Arbeitsrecht: Anspruch auf Zusatzurlaub

published on 21/12/2011 01:10
Arbeitsrecht: Anspruch auf Zusatzurlaub
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Bereitschaftsdienststunden in der Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr sind Nachtarbeitsstunden iSv. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS - BAG vom 14.09.11 - Az:10 AZR 208/10
Das BAG hat mit dem Urteil vom 14.09.2011 (Az: 10 AZR 208/10) folgendes entschieden:

Bereitschaftsdienststunden, die in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistet werden, sind Nachtarbeitsstunden iSv. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS und lösen den tariflichen Anspruch auf Zusatzurlaub aus.

Die Parteien streiten über die Gewährung von Zusatzurlaub für das Jahr 2007.

Der Kläger ist für die Beklagte als Facharzt in der Abteilung Anästhesie tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Unternehmen des HELIOS-Konzerns vom 14. Dezember 2006 (TV-Ärzte HELIOS) Anwendung.

Dieser Tarifvertrag enthielt in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung ua. folgende Regelungen:

„§ 15

Nacht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit und Mehrarbeit



(3) Nachtarbeit ist die in der Zeit von 21 Uhr bis 6 Uhr geleistete Arbeit.



§ 17

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft

(1) Die Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gem.§ 13 Abs. 1 an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Die gesamte Zeit des Bereitschaftsdienstes wird als Arbeitszeit gewertet, für die Bemessung des Entgelts gilt § 7 des TV-Ärzte Entgelt HELIOS. …

§ 27

Zusatzurlaub, Sonderurlaub

(1) Der Arzt erhält bei einer Leistung im Kalenderjahr von mindestens

a) 150 Nachtarbeitsstunden Arbeitstag,

b) 300 Nachtarbeitsstunden Arbeitstage,

c) 450 Nachtarbeitsstunden Arbeitstage,

d) 600 Nachtarbeitsstunden Arbeitstage

Zusatzurlaub im folgenden Kalenderjahr.

Für Ärzte, die in Wechselschichten arbeiten (§ 16 dieses Manteltarifvertrages), erhöht sich der Zusatzurlaub nach vorstehenden lit. a) bis d) um jeweils 1 Arbeitstag.

Nachtarbeitsstunden, die in Zeiträumen geleistet werden, für die Zusatzurlaub für Wechselschicht zusteht, bleiben bei der Ermittlung der Nachtarbeitsstunden nach vorstehendem Satz 1 unberücksichtigt.

…“

Der Kläger leistete im Jahr 2007 453 Stunden Bereitschaftsdienst in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Mit Schreiben vom 25. Januar 2008 hat er die Gewährung von drei Arbeitstagen Zusatzurlaub geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, Bereitschaftsdienststunden während der Nachtzeit lösten den Anspruch auf Zusatzurlaub aus.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm für die im Jahr 2007 innerhalb des Bereitschaftsdienstes geleisteten 453 Nachtarbeitsstunden einen Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen in natura zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm einen angemessenen Ausgleich von bezahlten Tagen in natura zu gewähren, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, nur tatsächlich erbrachte Nachtarbeitsstunden, nicht aber Bereitschaftsdienststunden lösten den Anspruch auf Zusatzurlaub aus.

Die Vorinstanzen haben der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat aus § 27 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c TV-Ärzte HELIOS einen Anspruch auf Zusatzurlaub in Höhe von drei Arbeitstagen für die im Jahr 2007 im Rahmen des Bereitschaftsdienstes geleistete Nachtarbeit.

Bereitschaftsdienststunden, die in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistet werden, sind Nachtarbeitsstunden iSv. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS, die den tariflichen Anspruch auf Zusatzurlaub auslösen. Dies hat der Senat bereits zu der nahezu wortgleichen Regelung des § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA entschieden. Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung von § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS bestehen nicht.

Der Wortlaut, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist, ist nicht eindeutig. Nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS löst die Leistung einer bestimmten Anzahl von „Nachtarbeitsstunden“ den Anspruch auf Zusatzurlaub aus. Der Tarifvertrag definiert diesen Begriff nicht, sondern in § 15 Abs. 3 TV-Ärzte HELIOS den Begriff der Nachtarbeit als die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleistete Arbeit. Geleistet werden in dieser Zeitspanne sowohl regelmäßige Arbeitsstunden wie auch Bereitschaftsdienststunden, in denen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte HELIOS regelmäßig Arbeit anfällt.

Der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht dafür, nächtliche Bereitschaftsdienststunden als Nachtarbeitsstunden iSv. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS zu verstehen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 TV-Ärzte HELIOS wird die gesamte Zeit des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit gewertet. Da § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS nicht zwischen „reinen“ Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienstzeiten differenziert, lösen nach der Systematik des Tarifvertrags auch Bereitschaftsdienststunden als „Arbeitszeit“ den Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS aus.

Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigen dies. Ein tariflicher Zusatz- urlaub dient dem Ausgleich der durch Wechselschicht-, Schicht- und Nachtarbeit verursachten besonderen Belastungen. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS regelt den tariflichen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG für die Belastung durch Nachtarbeit. Nach diesem Zweck ist der Auslegung der Norm der arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeitbegriff zugrunde zu legen. Bereitschaftsdienst, den ein Arbeitnehmer in Form persönlicher Anwesenheit im Betrieb des Arbeitgebers leistet, ist nach der Rechtsprechung des EuGH in vollem Umfang als Arbeitszeit iSv. Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG anzusehen, ohne Rücksicht darauf, welche Arbeitsleistung der Betroffene während dieses Bereitschaftsdienstes tatsächlich erbringt. Dem hat sich der Senat angeschlossen. Bereitschaftsdienst in der Nachtzeit ist in seiner gesamten Dauer nach § 6 Abs. 5 ArbZG auszugleichen, unabhängig davon, in welchen Arbeitsstunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht wurde. Für jede Stunde des nächtlichen Bereitschaftsdienstes besteht deshalb ein gesetzlicher Anspruch auf einen Belastungsausgleich, der durch § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS tariflich näher bestimmt wird.

Auch die Entstehungsgeschichte der Tarifnorm, auf die bei etwaigen Auslegungszweifeln zurückgegriffen werden kann, stützt dieses Auslegungsergebnis. Der in der Norm des § 48a Abs. 6 Satz 1 BAT/BAT-O enthaltene Vorbehalt, dass nur im Rahmen regelmäßiger Arbeitszeit geleistete Arbeitsstunden berücksichtigt werden, ist in § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS nicht enthalten.

Die Verfahrensrüge der Revision ist unbehelflich. Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe den Beweisantritt in der Klageerwiderung vom 17. Oktober 2008 zur Entstehungsgeschichte des TV-Ärzte HELIOS übergangen, wonach die Tarifvertragsparteien keine zum TVöD-BT-K abweichende Regelung zum Zusatzurlaub treffen wollten. Auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags kann zurückgegriffen werden, wenn nach Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Zusammenhang Zweifel verbleiben. Solche Zweifel bestehen jedoch nicht, ein vermeintlich abweichender tariflicher Wille hat sich im Tarifvertrag nicht manifestiert.

Nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS erhalten Ärztinnen und Ärzte für die Leistung von jeweils 150 Nachtarbeitsstunden einen Arbeitstag Zusatzurlaub. Dieser Ausgleich entspricht einem Zuschlag von etwa fünf Prozent und ist auch für Bereitschaftsdienstzeiten nicht unangemessen. Für den Kläger errechnen sich bei 453 im Jahr 2007 geleisteten Nachtarbeitsstunden die geltend gemachten drei Zusatzurlaubstage. Diesen nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS erst im Jahr 2008 fällig gewordenen Anspruch hat der Kläger rechtzeitig am 25. Januar 2008 geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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published on 14/09/2011 00:00

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Februar 2010 - 3 Sa 227/09 - wird zurückgewiesen.
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Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Februar 2010 - 3 Sa 227/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Gewährung von Zusatzurlaub für das Jahr 2007.

2

Der Kläger ist für die Beklagte als Facharzt in der Abteilung Anästhesie tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Unternehmen des HELIOS-Konzerns vom 14. Dezember 2006 (TV-Ärzte HELIOS) Anwendung.

3

Dieser Tarifvertrag enthielt in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung ua. folgende Regelungen:

        

§ 15 

        

Nacht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit

        

und Mehrarbeit

        

…       

        
        

(3)     

Nachtarbeit ist die in der Zeit von 21 Uhr bis 6 Uhr geleistete Arbeit.

        

…       

        
                          
        

§ 17   

        

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft

        

(1)     

Die Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gem. § 13 Abs. 1 an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Die gesamte Zeit des Bereitschaftsdienstes wird als Arbeitszeit gewertet, für die Bemessung des Entgelts gilt § 7 des TV-Ärzte Entgelt HELIOS. …

        

…       

        
                          
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub, Sonderurlaub

        

(1)     

Der Arzt erhält bei einer Leistung im Kalenderjahr von mindestens

                 

a)    

150 Nachtarbeitsstunden

1 Arbeitstag,

                 

b)    

300 Nachtarbeitsstunden

2 Arbeitstage,

                 

c)    

450 Nachtarbeitsstunden

3 Arbeitstage,

                 

d)    

600 Nachtarbeitsstunden

4 Arbeitstage

                 

Zusatzurlaub im folgenden Kalenderjahr.

                 

Für Ärzte, die in Wechselschichten arbeiten (§ 16 dieses Manteltarifvertrages), erhöht sich der Zusatzurlaub nach vorstehenden lit. a) bis d) um jeweils 1 Arbeitstag.

                 

Nachtarbeitsstunden, die in Zeiträumen geleistet werden, für die Zusatzurlaub für Wechselschicht zusteht, bleiben bei der Ermittlung der Nachtarbeitsstunden nach vorstehendem Satz 1 unberücksichtigt.

        

…“    

        
4

Der Kläger leistete im Jahr 2007 453 Stunden Bereitschaftsdienst in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Mit Schreiben vom 25. Januar 2008 hat er die Gewährung von drei Arbeitstagen Zusatzurlaub geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, Bereitschaftsdienststunden während der Nachtzeit lösten den Anspruch auf Zusatzurlaub aus.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für die im Jahr 2007 innerhalb des Bereitschaftsdienstes geleisteten 453 Nachtarbeitsstunden einen Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen in natura zu gewähren,

        

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm einen angemessenen Ausgleich von bezahlten Tagen in natura zu gewähren, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, nur tatsächlich erbrachte Nachtarbeitsstunden, nicht aber Bereitschaftsdienststunden lösten den Anspruch auf Zusatzurlaub aus.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat aus § 27 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c TV-Ärzte HELIOS einen Anspruch auf Zusatzurlaub in Höhe von drei Arbeitstagen für die im Jahr 2007 im Rahmen des Bereitschaftsdienstes geleistete Nachtarbeit.

9

I. Bereitschaftsdienststunden, die in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistet werden, sind Nachtarbeitsstunden iSv. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS, die den tariflichen Anspruch auf Zusatzurlaub auslösen. Dies hat der Senat bereits zu der nahezu wortgleichen Regelung des § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA entschieden(BAG 23. Februar 2011 - 10 AZR 579/09 - NZA 2011, 1176). Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung von § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS bestehen nicht.

10

1. Der Wortlaut, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 220), ist nicht eindeutig. Nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS löst die Leistung einer bestimmten Anzahl von „Nachtarbeitsstunden“ den Anspruch auf Zusatzurlaub aus. Der Tarifvertrag definiert diesen Begriff nicht, sondern in § 15 Abs. 3 TV-Ärzte HELIOS den Begriff der Nachtarbeit als die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleistete Arbeit. Geleistet werden in dieser Zeitspanne sowohl regelmäßige Arbeitsstunden wie auch Bereitschaftsdienststunden, in denen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte HELIOS regelmäßig Arbeit anfällt.

11

2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht dafür, nächtliche Bereitschaftsdienststunden als Nachtarbeitsstunden iSv. § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS zu verstehen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 TV-Ärzte HELIOS wird die gesamte Zeit des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit gewertet. Da § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS nicht zwischen „reinen“ Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienstzeiten differenziert, lösen nach der Systematik des Tarifvertrags auch Bereitschaftsdienststunden als „Arbeitszeit“ den Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS aus.

12

3. Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigen dies. Ein tariflicher Zusatzurlaub dient dem Ausgleich der durch Wechselschicht-, Schicht- und Nachtarbeit verursachten besonderen Belastungen (vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 923/08 - Rn. 21, AP TVöD § 46 Nr. 1 [Schichtarbeit, zu § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V]; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 19, BAGE 131, 215 [Nachtarbeit, zu § 48a BAT-KF]; 7. November 2007 - 7 AZR 820/06 - Rn. 21, BAGE 124, 356 [Wechselschichtarbeit, zu § 48a BAT]). § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS regelt den tariflichen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG für die Belastung durch Nachtarbeit. Nach diesem Zweck ist der Auslegung der Norm der arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeitbegriff zugrunde zu legen. Bereitschaftsdienst, den ein Arbeitnehmer in Form persönlicher Anwesenheit im Betrieb des Arbeitgebers leistet, ist nach der Rechtsprechung des EuGH in vollem Umfang als Arbeitszeit iSv. Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG anzusehen, ohne Rücksicht darauf, welche Arbeitsleistung der Betroffene während dieses Bereitschaftsdienstes tatsächlich erbringt(EuGH 1. Dezember 2005 - C-14/04 - [Dellas] Rn. 46, Slg. 2005, I-10253; 5. Oktober 2004 - C-397/01 bis C-403/01 - [Pfeiffer ua.] Rn. 93, Slg. 2004, I-8835; 9. September 2003 - C-151/02 - [Jaeger] Rn. 75, Slg. 2003, I-8389; 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [Simap] Rn. 52, Slg. 2000, I-7963). Dem hat sich der Senat angeschlossen (BAG 23. Juni 2010 - 10 AZR 543/09 - Rn. 20 ff., AP ArbZG § 7 Nr. 4 = EzA ArbZG § 7 Nr. 8). Bereitschaftsdienst in der Nachtzeit ist in seiner gesamten Dauer nach § 6 Abs. 5 ArbZG auszugleichen, unabhängig davon, in welchen Arbeitsstunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht wurde(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Für jede Stunde des nächtlichen Bereitschaftsdienstes besteht deshalb ein gesetzlicher Anspruch auf einen Belastungsausgleich, der durch § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS(wie durch § 28 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA, vgl. BAG 23. Februar 2011 - 10 AZR 579/09 - NZA 2011, 1176) tariflich näher bestimmt wird.

13

4. Auch die Entstehungsgeschichte der Tarifnorm, auf die bei etwaigen Auslegungszweifeln zurückgegriffen werden kann (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 220), stützt dieses Auslegungsergebnis. Der in der Norm des § 48a Abs. 6 Satz 1 BAT/BAT-O enthaltene Vorbehalt, dass nur im Rahmen regelmäßiger Arbeitszeit geleistete Arbeitsstunden berücksichtigt werden, ist in § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS nicht enthalten.

14

5. Die Verfahrensrüge der Revision ist unbehelflich. Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe den Beweisantritt in der Klageerwiderung vom 17. Oktober 2008 zur Entstehungsgeschichte des TV-Ärzte HELIOS übergangen, wonach die Tarifvertragsparteien keine zum TVöD-BT-K abweichende Regelung zum Zusatzurlaub treffen wollten. Auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags kann zurückgegriffen werden, wenn nach Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Zusammenhang Zweifel verbleiben (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 29 ff., aaO). Solche Zweifel bestehen jedoch nicht, ein vermeintlich abweichender tariflicher Wille hat sich im Tarifvertrag nicht manifestiert.

15

II. Nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS erhalten Ärztinnen und Ärzte für die Leistung von jeweils 150 Nachtarbeitsstunden einen Arbeitstag Zusatzurlaub. Dieser Ausgleich entspricht einem Zuschlag von etwa fünf Prozent und ist auch für Bereitschaftsdienstzeiten nicht unangemessen (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 22, BAGE 131, 215). Für den Kläger errechnen sich bei 453 im Jahr 2007 geleisteten Nachtarbeitsstunden die geltend gemachten drei Zusatzurlaubstage. Diesen nach § 27 Abs. 1 TV-Ärzte HELIOS erst im Jahr 2008 fällig gewordenen Anspruch hat der Kläger rechtzeitig am 25. Januar 2008 geltend gemacht.

16

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    A. Effenberger    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)