58

2.2.3.3.4. Die Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 unterscheidet sich von der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aus dem Jahre 1997 (s. NVwZ 1997, 469) in mehreren Punkten. Die 2. Freizeitlärm-Richtlinie sah in Ziffer 4.4. ebenfalls Besonderheiten bei seltenen Störereignissen vor. Unter Bezugnahme auf die Nr. 2.3.5 der Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschemmissionen wurden die seltenen Störereignisse auf zehn pro Jahr begrenzt (vgl. auch die Ziffern 6.3 und 7.2 der Technischen Anleitung Lärm 1998). Bei den seltenen Ereignissen sollten die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) die nachfolgenden Werte nicht überschreiten: tags außerhalb der Ruhezeit 70 dB(A), tags innerhalb der Ruhezeit 65 dB(A) und nachts 55 dB(A). Geräuschspitzen sollten die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

59

2.2.3.3.5. Nach der Rechtsprechung (s. insbesondere OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494 – und Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September – 20 V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) galt darüber hinaus Folgendes: Konnten bei einer Veranstaltung die für seltene Störereignisse in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissionsrichtwerte voraussichtlich nicht eingehalten werden, durfte sie immissionsschutz- und gaststättenrechtlich dennoch gestattet werden, wenn sie als „sehr seltenes Ereignis“ wegen ihrer Herkömmlichkeit, ihrer Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft oder ihrer sozialen Adäquanz trotz der mit ihr verbundenen Belästigungen den Nachbarn zumutbar war. Gelangte die zuständige Behörde aufgrund ihrer prognostischen Bewertung zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Feier um eine Brauchtumsveranstaltung oder eine solche von besonderer kommunaler Bedeutung handelt, hatte sie in eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten einzutreten. Das OVG Rheinland-Pfalz (s. Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494) hielt Musikdarbietungen in der Regel bis 24 Uhr für zulässig und zwar auch an Tagen, an denen der Folgetag nicht allgemein arbeitsfrei war. In Bezug auf die Anzahl der „sehr seltenen Ereignisse“ führte das OVG Rheinland-Pfalz wörtlich aus: „Ausgehend davon, dass als seltene Ereignisse solche definiert sind, die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden die niedrigeren Regelwerte überschreiten, kann nach Auffassung des Senats von sehr seltenen Ereignissen nur dann die Rede sein, wenn deren Anzahl deutlich niedriger als bei seltenen Ereignissen liegt. In aller Regel werden deshalb allenfalls fünf sehr seltene Ereignisse an einem Veranstaltungsort pro Jahr zugelassen werden dürfen. Des Weiteren hält der Senat mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) für solche sehr seltenen Ereignisse für erforderlich.“

60

2.2.3.3.6. Im Unterschied zur 2. Freizeitlärm-Richtlinie, die noch von zehn seltenen „Störereignissen“ pro Kalenderjahr ausging, hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie nunmehr bis zu 18 „seltene Veranstaltungen“ pro Kalenderjahr für zumutbar (vgl. auch § 5 Abs. 5 i.V.m. mit der Nr. 1.5 der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung) – 18. BImSchV –). Während die 2. Freizeitlärm-Richtlinie noch vorsah, dass bei seltenen Ereignissen der Beurteilungspegel vor den Fenstern tags außerhalb der Ruhezeit den Wert von 70 db(A) und innerhalb der Ruhezeit den Wert von 65 db(A) sowie nachts den Wert von 55 dB(A) nicht überschreiten sollte, ist nach der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, wie insbesondere das Zusammenspiel in Ziffer 4.4.2 a), b) und d) zeigt, die Einhaltung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr ohne nähere Begründung sowie eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr den Nachbarn zuzumuten, sofern die Zumutbarkeit explizit begründet wird. Daraus, dass es erst im Falle einer Überschreitung der in Ziffer 4.4.2 a) genannten Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts einer expliziten Begründung der Zumutbarkeit bedarf, ist zu folgern, dass diese Werte grundsätzlich als zumutbar zu erachten sind (s. auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris). Die angesprochene Begründungspflicht der Behörde hat umso intensiver auszufallen, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die reine Zahl der Veranstaltungen bzw. Veranstaltungstage in der Gesamtbetrachtung nur einen Aspekt neben insbesondere der Intensität der Veranstaltungen und dem Schutzniveau des Gebiets abbildet (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris).

61

Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat damit zwar nicht den in der Rechtsprechung entwickelten Begriff des „sehr seltenen Ereignisses“ eingeführt. Sie hat aber offensichtlich die in der Vergangenheit ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit von Immissionen bei Sonderfreizeitveranstaltungen gewürdigt und berücksichtigt, dass die in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten zumutbaren Immissionsrichtwerte in Bezug auf Sonderveranstaltungen im Freien mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz in der Lebenswirklichkeit nicht (immer) einzuhalten sind. Die zuvor in der Rechtsprechung erfolgte Unterscheidung zwischen „seltenen Ereignissen“ und „sehr seltenen Ereignissen“ hat damit nach Auffassung der Kammer an Bedeutung verloren. War nach der oben zitierten Rechtsprechung zu den „sehr seltenen Ereignissen“ an bis zu fünf Tagen pro Kalenderjahr über die Regelungen der 2. Freizeitlärm-Richtlinie hinaus eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) bis 24 Uhr zumutbar, so hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie diesen Beurteilungspegel sogar an 18 Tagen im Kalenderjahr bis 24 Uhr für grundsätzlich zumutbar. Im Falle einer expliziten und intensiven Begründung ist darüber hinaus sogar eine Immissionsrichtwertbegrenzung auf mehr als 70 dB(A) nicht ausgeschlossen. Angesichts der in Ziffer 4.4 getroffenen Hinweise in der 3. Freizeitlärm-Richtlinie bedarf es daher nach Ansicht der Kammer prinzipiell nicht mehr des Rückgriffs auf die Rechtsfigur des sog. „sehr seltenen Ereignisses“.

62

2.2.3.3.7. Hiernach waren die von der Beklagten dem Beigeladenen erteilten Auflagen geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

63

Die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 erlaubte dem Beigeladenen von Freitag, dem 4. September 2015 bis zum Montag, dem 7. September 2015 an insgesamt vier Tagen CD-Musikdarbietungen unter Begrenzung der Schallpegel auf 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr. Die in Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie genannte Zumutbarkeitsgrenze für die Klägerin von 70 dB(A) wurde damit nicht überschritten. Addiert man hinzu, dass die Beklagte dem Beigeladenen auch für das Haardter Weinfest auf der Straße im Mai 2015 eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von Musik an seiner Ausschankstelle für insgesamt sechs Termine im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 mit einem einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 70 dB(A) gewährt hatte, ergeben sich insgesamt zehn immissionsrelevante „seltene Veranstaltungen pro Kalenderjahr“ im Sinne der 3. Freizeitlärm-Richtlinie.

64

Selbst wenn man das von der Klägerin genannte von der Liedertafel Neustadt veranstaltete Sommernachtsfest am 4. Juli 2015 im Haardter Schlosspark, der etwa 150 m Luftlinie vom Anwesen der Klägerin entfernt ist, als weiteres „seltenes Ereignis“ hinzuzählen würde, ergeben sich insgesamt elf einzelne Ereignisse, die nach Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie und unter Berücksichtigung der sozialen Funktion der Weinkerwen in der Pfalz in der genehmigten Intensität und Zahl über zwei Halbjahre verteilt einem Nachbarn und damit auch der Klägerin zumutbar sind. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegt die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle jedenfalls für Wohngebiete bei 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – 7 A 28/12, 7 A 28/12 (7 A 22/12) –, NVwZ 2014, 730). Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass die durch den angefochtenen Bescheid vom 20. August 2015 im Zusammenspiel mit der Ausnahmegenehmigung für das Haardter Weinfest im Mai 2015 zugelassenen Immissionen von 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr von solcher Intensität hätten sein können, dass mit Gesundheitsschäden (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –) bei den in der Nachbarschaft wohnenden Personen zu rechnen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755). Derartiges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 war vielmehr zu entnehmen, dass sie die Weinkerwe als solche ablehnt. Das Interesse der Allgemeinheit am geselligen Zusammensein an der von Musik begleiteten Ausschankstelle des Beigeladenen auf der Weinkerwe überwiegt daher insoweit das Schutzbedürfnis der Klägerin.

65

Die Beklagte hat die Zumutbarkeit in der Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auch explizit und ausreichend begründet. Zutreffend hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie darauf abgestellt, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug als seltene Veranstaltung privilegiert. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des passiven Lärmschutzes und der technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm in Form von Auflagen sei im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung für die Musikdarbietungen bis maximal 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) zulässig. Damit dieser Wert eingehalten wird, hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Ziffern 4.4.2 c) und 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie sowie mit § 4 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LImSchG mehrere Auflagen in die Genehmigung aufgenommen. So war die Beklagte befugt, nach Ziffer 4.4.2 c) und Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für die Veranstaltungen am Freitag, dem 4. September 2015 und am Samstag, dem 5. September 2015 die Nachtzeit von 22 Uhr auf 24 Uhr zu verschieben. Ebenso wenig ist die Verschiebung der Nachtzeit am Sonntag, dem 6. September und am Montag, dem 7. September 2015 um jeweils eine Stunde auf 23 Uhr rechtlich zu beanstanden. Während die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach Absatz 1 zulassen kann, bestimmt § 4 Abs. 4 Satz 1 LImSchG, dass die zuständige Behörde für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde hinausschieben kann.

66

Dem besonderen öffentlichen Interesse an der Musikveranstaltung des Beigeladenen ist die Beklagte in der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung mit Nebenbestimmungen zum Schutz auch der Klägerin vor unzumutbarem Lärm begegnet. So hat die Beklagte dem Beigeladenen Maßnahmen der Eigenüberwachung in Form von Einpegelungen, Ausrichtung der Beschallungstechnik und stündlichen Messungen mit Dokumentation aufgegeben (s. Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus hat die Beklagte dem Beigeladenen die Benennung einer auf der Veranstaltung anwesenden verantwortlichen Person auferlegt, die in der Lage ist, die behördlichen Anordnungen gegenüber Mitwirkenden und Publikum durchzusetzen.

67

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Ausnahmegenehmigung enthaltenen Regelungen und Nebenbestimmungen zur Einhaltung eines Beurteilungspegels von 70 dB(A) von vornherein ungeeignet sind, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert hat, der Beigeladene habe sich nicht an die vorgegebenen Zeiten gehalten und möglicherweise die genehmigten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten, kann sie damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Eventuelle Verstöße gegen die in einer Genehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen lassen regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 12. April 2012 – 1 ZB 09.247 –, juris; VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Allenfalls dann, wenn auch Kontrollen der zuständigen Überwachungsbehörden sich als ungeeignet zur Einhaltung des zulässigen Beurteilungspegels darstellten, könnte von einer zur Rechtwidrigkeit der Genehmigung führenden Ungeeignetheit führen. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Die Messungen der Beklagten anlässlich des Haardter Weinfestes ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A). Die weitere Messung der Beklagten während der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 ergab einen Wert von 67 dB(A), wurde aber nach dem Vermerk vom 7. September 2015 abgebrochen, weil die Klägerin die Messung gestört habe.

68

Die genannten Messungen, gegen die die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben hat, erfassten nicht nur den von der Beschallungsanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärm, sondern auch den von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche sowie das dem Beigeladenen nicht zurechenbare sog. „Kerwegrundgeräusch“ (s. dazu VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris) und führten nicht zu einer Überschreitung des für die Musik genehmigten Beurteilungspegels von 70 dB(A).

69

Schließlich begegnet die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Lautsprecher unmittelbar am Gebäude des Beigeladenen in der B-Straße … und damit in einem Abstand von weniger als 35 m zu dem Anwesen der Klägerin angebracht sind. Im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung hat die Beklagte zwar auch mögliche Alternativstandorte in den Blick zu nehmen; hierbei darf sie sich neben weiteren Gesichtspunkten auch vom Ziel der Veranstaltung und deren Adressatenkreis leiten lassen. Angesichts dieser Grundsätze ist die Zulassung der Tongeräte unmittelbar am Haus des Beigeladenen ohnehin die für die Klägerin schonendste Variante. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, war die Beschallungsanlage bis vor einigen Jahren direkt an der Ausschankstelle und damit deutlich näher zum Anwesen der Klägerin montiert. Von der angewandten „architektonischen Selbsthilfe“ des Beigeladenen hat die Klägerin insoweit profitiert. Ein anderer lokal geeigneter Ausweichort für den Beigeladenen außerhalb seines eigenen Grundstücks scheidet von vornherein aus. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene an seiner Ausschankstelle überhaupt auf Musik verzichtet.

70

2.3. Allerdings ist die dem Beigeladenen gemäß § 12 GastG erteilte vorübergehende gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 4. August 2015 zum Ausschank alkoholischer Getränke insoweit rechtlich zu beanstanden und nachbarrechtsverletzend, als dem Beigeladenen eine Betriebszeit bis 1 oder 2 Uhr gestattet wurde, ohne verbindlich festzuschreiben, dass der Beigeladene nach 24 Uhr die für die Klägerin zumutbaren Immissionsrichtwerte einzuhalten hat.

71

Gemäß § 12 Abs. 1, 3 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden; die Gestattung kann mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere auch einen erforderlichen Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen sicherstellen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Im Zusammenhang mit der Erteilung einer gaststättenrechtlichen Gestattung muss die zuständige Behörde die subjektiven Rechte der von dem vorübergehenden Gaststättenbetrieb betroffenen Nachbarn berücksichtigen und darf insbesondere nur zumutbare Lärmimmissionen erlauben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494).

72

Allerdings kann Nachbarn bei der vorübergehenden Gestattung eines Gaststättenbetriebs gemäß § 12 Abs. 1 GastG eine höhere Belastung durch Lärmimmissionen zugemutet werden als im Falle eines ständigen Gaststättenbetriebs (VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris m.w.N.). Die „erleichterten Voraussetzungen“ im Sinne dieser Vorschrift bedeuten in diesem Zusammenhang, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit – d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz – zu berücksichtigen ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 –, GewArch 2014, 485).

73

Da die Beklagte die Zumutbarkeit des von der Musikanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärms in der gesondert ergangenen immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 geregelt hat – und dies nach den Ausführungen in 2.2. rechtlich nicht zu beanstanden war –, war im Rahmen der vorübergehenden Gestattung des Gaststättenbetriebs noch über die Zumutbarkeit der von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche zu befinden. Hierzu findet sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 die folgende Regelung:

74

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

75

Die Beklagte entschied sich in Bezug auf die Festlegung der Betriebszeit somit nicht für eine zeitliche Einschränkung der vorübergehenden Gaststättenerlaubnis nach § 18 GastG i. V. m. § 18 Abs. 2, § 19 und 20 GastVO, wonach die Sperrzeit für Volksfeste, die um 22 Uhr beginnt und um 6 Uhr endet, bei einem öffentlichen Bedürfnis oder besonderen örtlichen Verhältnissen u.a. allgemein oder für einzelne Betriebe verkürzt werden kann, sondern für den Erlass einer Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, wonach die Erlaubnis jederzeit mit Auflagen u. a. zum Schutz der Nachbarn versehen werden kann. Hierzu war die Beklagte berechtigt, denn die genannten Bestimmungen stehen nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. Vielmehr sind sie nebeneinander anwendbar, soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, NVwZ 1995, 1021 zum Verhältnis von § 5 und § 18 GastG; VG Neustadt, Urteil vom 6. April 2006 – 4 K 1919/05.NW –; ebenso Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 14. Auflage 2003, § 5 Rn. 4).

76

In Fällen von Nutzungskonflikten mit Nachbarn bedarf nicht nur eine nach § 2 GastG erforderliche Gaststättenerlaubnis, sondern auch eine vorübergehende Gestattung nach § 12 GastG gegebenenfalls einer weitergehenden Konkretisierung durch Aufnahme von Auflagen (s. § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) im Hinblick auf nachbarrechtsrelevante Merkmale, um dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG Genüge zu tun (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 2016 – 2 A 2423/15 –, juris und VG Neustadt, Urteil vom 14. Januar 2016 – 4 K 396/15.NW -, juris jeweils zur Baugenehmigung). Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der vorübergehenden Gestattung nach § 12 GastG getroffenen Regelungen und Feststellungen müssen so eindeutig bestimmt sein, dass der Gastwirt die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und drittbetroffene Nachbarn das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/22.OVG –, juris zur Baugenehmigung).

77

Dem gesetzlichen Regelungsauftrag wird die Gestattung vom 8. August 2015 im Zusammenspiel mit der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 nicht gerecht. Die nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG erlassene Auflage, die Betriebszeit auf 1 bzw. 2 Uhr zu beschränken und die Aufforderung an den Beigeladenen, jeweils ab 22 Uhr darauf zu achten, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist, soweit der Zeitraum von 24 Uhr bis 2 Uhr betroffen ist, rechtswidrig.

78

Was die Zeit bis 24 Uhr anbetrifft, fehlt es nach Auffassung der Kammer nicht an der erforderlichen Bestimmtheit, da für die betroffenen Tage im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie die Auflage ergangen ist, bis 24 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) einzuhalten. Dies war der Klägerin, wie oben ausgeführt, zumutbar; auf diese Lautstärke musste sie sich einstellen. Zwar war Regelungsinhalt der genannten Ausnahmegenehmigung „nur“ der von der Musikanlage ausgehende Lärm. Es versteht sich aber von selbst, dass die von den Gästen zusätzlich zur Musik verursachten Geräusche vom einzuhaltenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) umfasst ist (s. dazu auch die von der Beklagten vorgenommenen Messungen).

79

Da das unter Auflagen genehmigte Abspielen von Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen aber nur bis maximal 24 Uhr begrenzt war und die vorübergehende Gestattung darüber hinaus einen Gaststättenbetrieb bis längstens 2 Uhr erlaubte, musste die Beklagte indessen eine verbindlichen Regelung dazu treffen, welchen Kommunikationslärm sie in Bezug auf die Nachbarn und damit auf die Klägerin nach Beendigung der Musikdarbietungen um spätestens 24 Uhr über diesen Zeitpunkt hinaus für zulässig hält (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Ohne näher darauf einzugehen, ob die Betriebszeit von seltenen Veranstaltungen, die – wie hier – mehr als zehnmal pro Kalenderjahr stattfinden, überhaupt über 24 Uhr hinaus für die Nachbarn zumutbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755 und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 - 21 A 1136/87 -, NVwZ 1988, 178 zu einem auf drei Tage beschränkten Schützenfest, bei dem die Veranstaltungszeit über 24 Uhr hinaus festgesetzt wurde; vgl. auch VG Gera, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 K 1399/12 Ge –, juris, wonach eine Verschiebung der Nachtzeit auf 1 Uhr in sehr seltenen Fällen wie z.B. beim Maibaumsetzen in Betracht kommt), führt die Ziffer 4.4.2 b) der 3. Freizeitlärm-Richtlinie hierzu aus, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. Selbst wenn die Überschreitung eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr nach dieser Formulierung im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen sein soll, hätte die Beklagte einen genauen Beurteilungspegel, der nicht überschritten werden darf, in dem Bescheid vom 4. August festschreiben und nachvollziehbar begründen müssen, dass der genannte Wert für die Klägerin nach Mitternacht zumutbar ist. Dies galt umso mehr, als die Beklagte mit dem Haardter Weinfest im Mai 2015 und der Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 insgesamt zehn seltene Veranstaltungen im Kalenderjahr 2015 zugelassen hatte, die Prüfung der Zumutbarkeit von Immissionen nach 24 Uhr folglich besonders intensiv ausfallen musste. Derartige Erwägungen finden sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 jedoch nicht. Die in den der vorübergehenden gaststättenrechtlichen Gestattung beigefügten Auflagen aufgeführte Formulierung, ab 22 Uhr müsse darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist nicht geeignet, dem Schutzbedürfnis der Anwohner und damit auch der Klägerin nach 24 Uhr hinreichend Rechnung zu tragen. Die genannte Auflage genügt nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG in seiner nachbarlichen Ausgestaltung, um eine Begrenzung der Belastung der Klägerin nach 24 Uhr zu gewährleisten (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris; VG Münster, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 L 39/09 –, juris). Durch die Nebenbestimmung wird in keiner Weise deutlich, welche maximale Lautstärke von dem Kommunikationslärm zwischen 24 Uhr und 2 Uhr ausgehen durfte. Die Klägerin konnte damit das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit nicht zweifelsfrei feststellen; sie war insoweit durch die Regelung schutzlos gestellt. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, auch nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird (s. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris).

80

Auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten nach 24 Uhr konnte hier auch nicht deshalb verzichtet werden, weil, wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 angegeben hat, die Gäste nach 24 Uhr nahezu vollständig die Veranstaltung verlassen und die Ausschankstelle daher regelmäßig bereits um 24 Uhr geschlossen werde. Für die Frage, ob eine Veranstaltung den Nachbarn zugemutet werden darf, ist grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen, nicht aber lediglich von einer möglicherweise hinter diesem Umfang zurückbleibenden tatsächlichen Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 1992 – 3 S 829/92 –, UPR 1993, 308). Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Anlage dauerhaft in einem geringeren Umfang als genehmigt genutzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 – IV C 77.73 –, GewArch 1975, 69). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Es steht zum einen dem Beigeladenen frei, zukünftig eine kürzere Betriebszeit zu beantragen. Zum anderen wird die Beklagte, will sie auch zukünftig eine Bewirtung über 24 Uhr hinaus zulassen, für die Zeit nach 24 Uhr einen verbindlichen Immissionsrichtwert festschreiben müssen, dessen Einhaltung im Übrigen bei Bedarf auch überwacht werden muss.

81

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

82

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

83

Beschluss

84

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –).

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - geändert.

Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst: Die Kläger zu 1, zu 2, zu 3 und zu 6 tragen jeweils ein Fünftel, die Kläger zu 4 und zu 5 als Gesamtschuldner ebenfalls ein Fünftel der Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens beim Verwaltungsgericht, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Nutzung einer historischen Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen.
Die beigeladene Gemeinde ist Eigentümerin des im Ortsteil Stetten gelegenen Grundstücks xxx, das mit einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kelter („Glockenkelter“) bebaut ist. Die Kläger sind Eigentümer von mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken, die sich in einem Abstand von 15 m bis ca. 80 m zur Glockenkelter befinden. Das 55 m entfernt gelegene Grundstück des Klägers zu 6 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „An der Weinstraße“ der Beigeladenen, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Grundstücke der übrigen Kläger befinden sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Das Grundstück xxx und die Glockenkelter wurden von der Beigeladenen zuletzt für den kommunalen Bau- und Wertstoffhof genutzt. Am 7.4.2009 beantragte sie beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Kelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen. Die Kläger zu 1 bis 6 wurden als Angrenzer benachrichtigt und erhoben Einwendungen u.a. wegen der Lärmbelästigung durch Veranstaltungen und den Parkverkehr.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20.7.2010 eine Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Glockenkelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich einer Außenbewirtschaftung und der Anlage von zwei Behindertenparkplätzen. Zum Lärmschutz enthielt die Baugenehmigung u.a. folgende besondere Auflagen:
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt. Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf längstens bis 22:00 Uhr betrieben werden. An Sonn- und Feiertagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. An Werktagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftungsfläche bis zu 200 Personen zulässig.
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu zehn Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung ohne die in Nr. 1 und 2 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Hierbei dürfen für die Immissionsorte IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
10 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
11 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig. (…)
12 
Bei Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen, die von deutlich hervortretender Musik begleitet werden, sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten; ab 20:00 Uhr bei allen Veranstaltungen.
13 
Die Kläger legten am 9.8.2010 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und brachten zur Begründung u.a. vor, es sei nicht berücksichtigt worden, dass während und nach den Veranstaltungen mit einem verstärkten Geräuschpegel durch alkoholisierte Besucher zu rechnen sei, die sich im Freien aufhielten. Die festgelegten Auflagen zum Lärmschutz seien nicht durchsetzbar und ungeeignet. Bei den Veranstaltungen sei von einem Festcharakter auszugehen, so dass der Geräuschpegel schon von vornherein höher sein werde. Außerdem müssten Lärmbelastungen durch Park- und Parksuchverkehr mit berücksichtigt werden, weil die zur Glockenkelter gehörigen Stellplätze recht weit entfernt seien.
14 
Während des Widerspruchsverfahrens änderte das Landratsamt mit Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 die besonderen Auflagen zum Lärmschutz dahingehend, dass in Ziff. 01 ein Hinweis auf die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie eingefügt und auf die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 verwiesen wurde. Außerdem wurde eine Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht, nach der folgende Veranstaltungen zulassen werden sollen:
15 
-Weinverköstigungen und Degustationen
16 
-Sonderveranstaltungen von örtlichen Weingärtnern, Gastronomen und ortsansässigen Firmen,
17 
-Kommunale Veranstaltungen, insbesondere Informationsveranstaltungen für Bürger, Bürgerempfänge, Gemeinderatssitzungen
18 
-Ausstellungen
19 
-Seminare und Schulungen
20 
-Vortragsangebote
21 
-Altennachmittage
22 
-Lesungen
23 
-Vereinsveranstaltungen und -versammlungen
24 
-Jubiläen und Weihnachtsfeiern
25 
-Geburtstage und Familienfeiern
26 
-standesamtliche Trauungen - nicht Hochzeiten
27 
-kulturelle Veranstaltungen
28 
Die Glockenkelter werde für Veranstaltungen der Gemeinde, der örtlichen Schulen, der örtlichen Musikschule, der örtlichen Kunstschule und der Volkshochschule xxx sowie der ortsansässigen Vereine zur Verfügung gestellt. Daneben seien weitere Nutzungen im gewerblichen Bereich, insbesondere durch ortsansässige Weinbetriebe und Gastronomie sowie durch ortsansässige Firmen möglich. Private Nutzungen durch Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde würden nur eingeschränkt (maximal 15 im Jahr) zugelassen, Nutzungen durch nicht Ortsansässige nur in Ausnahmefällen (maximal 5 im Jahr).
29 
Die Kläger legten gegen die Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 am 14.2.2011 Widerspruch ein, ebenso gegen Nachtragsgenehmigungen des Landratsamts vom 28.6.2011 für eine veränderte Ausführung des Windfangs und vom 21.7.2011 für eine abweichende Ausführung der Rauchableitungsöffnungen an der hangseitigen Dachfläche der Glockenkelter. Über die Widersprüche wurde bisher nicht entschieden.
30 
Am 8.7.2013 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und geltend gemacht, die Umgebung der Glockenkelter sei als reines Wohngebiet einzustufen. Die Baugenehmigung sei den Nachbarn gegenüber rücksichtslos. Das Sachverständigengutachten xxx vom April 2009 berücksichtige nur den reinen Veranstaltungslärm aus der Kelter, aber weder Fahrzeuge noch Besucherbewegungen außerhalb des Gebäudes. Die Festsetzung von Obergrenzen für die Schallbelastung sei ungeeignet, weil während der laufenden Veranstaltung keine Begrenzung mehr möglich sei. Ebenso seien die Auflagen zur maximalen Personenzahl und zum Geschlossen halten der Türen und Fenster nicht kontrollierbar. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese befolgt würden, weil die Kelter keine Klimaanlage habe. Außerdem sei es rücksichtslos, die maximale Obergrenze von zehn seltenen Ereignissen nach der Freizeitlärm-Richtlinie voll auszuschöpfen. Mit der Zulassung einer Außenbewirtschaftung mit bis zu 200 Sitzplätzen sonntags außerhalb der Ruhezeit bewege sich die Genehmigung außerhalb der Vorgaben der schalltechnischen Untersuchung; dies müsse auf höchstens fünf Stunden, werktags innerhalb der Ruhezeiten sowie sonn- und feiertags auf eine Stunde begrenzt bleiben.
31 
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, dass dem Schutzbedürfnis der Kläger mit den geänderten Nebenbestimmungen im ergänzenden Bescheid vom 9.2.2011 ausreichend Rechnung getragen sei. Die Beigeladene hat geltend gemacht, bei der Umgebung der Glockenkelter sei weder von einem reinen noch von einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen, außerdem sei die bisherige Nutzung der Kelter als Bau- und Wertstoffhof als Vorbelastung zu berücksichtigen. Es sei davon auszugehen, dass die Nebenbestimmungen eingehalten würden, weil ein danach nicht erlaubtes Verhalten durch die Baugenehmigung nicht legalisiert werde.
32 
In der mündlichen Verhandlung am 29.6.2012 sind die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz vom Vertreter des Beklagten mit Zustimmung der Beigeladenen in mehreren Punkten geändert worden, so dass sie wie folgt gelautet haben:
33 
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte nach LAI-Freizeitlärmrichtlinie (NVwZ 1997, 469ff) außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
34 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
35 
Auf die schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 wird verwiesen.
36 
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt (…). Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
37 
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf bis längstens 22:00 Uhr betrieben werden. In der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. Musikveranstaltungen und Veranstaltungen mit Musik sind nicht zulässig. Ausnahmen ergeben sich aus Ziffer 03. An Sonn- und Feiertagen ist eine Außenbewirtschaftung in der Zeit außerhalb der Ruhezeiten (9 - 13 Uhr, 15 - 20 Uhr) längstens für 7 Stunden zulässig.
38 
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik ohne die in Nr. 01 und 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) dürfen davon an bis zu 5 Tagen im Jahr - unter Anrechnung auf die insgesamt 10 seltenen Ereignisse ohne die in Nr. 2 genannten Einschränkungen bis zu maximal 200 Personen tags zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden. Hierbei dürfen an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
39 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
40 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig.
41 
06  Bei lauten Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik (Blasmusik, Musikvereinskonzert, elektrisch verstärkte Musikinstrumente und ähnliche Veranstaltungen, Innenraumpegel L = 63 dB(A) bis L= 88 dB(A)) sind während der Veranstaltungen Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türe nördlich zum Hofbereich geöffnet werden. Bei allen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster nach 20:00 Uhr generell geschlossen zu halten.
42 
06 a)  Die Gemeinde Kernen hat in den jeweiligen Nutzungsverträgen mit den Veranstaltern durch Vereinbarung sicherzustellen, dass die Nebenbestimmungen / Besonderen Auflagen eingehalten werden.
43 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.6.2012 die Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsbescheids vom 9.2.2011 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung sei in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9.2.2011 und den Änderungen in der mündlichen Verhandlung bis auf die Nebenbestimmung Ziff. 03 für seltene Ereignisse rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lärmeinwirkungen durch die Kelter auf die Grundstücke der Kläger seien insgesamt nicht unzumutbar und begründeten keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die aufgehobene Nebenbestimmung zu den „seltenen Ereignissen“ sei aber zu unbestimmt und zu weit formuliert. Ihrem Sinn und Zweck nach sei sie immer dann anzuwenden, wenn Veranstaltungen die Voraussetzungen nach Ziff. 01 und 02 nicht einhielten. Damit seien diese Ereignisse aber weder vom Zeitpunkt her bekannt noch vorhersehbar. Ob eine Veranstaltung als seltenes Ereignis auf das Kontingent der zehn zulässigen seltenen Ereignisse anzurechnen sei, lasse sich dann aber erst durch eine Messung des Schalldruckpegels während der jeweiligen Veranstaltung feststellen. Das führe zu Unsicherheit bei den Anwohnern, ob jetzt ein seltenes Ereignis vorliege und ob dafür die vorgegebenen höheren Lärmwerte jeweils noch eingehalten oder bereits überschritten würden. Das sei nicht zumutbar. Wenn die zehn zugelassenen seltenen Ereignisse nicht hinreichend charakterisiert seien und es keine nachprüfbaren Kriterien für die Einordnung als seltenes Ereignis im Voraus gebe, sei ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht mehr gewährleistet.
44 
Die Beigeladene hat am 28.8.2012, das beklagte Land am 30.8.2012 die Zulassung der Berufung gegen das jeweils am 8.8.2012 zugestellte Urteil beantragt, soweit darin die Nebenbestimmung Ziff. 03 zur Zulässigkeit seltener Ereignisse aufgehoben worden ist. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 16.1.2014 verfolgen sie ihr Anliegen weiter.
45 
In der Berufungsverhandlung am 29.6.2016 und nochmals am 28.7.2016 hat das beklagte Land die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung vom 20.7.2010 erneut geändert, so dass sie nunmehr wie folgt lautet:
46 
03  (a) Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Kalenderjahr seltene Veranstaltungen (insbesondere Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit musikalischer Umrahmung) ohne die unter Ziff. 01 oder 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Seltene Veranstaltungen sind solche mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem und regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum).
47 
(b) Die Nachbarschaft im Einwirkungsbereich ist rechtzeitig, d.h. in der Regel mindestens 14 Tage vorher über Art, Dauer und Ende der Veranstaltung zu unterrichten - und zwar durch Bekanntgabe im Gemeinde-Mitteilungsblatt. Dabei ist vom Veranstalter ein Ansprechpartner samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und der für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss.
48 
(c) Seltene Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Hintergrundmusik mit Emissionspegel der Musik bis LWA=75 dB(A)) dürfen an maximal 5 Tagen im Jahr unter Anrechnung auf insgesamt maximal 10 Veranstaltungen (auch in der Glockenkelter) ohne die Ziff. 01 und Ziff. 02 genannten Einschränkungen mit maximal 200 Personen tagsüber zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden.
49 
Bei sämtlichen seltenen Veranstaltungen dürfen an den Immissionsorten IO1 bis IO5 vor den Fenstern im Freien folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
50 
- tags: 70 dB(A)
- nachts: 55 dB(A)
51 
Geräuschspitzen dürfen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts nicht überschreiten (vgl. Freizeitlärmrichtlinie vom 6.3.2015).
52 
(d) Diese Veranstaltungen dürfen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden.
53 
(e) In der Glockenkelter wird bei den seltenen Veranstaltungen zwischen lauten Musikveranstaltungen/lauten Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI von 83 bis 88 dB(A) einerseits und sehr lauten Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI = 89dB(A) bis 105 dB(A) andererseits unterschieden.
54 
Sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik müssen als solche bis 22:00 Uhr beendet sein. Eine Fortsetzung dieser Veranstaltungen nach 22:00 Uhr ohne sehr laute Musik ist möglich. Während diesen seltenen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türen nördlich zum Hofbereich geöffnet werden (vgl. Ziff. 06 des Ergänzungsbescheides vom 09.02.2011).
55 
(f) Die Gemeinde ist verpflichtet, bei elektronisch verstärkter Musik durch den Einsatz eines Pegelbegrenzers die Einhaltung der unter (e) genannten Innenraumpegel sicherzustellen.
56 
Die Kläger haben daraufhin ihre Klageanträge, soweit über diese noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, dahingehend geändert, dass sie die Aufhebung der der Baugenehmigung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 20.7.2010 beigefügten Nebenbestimmung Ziff. 03 nunmehr in der Fassung der Bescheide des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 29.6.2016 und 28.7.2016 begehren.
57 
Der Beklagte und die Beigeladene berufen sich darauf, dass die Freizeitlärmrichtlinie zwischenzeitlich zum 6.3.2015 geändert worden sei und die neue Fassung durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlen werde. Die Freizeitlärmrichtlinie sei auch in der aktuellen Fassung nach wie vor als Orientierungshilfe dafür heranzuziehen, was den Anwohnern zumutbar sei. Mit den am 29.6. und 28.7.2016 vorgenommenen Änderungen der Nebenbestimmungen sei den neuen Anforderungen der Richtlinie Rechnung getragen. Sie sei auch bei Veranstaltungen in Gebäuden heranzuziehen. Soweit die Kläger forderten, dass nur seltene Veranstaltungen über 22:00 Uhr hinaus dauern dürften, betreffe dies letztlich den Regelbetrieb; insoweit sei bereits rechtskräftig über die Zumutbarkeit entschieden.
58 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
59 
das Urteil des Veraltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - abzuändern und die Klagen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge insgesamt abzuweisen.
60 
Die Kläger beantragen,
61 
die Berufungen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge zurückzuweisen.
62 
Sie sind der Ansicht, die Freizeitlärmrichtlinie sei auf Veranstaltungsgebäude wie die Glockenkelter nicht anwendbar. Das ergebe sich sowohl aus der Beschreibung des Anwendungsbereichs in Ziff. 1 der Richtlinie als auch aus dem Wortlaut der Ziff. 4.4 für seltene Veranstaltungen. In beiden Formulierungen werde auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten und ähnliche Freizeitveranstaltungen abgehoben. Dennoch enthalte die Freizeitlärmrichtlinie hinsichtlich der Zumutbarkeit seltener Ereignisse Aspekte, die auch hier zu berücksichtigten seien, wie etwa die vorherige Ankündigung und die Benennung eines Ansprechpartners für Beschwerden. Die Erfahrung im vorliegenden Fall habe aber gezeigt, dass ein Ansprechpartner des Veranstalters nicht ausreiche, sondern dass es sich dabei um einen mit ortspolizeilichen Kompetenzen ausgestatteten und damit handlungsfähigen Mitarbeiter der Gemeinde handeln müsse. Außerdem sei zu fordern, dass grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22:00 Uhr hinausgehen dürfe, als seltenes Ereignis gelten müsse. In diesem Fall müssten dann bis 24:00 Uhr alle Stellplätze geräumt und alle Aufräum- und Abbauarbeiten abgeschlossen sein. Pro Jahr dürften nur zehn solcher seltener Ereignisse zulässig sein. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) über 50 bis maximal 200 Personen dürften nur an fünf Tagen im Jahr unter Anrechnung auf die zehn seltenen Ereignisse durchgeführt werden. Dabei müsse die Veranstaltung dann um 20:00 Uhr beendet und bis 22:00 Uhr die Parkplätze geräumt sowie Aufräum- und Abbauarbeiten beendet sein. Außerdem müsse der ruhende Verkehr rund um die Glockenkelter regelmäßig überwacht werden, bei den seltenen Ereignissen in jedem Einzelfall. Schließlich müsse die Gemeinde dreimal jährlich bei einem seltenen Ereignis Überwachungsmessungen durchführen, deren Ergebnisse dem Landrat übermitteln und unmittelbar nach Vorliegen veröffentlichen.
63 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Baugenehmigungsverfahrens, des Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (Az. 8 S 920/11) vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ebenso Bezug genommen wird wie auf die vorliegende Prozessakte.

Entscheidungsgründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz wird vom 13. April 2016 – 3 K 1377/15.MZ – wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verurteilt,

1. dafür Sorge zu tragen, dass zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr bei einer lärmintensiven Nutzung (Veranstaltungen, die mit Musikdarbietungen, einem Abspielen von Musik oder der Verwendung einer Lautsprecheranlage verbunden sind) in dem Kultur- und Gemeindezentrum (Dr.-F...-W...-Platz) alle zu öffnenden Außenbauteile (Oberlichter, Fenster) in dem Gebäude ständig geschlossen gehalten werden,

2. dafür Sorge zu tragen, dass zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr bei der Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums die Türen des Haupteingangs nur kurzdauernd zum Durchgehen geöffnet werden und der vom Gutachter W... R... in der Anlage 1 seines Gutachtens vom 8. Oktober 2010 eingetragene Raucherbereich im Freien nicht genutzt wird,

3. dafür Sorge zu tragen, dass tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie tags an Sonn- und Feiertagen während lärmintensiver Nutzungen des Saals (Veranstaltungen, die mit Musikdarbietungen, einem Abspielen von Musik oder der Verwendung einer Lautsprecheranlage verbunden sind) die Oberlichter geschlossen bleiben,

4. dafür Sorge zu tragen, dass durch die Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) am Haus des Klägers (gemessen nach den Vorgaben des Anhangs zur 18. BImschV) nicht überschritten wird.

5. Abweichend von Ziffer 4) ist es der Beklagten gestattet, für seltene Veranstaltungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 LImSchG diesen Wert zu überschreiten, sofern für die Zeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr ein Beurteilungspegel vom 70 dB(A) und für die Zeit von 24.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) sowie eine Geräuschspitze von 65 dB(A) eingehalten und dem Kläger 14 Tage vor dem jeweiligen Termin der Veranstaltung davon Mitteilung gemacht wird.

6. Im Übrigen wird die Klage angewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrags abwenden, nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen Lärmimmissionen, die durch den Betrieb des von der Beklagten als öffentliche Einrichtung gewidmeten und von ihr betrieben Kultur- und Gemeindezentrums ausgehen.

2

Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks Gemarkung M..., Flur 2, Parzelle Nr. Flurstück ..., das mit einem von ihm und seiner Familie genutzten Wohnhaus bebaut ist. Diesem Grundstück liegen – durch die Teichstraße getrennt – die im Eigentum der Beklagten stehenden Parzellen Flur ... Parzellen Nr. ..., .../..., .../..., ..., .../..., ... und .../... gegenüber. Auf diesen Flurstücken, die ebenso wie das im Miteigentum des Klägers stehende Grundstück im unbeplanten Innenbereich liegen, wurde aufgrund der Baugenehmigung vom 10. November 2010 ein Kultur- und Gemeindezentrum errichtet. Bestandteil der Baugenehmigung in Gestalt einer Auflage ist u.a. ein schalltechnisches Gutachten des Ingenieurbüros für Schall- und Wärmeschutz W... R... vom 8. November 2010, das im Einzelnen näher bezeichnete Lärmminderungsmaßnahmen vorsieht. Vor dem Gebäude – zur T...straße hin ausgerichtet – wurde ferner ein befestigter Platz mit Sitzgelegenheiten sowie einer Bouleanlage geschaffen, der nicht Gegenstand der Baugenehmigung war.

3

Die gegen die Baugenehmigung gerichtete Klage des Klägers wies das Verwaltungsgericht Mainz mit Urteil vom 29. August 2012 – 3 K 47/12. MZ – ab. Den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung lehnt der erkennende Senat mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 – 1 A 11081/12.OVG – ab. Im Rahmen dieser Verfahren wurde die nähere Umgebung, in der sowohl das Kultur- und Gemeindezentrum als auch das Wohnhaus des Klägers liegen, als Gemengelage zwischen einem allgemeinen Wohngebiet und einem Mischgebiet eingestuft, für die hinsichtlich der vom Kultur- und Gemeindezentrums zu erwartenden Lärmimmissionen ein oberhalb des arithmetischen Mittels anzusiedelnder Mittelwert zwischen den in der Freizeit-Lärmrichtlinie angegebenen Immissionsrichtwerten für allgemeine Wohngebiete und Dorf-/Mischgebiete zu bilden sei. Bei Beachtung der in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen sei die erteilte Baugenehmigung rechtmäßig, insbesondere seien bei Einhaltung der Auflagen unzumutbare Lärmimmissionen auf das Grundstück des Klägers ausgeschlossen.

4

Nach Errichtung und Inbetriebnahme des Kultur- und Gemeindezentrums wandte sich der Kläger mehrfach unter Vorlage von Lichtbildaufnahmen an die Beklagte mit dem Vorbringen, dass die Auflagen der Baugenehmigung zur Verminderung der Schallemissionen nicht eingehalten würden und die Beklagte gehalten sei, die Auflagen zu beachten und bei Vermietung der Räumlichkeiten gegenüber den Mietern durchzusetzen.

5

Am 13. Januar 2015 hat der Kläger beim Landgericht Mainz Klage mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zur Sicherstellung der Einhaltung der als Auflage zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten Lärmminderungsmaßnahmen in dem schalltechnischen Gutachten sowie der Einhaltung einen Beurteilungspegels von 45 dB(A) in der Nachtzeit (Anträge 1 bis 3 und 5), zur Verhinderung des Befahrens und Beparkens des Dr.-F...-W...-Platzes mit Kraftfahrzeugen (Antrag 4) sowie zur Sicherstellung der Benutzung der ausgewiesenen Besucherparkplätze (Antrag 6) zu verurteilen.

6

Zur Begründung seiner vom Landgericht an das Verwaltungsgericht Mainz verwiesenen Klage trug der Kläger vor, bei der Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums würden die Schallschutzauflagen in dem zur Auflage in der Baugenehmigung gemachten schalltechnischen Gutachten nicht eingehalten. So seien regelmäßig bei Veranstaltungen, vornehmlich bei privaten Feiern, die Oberlichter geöffnet; ferner stünden nach 22.00 Uhr immer wieder die Türen zu dem auf der Rückseite des Gebäudes befindlichen Balkon sowie die Eingangstüren offen. Ferner sei der Bereich vor den Eingangstüren wiederholt nach 22.00 Uhr als Raucherbereich von den Besuchern des Kultur- und Gemeindezentrums genutzt worden. Des Weiteren werde entgegen den Vorgaben des schalltechnischen Gutachtens der Platz vor dem Kultur- und Gemeindezentrum von Fahrzeugen befahren und als Parkplatz genutzt. Das Kultur- und Gemeindezentrum selbst dürfe nach dem schalltechnischen Gutachten in der Nachtzeit nur betrieben werden, wenn sichergestellt sei, dass ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) an seinem Wohnhaus nicht überschritten werde. Um die Einhaltung dieses Immissionswertes kümmere sich die Beklagte nicht. Es werde bei den Veranstaltungen im Kultur- und Gemeinschaftszentrum hinsichtlich der zulässigen Immissionswerte nicht zwischen Tag- und Nachtzeit unterschieden mit der Folge, dass in den vergangenen Jahren wiederholt die für die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr einzuhaltenden Immissionsrichtwerte überschritten worden seien.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger seine Klage hinsichtlich der schriftsätzlich angekündigten Klageanträge zu 4) und 6) zurückgenommen und beantragt,

8

die Beklagte zu verurteilen,

9

1. dafür Sorge zu tragen, dass zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr während lärmintensiver Nutzungen des Kultur- und Gemeindezentrum (Dr.-F...-W...-Platz), die mit Musikdarbietungen alle zu öffnenden Außenteile (Oberlichter, Fenster) in dem Gebäude ständig geschlossen gehalten werden,

10

2. dafür Sorge zu tragen, dass zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr bei der Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums die Türen des Haupteingangs nur kurz dauernd zum Durchgehen geöffnet werden und der vom Gutachter W... R... in der Anlage 1 seines Gutachtens vom 8. Oktober 2010 eingetragene Raucherbereich im Freien nicht genutzt wird,

11

3. dafür Sorge zu tragen, dass tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie tags an Sonn- und Feiertagen während lärmintensiver Nutzungen des Saals die Oberlichter geschlossen bleiben,

12

4. dafür Sorge zu tragen, dass im Zusammenhang mit der Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr an seinem Anwesen ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) nicht überschritten wird.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen

15

und vorgetragen, der Kläger habe nicht belegen können, dass es sich bei den von ihm beanstandeten Veranstaltungen im Kultur- und Gemeindezentrum um lärmintensive Veranstaltungen im Sinne des schalltechnischen Gutachtens gehandelt und die Auflagen der Baugenehmigung nicht eingehalten worden seien. Überdies könne sie in dem vorliegenden Verfahren nicht verpflichtet werden, die Auflagen einzuhalten, weil diese ihr gegenüber nur von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde durchgesetzt werden könnten.

16

Mit Urteil vom 13. April 2016 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat und die Beklagte im Übrigen gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers verurteilt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Begehren des Klägers finde seine erforderliche Rechtsgrundlage in einem öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch, der sich aus dem grundrechtlichen Abwehranspruch nach Art 2 Abs. 2 und Art 14 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – oder aus einer analogen Anwendung der §§ 1004 und 906 BGB herleite und auf die Abwehr einer Beeinträchtigung gerichtet sei, die sich als Folge eines schlicht hoheitlichen Handelns der Verwaltung als unzumutbar darstelle. Die Voraussetzungen eines solchen Unterlassungsanspruchs seien vorliegend gegeben, weil der Kläger zur Überzeugung der Kammer im Einzelnen nachgewiesen habe, dass die sich aus der Baugenehmigung und dem dort in Bezug genommenen schalltechnischen Gutachten ergebenden Auflagen zur Lärmreduzierung mehrfach bei verschiedenen Veranstaltungen, die in dem Kultur- und Gemeindezentrum stattgefunden hätten, nicht eingehalten worden seien. Zur Vermeidung unzumutbarer Lärmimmissionen auf das Grundstück des Klägers sei indessen, wie aus dem schalltechnischen Gutachten R... folge, die Beachtung der Schallminderungsauflagen erforderlich, so dass die Beklagte zur Gewährleistung der sich aus diesen Auflagen ergebenden Verpflichtungen zu verurteilen sei. Darüber hinaus könne der Kläger auch verlangen, dass die Beklagte dafür Sorge trage, dass im Zusammenhang mit der Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr an seinem Anwesen ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) nicht überschritten werde. Zwar sei die Einhaltung eines bestimmten Beurteilungspegels nicht Gegenstand der Baugenehmigung vom 10. November 2010. Der Kläger könne die Einhaltung dieses Beurteilungspegels aber gleichwohl beanspruchen, weil dieser unterhalb des Pegels liege, den die Kammer – und ihr folgend auch der erkennende Senat - ihrem rechtkräftigen Urteil vom 29. August 2012 bezüglich der Baugenehmigung vom 10. November 2010 zugrunde gelegt habe und insoweit auch eine Rechtsverletzung des Klägers in der Vergangenheit erfolgt sei.

17

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft von einem, dem Kläger ihr gegenüberzustehenden Anspruch auf Einhaltung der Auflagen der Baugenehmigung ausgegangen. Ein solcher Anspruch könne aber allenfalls gegenüber dem Träger der Bauaufsichtsbehörde geltend gemacht werden. Das Begehren des Klägers könne auch nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch gestützt werden, weil sie, die Beklagte, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts in der Vergangenheit die Auflagen der Baugenehmigung eingehalten habe. Ungeachtet dessen sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch deshalb fehlerhaft, weil der Urteilstenor zu unbestimmt und damit nicht vollstreckbar sei. Schließlich habe das Verwaltungsgericht bezüglich der Verurteilung bezüglich der Einhaltung eines Beurteilungspegels von 45 dB(A) für den Zeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr fehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass nach den einschlägigen Regelwerken für sogenannte seltene Ereignisse dem Kläger auch ein höherer Beurteilungspegel zumutbar sei.

18

Die Beklagte beantragt,

19

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 13. April 2016 die Klage abzuweisen.

20

Der Kläger beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Hilfsweise beantragt er sinngemäß,

23

die Beklagte wie in erster Instanz zu verurteilen, jedoch mit der Einschränkung, dass Lärmimmissionen bei seltenen Ereignissen im Umfang und im Rahmen des § 5 Abs.2 Satz2 LImSchG zulässig sind.

24

Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und hebt nochmals hervor, dass die Beklagte in der Vergangenheit die sich aus der Baugenehmigung ergebenden Auflagen zur Lärmminderung bei eigenen Veranstaltungen wiederholt nicht eingehalten und bei Veranstaltungen der Mieter des Kultur- und Gemeindezentrums nicht gewährleistet habe, die Auflagen zu beachten. Hieraus ergebe sich der mit der Klage geltend gemachte und vom Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Urteil zugesprochene Unterlassungsanspruch.

25

Die Beklagte tritt dem Hilfsantrag entgegen und beantragt,

26

die dahingehende Klageänderung nicht zuzulassen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Ferner wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (6 Ordner), die das Kultur- und Gemeindezentrum betreffenden Bauakten (1 Heftung), sowie die Gerichtsakten 3 L 1615/10.MZ, 3 K 47/12.MZ, 3 K 701/15.MZ und 6 K 1/14.MZ Bezug genommen. Die genannten Vorgänge lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

28

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang führt sie teilweise zum Erfolg.

29

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Hilfsantrag des Klägers ist zulässig, jedoch entbehrlich. Diesen Antrag versteht der Senat dahin, dass der Kläger seinen Klageantrag zu 4. aus der ersten Instanz mit dem Ziel ergänzt, dass hilfsweise von einer Verurteilung der Beklagten zur Einhaltung eines Beurteilungspegels von 45 dB(A) in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr abgesehen werden soll, soweit nach § 5 Abs. 5 Satz 2 LImschG Ausnahmen für seltene Ereignisse vorgeschrieben sind. Diese Modifizierung des Antrags stellt keine Klageänderung dar, die nur unter den sich aus § 91 VwGO ergebenden Einschränkungen zulässig wäre. Da der Kläger mit seinem Hauptantrag sein Begehren uneingeschränkt weiterverfolgt und sein „Hilfsantrag“ nicht auf ein Aliud, sondern auf ein Minus im Verhältnis zum Hauptantrag ausgerichtet ist, wird der Streitgegenstand nicht verändert. Nach § 173 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2. ZPO liegt keine Änderung der Klage vor, wenn, wie hier, ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag beschränkt wird. Der Senat wäre daher auch ohne den Hilfsantrag befugt, das damit beantragte Urteil zu erlassen.

30

Die danach zulässige Klage ist auch zum überwiegenden Teil begründet.

31

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte wegen unzumutbarer, von dem Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrums ausgehender und auf sein Grundstück einwirkender Geräuschemissionen ein mit der allgemeinen Leistungsklage verfolgbarer öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht.

32

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich ein Betroffener mit einem öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, der seine Grundlage in dem grundrechtlichen Abwehranspruch nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG oder einer analogen Anwendung der §§ 1004 und 906 BGB findet, gegen Beeinträchtigungen zur Wehr setzen kann, die von einer öffentlichen Einrichtung ausgehen, die die Gesundheit schädigen, schwer und unerträglich in das Eigentum eingreifen oder nach den für die Beurteilung der Zumutbarkeit heranzuziehenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr hinnehmbar sind. (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. April 1988 - 7 C 33.87 und vom 19. Januar 1989 – 7 C 77/87 –; OVG RP, Urteil vom 31. Mai 1992 – 7 A 11904/91.OVG – sowie vom 16. Mai 2012 – 8 A 10042/12.OVG –; jeweils zitiert nach juris). Für die Beantwortung der Frage, ob eine Geräuschimmission die Benutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt, ist § 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – heranzuziehen, der auch für die hier vorliegende öffentliche Einrichtung und deren Betrieb gilt. Geräuschimmissionen sind danach dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne der genannten Bestimmungen verursachen. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen sind, d.h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) ist dabei – sofern vorhanden – anhand einschlägiger technischer Regelwerke zu beurteilen. Sofern für die Ermittlung und Bewertung der auf die Nachbarschaft einwirkenden Geräusche keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren oder Lärmwerte rechtlich verbindlich vorgegeben sind, sind die Umstände des konkreten Einzelfalles maßgeblich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B55/03 –, juris, m.w.N.).

33

Vorliegend sind, wie das Verwaltungsgericht bereits in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 29. August 2012 – 3 K 47/12.MZ – verbindlich entschieden hat, zur Beurteilung der durch den Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrums ausgehenden Geräuschimmissionen die „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche – Freizeitlärm-Richtlinie –“ (hier in der Fassung des Rundschreibens des Ministeriums für Umwelt Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 22. Juli 2015) heranzuziehen, weil das Lärmpotential, das mit den in dem Gebäude stattfindenden Veranstaltungen verbunden ist, mehr dem Emissionscharakter der in der Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten Freizeitanlagen ähnlich ist als dem der von der TA-Lärm erfassten gewerblichen Anlagen (ebenso: Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2012 – 1 A 11081/12.OVG –, mit dem der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt worden ist). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich das Gebiet, in dem sowohl das Wohnhaus des Klägers als auch das benachbarte Kultur- und Gemeindezentrum der Beklagten liegen, keinem nach der Baunutzungsverordnung vorgesehen Gebietstypus eindeutig zuordnen lässt, der maßgebliche Gebietsbereich vielmehr eine Gemengelage aufweist, ist bezüglich der Zumutbarkeit des von dem Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrums ausgehenden Lärms grundsätzlich von einem als Immissionsrichtwert einzuhaltenden Mittelwert oberhalb des arithmetischen Mittels zwischen den in der Freizeitlärm-Richtlinie angegebene Immissionsrichtwerten für allgemeine Wohngebiete [tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A) sowie nachts 40 dB(A)] und denen für Kern-, Dorf- bzw. Mischgebiete [tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit 60 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen 55 dB(A) sowie nachts 45 dB(A)] auszugehen (vgl. den genannten Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2012 a.a.O.).

34

Dies zugrunde gelegt, hält der Senat in Ansehung der örtlichen Gegebenheiten Lärmimmissionen, die von dem Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrums auf das Grundstück des Klägers ausgehen, für diesen grundsätzlich dann nicht mehr für zumutbar, wenn sie werktags außerhalb der Ruhezeit einen Beurteilungspegel von etwa 58 dB(A), werktags innerhalb der Ruhezeit sowie an Sonn- und Feiertagen von etwa 53 dB(A) und nachts von etwa 43 dB(A) überschreiten. Wie sich aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten R... vom 8. November 2010 ergibt, können die von dem Betreib der streitigen Halle ausgehenden Richtwerte für ein M i s c h g e b i e t nur dann eingehalten werden, wenn bei lärmintensiver Nutzung „nachts“ die Außenbauteile lärmintensiv genutzter Räume ständig geschlossen, die Türen des Haupteingangs nur kurzdauernd zum Durchgehen geöffnet und der näher bezeichnete Raucherbereich im Freien nicht genutzt wird. Die Einhaltung der entsprechenden Richtwerte für Sonn- und Feiertage (tags) sowie für Werktage innerhalb der Ruhezeit setzt nach den Ausführungen des Gutachters voraus, dass während lärmintensiver Nutzung des Saals die Oberlichter ständig geschlossen bleiben. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte diese Lärmminderungsmaßnahmen nicht beachtet. Auf diese Darlegungen, die von der Beklagten nicht mit der erforderlichen Substantiierung angegriffen werden, nimmt der Senat Bezug. Ist danach davon auszugehen, dass durch die Nichtbeachtung der in dem Gutachten R... vorgegeben Lärmminderungsmaßnahmen die zulässigen Immissionsrichtwerte für Mischgebiete überschritten wurden, so gilt dies erst recht für eine Überschreitung der hier relevanten niedrigeren Werte für die Gemengelage, in der sowohl das Kultur- und Gemeindezentrum als auch das Hausgrundstück des Klägers liegen.

35

Angesichts der festgestellten mehrfachen Verstöße gegen die als Auflagen zur Baugenehmigung verfügten Lärmminderungsmaßnahmen und der daraus resultierenden Wiederholungsgefahr ist der Senat deshalb mit dem Verwaltungsgericht der Überzeugung, dass der Kläger einen gegen die Beklagten gerichteten Anspruch auf Unterlassung vom Lärmimmissionen durch den Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrums hat, soweit sie die oben genannten Beurteilungspegel während der angegeben Zeiten überschreiten.

36

Da der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch auf die Abwehr von Störungen und unzumutbaren Belästigungen, nicht aber auf ein Gebot eines bestimmten Verhaltens gerichtet ist, bleibt es grundsätzlich dem die Störung verursachenden Träger der öffentlichen Verwaltung überlassen, welche Mittel er einsetzt, um den Anspruch zu erfüllen (vgl. BVerfG Beschluss vom 6. Oktober 2009 –2 BvR 693/09 –, NJW 2010, 220). Etwas Anderes kann aber dann gelten, wenn lediglich eine konkrete Handlung oder Unterlassung geeignet ist, das störende Verhalten abzustellen oder wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (vgl. BVerfG a.a.O. und BGH, Urteil vom 12. Dezember 2003 – V ZR 98/03 –, NJW 2004, 1035). Hier wäre zwar theoretisch denkbar, dass die Beklagte die Durchführung von Veranstaltungen während der Nacht- und Ruhezeiten gänzlich unterlässt, dies erscheint aber lebensfremd. Andere in gleicher Weise zur Verhinderung unzumutbarer Lärmimmissionen für den Kläger geeignete Maßnahmen hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Der Kläger kann daher die Beachtung der angesprochenen Lärmminderungsmaßnahmen verlangen.

37

Hinzu kommt, dass die Beklagte durch die Baugenehmigung vom 10. November 2010, deren Rechtmäßigkeit durch das Urteil des VG Mainz vom 29. August 2012 – 3 K 47/12.MZ – und den Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2012 – 1 A 11081/12.OVG – rechtskräftig festgestellt wurde, verpflichtet ist, die Halle nur unter Beachtung der sich aus dem in der Baugenehmigung in Bezug genommenen schalltechnischen Gutachten R... vom 8. November 2010, insbesondere aus Abschnitt 7 ergebenden Schallschutzmaßnahmen betreiben darf. Zwar vermitteln diese (nachbarschützenden) Auflagen der Baugenehmigung dem Kläger zunächst keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Beklagte auf deren Einhaltung, sondern nur einen Anspruch gegen den Träger der Bauaufsichtsbehörde auf bauordnungsrechtliches Einschreiten. Da aber danach für die Beklagte verbindlich feststeht, dass sie das Kultur- und Gemeindezentrum nur unter Beachtung der Lärmminderungsmaßnahmen betreiben darf, ist der Betrieb der Halle ohne die Beachtung dieser Lärmschutzmaßnahmen nicht von der Genehmigung gedeckt und daher illegal. Wollte man grundsätzlich von einem Ermessensspielraum der Beklagten bei der Auswahl der Maßnahmen zur Vermeidung unzumutbarer Lärmimmissionen auf das Grundstück des Klägers ausgehen, so wäre dieser jedenfalls durch die Baugenehmigung vom 10. November 2010 dahingehend eingeschränkt, dass der Kläger vorliegend die Einhaltung der Auflagen der Baugenehmigung zum Lärmschutz verlangen kann (vgl. auch zur Durchsetzung der nachbarschützenden Auflage einer Baugenehmigung betreffend das Schließen der Fenster während der Übungsstunden einer Ballettschule im Wege eines quasinegatorischen Unterlassungsanspruchs im Zivilrecht BGH, Urteil vom 26. Februar 1993 – V ZR 74/92 –, juris).

38

Soweit die Beklagte vorträgt, dem vom Kläger mit seinen Klageanträgen zu 1. bis 3 geltend gemachten Anspruch stehe jedenfalls entgegen, dass die entsprechenden Auflagen in der Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt und damit nicht vollstreckbar seien, vermag ihr der Senat darin nicht zu folgen.

39

Die mit dem gerichtlichen Hinweis vom 30. Dezember 2016 ausgesprochenen diesbezüglichen Bedenken hält der Senat nicht mehr aufrecht. Auf der Grundlage einer Auslegung des Baugenehmigungsbescheides vom 10. November 2010 ist davon auszugehen, dass dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot Genüge getan ist. Für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Hier muss bei der Auslegung des in der Baugenehmigung als Auflage in Bezug genommenen Gutachtens R... insbesondere beachtet werden, dass die Wortfolge „lärmintensive Nutzung“ nicht isoliert verwendet wird. Vielmehr ist von einer „ …lärmintensive(n) Nutzung…im Rahmen geselliger Veranstaltungen ( Musikveranstaltungen, Feiern, Jubiläen u.ä)… die Rede, zu deren Beurteilung die „ …VDI-Richtlinie 3726 zum Innengeräusch von Gaststätten herangezogen…“ werde. Zudem wird in dem in Bezug genommenen Gutachten auf Seite 8 ausgeführt, es sei davon auszugehen, „… dass eine eventuelle Lärmeinwirkung auf die Nachbarschaft vorrangig durch Musikdarbietungen – live, ggf. elektroakustisch verstärkt, bzw. durch den Betrieb einer Beschallungsanlage – … verursacht wird…“. Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass mit „lärmintensiven Veranstaltungen, diejenigen Ereignisse, Feste, Events, Versammlungen, Sitzungen, Konzerte etc. gemeint sind, bei denen durch die bloße Zahl der anwesenden Personen, durch Bands, Orchester, Musikgruppen, Chöre, Einzelunterhalter mit oder ohne elektroakustische Verstärkung Lärm entsteht.

40

Auch die Bedeutung der Bezeichnung „lärmintensiv genutzte Räume“ ist für den Adressaten des Verwaltungsaktes hinreichend eindeutig. Darunter werden erkennbar die Räume verstanden, die für die vorstehend bezeichneten lärmintensiven Veranstaltungen genutzt werden.

41

Hiernach ergibt sich bei einer sachgerechten Auslegung der genannten Auflage 7.3 nach Auffassung des Senats mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die dort geforderten Beschränkungen des Betriebs für „lärmintensive Nutzungen“ (Geschlossenhalten von Fenstern und Oberlichtern) auf Veranstaltungen beziehen, die mit Musikdarbietungen, einem Abspielen von Musik oder der Verwendung einer Beschallungsanlage verbunden sind.

42

Soweit die Beklagte weiter geltend macht, der ihr vom Verwaltungsgericht auferlegten Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass während lärmintensiver Veranstaltungen zwischen nach 22.00 Uhr und 6.00 Uhr die Türen des Haupteingangs nur kurzdauernd zum Durchgehen geöffnet werden und der Raucherbereich nicht genutzt wird, finde in dem Gutachten R... keine Stütze, kann der Senat diese Auffassung nicht teilen. Vielmehr hat der Gutachter unter 6.2.1 (Seite 24) ausdrücklich ausgeführt, dass (ohne Einschränkung nach Art der Veranstaltung) die Türen des Haupteingangs nur kurzdauernd zum Durchgehen geöffnet werden dürfen und der in der Anlage 1 eingetragene Raucherbereich im Freien während der Nachtzeit, das heißt zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, nicht genutzt werden darf.

43

Soweit das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt hat, dafür Sorge zu tragen, dass im Zusammenhang mit der Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr an dem Anwesen des Klägers ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) nicht überschritten wird, ist die Berufung teilweise begründet. Dies ergibt sich daraus, dass das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen hat, dass diese Vorgabe, die von der Beklagten im Grundsatz nicht angegriffen wird, nur für den „Normalbetrieb“ Geltung beanspruchen kann. In Sonderfällen, bei sogenannten seltenen Ereignissen, wie sie in § 5 Abs. 2 Satz 2 Landesimmissionsschutzgesetz – LImSchG – näher umschrieben werden (vgl. dazu auch den einen weiteren Rechtstreit der Beteiligten betreffenden Beschuss des Senats vom 9. Dezember 2016 – 1 A 10417/16.OVG – sowie OVG RP Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04. OVG –, juris), sieht indessen die Regelung 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie vielmehr ausdrücklich vor, dass an bis zu 18 Tagen tagsüber und für den Zeitraum von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr ein Beurteilungspegel von bis zu 70 dB(A) und im Zeitraum von 24.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein Pegel von 55 dB(A) zumutbar ist, wobei allerdings in dem letztgenannten Zeitraum Geräuschspitzen von 65 dB(A) nicht überschritten werden dürfen und die Beklagte in Anknüpfung an Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie gehalten ist, den Kläger 14 Tage vorher über Art, Dauer und Ende der jeweiligen Veranstaltung zu unterrichten. In diesem Sinn ist der vom Kläger geltend gemachte, vom Verwaltungsgericht in vollem Umfang zugesprochene Unterlassungsanspruch beschränkt, so dass die Berufung der Beklagten insoweit zum Erfolg führen muss.

44

Aus Gründen der Klarstellung erscheint es dem Senat geboten, den Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils neu zu fassen und im Hinblick auf die erforderliche Bestimmtheit des Ausspruchs im Hinblick auf eine Vollstreckung festzustellen, dass der von der Beklagten zu beachtende Immissionsrichtwert am Haus des Klägers gemäß Nr. 3 der Freizeitlärm-Richtlinie nach den Bestimmungen des Anhangs (Nrn. 1.2 i. V.m. 3.2.2.1) der 18. BImschV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) zu messen ist.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.

46

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.v.m. §§ 708 ff ZPO.

47

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

48

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 12.000,- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen Geräuschimmissionen, die von einem benachbarten, als öffentliche Einrichtung gewidmeten Kultur- und Gemeindezentrum auf sein Wohngrundstück einwirken. Die Baugenehmigung für das Kultur- und Gemeindezentrum, gegen die der Kläger erfolglos geklagt hat, sieht u.a. Lärmschutzauflagen vor. Das Verwaltungsgericht gab der Unterlassungsklage statt und verurteilte die beklagte Gemeinde dafür zu sorgen, dass die Nutzung des Kultur- und Gemeindezentrums unter Einhaltung der tenorierten Lärmschutzauflagen erfolgt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Auflagen zur Klarstellung neu gefasst und für seltene Veranstaltungen höhere Beurteilungspegel vorgesehen; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II

2

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das trifft auf die von der Beschwerde formulierten Grundsatzfragen - ungeachtet dessen, ob die Begründung den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt - sämtlich nicht zu.

4

a) Die Frage,

Gilt für Gemeindezentren die Freizeitlärm-Richtlinie oder die TA Lärm?

würde sich - auch ungeachtet einer Bindungswirkung des im vorangegangenen gegen die Baugenehmigung gerichteten Baunachbarstreit ergangenen Urteils - in einem Revisionsverfahren so nicht stellen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass es - solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind - der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten bleibt, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. In diesem Zusammenhang können als Orientierungshilfe zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Lärmeinwirkungen auch technische Regelwerke herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz - nunmehr Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) - verabschiedeten und mehrfach fortgeschriebenen "Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche" (Freizeitlärm-Richtlinie, Stand 6. März 2015; vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 = juris Rn. 8 m.w.N.).

5

Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat - ebenso wie das von der Beklagten im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Schallschutzgutachten von Dipl.-Ing. R. vom 8. November 2010 - die Freizeitlärm-Richtlinie herangezogen, weil das mit den im Kultur- und Gemeindezentrum stattfindenden Veranstaltungen verbundene Lärmpotenzial dem Emissionscharakter der in der Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten Freizeitanlagen ähnlicher sei als dem der von der TA Lärm erfassten gewerblichen Anlagen. Gegen diese tatrichterliche Würdigung kann die Beklagte sich nicht mit einer Grundsatzrüge wenden. Abgesehen davon legt sie weder dar noch ist sonst ersichtlich, warum die im Wesentlichen auf (technischen) Anlagenlärm zugeschnittene TA Lärm als Orientierungshilfe geeigneter sein sollte. Vom Anwendungsbereich der TA Lärm sind nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen ausdrücklich ausgenommen (Nr. 1 Buchst. b).

6

b) Auch die Frage,

Sind seltene Ereignisse nur solche im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 2 LImSchG Rheinland-Pfalz?

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht hat in Ziffer 5 des Tenors und in den hierauf bezogenen Urteilsgründen (UA S. 15) unter Hinweis auf die Regelung Nr. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie ausdrücklich auf seltene Ereignisse abgestellt und dabei auf § 4 Abs. 5 Satz 2 des Landes-Immissionsschutzgesetzes (LImSchG) vom 20. Dezember 2000 (GVBl. S. 578, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 19. August 2014, GVBl. S. 194) Bezug genommen; soweit es § 5 LImSchG zitiert hat, handelt es sich dabei offensichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung. Die Ausfüllung des Begriffs des seltenen Ereignisses im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie, die keine Rechtsquelle darstellt, ist keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung und daher nicht revisibel (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 - BRS 71 Nr. 168 Rn. 4). Ob eine Veranstaltung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 LImSchG erfüllt, namentlich für ihre Durchführung ein öffentliches Bedürfnis besteht, betrifft ebenfalls die Anwendung und Auslegung nicht revisiblen Landesrechts. Auf die Auslegung von Nr. 6.3 der TA Lärm kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der Beschwerde schon deshalb nicht an, weil das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Einzelfallwürdigung die TA Lärm nicht herangezogen hat.

7

c) Aus diesem Grund wäre die Frage,

Ist Nr. 6.7 der TA Lärm in Fällen des § 34 Abs. 1 BauGB anwendbar?

in einem Revisionsverfahren ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht stützt seine Ausführungen zur Gemengelage nicht auf Nr. 6.7 der TA Lärm. Der Verweis der Beschwerde auf die unter Nr. 3 der Freizeitlärm-Richtlinie vorgesehene subsidiäre Geltung der TA Lärm führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Nr. 3 betrifft nur den zulässigen Rückgriff auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung festgelegt sind. Die vom Oberverwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen behandelten und in den tenorierten Auflagen Nr. 4 und 5 vorgesehenen Beurteilungspegel orientieren sich dagegen offenkundig an den in Nr. 4.1 Buchst. c und d sowie Nr. 4.4.2 Buchst. a, b und e der Freizeitlärm-Richtlinie vorgesehenen Werten. Das belegt schon die Verwendung des Begriffs "Ruhezeit", den die TA Lärm so nicht kennt (vgl. Nr. 6.5 der TA Lärm "Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit"). Ungeachtet dessen hat das Oberverwaltungsgericht - wie schon das Verwaltungsgericht - in den tenorierten Auflagen ohnehin nicht auf den errechneten Mittelwert von 43 dB(A), sondern - dem Antrag des Klägers entsprechend - auf den für die Beklagte günstigeren Nachtwert von 45 dB(A) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete abgestellt.

8

d) Die Frage,

Sind nachbarschützende Genehmigungsauflagen Anspruchsgrundlagen?

würde sich so formuliert nicht stellen, weil das Oberverwaltungsgericht den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch nicht auf die Schallschutzauflagen in der Baugenehmigung, sondern auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bzw. eine analoge Anwendung der §§ 1004, 906 BGB gestützt hat. Sofern sie in Wahrheit darauf zielt, ob der Nachbar in solchen Fällen nur einen Anspruch gegen die Genehmigungsbehörde auf bauaufsichtliches Einschreiten hat, lässt sie sich verneinen, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

9

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es einem lärmbetroffenen Nachbarn unbenommen ist, sein Rechtsschutzziel (Schutz vor Lärmimmissionen) sowohl mittels Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Einrichtung als auch im Wege einer Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Bauaufsichtsbehörde zu verfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 = juris Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Februar 1993 - V ZR 74/92 - BGHZ 122, 1 LS). Dies gilt nicht nur für die Fälle, in denen der Unterlassungsanspruch gegen den privaten Betreiber auf dem Zivilrechtsweg verfolgt werden muss, sondern auch dann, wenn für die Unterlassungsklage der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, weil es sich - wie hier - um eine von der Gemeinde betriebene öffentlich-rechtliche Einrichtung handelt.

10

e) Schließlich wäre auch die auf das im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Schallschutzgutachten von Dipl.-Ing. R. vom 8. November 2010 zielende Frage,

ob Gutachten gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden können,

in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Das Schallschutzgutachten ist Bestandteil der Baugenehmigung vom 10. November 2010; nach deren Inhalt sind insbesondere die in Abschnitt 7 des Gutachtens beschriebenen Schallschutzmaßnahmen zu beachten und einzuhalten (S. 2). Die vom Oberverwaltungsgericht gemäß §§ 133, 157 BGB vorgenommene Auslegung (UA S. 13 f.) betrifft folglich den Inhalt der Baugenehmigung. Entgegen der Auffassung der Beschwerde macht es insoweit keinen Unterschied, ob die Genehmigungsbehörde das Schallschutzgutachten oder Teile davon in die Baugenehmigung "einrückt" oder sich dessen Inhalt im Wege der Bezugnahme zu eigen macht. Dass die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB auf öffentlich-rechtliche Erklärungen, d.h. u.a. auf Verwaltungsakte, entsprechend anzuwenden sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 27 m.w.N.).

11

2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

12

a) Mit der Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, weil es ohne vorherige Ankündigung erst im Urteil von seinem Schreiben vom 30. Dezember 2016 abgerückt sei und so eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen habe, dringt die Beklagte nicht durch.

13

Der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung verbietet es, dass das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens und unter Berücksichtigung der Vielfalt der vertretenen Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - juris Rn. 16, 18 und vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 38 jeweils m.w.N.). Die Garantie des rechtlichen Gehörs kann deshalb auch dann verletzt sein, wenn das Gericht im Laufe des Verfahrens seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs in hinreichend eindeutiger Weise zu erkennen gegeben hat und dann - ohne vorherigen Hinweis - von dieser wieder abrückt, so dass dem Prozessbeteiligten ein Vortrag zur geänderten Auffassung nicht mehr möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 7 B 26.15 - AbfallR 2016, 250 = juris Rn. 11 m.w.N.).

14

Daran gemessen ist eine Überraschungsentscheidung hier nicht dargetan. Das Oberverwaltungsgericht war nicht gehalten, in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2017 ausdrücklich vom Inhalt seines Schreibens vom 30. Dezember 2016 abzurücken. Dieses Schreiben lässt nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich der Frage nach dem vollstreckungsfähigen Inhalt der Begriffe "lärmintensive Veranstaltungen" bzw. "lärmintensive Nutzungen" oder der Anwendbarkeit der TA Lärm bereits im Sinne der Beklagten festgelegt sei. Es dient lediglich zur Erläuterung des Beschlusses vom 20. Dezember 2016 über die Zulassung der Berufung und betont ausdrücklich, dass mit der Zulassung keine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung verbunden sei. Als Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer rechtlichen Bewertung scheidet es daher aus.

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) verstoßen, weil es das von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Schallgutachten des Ingenieurbüros G. vom 28. August 2016 nicht gewürdigt hat.

16

Die Beschwerde legt schon nicht dar, dass es auf dieses Gutachten entscheidungserheblich ankommt. Es verhält sich dazu, ob die Auflage unter Nr. 7.3 des Schallschutzgutachtens von Dipl.-Ing. R. vom 8. November 2010, wonach die Außenbauteile lärmintensiv genutzter Räume nachts ständig geschlossen zu halten sind, aus schalltechnischer Sicht für die gesamte Veranstaltungszeit einschließlich Pausen gilt (S. 1). Diese Frage stellt sich schon deshalb nicht, weil die Baugenehmigung einschließlich des zu ihrem Bestandteil erklärten Schallschutzgutachtens von Dipl.-Ing. R. bestandskräftig geworden ist. Eine nachträgliche Auslegung der Schallschutzauflagen durch einen Drittgutachter, die der Sache nach auf eine formlose Änderung der Auflagen hinaus liefe, scheidet daher aus.

17

c) Ein Aufklärungsmangel liegt auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht keine Tatsachenfeststellungen zu den tatsächlichen Lärmbelastungen getroffen, sondern nur festgestellt hat, dass die Fenster und Oberlichter des Kultur- und Gemeindezentrums zur Nachtzeit geöffnet waren.

18

Die Beschwerde übersieht, dass der Unterlassungsanspruch des Klägers nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht davon abhängt, ob der Betrieb des Kultur- und Gemeindezentrum nachweislich zu unzumutbaren Lärmbelästigungen geführt hat. Über die in den Schallschutzauflagen der Baugenehmigung festgesetzten Verhaltensanordnungen wird ein abstrakter Gefährdungstatbestand normiert, der den Schutz des Nachbarn vorverlagert. Das Verhaltensgebot gegenüber der Beklagten, die Außenbauteile lärmintensiv genutzter Räume nachts ständig geschlossen zu halten, wird seinem Zweck nur gerecht, wenn seine Durchsetzung unabhängig von den Auswirkungen im jeweiligen Einzelfall gewährleistet ist. Der Kläger muss daher nicht nachweisen, dass ein Verstoß gegen die gerade auch seinen Schutz bezweckenden Auflagen ihn konkret beeinträchtigt oder solche Beeinträchtigungen unmittelbar bevorstehen (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1996 - V ZR 335/95 - DVBl. 1997, 424 = juris Rn. 10). Vielmehr reicht aus, dass - wie das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts festgestellt hat - die Beklagte die Lärmschutzauflagen in der Vergangenheit nachweislich wiederholt nicht beachtet hat.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. März 2013 ist wirkungslos geworden.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wandte sich mit einer Drittanfechtungsklage gegen den der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid der Beklagten vom 22. November 2011 für den Neubau eines Hotels in maximal viergeschossiger Bauweise mit 54 Hotelzimmern sowie eines Parkhauses mit 470 Stellplätzen (aufgegliedert in 50 Stellplätze für die Hotelnutzung, 200 Stellplätze für die Anwohner- und Quartiersnutzung sowie 220 sonstige Stellplätze im Sinne einer öffentlichen Parkhausnutzung) auf einem innerstädtischen Areal (FlNr. ... und ... der Gemarkung Regensburg). Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 21. November 1983 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. ... „U...“. Das mit einem Wohnhaus (W.-str. ...) bebaute Grundstück der Klägerin (FlNr. ... der Gemarkung Regensburg) liegt (außerhalb des Geltungsbereichs des vorgenannten Bebauungsplans) auf der südlichen Seite der W.-straße und direkt gegenüber der beabsichtigten Parkhausein- und -ausfahrt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 21. März 2013 ab. Mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgte die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits wurde die dreijährige Geltungsfrist des Vorbescheides (Art. 71 Satz 2 BayBO) nicht gemäß Art. 71 Satz 3 BayBO verlängert. Die Beigeladene hatte vor Ablauf der Geltungsfrist auch keinen Verlängerungsantrag gestellt. Im Anschluss an ein Hinweisschreiben des Senats haben die Parteien mit Schriftsätzen vom 13. Juli 2016 (Klägerin) und vom 26. Juli 2016 (Beklagte) den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

1. Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigterklärungen der Parteien beendet und einzustellen; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. März 2013 ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend).

2. Die Kostenentscheidung ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands des Rechtsstreits zu treffen. Für die hierbei maßgebliche Beurteilung der Erfolgsaussichten bis zum Eintritt der Erledigung kommen wegen des kursorischen Charakters der Kostenentscheidung etwa erforderliche weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht in Betracht; auch schwierige Rechtsfragen sind nicht mehr zu entscheiden (BayVGH, B. v. 25.09.2007 - 26 N 05.1670 - juris Rn. 2; B. v. 5.2.2015 - 15 N 12.1518 - juris Rn. 2). Bei Anwendung dieses Maßstabes entspricht es der Billigkeit, die Kosten der Klägerin und der Beklagten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen. Hierfür sprechen folgende Erwägungen:

a) Die Erfolgsaussichten der Klage und der Berufung sind bis zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses (Ablauf der dreijährigen Geltungsfrist des streitgegenständlichen Vorbescheides gem. Art. 71 Satz 2 BayBO, vgl. das Hinweisschreiben des Gerichts vom 20. Juni 2016 sowie BayVGH, U. v. 15.3.2010 - 1 BV 08.3157 - BayVBl. 2011, 439 f.) als offen zu bewerten. Auch wenn bei unterstellter Gültigkeit/Fortgeltung des Bebauungsplans aus dem Jahr 1983 eher fraglich ist, ob mit Blick auf die umfangreichen Befreiungen die „Grundzüge der Planung“ gewahrt blieben (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB), folgte aus einer entsprechenden objektiven Rechtsverletzung nicht automatisch eine für den Erfolg der Nachbaranfechtungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidende subjektive Rechtsverletzung der Klägerin. Ob der Bauvorbescheid vom 22. November 2011 gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen der Klägerin als Grundstücksnachbarin dienen, verstieß (zur sog. Schutznormtheorie vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m. w. N.) und ob daher die Berufung der Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich Erfolg gehabt hätte und damit der Bauvorbescheid unter Abänderung des klageabweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts vom 21. März 2013 aufgehoben worden wäre, hängt von diversen Sach- und Rechtsfragen ab, auf die im Rahmen der Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO im Detail nicht mehr einzugehen ist.

Dies betrifft u. a. die Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Gesichtspunkt einer Schadstoffbelastung der Luft durch Abgase und Feinstaub, die Frage hinsichtlich der Unwirksamkeit bzw. der Funktionslosigkeit des Bebauungsplans sowie die (hiermit zusammenhängende) Frage der Verletzung des sog. Gebietserhaltungsanspruchs (unter Einbeziehung einer nur auf Basis eines gerichtlichen Augenscheins zu ermittelnden „richtigen“ bauplanungsrechtlichen Einordnung des Baugrundstücks [im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans] sowie des klägerischen Grundstücks am Maßstab von § 34 Abs. 2 BauGB i. v. mit §§ 2 ff. BauNVO). Ebenfalls nicht abschließend entschieden werden muss, ob die im Vorbescheid thematisierten Befreiungen nachbarschützende Festsetzungen des (wirksamen?) Bebauungsplans betreffen und ob mit der in der Praxis nicht unüblichen Formulierung lediglich „in Aussicht gestellter“ Befreiungen bereits die Befreiung selbst mit Bindungswirkung (Art. 71 Satz 1 BayBO) ausgesprochen wurde (so die Beklagte klarstellend in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. März 2013; vgl. auch BayVGH, B. v. 30.11.2009 - 2 CS 09.1979 - juris Rn. 26; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand März 2016, Art. 71 Rn. 69 m. w. N.), ob lediglich eine Zusicherung i. S. von Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG abgegeben wurde (in diese Richtung S. 12 des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts) oder ob diese Formulierung den Vorbescheid dem Vorwurf der Unbestimmtheit am Maßstab von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG aussetzt (vgl. VG Aachen, U. v. 19.5.2015 - 3 K 2672/12 - juris Rn. 60).

b) Das Gericht sieht insbesondere die folgenden - in der Rechtsprechung (soweit ersichtlich) bislang nicht abschließend geklärten - Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Lärmbeurteilung als besonders schwierig an, was ausschlaggebend dafür ist, die Kosten des gesamten Rechtsstreits nicht lediglich gegeneinander aufzuheben, sondern der Beklagten und der Klägerin jeweils hälftig aufzuerlegen:

aa) Es stellt sich zum einen die Frage, ob der streitgegenständliche Vorbescheid zur Vermeidung eines Rücksichtnahmeverstoßes mit einer konkret lärmbezogenen Inhalts- oder Nebenbestimmung hätte versehen werden müssen, in der mit Blick auf das spätere Genehmigungsverfahren zu regeln gewesen wäre, dass das Parkhaus baulich so zu gestalten und die Nutzung des geplanten Hotels (insbesondere hinsichtlich des Außenbereichs bzw. der Spielfläche sowie des Anlieferungs- und Busverkehrs) in der vorzulegenden Betriebsbeschreibung i. S. von § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV so zu regeln sei, dass die einschlägigen Richtwerte der TA Lärm für ein Mischgebiet [60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts] in der Nachbarschaft und damit auch auf dem klägerischen Grundstück nicht überschritten werden.

Die Beklagte sah im behördlichen Verfahren keinerlei Veranlassung, der von dem streitgegenständlichen Vorhaben für die Nachbarschaft ausgehenden Lärmbelastung näher nachzugehen. Erst im Laufe des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens wurden eine schalltechnische Untersuchung der ...-GmbH vom 14. Februar 2013 und sodann eine ergänzende Stellungnahme desselben Fachbüros vom 6. März 2013 vorgelegt (vgl. auch die im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren ebenfalls eingereichte Stellungnahme der Abteilung Technischer Umweltschutz/Klimaschutz der Beklagten vom 14. März 2013).

Ob die Prognose der Beklagten, wonach hinsichtlich des geplanten Parkhauses lediglich mit 1.100 Fahrbewegungen in 24 Stunden zu rechnen sei (hierauf stellt Variante B der schalltechnischen Untersuchung vom 14. Februar 2013 ab), stichhaltig ist, kann im Rahmen der summarischen Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO nicht aufgeklärt werden. Allgemein geht die Rechtsprechung aber davon aus, dass hinsichtlich der Nutzungsfrequenz und damit auch für die Lärmbeurteilung eines Parkhauses grundsätzlich sachgerecht auf die Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umwelt (6. Aufl. 2007) zurückgegriffen werden kann (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 23.2.2009 - 2 CS 09.37 - juris Rn. 22; VG Bayreuth, U. v. 18.12.2013 - B 2 K 13.628 - juris Rn. 52), was sich in Variante C der schalltechnischen Untersuchung vom 14. Februar 2013 wiederfindet (Ergebnis: 2.424 Bewegungen in 24 Stunden). Das Verwaltungsgericht hat insofern auf Basis der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen (schalltechnische Untersuchung vom 14. Februar 2013, ergänzende schalltechnische Stellungnahme vom 6. März 2013) ausgeführt, dass auch die auf Grundlage der Nutzungsberechnung nach der Parkplatzlärmstudie ermittelten Lärmeinwirkungen aus dem Betrieb des Parkhauses die zur Konkretisierung der Zumutbarkeitsgrenzen des Rücksichtnahmegebots heranzuziehenden Immissionsrichtwerte gem. Nr. 6.1 der TA Lärm für ein Mischgebiet für die Tageszeit [60 dB(A)] am Anwesen der Klägerin einhalten und dass auch der für ein Mischgebiet einschlägige nächtliche Richtwert [45 dB(A)] dort jedenfalls unter bestimmten Bedingungen eingehalten werden kann (zur Bedeutung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift mit beschränkter Bindungswirkung auch gegenüber den Gerichten: BVerwG, B. v. 8.1.2013 - 4 B 23.12 - BauR 2013, 739 ff. = juris Rn. 5 m. w. N.; zur Heranziehung der TA Lärm für die Lärmbeurteilung bei einem Parkhaus vgl. auch VG Hamburg, B. v. 13.11.2015 - 9 E 2858/15 - juris Rn. 40 ff.). Das Verwaltungsgericht dürfte dabei grundsätzlich auf Basis der TA Lärm - d. h. unabhängig von der Betrachtung grundrechtlich relevanter Lärmschwellen [s.u. unter bb)] - zu Recht von der Betrachtung eines Summenpegels aus Gewerbelärm (hier: Parkhauslärm) und Straßenverkehr abgesehen haben, vgl. Nr. 2.4, Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 TA Lärm (vgl. hierzu auch BVerwG, B. v. 8.1.2013 a. a. O.; VG Karlsruhe, U. v. 19.11.2014 - 5 K 3789/12 - juris Rn. 76 ff.; VG Mainz, B. v. 7.10.2009 - 3 L 874/09.Mz. - juris Rn. 2 m. w. N.; zur vergleichbaren Rechtslage nach Maßgabe der 18. BImSchV: VG Ansbach, U. v. 8.11.2007 - AN 18 K 05.04260 - juris Rn. 101). Werden die prognostizierten Immissionswerte der Variante C der schalltechnischen Untersuchung vom 14. Februar 2013 sowie der ergänzenden schalltechnischen Stellungnahme vom 6. März 2013 herangezogen, ergibt sich folgendes Bild:

- Sollte das klägerische Grundstück in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i. v. mit § 4 BauNVO) liegen, wären der hierfür gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) TA Lärm geltende Immissionsrichtwert für die ungünstigste Nachtstunde [40 dB(A)] nach Maßgabe der schalltechnischen Begutachtung überschritten. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot wäre dann verletzt.

- Sollte nach dem Ansatz des Verwaltungsgerichts und nach dem Vortrag der Beklagten das klägerische Grundstück demgegenüber in einem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i. v. mit § 6 BauNVO) liegen, wäre von schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 BImSchG) und damit von einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zulasten der Klägerin auszugehen, wenn der nach der TA Lärm zu bemessende Dauerschallpegel am klägerischen Grundstück tagsüber den Wert von 60 dB(A) und nachts den Wert von 45 dB(A) überschreitet. Insofern kommt die schalltechnische Untersuchung vom 14. Februar 2013 allerdings für das klägerische Grundstück hinsichtlich der beiden dort für die Variante C betrachteten Ausführungsalternativen (Seiten 18 ff. - Alternative 1: Parkhaus mit Frequentierung nach Parkplatzlärmstudie - bauliche Gestaltung: Südfassade geschlossen, sonst offen; Alternative 2: Parkhaus mit Frequentierung nach Parkplatzlärmstudie - bauliche Gestaltung: Südfassade, Ostfassade und Nordwestfassade geschlossen) zu einer nächtlichen Belastung (lautestes Stunde) von jeweils 46 dB(A). Allerdings könnten nach der ergänzenden Stellungnahme der ...-GmbH vom 9. März 2013 durch eine Überdachung der Ein- und Ausfahrtsöffnung des Parkhauses die Immissionswerte geringfügig weiter gesenkt werden, so dass auch bei Zugrundelegung der Variante C am klägerischen Grundstück der für Mischgebiete relevante nächtliche Wert von 45 dB(A) einzuhalten sei.

In die Betrachtung der Lärmbelastung wurden allerdings die Nutzung der Außenflächen des geplanten Hotels (Spielanlagen) sowie der Lieferverkehr und der Busverkehr (Transport von Hotelgästen) für das Hotel nicht mit einbezogen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich Detailfragen zur Lärmsituation im späteren Baugenehmigungsverfahren klären und regeln lassen. Wird unterstellt, dass von einem faktischen Mischgebiet auszugehen ist und dass sich nach Maßgabe der TA Lärm die diesbezüglich einschlägigen Lärmrichtwerte jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen einhalten lassen, stellt sich dennoch die Frage, ob ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot vorliegt, weil es im streitgegenständlichen Bauvorbescheid keinen regelnden Niederschlag (z. B. durch Neben- oder Inhaltsbestimmungen) gefunden hat, dass die Lärmwerte der TA Lärm nur bei Einhaltung bestimmter baulicher Voraussetzungen sowie nur für den Fall, dass sich die Immissionssituation durch die Nutzung der Außenflächen des Hotels (Spielanlagen), den Lieferverkehr und den Busverkehr (Transport von Hotelgästen) nicht relevant erhöht, eingehalten werden. Denn ein Bauvorbescheid stellt gem. Art. 71 BayBO eine verbindliche hoheitliche, auf drei Jahre zeitlich befristete Erklärung der Bauaufsichtsbehörde dar, dass einem Vorhaben in bestimmter Hinsicht nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden öffentlichen Recht nach Maßgabe des einschlägigen Prüfprogramms (vgl. Art. 59, 60 BayBO) keine Genehmigungshindernisse entgegenstehen. Mit dem Vorbescheid wird nach Maßgabe der im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen über einen Teil des Gegenstandes der späteren Baugenehmigung feststellend vorweg und endgültig entschieden (zum Ganzen jeweils m. w. N.: Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2016, Art. 71 Rn. 21, 95, 98 f. m. w. N.; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Sept. 2015, Art. 71 Rn. 3, 43 ff.; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand März 2016, Art. 71 Rn. 4 ff.; vgl. auch BVerwG, U. v. 17.3.1989 - 4 C 14.85 - NVwZ 1989, 863 f.).

Nach der Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte ist, soweit nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens gefragt wird, auch das Rücksichtnahmegebot zwingend zu prüfen (BayVGH, U. v. 9.9.1999 - 1 B 96.3475 - juris Rn. 25, 26; VG München, U. v. 19.1.2015 - M 8 K 14.90 - juris Rn. 190 ff.; Molodovsky a. a. O. Art. 71 Rn. 40 m. w. N.; Jäde, BayVBl. 2002, 33/40). Ein Offenlassen oder ein „Verschieben“ auf das Baugenehmigungsverfahren ist also grundsätzlich nicht zulässig (a.A. für das nordrheinwestfälische Bauordnungsrecht: VG Aachen, U. v. 19.5.2015 - 3 K 2672/12 - juris Rn. 61 ff. m. w. N.). Auch im vorliegenden Fall waren die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und damit auch Lärmbelastungen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots grundsätzlich im Ganzen Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens. Soweit hieraus in der Kommentarliteratur der Schluss gezogen wird, dass die spätere Baugenehmigung mit Blick auf prüfpflichtige öffentlichrechtliche Maßstäbe nur versagt oder mit Anforderungen (insbes. Nebenbestimmungen) verbunden werden kann, soweit die Bindungswirkung eines Vorbescheides nicht besteht (Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 71 Rn. 105), muss überlegt werden, ob jedenfalls für den Fall, dass - wie hier hinsichtlich der Nachtwerte bei Annahme eines faktischen Mischgebiets - die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nur unter bestimmten Bedingungen „gerade so“ eingehalten werden können, zur Vermeidung eines Rücksichtnahmeverstoßes bereits im Vorbescheid eine sichernde Regelung aufzunehmen ist, die eine ggf. weitgehende Bindungswirkung zugunsten des Bauherrn (hier der Beigeladenen) ausschließt. Sofern - wie hier - ein (hinsichtlich der Lärmbelastung nicht völlig unproblematischer) Vorbescheid unter Verzicht auf eine diesbezügliche inhaltliche Zusatzregelung/Nebenbestimmung o.ä. gänzlich vorbehaltlos ergeht, würde sich im Falle seines Erwachsens in Bestandskraft ggf. die Frage stellen, ob damit die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und damit auch dessen Vereinbarkeit mit dem Rücksichtnahmegebot (auch in Bezug auf die Lärmbelastung) vollumfänglich und einschränkungslos feststehen. Ergänzende Nebenbestimmungen, die die Einhaltung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots etwa in Bezug auf Lärmfragen sichern könnten, wären dann bei der Erteilung der späteren Baugenehmigung ggf. ohne die (teilweise) Rücknahme des Vorbescheids gem. Art. 48 BayVwVfG nicht mehr zulässig.

Demgegenüber wird es in vereinzelten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs als möglich angesehen, dass im Vorbescheid nur die grundsätzliche (bauplanungsrechtliche) Zulässigkeit des Vorhabens mit bindender Wirkung für das Baugenehmigungsverfahren festgestellt werde, während bauliche und betriebsbezogene Ausgestaltungsfragen im Einzelnen dem Baugenehmigungsverfahren überlassen blieben (in diese Richtung: BayVGH, U. v. 15.12.1992 - 2 B 92.88 - NVwZ-RR 1993, 606 ff. = juris Rn. 51 ff.; B. v. 13.1.2010 - 2 ZB 08.3311 - juris Rn. 9). Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass ein beantragter Vorbescheid über die „grundsätzliche Bebaubarkeit des Grundstücks in der vorgesehenen Form“ zu erteilen ist, wenn das Vorhaben durch die Art der baulichen Gestaltung und durch technische Vorkehrungen im Einklang mit den Vorgaben des Rücksichtnahmegebots ausgeführt werden kann, (BVerwG, U. v. 3.4.1987 - 4 C 41.84 - NVwZ 1987, 884 ff. = juris Rn. 24; Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 71 Rn. 75). Im vorliegenden Fall wäre aber näher zu hinterfragen gewesen, ob der hier gestellte Vorbescheidsantrag mit Blick auf den Konkretisierungsgrad der vorgelegten Pläne so auszulegen war, dass mit ihm bereits vollumfänglich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit mit den wesentlichen Detailfragen zur Lärmbelastung sowie zum Rücksichtnahmegebot und damit mehr als die „grundsätzliche Bebaubarkeit“ erfragt wurde. Insoweit könnte der im Vorbescheid vom 22. November 2011 unter II. tenorierte allgemeine Vorbehalt („Weitere Nebenbestimmungen bleiben dem abschließenden Baugenehmigungsverfahren vorbehalten.“) zu offen formuliert bzw. zu unbestimmt sein, um der Beigeladenen im späteren Genehmigungsverfahren die Berufung auf die Bindungswirkung (Art. 71 Satz 1 BayBO) des Vorbescheides abzuschneiden. Soweit der Vorbescheid auf Seite 9 seiner Begründung die Möglichkeit anspricht, im abschließenden Baugenehmigungsbescheid Auflagen zur Fassadengestaltung zwecks Regelung der Lärmbelastung zu treffen, mag dies zwar insofern zusammen mit dem vorgenannten allgemeinen Nebenbestimmungsvorbehalt als noch hinreichend bestimmter Auflagenvorbehalt für Fragen der baulichen Ausführung angesehen werden können. Fraglich bleibt dies aber jedenfalls in Bezug auf ggf. hinzukommende Lärmbelastungen durch den Hotelbetrieb (Nutzung der Außenflächen/Spielflächen sowie Anlieferungs- und Busverkehr).

bb) Zudem war der Vorbescheid unter Lärmschutzgesichtspunkten auch deshalb rechtlich besonders problematisch, weil es bei Umsetzung des Vorhabens auf der Grundlage der von der Beklagten im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vorgelegten schalltechnischen Begutachtung unter Einbezug des Verkehrslärms bei Zugrundelegung der Variante C der schalltechnischen Untersuchung vom 14. Februar 2013 wohl zu einer Gesamtlärmbelastung im grundrechtsrelevanten Bereich gekommen wäre.

Die von der Beklagten vertretene - und grundsätzlich ordnungsgemäße - getrennte Betrachtung von Verkehrs- und Gewerbelärm ohne Summenbildung (s.o.) beruht auf der Bewertung, dass Verkehrs- und Gewerbelärm nicht miteinander vergleichbar sind (Schulze-Fielitz in Führ, GK-BImSchG, 2016, § 41 Rn. 35; vgl. auch BVerwG, U. v. 16.3.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 ff. = juris Rn. 390; B. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 - juris; VG Ansbach, U. v. 8.11.2007 - AN 18 K 05.04260 - juris Rn. 102). Eine Berechnung von Lärmbeeinträchtigungen nach Maßgabe eines Summenpegels unter Einbeziehung von Verkehrslärmvorbelastungen kann ausnahmsweise aber dann geboten sein, wenn es um eine Gesamtlärmbelastung geht, die die verfassungsrechtliche Schwelle zur Gesundheitsgefährdung oder zu Eingriffen in die Substanz des Eigentums überschreitet, und sei es auch nur durch Erhöhung einer bereits vorhandenen (bereits insofern kritischen) Gesamtvorbelastung (BVerwG, U. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 - NVwZ 2005, 591 = juris Rn. 45; VG Ansbach, U. v. 8.11.2007 a. a. O.; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, zu Nr. 2.4 Rn. 37). Eine exakte Grenze im Sinne eines eindeutigen grundrechtsrelevanten Grenzwerts lässt sich allerdings bislang nicht fixieren (OVG NW, B. v. 10.2.2015 - 2 B 1323/14.NE - juris Rn. 26). Nach der Rechtsprechung beginnt der aus grundrechtlicher Sicht kritische Wert jedenfalls in Wohngebieten bei einer Gesamtbelastung (summierte Lärmbelastung/Dauerschallpegel) oberhalb von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (BVerwG, U. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 - NVwZ 2005, 591 ff. = juris Rn. 44; U. v. 23.2.2005 - 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 ff. = juris Rn. 41 f.; U. v. 7.3.2007 - 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 ff. = juris Rn. 29; U. v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 ff. = juris Rn. 69; U. v. 15.12.2011 - 7 A 11.10 - NVwZ 2012, 1120 ff. = juris Rn. 30; B. v. 30.7.2013 - 7 B 40.12 - juris Rn. 10; BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040 - BayVBl 2016, 155 ff. und 199 ff. = juris Rn. 478; OVG NW, B. v. 10.2.2015 - 2 B 1323/14.NE - juris Rn. 26; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, zu Nr. 2.4 Rn. 37; Schulze-Fielitz in Führ, GK-BImSchG, 2016, § 41 Rn. 35; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 41 Rn. 53). In Mischgebieten wird z.T. ein Aufschlag vertreten; hiernach soll die grundrechtliche Schwelle erst bei 72 dB(A) tagsüber und 62 dB(A) nachts liegen (vgl. VGH BW, U. v. 27.6.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204 ff. = juris Rn. 75 m. w. N.; VG Düsseldorf, B. v. 25.5.2016 - 11 L 3994/15 - juris Rn. 64). Speziell zur Nachtruhe (vgl. auch Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm) ist zu berücksichtigen, dass das aus dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herrührende Abwehrrecht es der öffentlichen Gewalt verwehrt, ohne rechtfertigenden Grund durch aktives Tun mittels einer Entscheidung entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm am Entstehen von Gesundheitsschäden mitzuwirken (BayVGH, U. v. 25.11.2015 - 22 BV 13.1686 - GewArch 2015, 204 ff. = juris Rn. 90 - Anspruch auf behördliches Einschreiten gegen Gaststättenlärm). Bei Außenpegeln von 60 dB (A) zur Nachtzeit wird die theoretische „Aufweck“-Grenze als erreicht angesehen (zu den entsprechenden Innenpegeln vgl. Hofmann/Koch in Führ, GK-BImSchG, 2016, § 3 Rn. 156; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 41 Rn. 53), so dass langfristig Gesundheitsgefährdungen nicht auszuschließen seien. Die Möglichkeit eines ungestörten, zusammenhängenden Schlafens über acht Stunden hinweg setzt voraus, dass auch die von der TA Lärm nicht erfassten Geräusche keine Intensität aufweisen, die der Bejahung von „Nachtruhe“ und der Erfüllung des vom Vorschriftengeber damit beabsichtigten Schutzzwecks entgegenstehen. Denn es entspräche nicht der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, die Nachtruhe von Personen, die sich bereits einer hohen Belastung durch nicht der TA Lärm unterfallende Geräusche ausgesetzt sehen, durch die Zulassung eines Vorhabens, das den Lärmsummenpegel insgesamt erhöht, weiter einzuschränken (BayVGH, U. v. 25.11.2015 - 22 BV 13.1686 - GewArch 2015, 204 ff. = Rn. 92; VGH BW, U. v. 27.6.2002 - 14 S 2736/01 - GewArch 2003, 204 ff. = juris Rn. 75; unter dem Gesichtspunkt des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots vgl. auch OVG Berlin, B. v. 17.3.1999 - 2 S 6.98 - BauR 1999, 1004 ff. = juris Rn. 34).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich nach Aktenlage folgendes Bild: Die derzeitige Immissionsbelastung durch den Straßenverkehr - d. h. ohne Erhöhung der Verkehrsbelastung durch das streitgegenständliche Vorhaben (entspricht den Lärmbegutachtungsvarianten A und B bei gleichbleibender Straßenbenutzung) - beträgt auf dem Grundstück der Klägerin 71 dB(A) tags, 63 dB(A) nachts. Im Fall der Lärmbegutachtungsvariante C (also bei einer Nutzungsberechnung auf Basis der Parkplatzlärmstudie) mit 1.324 (2.424 - 1.100) zusätzlichen Fahrbewegungen kommt es unter der Voraussetzung, dass der gesamte Zusatzverkehr aus dem Parkhaus aus einer Richtung kommt und auch in derselben Richtung wieder abfährt, laut dem schalltechnischen Gutachten vom 14. Februar 2013 (dort Seiten 22 ff.) zu Erhöhungen der Immissionsgesamtbelastung der Klägerin durch den Straßenverkehr um etwa 1 dB(A), also auf 72 dB(A) tags, 64 dB(A) nachts. Diese Darstellung wird in der (im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren vorgelegten) fachlichen Stellungnahme der Abteilung Technischer Umweltschutz/Klimaschutz des Umwelt- und Rechtsamts der Beklagten vom 14. März 2013 weiter präzisiert. Damit werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt die aus grundrechtlicher Perspektive kritischen Werte (auch unter Berücksichtigung eines „Aufschlags“ für Mischgebiete) jedenfalls nachts überschritten bzw. die derzeit bestehende (in grundrechtlicher Hinsicht bereits kritische) Lärmsituation nochmals um etwa 1 dB(A) verschärft.

Es ist nicht Aufgabe der vorliegenden Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO, abschließend zu entscheiden, wo genau die grundrechtsrelevante Lärmschwelle zu ziehen ist und ob sich auch im grundrechtsrelevanten Bereich eine Verschärfung der Gesamtimmissionslage in einer Größenordnung von lediglich 1 bis 2 dB(A) unterhalb einer auch für subjektive Rechtsverletzungen maßgeblichen Relevanzschwelle bewegt (im Anwendungsbereich der TA Lärm vgl. z. B. deren Nr. 3.2.1 Abs. 2; hierzu Füßer/Kreuter, NVwZ 2013, 1241/124 f). Es spricht allerdings Einiges dafür, dass im grundrechtsrelevanten Bereich auch marginale Lärmerhöhungen zur Unzumutbarkeit führen (vgl. OVG NW, U. v. 13.3.2008 - 7 D 34/07.NE - ZfBR 2009, 62 ff. = juris Rn. 136 ff. [die Relevanz bei einer Erhöhung um lediglich 0,2 dB(A) und damit deutlich unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle i.E. aber verneinend]; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, zu Nr. 2.2.1 Rn. 25 m. w. N.; a.A. OVG Lüneburg, B. v. 21.12.2010 - 1 LA 274/09 - juris Rn. 28: es komme „regelmäßig auf das ‚3 dB(A)Kriterium‘ an, auch wenn 70 dB(A) überschritten werden“; ähnlich VG Oldenburg, U. v. 28.10.2009 - 4 A 1354/08 - juris Rn. 59 ff.). So sind nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Fachplanungsrecht bei der Beurteilung eines Änderungsvorhabens Lärmschutzbelange der Nachbarschaft allgemein jedenfalls dann in die planerische Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung durch das Vorhaben (wie auch immer) ansteigt, auch wenn bereits vor dem Planungsfall die Belastungswerte oberhalb der zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie unzumutbarer Eingriffe in das Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG entwickelten grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle lagen (BVerwG, B. v. 30.7.2013 - 7 B 40.12 - juris Rn. 10 m. w. N.; vgl. auch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alt sowie Satz 2 der 16. BImSchV; zum Nachbesserungsanspruch aus § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG: BVerwG, U. v. 7.3.2007 - 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 ff. = juris Rn. 29 m. w. N.: „Eine Lärmzunahme von weniger als 3 dB(A) kann nur ausnahmsweise dann erheblich sein, wenn der Beurteilungspegel die sog. enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle übersteigt, die in Wohngebieten bei Beurteilungspegeln von etwa 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts beginnt.“).

c) Da sich die Beigeladene mangels Antragstellung im gerichtlichen Verfahren (sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren) keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, trägt diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst, § 154 Abs. 3 Halbs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG (vgl. auch Sächs. OVG, B. v. 11.10.2011 - 1 B 230/11 - juris). Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


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Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 219/10 Gemarkung D..., wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1 mit Bescheid des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen vom 22. September 2015 erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung Versammlungsraum Obergeschoß in einen Gastronomieraum für Veranstaltungen in einem mit Bescheiden des Landratsamts vom 8. August 2011 und 8. Oktober 2012 genehmigten Catering-betrieb mit Schlachterei, Ochsenbraterei und Photovoltaikanlage des Beigeladenen zu 1 und für die Errichtung einer Garten- und Löschwasserteichanlage mit Nebengebäude auf dem Grundstück FlNr. 230 Gemarkung D...

Das Grundstück der Antragstellerin liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Auf der Breitne“ der Beigeladenen zu 2, der als Art der baulichen Nutzung dort ein Mischgebiet festsetzt. Das davon ca. 120 m bis 150 m entfernte Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Cateringbetrieb mit Schlachterei, Ochsenbraterei und Gastronomie“ der Beigeladenen zu 2 vom 20. Mai 2015 (ab hier: Änderungsbebauungsplan), mit dem der frühere vorhabenbezogene Bebauungsplan der Beigeladenen zu 2 „Sondergebiet-Cateringbetrieb mit Schlachterei und Ochsenbraterei“ geändert wurde.

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ihren Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die streitgegenständliche Nutzungsänderung mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung zu untersagen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. März 2016 abgelehnt. Die Antragstellerin werde durch die Baugenehmigung voraussichtlich nicht in ihren Rechten verletzt. Eine Verletzung des geltend gemachten Gebietsbewahrungsanspruchs bzw. eines „baugebietsübergreifenden Gebietsbewahrungsanspruchs“ sei nicht erkennbar. Anzeichen für eine offensichtliche Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans lägen nicht vor. Das Gebot der Rücksichtnahme werde durch das Bauvorhaben zu Lasten der Antragstellerin nicht verletzt. Eine Verletzung nachbarschützender Rechte der Antragstellerin ergebe sich auch nicht aus einer etwaigen Unbestimmtheit der angefochtenen Baugenehmigung. Dementsprechend komme auch die Anordnung einstweiliger Sicherungsmaßnahmen nicht in Betracht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Das Verwaltungsgericht habe vorliegend im Rahmen seiner Entscheidung nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO fehlerhaft eine Ermessensentscheidung getroffen, statt eine – notwendige – Interessenabwägung durchzuführen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Änderungsbebauungsplan offensichtlich unwirksam. Er leide an einem unheilbaren Abwägungsfehler, weil durch den Gastronomiebetrieb des Beigeladenen zu 1 insbesondere in der Nachtzeit massive Lärmimmissionen bei der angrenzenden Wohnbebauung hervorgerufen werden würden. Im Hinblick auf die in den textlichen Festsetzungen des Änderungsbebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift sei der Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß verkündet. Selbst bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans komme der Antragstellerin ein von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiger Gebietsbewahrungsanspruch zu. Das Bauvorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es trete in Bezug auf das Vorhabengrundstück eine massive Nutzungsintensivierung ein. Vom Betrieb des Beigeladenen zu 1 gehe – unabhängig von etwaigen Auflagen – ein Störpotential aus, das unmittelbar angrenzend an ein Gebiet, das durch Wohnruhe geprägt sei, nicht genehmigungsfähig sein könne. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Auflagen seien weder ausreichend noch geeignet, die Einhaltung der im Bescheid festgesetzten Immissionswerte, insbesondere zur Nachtzeit, am Grundstück der Antragstellerin zu gewährleisten, zumal das zugrunde liegende Lärmschutzgutachten Mängel aufweise. Die Einhaltung der Auflagen sei unrealistisch und nicht kontrollierbar. Das Risiko, die Einhaltung dieser Auflagen zu überwachen, werde der Antragstellerin aufgebürdet. Der Beigeladene zu 1 verstoße nachhaltig und regelmäßig gegen die verfügten Auflagen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1 auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin nicht achten werde und damit die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen notwendig sei.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen vom 22. September 2015 anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die streitgegenständliche Nutzungsänderung mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung zu untersagen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei in der Sache von zutreffenden Entscheidungsmaßstäben ausgegangen. Aus den Obersätzen und der Subsumtion sei eindeutig erkennbar, dass es eine Interessenabwägung durchgeführt habe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich des Änderungsbebauungsplans offensichtliche Abwägungsmängel gegeben seien. Aus dem Beschwerdevorbringen ergäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die geltend gemachte Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans dem Begehren der Antragstellerin zum Erfolg verhelfen könnte. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot des § 15 BauNVO sei nicht gegeben. Die Einwände gegen die schallimmissionstechnische Untersuchung vom 5. Februar 2015 seien nicht durchgreifend. Hinsichtlich der Einhaltung und Überwachung der festgesetzten Auflagen sei kein strukturelles, ständiges Überwachungsproblem zu befürchten. Insbesondere sei etwa auch die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Bau- und Betriebsvorschriften durch Auflage geregelt. Auf einen gebietsüberschreitenden Gebietsbewahrungsanspruch könne sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg berufen. Der Antrag auf Erlass einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung könne deshalb ebenfalls keinen Erfolg haben.

Der Beigeladene zu 1 beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die erforderliche Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Antragstellerin in der Hauptsache korrekt vorgenommen. Eine offensichtliche Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans ergebe sich nicht. Ein allgemeiner Gebietsbewahrungsanspruch komme hier nicht in Betracht. Die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen würden dafür sorgen, dass die nächtliche Lärmbelastung der Antragstellerin unter den festgesetzten Immissionswerten bleibe. Der Vorwurf, die Annahmen des Lärmsachverständigen seien unrealistisch, greife nicht.

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag. Sie trägt vor, die behauptete Verletzung des Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 7 BauGB liege nicht vor. Die Belange der Antragstellerin sowie auch anderer Anwohner seien bei der Abwägungsentscheidung hinreichend gewürdigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten sowie Planakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt, worauf es allein ankommt, nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Wie dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ohne weiteres entnommen werden kann, hat das Verwaltungsgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen eine im Verfahren nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, am materiellen Recht orientierte Interessenabwägung zwischen dem Suspensivinteresse der Antragstellerin und dem Vollzugsinteresse des Beigeladenen zu 1 vorgenommen und sich dabei in erster Linie zu Recht an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert (vgl. z.B. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 72; W.R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Wysk, VwGO, 2. Auflage 2016, § 80 Rn. 45 und 50; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 167). Ob man die an diesen Kriterien ausgerichtete Entscheidung des Verwaltungsgerichts als eine eigenständige Ermessensentscheidung ansieht, wogegen manches sprechen mag (vgl. dazu z.B. Puttler in Sodan/Zielkow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 Rn. 38; Wysk, a.a.O., § 80 Rn. 45; Gersdorf in Posser/Wolff, VwGO, 2. Auflage 2014, § 80 Rn. 171; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Auflage 2014, § 80 Rn. 87), mag dogmatisch interessant sein, dürfte jedoch für die Entscheidung im Einzelfall keine Bedeutung haben (vgl. Schmidt in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 71; Funke-Kaiser, a.a.O., § 80 Rn. 85).

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich zwar bereits im Rahmen einer „Offensichtlichkeitsprüfung“ die Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans der Beigeladenen zu 2. Dies kann der Beschwerde aber nicht zum Erfolg verhelfen.

a) Der Änderungsbebauungsplan leidet offensichtlich an einem formellen Fehler. Er ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht, weil die Festsetzung der Emissionskontingente in Nr. 8b der textlichen Festsetzungen im Hinblick auf die dort in Bezug genommene DIN 45691 „Geräuschkontingentierung“ gegen die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung einer Rechtsnorm verstößt.

Eine in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift, die bestimmt, unter welchen Voraussetzungen bauliche Anlagen im Plangebiet zulässig sind, entspricht nur dann den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen, wenn der Plangeber sicherstellt, dass die Betroffenen von der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2016 – 4 BN 24.16 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 29). Dies gilt unabhängig davon, ob der Plangeber eine Regelung insgesamt dem Ergebnis der Anwendung der DIN-Vorschrift überlässt oder nur dem Grunde nach selbst bestimmt, welchen Anforderungen die baulichen Anlagen genügen müssen, aber erst der Verweis auf DIN-Vorschrift ergibt, nach welchen Methoden oder Berechnungsverfahren der Inhalt der Anforderungen im Einzelfall zu ermitteln ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 a.a.O. Rn. 29).

Diese Anforderungen hat die Beigeladene zu 2 verfehlt. Weder in der Bekanntmachung vom 21. Mai 2015 noch in der Planurkunde hat sie darauf hingewiesen, an welcher Stelle die DIN 45691, die in der Planurkunde nicht im Volltext wiedergegeben wird oder dieser als Anlage beigefügt wurde, für den Betroffenen zu finden oder einzusehen ist (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2016 – 4 BN 24.16 – juris Rn. 8). Dieser Fehler führt hier auch zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans, weil die Geräuschkontingentierung nach der Konzeption des Bebauungsplans ein wesentliches Element der Bauleitplanung darstellt (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 28 ff.).

Mangels Wirksamkeit des Änderungsbebauungsplans kann die Antragstellerin daraus schon deshalb keinen gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch ableiten. Sollte wegen Fehlens eines ausdrücklichen Aufhebungsbeschlusses durch die Beigeladene zu 2 vom Fortgelten des früheren Bebauungsplans auszugehen sein (vgl. BVerwG, B.v. 16.5.2017 – 4 B 24.16 – juris Rn. 4), lassen sich dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen und sind auch sonst nicht ersichtlich, dass sich aus dessen Zwecksetzung ausnahmsweise ein gebietsübergreifender Nachbarschutz ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2016 – 9 ZB 13.2048 u.a. – juris Rn. 14). Wie sich aus dem Inhalt der vorliegenden Akten entnehmen lässt (s. dazu die schalltechnische Untersuchung des Ingenieurbüros K... vom 11.5.2010 in der Bauplanmappe 11/0288 des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen) dürften in dem früheren Bebauungsplan – im Gegensatz zum Änderungsbebauungsplan – insbesondere keine Emissionskontingente festgesetzt worden sein.

In einem faktischen Baugebiet wäre ein solcher gebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch ohnehin ausnahmslos ausgeschlossen (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48/12 – juris Rn. 5). Wenn das Bauvorhaben im Außenbereich läge, würde ein solcher Anspruch schon daran scheitern, dass der Außenbereich (§ 35 BauGB) kein Baugebiet (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO) darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 14).

b) Wie das Verwaltungsgericht allerdings zutreffend ausgeführt hat, verstößt die angefochtene Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen das nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, das unabhängig davon zu beachten ist, nach welcher Vorschrift das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1 zu beurteilen ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 23 ff. m.w.N.; B.v. 5.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 18; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 19).

aa) Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist. Erforderlich ist eine Gesamtschau der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48/12 – juris Rn. 7 m.w.N.).

Der Einwand der Antragstellerin, die genehmigte Eventgastronomie sei rücksichtslos, weil von ihr unabhängig von etwaigen Auflagen ein unzumutbares Störpotential für das angrenzende Gebiet ausgehe, das durch Wohnruhe geprägt sei, wird der gebotenen Einzelfallbetrachtung nicht gerecht. Bei der auf das Gebot der Rücksichtnahme, soweit es drittschützend ist, gestützten Nachbarklage ist eine auf die konkret genehmigte Anlage bezogene und nicht an abstrakten Planungsleitsätzen orientierte Betrachtungsweise geboten. Es ist zu fragen, ob die Antragstellerin durch die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung mit ihrem konkreten, den Betreiber durch Auflagen beschränkenden Inhalt in ihren Rechten verletzt ist. Sie ist insbesondere nicht schon dadurch in ihren Rechten verletzt, dass das Bauvorhaben potientiell immissionsträchtig ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.1983 – 4 C 74/78 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 2.5.2016 – 9 ZB 13.2048 u.a. – juris Rn. 16).

bb) In der Nebenbestimmung Nr. 23 der angefochtenen Baugenehmigung ist festgelegt, dass der Beurteilungspegel aller vom Betrieb des Vorhabens ausgehenden Geräusche einschließlich des dazu gehörenden Fahrzeugverkehrs im Hinblick auf die Summenwirkung zusammen mit den übrigen Betriebsteilen unter anderem am Grundstück der Antragstellerin, das in einem Mischgebiet liegt, die gegenüber der TA-Lärm reduzierten Immissionswerte von tagsüber 54 dB(A) und nachts 42 dB(A) nicht überschreiten darf. Es ist grundsätzlich zulässig, den Lärmschutz in dieser Weise durch zielorientierte Festlegungen zu regeln (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 15). Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass diese Immissionswerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können. Dies ist hier nach der Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts bei einer gastronomischen Nutzung, die die Vorgaben des angefochtenen Bescheids, insbesondere die Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz (Nrn. 22 – 39) einhält, voraussichtlich der Fall. Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Sachverhaltswürdigung auf die schallimmissionstechnische Untersuchung des Büros ... mbH (B...) vom 5. Februar 2015/9. März 2015, die Bestandteil der immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen des angefochtenen Bescheids ist, und auf die schalltechnische Untersuchung des Büros K... vom 17. April 2014 gestützt. Nach dem gutachtlichen Bericht des B... ergibt sich durch den Gastronomiebetrieb für das Grundstück der Antragstellerin als Immissionsort 04 ein Beurteilungspegel von 42,6 dB(A) tags und 35,6 dB(A) nachts, wodurch die im angefochtenen Bescheid für dieses Grundstück festgelegten Immissionswerte rechnerisch am Tag um 11,4 dB(A) und in der Nacht um 6,4 dB(A) unterschritten werden. Nach der schalltechnischen Untersuchung des Büros K... ergibt sich für das Grundstück der Antragstellerin durch den Gesamtbetrieb des Beigeladenen zu 1 einschließlich der Nutzung der Veranstaltungshalle mit Musik und geschlossenen Terrassentüren ein Beurteilungspegel von 33,3 dB(A) tags und 32,9 dB(A) nachts.

Die gegen die schallimmissionstechnische Untersuchung des Büros B... erhobenen Einwendungen der Antragstellerin führen zu keiner von der verwaltungsgerichtlichen Sachverhaltswürdigung abweichenden Beurteilung. Soweit gerügt wird, es sei hinsichtlich der Nutzung des Saales mit lauter Musik und der Be- und Entlüftung der Halle nachts nur von einer Dauer von einer Stunde ausgegangen worden, entspricht dies den Vorgaben der TA Lärm. Während für die Beurteilung des Betriebslärms während des Tages der Beurteilungspegel über eine Beurteilungszeit von 16 Stunden gemittelt wird (vgl. Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 1 TA Lärm), ist für die Beurteilung der Nacht die lauteste Nachtstunde maßgeblich (vgl. Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm). Was die Mitarbeiterfahrten in der Nachtzeit angeht, ist das Büro B... nach seiner Stellungnahme vom 6. Mai 2015 nachvollziehbar davon ausgegangen, dass während der lautesten Nachtstunde nur die Abfahrt der Gäste berücksichtigt wurde, weil die Servicekräfte als letzte das Anwesen verlassen und damit nicht der lautesten Nachtstunde zuzuordnen sind. Dem wird im Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegengetreten. Zudem dürften diese Fahrten gegenüber den vom Büro B... angenommenen 50 Gästeabfahrten deutlich untergeordnet sein.

Soweit das Büro B... bei seiner Untersuchung davon ausgegangen ist, dass die 200 Besucher, die sich gemäß der Nebenbestimmung Nr. 3 des angefochtenen Bescheids höchstens im Gastraum und auf der Terrasse im Dachgeschoss gleichzeitig aufhalten dürfen, mit ca. 100 Pkw anreisen, dürften für diese Fahrzeuge auf der Nord- und Westseite des Vorhabengrundstücks (vgl. Nebenbestimmung Nr. 34) – worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist – zwar nicht die erforderliche Anzahl von Parkplätzen vorhanden sein. In den Antragsunterlagen sind nur 51 Stellplätze dargestellt, deren Anzahl nach Einschätzung des Antragsgegners bei optimierter Anordnung der Stellplätze noch erhöht werden könnte. Das Verwaltungsgericht hat insoweit aber darauf abgestellt, dass aufgrund der errechneten deutlichen Unterschreitung die im angefochtenen Bescheid festgelegten Immissionswerte selbst dann nicht überschritten werden, wenn der Lärm durch Park- und Parksuchverkehr deutlich über den Ansatz in der Untersuchung des Büros B... hinausgehen würde, zumal das Grundstück der Antragstellerin aufgrund seiner Lage eher wenig betroffen wird und zusätzlich die große Distanz des Grundstücks zum Vorhabengrundstück von ca. 120 m bis 150 m zu berücksichtigen ist. Dem wird im Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegengetreten. Es kommt hinzu, dass Verkehrsgeräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen der zu beurteilenden Anlage nur und ausschließlich nach der Sonderregelung in Nr. 7.4 Abs. 2 TA-Lärm und damit nur in eingeschränkter Form zugerechnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 8.1.2013 – 4 B 23.12 – juris Rn. 5). Nach der Klarstellung in Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3 TA-Lärm gilt das auch für die Nutzung von Parkflächen im öffentlichen Verkehrsraum, wenn die Parkvorgänge der Nutzung der zu beurteilenden Anlage dienen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 29).

Die Nebenbestimmungen zur angefochtenen Baugenehmigung dienen auch nicht dazu, eine im Hinblick auf die Lärmbelastung an sich nicht genehmigungsfähige Nutzung auf einen genehmigungsfähigen Umfang „maßzuschneidern“ (vgl. BayVGH, B.v. 13.10.2015 – 1 ZB 14.301 – juris Rn. 10). Hierfür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere die erhebliche Unterschreitung der in der Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte von 11,4 dB(A) für die Tagzeit und von 6,4 dB(A) für die Nachtzeit nach der schallimmissionstechnischen Untersuchung des Büros B....

Im Beschwerdevorbringen wird auch nicht substantiiert dargelegt, dass die festgesetzten Nebenbestimmungen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht geeignet sind, unzumutbare Lärmimmissionen für die Antragstellerin durch die genehmigte Nutzung auszuschließen. Der lediglich pauschale Hinweis auf die Unberechenbarkeit der Gäste und deren Unbeherrschtheit reicht hierfür nicht aus. Der Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung steht nicht entgegen, dass ihr Vollzug möglicherweise behördliche Aufsichtsmaßnahmen erfordert, wenn sich der Bauherr unter Verstoß gegen die festgesetzten Nebenbestimmungen nicht an die Genehmigung halten sollte (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2016 – 9 CS 16.858 – juris Rn. 16 m.w.N.). Dass hier schon bei Erteilung der Genehmigung ein ständiges Überwachungsproblem und damit ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand absehbar sein könnte, wird von der Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt. Der Antragsgegner weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Verantwortlichkeit für die Überwachung der Einhaltung der Bau- und Betriebsvorschriften während der Veranstaltung durch die Nebenbestimmung Nr. 5 des angefochtenen Bescheids ausdrücklich geregelt wurde und die Nebenbestimmungen teilweise zwangsgeldbewehrt sind. Es kommt hinzu, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 wesentliche Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz vertraglich abgesichert und eine Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung vereinbart haben (vgl. § 5a und § 5b des Änderungsvertrags zum Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan vom 20.5.2015).

3. Der weitere Antrag der Antragstellerin auf den Erlass einer einstweiligen Sicherungsmaßnahme in Form einer Nutzungsuntersagung nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann bereits deswegen keinen Erfolg haben, weil deren Erlass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt voraussetzt, an der es hier hinsichtlich der angefochtenen Baugenehmigung aber gerade fehlt. Ein davon isolierter Erlass von Sicherungsmaßnahmen scheidet aus (vgl. W.R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80a Rn. 14; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 1078).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beigeladene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die dem Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte bauaufsichtliche Genehmigung vom 24. Oktober 2017 für den „Anbau einer Lager- und Verladehalle an eine landwirtschaftliche Gemüsehalle“.

Der Beigeladene ist Inhaber eines Gemüseanbaubetriebs im östlichen Anschluss an die wohngenutzten Grundstücke des Antragstellers FlNr. … und … Gemarkung P* … Im baulichen Bestand des Beigeladenen ist auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung P* …, das an das Antragstellergrundstück FlNr. … grenzt, ein Gewächshaus errichtet (inzwischen teilweise beseitigt). Östlich davon besteht auf den Grundstücken des Beigeladenen FlNr. … und … Gemarkung P* … eine zum Betrieb gehörende, ca. 40 m (Ost-West) x 30 m (Nord-Süd) große Gemüselagerhalle.

Nach den zum Baugenehmigungsantrag des Beigeladenen eingereichten und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen umfasst das Vorhaben den teilweisen Abbruch des den Wohngrundstücken des Antragstellers benachbarten Gewächshauses (FlNr. …*), die Erweiterung der bestehende Gemüselagerhalle nach Westen in Richtung der Grundstücke des Antragstellers um etwa 26 m (FlNr. …, …, …*) und die Errichtung einer Verladehalle (FlNr. …*), die südlich an die erweiterte Gemüselagerhalle anschließt. Unter anderem zum Grundstück des Antragstellers hin ist eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende, 3,50 m hohe Lärmschutzwand westlich der Gemüselager- und Verladehalle vorgesehen. Zum Bauantrag wurde eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung vom 13. Juni 2017 mit Ergänzung vom 27. September 2017 eingereicht, die zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurde.

Gegen die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 hat der Antragsteller am 13. November 2017 Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat (Az. AN 3 K 17.02356). Am 23. November 2017 beantragte der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 13. Dezember 2017 statt. Die Baugenehmigung sei im Hinblick auf die nachbarschützenden Belange des Antragstellers unbestimmt, weil sie mangels eines Betriebskonzepts den Betriebsumfang nicht erkennen lasse. Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung enthalte nur Angaben zu den Nutzungen „Verladung“ und „Lager“, Angaben zur „Verpackung“ fehlten, insbesondere zur Gestaltung der Arbeitsbereiche innerhalb der Halle (Verpackungsmaschinen, Betriebszeiten). Außerdem stünden die Bauvorlagen im Widerspruch zu den Annahmen der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung und der Stellungnahme des Stadtplanungsamts. Diese berücksichtigten nicht, dass nach den Bauvorlagen in der (nord-) westlichen Außenwand der Lagerhalle (Erweiterung) ein Rolltor vorgesehen sei.

Der Beigeladene hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2017, der ihm am 15. Dezember 2017 zugestellt wurde, am 22. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt und diese am 15. Januar 2018 begründet. Er ist der Auffassung, er habe am 31. Oktober 2016 eine ausreichende Betriebsbeschreibung eingereicht und erläutert im Weiteren sein Vorhaben und dessen Nutzung. An der Konzeption der Lager- und Verpackungshalle, die im Jahr 2010 genehmigt worden sei, habe sich aufgrund der Erweiterung der bestehenden Halle nichts geändert. Die Beschreibung von Arbeitsvorgängen und Arbeitszeiten innerhalb der Halle sei im Übrigen nachbarrechtlich nicht von Bedeutung. Denn nach der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung sowie der Ergänzungsberichte vom 15. Januar 2018 seien Geräuschentwicklungen innerhalb der Halle einschließlich des Einsatzes der Verpackungsmaschinen zu vernachlässigen, der Gesamtbetrieb unterschreite den höchst zulässigen Immissionsrichtwert. Ein inhaltlicher Fehler der Baugenehmigung liege nicht vor. Diese definiere keinen „komplett geschlossenen“ Raum, von dem aber dennoch auszugehen sei. Das Rolltor diene lediglich als Öffnung für Notfälle und sei verzichtbar. Überdies hätten die Vorschriften über Bauvorlagen keinen drittschützenden Charakter. Die Immissionswerte seien nicht überschritten, die Abstandsflächen würden eingehalten. Das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Interessenabwägung bei der Prüfung des Rücksichtnahmegebots versäumt, darzulegen, welche Verletzung nachbarschützender Rechte durch welche Maßnahme überhaupt in Betracht komme. Es genüge nicht, das Fehlen einer Betriebsbeschreibung zu rügen, ohne den Bezug zu nachbarrechtsrelevanten Auswirkungen herzustellen.

Der Beigeladene beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Dezember 2017 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2017 abzulehnen.

Der Antragsteller stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, dass der Beigeladene kein Betriebskonzept vorgelegt habe, das aber erforderlich sei. Es lasse sich deshalb weiterhin keine Gesamtlärmbelastung ermitteln, die vom Betrieb des Beigeladenen ausgehe. Die 2. Ergänzung der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 nehme zwar auf ein Betriebskonzept vom Januar 2018 Bezug, dieses unterscheide sich aber offenbar vom Betriebskonzept, das Gegenstand der Baugenehmigung gewesen sei und liege auch nicht vor. Die Annahmen zu den Fahrwegen in der Ergänzung der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 würden ebenso wenig den Tatsachen entsprechen, wie die in Ansatz gebrachte Betriebszeit von 4 Stunden/Tag oder die Annahme, das Rolltor würde immer geschlossen gehalten. Das Beschwerdeverfahren diene auch nicht dazu, ein bei der Ausgangsbehörde durchzuführendes Genehmigungsverfahren zu ersetzen. Im Übrigen verstoße das Bauvorhaben gegen § 34 BauGB, weil es sich nicht in die nähere Umgebung einfüge, die im Innenbereich von reiner Wohnbebauung geprägt sei. Auf die Darstellungen des Flächennutzungsplans werde Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Bauakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

Die vom Beigeladenen innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe‚ auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 zu Recht angeordnet, weil die Baugenehmigung im Hinblick auf nachbarliche Abwehrrechte des Antragstellers unbestimmt ist.

1. Wie jeder Verwaltungsakt muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 68 BayBO). Sie muss das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten (vgl. Art. 13 Abs. 1 BayVwVfG) die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können. Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung danach in objektiv-rechtlicher Hinsicht, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten – gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung – eindeutig zu erkennen ist und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist. Was Gegenstand der Baugenehmigung sein soll, bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag. Der Inhalt der Baugenehmigung ergibt sich aus der Bezeichnung, den Regelungen und der Begründung im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen. Wird deshalb in der Baugenehmigung auf den Antrag oder Antragsunterlagen verwiesen, ist die Baugenehmigung hinreichend bestimmt, wenn es der Antrag oder die Antragsunterlagen sind. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten – wie hier – ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 20.5.2014 – 4 B 21.14 – juris Rn. 9, 13; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 33 ff.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2017, Art. 68 Rn. 465 ff., jeweils m.w.N.).

2. Hiervon ausgehend ist das Verwaltungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die angefochtene Baugenehmigung in Ansehung der Nachbarrechte des Antragstellers nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist, weil dieser nicht zweifelsfrei feststellen kann, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an seinem Wohnhaus zu erwarten sind.

a) Auch in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, aus § 34 Abs. 1 Satz 1 oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots genügt ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Treffen verschiedenartige Nutzungen aufeinander und treten hierbei Immissionskonflikte auf, so ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückzugreifen, in denen das Rücksichtnahmegebot ebenso eine spezielle gesetzliche Ausprägung erfahren hat wie in § 34 Abs. 1, in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB oder in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30 m.w.N.).

b) Was dem Antragsteller danach an Immissionen durch Geräusche im konkreten Einzelfall zugemutet werden kann, bemisst sich voraussichtlich unter entsprechender Heranziehung des Immissionsrichtwertkonzepts der TA Lärm. Zwar nimmt Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm landwirtschaftliche Anlagen vom Anwendungsbereich der TA Lärm aus, wenn die Anlagen – wie hier – keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass insbesondere die Immissionsrichtwerte der TA Lärm auch für landwirtschaftliche Anlagen herangezogen werden können, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Die von der Nutzung der Lager- und Verladehalle ausgehenden Geräusche durch den An- und Abfahrverkehr, die Ladegeräusche, die Geräusche der Kühlanlage, des Tank-/und Waschplatzes sowie die Geräusche der Verpackungsmaschinen entsprechen ihrer Art nach gewerblichen Emissionen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Nutzung der Lager- und Verladehalle im konkreten Einzelfall den Begriff der Landwirtschaft erfüllt (vgl. § 201 BauGB).

c) In welcher Höhe dem Antragsteller nach Maßgabe der Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 eine vorhabenbedingte Geräuschbelastung zugemutet wird, ergibt sich aus der Auflage A160 zur Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017. Danach sind die in den schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13. Juni 2017 und vom 27. September 2017 „festgehaltenen Annahmen und beschriebenen Maßnahmen zu beachten“. In diesen schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen wird hinsichtlich des Wohngebäudes des Antragstellers (Immissionsort 2) vom „Schutzcharakter“ eines allgemeinen Wohngebiets und deshalb von einem Immissionsrichtwert von 55 dB(A)/tags ausgegangen (zur Nachtzeit sind „Fahrten und Verladetätigkeiten auf dem Betriebsgrundstück“ nicht zulässig, vgl. Auflage A161). Der durch Bezugnahmen auf die schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vonseiten der Antragsgegnerin festgelegte Schutzanspruch des Antragstellers wird auch vom Beigeladenen nicht infrage gestellt. Bedenken gegen diese zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes bestehen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26 m.w.N.).

d) Da die Vorbelastung nach den Ausführungen der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13 Juni 2017 und vom 27. September 2017 nicht bekannt ist und auch nicht ermittelt wurde, setzt das vom Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro bei der Berechnung des Immissionsbeitrags, der durch das Erweiterungsvorhaben verursacht wird, einen um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwertanteil von 49 dB(A) an, der am nächst gelegenen Wohngebäude des Antragstellers um 3 dB(A) unterschritten wird. Auch dieses Vorgehen ist unter entsprechender Heranziehung der Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm im Grundsatz nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2018 – 9 ZB 16.2081 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 24.10.2013 – 7 C 36.11 – BVerwGE 148, 155 = juris Rn. 37 ff. zur immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung, jeweils m.w.N.).

e) Allerdings ist mangels hinreichender Angaben im Bauantrag nicht gewährleistet, dass der angesetzte Immissionsrichtwertanteil im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Immissionsbelastung derzeit nicht verlässlich beurteilt werden kann, weil Aussagen zu den Arbeitsbereichen in der Lagerhalle fehlen und das in Richtung der Grundstücke des Antragstellers weisende Rolltor bei der schalltechnischen Untersuchung unberücksichtigt geblieben ist. Die Genauigkeit einer Immissionsprognose hängt aber wesentlich von der Zuverlässigkeit der Eingabedaten ab. Diese sind deshalb stets kritisch zu prüfen (vgl. A.2.2 des Anhangs zur TA Lärm). Es hätte daher entweder einer verbindlichen Betriebsbeschreibung zum Bauantrag oder in den zum Bauantrag eingereichten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen bedurft, um das vorhabenbedingte, immissionsrelevante Lärmgeschehen verlässlich bewerten zu können. Daran fehlt es nach wie vor.

aa) Die zum Bauantrag eingereichte Betriebsbeschreibung ist entgegen dem Beschwerdevorbringen des Beigeladenen nicht ausreichend, um festzustellen zu können, ob und in welchem Umfang der Antragsteller durch das Vorhaben des Beigeladenen in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird. Denn diese „Betriebsbeschreibung für land- und forstwirtschaftliche Vorhaben“ erschöpft sich in der Aufstellung der landwirtschaftlich genutzten Betriebsfläche und der Anzahl der Arbeitskräfte im Gärtnereibetrieb des Beigeladenen.

Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung vom 13. Juni 2017 geht entgegen den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauzeichnungen davon aus, dass das Gebäude bis auf die Südseite des Anbaus, die als Ein-/Ausfahrt genutzt wird, vollständig geschlossen ist. Dementsprechend beschreibt und bewertet die Untersuchung die Geräuschemissionen aus den Innenräumen des Lagergebäudes nicht, weil diese erfahrungsgemäß vernachlässigt werden könnten. Aus der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 27. September 2017 (Ergänzung) ergibt sich nichts anderes. In beiden Untersuchungen bleibt demnach das in den Bauzeichnungen dargestellte 3,10 m x 3 m große Sektionaltor in der zu den Grundstücken des Antragstellers weisenden westlichen Wand des Lagergebäudes – anders als die Sektionaltore in der Südwand der Verladehalle – unberücksichtigt. Dies ergibt sich auch aus der im Beschwerdeverfahren eingereichten, schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 (2. Ergänzung). Darin weist das vom Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro darauf hin, dass die Rolltore und Türen in der Lagerhalle in den Berechnungen im geschlossenen Zustand berücksichtigt wurden. Die Baugenehmigung trifft in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht keine weitergehenden Regelungen, sondern verweist lediglich auf die in den schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13. Juni 2017 und vom 27. September 2017 festgehaltenen „Annahmen und beschriebenen Maßnahmen“.

bb) Aus der im Beschwerdeverfahren eingereichten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 (2. Ergänzung), die keinen Eingang in die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 finden konnte und deshalb zur Bestimmtheit der Baugenehmigung nichts beitragen kann, folgt nichts anderes. Darin wird zwar ermittelt, von welchem Innenpegel in der Lagerhalle beim Betrieb von den drei vorgesehenen Packmaschinen ausgegangen werden kann und welche Schalldämmmaße die Außenbauteile der Lagerhalle aufweisen. Die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 beschränkt die Art und die Anzahl der Packmaschinen oder sonstiger ggf. zum Einsatz kommenden lärmemittierenden Maschinen und Gerätschaften in der Lagerhalle aber nicht. Auch die Berechnung der Beurteilungspegel folgt den Angaben des Beigeladenen, die in der Baugenehmigung oder den ihr zugrundeliegenden Bauvorlagen aber nicht festgelegt sind. Die für die Berechnung des Beurteilungspegels (bei Betrachtung des gesamten prognostizierten Betriebs nunmehr: 48 dB(A)/tags bei einem Immissionsrichtwertanteil von 49 dB(A)/tags) in Ansatz gebrachte Betriebszeit in der Lagerhalle von ca. 4 Std./Tag ist in der Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 ebenso wenig geregelt wie die Angabe des Beigeladenen, dass die Rolltore und Türen in der Lagerhalle nur zu betriebsbedingten Ein- und Ausfahrten kurzzeitig geöffnet werden (und deshalb in den Berechnungen im geschlossenen Zustand berücksichtigt wurden). Hiervon ausgehend kann nicht die Rede davon sein, dass die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 in Ansehung der Nachbarrechte des Antragstellers hinreichend bestimmt ist.

3. Ob der Antragsteller mit Erfolg eine Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs geltend machen kann, ist fraglich, bedarf aber keiner abschließenden Klärung im Beschwerdeverfahren. Nach Auffassung des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin ist das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen (vgl. Stellungnahme vom 29.11.2016). Trifft diese Annahme zu, wäre zu klären, wie weit die nähere Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung reicht, insbesondere, ob sie die wohngenutzten Grundstücke u.a. des Antragstellers mit erfasst und falls ja, ob die Eigenart der näheren Umgebung einem Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG folgende Regelungen zum Lärmschutz aufzunehmen:

1. Der von den Veranstaltungen der ...-Festspiele ausgehende Lärm darf am Anwesen ...-straße ... in ..., folgende Immissionsrichtwerte „Außen“ nicht überschreiten:

tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A),

nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) 40 dB(A).

Einzelne Geräuschspitzen dürfen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Die Nachtzeit wird am 10., 11., 18., 25. und 27. Juni, am 2., 9., 11., 23. und 30. Juli sowie am 2. August 2016 auf 23:00 Uhr verschoben.

2. Die Messergebnisse der bei den ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) und Sparte C (Sonderveranstaltungen) sowie Sparte B („Schillers Räuber“, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) durchgeführten Schallimmissionsmessungen dürfen von den Antragstellern eingesehen werden.

II.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

III.

Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 2/3, die Antragsgegnerin und der Beigeladene je 1/6 zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Festlegung von Regelungen des Lärmschutzes für die Veranstaltung der diesjährigen ...-Festspiele des Beigeladenen.

1.

Der Beigeladene betreibt seit 22 Jahren auf der Freilichtbühne der Ruine ... in der Stadt Klingenberg a. Main Festspiele, die jährlich von ca. 30.000 bis 40.000 Gästen besucht werden. Das jährliche Programm gliedert sich in ein Musical und ein Kinderstück (jeweils ca. 15.000 Besucher) sowie in ein Jugendstück (ca. 1.000 Besucher) und Gastspiele (ca. 800 Besucher pro Gastspiel). Im Jahr 2016 sollen im Zeitraum vom 10. Juni bis 2. August an 22 Abenden das Musical „Hair“, an acht Abenden das Schauspiel „Schillers Räuber“, an 26 Nachmittagen das Familienmusical „Peter Pan“, an drei Tagen die Eigenproduktion „Jesus Mohammed“ und an drei Abenden Gastspiele (sog. Rockevents) aufgeführt werden.

Das Wohnhaus der Antragsteller befindet sich ca. 200 m (Luftlinie) nördlich des Veranstaltungsortes auf dem gegenüberliegenden Berghang, von diesem durch ein Tal getrennt, in einem durch den qualifizierten Bebauungsplan „...-straße“ der Stadt Klingenberg a. Main ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet.

Mit Schreiben vom 17. März 2015 wandten sich die Antragsteller schriftlich an die Antragsgegnerin, beschwerten sich hinsichtlich der Störung der Nachtruhe durch die Aufführungen auf der ... und baten um Mitteilung zu treffender Maßnahmen. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 wurde dem Beigeladenen die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG zur Durchführung der...-Festspiele im Zeitraum 11. Juni bis 2. August 2015 u. a. unter der „Auflage“ erteilt, dass hinsichtlich des Lärmschutzes auf die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI vom 6. März 2015 verwiesen wird und die dort genannten Werte vom Veranstalter zu beachten sind und ggfls. durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist, dass diese Werte eingehalten werden. Im Auftrag der Beigeladenen hat das Büro ..., ..., am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 während der Aufführung des Musicals „Dracula“ Schallimmissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen während der Freilichtveranstaltung vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 18. April 2016 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin, den diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der ...-Festspiele mit konkreten, genau festgelegten Auflagen zum Lärmschutz zu erteilen, da der Bescheid für das Vorjahr insoweit viel zu unbestimmt gewesen sei. Die Antragsgegnerin wurde um Stellungnahme bis 2. Mai 2016 gebeten, welche der beantragten Auflagen in den Bescheid übernommen würden und die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes angekündigt. Mit Schreiben vom 20. April 2016 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Angelegenheit geprüft werde.

2.

Daraufhin ließen die Antragsteller am 10. Mai 2016 durch ihren Bevollmächtigten beantragen, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele der Beigeladenen folgende Auflagen zu erteilen:

1. Die Durchführung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art werden untersagt.

2. Die Probezeiten mit Beschallung durch eingeschaltete Lautsprecher werden auf den Zeitraum von fünf Tagen vor der Premiere begrenzt. Bei den übrigen Probeterminen sind die Lautsprecher auszuschalten.

3. Sämtliche Veranstaltungen der ... Festspiele müssen zwingend spätestens um 22:00 Uhr beendet sein.

4. Die Beigeladene wird verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen. Die Messungen haben jeweils bei der ersten Aufführung der unterschiedlichen Veranstaltungen zu erfolgen. Die Messergebnisse sind bekannt zu geben.

5. Die Dauer der Festspiele darf sechs Wochen nicht überschreiten.

Zur Begründung ließen die Antragsteller vortragen, dass sie eine ständige Ausdehnung der Festspielzeit von ursprünglich vier Wochen auf nun acht Wochen beobachtet hätten. Außerdem liege der Schwerpunkt der Aufführung mittlerweile bei musikalischen Darbietungen, insbesondere bei Musicals, die zu einem großen Anteil aus sehr lauten Gesangseinlagen bestünden. Hinzu kämen in diesem Jahr drei extrem lautstarke Rockevents. Bei den Abendveranstaltungen, die um 20:00 Uhr beginnen würden, sei nicht vor 23:30 Uhr mit Ruhe zu rechnen. Insbesondere in der Woche vom 23. bis zum 26. Juni sei mit extremster Lärmbelästigung zu rechnen, da an diesen Tagen mittags das Familienmusical und abends das Musical „Hair“ gespielt würden. Es schließe sich dann noch ein Rockevent an. Die das Gymnasium besuchenden beiden Söhne der Antragsteller müssten an den folgenden Tagen Klausuren schreiben und wüssten schon heute, dass sie nach der Dauerbeschallung völlig unkonzentriert diese Prüfungen ablegen müssten. Beide Antragsteller hätten anstrengende Berufe. Die fehlenden Ruhezeiten am Abend und in der Nacht führten zu gesundheitlichen Problemen. Die musikalischen Veranstaltungen überschritten ständig die Grenzwerte der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie. Die Voraussetzungen für ein seltenes Störereignis seien hier ersichtlich nicht gegeben. Besonders störend sei die Dauerbeschallung durch Familienmusical und Abendmusical.

Der Anspruch auf die Anordnung der beantragten Auflagen ergebe sich unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG. Die Überschreitung der zulässigen Lärmwerte sei gesundheitsgefährdend. Im Übrigen sei nach Art. 19 Abs. 4 LStVG eine Veranstaltung zu versagen, wenn dies zur Verhütung von Gefahren für die Gesundheit oder zum Schutz vor erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich sei. Darüber hinaus seien im vorliegenden Fall die beantragten Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft im Sinne von Art. 19 Abs. 5 LStVG dringend geboten. Zum Schutz der Anwohner sei es außerdem erforderlich, dass nachhaltige schalltechnische Untersuchungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchgeführt und die Lärmwerte veröffentlicht würden. Die Beigeladene habe den Nachweis zu führen, dass die nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässigen Grenzwerte nicht überschritten würden. Den Antragstellern könne in diesem Jahr nicht erneut zugemutet werden, nahezu acht Wochen permanent mit lauten Musikveranstaltungen beschallt zu werden. Bei den diesjährigen Veranstaltungen seien dringlich die Messwerte exakt zu ermitteln, damit künftig effektive Maßnahmen zur Lärmminderung durchgesetzt werden könnten. Die angesetzten Rockkonzerte seien auf Dauer zu untersagen, weil insoweit auch nicht ansatzweise die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden könnten. Die einstweilige Anordnung sei auch die statthafte Rechtsschutzform, denn im Hauptsacheverfahren wäre die Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Trotz intensiver Bemühungen seitens der Antragsteller habe eine außergerichtliche Lösung nicht gefunden werden können.

Das vorgelegte Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie durch die Musicals und Rockkonzerte nicht eingehalten werden könnten. So werde der Richtwert für die Nachtzeit um 16 dB(A) und der für die Ruhezeit um 3 dB(A) überschritten. Durch den zu erwartenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) für Rockkonzerte werde die Vorgabe der Freizeitlärm-Richtlinie nicht ansatzweise eingehalten. Es sei auch in keiner Weise ersichtlich, wie die Immissionsrichtwerte bei Rockkonzerten und Musicals eingehalten werden könnten. Es könne nicht davon die Rede sein, dass für Rockveranstaltungen und Musicals eine hohe Standortgebundenheit mit örtlichem oder regionalem Bezug gegeben sei. Ein Sonderfall im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie, um die Nachtzeit auf 23:00 Uhr zu verschieben, sei nicht gegeben. Dass hierdurch das halbe Theaterfestival als seltene Veranstaltung qualifiziert werde, entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Nr. 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie. Die Immissionen, die durch Rockkonzerte und Musicals verursacht würden, seien auch unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs in keiner Weise zumutbar, zumal die Antragsgegnerin gegenüber der ... vor Jahrzehnten ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen habe, das es nun zu schützen gelte. Schließlich sei der Antragsgegnerin aufzugeben, die Schallimmissionsmessungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchführen zu lassen, die Messergebnisse bekannt zu geben und der Beigeladenen aufzugeben, dass auch bei allen Proben die zulässigen Grenzwerte in einem allgemeinen Wohngebiet nicht überschritten würden.

3.

Die Antragsgegnerin ließ mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20. Mai 2016 beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Die Antragsteller schienen grundsätzlich die Rechtsgrundlage zu verkennen, denn eine Genehmigung der Veranstaltungen sei gemäß Art. 19 LStVG nicht erforderlich, insbesondere seien nicht mehr als 1.000 Besucher zu erwarten. Die erforderliche Anzeige nach Art. 19 Abs. 1 LStVG habe eine Woche vor Beginn der Veranstaltung zu erfolgen; dies sei zwischenzeitlich geschehen. Darüber hinaus werde von Antragstellerseite verkannt, dass der Erlass entsprechender Auflagen gemäß Art. 19 Abs. 5 LStVG im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin stehe. Den im vergangenen Jahr durchgeführten Schallmessungen lasse sich entnehmen, dass durch die Veranstaltungen Schauspiel, Kinderstück und Jugendstück in keiner Weise die Werte der Freizeitlärm-Richtlinie überschritten würden. Darüber hinaus habe das Institut ... in der Stellungnahme vom 15. September 2015 Maßnahmen zur Schallausbreitungsreduzierung ermittelt und vorgeschlagen. In einem entsprechenden Auflagenbescheid werde die Auflage aufgenommen, diese Empfehlungen umzusetzen und die Wirksamkeit der empfohlenen Schutzmaßnahmen durch eine Messung bei der ersten Aufführung nachzuweisen. Für den Fall, dass die empfohlenen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg brächten, habe sich die Antragsgegnerin weitergehende Auflagen vorbehalten. Es liege hier eine Gemengelage vor, so dass sich der Schutzanspruch im vorliegenden Fall gemäß Ziffer 4.1.c der Freizeitlärm-Richtlinie aus den für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete zugrunde zu legenden Werten ergebe. Nach den Feststellungen des Instituts ... seien diese Grenzwerte deutlich unterschritten, die für Wohngebiete jedenfalls eingehalten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Veranstalter die Anfangszeiten von 20:30 Uhr auf 20:00 Uhr vorverlegt habe. Für die drei Sonderveranstaltungen nehme die Betreiberin die Sonderfallregelung unter Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie in Anspruch. Auch die weiteren Voraussetzungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien eingehalten, eine Überschreitung des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nach 24:00 Uhr ausgeschlossen. Der Antrag der Beigeladenen auf Verschiebung der Nachtzeit für das Musical „Hair“ sei nur hinsichtlich der Samstage, also an insgesamt sieben Tagen um eine Stunde bewilligt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Veranstalterin weitere umfangreiche Maßnahmen vorgenommen habe, wie die Verlegung der Premiere auf einen Freitag (also ein Wochenende), die Unterbindung von Musikdarbietungen nach der Premiere, die Änderung der Pausenfanfare, den Wegfall des Feuerwerks, den Wegfall der Pausen an Wochenenden, die Durchführung umfangreicher Messungen, die Installation von Schutzwänden sowie die Beauftragung von Nachmessungen während der Festspiele. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Untersagung der begehrten Sonderveranstaltungen und Musicals das Ende der ...-Festspiele und die Insolvenz des Beigeladenen bedeuten würde. Da hinsichtlich der Proben die jeweils zulässigen Lärmwerte eingehalten würden, sei auch der Antrag zu 2) unbegründet. Gleiches gelte für den Antrag zu 3), da ein Verbot von Aufführungen nach 22:00 Uhr nur dann verlangt werden könne, wenn die entsprechenden Grenzwerte überschritten würden, was nicht zu erwarten sei. Der Antrag zu 4) entbehre einer Grundlage, denn die Veranstaltungen seien genehmigungsfrei. Die Antragsgegnerin erkläre sich aber - ohne dass eine rechtliche Verpflichtung gesehen werde - bereit, nach Eingang der entsprechenden Messergebnisse diese unaufgefordert den Antragstellern zur Verfügung zu stellen.

4.

Der Beigeladene ließ durch seine Bevollmächtigte beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Der Antrag zu 1) könne von den Antragstellern nicht verlangt werden. Allenfalls könne die Einhaltung der Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie beantragt werden. Das gleiche gelte für den Antrag zu 2). Die Festspiele wiesen eine hohe Standortgebundenheit auf. Alleine wegen der malerischen Ruine könnten diese Festspiele an keinem anderen Ort aufgeführt werden. Eine Befragung der gesamten betroffenen Nachbarschaft habe ergeben, dass sich alleine die Antragsteller durch die Festspiele belästigt und gestört fühlten. Die hohe Zahl von ehrenamtlichen Mitgliedern und weiteren mithelfenden Personen aus der Stadt Klingenberg zeige, dass die Veranstaltung eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz genieße. Der Beigeladene sei auf das Musical dringend angewiesen, da dies der Besuchermagnet sei. Die vom Büro ... vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lärmreduzierung seien bereits umgesetzt worden. So seien die Spielzeiten des Musicals auf maximal 120 Minuten gekürzt, auf Pausen verzichtet und Anfangszeiten vorverlegt worden. Nach der Anbringung einer Schallschutzwand und der Regulierung der elektroakustischen Verstärkeranlage um 2-3 dB(A) werde die Schallimmission von 50 dB(A) nicht überschritten. Eine weitere Schallreduzierung sei aus technischer Sicht nicht mehr möglich. Zur Überprüfung, dass die zulässigen Werte eingehalten würden, solle schon am Tag der Premiere ein Geräuschpegel gemessen und dokumentiert werden. Dem Gutachten der Firma ... sei zu entnehmen, dass die Werte bei den Rockkonzerten deutlich überschritten würden. Es handele sich um drei Gastspiele, die für das finanzielle Überleben des Vereins notwendig seien. Bei dem Kinderstück, dem Schauspiel und dem Jugendstück würden die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten. Auch bei dem Musical werde der Grenzwert von 50 dB(A) nicht überschritten, es werde lediglich darum gebeten, an fünf Freitagen und sieben Samstagen die Nachtzeit um eine Stunde zu verlängern. Auch bei den Proben würden die Grenzwerte nicht überschritten.

5.

Bereits mit Schreiben vom 1. April 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 4. April 2016, hatte der Beigeladene einen Antrag auf Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach § 12 GastG für die...-Festspiele 2016 gestellt. Mit Formblattantrag vom 14. Mai 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 17. Mai 2016, wurde die Veranstaltung „...-Festspiele 2016 vom 10.06.2016 bis 31.07.2016 gemäß § 19 Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ angezeigt.

In der vorgelegten Behördenakte befindet sich der Entwurf eines Bescheids mit Datum 17. Mai 2016, mit dem in Ziff. 1 tenoriert wird, dass zur Durchführung der „... Festspiele 2016“ vom 10. Juni bis 2. August 2016 durch den Verein ...-Festspiele e.V. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zum Schutz von Leib und Leben und des Nachbarschutzes Auflagen veranlasst sind. In Ziff. 10 der „Auflagen“ finden sich folgende Regelungen zum Lärmschutz:

„Hinsichtlich des Lärmschutzes wird auf die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015 verwiesen. Der Veranstalter hat die von dem Institut ... in der Schallimmissionsprognose vom 15.09.2015 empfohlene Maßnahme bereits umgesetzt in dem er die Lücken in den vorhandenen Schirmwänden geschlossen hat. Weiter wird er dafür Sorge tragen, dass die Schalleistung der elektroakustischen Verstärkeranlagen um bis zu 3 dB reduziert wird. Diese Maßnahmen sind für sämtliche Veranstaltungen bis zu deren Ende aufrecht zu erhalten. Diese Empfehlungen sind Bestandteil dieses Bescheides und als Anlage 2 beigefügt. Die Empfehlungen sind während aller Veranstaltungen zwingend einzuhalten.

Bei der Positionierung der Lautsprecher dürfen diese nicht zu hoch angebracht werden. Die auf der Burgmauer befindlichen Schirmwände dürfen durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Zu den jeweiligen Sparten werden weiter folgende Auflagen getroffen:

10.1 Sparte A „Musical Hair“ und Sparte C Sonderveranstaltungen:

Gemäß Ziffer 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie wird an Samstagen (siehe Anlage 1) der Beginn der Nachtzeit auf 23:00 Uhr verschoben. Gleiches gilt für die Tage mit Sonderveranstaltungen am 27.06., 11.07. und 02.08.2016 sowie die Premiere der ...-Festspiele am 10.06.2016.

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte A am 10.06.2016 und der Sparte C am 27.06.2016 eine Schallimmissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messungen weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.

10.2 Sparte B = Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und die Eigenproduktionen „Jesus Mohammed“:

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte B am 18.06.2016 eine Schallimissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messung weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.“

Des Weiteren enthält die Behördenakte den Entwurf eines Bescheids zur Erteilung einer gaststättenrechtlichen Genehmigung mit Datum 20. Mai 2016. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016 erklärte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin verbindlich, dass die im Entwurf vorliegenden Bescheide so erlassen und nicht zulasten der Antragsteller abgeändert werden würden.

6.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen, auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO war im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war der Antrag bereits teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abzulehnen.

1.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist hinsichtlich der Sätze 1 und 2 der Ziffer 4 des gestellten Antrags mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

Denn die Antragsgegnerin hat im Entwurf ihres Bescheides vom 17. Mai 2016, dessen Erlass sie mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Mai 2016 verbindlich zugesichert hat, dem Beigeladenen aufgegeben, bei den jeweils ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) am 10. Juni 2016 und der Sparte C (Sonderveranstaltungen) am 27. Juni 2016 sowie der Sparte B (Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) am 18. Juni 2016 Schallimmissionsmessungen durchzuführen und das Ergebnis ihr unverzüglich vorzulegen. Damit hat die Antragsgegnerin dem Begehren der Antragsteller, die im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen wollen, dass der Beigeladene verpflichtet wird, Messungen „jeweils bei der ersten Ausführung der unterschiedlichen Veranstaltungen durchzuführen“ und hierdurch die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen, insoweit in vollem Umfang entsprochen.

2.

Der wörtlich gestellte Antrag, die „Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele (dem Beigeladenen) folgende Auflagen zu erteilen“, ist selbst als nach sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehender Antrag, dass die von den Antragstellern verlangten Regelungen zum Lärmschutz in eine Anordnung nach Art. 19 Abs. 5 LStVG aufgenommen werden sollen, nicht begründet. Er ist vielmehr lediglich in dem tenorierten Umfang begründet.

Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Mannheim, B. v. 5.2.2015 - 10 S 2471/14 - NVwZ-RR 2015, 650 und B. v. 5.5.2009 - 10 S 494/09 - juris - m. w. N.).

Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet jedenfalls, dass es an die Fassung des Antrags nicht gebunden ist (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Happ in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 33, 64; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28). Im Hinblick darauf, dass aufgrund der Bezugnahme auf § 938 Abs. 1 ZPO maßgeblich ist, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind, kann das Gericht nicht nur hinter dem Antrag zurückbleiben, sondern auch eine geeignete andere Regelung treffen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28).

2.1.

Vorliegend haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil die ...-Festspiele mit den einzelnen Veranstaltungen und hier insb. den Musicals und Rockevents unmittelbar bevorstehen und daher der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden kann. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass dadurch die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde, da andernfalls die Veranstaltung bereits vorbei wäre.

2.2.

Problematisch ist vorliegend aber die Frage der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Ein solcher ist nur im tenorierten Umfang gegeben, nicht aber hinsichtlich des gestellten Antrags bzw. hinsichtlich der geforderten konkreten Regelungen. Im Einzelnen:

2.2.1.

Soweit die Antragsteller begehren, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele des Beigeladenen im Einzelnen bestimmte Auflagen festzulegen, geht ihr Antrag ins Leere.

Denn ein „Erlaubnisbescheid“ zur Veranstaltung der ...-Festspiele nach Art. 19 Abs. 3 LStVG wird mangels Erlaubnisbedürftigkeit nicht ergehen. Zwar hat die Antragsgegnerin im vergangenen Jahr einen solchen erteilt. Sie hat aber erkannt, wie sich den in der vorgelegten Behördenakte enthaltenen Entwürfen eines gaststättenrechtlichen Bescheids und eines „Auflagenbescheids“ nach Art. 19 Abs. 5 LStVG entnehmen lässt, dass jedenfalls für die diesjährige Veranstaltung eine Genehmigung der „...-Festspiele“ im vg. Sinne nicht erforderlich ist (Dafür, ob eine Genehmigung nach anderen Vorschriften, insbesondere des Bauordnungsrechts erforderlich ist, sind im Rahmen der hier nur durchzuführenden summarischen Prüfung nicht genügend Anhaltspunkte vorhanden). Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1-3 LStVG ist die Erlaubnisbedürftigkeit nur dann zu bejahen, wenn die nach Art. 19 Abs. 1 LStVG erforderliche Anzeige nicht fristgemäß erstattet wird (Nr. 1), es sich um eine motorsportliche Veranstaltung (Nr. 2) oder um eine Veranstaltung handelt, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll und zu der mehr als 1.000 Besucher gleichzeitig zugelassen werden sollen.

Zwar handelt es sich bei der Veranstaltung der ...-Festspiele um eine anzeigepflichtige öffentliche Vergnügung i. S. d. Art. 19 Abs. 1 LStVG, jedoch weder um eine motorsportliche Veranstaltung i. S. d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LStVG noch um eine Veranstaltung im Freien, zu der mehr als 1.000 Besucher zugleich zugelassen werden sollen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG). Denn nach den übereinstimmenden Angaben der Antragsgegnerin und des Beigeladenen, die auch von Antragstellerseite nicht bestritten wurden, sollen pro Veranstaltung max. 800 Besucher teilnehmen. Auch hat der Beigeladene die Veranstaltung fristgemäß mehr als eine Woche vorher bei der Antragsgegnerin angezeigt, da die Anzeige laut Eingangsstempel am 17. Mai 2016 bei dieser einging, so dass sich eine Erlaubnispflicht auch nicht aus Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LStVG ergibt.

2.2.2.

Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Untersagung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art (Ziffer 1 des Antrags), auf Begrenzung der Zahl der Probetermine unter Beschallung von Lautsprechern (Ziffer 2 des Antrags), auf Beendigung der Veranstaltungen der ...-Festspiele um 22:00 Uhr (Ziffer 3 des Antrags) und auch nicht auf Beschränkung der Dauer der Festspiele auf sechs Wochen (Ziffer 5 des Antrags) durch die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist hier Art. 19 Abs. 5 LStVG. Nach dessen Satz 1 können die Gemeinden zum Schutz der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG bezeichneten Rechtsgüter, d. h. zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft oder vor erheblichen Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft, Anordnungen für den Einzelfall für die Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen und sonstiger Vergnügungen treffen. Reichen Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG nicht aus, so kann die Veranstaltung untersagt werden (Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG).

Ein Rechtsanspruch eines Dritten auf Erlass einer Untersagung besteht dabei grundsätzlich nicht. Der Dritte hat bei der Entscheidung über den Erlass einer Untersagung - soweit seine Interessen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 LStVG durch die Veranstaltung berührt sein können - vielmehr lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung durch die Gemeinde, d. h. der Dritte hat nur dann einen Anspruch auf Untersagung der fraglichen Veranstaltung, wenn diese gegen (auch) zu seinem Schutz bestehende Vorschriften verstößt und wenn zudem Umstände vorliegen, die dazu führen, dass sich das der Gemeinde durch Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG eröffnete Eingriffsermessen auf Null reduziert. Gleiches hat auch hinsichtlich der Anordnungen für den Einzelfall i. S. v. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG zu gelten. Diese Regelung räumt der Behörde Ermessen ein. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens, also der Entscheidung, ob die Behörde regelnd tätig wird. Das der Behörde eingeräumte Ermessen betrifft aber auch das sog. Auswahlermessen, das die Behörde im Rahmen des Art. 8 LStVG bei der Auswahl der Mittel, mit denen sie den prognostizierten Gefahren begegnen will, hat. So steht der Sicherheitsbehörde bei der Auswahl des Mittels, dessen sie sich zur Abwehr der drohenden erheblichen Nachteile für die Nachbarn bedienen will, ein im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich beschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu (vgl. BayVGH, U. v. 7.8.2013 - 10 B 13.1234 - juris; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 136).

Für eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragsteller in dem Sinn, dass nur die von ihnen begehrten Regelungen die einzig richtigen Maßnahmen darstellen würden, dass nur durch diese Maßnahmen ihre Rechte als Nachbarn gewahrt würden, ist hier aber weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Insbesondere können die Rechte der Antragsteller durch andere Regelungen wie die Festlegung von Immissionsrichtwerten und andere von der Antragsgegnerin angeordnete Maßnahmen gewahrt werden (siehe hierzu unten 2.2.3. bis 2.2.6.). Bereits aus diesem Grund können die Antragsteller konkrete Regelungen, wie von ihnen verlangt, nicht im Wege einer Verpflichtungsklage und schon gar nicht im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgreich geltend machen.

2.2.3.

Den Antragstellern steht aber nach summarischer Prüfung ein Anspruch auf Festsetzung ihnen zumutbarer Immissionsrichtwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie - wie tenoriert - zu.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist auch hier Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG. Hauptanwendungsfall der erheblichen Belästigungen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG sind Immissionen. Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit des von der geplanten Veranstaltung ausgehenden Lärms ist mithin § 22 Abs. 1 BImSchG. Danach sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, worunter auch die Veranstaltung von Freilichttheater-Festspielen (mit Musicals und Rockevents) fällt, so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), verhindert werden, soweit sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Frage der Erheblichkeit wird dabei entscheidend durch die bebauungsrechtliche Situation bestimmt, in der sich die störende oder gestörte Nutzung befindet. Darüber hinaus sind für die Beurteilung der belästigenden Wirkung von Geräuschen aber nicht nur physikalische Eigenschaften wie Schalldruck und Frequenz, sondern auch wertende Elemente wie Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und der allgemeinen Akzeptanz in der Bevölkerung zu berücksichtigen (BayVGH, B. v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3145 - NJW 1997, 1181; B. v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230 - NVwZ 2005, 719). Dabei bleibt es der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten, die Schädlichkeit der von solchen Anlagen ausgehenden Lärmeinwirkungen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu beurteilen. Die Schädlichkeitsgrenze wird nicht so sehr nach einem festen und einheitlichen Maßstab bestimmt, sondern mehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets.

Anders als die Antragstellerseite wohl meint („verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie“ nachzuweisen und „die musikalischen Veranstaltungen überschreiten diese Grenzwerte ständig“), kann die Beurteilung, wann Freizeitlärm zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führt, nicht anhand allgemein gültiger Grenzwerte vorgenommen werden. Denn derzeit liegen rechtsverbindliche Vorschriften oder auch nur normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften darüber, ab welcher Erheblichkeitsgrenze Freizeitlärm zu einem erheblichen Nachteil bzw. einer erheblichen Belästigung für den Nachbarn führt, nicht vor (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Die von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfohlene „Freizeitlärm-Richtlinie“, die in der überarbeiteten Version unter dem Stand 6. März 2015 vorliegt (abrufbar im Internet unter www.lai-immissionsschutz.de/servlet/is/20170/Freizeitl%C3%A4rmrichtline%20final. pdf?command=downloadContent&filename=Freizeitl%E4rmrichtline%20final.pdf), hat ebenfalls keinen normativen oder quasi-normativen Charakter und kann deshalb keine Allgemeinverbindlichkeit für sich beanspruchen (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, Nr. 1 TA Lärm, Rn. 10; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn.113).

Bei der gerichtlichen Beurteilung der Zumutbarkeit von Lichtimmissionen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme kann die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie aber als sachverständige Beurteilungshilfe, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.2006 - 1 CE 06.1937 - juris; B. v. 12.5.2004 - NVwZ 2005, 719). Die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI - in der überarbeiteten Version des Jahres 2015 - findet Anwendung bei der Beurteilung der Wirkung von Lärmimmissionen auf Menschen durch Freizeitanlagen. Dies sind Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genützt zu werden. Hierzu zählen auch Freilichtbühnen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 1 Absatz 2, Spiegelstrich 4). Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebiets, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche und der Geräuschquellen sowie dem Zeitpunkt (Tageszeit) oder der Zeitdauer der Einwirkungen. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers abzustellen. Von Bedeutung für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen ist die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten, wobei grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen ist. Liegen aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen, kann eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehen. Sofern an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann diese Pflicht dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinzunehmen haben als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Gebiete liegen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 2).

Nummer 4 der Freizeitlärm-Richtlinie markiert die Schwelle des für erforderlich gehaltenen Lärmschutzniveaus differenzierend nach dem Gebietscharakter nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagen (Nr. 4.1) durch die Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte für die hierin genannten Immissionsorte. Diese gebietsbezogenen Werte sind Ausdruck einer typisierenden Betrachtungsweise des Hinweisgebers. Immissionsrichtwerte unterscheiden sich von Immissionsgrenzwerten durch ihre fehlende Verbindlichkeit. Während Grenzwerte absolute Beurteilungsschwellen darstellen, die unter keinen Umständen über- oder unterschritten werden dürfen, dienen Richtwerte nur als Orientierungshilfe für den Regelfall (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 der 18. BImschV Rn. 17).

Die Freizeitlärm-Richtlinie legt für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden („Außen“) in allgemeinen Wohngebieten tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A), sowie nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) von 40 dB(A) fest (vgl. Nr. 4.1 Buchst. d) i. V. m. Nr. 3.4). Der Immissionsrichtwert für Kern-, Dorf- oder Mischgebiete liegt um jeweils 5 dB(A) höher (vgl. Nr. 4.1 Buchst. c)). Einzelne Geräuschspitzen sollen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (vgl. Nr. 4.3 Satz 1). Die Freizeitlärm-Richtlinie sieht unter Nr. 4.4.2 hinsichtlich der Zumutbarkeit bei seltenen Ereignissen Folgendes vor: a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten. Des Weiteren macht die Freizeitlärm-Richtlinie unter Nr. 3 konkrete Vorgaben für die Ermittlung des Beurteilungspegels (wie etwa Berücksichtigung von Impulshaftigkeit, auffälligen Pegeländerungen, Ton- und Informationshaltigkeit, Abstellen auf die ungünstigste volle Stunde usw.).

Die zuständige Behörde kann erhebliche Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG auf verschiedene Weise verhüten. Nicht ausreichend ist die abstrakte Wiedergabe der für die bestimmten Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne konkrete Benennung des Gebietscharakters der Nachbarbebauung (VGH Mannheim, U. v. 29.1.2008 - 8 S 2748/06 - BauR 2008, 1573; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116). Bei der Lösung einer Immissions-Konfliktlage reicht es in der Regel aus, wenn die Behörde bei der Erlaubniserteilung durch Nebenbestimmungen oder sonst durch Einzelfallanordnungen die einzuhaltenden Grenzwerte festsetzt bzw. dem Emittenten aufgibt, näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116; siehe bereits BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15). Eine solche Festsetzung ist allerdings nicht geeignet, den schützenswerten Belangen des Nachbarn Rechnung zu tragen, wenn von vornherein dafür Anhaltspunkte bestehen, dass die festgesetzten Werte voraussichtlich nicht eingehalten werden. Denn in dem Fall, dass die Forderung der Einhaltung von Lärmwerten nicht realistisch ist, ist der Schutz der Nachbarschaft durch andere geeignete Maßnahmen, insbesondere Betriebszeitenbeschränkungen sicherzustellen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116).

2.2.4.

Unter Zugrundelegung dieser allgemeinen Grundsätze und unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin verbindlich zugesagten „Auflagenbescheids“ und unter Berücksichtigung der im Tenor dieser Entscheidung getroffenen Verpflichtung der Antragsgegnerin erweisen sich nach summarischer Prüfung die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Lärmimmissionen für die Antragsteller nicht als unzumutbar i. S. d. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG.

Ausreichend, aber auch erforderlich, um die vorliegende Immissions-Konfliktlage zu lösen, ist die Festsetzung der im Tenor festgelegten, einzuhaltenden Immissionsrichtwerte. Denn einerseits lässt sich aus den vorgelegten Gutachten des Büros ..., ..., entnehmen, dass hierdurch der Schutz der Nachbarschaft, insbesondere der Antragsteller, sichergestellt werden kann. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass eine solche Forderung realistischer Weise nicht eingehalten werden kann. Andererseits muss die Behörde dem Veranstalter konkrete Immissionsrichtwerte vorgeben, die dieser einzuhalten hat. Nicht ausreichend ist - wie bereits dargelegt - die abstrakte Wiedergabe der für bestimmte Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne dass das Gebiet genau bezeichnet würde. Ein bloßer Verweis auf die „Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015“ - wie in Ziffer 10 Satz 1 der „Auflagen“ des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 - erfüllt nämlich nicht die Anforderungen, die entsprechend Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG an die hinreichende Bestimmtheit einer Regelung zu stellen sind. Denn es ist weder für den Adressaten des Bescheids noch für den Nachbarn erkennbar, welche gebietsbezogenen Werte nach Nr. 4.1 Buchst. a) bis f) im konkreten Fall zugrunde zu legen sind.

Das Büro ... hat am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 Uhr, während der Aufführung des Musicals „Dracula“, im Auftrag des Beigeladenen Schall-immissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. So wurde aus der durchgeführten Messung für den Zeitraum von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr am Grundstück der Antragsteller ein über zwei Stunden gemittelter Beurteilungspegel von 53 dB(A) errechnet, der mithin um 3 dB(A) über dem Richtwert für die Ruhezeit in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Für die beiden betroffenen Nachtstunden ergeben sich Beurteilungspegel von 56 dB(A) (Stunde von 22:00 Uhr bis 23:00 Uhr) bzw. 52 dB(A) (Stunde von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr), und damit Überschreitungen des Richtwerts für die Nachtzeit von 16 dB(A) bzw. 12 dB(A). Weitergehende Maßnahmen sind - so der Gutachter ausdrücklich - notwendig und würden auch untersucht.

In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015). Dabei hat das Büro zusammenfassend ausgeführt, dass der ermittelte (hoch erscheinende) Beurteilungspegel von bis zu 56 dB(A), bezogen auf eine volle Stunde zum einen auf die relativ kurze Entfernung von 200 m und zum anderen auf die Zuschläge für Impulshaltigkeit und Informationshaltigkeit zurückzuführen sei.

Dabei wurden von Gutachterseite folgende Empfehlungen gegeben: Da es aus fachtechnischer Sicht nicht realistisch erscheine, die nächtlichen Richtwerte bei der Durchführung der Musicals einhalten zu können, sei sicherzustellen, dass die Veranstaltungen auf der ... vollständig in der Tagzeit/Ruhezeit durchgeführt würden, wofür eine Vorverlegung des Veranstaltungsbeginns bzw. eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in Betracht komme. Es sei festgestellt worden, dass der bei der Musical-Veranstaltung ermittelte Beurteilungspegel um 6 dB(A) verringert werden müsse, um die Richtwerte der Freizeitlärm-Richtlinie zur Ruhezeit einzuhalten. Dabei dürfte aus fachtechnischer Sicht eine Minderung der Schallemission um 5 dB ausreichen, um den Beurteilungspegel von 50 dB(A) zur Ruhezeit einzuhalten. Hierfür werde es notwendig sein, die „Schallleistung der elektroakustischen Verstärkungsanlage um 2 … 3 dB zu reduzieren.“ Die vorhandenen Schirmwände müssten erweitert werden, so dass diese im Bereich der nordwestlichen und nordöstlichen Burgmauern möglichst lückenlos aneinander anschließen würden. Empfehlenswert sei, die Schirmwand auf dem niedrigen Mauerabschnitt so hoch zu planen, dass die Oberkante ebenso hoch wie die der vorhandenen Wände sei. Lücken zwischen den Wandelementen seien möglichst zu vermeiden. Insgesamt könne damit eine Minderung um 2,5 dB erwartet werden. Bezüglich der Rockkonzerte hätten die Berechnungen ergeben, dass diese auch bei der bestehenden Ausführung der Schirmwände als seltene Ereignisse durchführbar seien. Zur Tagzeit könne dabei maximal ein Schallleistungspegel von 124 dB(A) emittiert werden, um den Beurteilungspegel von 70 dB(A) am maßgebenden Immissionsort einzuhalten. Zur Nachtzeit müsse die Verstärkung auf einen Schallleistungspegel von 118 dB(A) reduziert werden. Bei der Positionierung der Lautsprecher müsse zusätzlich darauf geachtet werden, dass diese nicht zu hoch angebracht würden. Die Schirmwände dürften durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Der Bescheidsentwurf mit Datum 17. Mai 2016, dessen Erlass von der Antragsgegnerin verbindlich zugesichert wurde, enthält eine Reihe von Regelungen, die einen ausreichenden Lärmschutz zugunsten der Nachbarn sicherstellen sollen. So wurden im Einzelnen in Ziffer 10 des Bescheidentwurfs in Verbindung mit den Empfehlungen des Büros ... eine Reihe von Maßnahmen getroffen, wie Schließung der Lücken mittels Schirmwänden, der Reduzierung der Schallleistung um bis zu 3 dB, genauer um 2 bis 3 dB (vgl. Schallimmissionsprognose des Büros ...), die Verschiebung der Nachtzeit für einzelne Veranstaltungen und die Durchführung von Schallimmissionsmessungen, wobei dies - was selbstverständlich sein dürfte - durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro zu erfolgen haben. Durch den Bescheidsentwurf wurde aber der Schutz der Nachbarschaft nicht (vollständig) sichergestellt, da insoweit keine Festsetzung von Lärmwerten erfolgt ist. Mithin war der Antragsgegnerin aufzugeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ die entsprechenden Immissionsrichtwerte noch festzusetzen.

2.2.5.

Nach summarischer Prüfung spricht einiges gegen die von Seiten der Antragsgegnerin erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachte Auffassung, wonach hier nicht die Immissionsrichtwerte der Ziffer 4.1 Buchst d) für allgemeine Wohngebiete, sondern die der Ziffer 4.1 Buchst c) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete zugrunde zu legen seien. Denn ausweislich Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten von Bedeutung. Hierbei ist für die Zuordnung der für die Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwerte (nach Nr. 4.1 Buchst a) - f)) zu den Gebieten im Einwirkungsbereich der Anlage grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen. Dies ist hier der qualifizierte Bebauungsplan „Bergstraße“ der Stadt Klingenberg a. Main, in Kraft getreten am 23. April 1971, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und in dessen Geltungsbereich sich das Anwesen der Antragsteller befindet. Eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme kann gemäß Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie zwar dann bestehen, wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt hat, wenn aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen liegen. Unter der Voraussetzung, dass an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann dann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinnehmen müssen als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Anlagen liegen. Hierbei sollen die zu duldenden Geräuscheinwirkungen die Immissionsrichtwerte unterschreiten, die die für die Gebietsart mit dem nächst niedrigeren Schutzanspruch gelten. Allerdings ist hier angesichts des Umstands, dass zwischen der Freilichtbühne und dem Wohnhaus der Antragsteller ein Abstand von 200 m besteht, schon fraglich und nicht im Rahmen der summarischen Prüfung abschließend zu entscheiden, ob hier der Anwendungsbereich dieser Regelung überhaupt eröffnet ist, ob davon die Rede sein kann, dass Wohngebiete und Freizeitanlagen „eng zusammen“ liegen.

Darüber hinaus dürfte auch einiges dafür sprechen, die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten des Beigeladenen und der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht über den Weg einer generellen Abstufung der Schutzwürdigkeit des Anwesens der Antragsteller durch die Festlegung einer Gebietsart mit niedrigerem Schutzanspruch (Ziffer 2 Absatz 4 der Freizeitlärm-Richtlinie) zu lösen, sondern durch eine Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz (gemäß Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie). Danach können Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten, die die unter Ziffer 4.1 bis 4.3. genannten Immissionsrichtwerte trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht einhalten, gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (vgl. Ziffer 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie).

Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Mit dem Begriff der „Sozialadäquanz“ werden die Verhaltensweisen oder Zustände beschrieben, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, jedoch von der Bevölkerung insgesamt hingenommen werden, weil sich die Verhaltensweisen noch in den Grenzen des sozial Üblichen und damit Tolerierbaren halten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG Art. 19 Rn. 114). Die vom Beigeladenen seit über 20 Jahren durchgeführten Freilichtspiele auf der ... mit Musicals und Sonderveranstaltungen stellen sich aus Sicht der Kammer als sozial adäquat in diesem Sinne dar. Der Beigeladene hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten insbesondere eindrucksvoll aufgezeigt, welche Akzeptanz die ...-Festspiele in der einheimischen Bevölkerung genießen.

Die Kammer kommt nach einer summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich die zu erwartenden Lärmimmissionen als unvermeidbar und zumutbar i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt hat (wie die Vorverlegung des Beginns der Aufführungen auf 20:00 Uhr, den teilweisen Wegfall der Pausen, die Installation von Schutzwänden, usw.), dass aber trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Werte nach Ziffer 4.1 Buchst. d) der Freizeitlärm-Richtlinie aufgrund der Umgebungsbedingungen und der Mindestversorgungspegel unvermeidbar ist, wie sich auch der Schallimmissionsprognose des Büros ... entnehmen lässt.

Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie auch, dass die Antragsgegnerin die Verschiebung der Nachtzeit in Ziffer 10.1 Absatz 1 des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 (aus Gründen der Rechtsklarheit nochmals aufgenommen in Ziffer I.1 letzter Absatz des Tenors dieser Entscheidung) für insgesamt 11 Veranstaltungen um lediglich eine Stunde vorgenommen hat. Nach Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zulässig, wobei die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten soll. Eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts (vgl. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie) können nach den Gutachten des Büros ... ausgeschlossen werden. Die Kammer verkennt bei ihrer Entscheidung auch nicht, dass die Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in drei Fällen (Sonderveranstaltungen) nicht auf Abende vor Samstagen, sowie Sonn- und Feiertagen beschränkt wurde und sich die Veranstaltungen auch über mehrere Wochenenden erstrecken (vgl. Ziffer 4.4.3 Spiegelstriche 2 und 3 der Freizeitlärm-Richtlinie), hält dies aber insbesondere angesichts des Umstands, dass die Verschiebung nur um eine Stunde erfolgt, im konkreten Fall noch für zumutbar.

Nach allem begegnet die Entscheidung, für insgesamt elf Veranstaltungen die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Ereignisse heranzuziehen und die Nachtzeit jeweils um eine Stunde zu verschieben, nach summarischer Prüfung keinen Bedenken.

2.2.6.

Der Anspruch der Antragsteller auf Einsichtnahme in die Ergebnisse der gemäß „Auflage“ Ziffer 10.1 und 10.2 des Bescheidentwurfs durchgeführten Messungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro ergibt sich bereits daraus, dass der betroffene Nachbar ansonsten keine Möglichkeit hätte zu prüfen, ob er in seinen Rechten verletzt wird. Ein solcher Anspruch wäre deshalb bereits aus Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG herzuleiten. Denn mit der Nennung der Nachbarschaft in Abs. 4 Satz 1 räumt die Vorschrift dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz ein, der Nachbar kann eine Verletzung eigener Rechte durch die Veranstaltung rügen und gegen diese Veranstaltung auch im Verwaltungsrechtsweg vorgehen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 105). Darüber hinaus ergibt sich ein Anspruch auch aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Umweltinformationsgesetzes.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Der Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, der hiernach zugrunde zu legen war, war nach Satz 1 der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für das Eilverfahren zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.

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Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. August 2015 rechtswidrig war, soweit darin dem Beigeladenen die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung über 24 Uhr hinaus erlaubt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe von festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes sowie einer immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.

2

Die Klägerin wohnt auf dem mit einem Wohngebäude bebauten Grundstück Flurstück-Nr. …, „A-Straße ...“ in Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Haardt. Der Beigeladene ist Eigentümer der beiden nördlich der A-Straße gelegenen Grundstücke Flurstück-Nrn. … und …, die im Westen an die B-Straße angrenzen. Das Grundstück Flurstück-Nr. … ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem der Beigeladene auch sein ... Geschäft betreibt. Das südlich sich anschließende Grundstück Flurstück-Nr. … besteht aus einer Grünfläche mit mehreren Bäumen und Rasen. Östlich der beiden Grundstücke des Beigeladenen steht die protestantische Kirche. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Luftaufnahme des betroffenen Straßenabschnitts dienen (rot = Grundstück der Klägerin, gelb = Grundstücke des Beigeladenen):

3

Es folgt die Luftbildaufnahme

4

Im Ortsteil Haardt findet jährlich Anfang Mai das „Haardter Weinfest auf der Straße“ mit dem „Schubkarrenrennen“ statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Beklagte die Haardter „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“, bei dem Stücke eines überdimensionierten Zwetschgenkuchens verkauft werden und das „Quetschekern-Zielspucken“ angeboten wird. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 m langen Kerwemeile entlang des Mandelrings an verschiedenen Plätzen Musik und Pfälzische Spezialitäten angeboten.

5

Der Beigeladene beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Ausschankstelle auf seinen Grundstücken Flurstück-Nrn. … und …. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … stehen während des Festes mehrere Bierzeltgarnituren, vereinzelte Stehtische und die Ausschankstelle. Die zwei an der Hauswand des Gebäudes auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … angebrachten Lautsprecher sind vom Wohnhaus der Klägerin etwa knapp 35 m entfernt.

6

Für das „Haardter Weinfest auf der Straße“ im Mai 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes nach dem Gaststättengesetz am 8. Mai 2015 auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik an insgesamt sechs Tagen im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 bis maximal 24 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten, Musikinstrumenten und ähnlichen Geräten. Die Genehmigung wurde mit mehreren Nebenbestimmungen versehen.

7

Da sich die Klägerin in der Vergangenheit bei der Beklagten mehrfach über von der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Beklagte mit ihr die Durchführung von Lärmmessungen. Diese ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A).

8

Mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe für den Zeitraum vom 4. September 2015 bis zum 8. September 2015 im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der (protestantischen) Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis enthielt u.a. die folgende Auflage:

9

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

10

Die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilten Gestattung wurde mit Verfügung vom 31. August 2015 angeordnet.

11

Mit weiterem Bescheid vom 20. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Benutzung von Lautsprechern und Tonwiedergabegeräten zum Abspielen von Musik (CD) an seiner Ausschankstelle anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe. Das Abspielen von CD-Musik wurde unter I. des Bescheides für folgende Tage bis maximal 24 Uhr gestattet: Freitag, 4. September 2015, Samstag, 5. September 2015, Sonntag, 6. September und Montag, 7. September 2015. Die Genehmigung enthielt unter II. u.a. folgende Auflagen:

12

1. Zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sind die Geräuschemissionen der Verstärkeranlagen so zu begrenzen, dass der Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) nächstgelegener Wohngebäude bzw. in angrenzenden Wohngebieten folgende Werte nicht überschreitet: In den unter Ziffer I. dieser Verfügung genehmigten Zeiten 70 dB(A), Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags einhalten. Zum Immissionsort wurde folgendes geregelt: Maßgeblicher Immissionsort für die Einhaltung des Grenzwertes ist entsprechend der schutzwürdigen Nutzung in der Nachbarschaft vor dem Fenster des Anwesens 67433 Neustadt, A-Straße …, sofern sich die Anwohnerin mit einer Lärmmessung vor Ort einverstanden erklärt, ansonsten vor dem Anwesen 67433 Neustadt, A-Straße …

13

2. Die Beschallungstechnik ist so auszurichten, dass das Anwesen Am Bürgergarten 2 so wenig wie möglich beschallt wird. Insbesondere ist auf eine Reduzierung der abgestrahlten tiefen Frequenzanteile hinzuwirken (z.B. durch Minimierung einzelner nicht relevanter Terzen).

14

3. Vor Beginn der Veranstaltungen ist die Beschallungsanlage so einzupegeln, dass der o. g. Immissionsrichtwert (Ziffer II Nr. 1) eingehalten wird. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken. Die ermittelten Schalldruckpegel und Beurteilungspegel sind zu dokumentieren.

15

4. Um sicherzustellen, dass der Immissionsrichtwert eingehalten wird, hat die für die Veranstaltung verantwortliche Person während den Veranstaltungen stündliche Messungen am Emissionsort vorzunehmen. Als Emissionsort wird der Standort in 1 Meter Abstand zur hauptangesteuerten Lautsprecherbox festgelegt. Welcher Grenzwert am Emissionsort einzuhalten ist, wird dem Veranstalter in Abstimmung mit der Einmessung durch den Kommunalen Vollzugsdienst vorgegeben. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken.“

16

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert. Im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung sei für die Musikdarbietungen bis 23 Uhr bzw. 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) bezogen auf den Beurteilungszeitraum für den Tag zugelassen worden.

17

Am 27. August 2015 legte die Klägerin gegen die dem Beigeladenen erteilten Genehmigungen vom 4. und 20. August 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, der Ausschank an dieser Örtlichkeit in unmittelbarer Nähe zum allgemeinen Wohngebiet führe mit und ohne Musik stets zu unangemessenen Lärmbelästigungen. Ihr Anwesen sei am stärksten von den Lärmbelästigungen betroffen. Der Beigeladene halte sich auch nicht an die vorgegebenen Zeiten. Auch beim Weinfest 2015 habe der Beigeladene die zugelassenen Zeiten überzogen. Der Ansicht der Beklagten, Weinfeste und Kerwen gehörten zu den sehr seltenen Festen, sei zu widersprechen. Laut Freizeitlärmrichtlinie seien Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Es gebe zahlreiche Ausschankstellen beim Haardter Weinfest und der Woi- und Quetschekuchekerwe. Eine Unvermeidbarkeit sei nicht gegeben. Da die Beklagte den Ausschank des Beigeladenen erneut genehmigt habe, möge sie begründen, warum hierauf im Bereich der Kirche nicht verzichtet werden könne.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2015, der Klägerin zugestellt am 7. November 2015, wies der Stadtrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin als offensichtlich unzulässig zurück, da die Verwaltungsakte sich erledigt hätten.

19

Die Klägerin hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die Ausnahmegenehmigung auch mit den Nebenbestimmungen zum Schutz der Nachbarschaft rechtswidrig sei. Es sei nicht dafür Sorge getragen worden, dass die Musikwiedergabe zu den angegebenen Zeiten tatsächlich enden würde.

20

Zwar erkenne die Rechtsprechung in einzelnen Fällen bestimmter Ereignisse als „sehr seltene“ Ereignisse wegen Herkömmlichkeit, Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft und sozialer Adäquanz trotz der damit verbundenen Belästigungen für die Nachbarschaft als zumutbar an. Die Zahl dieser sehr seltenen Ereignisse dürfe aber fünf pro Jahr nicht übersteigen. Auch seien die maximal zugelassenen Ereignisse innerhalb eines Ortes aufzuteilen und auf die zehn seltenen Ereignisse pro Jahr seien diese fünf sehr seltenen Ereignisse anzurechnen. Durch das Weinfest vom 8. bis 14. Mai 2015 und durch die Quetschekuchekerwe vom 4. bis 7. September 2015 seien schon zehn Tage erreicht worden. Zu diesen zehn Tagen seien noch Tage für Aufbau und Abbau von jeweils einem Tag hinzuzurechnen, da auch diese Tage mit Musikdarbietungen untermauert worden seien. Ebenfalls hinzugerechnet werden müssten das Sommernachtsfest und andere Veranstaltungen. Alle diese Feste seien konzentriert auf den Bereich von Gemeindezentrum und protestantischer Kirche. Die maximal zulässigen zehn Ereignisse seien weit überschritten, was bei der Entscheidung im Hinblick auf die Ausnahmegenehmigung und die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nicht bedacht worden sei.

21

Entgegen dem Verlangen der Rechtsprechung sei auch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob möglicherweise Ausweichstandorte für die Veranstaltungen zur Verfügung stünden. Dass entsprechende Prüfungen stattgefunden haben, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es müsse dargelegt werden, welche anderen Standorte man in die Prüfung einbezogen habe. Auch sei nicht in Betracht gezogen worden, dass es bei dem ausgewählten Standort zu erheblichen Reflektionen an der Schlossbergmauer und der Kirche kommen könne. Eine solche Reflektion führe zur Verstärkung der Richtwerte und mache die Veranstaltung unzulässig. Es sei davon auszugehen, dass die im Bescheid festgelegten 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, weshalb die Ausnahmegenehmigung bereits nichtig, zumindest aber rechtswidrig sei.

22

Die Klägerin beantragt,

23

festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 rechtswidrig waren.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Sie verweist zur Begründung auf die ergangenen Ausgangsbescheide.

27

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

28

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage ist zulässig (1.), in der Sache aber nur teilweise begründet (2.).

30

1. Die Klage ist zulässig.

31

1.1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 haben sich durch Zeitablauf vor Klageerhebung erledigt. Die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe 2015 fand bereits in der Zeit vom 4. bis 8. September 2015 statt. Nur hierauf bezogen sich die vorübergehende Gestattung und die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung.

32

1.2. Die Klägerin ist auch im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog klagebefugt, da sie durch die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 Gaststättengesetz – GastG – und durch die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 6 Abs. 5 Landesimmissionsschutzgesetz – LImSchG – zumindest möglicherweise in drittschützenden Rechten verletzt ist. Im Hinblick auf die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung folgt dies daraus, dass eine solche von Nachbarn erfolgreich angefochten werden kann, wenn die enthaltenen Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – ausgehen (vgl. VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 lässt Ausnahmen von dem Verbot im Hinblick auf den Schutz der Nachtruhe nach § 4 Abs. 1 LImSchG und der Regelung nach § 6 Abs. 1 LImSchG in Bezug auf die Verwendung von Tongeräten zu. Insoweit schützen die §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 LImSchG nicht nur die Allgemeinheit, sondern dienen auch dem Nachbarschutz, auf den sich die Klägerin hier berufen kann (vgl. VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –).

33

Auf die in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 aufgeworfene Frage, ob die Klägerin – wie ursprünglich angegeben – Miteigentümerin des Grundstücks Flurstück-Nr. … oder nur Besitzerin ist, kommt es hier nicht an, denn auch nur obligatorisch Berechtigte sind befugt, sich auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG zu berufen. Diese Vorschrift verweist auf den immissionsschutzrechtlichen Begriff der Nachbarschaft, der auch Anwohner umfasst, die keine Eigentümer der von ihnen bewohnten oder genutzten Grundstücke sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 – 7 C 50/78 –, GewArch 1983, 101; Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437).

34

1.3. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung unter dem Aspekt der konkreten Wiederholungsgefahr. Eine solche ist anzunehmen, wenn die berechtigte Erwartung besteht, dass gleichartige, die Klägerin im Wesentlichen in ähnlicher Weise belastende Verwaltungsakte unter weitgehend gleichen Umständen künftig wieder erlassen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12/04 –, juris). Davon ist hier angesichts der Praxis der Vorjahre und weil der Beigeladene seine Ausschankstelle mit CD-Musik auf der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe auch künftig betreiben will, ohne Weiteres auszugehen.

35

2. In der Sache hat die Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nur teilweise Erfolg.

36

Zunächst kann offen bleiben, ob die Beklagte vorliegend berechtigt war, für die Ausschankstelle des Beigeladenen und das Abspielen von CD-Musik sowohl eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung als auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erteilen (2.1.). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren materiellen Rechten (2.2.). Dagegen verstößt die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung vom 4. August 2015 zum Teil gegen das in § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – verankerte Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarlichen Ausprägung (2.3.).

37

2.1. In der hier gegeben Situation der Drittanfechtung von den Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakten kommt es ausschließlich darauf an, ob die beiden Bescheide vom 4. und 20. August 2015 subjektiv-öffentliche Rechte der drittbetroffenen Klägerin verletzt haben (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, LKRZ 2013, 442). Infolgedessen geht die Kammer nicht näher darauf ein, ob die Beklagte formal überhaupt befugt war, neben der am 4. August 2015 erteilten vorübergehenden gaststättenrechtliche Gestattung eine eigenständige immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erlassen oder ob die Beklagte die Frage nach der Zulässigkeit des Abspielens von CD-Musik umfassend und abschließend in der gaststättenrechtliche Gestattung hätte regeln müssen, weil das Gaststättengesetz als Bundesgesetz für eine Ausgliederung der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen keinen Raum lässt (so VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Abgesehen davon, dass die Beklagte hier gemäß § 1 Satz 1 Gaststättenverordnung – GastVO – sowohl zuständige Behörde für die Erteilung der gaststättenrechtlichen Gestattung als auch gemäß § 15 Abs. 1 LImSchG zuständige Behörde für den Erlass der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung war, kommt es nach Auffassung der Kammer für den Erfolg der Klage der Klägerin allein darauf an, ob diese durch die in den beiden Bescheiden getroffenen Regelungen in ihrem Zusammenspiel materiell-rechtlich beschwert ist, also entweder durch den von der Musikanlage des Beigeladenen oder von den Gästen der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehenden Lärm unzumutbar beeinträchtigt wurde (vgl. auch zur Unbeachtlichkeit der fehlenden Zuständigkeit der Behörde bei Drittanfechtungen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2012 – 8 B 10627/12.OVG –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. April 2006 – 3 S 547/06 –, NVwZ-RR 2007, 82; VG Neustadt, Urteil vom 18. April 2016 – 3 K 818/14.NW –). Dies war nur teilweise der Fall.

38

2.2. Die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 war rechtmäßig.

39

2.2.1. Die von dem Beigeladenen anlässlich der Durchführung der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe betriebene Ausschankstelle inklusive Tongeräten ist eine Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die keiner Genehmigung bedarf und daher in den Anwendungsbereich der §§ 22, 23 BImSchG fällt. Nach § 22 Abs. 2 BImSchG bleiben weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt. Zu diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zählen sowohl § 4 Abs. 1 LImSchG als auch § 6 Abs. 1 LImSchG. Nach § 4 Abs. 1 LImSchG sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, die zu einer Störung der Nachtruhe führen können. Nach § 6 Abs. 1 LImSchG dürfen Geräte, die der Erzeugung oder Wiedergabe von Schall oder Schallzeichen dienen (Tongeräte), insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche Geräte, nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann.

40

2.2.2. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 LImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot der Störung der Nachtruhe (§ 4 Abs. 1 LImSchG) bzw. von dem Verbot der erheblichen Belästigung Dritter durch Tonwiedergabegeräte (§ 6 Abs. 1 LImSchG) bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse zulassen. Die Ausnahme soll gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Ferner kann die zuständige Behörde nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 LImSchG für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde und bei Vorliegen eines öffentlichen oder eines berechtigten privaten Interesses um mehr als eine Stunde hinausschieben. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse u.a. für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach § 4 Abs. 1 LImSchG zulassen. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.

41

2.2.3. Die Erteilung einer Ausnahme nach den genannten Vorschriften erfordert eine Güterabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 – 21 A 1136/87 –, NVwZ 1988, 178). Hierbei steht der Behörde ein Ermessensspielraum zu (VG Mainz, Urteil vom 24. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Diesen Anforderungen genügt die verfahrensgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015.

42

2.2.3.1. Zunächst ist ein besonderes Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe mit einer eigenen Ausschankstelle unter Nutzung von Tongeräten im Rahmen seiner vorübergehenden Betriebsführung anzuerkennen. Es steht außer Frage, dass die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe als „Weinkerwe“ ebenso wie das Haardter Weinfest auf der Straße ein traditionelles örtliches Fest mit Brauchtumscharakter ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris zur Jakobuskerwe in Neustadt-Hambach). Bei den in der Pfalz stattfindenden und sich regelmäßig großem Zuspruch des Publikums erfreuenden „Weinkerwen“ stehen die Ausschankstellen von Weingütern, Winzergenossenschaften, Vereinen und Privatleuten im Mittelpunkt. Ohne diese Ausschankstellen, die häufig auch Live- oder CD-Musik im Programm haben, wäre die Durchführung einer „Weinkerwe“ nicht denkbar. Insofern erfüllen diese eine „soziale Funktion“ (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zu Biergärten in Bayern).

43

2.2.3.2. Trotz dieser sozialen Funktion ist der Betrieb einer Ausschankstelle auf einer Weinkerwe in der Pfalz nicht von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77/87 –, NJW 1989, 1291 zur Problematik des Sportlärms und der sozialen Funktion des Sports; Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zur sozialen Funktion von Biergärten). Ob das besondere Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Weinkerwe das in die Abwägung einzustellende Interesse der Klägerin an einer ungestörten Nachtruhe und daran, durch Tongeräte auch während des Tages nicht erheblich belästigt zu werden, überwiegt, beurteilt sich daher maßgeblich danach, ob die Immissionen der Klägerin zumutbar sind.

44

Die durch das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen entstehenden Lärmimmissionen sind für die Klägerin dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen. Für dieses Verständnis spricht der Zweck der im Landesimmissionsschutzgesetz getroffenen Regelung. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, d. h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), ist im Kontext der §§ 4 und 6 LImSchG ebenso wie im Rahmen des § 22 Abs. 1 BImSchG anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, NJW 2003, 3360). Die Zumutbarkeit bestimmt sich grundsätzlich nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 – , juris). Sowohl nach der verwaltungsgerichtlichen als auch nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 8 B 13/09 –, juris und BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14 –, NJW 2015, 2023).

45

Vorliegend bezieht sich die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auf die Benutzung von Tongeräten i. S. d. § 6 LImSchG (Lautsprecher und Tonwiedergabegeräte). In Übereinstimmung mit § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG erteilte die Beklagte die Ausnahmegenehmigung unter Auflagen und zwar mit dem Inhalt, dass das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen an vier Tagen (von Freitag, dem 4. September 2015 bis Montag, dem 7. September 2015) bis maximal 24 Uhr am maßgeblichen Immissionsort (Bürgergarten 2, Anwesen der Klägerin) ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) nicht überschritten werden darf. Ferner enthielt die Ausnahmegenehmigung weitere Auflagen zur Sicherstellung der Einhaltung der erlaubten Beurteilungspegel wie die Ausrichtung der Beschallungstechnik und die Einpegelung der Beschallungsanlage.

46

2.2.3.3. Diese Auflagen waren geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

47

2.2.3.3.1. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der Musikveranstaltungen im Rahmen des vorübergehenden Gaststättenbetriebs des Beigeladenen hat die Beklagte sich in nicht zu beanstandender Weise an der von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) herausgegebenen Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden 3. Freizeitlärm-Richtlinie) orientiert, die nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 22. Juli 2015 von den rheinland-pfälzischen Immissionsschutzbehörden bei der Ermittlung und Beurteilung von Freizeitlärm herangezogen werden soll. Die von Sachverständigen ausgearbeitete 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat zwar keinen Normcharakter, kann aber auch von Behörden und Gerichten als Entscheidungshilfe mit Indiz-Charakter zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 – 7 C 16/00 –, NVwZ 2001, 1167 und BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699). Die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie bieten eine Orientierungshilfe insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Live- oder CD-Musik, Platzkonzerte oder Volksfeste dargeboten werden. Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG kommt im Einzelfall der Dauer und der Häufigkeit solcher Immissionen besondere Bedeutung zu.

48

2.2.3.3.2. Die Kammer hat sich mit den Bewertungsgrundsätzen der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, welche nach den früheren Fassungen von 1987 bzw. von 1997 (letztere im Folgenden 2. Freizeitlärm-Richtlinie) erneut in der Fassung vom 6. März 2015 überarbeitet worden sind, befasst und hält diese grundsätzlich für gut geeignet, über Konflikte zwischen einerseits dem Ruhebedürfnis der Wohnbevölkerung und den Bedürfnissen der Allgemeinheit an Freizeitveranstaltungen insbesondere im Freien während des Sommerhalbjahres zu entscheiden (so auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris zum Frankfurter Museumsuferfest und VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Februar 2016 – 4 K 1275/15.WI –, juris zum Kulturfestival „Folklore“ in Wiesbaden).

49

2.2.3.3.3. Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie sieht in Ziffer 4.1 für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemeine Wohngebiete – vom Vorliegen eines solchen Gebiets geht die Kammer zugunsten der Klägerin hier aus – einen Immissionsrichtwert tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit von 55 dB (A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) sowie nachts von 40 dB(A) vor. Die Genehmigung vom 20. August 2015 geht über diese Richtwerte deutlich hinaus. Allerdings trifft die Nr. 4.4 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Veranstaltungen eine Sonderfallbeurteilung. Ausgehend von dem Umstand, dass bei Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, können in Sonderfällen solche Veranstaltungen gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (Ziffer 4.4.1). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug gegeben. Hierunter können auch Feste mit kommunaler Bedeutung wie die örtliche Kirmes fallen. Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Gemäß Ziffer 4.4.2 soll in derartigen Sonderfällen die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen prüfen. In Bezug auf die Zumutbarkeit gibt die 3. Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 folgende Hinweise:

50

„Voraussetzung ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs.

51

a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.

52

b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden.

53

c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein.

54

d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten.

55

e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten.

56

Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich nachvollziehbar zu begründen. Da das Spektrum derjenigen Veranstaltungen, die die Immissionsrichtwerte der Ziffern 4.1 bis 4.3 nicht einhalten können, groß ist und vom Dorffest bis zu überregionalen Großereignissen reicht, gilt:

57

In je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen (24 Stunden-Zeitraum) seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Bei herausragenden Veranstaltungen sind in der Begründung gerade der sozialen Adäquanz und Akzeptanz besondere Bedeutung beizumessen.“

58

2.2.3.3.4. Die Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 unterscheidet sich von der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aus dem Jahre 1997 (s. NVwZ 1997, 469) in mehreren Punkten. Die 2. Freizeitlärm-Richtlinie sah in Ziffer 4.4. ebenfalls Besonderheiten bei seltenen Störereignissen vor. Unter Bezugnahme auf die Nr. 2.3.5 der Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschemmissionen wurden die seltenen Störereignisse auf zehn pro Jahr begrenzt (vgl. auch die Ziffern 6.3 und 7.2 der Technischen Anleitung Lärm 1998). Bei den seltenen Ereignissen sollten die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) die nachfolgenden Werte nicht überschreiten: tags außerhalb der Ruhezeit 70 dB(A), tags innerhalb der Ruhezeit 65 dB(A) und nachts 55 dB(A). Geräuschspitzen sollten die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

59

2.2.3.3.5. Nach der Rechtsprechung (s. insbesondere OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494 – und Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September – 20 V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) galt darüber hinaus Folgendes: Konnten bei einer Veranstaltung die für seltene Störereignisse in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissionsrichtwerte voraussichtlich nicht eingehalten werden, durfte sie immissionsschutz- und gaststättenrechtlich dennoch gestattet werden, wenn sie als „sehr seltenes Ereignis“ wegen ihrer Herkömmlichkeit, ihrer Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft oder ihrer sozialen Adäquanz trotz der mit ihr verbundenen Belästigungen den Nachbarn zumutbar war. Gelangte die zuständige Behörde aufgrund ihrer prognostischen Bewertung zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Feier um eine Brauchtumsveranstaltung oder eine solche von besonderer kommunaler Bedeutung handelt, hatte sie in eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten einzutreten. Das OVG Rheinland-Pfalz (s. Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494) hielt Musikdarbietungen in der Regel bis 24 Uhr für zulässig und zwar auch an Tagen, an denen der Folgetag nicht allgemein arbeitsfrei war. In Bezug auf die Anzahl der „sehr seltenen Ereignisse“ führte das OVG Rheinland-Pfalz wörtlich aus: „Ausgehend davon, dass als seltene Ereignisse solche definiert sind, die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden die niedrigeren Regelwerte überschreiten, kann nach Auffassung des Senats von sehr seltenen Ereignissen nur dann die Rede sein, wenn deren Anzahl deutlich niedriger als bei seltenen Ereignissen liegt. In aller Regel werden deshalb allenfalls fünf sehr seltene Ereignisse an einem Veranstaltungsort pro Jahr zugelassen werden dürfen. Des Weiteren hält der Senat mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) für solche sehr seltenen Ereignisse für erforderlich.“

60

2.2.3.3.6. Im Unterschied zur 2. Freizeitlärm-Richtlinie, die noch von zehn seltenen „Störereignissen“ pro Kalenderjahr ausging, hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie nunmehr bis zu 18 „seltene Veranstaltungen“ pro Kalenderjahr für zumutbar (vgl. auch § 5 Abs. 5 i.V.m. mit der Nr. 1.5 der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung) – 18. BImSchV –). Während die 2. Freizeitlärm-Richtlinie noch vorsah, dass bei seltenen Ereignissen der Beurteilungspegel vor den Fenstern tags außerhalb der Ruhezeit den Wert von 70 db(A) und innerhalb der Ruhezeit den Wert von 65 db(A) sowie nachts den Wert von 55 dB(A) nicht überschreiten sollte, ist nach der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, wie insbesondere das Zusammenspiel in Ziffer 4.4.2 a), b) und d) zeigt, die Einhaltung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr ohne nähere Begründung sowie eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr den Nachbarn zuzumuten, sofern die Zumutbarkeit explizit begründet wird. Daraus, dass es erst im Falle einer Überschreitung der in Ziffer 4.4.2 a) genannten Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts einer expliziten Begründung der Zumutbarkeit bedarf, ist zu folgern, dass diese Werte grundsätzlich als zumutbar zu erachten sind (s. auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris). Die angesprochene Begründungspflicht der Behörde hat umso intensiver auszufallen, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die reine Zahl der Veranstaltungen bzw. Veranstaltungstage in der Gesamtbetrachtung nur einen Aspekt neben insbesondere der Intensität der Veranstaltungen und dem Schutzniveau des Gebiets abbildet (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris).

61

Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat damit zwar nicht den in der Rechtsprechung entwickelten Begriff des „sehr seltenen Ereignisses“ eingeführt. Sie hat aber offensichtlich die in der Vergangenheit ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit von Immissionen bei Sonderfreizeitveranstaltungen gewürdigt und berücksichtigt, dass die in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten zumutbaren Immissionsrichtwerte in Bezug auf Sonderveranstaltungen im Freien mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz in der Lebenswirklichkeit nicht (immer) einzuhalten sind. Die zuvor in der Rechtsprechung erfolgte Unterscheidung zwischen „seltenen Ereignissen“ und „sehr seltenen Ereignissen“ hat damit nach Auffassung der Kammer an Bedeutung verloren. War nach der oben zitierten Rechtsprechung zu den „sehr seltenen Ereignissen“ an bis zu fünf Tagen pro Kalenderjahr über die Regelungen der 2. Freizeitlärm-Richtlinie hinaus eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) bis 24 Uhr zumutbar, so hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie diesen Beurteilungspegel sogar an 18 Tagen im Kalenderjahr bis 24 Uhr für grundsätzlich zumutbar. Im Falle einer expliziten und intensiven Begründung ist darüber hinaus sogar eine Immissionsrichtwertbegrenzung auf mehr als 70 dB(A) nicht ausgeschlossen. Angesichts der in Ziffer 4.4 getroffenen Hinweise in der 3. Freizeitlärm-Richtlinie bedarf es daher nach Ansicht der Kammer prinzipiell nicht mehr des Rückgriffs auf die Rechtsfigur des sog. „sehr seltenen Ereignisses“.

62

2.2.3.3.7. Hiernach waren die von der Beklagten dem Beigeladenen erteilten Auflagen geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

63

Die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 erlaubte dem Beigeladenen von Freitag, dem 4. September 2015 bis zum Montag, dem 7. September 2015 an insgesamt vier Tagen CD-Musikdarbietungen unter Begrenzung der Schallpegel auf 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr. Die in Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie genannte Zumutbarkeitsgrenze für die Klägerin von 70 dB(A) wurde damit nicht überschritten. Addiert man hinzu, dass die Beklagte dem Beigeladenen auch für das Haardter Weinfest auf der Straße im Mai 2015 eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von Musik an seiner Ausschankstelle für insgesamt sechs Termine im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 mit einem einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 70 dB(A) gewährt hatte, ergeben sich insgesamt zehn immissionsrelevante „seltene Veranstaltungen pro Kalenderjahr“ im Sinne der 3. Freizeitlärm-Richtlinie.

64

Selbst wenn man das von der Klägerin genannte von der Liedertafel Neustadt veranstaltete Sommernachtsfest am 4. Juli 2015 im Haardter Schlosspark, der etwa 150 m Luftlinie vom Anwesen der Klägerin entfernt ist, als weiteres „seltenes Ereignis“ hinzuzählen würde, ergeben sich insgesamt elf einzelne Ereignisse, die nach Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie und unter Berücksichtigung der sozialen Funktion der Weinkerwen in der Pfalz in der genehmigten Intensität und Zahl über zwei Halbjahre verteilt einem Nachbarn und damit auch der Klägerin zumutbar sind. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegt die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle jedenfalls für Wohngebiete bei 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – 7 A 28/12, 7 A 28/12 (7 A 22/12) –, NVwZ 2014, 730). Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass die durch den angefochtenen Bescheid vom 20. August 2015 im Zusammenspiel mit der Ausnahmegenehmigung für das Haardter Weinfest im Mai 2015 zugelassenen Immissionen von 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr von solcher Intensität hätten sein können, dass mit Gesundheitsschäden (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –) bei den in der Nachbarschaft wohnenden Personen zu rechnen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755). Derartiges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 war vielmehr zu entnehmen, dass sie die Weinkerwe als solche ablehnt. Das Interesse der Allgemeinheit am geselligen Zusammensein an der von Musik begleiteten Ausschankstelle des Beigeladenen auf der Weinkerwe überwiegt daher insoweit das Schutzbedürfnis der Klägerin.

65

Die Beklagte hat die Zumutbarkeit in der Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auch explizit und ausreichend begründet. Zutreffend hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie darauf abgestellt, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug als seltene Veranstaltung privilegiert. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des passiven Lärmschutzes und der technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm in Form von Auflagen sei im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung für die Musikdarbietungen bis maximal 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) zulässig. Damit dieser Wert eingehalten wird, hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Ziffern 4.4.2 c) und 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie sowie mit § 4 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LImSchG mehrere Auflagen in die Genehmigung aufgenommen. So war die Beklagte befugt, nach Ziffer 4.4.2 c) und Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für die Veranstaltungen am Freitag, dem 4. September 2015 und am Samstag, dem 5. September 2015 die Nachtzeit von 22 Uhr auf 24 Uhr zu verschieben. Ebenso wenig ist die Verschiebung der Nachtzeit am Sonntag, dem 6. September und am Montag, dem 7. September 2015 um jeweils eine Stunde auf 23 Uhr rechtlich zu beanstanden. Während die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach Absatz 1 zulassen kann, bestimmt § 4 Abs. 4 Satz 1 LImSchG, dass die zuständige Behörde für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde hinausschieben kann.

66

Dem besonderen öffentlichen Interesse an der Musikveranstaltung des Beigeladenen ist die Beklagte in der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung mit Nebenbestimmungen zum Schutz auch der Klägerin vor unzumutbarem Lärm begegnet. So hat die Beklagte dem Beigeladenen Maßnahmen der Eigenüberwachung in Form von Einpegelungen, Ausrichtung der Beschallungstechnik und stündlichen Messungen mit Dokumentation aufgegeben (s. Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus hat die Beklagte dem Beigeladenen die Benennung einer auf der Veranstaltung anwesenden verantwortlichen Person auferlegt, die in der Lage ist, die behördlichen Anordnungen gegenüber Mitwirkenden und Publikum durchzusetzen.

67

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Ausnahmegenehmigung enthaltenen Regelungen und Nebenbestimmungen zur Einhaltung eines Beurteilungspegels von 70 dB(A) von vornherein ungeeignet sind, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert hat, der Beigeladene habe sich nicht an die vorgegebenen Zeiten gehalten und möglicherweise die genehmigten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten, kann sie damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Eventuelle Verstöße gegen die in einer Genehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen lassen regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 12. April 2012 – 1 ZB 09.247 –, juris; VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Allenfalls dann, wenn auch Kontrollen der zuständigen Überwachungsbehörden sich als ungeeignet zur Einhaltung des zulässigen Beurteilungspegels darstellten, könnte von einer zur Rechtwidrigkeit der Genehmigung führenden Ungeeignetheit führen. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Die Messungen der Beklagten anlässlich des Haardter Weinfestes ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A). Die weitere Messung der Beklagten während der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 ergab einen Wert von 67 dB(A), wurde aber nach dem Vermerk vom 7. September 2015 abgebrochen, weil die Klägerin die Messung gestört habe.

68

Die genannten Messungen, gegen die die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben hat, erfassten nicht nur den von der Beschallungsanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärm, sondern auch den von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche sowie das dem Beigeladenen nicht zurechenbare sog. „Kerwegrundgeräusch“ (s. dazu VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris) und führten nicht zu einer Überschreitung des für die Musik genehmigten Beurteilungspegels von 70 dB(A).

69

Schließlich begegnet die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Lautsprecher unmittelbar am Gebäude des Beigeladenen in der B-Straße … und damit in einem Abstand von weniger als 35 m zu dem Anwesen der Klägerin angebracht sind. Im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung hat die Beklagte zwar auch mögliche Alternativstandorte in den Blick zu nehmen; hierbei darf sie sich neben weiteren Gesichtspunkten auch vom Ziel der Veranstaltung und deren Adressatenkreis leiten lassen. Angesichts dieser Grundsätze ist die Zulassung der Tongeräte unmittelbar am Haus des Beigeladenen ohnehin die für die Klägerin schonendste Variante. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, war die Beschallungsanlage bis vor einigen Jahren direkt an der Ausschankstelle und damit deutlich näher zum Anwesen der Klägerin montiert. Von der angewandten „architektonischen Selbsthilfe“ des Beigeladenen hat die Klägerin insoweit profitiert. Ein anderer lokal geeigneter Ausweichort für den Beigeladenen außerhalb seines eigenen Grundstücks scheidet von vornherein aus. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene an seiner Ausschankstelle überhaupt auf Musik verzichtet.

70

2.3. Allerdings ist die dem Beigeladenen gemäß § 12 GastG erteilte vorübergehende gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 4. August 2015 zum Ausschank alkoholischer Getränke insoweit rechtlich zu beanstanden und nachbarrechtsverletzend, als dem Beigeladenen eine Betriebszeit bis 1 oder 2 Uhr gestattet wurde, ohne verbindlich festzuschreiben, dass der Beigeladene nach 24 Uhr die für die Klägerin zumutbaren Immissionsrichtwerte einzuhalten hat.

71

Gemäß § 12 Abs. 1, 3 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden; die Gestattung kann mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere auch einen erforderlichen Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen sicherstellen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Im Zusammenhang mit der Erteilung einer gaststättenrechtlichen Gestattung muss die zuständige Behörde die subjektiven Rechte der von dem vorübergehenden Gaststättenbetrieb betroffenen Nachbarn berücksichtigen und darf insbesondere nur zumutbare Lärmimmissionen erlauben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494).

72

Allerdings kann Nachbarn bei der vorübergehenden Gestattung eines Gaststättenbetriebs gemäß § 12 Abs. 1 GastG eine höhere Belastung durch Lärmimmissionen zugemutet werden als im Falle eines ständigen Gaststättenbetriebs (VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris m.w.N.). Die „erleichterten Voraussetzungen“ im Sinne dieser Vorschrift bedeuten in diesem Zusammenhang, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit – d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz – zu berücksichtigen ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 –, GewArch 2014, 485).

73

Da die Beklagte die Zumutbarkeit des von der Musikanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärms in der gesondert ergangenen immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 geregelt hat – und dies nach den Ausführungen in 2.2. rechtlich nicht zu beanstanden war –, war im Rahmen der vorübergehenden Gestattung des Gaststättenbetriebs noch über die Zumutbarkeit der von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche zu befinden. Hierzu findet sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 die folgende Regelung:

74

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

75

Die Beklagte entschied sich in Bezug auf die Festlegung der Betriebszeit somit nicht für eine zeitliche Einschränkung der vorübergehenden Gaststättenerlaubnis nach § 18 GastG i. V. m. § 18 Abs. 2, § 19 und 20 GastVO, wonach die Sperrzeit für Volksfeste, die um 22 Uhr beginnt und um 6 Uhr endet, bei einem öffentlichen Bedürfnis oder besonderen örtlichen Verhältnissen u.a. allgemein oder für einzelne Betriebe verkürzt werden kann, sondern für den Erlass einer Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, wonach die Erlaubnis jederzeit mit Auflagen u. a. zum Schutz der Nachbarn versehen werden kann. Hierzu war die Beklagte berechtigt, denn die genannten Bestimmungen stehen nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. Vielmehr sind sie nebeneinander anwendbar, soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, NVwZ 1995, 1021 zum Verhältnis von § 5 und § 18 GastG; VG Neustadt, Urteil vom 6. April 2006 – 4 K 1919/05.NW –; ebenso Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 14. Auflage 2003, § 5 Rn. 4).

76

In Fällen von Nutzungskonflikten mit Nachbarn bedarf nicht nur eine nach § 2 GastG erforderliche Gaststättenerlaubnis, sondern auch eine vorübergehende Gestattung nach § 12 GastG gegebenenfalls einer weitergehenden Konkretisierung durch Aufnahme von Auflagen (s. § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) im Hinblick auf nachbarrechtsrelevante Merkmale, um dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG Genüge zu tun (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 2016 – 2 A 2423/15 –, juris und VG Neustadt, Urteil vom 14. Januar 2016 – 4 K 396/15.NW -, juris jeweils zur Baugenehmigung). Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der vorübergehenden Gestattung nach § 12 GastG getroffenen Regelungen und Feststellungen müssen so eindeutig bestimmt sein, dass der Gastwirt die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und drittbetroffene Nachbarn das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/22.OVG –, juris zur Baugenehmigung).

77

Dem gesetzlichen Regelungsauftrag wird die Gestattung vom 8. August 2015 im Zusammenspiel mit der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 nicht gerecht. Die nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG erlassene Auflage, die Betriebszeit auf 1 bzw. 2 Uhr zu beschränken und die Aufforderung an den Beigeladenen, jeweils ab 22 Uhr darauf zu achten, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist, soweit der Zeitraum von 24 Uhr bis 2 Uhr betroffen ist, rechtswidrig.

78

Was die Zeit bis 24 Uhr anbetrifft, fehlt es nach Auffassung der Kammer nicht an der erforderlichen Bestimmtheit, da für die betroffenen Tage im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie die Auflage ergangen ist, bis 24 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) einzuhalten. Dies war der Klägerin, wie oben ausgeführt, zumutbar; auf diese Lautstärke musste sie sich einstellen. Zwar war Regelungsinhalt der genannten Ausnahmegenehmigung „nur“ der von der Musikanlage ausgehende Lärm. Es versteht sich aber von selbst, dass die von den Gästen zusätzlich zur Musik verursachten Geräusche vom einzuhaltenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) umfasst ist (s. dazu auch die von der Beklagten vorgenommenen Messungen).

79

Da das unter Auflagen genehmigte Abspielen von Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen aber nur bis maximal 24 Uhr begrenzt war und die vorübergehende Gestattung darüber hinaus einen Gaststättenbetrieb bis längstens 2 Uhr erlaubte, musste die Beklagte indessen eine verbindlichen Regelung dazu treffen, welchen Kommunikationslärm sie in Bezug auf die Nachbarn und damit auf die Klägerin nach Beendigung der Musikdarbietungen um spätestens 24 Uhr über diesen Zeitpunkt hinaus für zulässig hält (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Ohne näher darauf einzugehen, ob die Betriebszeit von seltenen Veranstaltungen, die – wie hier – mehr als zehnmal pro Kalenderjahr stattfinden, überhaupt über 24 Uhr hinaus für die Nachbarn zumutbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755 und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 - 21 A 1136/87 -, NVwZ 1988, 178 zu einem auf drei Tage beschränkten Schützenfest, bei dem die Veranstaltungszeit über 24 Uhr hinaus festgesetzt wurde; vgl. auch VG Gera, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 K 1399/12 Ge –, juris, wonach eine Verschiebung der Nachtzeit auf 1 Uhr in sehr seltenen Fällen wie z.B. beim Maibaumsetzen in Betracht kommt), führt die Ziffer 4.4.2 b) der 3. Freizeitlärm-Richtlinie hierzu aus, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. Selbst wenn die Überschreitung eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr nach dieser Formulierung im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen sein soll, hätte die Beklagte einen genauen Beurteilungspegel, der nicht überschritten werden darf, in dem Bescheid vom 4. August festschreiben und nachvollziehbar begründen müssen, dass der genannte Wert für die Klägerin nach Mitternacht zumutbar ist. Dies galt umso mehr, als die Beklagte mit dem Haardter Weinfest im Mai 2015 und der Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 insgesamt zehn seltene Veranstaltungen im Kalenderjahr 2015 zugelassen hatte, die Prüfung der Zumutbarkeit von Immissionen nach 24 Uhr folglich besonders intensiv ausfallen musste. Derartige Erwägungen finden sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 jedoch nicht. Die in den der vorübergehenden gaststättenrechtlichen Gestattung beigefügten Auflagen aufgeführte Formulierung, ab 22 Uhr müsse darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist nicht geeignet, dem Schutzbedürfnis der Anwohner und damit auch der Klägerin nach 24 Uhr hinreichend Rechnung zu tragen. Die genannte Auflage genügt nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG in seiner nachbarlichen Ausgestaltung, um eine Begrenzung der Belastung der Klägerin nach 24 Uhr zu gewährleisten (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris; VG Münster, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 L 39/09 –, juris). Durch die Nebenbestimmung wird in keiner Weise deutlich, welche maximale Lautstärke von dem Kommunikationslärm zwischen 24 Uhr und 2 Uhr ausgehen durfte. Die Klägerin konnte damit das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit nicht zweifelsfrei feststellen; sie war insoweit durch die Regelung schutzlos gestellt. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, auch nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird (s. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris).

80

Auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten nach 24 Uhr konnte hier auch nicht deshalb verzichtet werden, weil, wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 angegeben hat, die Gäste nach 24 Uhr nahezu vollständig die Veranstaltung verlassen und die Ausschankstelle daher regelmäßig bereits um 24 Uhr geschlossen werde. Für die Frage, ob eine Veranstaltung den Nachbarn zugemutet werden darf, ist grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen, nicht aber lediglich von einer möglicherweise hinter diesem Umfang zurückbleibenden tatsächlichen Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 1992 – 3 S 829/92 –, UPR 1993, 308). Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Anlage dauerhaft in einem geringeren Umfang als genehmigt genutzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 – IV C 77.73 –, GewArch 1975, 69). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Es steht zum einen dem Beigeladenen frei, zukünftig eine kürzere Betriebszeit zu beantragen. Zum anderen wird die Beklagte, will sie auch zukünftig eine Bewirtung über 24 Uhr hinaus zulassen, für die Zeit nach 24 Uhr einen verbindlichen Immissionsrichtwert festschreiben müssen, dessen Einhaltung im Übrigen bei Bedarf auch überwacht werden muss.

81

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

82

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

83

Beschluss

84

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung, dass die Bescheide der Beklagten vom 5. Juli 2016 zur Durchführung der Veranstaltung „C.“ in der Zeit vom 21. Juli 2016 bis 24. Juli 2016 rechtswidrig waren, weiter. Mit diesen Bescheiden erteilte die Beklagte dem Beigeladenen diesbezügliche Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG, § 29 Abs. 2 StVO und § 68 Abs. 1 GewO.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden nur dann vor, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – juris). Solche Zweifel zeigt die Antragsbegründung nicht auf.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die streitgegenständlichen Erlaubnisse subjektive Rechte der Klägerin nicht verletzten. Die Veranstaltung „C.“ sei als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 der Freizeitrichtlinie einzustufen. Die Kriterien der Standortgebundenheit sowie der sozialen Adäquanz und Akzeptanz seien erfüllt. „C.“ sei auf die Verhältnisse am Kanal in Bamberg zugeschnitten und beziehe die örtlichen Begebenheiten mit ein. Auch die soziale Adäquanz könne man dem Kulturfest nicht absprechen, weil derartige Vergnügungen in einem begrenzten Rahmen zum städtischen Leben gehörten und von breiten Teilen der Bevölkerung angenommen, zumindest aber toleriert würden. Die 39 Stände dienten der leiblichen Versorgung der Gäste, auf den Bühnen seien musikalische bzw. künstlerische Darbietungen vorgesehen gewesen. Zudem sei ein Kunsthandwerkermarkt angeschlossen. Eine erhebliche Belästigung der Klägerin i.S.d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG liege nicht vor. Gegenüber vorangegangenen Veranstaltungen seien erhebliche zeitliche Einschränkungen vorgenommen worden. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte in Bezug auf die Begrenzung der Lautstärke musikalischer Darbietungen eine konkrete überwachbare Auflage, dass 80 dB (A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden dürften. Im Bereich des Anwesens der Klägerin sei tagsüber lediglich ein Beurteilungspegel von 67 dB (A) zu erwarten gewesen. Es seien keine durchgreifenden Mängel der Immissionsprognose zulasten der Klägerin ersichtlich. Bei seltenen Veranstaltungen gehe die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.2.2 davon aus, dass vor den Fenstern im Freien eine Lärmbelastung von 70 dB (A) tagsüber grundsätzlich eingehalten werden solle. Erst bei Überschreitungen sei deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. Auch die Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe sichergestellt, dass eine ausreichend lange Nachtruhe gewährleistet bleibe. Sie sei rechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte i.S.d. Nr. 4.1 Freizeitlärmrichtlinie nicht unvermeidbar i.S.v. Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie war. Hierbei komme es nicht auf die exakte Einordnung des das Anwesen der Klägerin umgebenden Gebietes an. Die von der Klägerin vorgebrachten Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche seien nur insoweit von Bedeutung, als sie drittschützende Normen beträfen. Das Anwesen der Klägerin befinde sich nicht im langgezogenen westlichen Teil des Veranstaltungsgeländes am Kanal, sondern am Rande des von der öffentlichen Vergnügung in Anspruch genommenen Geländes. Zu prüfen sei daher nur, wie sich die eigene Sicherheit der Klägerin und ihres Anwesen während der Dauer der Veranstaltung darstelle. Nördlich, westlich und südlich seien ausreichende Freiflächen vorhanden, so dass ein etwaiger Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen nicht mit unzumutbaren Einschränkungen verbunden gewesen wäre. Das Anwesen sei während der Hauptbetriebszeit für Rettungskräfte usw. erreichbar gewesen. Auch eine Aufstellung von Drehleitern sei möglich gewesen. Die zum Schutz der Klägerin verfügten Auflagen seien ausreichend gewesen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich im Jahr 2017 die Rahmenbedingungen für die Durchführung der Veranstaltung „C.“ geändert hätten. Der Kunsthandwerkermarkt sei in südliche Richtung verlegt und im Bereich des Anwesens „Am Kanal 11“ ein Behelfssteg als neuer Rettungsweg vorgesehen worden. Daher könne die Klägerin, unabhängig vom fehlenden Drittschutz, auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend machen, weil sich die Veranstaltung nicht mehr in derselben Form wie im Jahr 2016 wiederholen werde.

Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass es sich bei „C.“ um keine kulturelle Veranstaltung mit sozialer Adäquanz gehandelt habe. Insbesondere habe dies nicht mit den 39 Ständen, die der leiblichen Versorgung der Gäste dienen sollten, begründet werden können. Durch die Festlegung der Betriebszeiten und des Ausschankendes sei nicht gewährleistet gewesen, dass der Beurteilungspegel von 55 dB (A) zur Nachtzeit eingehalten werde, da es bei einem Ausschankende erst eine Viertelstunde vor Veranstaltungsende erfahrungsgemäß länger dauere, bis die Gäste ausgetrunken und das Festgelände verlassen hätten. Das Verwaltungsgericht habe die Auswirkungen der Veranstaltung zur Nachtzeit nicht berücksichtigt und daher auch nicht rechtmäßig zum Ergebnis gelangen können, dass keine erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen zu erwarten gewesen seien. Das Urteil enthalte auch keine Aussage darüber, ob bei der Immissionsprognose der Zuschlag für die Informationshaltigkeit der Musikwiedergabe gemäß Ziff. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie berücksichtigt worden sei. Auch die Voraussetzungen der „Unvermeidbarkeit“ i.S.d. Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie seien nicht richtig bewertet worden, weil geeignete Ausweichstandorte zur Verfügung gestanden hätten. Die Veranstaltung hätte auch nur auf der von der Klägerin abgewandten Kanalseite stattfinden können, da dort besonders schutzbedürftige bauliche Anlagen nicht existierten. Zudem hätten die Schutzwürdigkeit und die Sensibilität des Einwirkungsbereichs berücksichtigt werden müssen. Die durch Wohnnutzung geprägten baulichen Anlagen, wie auch das von der Klägerin bewohnte Anwesen, hätten eine höhere Schutzwürdigkeit und Sensibilität aufgewiesen als dies auf der gegenüberliegenden Kanalseite der Fall gewesen wäre. Auch hätten die Voraussetzungen für die Verschiebung der Nachtzeit nicht vorlegen. Diese sehe die Freizeitlärmrichtlinie nur in besonders gelagerten Fällen vor. Woraus sich bei vorliegender Gestaltung die Besonderheit des Falles hätte ergeben sollen, sei nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus die von der Klägerin vorgebrachten Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche zu Unrecht nur auf die Frage des Brandschutzes des von der Klägerin bewohnten Anwesens beschränkt geprüft. Das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs vermittle ihr eine besondere Rechtsstellung, in welcher sie hätte verletzt sein können. Sie sei in eigenen Rechtspositionen betroffen gewesen, weil im Fall einer Panik und plötzlichen Entfluchtung nicht ausgeschlossen hätte werden können, dass es auch zu Schäden an ihrem Gebäude gekommen wäre. Auch bei einer veränderten Konzeption der Veranstaltung sei ein Fortsetzungsfestsetzungsinteresse gegeben, da ein künftiger Verstoß gegen die Rechtspositionen der Klägerin nur dann verhindert werden könne, wenn die Rechtsverletzung in Bezug auf die Vergangenheit festgestellt worden sei.

Mit diesem Vorbringen zieht die Klägerin die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Klägerin ihre Drittanfechtungsklage gegen die Erlaubnisse zur Veranstaltung von „C.“ nur auf die Verletzung drittschützender Normen stützen kann. Art. 19 Abs. 4 LStVG, wonach die Erlaubnis für eine Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen u.a. zu untersagen ist, wenn es zur Verhütung von Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich erscheint, entfaltet drittschützende Wirkung (Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Der Begriff des Schutzes vor erheblichen Nachteilen und Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft entspricht im Wesentlichen der Definition für schädliche Umwelteinwirkungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG. Zudem ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigungen i.S.d. § 906 BGB identisch mit erheblichen Belästigungen und damit schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG, § 3 Rn. 14a m. w. N.). Nachteile in diesem Sinn sind wirtschaftliche und ideelle Einbußen, insbesondere auch die Wertminderung von Grundstücken und Wohngebäuden. Als Belästigungen werden das normale Maß übersteigende Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens, ohne dass eine Gesundheitsgefahr vorliegen muss, bezeichnet. Beide Einwirkungen „Nachteile und Belästigungen“ müssen erheblich sein. Ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten und damit der Nachteil bzw. die Beeinträchtigung unzumutbar sind, ist aus der Sicht des Betroffenen zu beurteilen. Nach herrschender Auffassung kommt es bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze allerdings nicht auf das Empfinden des individuell Betroffenen, sondern auf das eines verständigen Durchschnittsmenschen in vergleichbarer Lage an (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG, § 3 Rn. 15 a).

Bezogen auf die angeführten Lärmimmissionen hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmimmissionen die Freizeitlärmrichtlinie heranzuziehen war (BayVGH, B.v. 13.8.2010 – 10 CE 10.1996 – juris Rn. 16; B.v. 17.10.1996 – 24 CS 96.3415 – juris Rn. 15; HessVGH, U.v. 25.2.2005 – 2 UE 2890 – juris Rn. 53 ff.). Die Freizeitlärmrichtlinie sieht Immissionsrichtwerte vor, oberhalb derer in der Regel mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Für seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist vorgesehen, dass diese trotz Überschreitung der allgemeinen Immissionsrichtwerte zulässig sein können. Die Veranstaltung „C.“ war als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 Freizeitlärmrichtlinie einzuordnen. Hohe Standortgebundenheit liegt bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug vor. Hierunter können Feste mit kommunaler Bedeutung – wie die örtliche Kirmes oder das jährliche Fest der Feuerwehr – sowie besondere Vereinsfeiern fallen (vgl. 4.4.1 Freizeitlärmrichtlinie). „C.“ fand im Jahr 2016 bereits das elfte Mal statt und ist somit bereits traditioneller Bestandteil des jährlichen Veranstaltungskalenders der Beklagten. Die soziale Akzeptanz und Adäquanz zeigt sich darin, dass das Fest von der örtlichen Gemeinschaft angenommen wird und offensichtlich für viele Bewohner eine hohen Stellenwert aufweist. Die hohen Besucherzahlen sprechen insoweit für sich. Von dem Großteil der Anwohner wird die Veranstaltung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfindet, zumindest geduldet. Die Einordnung der Veranstaltung als seltenes Ereignis setzt im Übrigen nicht voraus, dass es sich bei der Veranstaltung um eine Kulturveranstaltung handelt. Die Zahl der der Versorgung der Gäste dienenden Stände hat daher keine entscheidende Bedeutung.

Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die zu erwartenden Immissionen unvermeidbar und zumutbar im Sinn der Nr. 4.4.2 Freizeitlärmrichtlinie waren. Lokal geeignete Ausweichstandorte standen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Verfügung. Sowohl der Name der Veranstaltung „C.“ als auch bestimmte Programmpunkte (Gondelfahrten, venezianische Nacht) zeigen den besonderen räumlichen und auch konzeptionellen Bezug der Veranstaltung zum Kanal. Dass eine Verlagerung auf nur eine Kanalseite, wie von der Klägerin gewünscht, angesichts der prognostizierten Besucherzahlen und des umfassenden Angebots tatsächlich realisierbar gewesen wäre, ist weder substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, weil die gegenüberliegende Kanalseite in noch größerem Umfang als die Kanalseite, an der das Anwesen der Klägerin liegt, mit Ständen und Sitzgelegenheiten belegt war.

Die von der Veranstaltung ausgehenden Immissionen waren der Klägerin unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs nach nicht zu beanstandender Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch zumutbar. Die Freizeitlärmrichtlinie sieht in Nr. 4.4.2 vor, dass die zuständige Behörde die genannten Voraussetzungen desto intensiver zu prüfen, zu bewerten und zu begründen hat, in je größerem Umfang Abweichungen von den Immissionsrichtwerten nach Nr. 4.1 bis 3 in Anspruch genommen werden und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Vorliegend hatte die Beklagte berücksichtigt, dass die Veranstaltung an nur vier von nach dieser Richtline insgesamt 18 möglichen Tagen (für derartige Veranstaltungen) stattfand. Ferner blieb der errechnete Beurteilungspegel der von der Veranstaltung ausgehenden Lärmimmissionen unter dem allgemein zugelassenen Beurteilungspegel von 70 dB (A) tagsüber. Auch eine Überschreitung des Beurteilungspegels für die Nacht von 55 dB (A) war nicht zu erwarten. Sichergestellt war dies durch die Festsetzung eines entsprechenden zeitlichen Rahmens für die Veranstaltung. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass bei Festsetzung des Ausschankendes auf 15 Minuten vor Veranstaltungsende nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich Besucher länger auf dem Veranstaltungsgelände aufhielten, und daher der Nachtrichtwert von 55 dB (A) überschritten worden wäre, begründet dies nicht die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides. Sie bezweifelt damit lediglich, dass die festgesetzten Auflagen zum Veranstaltungsende tatsächlich eingehalten worden sind. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Vollzugsproblem (BayVGH, B.v. 5.6.2009 – 10 CS 09.1313 – juris Rn. 13). Die im Bescheid festgesetzten Veranstaltungszeiten waren grundsätzlich geeignet, die Einhaltung des zulässigen Immissionsrichtwerts sicherzustellen. Im Übrigen hat die Beklagte im Zulassungsverfahren darauf hingewiesen, dass inzwischen der zeitliche Abstand zwischen Ausschankende und Veranstaltungsende verlängert worden ist, so dass die Einhaltung der entsprechenden Auflagen in Zukunft (wohl) auch keine Vollzugsprobleme mehr aufwirft.

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Verschiebung der Nachtzeit auf 23 Uhr an zwei Veranstaltungstagen in Einklang mit den Regelungen der Freizeitlärmrichtlinie stand. Nach Nr. 4.4.2 Buchst. c Freizeitlärmrichtlinie kann in besonders gelagerten Fällen eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit für den Freitag und Samstag der Veranstaltung in der Zeit von 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr Gebrauch gemacht. Begründet hat die Beklagte die Verlagerung der Nachtzeit um eine Stunde an diesen beiden Tagen damit, dass eine achtstündige Nachtruhe gewährleistet sei, weil an den darauf folgenden Tagen in den von der Veranstaltung betroffenen Straßenzügen am frühen Morgen kein Liefer- oder Geschäftsverkehr stattfinde. Besondere zwingende betriebliche Verhältnisse machten zwar eine Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde nicht erforderlich, zu berücksichtigen war jedoch, dass die Veranstaltung ein „Sommerfest“ darstellte und daher insbesondere am Wochenende der Wunsch der Besucher bestand, sich länger im Freien aufzuhalten. Die zu erwarten gewesene Besucherzahl war zwischen 19.00 und 22.00 Uhr am höchsten, so dass auch insoweit dem Charakter der Veranstaltung und den Besucherwünschen Rechnung zu tragen war. Die Beklagte hatte sich dabei an die Empfehlung der Freizeitlärmrichtlinie gehalten, wonach eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit auf Abende vor Samstagen, Sonn- und Feiertagen beschränkt werden soll (4.3.3 Freizeitlärmrichtlinie).

In die Zumutbarkeitsprüfung war zudem einzubeziehen, dass die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.4.2 Buchst. a und b Überschreitungen des Beurteilungspegels bis 24.00 Uhr zulässt, wenn deren Zumutbarkeit explizit begründet wird. Die von der Klägerin hinzunehmende Lärmbelastung war daher auch nach der nicht zu beanstandenden Immissionsprognose insoweit geringer, als nach der Freizeitlärmrichtlinie zulässig gewesen wäre (zu diesem Gesichtspunkt vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 – 8 S 136/14 – juris Rn. 87). Auch die Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs war bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Immissionen zu berücksichtigen. Dies erfolgt jedoch nicht entsprechend des Gebietscharakters des Einwirkungsbereichs, weil der Immissionsgrenzwert von 70 dB (A) tagsüber unabhängig vom Gebietscharakter gilt. Der Schutzwürdigkeit des Gebietes, das auf der Kanalseite, auf der auch das Anwesen der Klägerin liegt, überwiegend von Wohnbebauung geprägt ist, wurde dadurch Rechnung getragen, dass der Tagesrichtwert von 70 dB (A) eingehalten werden musste. Die Immissionsprognose hatte sogar ergeben, dass selbst bei konservativem Ansatz ein Beurteilungspegel von maximal 67 dB (A) zu erwarten gewesen war. Eine geeignete Ausweichfläche am Kanal stand nicht zur Verfügung, weil die Veranstaltung ohne grundlegende Änderung ihres Konzepts nicht komplett auf die andere Kanalseite hätte verlagert werden können. Die Berechnung des Beurteilungspegels erfolgte auf der Grundlage der Sächsischen Freizeitlärmstudie. Durch eine entsprechende Auflage im Erlaubnisbescheid (2.5.1) war sichergestellt, dass bei den musikalischen Darbietungen 80 dB (A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden (Pegelbegrenzung), so dass insgesamt der zumutbare Beurteilungspegel von 70 dB (A) grundsätzlich eingehalten werden konnte. Auch war die Beklagte den Empfehlungen der Freizeitlärmrichtlinie insoweit gefolgt, dass sie auf eine optimale Ausrichtung der Bühnen und auf eine Reduzierung tiefer Frequenzanteile hingewirkt hat (Nr. 4.4.3 Freizeitlärmrichtlinie). Ein Zuschlag für die Informationshaltigkeit eines Geräuschs (Nr. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie) wäre nur erforderlich gewesen, wenn es durch das Mithören ungewünschter Informationen zu einer erhöhten Belästigung gekommen wäre. Insoweit hat die Beklagte nachvollziehbar vorgetragen, dass bei zunehmender Besucherzahl auf offenen Plätzen die Informationshaltigkeit der Musikdarbietung sinkt, weil die Besuchermenge die eigentliche Geräuschkulisse bildet. Auch wäre es bei Berücksichtigung der Abstrahlrichtung der Musik und der Limitierung der Einzelschallquellen selbst bei einem Zuschlag für Informationshaltigkeit zur keiner relevanten Erhöhung des prognostizierten Immissionspegels am Anwesen der Klägerin gekommen.

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die von der Klägerin angesprochenen Aspekte zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen und zur Gesamtnutzfläche keine subjektive Rechtsposition der Klägerin betrafen. Sie hat auch im Zulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt, dass sie zum Schutz ihrer subjektiven Rechte einen Anspruch auf weitergehende Schutzauflagen bzw. auf eine Aufhebung der entsprechenden Erlaubnis wegen eines angeblich unzureichenden Sicherheitskonzepts gehabt hätte.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf die Aufnahme weitergehender Nebenbestimmungen in die Erlaubnisbescheide bzw. auf deren Aufhebung hätte vorausgesetzt, dass die Veranstaltung wegen Mängeln am Sicherheitskonzept mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Nachteilen oder Belästigungen für die Nachbarschaft geführt hätte (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG).

Erforderlich nach den Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts ist eine Schutzauflage zugunsten des Nachbarn nur dann, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines erheblichen Nachteils oder einer erheblichen Belästigung besteht. Der zeitliche Horizont für die zu treffende Prognose ist die überschaubare Zukunft, der geforderte Wahrscheinlichkeitsgrad verlangt weder Gewissheit noch muss der Schadenseintritt unmittelbar bevorstehen. Dies bedeutet, dass die Erlaubnisbehörde bei ihrer Gefahrenprognose nur solche Verhaltensweisen von Veranstaltungsbesuchern oder Geschehensabläufe berücksichtigen muss, die nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erheblichen Nachteilen bei den betroffenen Nachbarn führen können (BayVGH, U. v. 7.8.2013 – 10 B 13.1231 – juris Rn. 36). Erhebliche Nachteile für Rechtspositionen der Klägerin bei der von ihr angenommenen Gesamtevakuierung des Veranstaltungsgeländes, die ihr in einer solchen eher unwahrscheinlichen Ausnahmesituation nicht zuzumuten wären, sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Sicherheitskonzept des Beigeladenen, das Bestandteil des Erlaubnisbescheids vom 5. Juli 2016 ist, wäre eine Evakuierung des Veranstaltungsgeländes teilweise am Anwesen der Klägerin vorbei in Richtung H-gasse erfolgt. Im Falle einer Evakuierungsmaßnahme wäre der Anliegergebrauch nur für kurze Zeit eingeschränkt. Die Beklagte hat auch wiederholt glaubhaft dargelegt, dass die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen oder Feuerwehrfahrzeugen zum Anwesen der Klägerin jederzeit sichergestellt gewesen wäre.

Im Übrigen wäre der Anliegergebrauch nur dann beeinträchtigt, wenn durch die der Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO die für das Grundstück der Klägerin erforderlichen Zufahrten und Zugänge unzumutbar beeinträchtigt würden (BayVGH, B.v. 23.7.2009 – 8 B 08.3282 – juris Rn. 37). Der Anliegergebrauch geht grundsätzlich nur soweit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert (BVerwG, U.v. 6.8.1982 – 4 C 58.80 – juris). Durch die erteilte Sondernutzungserlaubnis wird jedoch der Zugang zum Grundstück der Klägerin nicht beeinträchtigt, weil die H-gasse nicht mehr zum Bereich der erlaubten Sondernutzung gehört. Diese ist auf den Straßenabschnitt „Am K-“ beschränkt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2. § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG. Der Regelstreitwert war zu verdoppeln, weil beide Erlaubnisbescheide Gegenstand des Verfahrens sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

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Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. August 2015 rechtswidrig war, soweit darin dem Beigeladenen die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung über 24 Uhr hinaus erlaubt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe von festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes sowie einer immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.

2

Die Klägerin wohnt auf dem mit einem Wohngebäude bebauten Grundstück Flurstück-Nr. …, „A-Straße ...“ in Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Haardt. Der Beigeladene ist Eigentümer der beiden nördlich der A-Straße gelegenen Grundstücke Flurstück-Nrn. … und …, die im Westen an die B-Straße angrenzen. Das Grundstück Flurstück-Nr. … ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem der Beigeladene auch sein ... Geschäft betreibt. Das südlich sich anschließende Grundstück Flurstück-Nr. … besteht aus einer Grünfläche mit mehreren Bäumen und Rasen. Östlich der beiden Grundstücke des Beigeladenen steht die protestantische Kirche. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Luftaufnahme des betroffenen Straßenabschnitts dienen (rot = Grundstück der Klägerin, gelb = Grundstücke des Beigeladenen):

3

Es folgt die Luftbildaufnahme

4

Im Ortsteil Haardt findet jährlich Anfang Mai das „Haardter Weinfest auf der Straße“ mit dem „Schubkarrenrennen“ statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Beklagte die Haardter „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“, bei dem Stücke eines überdimensionierten Zwetschgenkuchens verkauft werden und das „Quetschekern-Zielspucken“ angeboten wird. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 m langen Kerwemeile entlang des Mandelrings an verschiedenen Plätzen Musik und Pfälzische Spezialitäten angeboten.

5

Der Beigeladene beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Ausschankstelle auf seinen Grundstücken Flurstück-Nrn. … und …. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … stehen während des Festes mehrere Bierzeltgarnituren, vereinzelte Stehtische und die Ausschankstelle. Die zwei an der Hauswand des Gebäudes auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … angebrachten Lautsprecher sind vom Wohnhaus der Klägerin etwa knapp 35 m entfernt.

6

Für das „Haardter Weinfest auf der Straße“ im Mai 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes nach dem Gaststättengesetz am 8. Mai 2015 auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik an insgesamt sechs Tagen im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 bis maximal 24 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten, Musikinstrumenten und ähnlichen Geräten. Die Genehmigung wurde mit mehreren Nebenbestimmungen versehen.

7

Da sich die Klägerin in der Vergangenheit bei der Beklagten mehrfach über von der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Beklagte mit ihr die Durchführung von Lärmmessungen. Diese ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A).

8

Mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe für den Zeitraum vom 4. September 2015 bis zum 8. September 2015 im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der (protestantischen) Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis enthielt u.a. die folgende Auflage:

9

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

10

Die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilten Gestattung wurde mit Verfügung vom 31. August 2015 angeordnet.

11

Mit weiterem Bescheid vom 20. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Benutzung von Lautsprechern und Tonwiedergabegeräten zum Abspielen von Musik (CD) an seiner Ausschankstelle anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe. Das Abspielen von CD-Musik wurde unter I. des Bescheides für folgende Tage bis maximal 24 Uhr gestattet: Freitag, 4. September 2015, Samstag, 5. September 2015, Sonntag, 6. September und Montag, 7. September 2015. Die Genehmigung enthielt unter II. u.a. folgende Auflagen:

12

1. Zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sind die Geräuschemissionen der Verstärkeranlagen so zu begrenzen, dass der Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) nächstgelegener Wohngebäude bzw. in angrenzenden Wohngebieten folgende Werte nicht überschreitet: In den unter Ziffer I. dieser Verfügung genehmigten Zeiten 70 dB(A), Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags einhalten. Zum Immissionsort wurde folgendes geregelt: Maßgeblicher Immissionsort für die Einhaltung des Grenzwertes ist entsprechend der schutzwürdigen Nutzung in der Nachbarschaft vor dem Fenster des Anwesens 67433 Neustadt, A-Straße …, sofern sich die Anwohnerin mit einer Lärmmessung vor Ort einverstanden erklärt, ansonsten vor dem Anwesen 67433 Neustadt, A-Straße …

13

2. Die Beschallungstechnik ist so auszurichten, dass das Anwesen Am Bürgergarten 2 so wenig wie möglich beschallt wird. Insbesondere ist auf eine Reduzierung der abgestrahlten tiefen Frequenzanteile hinzuwirken (z.B. durch Minimierung einzelner nicht relevanter Terzen).

14

3. Vor Beginn der Veranstaltungen ist die Beschallungsanlage so einzupegeln, dass der o. g. Immissionsrichtwert (Ziffer II Nr. 1) eingehalten wird. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken. Die ermittelten Schalldruckpegel und Beurteilungspegel sind zu dokumentieren.

15

4. Um sicherzustellen, dass der Immissionsrichtwert eingehalten wird, hat die für die Veranstaltung verantwortliche Person während den Veranstaltungen stündliche Messungen am Emissionsort vorzunehmen. Als Emissionsort wird der Standort in 1 Meter Abstand zur hauptangesteuerten Lautsprecherbox festgelegt. Welcher Grenzwert am Emissionsort einzuhalten ist, wird dem Veranstalter in Abstimmung mit der Einmessung durch den Kommunalen Vollzugsdienst vorgegeben. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken.“

16

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert. Im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung sei für die Musikdarbietungen bis 23 Uhr bzw. 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) bezogen auf den Beurteilungszeitraum für den Tag zugelassen worden.

17

Am 27. August 2015 legte die Klägerin gegen die dem Beigeladenen erteilten Genehmigungen vom 4. und 20. August 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, der Ausschank an dieser Örtlichkeit in unmittelbarer Nähe zum allgemeinen Wohngebiet führe mit und ohne Musik stets zu unangemessenen Lärmbelästigungen. Ihr Anwesen sei am stärksten von den Lärmbelästigungen betroffen. Der Beigeladene halte sich auch nicht an die vorgegebenen Zeiten. Auch beim Weinfest 2015 habe der Beigeladene die zugelassenen Zeiten überzogen. Der Ansicht der Beklagten, Weinfeste und Kerwen gehörten zu den sehr seltenen Festen, sei zu widersprechen. Laut Freizeitlärmrichtlinie seien Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Es gebe zahlreiche Ausschankstellen beim Haardter Weinfest und der Woi- und Quetschekuchekerwe. Eine Unvermeidbarkeit sei nicht gegeben. Da die Beklagte den Ausschank des Beigeladenen erneut genehmigt habe, möge sie begründen, warum hierauf im Bereich der Kirche nicht verzichtet werden könne.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2015, der Klägerin zugestellt am 7. November 2015, wies der Stadtrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin als offensichtlich unzulässig zurück, da die Verwaltungsakte sich erledigt hätten.

19

Die Klägerin hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die Ausnahmegenehmigung auch mit den Nebenbestimmungen zum Schutz der Nachbarschaft rechtswidrig sei. Es sei nicht dafür Sorge getragen worden, dass die Musikwiedergabe zu den angegebenen Zeiten tatsächlich enden würde.

20

Zwar erkenne die Rechtsprechung in einzelnen Fällen bestimmter Ereignisse als „sehr seltene“ Ereignisse wegen Herkömmlichkeit, Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft und sozialer Adäquanz trotz der damit verbundenen Belästigungen für die Nachbarschaft als zumutbar an. Die Zahl dieser sehr seltenen Ereignisse dürfe aber fünf pro Jahr nicht übersteigen. Auch seien die maximal zugelassenen Ereignisse innerhalb eines Ortes aufzuteilen und auf die zehn seltenen Ereignisse pro Jahr seien diese fünf sehr seltenen Ereignisse anzurechnen. Durch das Weinfest vom 8. bis 14. Mai 2015 und durch die Quetschekuchekerwe vom 4. bis 7. September 2015 seien schon zehn Tage erreicht worden. Zu diesen zehn Tagen seien noch Tage für Aufbau und Abbau von jeweils einem Tag hinzuzurechnen, da auch diese Tage mit Musikdarbietungen untermauert worden seien. Ebenfalls hinzugerechnet werden müssten das Sommernachtsfest und andere Veranstaltungen. Alle diese Feste seien konzentriert auf den Bereich von Gemeindezentrum und protestantischer Kirche. Die maximal zulässigen zehn Ereignisse seien weit überschritten, was bei der Entscheidung im Hinblick auf die Ausnahmegenehmigung und die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nicht bedacht worden sei.

21

Entgegen dem Verlangen der Rechtsprechung sei auch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob möglicherweise Ausweichstandorte für die Veranstaltungen zur Verfügung stünden. Dass entsprechende Prüfungen stattgefunden haben, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es müsse dargelegt werden, welche anderen Standorte man in die Prüfung einbezogen habe. Auch sei nicht in Betracht gezogen worden, dass es bei dem ausgewählten Standort zu erheblichen Reflektionen an der Schlossbergmauer und der Kirche kommen könne. Eine solche Reflektion führe zur Verstärkung der Richtwerte und mache die Veranstaltung unzulässig. Es sei davon auszugehen, dass die im Bescheid festgelegten 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, weshalb die Ausnahmegenehmigung bereits nichtig, zumindest aber rechtswidrig sei.

22

Die Klägerin beantragt,

23

festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 rechtswidrig waren.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Sie verweist zur Begründung auf die ergangenen Ausgangsbescheide.

27

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

28

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage ist zulässig (1.), in der Sache aber nur teilweise begründet (2.).

30

1. Die Klage ist zulässig.

31

1.1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 haben sich durch Zeitablauf vor Klageerhebung erledigt. Die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe 2015 fand bereits in der Zeit vom 4. bis 8. September 2015 statt. Nur hierauf bezogen sich die vorübergehende Gestattung und die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung.

32

1.2. Die Klägerin ist auch im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog klagebefugt, da sie durch die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 Gaststättengesetz – GastG – und durch die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 6 Abs. 5 Landesimmissionsschutzgesetz – LImSchG – zumindest möglicherweise in drittschützenden Rechten verletzt ist. Im Hinblick auf die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung folgt dies daraus, dass eine solche von Nachbarn erfolgreich angefochten werden kann, wenn die enthaltenen Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – ausgehen (vgl. VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 lässt Ausnahmen von dem Verbot im Hinblick auf den Schutz der Nachtruhe nach § 4 Abs. 1 LImSchG und der Regelung nach § 6 Abs. 1 LImSchG in Bezug auf die Verwendung von Tongeräten zu. Insoweit schützen die §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 LImSchG nicht nur die Allgemeinheit, sondern dienen auch dem Nachbarschutz, auf den sich die Klägerin hier berufen kann (vgl. VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –).

33

Auf die in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 aufgeworfene Frage, ob die Klägerin – wie ursprünglich angegeben – Miteigentümerin des Grundstücks Flurstück-Nr. … oder nur Besitzerin ist, kommt es hier nicht an, denn auch nur obligatorisch Berechtigte sind befugt, sich auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG zu berufen. Diese Vorschrift verweist auf den immissionsschutzrechtlichen Begriff der Nachbarschaft, der auch Anwohner umfasst, die keine Eigentümer der von ihnen bewohnten oder genutzten Grundstücke sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 – 7 C 50/78 –, GewArch 1983, 101; Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437).

34

1.3. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung unter dem Aspekt der konkreten Wiederholungsgefahr. Eine solche ist anzunehmen, wenn die berechtigte Erwartung besteht, dass gleichartige, die Klägerin im Wesentlichen in ähnlicher Weise belastende Verwaltungsakte unter weitgehend gleichen Umständen künftig wieder erlassen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12/04 –, juris). Davon ist hier angesichts der Praxis der Vorjahre und weil der Beigeladene seine Ausschankstelle mit CD-Musik auf der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe auch künftig betreiben will, ohne Weiteres auszugehen.

35

2. In der Sache hat die Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nur teilweise Erfolg.

36

Zunächst kann offen bleiben, ob die Beklagte vorliegend berechtigt war, für die Ausschankstelle des Beigeladenen und das Abspielen von CD-Musik sowohl eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung als auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erteilen (2.1.). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren materiellen Rechten (2.2.). Dagegen verstößt die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung vom 4. August 2015 zum Teil gegen das in § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – verankerte Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarlichen Ausprägung (2.3.).

37

2.1. In der hier gegeben Situation der Drittanfechtung von den Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakten kommt es ausschließlich darauf an, ob die beiden Bescheide vom 4. und 20. August 2015 subjektiv-öffentliche Rechte der drittbetroffenen Klägerin verletzt haben (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, LKRZ 2013, 442). Infolgedessen geht die Kammer nicht näher darauf ein, ob die Beklagte formal überhaupt befugt war, neben der am 4. August 2015 erteilten vorübergehenden gaststättenrechtliche Gestattung eine eigenständige immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erlassen oder ob die Beklagte die Frage nach der Zulässigkeit des Abspielens von CD-Musik umfassend und abschließend in der gaststättenrechtliche Gestattung hätte regeln müssen, weil das Gaststättengesetz als Bundesgesetz für eine Ausgliederung der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen keinen Raum lässt (so VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Abgesehen davon, dass die Beklagte hier gemäß § 1 Satz 1 Gaststättenverordnung – GastVO – sowohl zuständige Behörde für die Erteilung der gaststättenrechtlichen Gestattung als auch gemäß § 15 Abs. 1 LImSchG zuständige Behörde für den Erlass der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung war, kommt es nach Auffassung der Kammer für den Erfolg der Klage der Klägerin allein darauf an, ob diese durch die in den beiden Bescheiden getroffenen Regelungen in ihrem Zusammenspiel materiell-rechtlich beschwert ist, also entweder durch den von der Musikanlage des Beigeladenen oder von den Gästen der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehenden Lärm unzumutbar beeinträchtigt wurde (vgl. auch zur Unbeachtlichkeit der fehlenden Zuständigkeit der Behörde bei Drittanfechtungen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2012 – 8 B 10627/12.OVG –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. April 2006 – 3 S 547/06 –, NVwZ-RR 2007, 82; VG Neustadt, Urteil vom 18. April 2016 – 3 K 818/14.NW –). Dies war nur teilweise der Fall.

38

2.2. Die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 war rechtmäßig.

39

2.2.1. Die von dem Beigeladenen anlässlich der Durchführung der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe betriebene Ausschankstelle inklusive Tongeräten ist eine Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die keiner Genehmigung bedarf und daher in den Anwendungsbereich der §§ 22, 23 BImSchG fällt. Nach § 22 Abs. 2 BImSchG bleiben weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt. Zu diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zählen sowohl § 4 Abs. 1 LImSchG als auch § 6 Abs. 1 LImSchG. Nach § 4 Abs. 1 LImSchG sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, die zu einer Störung der Nachtruhe führen können. Nach § 6 Abs. 1 LImSchG dürfen Geräte, die der Erzeugung oder Wiedergabe von Schall oder Schallzeichen dienen (Tongeräte), insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche Geräte, nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann.

40

2.2.2. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 LImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot der Störung der Nachtruhe (§ 4 Abs. 1 LImSchG) bzw. von dem Verbot der erheblichen Belästigung Dritter durch Tonwiedergabegeräte (§ 6 Abs. 1 LImSchG) bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse zulassen. Die Ausnahme soll gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Ferner kann die zuständige Behörde nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 LImSchG für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde und bei Vorliegen eines öffentlichen oder eines berechtigten privaten Interesses um mehr als eine Stunde hinausschieben. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse u.a. für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach § 4 Abs. 1 LImSchG zulassen. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.

41

2.2.3. Die Erteilung einer Ausnahme nach den genannten Vorschriften erfordert eine Güterabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 – 21 A 1136/87 –, NVwZ 1988, 178). Hierbei steht der Behörde ein Ermessensspielraum zu (VG Mainz, Urteil vom 24. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Diesen Anforderungen genügt die verfahrensgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015.

42

2.2.3.1. Zunächst ist ein besonderes Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe mit einer eigenen Ausschankstelle unter Nutzung von Tongeräten im Rahmen seiner vorübergehenden Betriebsführung anzuerkennen. Es steht außer Frage, dass die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe als „Weinkerwe“ ebenso wie das Haardter Weinfest auf der Straße ein traditionelles örtliches Fest mit Brauchtumscharakter ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris zur Jakobuskerwe in Neustadt-Hambach). Bei den in der Pfalz stattfindenden und sich regelmäßig großem Zuspruch des Publikums erfreuenden „Weinkerwen“ stehen die Ausschankstellen von Weingütern, Winzergenossenschaften, Vereinen und Privatleuten im Mittelpunkt. Ohne diese Ausschankstellen, die häufig auch Live- oder CD-Musik im Programm haben, wäre die Durchführung einer „Weinkerwe“ nicht denkbar. Insofern erfüllen diese eine „soziale Funktion“ (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zu Biergärten in Bayern).

43

2.2.3.2. Trotz dieser sozialen Funktion ist der Betrieb einer Ausschankstelle auf einer Weinkerwe in der Pfalz nicht von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77/87 –, NJW 1989, 1291 zur Problematik des Sportlärms und der sozialen Funktion des Sports; Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zur sozialen Funktion von Biergärten). Ob das besondere Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Weinkerwe das in die Abwägung einzustellende Interesse der Klägerin an einer ungestörten Nachtruhe und daran, durch Tongeräte auch während des Tages nicht erheblich belästigt zu werden, überwiegt, beurteilt sich daher maßgeblich danach, ob die Immissionen der Klägerin zumutbar sind.

44

Die durch das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen entstehenden Lärmimmissionen sind für die Klägerin dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen. Für dieses Verständnis spricht der Zweck der im Landesimmissionsschutzgesetz getroffenen Regelung. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, d. h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), ist im Kontext der §§ 4 und 6 LImSchG ebenso wie im Rahmen des § 22 Abs. 1 BImSchG anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, NJW 2003, 3360). Die Zumutbarkeit bestimmt sich grundsätzlich nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 – , juris). Sowohl nach der verwaltungsgerichtlichen als auch nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 8 B 13/09 –, juris und BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14 –, NJW 2015, 2023).

45

Vorliegend bezieht sich die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auf die Benutzung von Tongeräten i. S. d. § 6 LImSchG (Lautsprecher und Tonwiedergabegeräte). In Übereinstimmung mit § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG erteilte die Beklagte die Ausnahmegenehmigung unter Auflagen und zwar mit dem Inhalt, dass das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen an vier Tagen (von Freitag, dem 4. September 2015 bis Montag, dem 7. September 2015) bis maximal 24 Uhr am maßgeblichen Immissionsort (Bürgergarten 2, Anwesen der Klägerin) ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) nicht überschritten werden darf. Ferner enthielt die Ausnahmegenehmigung weitere Auflagen zur Sicherstellung der Einhaltung der erlaubten Beurteilungspegel wie die Ausrichtung der Beschallungstechnik und die Einpegelung der Beschallungsanlage.

46

2.2.3.3. Diese Auflagen waren geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

47

2.2.3.3.1. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der Musikveranstaltungen im Rahmen des vorübergehenden Gaststättenbetriebs des Beigeladenen hat die Beklagte sich in nicht zu beanstandender Weise an der von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) herausgegebenen Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden 3. Freizeitlärm-Richtlinie) orientiert, die nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 22. Juli 2015 von den rheinland-pfälzischen Immissionsschutzbehörden bei der Ermittlung und Beurteilung von Freizeitlärm herangezogen werden soll. Die von Sachverständigen ausgearbeitete 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat zwar keinen Normcharakter, kann aber auch von Behörden und Gerichten als Entscheidungshilfe mit Indiz-Charakter zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 – 7 C 16/00 –, NVwZ 2001, 1167 und BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699). Die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie bieten eine Orientierungshilfe insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Live- oder CD-Musik, Platzkonzerte oder Volksfeste dargeboten werden. Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG kommt im Einzelfall der Dauer und der Häufigkeit solcher Immissionen besondere Bedeutung zu.

48

2.2.3.3.2. Die Kammer hat sich mit den Bewertungsgrundsätzen der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, welche nach den früheren Fassungen von 1987 bzw. von 1997 (letztere im Folgenden 2. Freizeitlärm-Richtlinie) erneut in der Fassung vom 6. März 2015 überarbeitet worden sind, befasst und hält diese grundsätzlich für gut geeignet, über Konflikte zwischen einerseits dem Ruhebedürfnis der Wohnbevölkerung und den Bedürfnissen der Allgemeinheit an Freizeitveranstaltungen insbesondere im Freien während des Sommerhalbjahres zu entscheiden (so auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris zum Frankfurter Museumsuferfest und VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Februar 2016 – 4 K 1275/15.WI –, juris zum Kulturfestival „Folklore“ in Wiesbaden).

49

2.2.3.3.3. Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie sieht in Ziffer 4.1 für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemeine Wohngebiete – vom Vorliegen eines solchen Gebiets geht die Kammer zugunsten der Klägerin hier aus – einen Immissionsrichtwert tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit von 55 dB (A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) sowie nachts von 40 dB(A) vor. Die Genehmigung vom 20. August 2015 geht über diese Richtwerte deutlich hinaus. Allerdings trifft die Nr. 4.4 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Veranstaltungen eine Sonderfallbeurteilung. Ausgehend von dem Umstand, dass bei Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, können in Sonderfällen solche Veranstaltungen gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (Ziffer 4.4.1). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug gegeben. Hierunter können auch Feste mit kommunaler Bedeutung wie die örtliche Kirmes fallen. Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Gemäß Ziffer 4.4.2 soll in derartigen Sonderfällen die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen prüfen. In Bezug auf die Zumutbarkeit gibt die 3. Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 folgende Hinweise:

50

„Voraussetzung ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs.

51

a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.

52

b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden.

53

c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein.

54

d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten.

55

e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten.

56

Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich nachvollziehbar zu begründen. Da das Spektrum derjenigen Veranstaltungen, die die Immissionsrichtwerte der Ziffern 4.1 bis 4.3 nicht einhalten können, groß ist und vom Dorffest bis zu überregionalen Großereignissen reicht, gilt:

57

In je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen (24 Stunden-Zeitraum) seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Bei herausragenden Veranstaltungen sind in der Begründung gerade der sozialen Adäquanz und Akzeptanz besondere Bedeutung beizumessen.“

58

2.2.3.3.4. Die Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 unterscheidet sich von der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aus dem Jahre 1997 (s. NVwZ 1997, 469) in mehreren Punkten. Die 2. Freizeitlärm-Richtlinie sah in Ziffer 4.4. ebenfalls Besonderheiten bei seltenen Störereignissen vor. Unter Bezugnahme auf die Nr. 2.3.5 der Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschemmissionen wurden die seltenen Störereignisse auf zehn pro Jahr begrenzt (vgl. auch die Ziffern 6.3 und 7.2 der Technischen Anleitung Lärm 1998). Bei den seltenen Ereignissen sollten die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) die nachfolgenden Werte nicht überschreiten: tags außerhalb der Ruhezeit 70 dB(A), tags innerhalb der Ruhezeit 65 dB(A) und nachts 55 dB(A). Geräuschspitzen sollten die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

59

2.2.3.3.5. Nach der Rechtsprechung (s. insbesondere OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494 – und Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September – 20 V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) galt darüber hinaus Folgendes: Konnten bei einer Veranstaltung die für seltene Störereignisse in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissionsrichtwerte voraussichtlich nicht eingehalten werden, durfte sie immissionsschutz- und gaststättenrechtlich dennoch gestattet werden, wenn sie als „sehr seltenes Ereignis“ wegen ihrer Herkömmlichkeit, ihrer Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft oder ihrer sozialen Adäquanz trotz der mit ihr verbundenen Belästigungen den Nachbarn zumutbar war. Gelangte die zuständige Behörde aufgrund ihrer prognostischen Bewertung zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Feier um eine Brauchtumsveranstaltung oder eine solche von besonderer kommunaler Bedeutung handelt, hatte sie in eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten einzutreten. Das OVG Rheinland-Pfalz (s. Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494) hielt Musikdarbietungen in der Regel bis 24 Uhr für zulässig und zwar auch an Tagen, an denen der Folgetag nicht allgemein arbeitsfrei war. In Bezug auf die Anzahl der „sehr seltenen Ereignisse“ führte das OVG Rheinland-Pfalz wörtlich aus: „Ausgehend davon, dass als seltene Ereignisse solche definiert sind, die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden die niedrigeren Regelwerte überschreiten, kann nach Auffassung des Senats von sehr seltenen Ereignissen nur dann die Rede sein, wenn deren Anzahl deutlich niedriger als bei seltenen Ereignissen liegt. In aller Regel werden deshalb allenfalls fünf sehr seltene Ereignisse an einem Veranstaltungsort pro Jahr zugelassen werden dürfen. Des Weiteren hält der Senat mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) für solche sehr seltenen Ereignisse für erforderlich.“

60

2.2.3.3.6. Im Unterschied zur 2. Freizeitlärm-Richtlinie, die noch von zehn seltenen „Störereignissen“ pro Kalenderjahr ausging, hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie nunmehr bis zu 18 „seltene Veranstaltungen“ pro Kalenderjahr für zumutbar (vgl. auch § 5 Abs. 5 i.V.m. mit der Nr. 1.5 der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung) – 18. BImSchV –). Während die 2. Freizeitlärm-Richtlinie noch vorsah, dass bei seltenen Ereignissen der Beurteilungspegel vor den Fenstern tags außerhalb der Ruhezeit den Wert von 70 db(A) und innerhalb der Ruhezeit den Wert von 65 db(A) sowie nachts den Wert von 55 dB(A) nicht überschreiten sollte, ist nach der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, wie insbesondere das Zusammenspiel in Ziffer 4.4.2 a), b) und d) zeigt, die Einhaltung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr ohne nähere Begründung sowie eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr den Nachbarn zuzumuten, sofern die Zumutbarkeit explizit begründet wird. Daraus, dass es erst im Falle einer Überschreitung der in Ziffer 4.4.2 a) genannten Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts einer expliziten Begründung der Zumutbarkeit bedarf, ist zu folgern, dass diese Werte grundsätzlich als zumutbar zu erachten sind (s. auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris). Die angesprochene Begründungspflicht der Behörde hat umso intensiver auszufallen, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die reine Zahl der Veranstaltungen bzw. Veranstaltungstage in der Gesamtbetrachtung nur einen Aspekt neben insbesondere der Intensität der Veranstaltungen und dem Schutzniveau des Gebiets abbildet (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris).

61

Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat damit zwar nicht den in der Rechtsprechung entwickelten Begriff des „sehr seltenen Ereignisses“ eingeführt. Sie hat aber offensichtlich die in der Vergangenheit ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit von Immissionen bei Sonderfreizeitveranstaltungen gewürdigt und berücksichtigt, dass die in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten zumutbaren Immissionsrichtwerte in Bezug auf Sonderveranstaltungen im Freien mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz in der Lebenswirklichkeit nicht (immer) einzuhalten sind. Die zuvor in der Rechtsprechung erfolgte Unterscheidung zwischen „seltenen Ereignissen“ und „sehr seltenen Ereignissen“ hat damit nach Auffassung der Kammer an Bedeutung verloren. War nach der oben zitierten Rechtsprechung zu den „sehr seltenen Ereignissen“ an bis zu fünf Tagen pro Kalenderjahr über die Regelungen der 2. Freizeitlärm-Richtlinie hinaus eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) bis 24 Uhr zumutbar, so hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie diesen Beurteilungspegel sogar an 18 Tagen im Kalenderjahr bis 24 Uhr für grundsätzlich zumutbar. Im Falle einer expliziten und intensiven Begründung ist darüber hinaus sogar eine Immissionsrichtwertbegrenzung auf mehr als 70 dB(A) nicht ausgeschlossen. Angesichts der in Ziffer 4.4 getroffenen Hinweise in der 3. Freizeitlärm-Richtlinie bedarf es daher nach Ansicht der Kammer prinzipiell nicht mehr des Rückgriffs auf die Rechtsfigur des sog. „sehr seltenen Ereignisses“.

62

2.2.3.3.7. Hiernach waren die von der Beklagten dem Beigeladenen erteilten Auflagen geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

63

Die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 erlaubte dem Beigeladenen von Freitag, dem 4. September 2015 bis zum Montag, dem 7. September 2015 an insgesamt vier Tagen CD-Musikdarbietungen unter Begrenzung der Schallpegel auf 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr. Die in Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie genannte Zumutbarkeitsgrenze für die Klägerin von 70 dB(A) wurde damit nicht überschritten. Addiert man hinzu, dass die Beklagte dem Beigeladenen auch für das Haardter Weinfest auf der Straße im Mai 2015 eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von Musik an seiner Ausschankstelle für insgesamt sechs Termine im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 mit einem einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 70 dB(A) gewährt hatte, ergeben sich insgesamt zehn immissionsrelevante „seltene Veranstaltungen pro Kalenderjahr“ im Sinne der 3. Freizeitlärm-Richtlinie.

64

Selbst wenn man das von der Klägerin genannte von der Liedertafel Neustadt veranstaltete Sommernachtsfest am 4. Juli 2015 im Haardter Schlosspark, der etwa 150 m Luftlinie vom Anwesen der Klägerin entfernt ist, als weiteres „seltenes Ereignis“ hinzuzählen würde, ergeben sich insgesamt elf einzelne Ereignisse, die nach Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie und unter Berücksichtigung der sozialen Funktion der Weinkerwen in der Pfalz in der genehmigten Intensität und Zahl über zwei Halbjahre verteilt einem Nachbarn und damit auch der Klägerin zumutbar sind. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegt die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle jedenfalls für Wohngebiete bei 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – 7 A 28/12, 7 A 28/12 (7 A 22/12) –, NVwZ 2014, 730). Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass die durch den angefochtenen Bescheid vom 20. August 2015 im Zusammenspiel mit der Ausnahmegenehmigung für das Haardter Weinfest im Mai 2015 zugelassenen Immissionen von 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr von solcher Intensität hätten sein können, dass mit Gesundheitsschäden (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –) bei den in der Nachbarschaft wohnenden Personen zu rechnen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755). Derartiges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 war vielmehr zu entnehmen, dass sie die Weinkerwe als solche ablehnt. Das Interesse der Allgemeinheit am geselligen Zusammensein an der von Musik begleiteten Ausschankstelle des Beigeladenen auf der Weinkerwe überwiegt daher insoweit das Schutzbedürfnis der Klägerin.

65

Die Beklagte hat die Zumutbarkeit in der Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auch explizit und ausreichend begründet. Zutreffend hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie darauf abgestellt, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug als seltene Veranstaltung privilegiert. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des passiven Lärmschutzes und der technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm in Form von Auflagen sei im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung für die Musikdarbietungen bis maximal 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) zulässig. Damit dieser Wert eingehalten wird, hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Ziffern 4.4.2 c) und 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie sowie mit § 4 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LImSchG mehrere Auflagen in die Genehmigung aufgenommen. So war die Beklagte befugt, nach Ziffer 4.4.2 c) und Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für die Veranstaltungen am Freitag, dem 4. September 2015 und am Samstag, dem 5. September 2015 die Nachtzeit von 22 Uhr auf 24 Uhr zu verschieben. Ebenso wenig ist die Verschiebung der Nachtzeit am Sonntag, dem 6. September und am Montag, dem 7. September 2015 um jeweils eine Stunde auf 23 Uhr rechtlich zu beanstanden. Während die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach Absatz 1 zulassen kann, bestimmt § 4 Abs. 4 Satz 1 LImSchG, dass die zuständige Behörde für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde hinausschieben kann.

66

Dem besonderen öffentlichen Interesse an der Musikveranstaltung des Beigeladenen ist die Beklagte in der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung mit Nebenbestimmungen zum Schutz auch der Klägerin vor unzumutbarem Lärm begegnet. So hat die Beklagte dem Beigeladenen Maßnahmen der Eigenüberwachung in Form von Einpegelungen, Ausrichtung der Beschallungstechnik und stündlichen Messungen mit Dokumentation aufgegeben (s. Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus hat die Beklagte dem Beigeladenen die Benennung einer auf der Veranstaltung anwesenden verantwortlichen Person auferlegt, die in der Lage ist, die behördlichen Anordnungen gegenüber Mitwirkenden und Publikum durchzusetzen.

67

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Ausnahmegenehmigung enthaltenen Regelungen und Nebenbestimmungen zur Einhaltung eines Beurteilungspegels von 70 dB(A) von vornherein ungeeignet sind, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert hat, der Beigeladene habe sich nicht an die vorgegebenen Zeiten gehalten und möglicherweise die genehmigten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten, kann sie damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Eventuelle Verstöße gegen die in einer Genehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen lassen regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 12. April 2012 – 1 ZB 09.247 –, juris; VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Allenfalls dann, wenn auch Kontrollen der zuständigen Überwachungsbehörden sich als ungeeignet zur Einhaltung des zulässigen Beurteilungspegels darstellten, könnte von einer zur Rechtwidrigkeit der Genehmigung führenden Ungeeignetheit führen. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Die Messungen der Beklagten anlässlich des Haardter Weinfestes ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A). Die weitere Messung der Beklagten während der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 ergab einen Wert von 67 dB(A), wurde aber nach dem Vermerk vom 7. September 2015 abgebrochen, weil die Klägerin die Messung gestört habe.

68

Die genannten Messungen, gegen die die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben hat, erfassten nicht nur den von der Beschallungsanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärm, sondern auch den von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche sowie das dem Beigeladenen nicht zurechenbare sog. „Kerwegrundgeräusch“ (s. dazu VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris) und führten nicht zu einer Überschreitung des für die Musik genehmigten Beurteilungspegels von 70 dB(A).

69

Schließlich begegnet die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Lautsprecher unmittelbar am Gebäude des Beigeladenen in der B-Straße … und damit in einem Abstand von weniger als 35 m zu dem Anwesen der Klägerin angebracht sind. Im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung hat die Beklagte zwar auch mögliche Alternativstandorte in den Blick zu nehmen; hierbei darf sie sich neben weiteren Gesichtspunkten auch vom Ziel der Veranstaltung und deren Adressatenkreis leiten lassen. Angesichts dieser Grundsätze ist die Zulassung der Tongeräte unmittelbar am Haus des Beigeladenen ohnehin die für die Klägerin schonendste Variante. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, war die Beschallungsanlage bis vor einigen Jahren direkt an der Ausschankstelle und damit deutlich näher zum Anwesen der Klägerin montiert. Von der angewandten „architektonischen Selbsthilfe“ des Beigeladenen hat die Klägerin insoweit profitiert. Ein anderer lokal geeigneter Ausweichort für den Beigeladenen außerhalb seines eigenen Grundstücks scheidet von vornherein aus. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene an seiner Ausschankstelle überhaupt auf Musik verzichtet.

70

2.3. Allerdings ist die dem Beigeladenen gemäß § 12 GastG erteilte vorübergehende gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 4. August 2015 zum Ausschank alkoholischer Getränke insoweit rechtlich zu beanstanden und nachbarrechtsverletzend, als dem Beigeladenen eine Betriebszeit bis 1 oder 2 Uhr gestattet wurde, ohne verbindlich festzuschreiben, dass der Beigeladene nach 24 Uhr die für die Klägerin zumutbaren Immissionsrichtwerte einzuhalten hat.

71

Gemäß § 12 Abs. 1, 3 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden; die Gestattung kann mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere auch einen erforderlichen Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen sicherstellen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Im Zusammenhang mit der Erteilung einer gaststättenrechtlichen Gestattung muss die zuständige Behörde die subjektiven Rechte der von dem vorübergehenden Gaststättenbetrieb betroffenen Nachbarn berücksichtigen und darf insbesondere nur zumutbare Lärmimmissionen erlauben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494).

72

Allerdings kann Nachbarn bei der vorübergehenden Gestattung eines Gaststättenbetriebs gemäß § 12 Abs. 1 GastG eine höhere Belastung durch Lärmimmissionen zugemutet werden als im Falle eines ständigen Gaststättenbetriebs (VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris m.w.N.). Die „erleichterten Voraussetzungen“ im Sinne dieser Vorschrift bedeuten in diesem Zusammenhang, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit – d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz – zu berücksichtigen ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 –, GewArch 2014, 485).

73

Da die Beklagte die Zumutbarkeit des von der Musikanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärms in der gesondert ergangenen immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 geregelt hat – und dies nach den Ausführungen in 2.2. rechtlich nicht zu beanstanden war –, war im Rahmen der vorübergehenden Gestattung des Gaststättenbetriebs noch über die Zumutbarkeit der von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche zu befinden. Hierzu findet sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 die folgende Regelung:

74

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

75

Die Beklagte entschied sich in Bezug auf die Festlegung der Betriebszeit somit nicht für eine zeitliche Einschränkung der vorübergehenden Gaststättenerlaubnis nach § 18 GastG i. V. m. § 18 Abs. 2, § 19 und 20 GastVO, wonach die Sperrzeit für Volksfeste, die um 22 Uhr beginnt und um 6 Uhr endet, bei einem öffentlichen Bedürfnis oder besonderen örtlichen Verhältnissen u.a. allgemein oder für einzelne Betriebe verkürzt werden kann, sondern für den Erlass einer Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, wonach die Erlaubnis jederzeit mit Auflagen u. a. zum Schutz der Nachbarn versehen werden kann. Hierzu war die Beklagte berechtigt, denn die genannten Bestimmungen stehen nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. Vielmehr sind sie nebeneinander anwendbar, soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, NVwZ 1995, 1021 zum Verhältnis von § 5 und § 18 GastG; VG Neustadt, Urteil vom 6. April 2006 – 4 K 1919/05.NW –; ebenso Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 14. Auflage 2003, § 5 Rn. 4).

76

In Fällen von Nutzungskonflikten mit Nachbarn bedarf nicht nur eine nach § 2 GastG erforderliche Gaststättenerlaubnis, sondern auch eine vorübergehende Gestattung nach § 12 GastG gegebenenfalls einer weitergehenden Konkretisierung durch Aufnahme von Auflagen (s. § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) im Hinblick auf nachbarrechtsrelevante Merkmale, um dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG Genüge zu tun (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 2016 – 2 A 2423/15 –, juris und VG Neustadt, Urteil vom 14. Januar 2016 – 4 K 396/15.NW -, juris jeweils zur Baugenehmigung). Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der vorübergehenden Gestattung nach § 12 GastG getroffenen Regelungen und Feststellungen müssen so eindeutig bestimmt sein, dass der Gastwirt die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und drittbetroffene Nachbarn das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/22.OVG –, juris zur Baugenehmigung).

77

Dem gesetzlichen Regelungsauftrag wird die Gestattung vom 8. August 2015 im Zusammenspiel mit der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 nicht gerecht. Die nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG erlassene Auflage, die Betriebszeit auf 1 bzw. 2 Uhr zu beschränken und die Aufforderung an den Beigeladenen, jeweils ab 22 Uhr darauf zu achten, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist, soweit der Zeitraum von 24 Uhr bis 2 Uhr betroffen ist, rechtswidrig.

78

Was die Zeit bis 24 Uhr anbetrifft, fehlt es nach Auffassung der Kammer nicht an der erforderlichen Bestimmtheit, da für die betroffenen Tage im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie die Auflage ergangen ist, bis 24 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) einzuhalten. Dies war der Klägerin, wie oben ausgeführt, zumutbar; auf diese Lautstärke musste sie sich einstellen. Zwar war Regelungsinhalt der genannten Ausnahmegenehmigung „nur“ der von der Musikanlage ausgehende Lärm. Es versteht sich aber von selbst, dass die von den Gästen zusätzlich zur Musik verursachten Geräusche vom einzuhaltenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) umfasst ist (s. dazu auch die von der Beklagten vorgenommenen Messungen).

79

Da das unter Auflagen genehmigte Abspielen von Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen aber nur bis maximal 24 Uhr begrenzt war und die vorübergehende Gestattung darüber hinaus einen Gaststättenbetrieb bis längstens 2 Uhr erlaubte, musste die Beklagte indessen eine verbindlichen Regelung dazu treffen, welchen Kommunikationslärm sie in Bezug auf die Nachbarn und damit auf die Klägerin nach Beendigung der Musikdarbietungen um spätestens 24 Uhr über diesen Zeitpunkt hinaus für zulässig hält (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Ohne näher darauf einzugehen, ob die Betriebszeit von seltenen Veranstaltungen, die – wie hier – mehr als zehnmal pro Kalenderjahr stattfinden, überhaupt über 24 Uhr hinaus für die Nachbarn zumutbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755 und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 - 21 A 1136/87 -, NVwZ 1988, 178 zu einem auf drei Tage beschränkten Schützenfest, bei dem die Veranstaltungszeit über 24 Uhr hinaus festgesetzt wurde; vgl. auch VG Gera, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 K 1399/12 Ge –, juris, wonach eine Verschiebung der Nachtzeit auf 1 Uhr in sehr seltenen Fällen wie z.B. beim Maibaumsetzen in Betracht kommt), führt die Ziffer 4.4.2 b) der 3. Freizeitlärm-Richtlinie hierzu aus, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. Selbst wenn die Überschreitung eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr nach dieser Formulierung im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen sein soll, hätte die Beklagte einen genauen Beurteilungspegel, der nicht überschritten werden darf, in dem Bescheid vom 4. August festschreiben und nachvollziehbar begründen müssen, dass der genannte Wert für die Klägerin nach Mitternacht zumutbar ist. Dies galt umso mehr, als die Beklagte mit dem Haardter Weinfest im Mai 2015 und der Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 insgesamt zehn seltene Veranstaltungen im Kalenderjahr 2015 zugelassen hatte, die Prüfung der Zumutbarkeit von Immissionen nach 24 Uhr folglich besonders intensiv ausfallen musste. Derartige Erwägungen finden sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 jedoch nicht. Die in den der vorübergehenden gaststättenrechtlichen Gestattung beigefügten Auflagen aufgeführte Formulierung, ab 22 Uhr müsse darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist nicht geeignet, dem Schutzbedürfnis der Anwohner und damit auch der Klägerin nach 24 Uhr hinreichend Rechnung zu tragen. Die genannte Auflage genügt nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG in seiner nachbarlichen Ausgestaltung, um eine Begrenzung der Belastung der Klägerin nach 24 Uhr zu gewährleisten (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris; VG Münster, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 L 39/09 –, juris). Durch die Nebenbestimmung wird in keiner Weise deutlich, welche maximale Lautstärke von dem Kommunikationslärm zwischen 24 Uhr und 2 Uhr ausgehen durfte. Die Klägerin konnte damit das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit nicht zweifelsfrei feststellen; sie war insoweit durch die Regelung schutzlos gestellt. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, auch nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird (s. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris).

80

Auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten nach 24 Uhr konnte hier auch nicht deshalb verzichtet werden, weil, wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 angegeben hat, die Gäste nach 24 Uhr nahezu vollständig die Veranstaltung verlassen und die Ausschankstelle daher regelmäßig bereits um 24 Uhr geschlossen werde. Für die Frage, ob eine Veranstaltung den Nachbarn zugemutet werden darf, ist grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen, nicht aber lediglich von einer möglicherweise hinter diesem Umfang zurückbleibenden tatsächlichen Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 1992 – 3 S 829/92 –, UPR 1993, 308). Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Anlage dauerhaft in einem geringeren Umfang als genehmigt genutzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 – IV C 77.73 –, GewArch 1975, 69). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Es steht zum einen dem Beigeladenen frei, zukünftig eine kürzere Betriebszeit zu beantragen. Zum anderen wird die Beklagte, will sie auch zukünftig eine Bewirtung über 24 Uhr hinaus zulassen, für die Zeit nach 24 Uhr einen verbindlichen Immissionsrichtwert festschreiben müssen, dessen Einhaltung im Übrigen bei Bedarf auch überwacht werden muss.

81

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

82

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

83

Beschluss

84

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - geändert.

Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst: Die Kläger zu 1, zu 2, zu 3 und zu 6 tragen jeweils ein Fünftel, die Kläger zu 4 und zu 5 als Gesamtschuldner ebenfalls ein Fünftel der Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens beim Verwaltungsgericht, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Nutzung einer historischen Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen.
Die beigeladene Gemeinde ist Eigentümerin des im Ortsteil Stetten gelegenen Grundstücks xxx, das mit einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kelter („Glockenkelter“) bebaut ist. Die Kläger sind Eigentümer von mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken, die sich in einem Abstand von 15 m bis ca. 80 m zur Glockenkelter befinden. Das 55 m entfernt gelegene Grundstück des Klägers zu 6 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „An der Weinstraße“ der Beigeladenen, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Grundstücke der übrigen Kläger befinden sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Das Grundstück xxx und die Glockenkelter wurden von der Beigeladenen zuletzt für den kommunalen Bau- und Wertstoffhof genutzt. Am 7.4.2009 beantragte sie beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Kelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen. Die Kläger zu 1 bis 6 wurden als Angrenzer benachrichtigt und erhoben Einwendungen u.a. wegen der Lärmbelästigung durch Veranstaltungen und den Parkverkehr.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20.7.2010 eine Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Glockenkelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich einer Außenbewirtschaftung und der Anlage von zwei Behindertenparkplätzen. Zum Lärmschutz enthielt die Baugenehmigung u.a. folgende besondere Auflagen:
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt. Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf längstens bis 22:00 Uhr betrieben werden. An Sonn- und Feiertagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. An Werktagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftungsfläche bis zu 200 Personen zulässig.
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu zehn Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung ohne die in Nr. 1 und 2 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Hierbei dürfen für die Immissionsorte IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
10 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
11 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig. (…)
12 
Bei Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen, die von deutlich hervortretender Musik begleitet werden, sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten; ab 20:00 Uhr bei allen Veranstaltungen.
13 
Die Kläger legten am 9.8.2010 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und brachten zur Begründung u.a. vor, es sei nicht berücksichtigt worden, dass während und nach den Veranstaltungen mit einem verstärkten Geräuschpegel durch alkoholisierte Besucher zu rechnen sei, die sich im Freien aufhielten. Die festgelegten Auflagen zum Lärmschutz seien nicht durchsetzbar und ungeeignet. Bei den Veranstaltungen sei von einem Festcharakter auszugehen, so dass der Geräuschpegel schon von vornherein höher sein werde. Außerdem müssten Lärmbelastungen durch Park- und Parksuchverkehr mit berücksichtigt werden, weil die zur Glockenkelter gehörigen Stellplätze recht weit entfernt seien.
14 
Während des Widerspruchsverfahrens änderte das Landratsamt mit Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 die besonderen Auflagen zum Lärmschutz dahingehend, dass in Ziff. 01 ein Hinweis auf die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie eingefügt und auf die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 verwiesen wurde. Außerdem wurde eine Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht, nach der folgende Veranstaltungen zulassen werden sollen:
15 
-Weinverköstigungen und Degustationen
16 
-Sonderveranstaltungen von örtlichen Weingärtnern, Gastronomen und ortsansässigen Firmen,
17 
-Kommunale Veranstaltungen, insbesondere Informationsveranstaltungen für Bürger, Bürgerempfänge, Gemeinderatssitzungen
18 
-Ausstellungen
19 
-Seminare und Schulungen
20 
-Vortragsangebote
21 
-Altennachmittage
22 
-Lesungen
23 
-Vereinsveranstaltungen und -versammlungen
24 
-Jubiläen und Weihnachtsfeiern
25 
-Geburtstage und Familienfeiern
26 
-standesamtliche Trauungen - nicht Hochzeiten
27 
-kulturelle Veranstaltungen
28 
Die Glockenkelter werde für Veranstaltungen der Gemeinde, der örtlichen Schulen, der örtlichen Musikschule, der örtlichen Kunstschule und der Volkshochschule xxx sowie der ortsansässigen Vereine zur Verfügung gestellt. Daneben seien weitere Nutzungen im gewerblichen Bereich, insbesondere durch ortsansässige Weinbetriebe und Gastronomie sowie durch ortsansässige Firmen möglich. Private Nutzungen durch Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde würden nur eingeschränkt (maximal 15 im Jahr) zugelassen, Nutzungen durch nicht Ortsansässige nur in Ausnahmefällen (maximal 5 im Jahr).
29 
Die Kläger legten gegen die Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 am 14.2.2011 Widerspruch ein, ebenso gegen Nachtragsgenehmigungen des Landratsamts vom 28.6.2011 für eine veränderte Ausführung des Windfangs und vom 21.7.2011 für eine abweichende Ausführung der Rauchableitungsöffnungen an der hangseitigen Dachfläche der Glockenkelter. Über die Widersprüche wurde bisher nicht entschieden.
30 
Am 8.7.2013 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und geltend gemacht, die Umgebung der Glockenkelter sei als reines Wohngebiet einzustufen. Die Baugenehmigung sei den Nachbarn gegenüber rücksichtslos. Das Sachverständigengutachten xxx vom April 2009 berücksichtige nur den reinen Veranstaltungslärm aus der Kelter, aber weder Fahrzeuge noch Besucherbewegungen außerhalb des Gebäudes. Die Festsetzung von Obergrenzen für die Schallbelastung sei ungeeignet, weil während der laufenden Veranstaltung keine Begrenzung mehr möglich sei. Ebenso seien die Auflagen zur maximalen Personenzahl und zum Geschlossen halten der Türen und Fenster nicht kontrollierbar. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese befolgt würden, weil die Kelter keine Klimaanlage habe. Außerdem sei es rücksichtslos, die maximale Obergrenze von zehn seltenen Ereignissen nach der Freizeitlärm-Richtlinie voll auszuschöpfen. Mit der Zulassung einer Außenbewirtschaftung mit bis zu 200 Sitzplätzen sonntags außerhalb der Ruhezeit bewege sich die Genehmigung außerhalb der Vorgaben der schalltechnischen Untersuchung; dies müsse auf höchstens fünf Stunden, werktags innerhalb der Ruhezeiten sowie sonn- und feiertags auf eine Stunde begrenzt bleiben.
31 
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, dass dem Schutzbedürfnis der Kläger mit den geänderten Nebenbestimmungen im ergänzenden Bescheid vom 9.2.2011 ausreichend Rechnung getragen sei. Die Beigeladene hat geltend gemacht, bei der Umgebung der Glockenkelter sei weder von einem reinen noch von einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen, außerdem sei die bisherige Nutzung der Kelter als Bau- und Wertstoffhof als Vorbelastung zu berücksichtigen. Es sei davon auszugehen, dass die Nebenbestimmungen eingehalten würden, weil ein danach nicht erlaubtes Verhalten durch die Baugenehmigung nicht legalisiert werde.
32 
In der mündlichen Verhandlung am 29.6.2012 sind die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz vom Vertreter des Beklagten mit Zustimmung der Beigeladenen in mehreren Punkten geändert worden, so dass sie wie folgt gelautet haben:
33 
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte nach LAI-Freizeitlärmrichtlinie (NVwZ 1997, 469ff) außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
34 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
35 
Auf die schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 wird verwiesen.
36 
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt (…). Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
37 
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf bis längstens 22:00 Uhr betrieben werden. In der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. Musikveranstaltungen und Veranstaltungen mit Musik sind nicht zulässig. Ausnahmen ergeben sich aus Ziffer 03. An Sonn- und Feiertagen ist eine Außenbewirtschaftung in der Zeit außerhalb der Ruhezeiten (9 - 13 Uhr, 15 - 20 Uhr) längstens für 7 Stunden zulässig.
38 
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik ohne die in Nr. 01 und 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) dürfen davon an bis zu 5 Tagen im Jahr - unter Anrechnung auf die insgesamt 10 seltenen Ereignisse ohne die in Nr. 2 genannten Einschränkungen bis zu maximal 200 Personen tags zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden. Hierbei dürfen an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
39 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
40 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig.
41 
06  Bei lauten Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik (Blasmusik, Musikvereinskonzert, elektrisch verstärkte Musikinstrumente und ähnliche Veranstaltungen, Innenraumpegel L = 63 dB(A) bis L= 88 dB(A)) sind während der Veranstaltungen Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türe nördlich zum Hofbereich geöffnet werden. Bei allen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster nach 20:00 Uhr generell geschlossen zu halten.
42 
06 a)  Die Gemeinde Kernen hat in den jeweiligen Nutzungsverträgen mit den Veranstaltern durch Vereinbarung sicherzustellen, dass die Nebenbestimmungen / Besonderen Auflagen eingehalten werden.
43 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.6.2012 die Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsbescheids vom 9.2.2011 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung sei in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9.2.2011 und den Änderungen in der mündlichen Verhandlung bis auf die Nebenbestimmung Ziff. 03 für seltene Ereignisse rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lärmeinwirkungen durch die Kelter auf die Grundstücke der Kläger seien insgesamt nicht unzumutbar und begründeten keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die aufgehobene Nebenbestimmung zu den „seltenen Ereignissen“ sei aber zu unbestimmt und zu weit formuliert. Ihrem Sinn und Zweck nach sei sie immer dann anzuwenden, wenn Veranstaltungen die Voraussetzungen nach Ziff. 01 und 02 nicht einhielten. Damit seien diese Ereignisse aber weder vom Zeitpunkt her bekannt noch vorhersehbar. Ob eine Veranstaltung als seltenes Ereignis auf das Kontingent der zehn zulässigen seltenen Ereignisse anzurechnen sei, lasse sich dann aber erst durch eine Messung des Schalldruckpegels während der jeweiligen Veranstaltung feststellen. Das führe zu Unsicherheit bei den Anwohnern, ob jetzt ein seltenes Ereignis vorliege und ob dafür die vorgegebenen höheren Lärmwerte jeweils noch eingehalten oder bereits überschritten würden. Das sei nicht zumutbar. Wenn die zehn zugelassenen seltenen Ereignisse nicht hinreichend charakterisiert seien und es keine nachprüfbaren Kriterien für die Einordnung als seltenes Ereignis im Voraus gebe, sei ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht mehr gewährleistet.
44 
Die Beigeladene hat am 28.8.2012, das beklagte Land am 30.8.2012 die Zulassung der Berufung gegen das jeweils am 8.8.2012 zugestellte Urteil beantragt, soweit darin die Nebenbestimmung Ziff. 03 zur Zulässigkeit seltener Ereignisse aufgehoben worden ist. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 16.1.2014 verfolgen sie ihr Anliegen weiter.
45 
In der Berufungsverhandlung am 29.6.2016 und nochmals am 28.7.2016 hat das beklagte Land die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung vom 20.7.2010 erneut geändert, so dass sie nunmehr wie folgt lautet:
46 
03  (a) Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Kalenderjahr seltene Veranstaltungen (insbesondere Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit musikalischer Umrahmung) ohne die unter Ziff. 01 oder 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Seltene Veranstaltungen sind solche mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem und regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum).
47 
(b) Die Nachbarschaft im Einwirkungsbereich ist rechtzeitig, d.h. in der Regel mindestens 14 Tage vorher über Art, Dauer und Ende der Veranstaltung zu unterrichten - und zwar durch Bekanntgabe im Gemeinde-Mitteilungsblatt. Dabei ist vom Veranstalter ein Ansprechpartner samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und der für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss.
48 
(c) Seltene Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Hintergrundmusik mit Emissionspegel der Musik bis LWA=75 dB(A)) dürfen an maximal 5 Tagen im Jahr unter Anrechnung auf insgesamt maximal 10 Veranstaltungen (auch in der Glockenkelter) ohne die Ziff. 01 und Ziff. 02 genannten Einschränkungen mit maximal 200 Personen tagsüber zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden.
49 
Bei sämtlichen seltenen Veranstaltungen dürfen an den Immissionsorten IO1 bis IO5 vor den Fenstern im Freien folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
50 
- tags: 70 dB(A)
- nachts: 55 dB(A)
51 
Geräuschspitzen dürfen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts nicht überschreiten (vgl. Freizeitlärmrichtlinie vom 6.3.2015).
52 
(d) Diese Veranstaltungen dürfen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden.
53 
(e) In der Glockenkelter wird bei den seltenen Veranstaltungen zwischen lauten Musikveranstaltungen/lauten Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI von 83 bis 88 dB(A) einerseits und sehr lauten Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI = 89dB(A) bis 105 dB(A) andererseits unterschieden.
54 
Sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik müssen als solche bis 22:00 Uhr beendet sein. Eine Fortsetzung dieser Veranstaltungen nach 22:00 Uhr ohne sehr laute Musik ist möglich. Während diesen seltenen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türen nördlich zum Hofbereich geöffnet werden (vgl. Ziff. 06 des Ergänzungsbescheides vom 09.02.2011).
55 
(f) Die Gemeinde ist verpflichtet, bei elektronisch verstärkter Musik durch den Einsatz eines Pegelbegrenzers die Einhaltung der unter (e) genannten Innenraumpegel sicherzustellen.
56 
Die Kläger haben daraufhin ihre Klageanträge, soweit über diese noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, dahingehend geändert, dass sie die Aufhebung der der Baugenehmigung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 20.7.2010 beigefügten Nebenbestimmung Ziff. 03 nunmehr in der Fassung der Bescheide des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 29.6.2016 und 28.7.2016 begehren.
57 
Der Beklagte und die Beigeladene berufen sich darauf, dass die Freizeitlärmrichtlinie zwischenzeitlich zum 6.3.2015 geändert worden sei und die neue Fassung durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlen werde. Die Freizeitlärmrichtlinie sei auch in der aktuellen Fassung nach wie vor als Orientierungshilfe dafür heranzuziehen, was den Anwohnern zumutbar sei. Mit den am 29.6. und 28.7.2016 vorgenommenen Änderungen der Nebenbestimmungen sei den neuen Anforderungen der Richtlinie Rechnung getragen. Sie sei auch bei Veranstaltungen in Gebäuden heranzuziehen. Soweit die Kläger forderten, dass nur seltene Veranstaltungen über 22:00 Uhr hinaus dauern dürften, betreffe dies letztlich den Regelbetrieb; insoweit sei bereits rechtskräftig über die Zumutbarkeit entschieden.
58 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
59 
das Urteil des Veraltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - abzuändern und die Klagen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge insgesamt abzuweisen.
60 
Die Kläger beantragen,
61 
die Berufungen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge zurückzuweisen.
62 
Sie sind der Ansicht, die Freizeitlärmrichtlinie sei auf Veranstaltungsgebäude wie die Glockenkelter nicht anwendbar. Das ergebe sich sowohl aus der Beschreibung des Anwendungsbereichs in Ziff. 1 der Richtlinie als auch aus dem Wortlaut der Ziff. 4.4 für seltene Veranstaltungen. In beiden Formulierungen werde auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten und ähnliche Freizeitveranstaltungen abgehoben. Dennoch enthalte die Freizeitlärmrichtlinie hinsichtlich der Zumutbarkeit seltener Ereignisse Aspekte, die auch hier zu berücksichtigten seien, wie etwa die vorherige Ankündigung und die Benennung eines Ansprechpartners für Beschwerden. Die Erfahrung im vorliegenden Fall habe aber gezeigt, dass ein Ansprechpartner des Veranstalters nicht ausreiche, sondern dass es sich dabei um einen mit ortspolizeilichen Kompetenzen ausgestatteten und damit handlungsfähigen Mitarbeiter der Gemeinde handeln müsse. Außerdem sei zu fordern, dass grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22:00 Uhr hinausgehen dürfe, als seltenes Ereignis gelten müsse. In diesem Fall müssten dann bis 24:00 Uhr alle Stellplätze geräumt und alle Aufräum- und Abbauarbeiten abgeschlossen sein. Pro Jahr dürften nur zehn solcher seltener Ereignisse zulässig sein. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) über 50 bis maximal 200 Personen dürften nur an fünf Tagen im Jahr unter Anrechnung auf die zehn seltenen Ereignisse durchgeführt werden. Dabei müsse die Veranstaltung dann um 20:00 Uhr beendet und bis 22:00 Uhr die Parkplätze geräumt sowie Aufräum- und Abbauarbeiten beendet sein. Außerdem müsse der ruhende Verkehr rund um die Glockenkelter regelmäßig überwacht werden, bei den seltenen Ereignissen in jedem Einzelfall. Schließlich müsse die Gemeinde dreimal jährlich bei einem seltenen Ereignis Überwachungsmessungen durchführen, deren Ergebnisse dem Landrat übermitteln und unmittelbar nach Vorliegen veröffentlichen.
63 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Baugenehmigungsverfahrens, des Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (Az. 8 S 920/11) vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ebenso Bezug genommen wird wie auf die vorliegende Prozessakte.

Entscheidungsgründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, in deren Rahmen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung der in der Begründung dieses Rechtsmittels vorgebrachten Gesichtspunkte beschränkt ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht entsprochen.

Zutreffend weist die Beschwerdebegründung allerdings darauf hin, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage des Antragstellers nicht damit begründet werden kann, er werde durch die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beeinträchtigt. Denn da der Antragsteller nicht mehr in der G.-straße wohnt, scheidet bereits die Möglichkeit einer geräuschbedingten Beeinträchtigung seiner Gesundheit als Folge der durch diesen Verwaltungsakt zugelassenen Handlungen aus.

Dessen ungeachtet besitzt der Antragsteller die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Auf der Grundlage der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nur möglichen, aber auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist darüber hinaus davon auszugehen, dass er durch die Gestattung vom 1. September 2014 in einem subjektiven Recht verletzt wird, wie das nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Voraussetzung für den Erfolg einer diesen Verwaltungsakt betreffenden Anfechtungsklage ist. Denn der Antragsteller ist (Mit-)Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44. Allen derzeit erkennbaren Umständen nach wird sein Grundrecht auf Eigentum durch die Geräuschbelastung, die als Folge des verfahrensgegenständlichen Bescheids zu erwarten steht, entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht lediglich nach Maßgabe der Gesetze eingeschränkt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter.

Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarass, a. a. O. Rn. 55 ff. m. w. N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich den Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzung zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinn von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan 001 dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise und u. a. nur dann zulässig, wenn „die Wohnnutzung … in der Nachbarschaft nicht gestört wird“.

Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann - auch im Licht des Beschwerdevorbringens - nicht ernsthaft bezweifelt werden.

Allerdings wendet sich die Antragsgegnerin zu Recht gegen eine „schematische“ Anwendung der TA Lärm. Eine unmodifizierte Anwendung der TA Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offenbleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U. v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32). Hinzukommt, dass die Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen ggf. anheben zu können (vgl. BR-Drucks. 254/98, S. 47). Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a. a. O. Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.

Auch andere Regelwerke stehen zur Beurteilung der Geräusche, denen sich die Anwesen des Antragstellers als Folge der verfahrensgegenständlichen Gestattung ausgesetzt sehen werden, nicht zur Verfügung. Nicht einschlägig ist insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass vorliegend eine analoge Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Betracht kommt; nicht dargelegt wurde namentlich das Bestehen einer (absichtlichen oder planwidrigen) Regelungslücke. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (ähnlich Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, § 1 18. BImSchV Rn. 29).

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz im Mai 1995 als Muster-Verwaltungsvorschrift verabschiedete sog. „Freizeitlärm-Richtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst.

Im Rahmen der nach alledem gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise fällt ausschlaggebend ins Gewicht, dass die Lärmbelastung, die aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung resultieren wird, angesichts eines von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels während der Nachtzeit von bis zu 74 dB(A) derart hoch ist, dass sie das Maß dessen, was Betroffenen in dem konkreten Gebiet zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Hierbei kann nicht außer Betracht bleiben, dass alle vorgenannten Regelwerke davon ausgehen, selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht in jener besonderen Weise als schutzbedürftig ausgestaltet wurde, wie das durch den Bebauungsplan 001 geschehen ist, werde das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von der Art, wie sie für den 19. September 2014 ab 22.00 Uhr prognostiziert wurden, auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Angesichts der Geräuschbelastung, der sich die Anlieger der G.-straße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend ausgesetzt sehen, vermag hieran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Gestattung vom 1. September 2014 lärmträchtige Betätigungen nur während einer einzigen Nacht zulässt.

Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Vorschrift des § 6 der 18. BImSchV bezieht, ist diese Norm ebenso wenig unmittelbar oder entsprechend anwendbar, wie das aus den dargestellten Gründen für die Sportanlagenlärmschutzverordnung in ihrer Gesamtheit gilt. Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt. Nach der Aufstellung, die der Antragsteller der Beschwerdeerwiderung vom 16. September 2014 beigefügt hat und der die Antragsgegnerin in ihrer Replik vom 17. September 2014 nicht entgegengetreten ist, finden in der G.-straße (bzw. in ihrem näheren Umfeld) Veranstaltungen, die mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner einhergehen, vielmehr in großer Zahl und in engen zeitlichen Abständen statt (vgl. zu dem Erfordernis, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit besonders geräuschintensiver Veranstaltungen auch die Gesamtbelastung, die sich für ein Grundstück durch andere Störereignisse ergibt, sowie die zwischen ihnen liegenden Abstände zu berücksichtigen, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32).

Einer Abänderung bedarf der angefochtene Beschluss entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht unter dem Blickwinkel der erforderlichen Bestimmtheit. Die vom Verwaltungsgericht wiederhergestellte aufschiebende Wirkung hat eindeutig zur Folge, dass die Beigeladenen aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung keine Befugnisse herleiten können. Die Rechtslage stellt sich vielmehr so dar, wie sie bestünde, wäre dieser Verwaltungsakt nicht erlassen worden. Der Umfang der gaststättenrechtlichen Befugnisse der Beigeladenen bestimmt sich deshalb nach Maßgabe der ihnen erteilten Erlaubnisse einschließlich der hierfür geltenden Nebenbestimmungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt haben und sie von ihrer Interessenlage zudem als im Lager der unterlegenen Antragsgegnerin stehend anzusehen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. August 2015 rechtswidrig war, soweit darin dem Beigeladenen die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung über 24 Uhr hinaus erlaubt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe von festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes sowie einer immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.

2

Die Klägerin wohnt auf dem mit einem Wohngebäude bebauten Grundstück Flurstück-Nr. …, „A-Straße ...“ in Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Haardt. Der Beigeladene ist Eigentümer der beiden nördlich der A-Straße gelegenen Grundstücke Flurstück-Nrn. … und …, die im Westen an die B-Straße angrenzen. Das Grundstück Flurstück-Nr. … ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem der Beigeladene auch sein ... Geschäft betreibt. Das südlich sich anschließende Grundstück Flurstück-Nr. … besteht aus einer Grünfläche mit mehreren Bäumen und Rasen. Östlich der beiden Grundstücke des Beigeladenen steht die protestantische Kirche. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Luftaufnahme des betroffenen Straßenabschnitts dienen (rot = Grundstück der Klägerin, gelb = Grundstücke des Beigeladenen):

3

Es folgt die Luftbildaufnahme

4

Im Ortsteil Haardt findet jährlich Anfang Mai das „Haardter Weinfest auf der Straße“ mit dem „Schubkarrenrennen“ statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Beklagte die Haardter „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“, bei dem Stücke eines überdimensionierten Zwetschgenkuchens verkauft werden und das „Quetschekern-Zielspucken“ angeboten wird. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 m langen Kerwemeile entlang des Mandelrings an verschiedenen Plätzen Musik und Pfälzische Spezialitäten angeboten.

5

Der Beigeladene beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Ausschankstelle auf seinen Grundstücken Flurstück-Nrn. … und …. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … stehen während des Festes mehrere Bierzeltgarnituren, vereinzelte Stehtische und die Ausschankstelle. Die zwei an der Hauswand des Gebäudes auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … angebrachten Lautsprecher sind vom Wohnhaus der Klägerin etwa knapp 35 m entfernt.

6

Für das „Haardter Weinfest auf der Straße“ im Mai 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes nach dem Gaststättengesetz am 8. Mai 2015 auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik an insgesamt sechs Tagen im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 bis maximal 24 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten, Musikinstrumenten und ähnlichen Geräten. Die Genehmigung wurde mit mehreren Nebenbestimmungen versehen.

7

Da sich die Klägerin in der Vergangenheit bei der Beklagten mehrfach über von der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Beklagte mit ihr die Durchführung von Lärmmessungen. Diese ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A).

8

Mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe für den Zeitraum vom 4. September 2015 bis zum 8. September 2015 im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der (protestantischen) Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis enthielt u.a. die folgende Auflage:

9

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

10

Die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilten Gestattung wurde mit Verfügung vom 31. August 2015 angeordnet.

11

Mit weiterem Bescheid vom 20. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Benutzung von Lautsprechern und Tonwiedergabegeräten zum Abspielen von Musik (CD) an seiner Ausschankstelle anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe. Das Abspielen von CD-Musik wurde unter I. des Bescheides für folgende Tage bis maximal 24 Uhr gestattet: Freitag, 4. September 2015, Samstag, 5. September 2015, Sonntag, 6. September und Montag, 7. September 2015. Die Genehmigung enthielt unter II. u.a. folgende Auflagen:

12

1. Zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sind die Geräuschemissionen der Verstärkeranlagen so zu begrenzen, dass der Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) nächstgelegener Wohngebäude bzw. in angrenzenden Wohngebieten folgende Werte nicht überschreitet: In den unter Ziffer I. dieser Verfügung genehmigten Zeiten 70 dB(A), Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags einhalten. Zum Immissionsort wurde folgendes geregelt: Maßgeblicher Immissionsort für die Einhaltung des Grenzwertes ist entsprechend der schutzwürdigen Nutzung in der Nachbarschaft vor dem Fenster des Anwesens 67433 Neustadt, A-Straße …, sofern sich die Anwohnerin mit einer Lärmmessung vor Ort einverstanden erklärt, ansonsten vor dem Anwesen 67433 Neustadt, A-Straße …

13

2. Die Beschallungstechnik ist so auszurichten, dass das Anwesen Am Bürgergarten 2 so wenig wie möglich beschallt wird. Insbesondere ist auf eine Reduzierung der abgestrahlten tiefen Frequenzanteile hinzuwirken (z.B. durch Minimierung einzelner nicht relevanter Terzen).

14

3. Vor Beginn der Veranstaltungen ist die Beschallungsanlage so einzupegeln, dass der o. g. Immissionsrichtwert (Ziffer II Nr. 1) eingehalten wird. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken. Die ermittelten Schalldruckpegel und Beurteilungspegel sind zu dokumentieren.

15

4. Um sicherzustellen, dass der Immissionsrichtwert eingehalten wird, hat die für die Veranstaltung verantwortliche Person während den Veranstaltungen stündliche Messungen am Emissionsort vorzunehmen. Als Emissionsort wird der Standort in 1 Meter Abstand zur hauptangesteuerten Lautsprecherbox festgelegt. Welcher Grenzwert am Emissionsort einzuhalten ist, wird dem Veranstalter in Abstimmung mit der Einmessung durch den Kommunalen Vollzugsdienst vorgegeben. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken.“

16

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert. Im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung sei für die Musikdarbietungen bis 23 Uhr bzw. 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) bezogen auf den Beurteilungszeitraum für den Tag zugelassen worden.

17

Am 27. August 2015 legte die Klägerin gegen die dem Beigeladenen erteilten Genehmigungen vom 4. und 20. August 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, der Ausschank an dieser Örtlichkeit in unmittelbarer Nähe zum allgemeinen Wohngebiet führe mit und ohne Musik stets zu unangemessenen Lärmbelästigungen. Ihr Anwesen sei am stärksten von den Lärmbelästigungen betroffen. Der Beigeladene halte sich auch nicht an die vorgegebenen Zeiten. Auch beim Weinfest 2015 habe der Beigeladene die zugelassenen Zeiten überzogen. Der Ansicht der Beklagten, Weinfeste und Kerwen gehörten zu den sehr seltenen Festen, sei zu widersprechen. Laut Freizeitlärmrichtlinie seien Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Es gebe zahlreiche Ausschankstellen beim Haardter Weinfest und der Woi- und Quetschekuchekerwe. Eine Unvermeidbarkeit sei nicht gegeben. Da die Beklagte den Ausschank des Beigeladenen erneut genehmigt habe, möge sie begründen, warum hierauf im Bereich der Kirche nicht verzichtet werden könne.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2015, der Klägerin zugestellt am 7. November 2015, wies der Stadtrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin als offensichtlich unzulässig zurück, da die Verwaltungsakte sich erledigt hätten.

19

Die Klägerin hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die Ausnahmegenehmigung auch mit den Nebenbestimmungen zum Schutz der Nachbarschaft rechtswidrig sei. Es sei nicht dafür Sorge getragen worden, dass die Musikwiedergabe zu den angegebenen Zeiten tatsächlich enden würde.

20

Zwar erkenne die Rechtsprechung in einzelnen Fällen bestimmter Ereignisse als „sehr seltene“ Ereignisse wegen Herkömmlichkeit, Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft und sozialer Adäquanz trotz der damit verbundenen Belästigungen für die Nachbarschaft als zumutbar an. Die Zahl dieser sehr seltenen Ereignisse dürfe aber fünf pro Jahr nicht übersteigen. Auch seien die maximal zugelassenen Ereignisse innerhalb eines Ortes aufzuteilen und auf die zehn seltenen Ereignisse pro Jahr seien diese fünf sehr seltenen Ereignisse anzurechnen. Durch das Weinfest vom 8. bis 14. Mai 2015 und durch die Quetschekuchekerwe vom 4. bis 7. September 2015 seien schon zehn Tage erreicht worden. Zu diesen zehn Tagen seien noch Tage für Aufbau und Abbau von jeweils einem Tag hinzuzurechnen, da auch diese Tage mit Musikdarbietungen untermauert worden seien. Ebenfalls hinzugerechnet werden müssten das Sommernachtsfest und andere Veranstaltungen. Alle diese Feste seien konzentriert auf den Bereich von Gemeindezentrum und protestantischer Kirche. Die maximal zulässigen zehn Ereignisse seien weit überschritten, was bei der Entscheidung im Hinblick auf die Ausnahmegenehmigung und die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nicht bedacht worden sei.

21

Entgegen dem Verlangen der Rechtsprechung sei auch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob möglicherweise Ausweichstandorte für die Veranstaltungen zur Verfügung stünden. Dass entsprechende Prüfungen stattgefunden haben, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es müsse dargelegt werden, welche anderen Standorte man in die Prüfung einbezogen habe. Auch sei nicht in Betracht gezogen worden, dass es bei dem ausgewählten Standort zu erheblichen Reflektionen an der Schlossbergmauer und der Kirche kommen könne. Eine solche Reflektion führe zur Verstärkung der Richtwerte und mache die Veranstaltung unzulässig. Es sei davon auszugehen, dass die im Bescheid festgelegten 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, weshalb die Ausnahmegenehmigung bereits nichtig, zumindest aber rechtswidrig sei.

22

Die Klägerin beantragt,

23

festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 rechtswidrig waren.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Sie verweist zur Begründung auf die ergangenen Ausgangsbescheide.

27

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

28

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage ist zulässig (1.), in der Sache aber nur teilweise begründet (2.).

30

1. Die Klage ist zulässig.

31

1.1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 haben sich durch Zeitablauf vor Klageerhebung erledigt. Die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe 2015 fand bereits in der Zeit vom 4. bis 8. September 2015 statt. Nur hierauf bezogen sich die vorübergehende Gestattung und die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung.

32

1.2. Die Klägerin ist auch im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog klagebefugt, da sie durch die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 Gaststättengesetz – GastG – und durch die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 6 Abs. 5 Landesimmissionsschutzgesetz – LImSchG – zumindest möglicherweise in drittschützenden Rechten verletzt ist. Im Hinblick auf die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung folgt dies daraus, dass eine solche von Nachbarn erfolgreich angefochten werden kann, wenn die enthaltenen Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – ausgehen (vgl. VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 lässt Ausnahmen von dem Verbot im Hinblick auf den Schutz der Nachtruhe nach § 4 Abs. 1 LImSchG und der Regelung nach § 6 Abs. 1 LImSchG in Bezug auf die Verwendung von Tongeräten zu. Insoweit schützen die §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 LImSchG nicht nur die Allgemeinheit, sondern dienen auch dem Nachbarschutz, auf den sich die Klägerin hier berufen kann (vgl. VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –).

33

Auf die in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 aufgeworfene Frage, ob die Klägerin – wie ursprünglich angegeben – Miteigentümerin des Grundstücks Flurstück-Nr. … oder nur Besitzerin ist, kommt es hier nicht an, denn auch nur obligatorisch Berechtigte sind befugt, sich auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG zu berufen. Diese Vorschrift verweist auf den immissionsschutzrechtlichen Begriff der Nachbarschaft, der auch Anwohner umfasst, die keine Eigentümer der von ihnen bewohnten oder genutzten Grundstücke sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 – 7 C 50/78 –, GewArch 1983, 101; Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437).

34

1.3. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung unter dem Aspekt der konkreten Wiederholungsgefahr. Eine solche ist anzunehmen, wenn die berechtigte Erwartung besteht, dass gleichartige, die Klägerin im Wesentlichen in ähnlicher Weise belastende Verwaltungsakte unter weitgehend gleichen Umständen künftig wieder erlassen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12/04 –, juris). Davon ist hier angesichts der Praxis der Vorjahre und weil der Beigeladene seine Ausschankstelle mit CD-Musik auf der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe auch künftig betreiben will, ohne Weiteres auszugehen.

35

2. In der Sache hat die Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nur teilweise Erfolg.

36

Zunächst kann offen bleiben, ob die Beklagte vorliegend berechtigt war, für die Ausschankstelle des Beigeladenen und das Abspielen von CD-Musik sowohl eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung als auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erteilen (2.1.). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren materiellen Rechten (2.2.). Dagegen verstößt die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung vom 4. August 2015 zum Teil gegen das in § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – verankerte Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarlichen Ausprägung (2.3.).

37

2.1. In der hier gegeben Situation der Drittanfechtung von den Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakten kommt es ausschließlich darauf an, ob die beiden Bescheide vom 4. und 20. August 2015 subjektiv-öffentliche Rechte der drittbetroffenen Klägerin verletzt haben (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, LKRZ 2013, 442). Infolgedessen geht die Kammer nicht näher darauf ein, ob die Beklagte formal überhaupt befugt war, neben der am 4. August 2015 erteilten vorübergehenden gaststättenrechtliche Gestattung eine eigenständige immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erlassen oder ob die Beklagte die Frage nach der Zulässigkeit des Abspielens von CD-Musik umfassend und abschließend in der gaststättenrechtliche Gestattung hätte regeln müssen, weil das Gaststättengesetz als Bundesgesetz für eine Ausgliederung der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen keinen Raum lässt (so VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Abgesehen davon, dass die Beklagte hier gemäß § 1 Satz 1 Gaststättenverordnung – GastVO – sowohl zuständige Behörde für die Erteilung der gaststättenrechtlichen Gestattung als auch gemäß § 15 Abs. 1 LImSchG zuständige Behörde für den Erlass der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung war, kommt es nach Auffassung der Kammer für den Erfolg der Klage der Klägerin allein darauf an, ob diese durch die in den beiden Bescheiden getroffenen Regelungen in ihrem Zusammenspiel materiell-rechtlich beschwert ist, also entweder durch den von der Musikanlage des Beigeladenen oder von den Gästen der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehenden Lärm unzumutbar beeinträchtigt wurde (vgl. auch zur Unbeachtlichkeit der fehlenden Zuständigkeit der Behörde bei Drittanfechtungen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2012 – 8 B 10627/12.OVG –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. April 2006 – 3 S 547/06 –, NVwZ-RR 2007, 82; VG Neustadt, Urteil vom 18. April 2016 – 3 K 818/14.NW –). Dies war nur teilweise der Fall.

38

2.2. Die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 war rechtmäßig.

39

2.2.1. Die von dem Beigeladenen anlässlich der Durchführung der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe betriebene Ausschankstelle inklusive Tongeräten ist eine Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die keiner Genehmigung bedarf und daher in den Anwendungsbereich der §§ 22, 23 BImSchG fällt. Nach § 22 Abs. 2 BImSchG bleiben weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt. Zu diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zählen sowohl § 4 Abs. 1 LImSchG als auch § 6 Abs. 1 LImSchG. Nach § 4 Abs. 1 LImSchG sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, die zu einer Störung der Nachtruhe führen können. Nach § 6 Abs. 1 LImSchG dürfen Geräte, die der Erzeugung oder Wiedergabe von Schall oder Schallzeichen dienen (Tongeräte), insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche Geräte, nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann.

40

2.2.2. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 LImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot der Störung der Nachtruhe (§ 4 Abs. 1 LImSchG) bzw. von dem Verbot der erheblichen Belästigung Dritter durch Tonwiedergabegeräte (§ 6 Abs. 1 LImSchG) bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse zulassen. Die Ausnahme soll gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Ferner kann die zuständige Behörde nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 LImSchG für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde und bei Vorliegen eines öffentlichen oder eines berechtigten privaten Interesses um mehr als eine Stunde hinausschieben. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse u.a. für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach § 4 Abs. 1 LImSchG zulassen. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.

41

2.2.3. Die Erteilung einer Ausnahme nach den genannten Vorschriften erfordert eine Güterabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 – 21 A 1136/87 –, NVwZ 1988, 178). Hierbei steht der Behörde ein Ermessensspielraum zu (VG Mainz, Urteil vom 24. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Diesen Anforderungen genügt die verfahrensgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015.

42

2.2.3.1. Zunächst ist ein besonderes Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe mit einer eigenen Ausschankstelle unter Nutzung von Tongeräten im Rahmen seiner vorübergehenden Betriebsführung anzuerkennen. Es steht außer Frage, dass die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe als „Weinkerwe“ ebenso wie das Haardter Weinfest auf der Straße ein traditionelles örtliches Fest mit Brauchtumscharakter ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris zur Jakobuskerwe in Neustadt-Hambach). Bei den in der Pfalz stattfindenden und sich regelmäßig großem Zuspruch des Publikums erfreuenden „Weinkerwen“ stehen die Ausschankstellen von Weingütern, Winzergenossenschaften, Vereinen und Privatleuten im Mittelpunkt. Ohne diese Ausschankstellen, die häufig auch Live- oder CD-Musik im Programm haben, wäre die Durchführung einer „Weinkerwe“ nicht denkbar. Insofern erfüllen diese eine „soziale Funktion“ (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zu Biergärten in Bayern).

43

2.2.3.2. Trotz dieser sozialen Funktion ist der Betrieb einer Ausschankstelle auf einer Weinkerwe in der Pfalz nicht von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77/87 –, NJW 1989, 1291 zur Problematik des Sportlärms und der sozialen Funktion des Sports; Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zur sozialen Funktion von Biergärten). Ob das besondere Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Weinkerwe das in die Abwägung einzustellende Interesse der Klägerin an einer ungestörten Nachtruhe und daran, durch Tongeräte auch während des Tages nicht erheblich belästigt zu werden, überwiegt, beurteilt sich daher maßgeblich danach, ob die Immissionen der Klägerin zumutbar sind.

44

Die durch das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen entstehenden Lärmimmissionen sind für die Klägerin dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen. Für dieses Verständnis spricht der Zweck der im Landesimmissionsschutzgesetz getroffenen Regelung. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, d. h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), ist im Kontext der §§ 4 und 6 LImSchG ebenso wie im Rahmen des § 22 Abs. 1 BImSchG anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, NJW 2003, 3360). Die Zumutbarkeit bestimmt sich grundsätzlich nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 – , juris). Sowohl nach der verwaltungsgerichtlichen als auch nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 8 B 13/09 –, juris und BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14 –, NJW 2015, 2023).

45

Vorliegend bezieht sich die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auf die Benutzung von Tongeräten i. S. d. § 6 LImSchG (Lautsprecher und Tonwiedergabegeräte). In Übereinstimmung mit § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG erteilte die Beklagte die Ausnahmegenehmigung unter Auflagen und zwar mit dem Inhalt, dass das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen an vier Tagen (von Freitag, dem 4. September 2015 bis Montag, dem 7. September 2015) bis maximal 24 Uhr am maßgeblichen Immissionsort (Bürgergarten 2, Anwesen der Klägerin) ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) nicht überschritten werden darf. Ferner enthielt die Ausnahmegenehmigung weitere Auflagen zur Sicherstellung der Einhaltung der erlaubten Beurteilungspegel wie die Ausrichtung der Beschallungstechnik und die Einpegelung der Beschallungsanlage.

46

2.2.3.3. Diese Auflagen waren geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

47

2.2.3.3.1. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der Musikveranstaltungen im Rahmen des vorübergehenden Gaststättenbetriebs des Beigeladenen hat die Beklagte sich in nicht zu beanstandender Weise an der von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) herausgegebenen Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden 3. Freizeitlärm-Richtlinie) orientiert, die nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 22. Juli 2015 von den rheinland-pfälzischen Immissionsschutzbehörden bei der Ermittlung und Beurteilung von Freizeitlärm herangezogen werden soll. Die von Sachverständigen ausgearbeitete 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat zwar keinen Normcharakter, kann aber auch von Behörden und Gerichten als Entscheidungshilfe mit Indiz-Charakter zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 – 7 C 16/00 –, NVwZ 2001, 1167 und BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699). Die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie bieten eine Orientierungshilfe insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Live- oder CD-Musik, Platzkonzerte oder Volksfeste dargeboten werden. Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG kommt im Einzelfall der Dauer und der Häufigkeit solcher Immissionen besondere Bedeutung zu.

48

2.2.3.3.2. Die Kammer hat sich mit den Bewertungsgrundsätzen der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, welche nach den früheren Fassungen von 1987 bzw. von 1997 (letztere im Folgenden 2. Freizeitlärm-Richtlinie) erneut in der Fassung vom 6. März 2015 überarbeitet worden sind, befasst und hält diese grundsätzlich für gut geeignet, über Konflikte zwischen einerseits dem Ruhebedürfnis der Wohnbevölkerung und den Bedürfnissen der Allgemeinheit an Freizeitveranstaltungen insbesondere im Freien während des Sommerhalbjahres zu entscheiden (so auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris zum Frankfurter Museumsuferfest und VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Februar 2016 – 4 K 1275/15.WI –, juris zum Kulturfestival „Folklore“ in Wiesbaden).

49

2.2.3.3.3. Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie sieht in Ziffer 4.1 für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemeine Wohngebiete – vom Vorliegen eines solchen Gebiets geht die Kammer zugunsten der Klägerin hier aus – einen Immissionsrichtwert tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit von 55 dB (A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) sowie nachts von 40 dB(A) vor. Die Genehmigung vom 20. August 2015 geht über diese Richtwerte deutlich hinaus. Allerdings trifft die Nr. 4.4 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Veranstaltungen eine Sonderfallbeurteilung. Ausgehend von dem Umstand, dass bei Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, können in Sonderfällen solche Veranstaltungen gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (Ziffer 4.4.1). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug gegeben. Hierunter können auch Feste mit kommunaler Bedeutung wie die örtliche Kirmes fallen. Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Gemäß Ziffer 4.4.2 soll in derartigen Sonderfällen die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen prüfen. In Bezug auf die Zumutbarkeit gibt die 3. Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 folgende Hinweise:

50

„Voraussetzung ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs.

51

a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.

52

b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden.

53

c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein.

54

d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten.

55

e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten.

56

Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich nachvollziehbar zu begründen. Da das Spektrum derjenigen Veranstaltungen, die die Immissionsrichtwerte der Ziffern 4.1 bis 4.3 nicht einhalten können, groß ist und vom Dorffest bis zu überregionalen Großereignissen reicht, gilt:

57

In je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen (24 Stunden-Zeitraum) seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Bei herausragenden Veranstaltungen sind in der Begründung gerade der sozialen Adäquanz und Akzeptanz besondere Bedeutung beizumessen.“

58

2.2.3.3.4. Die Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 unterscheidet sich von der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aus dem Jahre 1997 (s. NVwZ 1997, 469) in mehreren Punkten. Die 2. Freizeitlärm-Richtlinie sah in Ziffer 4.4. ebenfalls Besonderheiten bei seltenen Störereignissen vor. Unter Bezugnahme auf die Nr. 2.3.5 der Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschemmissionen wurden die seltenen Störereignisse auf zehn pro Jahr begrenzt (vgl. auch die Ziffern 6.3 und 7.2 der Technischen Anleitung Lärm 1998). Bei den seltenen Ereignissen sollten die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) die nachfolgenden Werte nicht überschreiten: tags außerhalb der Ruhezeit 70 dB(A), tags innerhalb der Ruhezeit 65 dB(A) und nachts 55 dB(A). Geräuschspitzen sollten die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

59

2.2.3.3.5. Nach der Rechtsprechung (s. insbesondere OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494 – und Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September – 20 V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) galt darüber hinaus Folgendes: Konnten bei einer Veranstaltung die für seltene Störereignisse in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissionsrichtwerte voraussichtlich nicht eingehalten werden, durfte sie immissionsschutz- und gaststättenrechtlich dennoch gestattet werden, wenn sie als „sehr seltenes Ereignis“ wegen ihrer Herkömmlichkeit, ihrer Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft oder ihrer sozialen Adäquanz trotz der mit ihr verbundenen Belästigungen den Nachbarn zumutbar war. Gelangte die zuständige Behörde aufgrund ihrer prognostischen Bewertung zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Feier um eine Brauchtumsveranstaltung oder eine solche von besonderer kommunaler Bedeutung handelt, hatte sie in eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten einzutreten. Das OVG Rheinland-Pfalz (s. Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494) hielt Musikdarbietungen in der Regel bis 24 Uhr für zulässig und zwar auch an Tagen, an denen der Folgetag nicht allgemein arbeitsfrei war. In Bezug auf die Anzahl der „sehr seltenen Ereignisse“ führte das OVG Rheinland-Pfalz wörtlich aus: „Ausgehend davon, dass als seltene Ereignisse solche definiert sind, die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden die niedrigeren Regelwerte überschreiten, kann nach Auffassung des Senats von sehr seltenen Ereignissen nur dann die Rede sein, wenn deren Anzahl deutlich niedriger als bei seltenen Ereignissen liegt. In aller Regel werden deshalb allenfalls fünf sehr seltene Ereignisse an einem Veranstaltungsort pro Jahr zugelassen werden dürfen. Des Weiteren hält der Senat mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) für solche sehr seltenen Ereignisse für erforderlich.“

60

2.2.3.3.6. Im Unterschied zur 2. Freizeitlärm-Richtlinie, die noch von zehn seltenen „Störereignissen“ pro Kalenderjahr ausging, hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie nunmehr bis zu 18 „seltene Veranstaltungen“ pro Kalenderjahr für zumutbar (vgl. auch § 5 Abs. 5 i.V.m. mit der Nr. 1.5 der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung) – 18. BImSchV –). Während die 2. Freizeitlärm-Richtlinie noch vorsah, dass bei seltenen Ereignissen der Beurteilungspegel vor den Fenstern tags außerhalb der Ruhezeit den Wert von 70 db(A) und innerhalb der Ruhezeit den Wert von 65 db(A) sowie nachts den Wert von 55 dB(A) nicht überschreiten sollte, ist nach der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, wie insbesondere das Zusammenspiel in Ziffer 4.4.2 a), b) und d) zeigt, die Einhaltung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr ohne nähere Begründung sowie eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr den Nachbarn zuzumuten, sofern die Zumutbarkeit explizit begründet wird. Daraus, dass es erst im Falle einer Überschreitung der in Ziffer 4.4.2 a) genannten Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts einer expliziten Begründung der Zumutbarkeit bedarf, ist zu folgern, dass diese Werte grundsätzlich als zumutbar zu erachten sind (s. auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris). Die angesprochene Begründungspflicht der Behörde hat umso intensiver auszufallen, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die reine Zahl der Veranstaltungen bzw. Veranstaltungstage in der Gesamtbetrachtung nur einen Aspekt neben insbesondere der Intensität der Veranstaltungen und dem Schutzniveau des Gebiets abbildet (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris).

61

Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat damit zwar nicht den in der Rechtsprechung entwickelten Begriff des „sehr seltenen Ereignisses“ eingeführt. Sie hat aber offensichtlich die in der Vergangenheit ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit von Immissionen bei Sonderfreizeitveranstaltungen gewürdigt und berücksichtigt, dass die in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten zumutbaren Immissionsrichtwerte in Bezug auf Sonderveranstaltungen im Freien mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz in der Lebenswirklichkeit nicht (immer) einzuhalten sind. Die zuvor in der Rechtsprechung erfolgte Unterscheidung zwischen „seltenen Ereignissen“ und „sehr seltenen Ereignissen“ hat damit nach Auffassung der Kammer an Bedeutung verloren. War nach der oben zitierten Rechtsprechung zu den „sehr seltenen Ereignissen“ an bis zu fünf Tagen pro Kalenderjahr über die Regelungen der 2. Freizeitlärm-Richtlinie hinaus eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) bis 24 Uhr zumutbar, so hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie diesen Beurteilungspegel sogar an 18 Tagen im Kalenderjahr bis 24 Uhr für grundsätzlich zumutbar. Im Falle einer expliziten und intensiven Begründung ist darüber hinaus sogar eine Immissionsrichtwertbegrenzung auf mehr als 70 dB(A) nicht ausgeschlossen. Angesichts der in Ziffer 4.4 getroffenen Hinweise in der 3. Freizeitlärm-Richtlinie bedarf es daher nach Ansicht der Kammer prinzipiell nicht mehr des Rückgriffs auf die Rechtsfigur des sog. „sehr seltenen Ereignisses“.

62

2.2.3.3.7. Hiernach waren die von der Beklagten dem Beigeladenen erteilten Auflagen geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

63

Die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 erlaubte dem Beigeladenen von Freitag, dem 4. September 2015 bis zum Montag, dem 7. September 2015 an insgesamt vier Tagen CD-Musikdarbietungen unter Begrenzung der Schallpegel auf 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr. Die in Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie genannte Zumutbarkeitsgrenze für die Klägerin von 70 dB(A) wurde damit nicht überschritten. Addiert man hinzu, dass die Beklagte dem Beigeladenen auch für das Haardter Weinfest auf der Straße im Mai 2015 eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von Musik an seiner Ausschankstelle für insgesamt sechs Termine im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 mit einem einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 70 dB(A) gewährt hatte, ergeben sich insgesamt zehn immissionsrelevante „seltene Veranstaltungen pro Kalenderjahr“ im Sinne der 3. Freizeitlärm-Richtlinie.

64

Selbst wenn man das von der Klägerin genannte von der Liedertafel Neustadt veranstaltete Sommernachtsfest am 4. Juli 2015 im Haardter Schlosspark, der etwa 150 m Luftlinie vom Anwesen der Klägerin entfernt ist, als weiteres „seltenes Ereignis“ hinzuzählen würde, ergeben sich insgesamt elf einzelne Ereignisse, die nach Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie und unter Berücksichtigung der sozialen Funktion der Weinkerwen in der Pfalz in der genehmigten Intensität und Zahl über zwei Halbjahre verteilt einem Nachbarn und damit auch der Klägerin zumutbar sind. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegt die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle jedenfalls für Wohngebiete bei 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – 7 A 28/12, 7 A 28/12 (7 A 22/12) –, NVwZ 2014, 730). Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass die durch den angefochtenen Bescheid vom 20. August 2015 im Zusammenspiel mit der Ausnahmegenehmigung für das Haardter Weinfest im Mai 2015 zugelassenen Immissionen von 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr von solcher Intensität hätten sein können, dass mit Gesundheitsschäden (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –) bei den in der Nachbarschaft wohnenden Personen zu rechnen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755). Derartiges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 war vielmehr zu entnehmen, dass sie die Weinkerwe als solche ablehnt. Das Interesse der Allgemeinheit am geselligen Zusammensein an der von Musik begleiteten Ausschankstelle des Beigeladenen auf der Weinkerwe überwiegt daher insoweit das Schutzbedürfnis der Klägerin.

65

Die Beklagte hat die Zumutbarkeit in der Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auch explizit und ausreichend begründet. Zutreffend hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie darauf abgestellt, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug als seltene Veranstaltung privilegiert. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des passiven Lärmschutzes und der technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm in Form von Auflagen sei im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung für die Musikdarbietungen bis maximal 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) zulässig. Damit dieser Wert eingehalten wird, hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Ziffern 4.4.2 c) und 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie sowie mit § 4 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LImSchG mehrere Auflagen in die Genehmigung aufgenommen. So war die Beklagte befugt, nach Ziffer 4.4.2 c) und Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für die Veranstaltungen am Freitag, dem 4. September 2015 und am Samstag, dem 5. September 2015 die Nachtzeit von 22 Uhr auf 24 Uhr zu verschieben. Ebenso wenig ist die Verschiebung der Nachtzeit am Sonntag, dem 6. September und am Montag, dem 7. September 2015 um jeweils eine Stunde auf 23 Uhr rechtlich zu beanstanden. Während die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach Absatz 1 zulassen kann, bestimmt § 4 Abs. 4 Satz 1 LImSchG, dass die zuständige Behörde für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde hinausschieben kann.

66

Dem besonderen öffentlichen Interesse an der Musikveranstaltung des Beigeladenen ist die Beklagte in der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung mit Nebenbestimmungen zum Schutz auch der Klägerin vor unzumutbarem Lärm begegnet. So hat die Beklagte dem Beigeladenen Maßnahmen der Eigenüberwachung in Form von Einpegelungen, Ausrichtung der Beschallungstechnik und stündlichen Messungen mit Dokumentation aufgegeben (s. Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus hat die Beklagte dem Beigeladenen die Benennung einer auf der Veranstaltung anwesenden verantwortlichen Person auferlegt, die in der Lage ist, die behördlichen Anordnungen gegenüber Mitwirkenden und Publikum durchzusetzen.

67

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Ausnahmegenehmigung enthaltenen Regelungen und Nebenbestimmungen zur Einhaltung eines Beurteilungspegels von 70 dB(A) von vornherein ungeeignet sind, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert hat, der Beigeladene habe sich nicht an die vorgegebenen Zeiten gehalten und möglicherweise die genehmigten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten, kann sie damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Eventuelle Verstöße gegen die in einer Genehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen lassen regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 12. April 2012 – 1 ZB 09.247 –, juris; VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Allenfalls dann, wenn auch Kontrollen der zuständigen Überwachungsbehörden sich als ungeeignet zur Einhaltung des zulässigen Beurteilungspegels darstellten, könnte von einer zur Rechtwidrigkeit der Genehmigung führenden Ungeeignetheit führen. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Die Messungen der Beklagten anlässlich des Haardter Weinfestes ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A). Die weitere Messung der Beklagten während der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 ergab einen Wert von 67 dB(A), wurde aber nach dem Vermerk vom 7. September 2015 abgebrochen, weil die Klägerin die Messung gestört habe.

68

Die genannten Messungen, gegen die die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben hat, erfassten nicht nur den von der Beschallungsanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärm, sondern auch den von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche sowie das dem Beigeladenen nicht zurechenbare sog. „Kerwegrundgeräusch“ (s. dazu VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris) und führten nicht zu einer Überschreitung des für die Musik genehmigten Beurteilungspegels von 70 dB(A).

69

Schließlich begegnet die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Lautsprecher unmittelbar am Gebäude des Beigeladenen in der B-Straße … und damit in einem Abstand von weniger als 35 m zu dem Anwesen der Klägerin angebracht sind. Im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung hat die Beklagte zwar auch mögliche Alternativstandorte in den Blick zu nehmen; hierbei darf sie sich neben weiteren Gesichtspunkten auch vom Ziel der Veranstaltung und deren Adressatenkreis leiten lassen. Angesichts dieser Grundsätze ist die Zulassung der Tongeräte unmittelbar am Haus des Beigeladenen ohnehin die für die Klägerin schonendste Variante. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, war die Beschallungsanlage bis vor einigen Jahren direkt an der Ausschankstelle und damit deutlich näher zum Anwesen der Klägerin montiert. Von der angewandten „architektonischen Selbsthilfe“ des Beigeladenen hat die Klägerin insoweit profitiert. Ein anderer lokal geeigneter Ausweichort für den Beigeladenen außerhalb seines eigenen Grundstücks scheidet von vornherein aus. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene an seiner Ausschankstelle überhaupt auf Musik verzichtet.

70

2.3. Allerdings ist die dem Beigeladenen gemäß § 12 GastG erteilte vorübergehende gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 4. August 2015 zum Ausschank alkoholischer Getränke insoweit rechtlich zu beanstanden und nachbarrechtsverletzend, als dem Beigeladenen eine Betriebszeit bis 1 oder 2 Uhr gestattet wurde, ohne verbindlich festzuschreiben, dass der Beigeladene nach 24 Uhr die für die Klägerin zumutbaren Immissionsrichtwerte einzuhalten hat.

71

Gemäß § 12 Abs. 1, 3 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden; die Gestattung kann mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere auch einen erforderlichen Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen sicherstellen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Im Zusammenhang mit der Erteilung einer gaststättenrechtlichen Gestattung muss die zuständige Behörde die subjektiven Rechte der von dem vorübergehenden Gaststättenbetrieb betroffenen Nachbarn berücksichtigen und darf insbesondere nur zumutbare Lärmimmissionen erlauben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494).

72

Allerdings kann Nachbarn bei der vorübergehenden Gestattung eines Gaststättenbetriebs gemäß § 12 Abs. 1 GastG eine höhere Belastung durch Lärmimmissionen zugemutet werden als im Falle eines ständigen Gaststättenbetriebs (VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris m.w.N.). Die „erleichterten Voraussetzungen“ im Sinne dieser Vorschrift bedeuten in diesem Zusammenhang, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit – d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz – zu berücksichtigen ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 –, GewArch 2014, 485).

73

Da die Beklagte die Zumutbarkeit des von der Musikanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärms in der gesondert ergangenen immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 geregelt hat – und dies nach den Ausführungen in 2.2. rechtlich nicht zu beanstanden war –, war im Rahmen der vorübergehenden Gestattung des Gaststättenbetriebs noch über die Zumutbarkeit der von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche zu befinden. Hierzu findet sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 die folgende Regelung:

74

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

75

Die Beklagte entschied sich in Bezug auf die Festlegung der Betriebszeit somit nicht für eine zeitliche Einschränkung der vorübergehenden Gaststättenerlaubnis nach § 18 GastG i. V. m. § 18 Abs. 2, § 19 und 20 GastVO, wonach die Sperrzeit für Volksfeste, die um 22 Uhr beginnt und um 6 Uhr endet, bei einem öffentlichen Bedürfnis oder besonderen örtlichen Verhältnissen u.a. allgemein oder für einzelne Betriebe verkürzt werden kann, sondern für den Erlass einer Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, wonach die Erlaubnis jederzeit mit Auflagen u. a. zum Schutz der Nachbarn versehen werden kann. Hierzu war die Beklagte berechtigt, denn die genannten Bestimmungen stehen nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. Vielmehr sind sie nebeneinander anwendbar, soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, NVwZ 1995, 1021 zum Verhältnis von § 5 und § 18 GastG; VG Neustadt, Urteil vom 6. April 2006 – 4 K 1919/05.NW –; ebenso Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 14. Auflage 2003, § 5 Rn. 4).

76

In Fällen von Nutzungskonflikten mit Nachbarn bedarf nicht nur eine nach § 2 GastG erforderliche Gaststättenerlaubnis, sondern auch eine vorübergehende Gestattung nach § 12 GastG gegebenenfalls einer weitergehenden Konkretisierung durch Aufnahme von Auflagen (s. § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) im Hinblick auf nachbarrechtsrelevante Merkmale, um dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG Genüge zu tun (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 2016 – 2 A 2423/15 –, juris und VG Neustadt, Urteil vom 14. Januar 2016 – 4 K 396/15.NW -, juris jeweils zur Baugenehmigung). Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der vorübergehenden Gestattung nach § 12 GastG getroffenen Regelungen und Feststellungen müssen so eindeutig bestimmt sein, dass der Gastwirt die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und drittbetroffene Nachbarn das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/22.OVG –, juris zur Baugenehmigung).

77

Dem gesetzlichen Regelungsauftrag wird die Gestattung vom 8. August 2015 im Zusammenspiel mit der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 nicht gerecht. Die nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG erlassene Auflage, die Betriebszeit auf 1 bzw. 2 Uhr zu beschränken und die Aufforderung an den Beigeladenen, jeweils ab 22 Uhr darauf zu achten, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist, soweit der Zeitraum von 24 Uhr bis 2 Uhr betroffen ist, rechtswidrig.

78

Was die Zeit bis 24 Uhr anbetrifft, fehlt es nach Auffassung der Kammer nicht an der erforderlichen Bestimmtheit, da für die betroffenen Tage im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie die Auflage ergangen ist, bis 24 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) einzuhalten. Dies war der Klägerin, wie oben ausgeführt, zumutbar; auf diese Lautstärke musste sie sich einstellen. Zwar war Regelungsinhalt der genannten Ausnahmegenehmigung „nur“ der von der Musikanlage ausgehende Lärm. Es versteht sich aber von selbst, dass die von den Gästen zusätzlich zur Musik verursachten Geräusche vom einzuhaltenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) umfasst ist (s. dazu auch die von der Beklagten vorgenommenen Messungen).

79

Da das unter Auflagen genehmigte Abspielen von Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen aber nur bis maximal 24 Uhr begrenzt war und die vorübergehende Gestattung darüber hinaus einen Gaststättenbetrieb bis längstens 2 Uhr erlaubte, musste die Beklagte indessen eine verbindlichen Regelung dazu treffen, welchen Kommunikationslärm sie in Bezug auf die Nachbarn und damit auf die Klägerin nach Beendigung der Musikdarbietungen um spätestens 24 Uhr über diesen Zeitpunkt hinaus für zulässig hält (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Ohne näher darauf einzugehen, ob die Betriebszeit von seltenen Veranstaltungen, die – wie hier – mehr als zehnmal pro Kalenderjahr stattfinden, überhaupt über 24 Uhr hinaus für die Nachbarn zumutbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755 und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 - 21 A 1136/87 -, NVwZ 1988, 178 zu einem auf drei Tage beschränkten Schützenfest, bei dem die Veranstaltungszeit über 24 Uhr hinaus festgesetzt wurde; vgl. auch VG Gera, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 K 1399/12 Ge –, juris, wonach eine Verschiebung der Nachtzeit auf 1 Uhr in sehr seltenen Fällen wie z.B. beim Maibaumsetzen in Betracht kommt), führt die Ziffer 4.4.2 b) der 3. Freizeitlärm-Richtlinie hierzu aus, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. Selbst wenn die Überschreitung eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr nach dieser Formulierung im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen sein soll, hätte die Beklagte einen genauen Beurteilungspegel, der nicht überschritten werden darf, in dem Bescheid vom 4. August festschreiben und nachvollziehbar begründen müssen, dass der genannte Wert für die Klägerin nach Mitternacht zumutbar ist. Dies galt umso mehr, als die Beklagte mit dem Haardter Weinfest im Mai 2015 und der Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 insgesamt zehn seltene Veranstaltungen im Kalenderjahr 2015 zugelassen hatte, die Prüfung der Zumutbarkeit von Immissionen nach 24 Uhr folglich besonders intensiv ausfallen musste. Derartige Erwägungen finden sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 jedoch nicht. Die in den der vorübergehenden gaststättenrechtlichen Gestattung beigefügten Auflagen aufgeführte Formulierung, ab 22 Uhr müsse darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist nicht geeignet, dem Schutzbedürfnis der Anwohner und damit auch der Klägerin nach 24 Uhr hinreichend Rechnung zu tragen. Die genannte Auflage genügt nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG in seiner nachbarlichen Ausgestaltung, um eine Begrenzung der Belastung der Klägerin nach 24 Uhr zu gewährleisten (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris; VG Münster, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 L 39/09 –, juris). Durch die Nebenbestimmung wird in keiner Weise deutlich, welche maximale Lautstärke von dem Kommunikationslärm zwischen 24 Uhr und 2 Uhr ausgehen durfte. Die Klägerin konnte damit das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit nicht zweifelsfrei feststellen; sie war insoweit durch die Regelung schutzlos gestellt. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, auch nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird (s. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris).

80

Auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten nach 24 Uhr konnte hier auch nicht deshalb verzichtet werden, weil, wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 angegeben hat, die Gäste nach 24 Uhr nahezu vollständig die Veranstaltung verlassen und die Ausschankstelle daher regelmäßig bereits um 24 Uhr geschlossen werde. Für die Frage, ob eine Veranstaltung den Nachbarn zugemutet werden darf, ist grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen, nicht aber lediglich von einer möglicherweise hinter diesem Umfang zurückbleibenden tatsächlichen Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 1992 – 3 S 829/92 –, UPR 1993, 308). Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Anlage dauerhaft in einem geringeren Umfang als genehmigt genutzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 – IV C 77.73 –, GewArch 1975, 69). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Es steht zum einen dem Beigeladenen frei, zukünftig eine kürzere Betriebszeit zu beantragen. Zum anderen wird die Beklagte, will sie auch zukünftig eine Bewirtung über 24 Uhr hinaus zulassen, für die Zeit nach 24 Uhr einen verbindlichen Immissionsrichtwert festschreiben müssen, dessen Einhaltung im Übrigen bei Bedarf auch überwacht werden muss.

81

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

82

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

83

Beschluss

84

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –).

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 10. März 2017 rechtswidrig gewesen ist.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die gaststättenrechtliche Gestattung des „Maibaumfestes“ für den Beigeladenen durch die beklagte Verwaltungsgemeinschaft M. am Sonntag, den 30. April 2017.

1. Mit Bescheid vom 16. August 2011 genehmigte das Landratsamt A. den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in der W. Str. …, D. Die Baugenehmigung enthält u.a. unter Nr. 6 des Bescheides die Auflage, dass die entlang der östlichen Grundstücksgrenze vorgesehene PKW-Stellplätze nur zur Tagzeit (6:00 Uhr – 22:00 Uhr) genutzt werden dürfen. Parkvorgänge während der Nachtzeit (22:00 Uhr – 6:00 Uhr) sind durch geeignete Maßnahmen wirksam zu unterbinden. Ausgenommen hiervon ist der Parkverkehr im Rahmen von Feuerwehreinsätzen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Notsituationen), der zu Tag- und Nachtzeit zulässig ist. Unter Nr. 22 enthält die Baugenehmigung den Hinweis, dass in der vorgelegten Schallemissionsprognose keine lärmrelevanten Veranstaltungen betrachtet worden sind. Von Seiten der Gemeinde D. ist deshalb Sorge dafür zu tragen, dass keine derartigen Veranstaltungen stattfinden.

Mit Bescheid vom 20. April 2016 erteilte die Verwaltungsgemeinschaft M. dem Musikverein „D.“ W. e.V. die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs gem. § 12 GastG für das „Maibaumfest“ am Samstag, den 30. April 2016, von 18:00 Uhr bis 24:00 Uhr, am Standort Rathaus D., W. Str. …, D. Mit E-Mail vom 15. Juni 2016 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an die Gemeinde D. und erklärte u.a., dass es bei dem Maifest am 30. April 2016 zu erheblichen Lärmbelästigungen gekommen sei. Die Musikdarbietungen seien mindestens bis 22:30 Uhr gegangen. Der Bevollmächtigte äußerte die Auffassung, eine Erlaubnis nach Gaststättenrecht sei für solche Veranstaltungen nicht ausreichend. Dem jeweiligen Veranstalter seien Auflagen nach LStVG zu machen. Diese Auflagen dürften in den ruhebedürftigen Zeiten zwischen 20:00 bis 22:00 Uhr dazu führen, dass aufgrund der Nähe zu benachbarten Wohnhäusern solche Veranstaltungen nicht tunlich seien. Gegen ein einmaliges Feuerwehrfest im Jahr bestünden allerdings keine Bedenken.

Am 27. Oktober 2016 fand eine Besprechung zwischen dem Bevollmächtigten des Klägers und dem ersten Bürgermeister der Gemeinde D., Herrn B., wegen den Veranstaltungen im Feuerwehrhaus statt. Die Parteien einigten sich unter anderem darauf, dass das Maifest am 30. April oder 1. Mai eines Jahres im Zeitraum von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr durchgeführt werden darf. Um 20:00 Uhr muss nach der Vereinbarung eine Platzräumung erfolgen. Der erste Bürgermeister sagte zu, dass er die Vereinbarung den betroffenen Vereinen näher bringen wird. Werden diese den Vorschlag akzeptieren, wird der Vorschlag dem Gemeinderat vorgelegt.

Im Anschluss an die Besprechung vom 27. Oktober 2016 legte der Bevollmächtigte des Klägers der Verwaltungsgemeinschaft M. mit Schreiben vom 8. November 2016 den Entwurf einer Vereinbarung vor. Die Vereinbarung enthält entsprechend der am 27. Oktober 2016 getroffenen Vereinbarung unter anderem den Passus, dass das Maifest am 30. April oder am 1. Mai und nur beschränkt auf die Zeit von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr durchgeführt werden darf und das Gelände spätestens um 20:00 Uhr vollständig geräumt sein muss.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2016 teilte die Verwaltungsgemeinschaft M. dem Bevollmächtigten des Klägers mit, dass hinsichtlich der Vereinbarung noch keine Entscheidung des Gemeinderats erfolgt ist, da noch keine Gespräche mit den beteiligten Vereinen geführt worden sind. Erst nach diesen Gesprächen werde die Angelegenheit im Gemeinderat behandelt.

Ausweislich des Beschlussbuches des Gemeinderats D. stimmte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 17. Februar 2017 unter Tagesordnungspunkt 8 „Beschlussfassung, dass die traditionelle Maibaumaufstellung auch 2017 wieder am Rathaus stattfindet?“ dafür, eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für ein seltenes Ereignis auszustellen. Im Vorfeld der Abstimmung kam es laut Auszug aus dem Beschlussbuch zu einer Diskussion im Gemeinderat. Aus dem Gemeinderat wurde u.a. geäußert, dass sich die Gemeinde an ihr Wort halten müsse, da der Bürgermeister im Vorfeld der Baugenehmigung zugesagt habe, im Neubau keine nächtlichen Veranstaltungen zu genehmigen. Hinterfragt wurde auch, ob es nicht Alternativen für diesen Veranstaltungsstandort gäbe.

2. Am 1. März 2017 zeigte der Feuerwehrverein W. e. V. (Beigeladener) bei der Verwaltungsgemeinschaft M. mit Formblatt eine öffentliche Vergnügung nach Art. 19 Abs. 1 LStVG an und beantragte gleichzeitig eine Gestattung nach § 12 GastG zum Betrieb einer vorübergehenden Schank- und Speisewirtschaft für ein Maibaumfest in D., am Sonntag, 30. April 2017 (im Zeitraum 18:00 bis 24:00 Uhr, erwartete Besucherzahl: 200, geplanter Auftritt des Musikvereins „D. W.“, Veranstaltungsort: am Rathaus D.).

Mit Bescheid vom 10. März 2017 erteilte die Verwaltungsgemeinschaft M. dem Beigeladenen als Verwaltungsbehörde der Gemeinde D. in stets widerruflicher Weise die Gestattung zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft sowie einer öffentlichen Vergnügung an den Beigeladenen (Nr. 1) für das Maibaumfest am Sonntag, 30. April 2017, von 18:00 – 24:00 Uhr auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung K., Vorplatz und Feuerwehrhaus D., W.-straße … in … D. (Nr. 2). Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden nachfolgende Auflagen und Anordnungen getroffen (Nr. 3) und die sofortige Vollziehung der Nrn. 1, 2 und 3 angeordnet (Nr. 4). In den Auflagen und Anordnungen ist unter Nr. 2 (Dauer der Veranstaltung) festgesetzt: Musikende 22:00 Uhr, Ausschankende: 23:30 Uhr, Veranstaltungsende 24:00 Uhr, verbunden mit dem Hinweis, dass die Veranstaltung mit Musikende um 22:00 Uhr vom Vorplatz des Feuerwehrhauses in die Feuerwehrgerätehalle zu verlegen ist, die Tore zu schließen und geschlossen zu halten sind. Unter Nr. 12 wird aufgegeben, als Parkplätze für die Veranstaltungsbesucher die Parkplätze hinter dem Feuerwehrhaus zur Verfügung zu stellen und auszuweisen. Es wird darauf hingewiesen, dass weitere Parkplätze in nächster Nähe vorhanden sind. Unter Nr. 12 ist ausgeführt, dass Musikdarbietungen um 22:00 Uhr zu beenden sind und die Beschallungstechnik so auszurichten und auszuwählen ist, dass die Belastung der Nachbarschaft minimiert wird. Der Geräuschpegel darf am nächstgelegenen Wohnhaus 70 dB(A) nicht überschreiten; einzelne Geräuschspitzen dürfen den Wert von maximal 90 dB(A) am nächstgelegenen Wohnhaus nicht überschreiten.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Verwaltungsgemeinschaft erlasse die Nr. 1 des Bescheides aufgrund § 12 Abs. 1 GastG und Art. 19 Abs. 5 LStVG. Auflagen in Bezug auf die Genehmigung zur Schank- und Speisewirtschaft dürften gemäß § 12 Abs. 3 GastG angeordnet werden. Auflagen bezüglich der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 5 LStVG dürften i.V.m. Art. 19 Abs. 4 LStVG erlassen werden. Die Anordnungen zum Lärmschutz seien gemäß den Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes, der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und der Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) getroffen worden. Grundsätzlich sei in allgemeinen Wohngebieten tagsüber ein Emissionsrichtwert von 55 dB(A) und nachts von 40 dB(A) einzuhalten. Die Nachtruhe gelte grundsätzlich von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Es könne jedoch bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit und sozialer Adäquanz und Akzeptanz, die zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt würden, eine Sonderfallbeurteilung erfolgen, mit der auch die Nachtzeit bis zu zwei Stunden nach hinten verschoben werden und der Geräuschpegel von 55 dB(A) auf 70 dB(A) angehoben werden könne. Eine hohe Standortgebundenheit sei bei besonderem örtlichen Bezug gegeben. Hierunter könnten Feste mit kommunaler Bedeutung fallen, wie zum Beispiel das jährliche Fest des Feuerwehrvereins (Nr. 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI). Die Maibaumaufstellung sei ein alter Brauch und finde einmal im Jahr in Franken traditionell am Vorabend des 1. Mai statt. Es handele sich daher um eine seltene Veranstaltung. Die Feuerwehren der beiden D.er Ortsteile W. und K. seien mit dem Bau des neuen Feuerwehrhauses zusammengelegt zur Freiwilligen Feuerwehr D. Damit beide Ortsteile ein gemeinsames Maifest feiern und damit die soziale Verbindung des Ortes stärken könnten, sei das Feuerwehrhaus in der W.-straße … in D. der optimale Veranstaltungsort, da das Maifest eine Veranstaltung des Feuerwehrvereins sei, das Feuerwehrhaus zentral gelegen sei und zu Fuß von beiden Ortsteilen aus optimal zu erreichen sei. Es werde davon ausgegangen, dass die Veranstaltung überwiegend zu Fuß aufgesucht werde, was den Abfahrtsverkehr am Feuerwehrhaus in Grenzen halte. Da bei der Veranstaltung ein örtlicher Musikverein spiele, seien mit vereinzelten Überschreitungen des Geräuschpegels von 70 dB(A) zu rechnen. Da die Veranstaltung aber nur einmal im Jahr stattfinde und die Musikdarbietung um 22:00 Uhr beendet sein müsse, seien diese Überschreitungen zumutbar. Einzelne Geräuschspitzen sollten dabei den Pegel von 90 dB(A) einhalten. Die Auflagen und Anordnungen ergingen im pflichtgemäßen Ermessen und nach sorgfältiger Abwägung. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei dabei Rechnung getragen worden. Die Anordnungen seien geeignet, u.a. um die Nachtruhe der umliegenden Anwohner zu berücksichtigen. Die Anordnungen seien angemessen, da das öffentliche Interesse der Dorfgemeinschaft an der Durchführung der integrativen und gemeinschaftsfördernden Veranstaltung höher wiege als die Nachtruhe vereinzelter Nachbarn. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Einnahmen des Feuerwehrvereins durch diese Veranstaltung direkt der Feuerwehr zugutekämen und die Gemeindekasse entlasteten.

3. Am 13. April 2017 ließ der Kläger Klage erheben und stellte (zunächst) folgenden Antrag:

Der Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft M. vom 10. März 2017 wird aufgehoben.

Zur Begründung führte der Bevollmächtige im Schriftsatz vom 24. April 2017 aus, zwar nehme der Bescheid in der Begründung auf die TA-Lärm und die Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) Bezug, Werte seien jedoch im Bescheid nicht enthalten. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig. Das Gebiet, in dem das Hausanwesen des Klägers stehe, sei als allgemeines Wohngebiet einzustufen. Bereits im Zusammenhang mit der Errichtung des Rathauses der Verbandsgemeinde D. habe es erhebliche Diskussionen gegeben und der damalige und jetzige Bürgermeister habe dem Kläger ausdrücklich zugesagt, dass keine Veranstaltungen stattfänden. Auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats D. vom 17. März 2017 sowie auf die Baugenehmigung vom 16. August 2011 werde verwiesen. Entgegen seinem Versprechen habe jedoch dann der erste Bürgermeister der Gemeinde D. zeitnah versucht, Festveranstaltungen im dortigen Bereich durchzusetzen. Im Zuge der Baugenehmigung habe die Gemeinde bereits eine Schallemissionsprognose der Firma W. vom 3. März 2011 vorgelegt, was zu den Auflagen Nr. 5 und 6 sowie dem Hinweis Nr. 22 der Baugenehmigung geführt habe. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 habe das Landratsamt Aschaffenburg dazu ausgeführt, dass diese Immissionsprognose jedenfalls bei Veranstaltungen angepasst werden müsse. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass bei einem Feuerwehrgerätehaus die Nachbarn gezwungen seien, im Rahmen des Gemeinwohls nächtliche Einsätze der Feuerwehr, die mit erheblichem Lärm verbunden seien, hinzunehmen. Weitere zusätzliche Lärmbelastungen durch Festveranstaltungen seien daher definitiv nicht zumutbar. Auch verfüge die Gemeinde über genügend andere Plätze, beispielsweise eine Festhalle, wo solche Veranstaltungen unschwer durchgeführt werden könnten. Es handele sich auch nicht um eine Traditionsveranstaltung. Im Jahr 2016 sei die Veranstaltung, wenn auch völlig unzulänglich, für den Musikverein „D.“ W. e.V. genehmigt worden. Auf eine Beschwerde hin habe das Landratsamt Aschaffenburg mit Schreiben vom 29. Juni 2016 nochmals ausdrücklich klargestellt, dass im Hinblick auf die bereits bestehenden Belastungen durch Feuerwehrübungen und Einsätze Vergnügungsveranstaltungen nicht in Betracht kämen. In der Folgezeit hätten Gespräche stattgefunden, die zu einem Einigungsvorschlag vom 8. November 2016 geführt hätten. Obwohl die Gemeinde zugesagt habe, entsprechende Stellungnahmen abzugeben, habe der Kläger aus der Zeitung erfahren müssen, dass entgegen den Zusagen das klägerische Anwesen sowie weitere Anwesen in der unmittelbaren Nachbarschaft mit entsprechendem Lärm zusätzlich zu dem sowieso bestehenden Lärm durch den Betrieb des Feuerwehrgerätehauses überzogen würden. Zwar sei der Beklagten zuzugestehen, dass sie in Bezug auf Entscheidungen nach dem LStVG einen gewissen Ermessensspielraum habe. Durch die Zusage des Bürgermeisters, die in dem Baugenehmigungsbescheid ihren Niederschlag gefunden habe, sei die Gemeinde jedoch gebunden. Gerade die Lärmprognose, die bereits dazu geführt habe, dass bestimmte Parkplätze nach 22:00 Uhr nicht genutzt werden könnten, lasse der nunmehr angefochtene Bescheid völlig unberücksichtigt. Eine örtliche oder überörtliche Bedeutung am gegebenen Standort sei nicht ersichtlich, nachdem das Maibaumfest bisher lediglich einmal und für einen anderen Betreiber stattgefunden habe. Die Beklagte versuche durch die Hintertür die von Anfang an gehegten Interessen nunmehr doch noch umzusetzen.

Dem Schriftsatz waren einigen Dokumente, u.a. das erwähnte vorläufige Protokoll der Sitzung des Gemeinderats D. vom 13. März 2017, die im Schriftsatz zitierten Schreiben des Landratsamt Aschaffenburg vom 1. Dezember 2015 (Abteilung Immissionsschutz an das Bauamt) und vom 29. Juni 2016 (an den Bevollmächtigten des Klägers) sowie ein Zeitungsartikel vom 20. Februar 2017 beigefügt.

Mit Schriftsatz vom 25. April 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, nicht die Gemeinde D. sondern die Verwaltungsgemeinschaft M. sei die richtige Beklagte. Der Bescheid vom 10. März 2017 sei rechtmäßig. Auf die Begründung im Bescheid vom 10. März 2017 werde verwiesen. Bei dem Maifest sei von einem Fest mit kommunaler Bedeutung gemäß Nr. 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie auszugehen. Das Maifest solle in diesem Jahr zum zweiten Mal nach dem Jahr 2016 auf dem zentral gelegenen Grundstück des Feuerwehrhauses bzw. Rathauses in D. stattfinden. Mit dem Maifest sei im Jahr 2016 erstmals nur noch ein Maibaum in der Gemeinde D. aufgestellt worden. Die ehemals eigenständigen Gemeinden K.und W., die nunmehr Ortsteile der Gemeinde D. seien, verfügten somit nicht mehr über zwei trennende, eigene Maibäume, sondern es existiere nur noch ein gemeinsamer Maibaum im Ort D. Dieser gemeinsame Maibaum und das gemeinsame Ortsfest brächten somit die beiden Ortsteile weiter näher zusammen. Vor Installation des Maibaumständers habe sich die Gemeinde beim Landratsamt Aschaffenburg, Bauaufsichtsbehörde, nach der Möglichkeit der Durchführung von maximal sechs Veranstaltungstagen im Jahr erkundigt. Das Landratsamt habe mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 mitgeteilt, dass in diesem Fall der Tatbestand einer baurechtlich relevanten Nutzungsänderung nicht als erfüllt angesehen werde. Auf die Schreiben des Landratsamtes Aschaffenburg, Immissionsschutz, vom 29. Juni 2016 und 30. August 2016 an den Bevollmächtigten werde verwiesen.

Dem Schriftsatz waren mehrere Dokumente, u.a. das zitierte Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg, Bauaufsichtsbehörde, vom 22. Dezember 2015 an die Verwaltungsgemeinschaft M. sowie zwei Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg (vom 29. Juni 2016 und vom 30. August 2016) an den Bevollmächtigten des Klägers beigefügt.

Mit Schriftsatz vom 26. April 2017 führte der Bevollmächtige des Klägers ergänzend aus, die Ausführungen der Beklagten entbehrten jeder Grundlage. Bei dem Maibaumfest handle es sich nicht um ein Fest mit kommunaler Bedeutung. Dies setze eine gewisse Dauer in der Vergangenheit und Tradition voraus. Diese sei nicht vorhanden. Diese solle entgegen der klaren Aussage des ersten Bürgermeisters gerade erst geschaffen und manifestiert werden. Es gebe zahlreiche Stellen in den Ortsteilen K. und W., insbesondere eine Veranstaltungshalle, wo ein Maibaum problemlos aufstellbar wäre, ohne dass die Nachbarschaft, die durch das Feuerwehrhaus schon genügend beeinträchtigt sei, noch weiter beeinträchtigt würde. Es sei schlicht unzutreffend, dass es keine Alternativstandorte gebe.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2017 – also nach Durchführung der Veranstaltung – führte der Bevollmächtigte des Klägers weiter aus, die Auflage 22 der Baugenehmigung lege klipp und klar fest, dass in der Schallemissionsprognose keine Veranstaltungen betrachtet worden seien. Im Hinweis stehe deshalb, dass die Gemeinde D. Sorge dafür zu tragen habe, dass keine derartigen Veranstaltungen stattfänden. Außerdem handle es sich bei dem Fest der Feuerwehr um keine traditionell stattfindende jährliche Veranstaltung der Feuerwehr. Die Standortgebundenheit beziehe sich nicht auf den konkreten Veranstaltungsort. Es müsse nochmals ausdrücklich festgestellt werden, dass im Zusammenhang mit der Baugenehmigung ausdrücklich versprochen worden sei, dass Veranstaltungen nicht stattfinden würden. Es sei auch im Gemeinderatsbeschluss festgestellt worden, dass Veranstaltungen nicht stattfinden dürften und man nun durch die Hintertür über das Gaststättenrecht und die Freizeitlärmrichtlinie versuche solche Feste zu installieren. Diesem Ansinnen müsse bereits in den Anfängen entgegengetreten werden. Die vorliegende Klage werde daher als Fortsetzungsfeststellungsklage weitergeführt. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass die Beklagte offensichtlich beabsichtige ein solches Maibaumfest zur ständigen Einrichtung werden zu lassen. Dies widerspreche in eklatanter Weise zum einen den Festlegungen der Baugenehmigung zum anderen der, wenn auch nur mündlich unstreitig gegebenen, Zusagen des Bürgermeisters. Bereits mit Schreiben vom 21. Juli 2010, also rund ein Jahr vor Erteilung der Baugenehmigung, habe die Bauaufsichtsbehörde erhebliche immissionsrechtliche Bedenken angemeldet. Diese seien durch das Schreiben der Beklagten vom 2. August 2010 zerstreut worden. Hierbei sei immer nur von nicht störenden Veranstaltungen die Rede gewesen. Nur deshalb seien entsprechende Auflage gemacht worden. Hierzu habe es eine umfangreiche Korrespondenz gegeben, die auch in der Presse ihren Niederschlag gefunden habe. Relevant in diesem Zusammenhang sei auch das Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Juli 2011, das der Baugenehmigung vorausgegangen sei. Hieraus ergebe sich eindeutig, dass durch den Betrieb des Feuerwehrhauses die zulässigen Schallimmissionen bis an die Grenze ausgereizt seien. Weitergehende Veranstaltungen müsste der Kläger definitiv nicht hinnehmen, auch nicht das hier streitgegenständliche Maibaumfest, das im Übrigen im Jahr 2016 erstmals an der Stelle durchgeführt worden sei. Von einer Tradition könne daher nicht die Rede sein.

Die im Schriftsatz zitierten Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft M. an das Landratsamt Aschaffenburg vom 2. August 2010 sowie das Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Juli 2011 waren dem Schriftsatz als Anlagen beigefügt.

4. Mit Beschluss vom 19. April 2017 wurde der … … e.V., vertreten durch den 1. Vorstand, zum Verfahren beigeladen.

Im Schriftsatz vom 24. Januar 2018 führte die Vereinsgemeinschaft „Maibaum in D.“, der auch der Beigeladene angehört, im Wesentlichen aus, es habe in der Vergangenheit zwei Maibaumfeste in den Ortsteilen W. und K. gegeben. Beide Veranstaltungen seien wegen Helfermangel, höherer Kosten und Gebühren, geringen Besucherzahlen und hohem Aufwand nicht positiv verlaufen. Aus diesem Grunde hätten sich die Veranstalter dieser beiden Feste zusammengetan um ein gemeinsames Maibaumfest zu organisieren. Als Örtlichkeit des Festes sei D. ausgewählt worden, da es sich dabei um einen neuen und „neutralen“ Ort gehandelt habe. Man sei auch übereingekommen, dass nur das neue Rat- und Feuerwehrhaus für das Maibaumfest in Frage komme. Der Bürgermeister von D., Herr B., sei wegen des geplanten Festes hocherfreut gewesen und habe zugesagt die notwendigen Schritte einzuleiten. Auch der Feuerwehrwehrverein D. habe sich dann an der Organisation beteiligt. Die erste Veranstaltung sei dann ein voller Erfolg gewesen. Auch das zweite Fest sei trotz schlechten Wetters gut verlaufen. Die ganze Dorfgemeinschaft profitiere von dem gemeinsamen Fest, da dies die einzige Veranstaltung sei, bei der gemeinsam gefeiert werde. Die Absage des gemeinsamen Festes wäre ein Schlag gegen das Gemeinschaftsgefühl und gegen eine langjährige Tradition.

5. Im Sofortverfahren W 6 S 17.412 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. März 2010 mit Beschluss vom 27. April 2017 unter Beachtung verschiedener Maßgaben ab.

Mit Beschluss vom 17. August 2017 ordnete das Verwaltungsgericht das Ruhen des Verfahrens an, da sich die Beteiligten einvernehmlich auf Durchführung einer Mediation durch den Güterichter verständigt hatten. Die Mediation führte zu keinem Ergebnis.

6. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2018 beantragte der Kläger zuletzt,

festzustellen, dass der Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft M. vom 10. März 2017 rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte hielt den Antrag auf Klageabweisung aufrecht.

Der Beigeladene stellte keinen Antrag. Im Übrigen wird auf die Niederschrift verwiesen.

7. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die beigezogene Bauakte des Landratsamtes Aschaffenburg für das Feuerwehrgerätehaus in D. (Az.: 91.3-6024-B 242/2010/0) verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist nach Umstellung des Klageantrages auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des gaststättenrechtlichen Gestattungsbescheides vom 10. März 2017 zulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt – wie hier nach Durchführung der Veranstaltung durch Zeitablauf – erledigt hat, auf Antrag aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Der Kläger hat hier ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da Wiederholungsgefahr gegeben ist. Das Maibaumfest am Vorabend des 1. Mai soll auch in Zukunft auf dem Platz vor dem Feuerwehrgerätehaus in D. gegenüber dem Wohnanwesen des Klägers stattfinden. Laut Aussage des ersten Bürgermeisters der Gemeinde D. in der mündlichen Verhandlung sei der Standort für das Maibaumfest „alternativlos“. Auch an den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen hat sich nichts geändert. Damit ist davon auszugehen, dass die Beklagte erneut entsprechende gaststättenrechtliche Gestattungen erlassen wird.

Der Kläger besitzt auch die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, weil er geltend machen kann, dass er durch die dem Beigeladenen erteilte Gestattung in öffentlich-rechtlichen nachbarschützenden Rechten (s. hierzu unter Nr. 2.4) verletzt werden kann. Sein Wohngrundstück befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort.

2. Die Klage ist begründet, weil die Gestattung vom 10. März 2017 zum Zeitpunkt ihrer Erledigung rechtswidrig gewesen ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt hat. Die Gestattung vom 10. März 2017 hat den Schutz des Klägers vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht hinreichend berücksichtigt und diesen dadurch in seinen Rechten verletzt.

2.1 Gegenstand der Klage ist dabei die Gestattung vom 10. März 2017 ohne Berücksichtigung der vom Gericht in seinem Beschluss vom 27. April 2017 (W 6 S 17.412) im Sofortverfahren angeordneten Maßgaben. Denn diese Maßgaben sind Auflagen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, die speziell auf die Zwecke des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zugeschnitten sind. Die Maßgaben dienen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Vollziehung eines Verwaltungsaktes, um als milderes Mittel die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu vermeiden. Diese Auflagen führen aber nicht dazu, die streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung in der Sache selbst zu korrigieren (vgl. BayVGH, U.v. 6.9.1990 – 22 B 90.500 – juris). Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Bescheid selbst in der Sache nicht geändert.

2.2 Passivlegitimiert ist vorliegend gemäß § 78 Nr. 1 VwGO die Verwaltungsgemeinschaft M. (vgl. dazu die Ausführungen im B.v. 27.4.2017 – W 6 S 17.412). Auch wenn die Klage ursprünglich ausdrücklich gegen die Gemeinde D. gerichtet wurde, war schon aufgrund der erkennbaren Umstände im Wege der Auslegung einer formlose Berichtigung möglich (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 76 Rn. 16). Im späteren Verlauf des Verfahrens (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 17.5.2017) wurde die Verwaltungsgemeinschaft M. dann auch vom Kläger als Beklagte bezeichnet.

2.3 Die Rechtsgrundlage für die Gestattung des Maibaumfests war vorliegend ausschließlich im Gaststättenrecht zu finden, da der Getränke- und Speisenverkauf bei der Veranstaltung keine nur untergeordnete Rolle spielte. Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung standen nach Aktenlage die gaststättenrelevanten Leistungen im Sinne des § 1 GastG im Vordergrund, insbesondere der Ausschank von Getränken und die Abgabe von Speisen. Dem Verkauf der Speisen und Getränke kam gegenüber der geplanten Musikdarbietung auf der Bühne das klare Übergewicht zu. Dies ergab sich schon aus dem Umstand, dass der Festbetrieb auch nach Ende der Musikdarbietung um 22:00 Uhr weiter fortgesetzt wurde. Die Veranstaltung diente ausweislich des Bescheids auch der Einnahmebeschaffung des Beigeladenen und sollte damit zur finanziellen Entlastung der Gemeinde beitragen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.1.2015 – W 6 K 14.494 – BeckRS 2015, 41307; B.v. 18.7.2014 – W 5 S 14.638 – juris). Die parallele Genehmigung nach Art. 19 LStVG war in Relation zum Gaststättenrecht nur subsidiär (siehe Art. 19 Abs. 9 LStVG, der zum Zeitpunkt der Erledigung der Klage noch in Kraft war; aufgehoben mit Wirkung zum 1.8.2017 durch § 3 Nr. 1, § 4 Gesetz v. 24.7.2017, GVBl. 388; durch die Streichung von Art. 19 Abs. 9 LStVG hat sich an der Rechtslage nichts geändert, vgl. LT-Drs. 17/16299, S. 16). Im Rahmen der gaststättenrechtlichen Gestattung waren damit auch die Fragen des Lärmschutzes zu beurteilen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.1.2015 – W 6 K 14.494 – BeckRS 2015; B.v. 18.7.2014 – W 5 S 14.638 – juris). Im Übrigen wären durch das LStVG hinsichtlich des Lärmschutzes auch keine weitergehenden Vorgaben gemacht worden (vgl. VG Ansbach, U.v. 28.7.2009 – AN 4 K 08.01001 – juris).

Konkrete Rechtsgrundlage für die Gestattung des Maibaumfestes war dabei § 12 Abs. 1 GastG. Nach dieser Vorschrift kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Wiederruf gestattet werden. Ein besonderer Anlass liegt vor, wenn die betreffende gastronomische Tätigkeit an ein kurzfristiges, nicht häufig auftretendes Ereignis anknüpft, das außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegt. In jedem Fall muss die beabsichtigte gastronomische Tätigkeit als Annex eines eigenständigen anderen Ereignisses erscheinen. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung des Vorhabens und seines Anlasses. Der besondere Anlass braucht dabei nicht von anderer Seite vorgegeben zu sein, er kann auch – wie z.B. bei der Sommerveranstaltung eines Vereins – vom Antragsteller selbst geschaffen sein (vgl. BVerwG; U.v. 4.7.1989 – 1 C 11/88 – juris LS u. Rn. 16). Vorliegend lag der besondere Anlass im Aufstellen des Maibaums. Diesbezüglich war der Gastronomiebetrieb als Annex anzusehen.

2.4 Die Erteilung der Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG steht im Ermessen der zuständigen Behörde.

Die Behörde hat bei der Erteilung die Schutzgüter des § 4 Abs. 1 GastG zu beachten. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Betrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lässt. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürfte Anlagen – hierzu gehören sowohl Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinne von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird – so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u.a. aus Erwähnung der Nachbarschaft in § 3 Abs. 1 BImschG ergibt, besteht das Erfordernis, umweltschädliche Einwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Allgemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter (BayVGH, B.v. 17.9.2014 – 22 CS 14.2013 – juris Rn. 4).

Wenn § 12 Abs. 1 GastG davon spricht, der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes könne „unter erleichterten Voraussetzungen“ vorübergehend und auf Widerruf gestattet werden, so bedeutet dies insbesondere, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeitsbzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen ist. Eine generelle Freistellung von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung ist damit nicht verbunden. Je kleiner die Zahl der Tage und Nächte mit Ruhestörungen ist, desto eher ist diese der Nachbarschaft aus besonderem Anlass zumutbar. Je größer die Zahl von Tagen und Nächten mit Ruhestörungen ist, desto gewichtiger muss der besondere Anlass sein, um die Zumutbarkeit für die Nachbarschaft zu begründen. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2016 – 22 CS 16.1199 – juris Rn. 26).

Im Rahmen von Gestattungen nach § 12 GastG kann für die Beurteilung der Zumutbarkeit die Freizeitlärmrichtlinie der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 6. März 2015 (Freizeitlärm-Richtlinie) als Orientierungshilfe herangezogen werden (BVerwG, U.v. 16.5.2001 – 7 C 16.00 – juris; OVG NW, B.v. 25.5.2016 – 4 B 581/16 – juris Rn. 9). Die Freizeitlärmrichtlinie sieht hierbei Immissionsrichtwerte vor, oberhalb derer in der Regel mit erheblichen Belästigungen zu rechnen ist (Nr. 4.1 – 4.3). In allgemeinen Wohngebieten – das klägerische Wohngrundstück liegt ausweislich des Bebauungsplans „F.“ in einem solchen – betragen die Immissionsrichtwerte „Außen“ an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A), nachts 40 dB(A). Für seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist vorgesehen, dass diese trotz Überschreitung der allgemeinen Immissionsrichtwerte auf der Grundlage einer Sonderfallbeurteilung zulässig sein können (Ziffer 4.4). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonders örtlichen oder regionalen Bezug gegeben (z.B. Feste mit kommunaler Bedeutung). Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion oder Bedeutung hat (Nr. 4.4.1). Liegt ein derartiger Sonderfall vor, prüft die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen. Unvermeidbarkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn geeignete Ausweichstandorte nicht zur Verfügung stehen (Nr. 4.4.2). Zu prüfen ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs. Dabei sind bei zu erwartenden Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts deren Zumutbarkeit explizit zu begründen, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) sollen vermieden werden. Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen sollen 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten. In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich zu begründen. Nach Nr. 4.4.3 der Richtlinie soll die Verschiebung der Nachtzeit auf Abende vor Samstagen sowie vor Sonn- und Feiertagen beschränkt werden.

Bei sehr seltenen Ereignissen kann sogar von den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie abgewichen werden, falls keine geeigneten Alternativstandorte existieren; aber selbst dies gilt nicht grenzenlos (vgl. dazu BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327 – NJW 1998, 401).

2.4.1 Die Regelungen hinsichtlich des Lärmschutzes im Bescheid der Beklagten vom 10. März 2017 haben sich weitgehend an den Vorgaben der LAI Freizeitlärm-Richtlinie orientiert. Entsprechend den unter Nr. 4.4.2 angegebenen Werten wurde festgelegt, dass der Geräuschpegel am nächstgelegenen Wohnhaus 70 dB(A) nicht überschreiten darf und einzelne Geräuschspitzen einen Wert von 90 dB(A) nicht überschreiten dürfen (Nr. 12 des Bescheides). Außerdem wurde festgelegt, dass die Musikdarbietung um 22:00 Uhr zu beenden ist und die Beschallungstechnik so auszurichten und auszuwählen ist, dass die Belastung der Nachbarschaft minimiert wird (Nr. 12 des Bescheides). Weiter wurde angeordnet, dass die Veranstaltung mit Musikende um 22:00 Uhr vom Feuerwehrhaus in die Feuerwehrgerätehalle zu verlegen sind und die Tore daraufhin zu schließen sind und geschlossen gehalten werden müssen (Nr. 2 des Bescheides). Nicht klar geht aus dem Bescheid hervor, wie hoch der Beurteilungspegel nach Beendigung der Musikdarbietung um 22:00 Uhr sein durfte. Die Festlegung in Nr. 12 des Bescheides könnte man zum einen so verstehen, dass der festgelegte Wert von 70 dB(A) auch nach Ende der Musikdarbietung um 22:00 Uhr bis zum Ende der Veranstaltung um 24:00 Uhr gilt, da hinsichtlich dieser Festsetzung keine Differenzierung nach der Uhrzeit vorgenommen wurde. Auf der anderen Seite könnte man die Bestimmung so verstehen, dass die Festlegung des Grenzwerts nur bis zum Ende der Musikdarbietung gilt. In diesem Falle wäre für die Zeit von 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr kein maximal zulässiger Lärmpegel festgelegt.

2.4.2 Unabhängig von der Frage der zulässigen Geräuschimmissionen nach 22:00 Uhr, war die so ausgestalte Gestattung des Maibaumfestes am 30. April 2017 unter Zugrundelegung der zuvor dargestellten Maßstäbe ermessensfehlerhaft, da die Abwägung mangels Ermittlung der Erheblichkeitsbzw. Zumutbarkeitsschwelle und möglicher evt. Alternativstandorte rechtsfehlerhaft erfolgte.

2.4.2.1 Die Gestattung des Maibaumfestes vom 10. März 2017 war schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte keine Ermittlungen hinsichtlich der zu erwartenden Geräuschbelastung angestellt hat und somit keine Kenntnis davon hatte, welche Belastungen auf die umliegende Wohnbebauung ausgehen können.

Wie ausgeführt, ist die im Rahmen des § 12 Abs. 1 GastG zu ermittelnde Schädlichkeitsgrenze nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Um diese Abwägung durchführen zu können, ist es erforderlich, Kenntnis darüber zu haben, welche Lärmbelästigungen von der geplanten Veranstaltung voraussichtlich ausgehen werden. Hat die Genehmigungsbehörde keine dahingehenden Anhaltspunkte, kann sie die Belastung für die umgebende Wohnbebauung nicht verlässlich abschätzen. Das führt dazu, dass in die durchzuführende Abwägung keine verlässlichen Werte eingestellt werden können. Die Zumutbarkeitsschwelle kann auf diese Weise nicht ermittelt werden (vgl. OVG NW, B.v. 25.5.2016 – 4 B 581/16 – NVwZ-RR 2016, 849; vgl. auch VG München, B. v. 17.6.2017 – 16 S 17.2177, BeckRS 2017, 113656). Erforderlich ist es deshalb, im Vorfeld einer solchen Veranstaltung Ermittlungen anzustellen, die aussagekräftige Werte über die zu erwartenden Geräuschbelastungen liefern, etwa durch die Erstellung einer Lärmprognose. Auch die LAI-Freizeitlärmrichtline sieht in Nr. 4.3.3 vor, dass die Immissionsschutzbehörde den Veranstalter zu verpflichten hat, Unterlagen vorzulegen, anhand derer die Geräuschbelastung der Umgebung abgeschätzt werden kann.

Vorliegend hatte die Beklagte keine Kenntnis von den zu erwartenden Lärmbelastungen durch die konkrete Veranstaltung. Die Beklagte hat weder eigene Ermittlungen angestellt, noch hat sie den Beigeladenen verpflichtet Unterlagen vorzulegen, aus denen die zu erwartenden Lärmbelastungen verlässlich abzuschätzen gewesen wären. Auch aus der im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens für das Feuerwehrgerätehaus erstellten Lärmprognose der Fa. W. vom 3. März 2011 ließen sich keine dahingehenden Werte gewinnen; Veranstaltungen wurden in dieser Prognose nicht betrachtet. Die Beklagte hatte damit keine Anhaltspunkte, welche Auswirkungen von der Veranstaltung auf die Nachbarschaft ausgehen. Die im Bescheid festgesetzten maximal zulässigen Lärmpegel wurden damit „ins Blaue hinein“, lediglich schematisch und ohne Kenntnis von den tatsächlichen Verhältnissen festgesetzt. Es ließ sich nicht verlässlich beurteilen, ob die festgesetzten Werte durch die konkret zur Gestattung gestellte Veranstaltung überhaupt eingehalten werden können. Da die Beklagte keine Kenntnis von den zu erwartenden Immissionen hatte, konnte sie auch keine geeigneten Maßnahmen festschreiben, um die Lärmimmissionen zu verringern. Auch bei Durchführung der Veranstaltung am 30. April 2017 wurden keine belastbaren Werte ermittelt.

Die Notwendigkeit der Ermittlung der zu erwartenden Lärmbelastungen wäre in der konkreten Konstellation v.a. deshalb erforderlich gewesen, weil es nach Durchführung einer vergleichbaren Veranstaltung im Vorjahr am 30. April 2016, zu Beschwerden aufgrund der durch das Fest ausgehenden Lärmimmissionen durch den Kläger gekommen war. Außerdem gab es schon im Zuge des Genehmigungsverfahrens für das Feuerwehrgerätehaus Spannungen mit der Nachbarschaft aufgrund der erwarteten Lärmbelastung durch den Betrieb des Feuerwehrgerätehauses, sodass Konflikte, ausgelöst durch die zusätzliche Gestattung einer lärmrelevanten Veranstaltung, zu erwarten waren.

2.4.2.2 Die Gestattung des Maibaumfestes war auch deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte die besonderen Verhältnisse des Einwirkungsbereichs der Festveranstaltung nicht ausreichend berücksichtigt hat.

In die Abwägung der wiederstreitenden Interessen im Rahmen der Entscheidung nach § 12 Abs. 1 GastG sind u.a. auch die besonderen Verhältnisse der Umgebung des Veranstaltungsortes zu berücksichtigen. Insbesondere ist dabei auch die Schutzwürdigkeit und Sensibilität (vgl. Nr. 4.4. der LAI-Freizeitlärmlinie) der betroffenen umliegenden Wohnbebauung zu beachten (vgl. auch BVerwG, U.v. 17.7.2003 – 4 B 55/03 – NJW 2003, 3360). Je größer die Vorbelastung der Umgebung mit Immissionen ist, desto mehr muss bei der Gestattung einer Veranstaltung Rücksicht auf die Bedürfnisse der Anwohner genommen werden.

Dies ist vorliegend nicht in ausreichendem Maße geschehen. Die Beklagte hat zwar zutreffend erkannt, dass sich die Geräuschbelastungen durch das Fest auf ein allgemeines Wohngebiet auswirken. Allerdings hat die Beklage nicht beachtet (zumindest hat dies keinen Niederschlag im Bescheid vom 10. März 2017 oder im Schriftsatz der Beklagten vom 25. April 2017 gefunden), dass der Einwirkungsbereich des Maibaumfestes schon durch Geräuschimmissionen ausgehend vom benachbarten Feuerwehrgerätehaus belastet ist. Die Auswertung der Schallimmissionsprognose der Fa. W. vom 3. März 2011 zeigt die Lärmbelastung der Umgebung, insbesondere auch des Anwesens des Klägers, durch den Betrieb des Feuerwehrgerätehauses auf. Aus der Prognose geht im Einzelnen hervor, dass das Grundstück des Klägers von Lärmimmissionen durch den Parkverkehr auf dem Anlagengrundstück sowie durch den Fahr- und Parkverkehr der Feuerwehrfahrzeuge und den Übungsbetrieb auf der Freifläche betroffen ist. Die Prognose kommt zwar zu dem Ergebnis, dass die Nachbarschaft bei Einhaltung bestimmter Vorgaben keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist. Dennoch handelt es sich bei diesen Lärmimmissionen um eine relevante Vorbelastung, die eine besondere Sensibilität der umliegenden Bebauung begründet. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass das Anwesen des Klägers in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, die Lärmprognose der Fa. W. ging dagegen von einem Dorf- und Mischgebiet aus. Darüber hinaus ist die Umgebung des Feuerwehrhauses durch Immissionen belastet, die von Einsätzen der Feuerwehr, insbesondere zur Nachtzeit, ausgehen. Laut der Prognose kommt es durch solche Einsätze zu einer Überschreitung der maximal zulässigen Spitzenpegel (S. 11 der Schallimmissionsprognose). Zwar dürfen bei solchen Einsätzen die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm überschritten werden. Allerdings handelt es sich dabei trotzdem um Vorbelastungen mit Lärmimmissionen, die bei einer Abwägungsentscheidung nach § 12 GastG zu berücksichtigen sind. Wenn ein Nachbar eines Feuerwehrhauses die Überschreitung von Grenzwerten durch Einsätze zum Wohle der Allgemeinheit hinnehmen muss, so muss dies zumindest bei einer Entscheidung über die Gestattung von Veranstaltungen, die zusätzliche Lärmbelastung begründen, berücksichtigt werden.

Das Gericht weist in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass vorliegend nur festgestellt wird, dass die Vorbelastung bei der Entscheidung im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 12 GastG hätte berücksichtigt werden müssen. Dies bedeutet nicht, dass die Durchführung eines Festes auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses aufgrund der dargestellten Vorbelastung zwingend ausgeschlossen ist. Bei einer erneuten Entscheidung über die Gestattung einer Veranstaltung sind allerdings – wie oben dargelegt – alle relevanten Faktoren einzustellen, was bei der Entscheidung über das Fest am 30. April 2017 nicht geschehen war. Dies bedeutet auch, dass, sollten zukünftige Ermittlungen ergeben, dass die umliegenden Grundstücke aufgrund der Nähe zum Feuerwehrgerätehaus und Rathaus darüber hinaus Belastungen ausgesetzt sind (in der mündlichen Verhandlung wurde etwa der An- und Abfahrtsverkehr zu dort befindlichen Geldautomaten vom Klägervertreter benannt), diese ebenfalls bei einer Entscheidung über die Gestattung der Festveranstaltung zu berücksichtigen sein werden.

2.4.2.3 Die Gestattung war auch deshalb rechtsfehlerhaft, da eine ermessensfehlerfreie Würdigung und Abwägung von Alternativstandorten (Ausweichstandorten) im Bescheid nicht erfolgte. Im Hinblick auf die Unvermeidbarkeit der zu erwartenden Immissionen hat sich die Genehmigungsbehörde im Rahmen der Entscheidung nach § 12 Abs. 1 GastG auch damit auseinanderzusetzen, ob für die konkrete Veranstaltung Alternativstandorte in Frage kommen, an denen die umliegenden Anwohner durch die Veranstaltung in geringerem Maße belastet werden (VG Würzburg, U.v. 14.1.2015 – W 6 K 14.494 – BeckRS 2015, 41307; vgl. auch Nr. 4.4.2 der LAI-Freizeitlärmrichtlinie).

Eine solche Auseinandersetzung ist nicht im gebotenen Maße erfolgt. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 10. März 2017 zwar ausgeführt, dass das Feuerwehrgerätehaus der ideale Standort für das Maibaumfest sei, da es sich bei dem Maibaumfest um ein gemeinsames Fest der beiden ehemals selbständigen Ortsteile K. und W. handele und das Feuerwehrgerätehaus zentral zwischen den beiden Ortsteilen liege und deshalb auch von allen Besuchern zu Fuß erreicht werden könne. Diese Begründung kann den oben genannten Anforderungen allerdings nicht gerecht werden. Dabei ist v.a. zu beachten, dass aus dem Bescheid der Beklagten auch hervorgeht, dass es zentrale Funktion des gemeinsamen Festes ist, den sozialen Zusammenhalt im Ort D. durch ein gemeinsames Maibaumfest zu stärken. Das Ziel der Stärkung der Ortsgemeinschaft ist jedoch nicht zwangsläufig an einen bestimmten Ort in der Gemeinde gebunden. Ein gemeinsames Fest könnte grundsätzlich auch an anderen Stellen im Ort ausgerichtet werden, auch wenn ein solcher Ort nicht so zentral gelegen ist, wie das bei dem Feuerwehrgerätehaus der Fall ist. Als entscheidend für die Förderung des Zusammenhalts stellt sich nach dem Vortrag der Beklagten dar, dass ein gemeinsames Fest stattfindet, an dem die Bewohner beider Ortsteile zusammenkommen. Aus diesem Grunde hätte sich die Beklagte damit auseinandersetzen müssen, ob dieses Ziel auch an anderen Standorten in der Gemeinde erreicht werden kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Maibaumfest als traditioneller Anlass nicht zwangsläufig einen Bezug zur Feuerwehr D. hat; im Jahr 2016 wurde das Fest von einem anderen Verein ausgerichtet. Die Berücksichtigung anderer Standorte wäre insbesondere auch deshalb angezeigt gewesen, da sich gegenüber dem Veranstaltungsgelände ein allgemeines Wohngebiet befindet, das im Hinblick auf Lärmbelastungen besonders schutzwürdig ist. Auch aufgrund der bereits beschriebenen Vorbelastung der Umgebung des Feuerwehrgerätehauses (s. Ausführungen unter 2.4.2.2) hätte sich eine Beschäftigung mit Alternativen aufdrängen müssen.

Es ist davon auszugehen, dass in der Gemeinde D. grundsätzlich Ausweichstandorte für die Veranstaltung des Maibaumfestes bestanden. So hat etwa der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass im Ort eine Veranstaltungshalle existiert. Auch in der Gemeinderatssitzung vom 17. Februar 2017 wurde die Auffassung geäußert, dass man sich mit Alternativstandorten auseinandersetzen müsste. Sollten die alternativen Standorte – wie vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlungen ausgeführt – für die Veranstaltung des Maibaumfestes tatsächlich nicht in Frage kommen, hätte dies in der Begründung des Bescheids dargelegt werden müssen. Nicht ausreichend war es, einen bestimmten Veranstaltungsort – wie im Bescheid vom 10. März 2017 geschehen – als optimalen Standort zu bezeichnen, ohne Alternativen zu bedenken.

2.4.3 Ergänzend weist das Gericht noch darauf hin, dass die Zusage des Ersten Bürgermeisters, dass auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses keine Veranstaltungen stattfinden werden, die im Zuge des Genehmigungsverfahren für das Feuerwehrgerätehaus gefallen sein soll (vgl. dazu das Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17. März 2017), der Gestattung eines Maibaumfestes nach § 12 GastG an besagtem Ort nicht entgegenstehen kann. Fest steht, dass dem Kläger eine solche Zusage – unabhängig von ihrem genauen Inhalt – jedenfalls nur mündlich und nicht schriftlich gemacht wurde. Damit kann es sich um keine rechtsverbindliche Zusage gemäß Art. 38 BayVwVfG handeln, welche die Beklagte bindet. Die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt in der Zukunft zu unterlassen, bedarf gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG der Schriftform.

Entgegen der Ansicht des Klägervertreters steht auch die Baugenehmigung des Landratsamts Aschaffenburg für das Feuerwehrhaus vom 16. August 2011 der Ausrichtung von Veranstaltungen an diesem Standort nicht grundsätzlich entgegen. Unter Nr. 22 der Baugenehmigung vom 16. August 2011 ist zwar ausgeführt, dass von Seiten der Gemeinde dafür Sorge zu tragen ist, dass auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses keine lärmrelevanten Veranstaltungen stattfinden. Allerdings ist dieser Passus unter der Überschrift „Hinweise“ in die Baugenehmigung aufgenommen worden, sodass es sich dabei um keine Inhalts- oder Nebenbestimmung der Baugenehmigung und damit um keine verbindliche Regelung handelt. Außerdem ist – v.a. weil der Satz auf den Hinweis folgt, dass Veranstaltungen in der vorgelegten Schallprognose nicht berücksichtigt worden sind – davon auszugehen, dass Veranstaltungen nicht generell untersagt werden sollten. Vielmehr ist der Satz so zu verstehen, dass auf Grundlage der in der Baugenehmigung genehmigten Nutzungen keine (weiteren) lärmrelevanten Veranstaltungen zulässig sind. Dem steht es grundsätzlich aber nicht entgegen, dass die Beklagte eine gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG erteilt, in deren Rahmen zu prüfen ist, ob dem Kläger weitere Lärmeinwirkungen zuzumuten sind. Diese Auffassung hat auch das Landratsamt Aschaffenburg in mehreren Schreiben geäußert.

3. Die Kostenentscheidung zulasten der Beklagten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da er sich mangels Antragstellung nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO)

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2017 wird festgestellt, dass (auch) die Beschränkung Nr. 1.6 im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 bezüglich der Passage „… sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen … sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen … untersagt sind … die Parolen ‚Wir sind wieder da!‘“ rechtswidrig war.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine versammlungsrechtliche Beschränkung.

Mit Bescheid vom 8. April 2016 erließ der Beklagte für die von der Klägerin zu 1, vertreten durch den Kläger zu 2, beim Landratsamt P. für den 9. April 2016, 13.45 Uhr bis 15.00 Uhr, angezeigte Versammlung mit dem Thema „Kapitalismus zerschlagen – für einen deutschen Sozialismus!“ am Hauptplatz der Stadt P. unter anderem folgende Beschränkung:

„1.6 Verbot von Parolen

In Reden, Sprechchören sowie auf Transparenten, Fahnen, Schildern und Flyern sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen und deren (auch selbsternannten) Folgeorganisationen sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen.

Untersagt sind insbesondere die Parolen „Wir sind wieder da“, „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“, „Wir kriegen euch (alle)“, „Zionisten – Mörder und Faschisten“, sowie das sog. Paulchen-Panther-Lied „Wer hat an der Uhr gedreht?“. …“

Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit u.a. der Beschränkung 1.6 bezüglich der Passage „…sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen … sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen. Untersagt sind … die Parolen ´Wir sind wieder da´…“ gerichtete Klage der Kläger vom 4. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht – unter teilweiser Stattgabe der Klage im Übrigen – mit Urteil vom 25. April 2017 abgewiesen. Gesetzliche Grundlage dieser Beschränkung sei Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Die Beklagte habe die Beschränkung darauf gestützt, dass das lautstarke Skandieren dieser Parolen einen paramilitärischen Eindruck erwecke. Beschränkende Verfügungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung seien mit Blick auf Art. 5 GG und Art. 8 GG verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sich die in Art. 15 Abs. 1 BayVersG vorausgesetzte Gefahr nicht aus dem Inhalt der Äußerung, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergebe. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung infolge der Art und Weise der Durchführung der Versammlung könne bei einem aggressiven und provokativen, die Bürger einschüchternden Verhalten der Versammlungsteilnehmer bestehen. Dies gelte insbesondere dann, wenn ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziere und durch das Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtere. Bei den als solchen nicht strafbaren Äußerungen habe die Versammlungsbehörde auf die Art und Weise der Durchführung der Versammlung abstellen dürfen. Der Beklagte habe bei seiner danach erforderlichen Gefahrenprognose auch ohne Einbeziehung der Ereignisse bei den Versammlungen der Klägerin zu 1 am 1. Mai 2016 in Plauen und Saalfeld von einer hinreichenden Gefahr für die öffentliche Ordnung im dargelegten Sinn ausgehen dürfen. Laut Verfassungsschutzbericht 2014 (sowie 2015 und 2016) handle es sich bei der Partei „Der III. Weg“ um eine Partei, die einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus vertrete und deren ideologische Ziele wie das Programm der NSDAP auf einem biologischen Volksbegriff basierten. Unter Berücksichtigung des Versammlungsthemas, des Versammlungsortes, einem zentralen Platz der Stadt P., der Werbung für die Versammlung auf der Internetseite der Partei sowie der Kundgebungsmittel (Handmegaphon, Lautsprecherwagen mit Verstärker, offenes Mikrofon und Abspielen von Musik) habe die Behörde von der Gefahr ausgehen dürfen, dass sich die Versammlung durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziere und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtere. Daran ändere auch die geringe Anzahl von 20 Teilnehmern der Versammlung nichts, da die genannten Wirkungen unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten (z.B. Verstärker, Mikrofone) auch von einer geringen Anzahl von Teilnehmern ausgehen könnten. Auch ein lautes Skandieren der Parole „Wir sind wieder da!“ könne unter Berücksichtigung des Versammlungsthemas und der Ziele der Klägerin zu 1 zu der dargestellten Wirkung führen. Dies gelte unabhängig davon, ob dem Einzelnen bzw. der Öffentlichkeit die Herkunft dieser Parole zur Wiederzulassung der NSDAP in Deutschland geläufig sei. Soweit die Rechtsprechung diese Parole in Einzelfällen für zulässig gehalten habe, folge die Kammer dem nicht.

Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens seien nicht ersichtlich. Die Behörde habe im Bescheid vom 8. April 2016 zum Ausdruck gebracht, dass sie gesehen habe, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handle, und einzelne Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Gerichtlich überprüfbare Abwägungsfehler lägen nicht vor. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig im engeren Sinn.

Mit ihrer mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Oktober 2017 zugelassenen Berufung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Klage sei auch hinsichtlich der Beschränkung 1.6 im beantragten Umfang begründet. Auch insoweit sei § 15 Abs. 1 VersG (richtig: Art. 15 Abs. 1 BayVersG) keine tragfähige Grundlage, weil diesbezüglich eine unmittelbare, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht vorgelegen habe. Die beanstandete Beschränkung sei zu unbestimmt und damit rechtswidrig, weil bereits unklar sei, was mit „NS-Regime“ gemeint sei und um welche verbotenen Parteien und Vereine es sich dabei handeln solle. Derzeit seien in Deutschland 16 rechtsextreme Organisationen auf Bundesebene und 73 Organisationen auf Landesebene verboten, darunter auch solche, die einen Bezug zum NS-Regime, zum Rechtsextremismus oder überhaupt zur Politik überhaupt nicht erkennen ließen (z.B. „Besseres Hannover“). Bei wörtlichem Verständnis würde jede Billigung einer dieser Vereinigungen einen Verstoß gegen die Auflage bedeuten und eine Auflösung der Versammlung rechtfertigen, obwohl kein Mensch heute diese Organisationen tatsächlich kenne. Dies zeige deutlich, dass die Beschränkung ausufernd, unbestimmt und unklar sei. Zudem stelle die Beschränkung im beanstandeten Umfang ein unzulässiges Verbot einer Meinung dar. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass damit der Inhalt, nicht aber die Art und Weise der Äußerung verboten werde. Rechtsirrig gehe das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass sich die Versammlung ohne die angefochtene Beschränkung durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziere und durch das Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtere. Selbst bei Verwendung sämtlicher der im Übrigen bei Demonstrationen allgemein üblichen Hilfsmittel wie Handmegaphon, Lautsprecherwagen mit Verstärker, offene Mikrofone und Musik könne eine aus 20 Personen bestehende friedliche Versammlung nicht einschüchternd wirken. Auch die Folgerungen des Verwaltungsgerichts aus dem Landesverfassungsschutzbericht 2014 seien angesichts der dort aufgeführten Aktivitäten der Klägerin zu 1 nicht gerechtfertigt. Das Verbot der Parole „Wir sind wieder da!“ sei ebenfalls rechtswidrig. Damit werde ausgedrückt, dass die Klägerin zu 1 trotz Verboten, Beschränkungen und Behinderungen weiter demonstriere und sich von ihren Auftritten in der Öffentlichkeit nicht abhalten lasse. Selbst wenn damit eine Fortführung der NSDAP propagiert werden sollte, liege eine tatbestandsmäßige Gefährdung nicht vor, weil der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung des Satzes weder bekannt sei und die Parole schon gar nicht dem Nationalsozialismus zugeordnet werde. Demgemäß hätten bereits mehrere Gerichte eine solche Beschränkung für rechtswidrig erklärt (SächsOVG, U.v. 28.7.2009 – 3 B 60/06 –; VG Aachen, U.v. 14.1.2009 – 6 K 374/08 –, bestätigt durch OVG NW, B.v. 13.10.2010 – 5 A 506/09 –).

Rechtsfehlerhaft gehe das Verwaltungsgericht schließlich davon aus, dass der Beklagte beim Erlass dieser Beschränkung sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt habe. Unter Nr. II 2. des Bescheids finde sich zwar eine lediglich allgemeine und formelhafte Formulierung bezüglich einer Ermessensausübung, jedoch fehle eine wirkliche Begründung und Subsumtion sowie Abwägung der widerstreitenden Belange. Hinsichtlich der streitbefangenen Beschränkung komme im Bescheid das Wort „Ermessen“ nicht einmal vor.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2017 wird (weiter) festgestellt, dass die Beschränkung 1.6 im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 bezüglich der Passage „…sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen … sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen. Untersagt sind … die Parolen ´Wir sind wieder da!´…“ rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung sei unbegründet, weil die beanstandete Beschränkung in Nr. 1.6 des Bescheids vom 8. April 2016 rechtmäßig sei und die Kläger nicht in ihren Rechten verletze. Nach den zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses erkennbaren Umständen sei die vom Landratsamt P. vorgenommene Gefahrenprognose rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem damals aktuellen Verfassungsschutzbericht 2014 des Bundesministeriums des Innern sei die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ die derzeit prägende neonazistische Partei in Bayern, die ein völkisch-biologistisches Menschen- und Gesellschaftsbild vertrete, das mit dem individuellen Menschenrechtsverständnis des Grundgesetzes nicht vereinbar sei. Die Partei stehe nach dem Verfassungsschutzbericht dem demokratischen Rechtsstaat fundamental ablehnend gegenüber und habe unter anderem das Ziel, eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten zu fördern. Auch dem Verfassungsschutzbericht 2014 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr seien entsprechende Feststellungen zu entnehmen. Die ideologischen Ziele der Partei ergäben sich aus ihrer Satzung sowie aus einem „Zehn-Punkte-Programm“, das auf Elemente des 25-Punkte-Programms der NSDAP zurückgreife. Auch Antisemitismus sei für die Ideologie der Partei prägend. Zudem sei die Versammlung auf der Internetseite der Klägerin zu 1 damit beworben worden, dass der Zorn und die Wut über das ausbeuterische und völkerfeindliche Unrechtssystem auf die Straße getragen werden sollen. Wie das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt habe, habe der Beklagte aus der Gesamtschau der erkennbaren Umstände von der Gefahr ausgehen dürfen, dass die Versammlung sich ohne entsprechende Auflage durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifizieren und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtern würde. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch bei 20 Teilnehmern ein aggressives und provokantes, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer zu befürchten sei.

Zusätzlich seien für die Gefahrenprognose nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG auch sonstige Umstände zu berücksichtigen, die bei Erlass des Bescheides bereits objektiv vorgelegen haben. Schließlich dürften auch Umstände, die erst nach dem Zeitpunkt des Bescheidserlasses eingetreten bzw. bekannt geworden seien, ergänzend herangezogen werden, soweit diese die getroffene Gefahrenprognose lediglich bestätigten bzw. untermauerten. Demgemäß werde die Begründung des Bescheids hinsichtlich der Gefahrenprognose ergänzt. Die Versammlung habe an einem historisch stark belasteten Ort stattgefunden, der während der Zeit des Nationalsozialismus Schauplatz mehrerer Kundgebungen gewesen sei, 1935 in „A. H. Platz“ umbenannt worden sei und in der Folgezeit zu Propagandazwecken gedient habe. Die Geschichte der Stadt P. sei zudem in besonderer Weise durch die Zeit des Nationalsozialismus belastet. Vor diesem Hintergrund sei die Wahl des Versammlungsortes durch die Kläger besonders problematisch. Hinzu komme, dass die Stadt P. ihre NS-Geschichte derzeit aktiv aufarbeite, sodass sie bei den Bürgern sehr präsent sei. Auch liege in unmittelbarer Nähe des Versammlungsortes das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Das Skandieren von Parolen mit Bezug zum NS-Regime und der Parole „Wir sind wieder da“ durch rechtsextremistische Versammlungsteilnehmer an diesem historisch belasteten Ort sei im Zusammenhang mit dem Versammlungsthema ohne weiteres geeignet, Erinnerungen an die Schrecken der NS-Zeit wachzurufen und die Bürger einzuschüchtern.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts könnten auch die Geschehnisse bei Versammlungen der Klägerin zu 1 in Saalfeld und Plauen im Rahmen der Gefahrenprognose Berücksichtigung finden. Die Versammlung in Saalfeld, bei der es nach Feststellungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sowie des Thüringer Landeskriminalamts zu Gewalttätigkeiten durch Versammlungsteilnehmer und Gegendemonstranten gekommen sei, habe am 1. Mai 2015 und damit – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts – zeitlich vor der hier streitgegenständlichen Versammlung stattgefunden. Die Versammlung in Plauen habe am 1. Mai 2016 und damit zeitlich nach der streitgegenständlichen Versammlung stattgefunden. Auch die dabei gewonnenen Erkenntnisse, nämlich gewalttätige Ausschreitungen auch gegen polizeiliche Einsatzkräfte, könnten jedoch Berücksichtigung finden, weil sie die bisherige Gefahrenprognose lediglich bestätigten und untermauerten.

Aus der Gesamtschau dieser Gesichtspunkte ergebe sich eine tatbestandsmäßige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Behauptung der Kläger, dass die Parole „Wir sind wieder da“ neutral zu verstehen sei, sei als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Von einer Partei wie der Klägerin zu 1 könne diese Parole nur in dem Sinne verstanden werden, dass damit eine Assoziation zur Zeit des Nationalsozialismus hervorgerufen werden solle. Das streitbefangene Verbot richte sich auch nicht gegen den Inhalt der Meinung; vielmehr werde auf die Art und Weise der Äußerungen abgestellt. Die untersagten Parolen hätten selbst einen aggressiven, kämpferischen Duktus. Ihr Skandieren hätte der Versammlung ein militärisches Gepräge verliehen, das auf die überwiegend friedliche Bevölkerung einschüchternd wirke. Nicht überzeugend sei auch der Einwand, dass die Auflage mit Blick auf die Bezeichnung „NSRegime“ zu unbestimmt sei.

Schließlich lägen auch keine Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens durch das Landratsamt vor. Das Landratsamt habe im angegriffenen Bescheid unter Nr. II. 2. auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht, dass es von einer Ermessensentscheidung ausgegangen sei. Unter Nr. II. 3.6 des Bescheids habe das Landratsamt darüber hinaus begründet, warum es die streitbefangene Auflage für erforderlich halte. Unter Nr. II. 5. fänden sich Aussagen zur Verhältnismäßigkeit mit Blick auf die berührten Grundrechte. Weitergehende Ermessenserwägungen seien im Bescheid nicht veranlasst gewesen. Hilfsweise würden die Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt; auf die nachgeschobenen Ermessenserwägungen des Beklagten in der Berufungserwiderung vom 15. Januar 2018 (S. 8/9) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Taugliche Rechtsgrundlage für die streitbefangene Beschränkung sei im Übrigen auch Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 BayVersG. Demgemäß habe das Gericht die beanstandete Auflage auch anhand dieser Rechtsgrundlage zu prüfen. Die Voraussetzungen dieser Befugnisnorm hätten (ebenfalls) vorgelegen. Denn nach den erkennbaren Umständen habe die Gefahr einer Billigung und Verherrlichung der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft bestanden.

In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs wurden mit den Parteien insbesondere die Fragen einer hinreichend tragfähigen Gefahrenprognose und Ermessensausübung erörtert; auf die Sitzungsniederschrift vom 9. Juli 2018 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache Erfolg. Ihre auf Feststellung der Rechtswidrigkeit (auch) der Beschränkung 1.6 im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 (bezüglich der noch streitbefangenen Passage) gerichtete Klage ist begründet, weil diese durch Zeitablauf erledigte versammlungsrechtliche Beschränkung rechtswidrig war und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt wurden (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Demgemäß war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2017 insoweit abzuändern und die begehrte Feststellung zu treffen.

1. Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) – hier der durch Zeitablauf erledigten (s. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) versammlungsrechtlichen Beschränkung gemäß Art. 15 BayVersG (zum Rechtscharakter derartiger Maßnahmen vgl. BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 33) – ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts und die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach- und Rechtslage (Decker in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.4.2018, § 113 Rn. 88; H. A. Wolff in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 299; Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 152 jeweils m.w.N.; BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 44).

2. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung war die streitbefangene Beschränkung der am 9. April 2016 in P. durchgeführten Versammlung der Kläger rechtswidrig. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 herangezogenen Rechtsgrundlage des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG waren nicht erfüllt, weil nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine tragfähige Prognose hinsichtlich einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung nicht vorlagen (2.1.) und ein „Nachschieben“ von Gründen in einer verfahrensrechtlichen Konstellation wie der vorliegenden diesen Mangel nicht zu heilen vermag (2.2.). Zudem lag hinsichtlich der streitbefangenen Beschränkung jedenfalls ein der gerichtlichen Überprüfung gemäß § 114 Satz 1 VwGO unterliegender Ermessensfehlgebrauch der Versammlungsbehörde vor (2.3.), der durch die im Gerichtsverfahren nachträglich angestellten bzw. ergänzten Ermessenserwägungen nicht (mehr) beseitigt bzw. geheilt werden konnte (2.4.).

2.1. Die vom Beklagten für diese Beschränkung der Versammlung – Verbot bestimmter Parolen – im zugrunde liegenden Bescheid herangezogene Rechtsgrundlage des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG trägt die angegriffene Verfügung nicht.

Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen (Beschränkungen) keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 17; B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17 jeweils m.w.N.; BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 10 C 17.2156 – juris Rn. 16). Aufgabe der Gerichte ist es zu prüfen, ob die (von der Versammlungsbehörde) für die Beurteilung der Gefahrenlage herangezogenen Tatsachen unter Berücksichtigung des Schutzgehalts des Art. 8 GG in nachvollziehbarer Weise auf eine unmittelbare Gefahr hindeuten (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 7.11.2008 – 1 BvQ 43/08 – juris Rn. 20). Die Frage, ob bei der (allgemein) im Gefahrenabwehrrecht gebotenen ex-ante-Betrachtung im Zeitpunkt der Maßnahme konkrete Tatsachen vorlagen, die die Annahme einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung begründeten, unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung; die darin enthaltenen prognostischen Elemente rechtfertigen keine Kontrollbeschränkung der Gerichte (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.4.2017 – 2 BvR 1754/14 – juris Rn. 46).

Gemessen daran ergeben sich entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts hinreichend tragfähige Gesichtspunkte und Erwägungen für die Gefahrenprognose bezüglich der streitbefangenen Beschränkung weder unmittelbar aus der Begründung des Bescheids des Beklagten vom 8. April 2016 noch (ergänzend) aus den vorgelegten Behördenakten oder sonstigen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bzw. zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten.

In den Gründen des Bescheids des Beklagten vom 8. April 2016 ist vorweg lediglich formelhaft ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG erfüllt seien; es liege eine Sachlage vor, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen der öffentlichen Sicherheit und/oder Ordnung führe. Unter Nr. 3.6 dieses Bescheids ist zur streitbefangenen Beschränkung ergänzend ausgeführt, das lautstarke Skandieren der in dieser Beschränkung aufgezählten Parolen erwecke einen paramilitärischen Eindruck, der Eindruck der Gewalt- und Kampfbereitschaft könne unbefangene Beobachter verängstigen, Versammlungen, die ein solches militantes Gepräge mit der damit verbundenen Gewaltmetaphorik aufwiesen, liefen dem Friedlichkeitsgebot von Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 113 der (Bayerischen) Verfassung zuwider; „Wir sind wieder da!“ sei eine Parole der 1972 im Ausland gegründeten NSDAP/AO.

Konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung der Schutzgüter der angeführten Rechtsgrundlage bei Durchführung gerade der vorliegenden Versammlung ergeben sich daraus aber nicht. Vielmehr fehlt insoweit der erforderliche konkrete Fallbezug. Zum einen wird schon nicht deutlich, ob und gegebenenfalls welche Anhalts- oder Gesichtspunkte die Versammlungsbehörde für ihre Gefahreneinschätzung bzw. -prognose herangezogen hat, zum anderen fehlt aber vor allem jeder nachvollziehbare Bezug zu der konkret geplanten Versammlung. Beides ergibt sich auch nicht aus dem in der Behördenakte (Bl. 32 ff.) befindlichen Vermerk zur Gefahrenprognose bezüglich der streitbefangenen Versammlung der Kläger am 9. April 2016. Unabhängig davon, dass dieser Vermerk mit Datum 9. April 2016, also einem Tag nach der Erstellung des streitbefangenen Bescheids versehen ist, im ersten Absatz des Vermerks aber noch den nachträglich handschriftlich korrigierten ursprünglichen Termin des „stattgefundenen Kooperationsgesprächs“ (8.4.2016) enthält, was auf eine deutlich frühere Erstellung dieses Vermerks hindeutet, finden sich auch darin lediglich formelhafte Ausführungen: Im Rahmen des Kooperationsgesprächs sei deutlich geworden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG für die Festsetzung von Beschränkungen erfüllt seien; es liege eine Sachlage vor, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen der öffentlichen Sicherheit und/oder Ordnung führe. Nach den polizeilichen Erkenntnissen, insbesondere hinsichtlich der örtlichen und sachlichen Gegebenheiten am Tag der Kundgebung, seien die beschränkenden Verfügungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um einen störungsfreien Ablauf der Versammlung sicherzustellen. Bezüglich des Verbots von Parolen enthält dieser Vermerk unter Nr. 6. lediglich die Bewertung, wie sie praktisch wortgleich in den streitbefangenen Bescheid Eingang gefunden hat. Irgendwelche konkreten tatsächlichen Anhalts- oder Gesichtspunkte für die diesbezügliche Gefahreneinschätzung und der erforderliche nachvollziehbare Bezug zur konkreten Versammlung fehlen auch hier.

Auch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebene Erklärung der Vertreter des Beklagten, die Erwägungen zur Gefahrenprognose seien vor allem mündlich im Kooperationsgespräch zur angemeldeten Versammlung am 7. April 2016 erörtert worden, und Anhaltspunkte und Erkenntnismittel seien zudem die Selbstaussage der Klägerin zu 1 über ihre Aktivitäten und Ziele sowie die konkrete Bewerbung dieser Veranstaltung im Internet gewesen, vermag letztlich nicht zu überzeugen. Weder der Vermerk über dieses Kooperationsgespräch in der Behördenakte (Bl. 27 ff.) noch etwa der ebenfalls bei den Akten befindliche Bericht der KPI Ingolstadt zu den Veranstaltungen der Klägerin zu 1 am Samstag, 9. April 2016, in Bayern enthalten diesbezüglich konkrete tatsächliche Anhaltspunkte oder wenigstens Hinweise darauf. Vielmehr liegt im vorliegenden Fall gerade auch mit Blick auf ein bei der Behördenakte befindliches E-Mail der Regierung von Oberbayern vom 21. April 2016 (Bl. 103) nahe, dass die Versammlungsbehörde eine Auflage aus einem Muster-Bescheid der Regierung in den streitbefangenen Bescheid ohne hinreichend tragfähige Gefährdungsprognose und ohne konkreten Bezug zu der von den Klägern geplanten Veranstaltung und deren Begleitumständen aufgenommen hat.

Für letzteres spricht im Übrigen auch, dass eine im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits durch die Versammlungsbehörde am 20. September 2016 per E-Mail erfolgte konkrete Anfrage, ob zum Zeitpunkt der Gefahreinschätzung vor der Versammlung am 9. April 2016 zu erwarten gewesen sei, dass durch die Art und Weise der Meinungsäußerungen (aggressives und provozierendes Skandieren von Parolen … etc.) eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen könnte, und ob bei bisherigen anderen Kundgebungen der Klägerin zu 1 eine solche Art und Weise der Meinungsäußerung schon erfolgt sei, vom zuständigen Beamten der KPI Ingolstadt dahingehend beantwortet wurde, dass bezüglich beider Fragen im Vorfeld keine Erkenntnisse vorlagen, das Skandieren von provozierenden Parolen allerdings im Vorfeld „nie ausgeschlossen werden“ könne (vgl. beiliegende nicht paginierte Prozessakte des Landratsamts).

Auch wenn man – ohne dafür irgendwelche Anhaltspunkte in den Behördenakten zu finden – zu den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG die Erkenntnisse und Bewertungen der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und Bayerns über die Klägerin zu 1 in den jeweiligen Verfassungsschutzberichten 2014 zählt und demgemäß für die Gefahrenprognose heranzieht, reicht das allein aus der gebotenen ex-ante-Betrachtung für eine tragfähige Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde nicht aus. Der Beklagte hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich nach diesen Erkenntnissen bei der Klägerin zu 1 um eine derzeit prägende neonazistische (Kleinst-)Partei mit völkisch-biologistischem Menschen- und Gesellschaftsbild handelt, deren Ziel unter anderem die Förderung einer Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten ist. Darüber hinausgehende tragfähige Anhaltspunkte mit hinreichend konkretem Bezug zur geplanten Veranstaltung der Kläger, woraus sich der von der Versammlungsbehörde angenommene bzw. unterstellte Eindruck der Gewalt- und Kampfbereitschaft, das militante Gepräge mit der damit verbundenen Gewaltmetaphorik und die paramilitärischen oder sonstigen einschüchternden Begleitumstände der geplanten Versammlung nachvollziehbar ableiten oder folgern ließen, fehlen hier jedoch.

2.2. Ein Nachschieben von Gründen im Verwaltungsprozess im Sinne einer Nachholung oder Ergänzung der materiell-rechtlich relevanten Begründung (zum Begriff vgl. z.B. Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.7.2018, § 45 Rn. 34) – hier der Gefahrenprognose gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG – ist entgegen der Auffassung des Beklagten in der vorliegenden Konstellation aus prozessualen Gründen und vor allem Gründen des materiellen Rechts nicht möglich.

In prozessualer Hinsicht spricht dagegen, dass bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) Gegenstand der gerichtlichen Prüfung allein die Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf (hier: Durchführung der Versammlung am 9. April 2016) erledigten, d.h. unwirksam gewordenen, Beschränkung ist. Maßgeblich dabei ist – wie bereits oben ausgeführt – grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts und die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach- und Rechtslage. Die (rückwirkende) Nachbesserung oder sogar Nachholung einer materiell-rechtlich relevanten Begründung nach diesem Zeitpunkt wäre insoweit geradezu systemwidrig, weil nach dem Ende der äußeren und inneren Wirksamkeit des Verwaltungsakts (vgl. dazu Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.7.2018, § 43 Rn. 46) Streitgegenstand und Sachlage durch die Behörde noch einseitig beeinflusst werden könnten. Ebenso wenig wie die Heilung eines Verfahrens- oder Formfehlers nach der Erledigung des Verwaltungsakts gemäß Art. 45 BayVwVfG in Betracht kommt, der einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt, kann deshalb nach Auffassung des Senats ein Nachschieben von Gründen im oben genannten Sinn im Rahmen der vorliegenden Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) zulässig sein.

Auch materiell-rechtliche Gründe sprechen für dieses Ergebnis. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG lässt mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) Beschränkungen (oder ein Verbot) einer Versammlung nur für den Fall zu, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dadurch ist klargestellt, dass Grundlage der Gefahrenprognose und damit der Entscheidung der Versammlungsbehörde nur zum Zeitpunkt der behördlichen Verfügung erkennbare tatsächliche Anhaltspunkte sein können. Demgemäß kommt es für die Rechtmäßigkeit der Gefahrenprognose auf die zu diesem Zeitpunkt der Versammlungsbehörde zur Verfügung stehenden Erkenntnisse an (vgl. Dürig-Friedl in Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, Kommentar, VersammlG § 15 Rn. 60; Hettich, Versammlungsrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2018, Rn. 149; BayVGH, B.v. 26.11.1992 – 21 B 92.1672 – juris Rn. 34). Danach ist es aber auch mit Blick auf die nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG gebotene Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zulässig, wenn die Versammlungsbehörde die von ihr diesbezüglich zu fordernden Bemühungen um Sachaufklärung (vgl. Dürig-Friedl, a.a.O.; zu den auch bei dem Erlass von Auflagen/Beschränkungen nicht zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose vgl. BVerfG, B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17) nicht zum Zeitpunkt ihrer Verfügung, sondern erst nachträglich im Verwaltungsstreitverfahren unternimmt und mit den nachgeschobenen Gründen – selbst bei unveränderter Sachlage – die getroffene Entscheidung nach deren Unwirksamwerden zu rechtfertigen versucht. Dies würde zudem der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) nicht gerecht und dem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) des Betroffenen zuwiderlaufen.

Selbst wenn man aber entsprechend den in der Rechtsprechung nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht gebildeten Grundsätzen neue Gründe für einen Verwaltungsakt – hier die erledigte streitbefangene Beschränkung – dann zuließe, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 32 m.w.N., allerdings ausdrücklich offen gelassen für den Fall einer rückwirkenden Änderung bei einem endgültig erledigten Dauerverwaltungsakt), würde das an der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Beschränkung nichts ändern. Denn ein Nachschieben in diesem Sinne könnte allenfalls eine Ergänzung, Präzisierung oder Vertiefung jedenfalls im Ansatz bereits vorhandener tragender Erwägungen zur Begründung einer unmittelbaren Gefährdung im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG, nicht aber die Nachholung einer (nahezu) vollständig fehlenden Gefahrenprognose bedeuten. Wird wie im vorliegenden Fall ursprünglich praktisch nur der Gesetzestext wiederholt und mit formelhaften Ausführungen ohne hinreichenden konkreten Fallbezug ergänzt, kommt ein Nachschieben von Gründen im Sinne der angeführten Rechtsprechung jedenfalls nicht (mehr) in Betracht (vgl. Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 35).

Aus den genannten Gründen ist es – ungeachtet der Frage des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen und der diesbezüglich erforderlichen Gefahrenprognose – dem Beklagten auch verwehrt, die streitbefangene Beschränkung nunmehr nachträglich (vgl. Nr. 7. der Berufungserwiderung vom 15.1.2018, Bl. 30 ff. der VGH-Akte) auf Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 BayVersG als Rechtsgrundlage zu stützen.

2.3. Hinsichtlich der streitbefangenen Beschränkung lag im maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung jedenfalls auch ein der gerichtlichen Überprüfung gemäß § 114 Satz 1 VwGO unterliegender Ermessensfehlgebrauch der Versammlungsbehörde vor.

Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG sieht auf der Rechtsfolgenseite Ermessen der Versammlungsbehörde vor, das heißt (auch) bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage steht die Anordnung von Beschränkungen der Versammlung im Ermessen der Behörde, das diese im Rahmen des Art. 40 BayVwVfG unter Berücksichtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben hat. Insoweit ist die Ermessensausübung der Versammlungsbehörde durch die Gerichte nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbar.

Ein danach gerichtlich zu beanstandender Ermessensfehlgebrauch der Versammlungsbehörde lag im maßgeblichen Zeitpunkt schon deshalb vor, weil die entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung (s. Art. 40 BayVwVfG) anzustellende Prüfung bzw. Prognose, ob und in welchem Umfang bei der Durchführung der angemeldeten Versammlung eine unmittelbare Gefährdung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG zu erwarten ist, von der Behörde nicht in der gebotenen Weise durchgeführt bzw. angestellt worden ist; auf die Ausführungen unter 2.1. kann hier Bezug genommen werden.

In den Gründen des Bescheids des Beklagten vom 8. April 2016 (Nr. II. 2.) finden sich zum Ermessen lediglich die formelhaften Ausführungen, „Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG entscheidet die zuständige Behörde über die Festsetzung von beschränkenden Verfügungen nach pflichtgemäßem Ermessen.“ und „Nach den polizeilichen Erkenntnissen, insbesondere hinsichtlich der örtlichen und sachlichen Gegebenheiten am Tag der Kundgebung sind die beschränkenden Verfügungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um einen störungsfreien Ablauf der Versammlung sicherzustellen.“. Unter II. 3.6 wird diesbezüglich lediglich ausgeführt, „Da auch in Musikstücken diese Parolen enthalten sein können, ist eine entsprechende Regelung auch für die ausgestrahlte Musik erforderlich.“

Soweit der Beklagte noch auf umfangreichere Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit unter II. 5. des Bescheids verweist, beziehen sich diese offensichtlich und eindeutig ausschließlich auf die unter Nr. 1.5 des Bescheids verfügte Beschränkung der Kundgebungsmittel; einen auch nur ansatzweisen Bezug zur streitbefangenen Verfügung bezüglich der Parolen vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Demgemäß fehlt insoweit auch die im Hinblick auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit erforderliche Güterabwägung.

Nicht durchzugreifen vermag schließlich der Einwand des Beklagten, die Angabe weiterer Einzelheiten und Erwägungen sowohl bezüglich der Gefahrenprognose als auch der darauf beruhenden Ermessensausübung im Ausgangsbescheid sei schon deshalb entbehrlich, weil der beim Kooperationsgespräch anwesende Vertreter der Klägerin zu 1 nach kurzer Erläuterung der beabsichtigten Beschränkungen erklärt habe, „dies sei ihm bekannt, da dies nicht die erste Versammlung des III. Wegs sei“ (vgl. Vermerk über das Kooperationsgespräch am 7.4.2016, Bl. 30 der Behördenakte). Denn daraus konnte weder ein Einverständnis der Klägerin zu 1 mit der streitbefangenen Verfügung noch etwa ein Verzicht auf eine Begründung oder die pflichtgemäße Ermessensentscheidung abgeleitet werden.

2.4. Durch die im Gerichtsverfahren nachträglich angestellten bzw. ergänzten Ermessenserwägungen konnte der gerichtlich zu beanstandende Ermessensfehlgebrauch nicht (mehr) beseitigt bzw. geheilt werden.

Die Zulässigkeit eines Nachschiebens oder einer Ergänzung von Ermessenserwägungen bestimmt sich nach ganz herrschender Meinung nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht; § 114 Satz 2 VwGO ermöglicht dagegen allein keine Mängelheilung, sondern bestimmt lediglich, dass einem danach zulässigen Nachholen von Ermessenserwägungen prozessuale Hindernisse unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen nicht entgegenstehen (stRspr des BVerwG, vgl. z.B. U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 31; Decker in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.4.2018, § 114 Rn. 38; Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 45; H. A. Wolff in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 205; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 85 f.; Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1. 4. 2018, § 45 Rn. 35, 37 jeweils m.w.N.).

Nicht abschließend entschieden werden muss im vorliegenden Fall, ob nicht bereits aus prozessualen Gründen eine Ergänzung der Ermessenserwägungen der Versammlungsbehörde in der Situation einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog ausscheidet. Zwar geht – soweit ersichtlich – die herrschende Meinung und Rechtsprechung von der Anwendbarkeit des § 114 Satz 2 VwGO auch in den Fällen der Fortsetzungsfeststellungsklage aus (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.2000 – 2 B 98.99 – NVwZ 2000, 1186; Decker in BeckOK VwGO, a.a.O., § 114 Rn. 1; Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 114 Rn. 12d; H. A. Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 114 Rn. 34; Rennert in Eyermann, a.a.O., § 114 Rn. 6). Das dafür angeführte Wortlautargument „hinsichtlich des Verwaltungsakts“ erscheint dem Senat allerdings aus den bereits oben unter 2.2. dargelegten Gründen gerade in der vorliegenden prozessualen Konstellation wenig überzeugend (im Ergebnis so auch OVG NW, B.v. 20.2.2001 – 18 A 1520/92 – NVwZ 2001,1424). Unabhängig davon stellt das im Berufungsverfahren mit Schriftsatz des Beklagten vom 15. Januar 2018 vorgenommene Nachschieben von Ermessenserwägungen auch keine bloße „Ergänzung“ im Sinne dieser prozessualen Bestimmung dar, sondern entspricht vielmehr einer erstmaligen Begründung der Ermessensentscheidung.

Einer Ergänzung der Ermessenserwägungen mit heilender Rückwirkung (ex tunc) nach Erledigung des versammlungsrechtlichen Verwaltungsakts (hier: der angefochtenen Beschränkung) stehen jedenfalls die bereits oben angeführten materiell-rechtlichen Gründe entgegen (im Ergebnis so auch OVG NW, a.a.O.; zweifelnd: Rennert in Eyermann, a.a.O., § 114 Rn. 88; offen gelassen: BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 32 im Fall eines für einen bereits abgelaufenen Zeitraum erledigten Dauerverwaltungsakts), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug genommen wird.

Auf die weiteren im Verwaltungsstreitverfahren ausführlich erörterten materiellen Fragen insbesondere zur Bestimmtheit der streitbefangenen Beschränkung kommt es nach alledem nicht mehr entscheidungserheblich an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beigeladene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die dem Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte bauaufsichtliche Genehmigung vom 24. Oktober 2017 für den „Anbau einer Lager- und Verladehalle an eine landwirtschaftliche Gemüsehalle“.

Der Beigeladene ist Inhaber eines Gemüseanbaubetriebs im östlichen Anschluss an die wohngenutzten Grundstücke des Antragstellers FlNr. … und … Gemarkung P* … Im baulichen Bestand des Beigeladenen ist auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung P* …, das an das Antragstellergrundstück FlNr. … grenzt, ein Gewächshaus errichtet (inzwischen teilweise beseitigt). Östlich davon besteht auf den Grundstücken des Beigeladenen FlNr. … und … Gemarkung P* … eine zum Betrieb gehörende, ca. 40 m (Ost-West) x 30 m (Nord-Süd) große Gemüselagerhalle.

Nach den zum Baugenehmigungsantrag des Beigeladenen eingereichten und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen umfasst das Vorhaben den teilweisen Abbruch des den Wohngrundstücken des Antragstellers benachbarten Gewächshauses (FlNr. …*), die Erweiterung der bestehende Gemüselagerhalle nach Westen in Richtung der Grundstücke des Antragstellers um etwa 26 m (FlNr. …, …, …*) und die Errichtung einer Verladehalle (FlNr. …*), die südlich an die erweiterte Gemüselagerhalle anschließt. Unter anderem zum Grundstück des Antragstellers hin ist eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende, 3,50 m hohe Lärmschutzwand westlich der Gemüselager- und Verladehalle vorgesehen. Zum Bauantrag wurde eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung vom 13. Juni 2017 mit Ergänzung vom 27. September 2017 eingereicht, die zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurde.

Gegen die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 hat der Antragsteller am 13. November 2017 Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat (Az. AN 3 K 17.02356). Am 23. November 2017 beantragte der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 13. Dezember 2017 statt. Die Baugenehmigung sei im Hinblick auf die nachbarschützenden Belange des Antragstellers unbestimmt, weil sie mangels eines Betriebskonzepts den Betriebsumfang nicht erkennen lasse. Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung enthalte nur Angaben zu den Nutzungen „Verladung“ und „Lager“, Angaben zur „Verpackung“ fehlten, insbesondere zur Gestaltung der Arbeitsbereiche innerhalb der Halle (Verpackungsmaschinen, Betriebszeiten). Außerdem stünden die Bauvorlagen im Widerspruch zu den Annahmen der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung und der Stellungnahme des Stadtplanungsamts. Diese berücksichtigten nicht, dass nach den Bauvorlagen in der (nord-) westlichen Außenwand der Lagerhalle (Erweiterung) ein Rolltor vorgesehen sei.

Der Beigeladene hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2017, der ihm am 15. Dezember 2017 zugestellt wurde, am 22. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt und diese am 15. Januar 2018 begründet. Er ist der Auffassung, er habe am 31. Oktober 2016 eine ausreichende Betriebsbeschreibung eingereicht und erläutert im Weiteren sein Vorhaben und dessen Nutzung. An der Konzeption der Lager- und Verpackungshalle, die im Jahr 2010 genehmigt worden sei, habe sich aufgrund der Erweiterung der bestehenden Halle nichts geändert. Die Beschreibung von Arbeitsvorgängen und Arbeitszeiten innerhalb der Halle sei im Übrigen nachbarrechtlich nicht von Bedeutung. Denn nach der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung sowie der Ergänzungsberichte vom 15. Januar 2018 seien Geräuschentwicklungen innerhalb der Halle einschließlich des Einsatzes der Verpackungsmaschinen zu vernachlässigen, der Gesamtbetrieb unterschreite den höchst zulässigen Immissionsrichtwert. Ein inhaltlicher Fehler der Baugenehmigung liege nicht vor. Diese definiere keinen „komplett geschlossenen“ Raum, von dem aber dennoch auszugehen sei. Das Rolltor diene lediglich als Öffnung für Notfälle und sei verzichtbar. Überdies hätten die Vorschriften über Bauvorlagen keinen drittschützenden Charakter. Die Immissionswerte seien nicht überschritten, die Abstandsflächen würden eingehalten. Das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Interessenabwägung bei der Prüfung des Rücksichtnahmegebots versäumt, darzulegen, welche Verletzung nachbarschützender Rechte durch welche Maßnahme überhaupt in Betracht komme. Es genüge nicht, das Fehlen einer Betriebsbeschreibung zu rügen, ohne den Bezug zu nachbarrechtsrelevanten Auswirkungen herzustellen.

Der Beigeladene beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Dezember 2017 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2017 abzulehnen.

Der Antragsteller stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, dass der Beigeladene kein Betriebskonzept vorgelegt habe, das aber erforderlich sei. Es lasse sich deshalb weiterhin keine Gesamtlärmbelastung ermitteln, die vom Betrieb des Beigeladenen ausgehe. Die 2. Ergänzung der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 nehme zwar auf ein Betriebskonzept vom Januar 2018 Bezug, dieses unterscheide sich aber offenbar vom Betriebskonzept, das Gegenstand der Baugenehmigung gewesen sei und liege auch nicht vor. Die Annahmen zu den Fahrwegen in der Ergänzung der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 würden ebenso wenig den Tatsachen entsprechen, wie die in Ansatz gebrachte Betriebszeit von 4 Stunden/Tag oder die Annahme, das Rolltor würde immer geschlossen gehalten. Das Beschwerdeverfahren diene auch nicht dazu, ein bei der Ausgangsbehörde durchzuführendes Genehmigungsverfahren zu ersetzen. Im Übrigen verstoße das Bauvorhaben gegen § 34 BauGB, weil es sich nicht in die nähere Umgebung einfüge, die im Innenbereich von reiner Wohnbebauung geprägt sei. Auf die Darstellungen des Flächennutzungsplans werde Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Bauakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

Die vom Beigeladenen innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe‚ auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 zu Recht angeordnet, weil die Baugenehmigung im Hinblick auf nachbarliche Abwehrrechte des Antragstellers unbestimmt ist.

1. Wie jeder Verwaltungsakt muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 68 BayBO). Sie muss das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten (vgl. Art. 13 Abs. 1 BayVwVfG) die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können. Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung danach in objektiv-rechtlicher Hinsicht, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten – gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung – eindeutig zu erkennen ist und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist. Was Gegenstand der Baugenehmigung sein soll, bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag. Der Inhalt der Baugenehmigung ergibt sich aus der Bezeichnung, den Regelungen und der Begründung im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen. Wird deshalb in der Baugenehmigung auf den Antrag oder Antragsunterlagen verwiesen, ist die Baugenehmigung hinreichend bestimmt, wenn es der Antrag oder die Antragsunterlagen sind. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten – wie hier – ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 20.5.2014 – 4 B 21.14 – juris Rn. 9, 13; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 33 ff.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2017, Art. 68 Rn. 465 ff., jeweils m.w.N.).

2. Hiervon ausgehend ist das Verwaltungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die angefochtene Baugenehmigung in Ansehung der Nachbarrechte des Antragstellers nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist, weil dieser nicht zweifelsfrei feststellen kann, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an seinem Wohnhaus zu erwarten sind.

a) Auch in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, aus § 34 Abs. 1 Satz 1 oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots genügt ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Treffen verschiedenartige Nutzungen aufeinander und treten hierbei Immissionskonflikte auf, so ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückzugreifen, in denen das Rücksichtnahmegebot ebenso eine spezielle gesetzliche Ausprägung erfahren hat wie in § 34 Abs. 1, in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB oder in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30 m.w.N.).

b) Was dem Antragsteller danach an Immissionen durch Geräusche im konkreten Einzelfall zugemutet werden kann, bemisst sich voraussichtlich unter entsprechender Heranziehung des Immissionsrichtwertkonzepts der TA Lärm. Zwar nimmt Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm landwirtschaftliche Anlagen vom Anwendungsbereich der TA Lärm aus, wenn die Anlagen – wie hier – keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass insbesondere die Immissionsrichtwerte der TA Lärm auch für landwirtschaftliche Anlagen herangezogen werden können, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Die von der Nutzung der Lager- und Verladehalle ausgehenden Geräusche durch den An- und Abfahrverkehr, die Ladegeräusche, die Geräusche der Kühlanlage, des Tank-/und Waschplatzes sowie die Geräusche der Verpackungsmaschinen entsprechen ihrer Art nach gewerblichen Emissionen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Nutzung der Lager- und Verladehalle im konkreten Einzelfall den Begriff der Landwirtschaft erfüllt (vgl. § 201 BauGB).

c) In welcher Höhe dem Antragsteller nach Maßgabe der Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 eine vorhabenbedingte Geräuschbelastung zugemutet wird, ergibt sich aus der Auflage A160 zur Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017. Danach sind die in den schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13. Juni 2017 und vom 27. September 2017 „festgehaltenen Annahmen und beschriebenen Maßnahmen zu beachten“. In diesen schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen wird hinsichtlich des Wohngebäudes des Antragstellers (Immissionsort 2) vom „Schutzcharakter“ eines allgemeinen Wohngebiets und deshalb von einem Immissionsrichtwert von 55 dB(A)/tags ausgegangen (zur Nachtzeit sind „Fahrten und Verladetätigkeiten auf dem Betriebsgrundstück“ nicht zulässig, vgl. Auflage A161). Der durch Bezugnahmen auf die schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vonseiten der Antragsgegnerin festgelegte Schutzanspruch des Antragstellers wird auch vom Beigeladenen nicht infrage gestellt. Bedenken gegen diese zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes bestehen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26 m.w.N.).

d) Da die Vorbelastung nach den Ausführungen der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13 Juni 2017 und vom 27. September 2017 nicht bekannt ist und auch nicht ermittelt wurde, setzt das vom Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro bei der Berechnung des Immissionsbeitrags, der durch das Erweiterungsvorhaben verursacht wird, einen um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwertanteil von 49 dB(A) an, der am nächst gelegenen Wohngebäude des Antragstellers um 3 dB(A) unterschritten wird. Auch dieses Vorgehen ist unter entsprechender Heranziehung der Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm im Grundsatz nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2018 – 9 ZB 16.2081 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 24.10.2013 – 7 C 36.11 – BVerwGE 148, 155 = juris Rn. 37 ff. zur immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung, jeweils m.w.N.).

e) Allerdings ist mangels hinreichender Angaben im Bauantrag nicht gewährleistet, dass der angesetzte Immissionsrichtwertanteil im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Immissionsbelastung derzeit nicht verlässlich beurteilt werden kann, weil Aussagen zu den Arbeitsbereichen in der Lagerhalle fehlen und das in Richtung der Grundstücke des Antragstellers weisende Rolltor bei der schalltechnischen Untersuchung unberücksichtigt geblieben ist. Die Genauigkeit einer Immissionsprognose hängt aber wesentlich von der Zuverlässigkeit der Eingabedaten ab. Diese sind deshalb stets kritisch zu prüfen (vgl. A.2.2 des Anhangs zur TA Lärm). Es hätte daher entweder einer verbindlichen Betriebsbeschreibung zum Bauantrag oder in den zum Bauantrag eingereichten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen bedurft, um das vorhabenbedingte, immissionsrelevante Lärmgeschehen verlässlich bewerten zu können. Daran fehlt es nach wie vor.

aa) Die zum Bauantrag eingereichte Betriebsbeschreibung ist entgegen dem Beschwerdevorbringen des Beigeladenen nicht ausreichend, um festzustellen zu können, ob und in welchem Umfang der Antragsteller durch das Vorhaben des Beigeladenen in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird. Denn diese „Betriebsbeschreibung für land- und forstwirtschaftliche Vorhaben“ erschöpft sich in der Aufstellung der landwirtschaftlich genutzten Betriebsfläche und der Anzahl der Arbeitskräfte im Gärtnereibetrieb des Beigeladenen.

Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung vom 13. Juni 2017 geht entgegen den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauzeichnungen davon aus, dass das Gebäude bis auf die Südseite des Anbaus, die als Ein-/Ausfahrt genutzt wird, vollständig geschlossen ist. Dementsprechend beschreibt und bewertet die Untersuchung die Geräuschemissionen aus den Innenräumen des Lagergebäudes nicht, weil diese erfahrungsgemäß vernachlässigt werden könnten. Aus der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 27. September 2017 (Ergänzung) ergibt sich nichts anderes. In beiden Untersuchungen bleibt demnach das in den Bauzeichnungen dargestellte 3,10 m x 3 m große Sektionaltor in der zu den Grundstücken des Antragstellers weisenden westlichen Wand des Lagergebäudes – anders als die Sektionaltore in der Südwand der Verladehalle – unberücksichtigt. Dies ergibt sich auch aus der im Beschwerdeverfahren eingereichten, schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 (2. Ergänzung). Darin weist das vom Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro darauf hin, dass die Rolltore und Türen in der Lagerhalle in den Berechnungen im geschlossenen Zustand berücksichtigt wurden. Die Baugenehmigung trifft in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht keine weitergehenden Regelungen, sondern verweist lediglich auf die in den schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13. Juni 2017 und vom 27. September 2017 festgehaltenen „Annahmen und beschriebenen Maßnahmen“.

bb) Aus der im Beschwerdeverfahren eingereichten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 (2. Ergänzung), die keinen Eingang in die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 finden konnte und deshalb zur Bestimmtheit der Baugenehmigung nichts beitragen kann, folgt nichts anderes. Darin wird zwar ermittelt, von welchem Innenpegel in der Lagerhalle beim Betrieb von den drei vorgesehenen Packmaschinen ausgegangen werden kann und welche Schalldämmmaße die Außenbauteile der Lagerhalle aufweisen. Die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 beschränkt die Art und die Anzahl der Packmaschinen oder sonstiger ggf. zum Einsatz kommenden lärmemittierenden Maschinen und Gerätschaften in der Lagerhalle aber nicht. Auch die Berechnung der Beurteilungspegel folgt den Angaben des Beigeladenen, die in der Baugenehmigung oder den ihr zugrundeliegenden Bauvorlagen aber nicht festgelegt sind. Die für die Berechnung des Beurteilungspegels (bei Betrachtung des gesamten prognostizierten Betriebs nunmehr: 48 dB(A)/tags bei einem Immissionsrichtwertanteil von 49 dB(A)/tags) in Ansatz gebrachte Betriebszeit in der Lagerhalle von ca. 4 Std./Tag ist in der Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 ebenso wenig geregelt wie die Angabe des Beigeladenen, dass die Rolltore und Türen in der Lagerhalle nur zu betriebsbedingten Ein- und Ausfahrten kurzzeitig geöffnet werden (und deshalb in den Berechnungen im geschlossenen Zustand berücksichtigt wurden). Hiervon ausgehend kann nicht die Rede davon sein, dass die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 in Ansehung der Nachbarrechte des Antragstellers hinreichend bestimmt ist.

3. Ob der Antragsteller mit Erfolg eine Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs geltend machen kann, ist fraglich, bedarf aber keiner abschließenden Klärung im Beschwerdeverfahren. Nach Auffassung des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin ist das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen (vgl. Stellungnahme vom 29.11.2016). Trifft diese Annahme zu, wäre zu klären, wie weit die nähere Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung reicht, insbesondere, ob sie die wohngenutzten Grundstücke u.a. des Antragstellers mit erfasst und falls ja, ob die Eigenart der näheren Umgebung einem Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

(1) Die Erlaubnis ist für eine bestimmte Betriebsart und für bestimmte Räume zu erteilen. Die Betriebsart ist in der Erlaubnisurkunde zu bezeichnen; sie bestimmt sich nach der Art und Weise der Betriebsgestaltung, insbesondere nach den Betriebszeiten und der Art der Getränke, der zubereiteten Speisen, der Beherbergung oder der Darbietungen.

(2) Die Erlaubnis darf auf Zeit erteilt werden, soweit dieses Gesetz es zuläßt oder der Antragsteller es beantragt.

(3) (weggefallen)

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.