|
|
| Die am 30.05.2011, einem Montag, innerhalb der einmonatigen Frist aus § 74 Abs. 1 und 2 VwGO erhobene Klage (§§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 erste Alter. BGB, 222 Abs. 2 ZPO) ist auch sonst zulässig. Insbesondere besteht für die Klage auch in dem für die Beurteilung ihrer Zulässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 17. Aufl., 2011, RN 11, Vorb § 40). Es ist durch das Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes vom 20.11.2012 (GBl. S. 604) - LGlüG - am 29.11.2012 nicht entfallen. |
|
| Allerdings fehlt es am Rechtsschutzinteresse für eine Klage auf Erteilung einer Genehmigung (bzw. hier eines Bauvorbescheids), wenn der Kläger aus Gründen außerhalb des konkreten Verfahrens gehindert ist, von der Genehmigung bestimmungsgemäß Gebrauch zu machen, diese für ihn also nutzlos ist. |
|
| Für den Betrieb einer Spielhalle ist die baurechtliche Genehmigung allein nicht ausreichend. Der Kläger benötigt zusätzlich eine Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz, die die Erlaubnis nach § 33 i GewO ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Abs. 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst (§ 41 Abs. 1 Satz 1 LGlüG). Gemäß Satz 2 der genannten Bestimmung bleiben sonstige Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften (hier: die Baugenehmigung) unberührt. Diese glückspielrechtliche Erlaubnis kann dem Kläger gegenwärtig nicht erteilt werden, sondern ist zwingend zu versagen, weil er mit der geplanten Spielhalle im Ladenlokal in der ...-Straße den erforderlichen Mindestabstand von mindestens 500 m Luftlinie zur nächstgelegenen Spielhalle unmittelbar auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf dem Grundstück ...-Straße nicht einhält (§§ 41 Abs. 2 Nr. 2, 42 Abs. 1 LGlüG). |
|
| Das Rechtsschutzinteresse ist dadurch jedoch nicht entfallen (so aber Bay. VGH Urt. v. 20.12.2012 - 2 B 12.1977, VG Stuttgart, Urt. v. 11.12.2012 - 5 K 4749/10 - und VG Gelsenkirchen, Urt. v. 17.01.2013 - 5 K 4936/11 -, jeweils juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schließt die fehlende andere Genehmigung das Sachbescheidungsinteresse nur aus, wenn sich die ihrer Erteilung entgegenstehenden Hindernisse „schlechthin nicht ausräumen lassen“ (vgl. Urt. v. 17.10.1989 -1 C 18.87 -, BVerwGE 84, 11 und v. 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61,128). Das steht aber nicht fest. |
|
| Nach § 57 Abs. 1 Satz 2 LBO gilt der Bauvorbescheid drei Jahre. Auch wenn gegenwärtig nichts Konkretes dafür dargetan ist, dass die Spielhallen in der ...-Straße innerhalb dieses Zeitraums schließen werden, so ist dies doch auch keineswegs ausgeschlossen. Das gegenwärtig der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis entgegenstehende Hindernis wäre entfallen und der Kläger könnte von dem Bauvorbescheid den bestimmungsgemäßen Gebrauch machen. Daraus ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis. |
|
| Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 05.08.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 27.04.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids noch ist die Beklagte zu verpflichten, darüber nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 VwGO). |
|
| Gemäß §§ 57 Abs. 2, 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist der beantragte Bauvorbescheid nicht zu erteilen, denn der Einrichtung der geplanten Spielhalle in dem Gebäude auf den Grundstücken FlStNrn. 1331 und 1331/2 der Gemarkung ... stehen die Festsetzungen des Bebauungsplans entgegen. |
|
| Der Bebauungsplan setzt für die Grundstücke FlStNrn. 1331 und 1331/2 als Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet i.S. von § 8 BauNVO fest. Entgegen §§ 1 Abs. 3 Satz 2, 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 90 sind jedoch Spielhallen als Unterart der Vergnügungsstätte auch nicht ausnahmsweise zulässig, denn durch den vom Gemeinderat der Beklagten am 02.05.1994 beschlossenen Änderungsbebauungsplan wurden unter Nr. 2.2.2 der zum Bebauungsplan gehörenden Bebauungsvorschriften Vergnügungsstätten im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans ausgeschlossen. Durch die weitere vom Gemeinderat der Beklagten am 13.12.2004 beschlossene Bebauungsplanänderung wurde diese Regelung unter Nr. 2.2.3 der Bebauungsvorschriften nur bezüglich der Grundstücke FlStNrn. 1330 und 1330/1 für Spielhallen teilweise eingeschränkt. |
|
| Der Bebauungsplan ist auch weder aus formellen noch aus materiellen Gründen rechtswidrig und damit unwirksam. Insbesondere ist der Ausschluss von Vergnügungsstätten im gesamten Geltungsbereich der Bebauungsplans unter Nr. 2.2.2 der Bebauungsvorschriften durch den am 02.05.1994 beschlossenen Änderungsbebauungsplan wirksam erfolgt. |
|
| Entgegen der vom Regierungspräsidium ... im Widerspruchsverfahren diskutierten Auffassung (Schreiben vom 21.02.2011) ist der am 02.05.1994 beschlossene Änderungsbebauungsplan ordnungsgemäß bekanntgemacht worden und damit in Kraft getreten. |
|
| Im Jahre 1994 war das Inkrafttreten von Bebauungsplänen in § 12 BauGB i.d. F. vom 08.12.1986 (BGBl. I S. 2253) - BauGB 86 - geregelt. Danach war die Erteilung der nach § 11 Abs. 2 BauGB 86 erforderlichen Genehmigung bzw. (wie hier) die Durchführung des Anzeigeverfahrens nach § 11 Abs. 3 BauGB 86 ortsüblich bekanntzumachen. Der Bebauungsplan war mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten und über seinen Inhalt auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung war darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung an Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung trat der Bebauungsplan in Kraft. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB 86 war eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nur beachtlich, wenn der mit der Bekanntmachung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. |
|
| Die ortsübliche Durchführung des Anzeigeverfahrens ist mit den entsprechenden Veröffentlichungen im ..., im ... ... und in der ... ... am 01.10.1994 erfolgt. Daraus, dass in der Bekanntmachung zwar auf den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, aber nicht auf den von Vergnügungsstätten hingewiesen worden ist, ergibt sich kein nach dem Vorstehenden erheblicher Fehler. |
|
| Zunächst war es nicht notwendig, in der Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens auf den Inhalt der Bebauungsplanänderung hinzuweisen. Dass der gleichwohl erfolgte Hinweis unvollständig war, ist unbeachtlich. Der Auffassung, der - überflüssige - Hinweis müsse als Voraussetzung für eine wirksame Bekanntmachung vollständig sein, damit beim Bürger kein unzutreffender Eindruck über den Umfang der Änderung entstehe, ist nicht zu folgen, wie sich aus den folgenden Überlegungen ergibt. |
|
| Die Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens ist neben dem Bereithalten des beschlossenen Bebauungsplans zu jedermanns Einsicht während der Dienststunden bei der in der Bekanntmachung angegebenen Dienststelle Teil des in § 12 BauGB 86 geregelten zweistufigen Verkündungsverfahrens. Die Verkündung als Teil des Rechtssetzungsverfahrens wird vom Rechtsstaatsprinzip geboten und ist Bedingung für die Geltung einer Rechtsnorm. Sie verlangt, die Rechtsnormen der Öffentlichkeit so zugänglich zu machen, dass sie sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen kann. Das setzt voraus, dass der Bebauungsplan bestimmt bezeichnet wird, damit der interessierte Bürger ohne Schwierigkeiten zu dem richtigen, bei der Gemeinde zur Einsicht bereitgehaltenen Bebauungsplan geführt wird und sich dort über dessen Inhalt unterrichten kann. Diesen Anforderungen genügt die erfolgte Bekanntgabe ungeachtet des unvollständigen Hinweises. |
|
| Durch die nur teilweise Wiedergabe des Inhalts des Bebauungsplans in der Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens wird auch weder die Möglichkeit der Kenntnisnahme unzumutbar erschwert noch der betroffene Bürger möglicherweise von einem eigentlich gebotenen Normenkontrollantrag abgehalten. |
|
| Wie ausgeführt, verlangte § 12 BauGB 86 zusätzlich zur Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens, dass der Bebauungsplan mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereit zu halten ist. Darin kommt die Wertung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass nur die Einsicht in den Plan zuverlässig Kenntnis von dessen Inhalt verschaffen kann. Die Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens ist dafür ohnehin nicht ausreichend. Diese hat auch keine Anstoßfunktion. Anders als bei der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung der Planentwürfe im Verfahren der Planaufstellung geht es nicht darum, interessierte Bürger zur Mitwirkung zu ermuntern und auf die Entscheidung des Satzungsgebers Einfluss zu nehmen. |
|
| Unter diesen Umständen kann auch nicht argumentiert werden, wegen der unvollständigen Wiedergabe der Änderungen unterließen es durch die Planänderung nachteilig Betroffene, Normenkontrollanträge zu stellen. Denn die durch einen Bebauungsplan Betroffenen müssen sich ohnehin durch Einsicht von dessen Inhalt Kenntnis verschaffen, um zuverlässig feststellen zu können, ob Anlass für einen Normenkontrollantrag besteht (vgl. zu alledem BVerfG, Beschl. v. 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 und BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 29.86 -, BVerwGE 75, 271). |
|
| Der Änderungsbebauungsplan ist auch sonst nicht aus formellen Gründen rechtswidrig und damit unwirksam. Allerdings wurde im Planaufstellungsverfahren wohl gegen die Vorschriften über die Beteiligung der Bürger gemäß § 3 Abs. 2 und 3 BauGB 86 verstoßen. Wie die Beklagte selbst vorträgt, hat sie bei der Bekanntmachung des erneuten Offenlegungsbeschlusses vom 21.02.1994 am 26.02.1994 nur noch auf den geplanten Einzelhandelsausschluss, aber nicht mehr auf den weiterhin ebenfalls geplanten und dann auch tatsächlich erfolgten Ausschluss von Vergnügungsstätten hingewiesen. Umgekehrt hat sie von der Möglichkeit aus § 3 Abs. 3 Satz 1 zweiter Hs. BauGB 86 zu bestimmen, dass Bedenken und Anregungen nur noch zu den geänderten Regelungen hinsichtlich des Einzelhandelsausschlusses vorgebracht werden können, keinen Gebrauch gemacht. Unter diesen Umständen dürfte die öffentliche Bekanntmachung im Hinblick auf die weiterhin bestehende Möglichkeit, Bedenken und Anregungen auch zu dem Ausschluss von Vergnügungsstätten geltend zu machen, die ihr zukommende Anstoßfunktion nicht mehr erfüllt haben (vgl. dazu Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 1. Aufl., 1988, RN 24 zu § 3). Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Die Verletzung der Vorschriften über die Beteiligung der Bürger nach § 3 Abs. 2 und 3 BauGB 86 ist zwar ein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB 86 grundsätzlich beachtlicher Verfahrensfehler. Dieser ist aber jedenfalls zwischenzeitlich unbeachtlich geworden, denn er ist nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Änderungsbebauungsplans gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BauGB 86). Die Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens hinsichtlich des Änderungsbebauungsplans am 01.10.1994 ist mit dem Hinweis gemäß § 215 Abs. 2 BauGB 86 erfolgt (vgl. zur Anwendbarkeit des BauGB 86 § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB). |
|
| Der am 02.05.1994 von der Beklagten unter Nr. 2.2.2 der geänderten Bebauungsvorschriften beschlossene Ausschluss von Vergnügungsstätten und damit auch von Spielhallen im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans ist auch nicht wegen eines noch beachtlichen Verstoßes gegen materiell-rechtliche Vorschriften unwirksam. |
|
| Rechtsgrundlage für den Ausschluss von Vergnügungsstätten in einem Gewerbegebiet (der für die Grundstücke des Klägers festgesetzten Art der baulichen Nutzung) ist § 1 Abs. 6 BauNVO 90, denn Vergnügungsstätten sind dort nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 90 ausnahmsweise zulässig. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO 90 kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO 90 vorgesehen sind, nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden. Der Ausschluss einzelner Nutzungen nach dieser Bestimmung steht aber nicht im planerischen Belieben der Gemeinde. So wie die Bebauungsplanung insgesamt und damit auch die Festsetzung der Baugebiete nach § 1 Abs. 3 BauGB 86 (jetzt: § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) dem Grundsatz der Erforderlichkeit unterliegen, so bedürfen auch die Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 ff BauNVO 90 grundsätzlich der Rechtfertigung. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt danach nicht nur für die Planaufstellung als solche, sondern auch für ihren Inhalt, und zwar für jede einzelne Festsetzung und damit hier für den generellen Ausschluss von Vergnügungsstätten (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.03.2009 - 4 C 21.07 - BVerwGE 133, 310 und Urt. v. 18.03.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 sowie Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., RN 8 zu § 9 BauGB, Stand: April 2008). |
|
| Zwingende Gründe oder ein akutes Bedürfnis für die Planung müssen dagegen nicht vorliegen. Die Gemeinde hat bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit im Gegenteil ein weites planerisches Ermessen. Sie soll bewusst Städtebaupolitik betreiben. Grundsätzlich zulässig ist auch eine sog. Angebotsplanung zur Deckung eines künftigen Bedarfs (BVerwG, Beschl. v. 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338; Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., RN 17 zu §1 BauGB, Stand: Dez. 2005). Maßgeblich für die Erforderlichkeit ist daher die planerische Konzeption der Gemeinde, die allerdings an den Belangen der Bodenordnung ausgerichtet sein muss, wie sie insbesondere in § 1 Abs. 5 BauGB 86 (jetzt: § 1 Abs. 5 und 6 und außerdem auch § 1a BauGB) aufgeführt sind. Nicht erforderlich i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB (jetzt: § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) und damit auch nicht gemäß § 1 Abs. 4 ff BauNVO 90 gerechtfertigt sind Bebauungspläne - bzw. nach dem oben dargelegten Maßstab - auch einzelne Festsetzungen, die einer positiven Planungskonzeption entbehren, ausschließlich der Förderung von Zielen dienen, zu deren Verwirklichung das Planungsinstrumentarium des Baugesetzbuchs nicht bestimmt ist oder deren Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.2011 - 3 S 698/11 - NVwZ-RR 2012, 11). |
|
| Nach diesem Maßstab ist der Ausschluss von Vergnügungsstätten erforderlich. Er dient der räumlichen Trennung miteinander in Konflikt tretender Nutzungsformen (Vergnügungsstätten einerseits, Wohnnutzung in Mischgebieten andererseits), dem Schutz der Wohnbevölkerung in der ... Straße vor den Lärm- und Abgasimmissionen, die durch den mit Vergnügungsstätten verbundenen Verkehr in den späten Abend- und Nachtstunden hervorgerufen werden, und dazu, die Flächen im Bebauungsplangebiet vorrangig den Gewerbe- und Handwerksbetrieben zur Verfügung zu stellen. Ob der Ausschluss von Vergnügungsstätten auch zur Verhinderung eines sogenannten Trading-Down-Effekts erforderlich ist, erscheint fraglich, kann aber offen bleiben, da die einzelnen o.g. Gründe den Ausschluss von Vergnügungsstätten im Bebauungsplangebiet jeweils selbständig - und nicht nur kumulativ - tragen. |
|
|
|
| Zu Recht hat die Beklagte Vergnügungsstätten im Bebauungsplangebiet ausgeschlossen, um sie im Gebiet „... - ...“ zu konzentrieren und so von der Wohnnutzung zu trennen. Allerdings ist dem Kläger einzuräumen, dass die diesbezügliche Begründung im Änderungsbebauungsplan missverstanden werden kann. |
|
| Dort heißt es zunächst, die Beklagte wolle die Ansiedlung weiterer Vergnügungsstätten wie auch die Ausweitung des bestehenden Angebots im Bereich des Bebauungsplangebiets verhindern, um den Schutz des sozialen Umfelds, insbesondere der Jugendlichen und Heranwachsenden, zu sichern. In Rechtsprechung und Literatur ist dazu anerkannt, dass die Gemeinde Festsetzungen in einem Bebauungsplan nicht mit Argumenten des Jugendschutzes oder der gebotenen Vorsorge vor dem Gefahrenpotenzial der Spielsucht begründen kann. Sie hat vielmehr die Wertungen des (Bundes-)Gesetzgebers hinzunehmen, der die Gewerbefreiheit auch für Vergnügungsstätten gewährleistet und den davon ausgehenden Gefahren mit gewerberechtlichen Regeln vorzubeugen sucht. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu - für Spielhallen als besondere Form der Vergnügungsstätte - ausgeführt, die Gemeinde dürfe nicht mit den Mitteln der Bauleitplanung eine von der Wertung des Bundesgesetzgebers abweichende „Spielhallenpolitik“ betreiben, indem sie solche Nutzungen von der baurechtlichen Zulässigkeit unabhängig von Erwägungen der Bodennutzung für ihr Gemeindegebiet ausschließt (Beschl. v. 22.05.1987 - 4 N 4.86 -, BVerwGE 77; 308; vgl. auch Guckelberger, Die verschiedenen, insbesondere baurechtlichen Instrumente zur Steuerung des Spielhallenangebots, GewArch 2011, 177/180 und Lieber, Genehmigung und planungsrechtliche Steuerung von Spielhallen, VBlBW 2011, 6/16). Das Argument der Beklagten, mit der Bebauungsplanänderung seien nicht nur Spielhallen als solche, sondern Vergnügungsstätten generell von der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit ausgeschlossen worden, dürfte in diesem Zusammenhang nicht durchgreifen, denn die Überlegungen zur „Spielhallenpolitik“ (dazu bereits oben) gelten wegen der insoweit parallel liegenden Situation in gleicher Weise für alle Arten von Vergnügungsstätten. |
|
| Die weitere Begründung der Bebauungsplanänderung verdeutlicht jedoch, dass die Beklagte auch keine „Spielhallenpolitik“ in Form der Bauleitplanung betrieben hat. Ziel der Bebauungsplanänderung ist es nicht, Vergnügungsstätten und damit auch Spielhallen generell im Gemeindegebiet auszuschließen, sondern diese in dem Gebiet „... - ...“ zu konzentrieren, das von der Wohnbebauung weiter entfernt liegt als das Bebauungsplangebiet mit seinen Mischgebietsinseln und der dort zulässigen Wohnbebauung sowie den nordöstlich angrenzenden Wohn- und Mischgebieten an der ... Straße. Da Vergnügungsstätten in der Nähe von Wohngebieten infolge der von ihnen ausgehenden Beeinträchtigungen schnell zu städtebaulichen Spannungen führen können (vgl. Ziegler in Brügelmann, Baugesetzbuch, Komm., RN 223 zu § 1 BauNVO), hat die Beklagte tatsächlich durch die räumliche Trennung miteinander in Konflikt tretender Nutzungen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 25.01.2007 - 4 C 1.06 -, BVerwGE 128; 118) bodenrechtliche Belange verfolgt, es geht um die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Wohnbevölkerung, zu der auch Jugendliche und Heranwachsende gehören (vgl. dazu auch § 1 Abs. 5 Nr. 1 BauGB 86, jetzt: Abs. 6 Nr. 1). |
|
| Um dieses städtebauliche Ziel zu erreichen, ist der Ausschluss von Vergnügungsstätten auch auf den Grundstücken des Klägers FlStNrn. 1330 und 1330/2 erforderlich. |
|
| Die §§ 1 Abs. 3 BauGB 86, 1 Abs. 4 ff BauNVO 90 setzen der Bauleitplanung zwar lediglich dem Grunde nach eine erste, strikt bindende Schranke. Sie betreffen nur die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten der konkreten planerischen Lösung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.03.2006 - 4 BN 38.05 -, ZfBR 2006, 468 und Urt. v. 21.03.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144). Die Erforderlichkeit der Planung und auch einer Festsetzung nach § 1 Abs. 4 ff BauNVO 90 hängen deshalb nicht vom Gewicht der für und gegen sie sprechenden Belange ab. Auch kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die Grundeigentümer durch die entsprechenden Regelungen unangemessen benachteiligt werden. Diese Fragen sind vielmehr im Rahmen der - hier nicht gerügten - Abwägung zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.11.2004 - 8 S 1076/04 -, VBlBW 2005, 310). Gleichwohl dürfen Festsetzungen jedoch nicht weitergehen, als es zur Erreichung des Planungskonzepts überhaupt erforderlich ist. Eine Festsetzung ist danach jedenfalls dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn sie zur Erreichung des Planungsziels nichts mehr beitragen kann. Dies gilt auch hinsichtlich der Größe des Gebiets, für das die Festsetzung getroffen wird. § 1 Abs. 8 BauNVO 90 ermöglicht es in diesem Fall, eine Regelung nach § 1 Abs. 4 ff BauNVO 90 auf einen Teil des Baugebiets zu beschränken (vgl. dazu Ziegler in Brügelmann, Baugesetzbuch, Komm., RN 250 ff zu § 1 BauNVO). |
|
| Ob eine Vergnügungsstätte auf dem Grundstück des Klägers angesichts der Entfernung von mindestens 300 Meter Luftlinie auf die Wohnbebauung entlang der ... Straße noch städtebauliche Auswirkungen haben könnte, mag zweifelhaft erscheinen, kann aber offen bleiben. Drei der Mischgebietsinseln im Bebauungsplangebiet liegen jedenfalls deutlich näher. Eine der Mischgebietsinseln ist bei geradem Straßenverlauf nur durch die Bundespost von dem klägerischen Grundstück getrennt. Eine Vergnügungsstätte auf diesem wirkte sich städtebaulich i.S. der oben näher beschriebenen Spannungen auf die Wohnnutzung (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 90) in den genannten Mischgebietsinseln aus. |
|
| Der Ausschluss von Vergnügungsstätten ist auch zum Schutz der Wohnbevölkerung entlang der ... Straße vor den Auswirkungen eines erhöhten Verkehrsaufkommens und den damit verbundenen Lärm- und Abgasimmissionen erforderlich. |
|
| Aus der Begründung selbst ist zwar nicht zu ersehen, dass es um den Schutz der Wohnbevölkerung in der ... Straße außerhalb des Bebauungsplangebiets geht. Die einer Planung zu Grunde liegenden Motive und Gründe können sich indessen nicht nur aus der Begründung, sondern auch aus Ratsprotokollen, Aktenauszügen und dergleichen sowie auch aus den Festsetzungen selbst, aus ihrem Zusammenhang untereinander und auch aus ihrem Bezug zur örtlichen Situation ergeben (BVerwG, Beschl. v. 21.02.1986 - 4 N 1.85 -, BVerwGE 74, 47). |
|
| Die vorliegenden Bebauungsplanakten sind diesbezüglich allerdings kaum ergiebig. Lediglich bei einer am 17.12.1981 gemäß § 2 a Abs. 2 BBauG im Zusammenhang mit einer früheren Änderung des Bebauungsplans durchgeführten Bürgerbeteiligung wurde von einem Bürger die (verkehrsmäßige) Erschließung des Bebauungsplangebiets angesprochen, weil sich die... Straße wegen der starken Verkehrsbelastung zu einer „zweiten ... ...“ entwickle. Die Beklagte hat jedoch in der mündlichen Verhandlung vom Kläger unwidersprochen auf zahlreiche Beschwerden der Anwohner der ... Straße über die vom Bebauungsplangebiet ausgehende Verkehrsbelastung hingewiesen. Die Kammer verfügt bezüglich der durch Schleichverkehr aus dem Bebauungsplangebiet in der ... Straße hervorgerufenen Belastungen auch über eigene Sachkunde. Den beiden ortskundigen ehrenamtlichen Richterinnen ist bekannt, dass damals und auch heute noch trotz der verkehrsberuhigenden Maßnahmen der Verkehr für das Bebauungsplangebiet in großem Umfang über die ... Straße abgewickelt wird. Aus dem Bebauungsplangebiet kommende Fahrzeuge fahren in Richtung ... weiterhin nicht über die ... Straße, sondern durch die ... Straße bis zum ...-..., wo die ... Straße auf die ... Straße stößt. Sie wollen so der schwierigen Verkehrssituation beim Linksabbiegen von der ...- bzw. der ...-Straße in die ... Straße entgehen. Für den Zielverkehr ist der Weg in das Bebauungsplangebiet über die ... Straße teilweise kürzer oder wegen der starken Verkehrsbelastung auf der ... Straße jedenfalls einfacher. Die Kammer hat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung über ihren aus eigener Sachkunde gewonnenen Kenntnisstand unterrichtet. Auch der Kläger hat nicht widersprochen. |
|
| Der Kläger wendet ein, zum Schutz der Wohnbevölkerung in der ... Straße vor Verkehrslärm und -immissionen sei der Ausschluss von Vergnügungsstätten im Bebauungsplangebiet und insbesondere auf seinem Grundstück nicht erforderlich, denn das gesamte Bebauungsplangebiet und insbesondere das „Geviert“ mit seinem Grundstück würden unmittelbar über die ...-Straße selbst sowie die von dort abzweigende ... Straße bzw. die ...-Straße über die ... Straße/... ... erschlossen. Eine relevante Wohnnutzung gebe es dort nicht, stattdessen verursache die in großem Umfang vorhandene Einzelhandelsnutzung ein erhebliches Verkehrsaufkommen, neben dem das von Vergnügungsstätten - insbesondere einer Spielhalle auf dem Grundstück des Klägers - bewirkte, nicht ins Gewicht falle. Dem ist nicht zu folgen. |
|
| Wie aus den obigen Ausführungen folgt, wird auch heute noch in großem Umfang der nach Osten in Richtung ... fahrende bzw. der von dort kommende Verkehr über die ... Straße abgewickelt. Gerade wegen der schwierigen Verkehrssituation für Linksabbieger aus der ...- bzw. aus der ...-Straße in die ... Straße gilt dies auch für Fahrzeuge aus dem „Geviert“ des Klägers. |
|
| Ungeachtet dessen ist für die Beurteilung der Erforderlichkeit der planerischen Festsetzungen nicht auf die aktuelle Situation abzustellen. Dabei kann offen bleiben, ob mit der Beklagten ebenso wie bei der gerichtlichen Kontrolle der Abwägung auch bei der Prüfung der Frage, ob der Bebauungsplan i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist bzw. die Voraussetzungen aus § 1 Abs. 6 BauNVO 90 vorliegen, auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan am 02.05.1994 abzustellen ist (§ 214 Abs. 3 BauGB) oder ob insoweit die Bekanntmachung des Bebauungsplans am 01.10.1994 maßgeblich ist (vgl. dazu Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., RN 57a zu § 214 BauGB, Stand: Dez. 2008). Denn dafür, dass sich die Verkehrsverhältnisse in diesem kurzen Zeitraum geändert hätten, ist nichts ersichtlich. |
|
| Wie sich aus den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 08.04.2013 und den Hinweisen auf die zahlreichen Anwohnerbeschwerden in der mündlichen Verhandlung ergibt, stellte sich die Verkehrsbelastung in der Badstraße Mitte der 1990er Jahre noch problematischer dar als jetzt. Denn damals war das Verkehrsaufkommen auf der ... Straße noch größer, weil der ... als Umfahrung von ... erst 1997 in Betrieb ging und auch die verkehrsberuhigenden Maßnahmen in der ... Straße damals noch nicht getroffen worden waren. |
|
| Der planungsrechtlichen Erforderlichkeit des Ausschlusses von Vergnügungsstätten steht auch nicht entgegen, dass im südlichen Bereich des Bebauungsplangebiets ein Sondergebiet für den Einzelhandel ausgewiesen ist und dort auch sonst wohl bereits im Jahr 1994 zahlreiche andere publikumsintensive Einzelhandelsbetriebe mit einem erheblichen Verkehrsaufkommen vorhanden waren. |
|
| Allerdings fehlt die städtebauliche Rechtfertigung für eine Festsetzung im Bebauungsplan auch dann, wenn die Planung kein schlüssiges Konzept erkennen lässt. Eine solche konzeptionslose Planung liegt vor, wenn der Ausschluss bestimmter Nutzungen und die gleichzeitige Zulassung anderer Nutzungen gemessen am Planungsziel nicht nachvollziehbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.01.2005 - 8 S 2831/03 -, NVwZ-RR 2006, 11). |
|
| Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Zwar mag es sein, dass der Ausschluss von Vergnügungsstätten während des Tages schon aufgrund der intensiven Verkehrsbelastungen durch die übrigen Nutzungen im Gewerbegebiet, insbesondere auch durch den gerade in der Nähe des klägerischen Grundstücks ansässigen Einzelhandel, nicht zu einer wesentlichen Verkehrsentlastung in der ... Straße führen konnte. Anders stellte sich die Situation jedoch in den späteren Abend- und Nachtstunden dar. |
|
| Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass 1994 noch das Ladenschlussgesetz mit Öffnungszeiten nur bis 18.30 Uhr gegolten hat. Erst durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluss und zur Neuregelung der Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 30.07.1996 (BGBl. I S. 1186) wurden § 3 LadenschlG geändert und die Öffnungszeiten werktags bis 20 Uhr und samstags bis 16 Uhr verlängert. Die weitere Liberalisierung durch das Gesetz über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg vom 14.02.2007 (GBl. S. 135), wonach Verkaufsstellen im Wesentlichen nur noch an Sonn- und Feiertagen geschlossen sein müssen, trat erst im Jahr 2007 in Kraft. |
|
| Die verkehrsberuhigende Wirkung des Ausschlusses von Vergnügungsstätten im Bebauungsplangebiet wird auch nicht dadurch unterlaufen, dass die im Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 BauNVO 90 allgemein zulässigen Gewerbebetriebe aller Art und Tankstellen jedenfalls im Rahmen des § 15 BauNVO 90 grundsätzlich auch nachts betrieben werden können, und zwar auch dann, wenn von ihnen auch zu dieser Zeit - etwa durch Lieferverkehr/Schichtwechsel oder bei Tankstellen auch durch Ergänzungskäufe tätigende Jugendliche - ein größeres Verkehrsaufkommen ausgeht. |
|
| Hinsichtlich der Tankstellen ist zunächst zu beachten, dass im Jahr 1994 auch diese Ergänzungskäufe (Lebensmittel, Alkoholika, Zigaretten usw.) allenfalls während der insoweit auch für sie geltenden Ladenöffnungszeiten getätigt werden durften. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Will die Gemeinde eine Bebauungsplanänderung durchführen, um durch eine Verringerung der Verkehrsbelastung in den späten Abend- und Nachtstunden die gesunden Wohnverhältnisse in einem angrenzenden Allgemeinen Wohngebiet bzw. Mischgebiet zu verbessern, so kann es hinsichtlich der Erforderlichkeit der Planung bzw. der Änderung des Bebauungsplans nur auf die tatsächlich bestehende Situation und den dadurch ausgelösten Handlungsbedarf ankommen. Auch der Kläger behauptet aber nicht, dass Mitte der 1990er Jahre im Bebauungsplangebiet Gewerbebetriebe oder Tankstellen ansässig gewesen wären, die in den späten Abend- und Nachtstunden zu einer wesentlichen Verkehrsbelastung in der ... Straße geführt hätten. Auch gegenwärtig ist dies wohl nicht der Fall. |
|
| Der Kläger kann auch nicht mit der Argumentation durchdringen, es fehle an der Erforderlichkeit der Planung, weil die Wohnbevölkerung in der ... Straße die nach der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) geltenden Grenzwerte hinzunehmen habe. Dass diese überschritten gewesen seien, sei nicht nachgewiesen. Denn Verkehrslärm ist auch unterhalb der in der Verkehrslärmschutzverordnung bestimmten Zumutbarkeitsschwelle abwägungserheblich (vgl. Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., RN 59 zu § 1 BauGB, Stand: Dez. 2005 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Die Erforderlichkeit einer u.a auf die Verringerung der Verkehrslärmbelastung abzielenden Planung kann dann erst recht nicht mit dem Argument verneint werden, die maßgeblichen Grenzwerte seien nicht überschritten. Ob die Verkehrslärmbelastung in der ... Straße Mitte der 1990er Jahre so war, dass das private Interesse des Klägers, auf seinen Grundstücken auch Vergnügungsstätten bzw. Spielhallen einzurichten, dahinter zurückzutreten hatte, kann unter diesen Umständen nur im Rahmen der Abwägung von Bedeutung sein. Abwägungsfehler hat der Kläger jedoch ausdrücklich nicht gerügt. Die Frist von 7 Jahren ab der Bekanntmachung aus §§ 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB, 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB 86 dürfte auch verstrichen sein. |
|
| Die Beklagte war auch nicht gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO 90 verpflichtet, Spielhallen als Unterform der Vergnügungsstätte im Wege der Rückausnahme doch wieder zuzulassen. Spielhallen sind allerdings besondere Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen i.S. dieser Norm, denn es handelt sich dabei um eine Unterart der Nutzungsform „Vergnügungsstätte“, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt. Besondere städtebauliche Gründe i.S. des § 1 Abs. 9 BauNVO 90 liegen vor, wenn spezielle Gründe für eine gegenüber § 1 Abs. 5 bis 8 BauNVO 90 noch feinere Ausdifferenzierung der städtebaulich zulässigen Nutzung sprechen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.2011 - 3 S 698/11 -, NVwZ-RR 2012, 11). Daran fehlt es. Zwar stellt auch die Beklagte nicht in Frage, dass Spielhallen tendenziell zu einer geringeren Verkehrsbelastung führen als etwa Diskotheken oder sonstige Nachtlokale. Andererseits ist allgemein anerkannt, dass die durch eine Spielhalle verursachten Immissionen in aller Regel nicht auf den Spielbetrieb als solchen zurückzuführen sind, sondern durch das Kommen und Gehen und das damit verbundene Verkehrsaufkommen ausgelöst werden (vgl. Otto, Die Zulassung von Spielhallen: Planungsrecht vs. Spielhallenrecht, DVBl. 2011, 1330/1331 sowie auch VGH Bad-Württ., Urt. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, VBlBW 2011, 235). |
|
| Der Ausschluss von Vergnügungsstätten im Bebauungsplangebiet ist auch erforderlich, damit die Flächen im Bebauungsplangebiet vorrangig den Gewerbe- und Handwerksbetrieben zur Verfügung stehen. Diesen als Belang der Wirtschaft bodenrechtlich relevanten Gesichtspunkt (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB 86, jetzt § 1 Abs. 6 Nr. 8 a BauGB) hat die Beklagte zwar erstmals in der Begründung der am 13.12.2004 beschlossenen erneuten Änderung des Bebauungsplans ausdrücklich als Grund für den Ausschluss von Vergnügungsstätten genannt. Ungeachtet dessen wurden die im Zusammenhang mit der am 02.05.1994 beschlossenen Bebauungsplanänderung unter Nr. 2.2 „Allgemeine Nutzungseinschränkungen“ der Bebauungsvorschriften verfügten Nutzungsausschlüsse - und damit auch der Ausschluss von Vergnügungsstätten - auch mit diesem Gesichtspunkt begründet, wenn auch insoweit ausdrücklich nur eine Beziehung zu den ebenfalls ausgeschlossenen Einzelhandelsbetrieben hergestellt wurde. |
|
| Unabhängig davon ist der genannte Gesichtspunkt noch aus einem zweiten Grund im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit zu beachten. Denn für ein Gebiet kann es nur einen Bebauungsplan geben. Diese Konzentration auf einen Plan für ein bestimmtes Gebiet führt dazu, dass aus dem ursprünglichen Bebauungsplan und dem Änderungsbebauungsplan ein einziger Bebauungsplan wird, nämlich der ursprüngliche Bebauungsplan in seiner geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.01.1976 - IV C 26.74 -, BVerwGE 50, 114). Dies rechtfertigt es, auch erst im Zusammenhang mit einer späteren Bebauungsplanänderung angeführte bodenrechtliche Gesichtspunkte bei der Prüfung der Erforderlichkeit einer bereits zuvor erfolgten planerischen Festsetzung (hier: Ausschluss von Vergnügungsstätten) zu berücksichtigen. |
|
| Bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Ausschlusses von Vergnügungsstätten kommt es nicht darauf an, ob ohne diese Regelung die Ansiedlung des verarbeitenden Gewerbes auf der Gemarkung der Beklagten mangels eines ausreichenden Flächenangebots beeinträchtigt wäre und im Zeitpunkt der Beschlussfassung/der Bekanntmachung (dazu bereits oben) ein konkreter Bedarf bestand. Die Gemeinde darf grundsätzlich auch die planerischen Voraussetzungen schaffen, um einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet, aber bei vorausschauender Planung in absehbarer Zeit erwartet werden kann. Konkreter Nachweise etwa in Form einer Bedarfsanalyse bedarf es insoweit nicht. Auch ist nicht der Nachweis erforderlich, dass seitens des produzierenden Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht (so ausdrücklich: BVerwG, Beschl. v. 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, GewArch 1999, 389). Denn der Begriff der Erforderlichkeit ist nicht polizeirechtlich auszulegen. Die Bauleitplanung mit dem Ziel, die Flächen dem produzierenden und verarbeitenden Gewerbe vorzuhalten, wäre nur dann nicht erforderlich, wenn es sich dabei um einen groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriff handelte (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.05.2012 - 8 S 1739/10 -, juris und Urt. v.21.05.2001 - 5 S 901/99 -, juris jeweils mit zahlreichen weiteren Nachw. aus Lit. und Rechtspr.) Ein solcher liegt jedoch nicht vor. |
|
| Tatsächlich bestand sogar ein beachtlicher Ansiedlungsdruck. Im Schriftsatz vom 08.04.2013 hat die Beklagte, vom Kläger nicht in Frage gestellt ausführlich dargelegt, dass bereits in den 1990er Jahren zahlreiche Gewerbebetriebe an der Ansiedlung auf der Gemarkung der Beklagten interessiert waren. So musste etwa im Jahre 1997 das Industriegebiet „... - ...“ ausgewiesen werden, weil das Gewerbegebiet „... - ...“ bereits 1994 vollständig belegt war. |
|
| Durch die Ansiedlung von Vergnügungsstätten gingen auch Flächen für das produzierende und verarbeitende Gewerbe in wesentlichem Umfang verloren. Zwar ist es richtig, dass Vergnügungsstätten keinen so großen Flächenbedarf haben wie Einzelhandelsbetriebe. Eine verdrängende Wirkung geht von ihnen gleichwohl aus. Schon der Begriff „Vergnügungsviertel“ verdeutlicht, dass entgegen der Behauptung des Klägers vorhandene Vergnügungsstätten weitere nach ziehen. In der Summe führt dies ebenfalls zu einer erheblichen Flächeninanspruchnahme. Zu beachten ist auch, dass die Ansiedlung von Vergnügungsstätten wegen ihres geringen Investitionsbedarfs bei gleichzeitig großer Ertragsstärke tendenziell zu einem Anstieg der Bodenpreise führt, wie die Beklagte in der Begründung des am 13.12.2004 beschlossenen Änderungsbebauungsplans zutreffend festgestellt hat. Auch dadurch gehen Flächen für das produzierende und verarbeitende Gewerbe verloren (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, VBlBW 2011, 235). |
|
| Durch die generelle Zulassung von Spielhallen auf den Grundstücken FlStNrn. 1330 und 1330/1 (vgl. die am 13.12.2004 beschlossene Bebauungsplanänderung) wird diese Zielsetzung nicht konterkariert. Auf diesen Grundstücken befand sich bereits eine bestandsgeschützte Spielhalle, so dass diese Grundstücke für das produzierende und verarbeitende Gewerbe ohnehin allenfalls noch bedingt geeignet waren. |
|
| Fehl geht das Argument des Klägers, die Baunutzungsverordnung bestimme als antizipiertes Sachverständigengutachten, dass Vergnügungsstätten als eine mit dem Wohnen nicht verträgliche Nutzung mit den im Gewerbegebiet zulässigen Nutzungsformen generell vereinbar seien und ihr Ausschluss daher einer besonderen Begründung im Einzelfall bedürfe. Tatsächlich zeichnen sich Gewerbegebiete dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet wird, sie sind grundsätzlich dem produzierenden Gewerbe und artverwandten Nutzungen vorbehalten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, NVwZ 2006, 457). Diesem Leitbild entsprechen Vergnügungsstätten dem Grunde nach nicht, weshalb sie nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 90 auch nur ausnahmsweise zulässig sind (VGH Bad-Württ., Beschl. v. 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, NVwZ-RR 2010, 45). |
|
| In der Begründung des Änderungsbebauungsplans heißt es weiter, der Gebietscharakter werde durch Vergnügungsstätten negativ beeinflusst. Es könne ein gewisses für Handel und Fabrikation nicht akzeptables „Milieu“ entstehen. Soweit diese Aussage auf die Verdrängung des produzierenden Gewerbes abstellt, gilt das bereits oben Gesagte. |
|
| Der Gebrauch des Begriffs „Milieu“ deutet jedoch daraufhin, dass mit dem Ausschluss von Vergnügungsstätten ein über die Verdrängung des produzierenden Gewerbes durch einen Anstieg der Grundstückspreise hinausgehender „Trading-Down-Effekt“ verhindert werden soll. Dazu, dass und warum ein solcher zu befürchten sein soll, fehlen indessen konkrete Angaben. Auch ist nicht ersichtlich, warum die Betriebe im Bebauungsplangebiet insoweit tatsächlich (über den Bodenpreisanstieg hinaus) negativ beeinträchtigt würden. Anhaltspunkte dafür, dass die Gewerbebetriebe z. B. als Unternehmen der Spitzentechnologie auf eine besonders attraktive Umgebung angewiesen oder sonst gegenüber vom „Milieu“ ausgehenden Störungen besonders empfindlich wären (vgl. zu diesen Kriterien VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.2011 - 3 S 698/11 -, NVwZ-RR 2012, 11 und Bayer. VGH, Urt. v. 15.12.2010 - 2 B 09.2419 -; NVwZ-RR 2011, 514), sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. |
|
| Dass das Ziel der Verhinderung eines Trading-Down-Effekts den Ausschluss von Vergnügungsstätten nicht rechtfertigt, ist unerheblich. Die einzelnen Gründe stehen selbständig nebeneinander. Ein Abhängigkeitsverhältnis besteht zwischen ihnen nicht. Jeder der o.g. weiteren städtebaulichen Gesichtspunkt ist daher selbständig tragend. Es würde sogar genügen, wenn der Ausschluss von Vergnügungsstätten auch nur im Hinblick auf einen von ihnen erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.07.1991 - 4 B 80.91 -, NVwZ-RR 1992, 117). |
|
| Der Ausschluss von Vergnügungsstätten ist auch nicht nachträglich funktionslos und damit unwirksam geworden. |
|
| Eine bauplanerische Festsetzung verliert allerdings ihre Gültigkeit, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die der Festsetzung zugrunde liegende Planungskonzeption sinnlos geworden ist, weil sie unabhängig davon, ob sie punktuell noch durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung in einer bestimmten Richtung zu steuern. Ursächlich für das Außerkrafttreten wegen Funktionslosigkeit kann nur ein in der tatsächlichen Entwicklung eingetretener Zustand sein; allein die Änderung oder Aufgabe planerischer Absichten erfüllt diese Voraussetzung nicht. Außerdem muss der durch die Festsetzung Benachteiligte entweder hierzu substantiiert vortragen oder es müssen sonst gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.11.2004 - 8 S 1076/04 -, VBlBW 2005, 310 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 - IV C 39.75 - BVerwGE 54, 5; Urt. v. 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71 und Beschl. v. 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128). |
|
| Es mag zwar sein, dass ein mit dem Ausschluss von Vergnügungsstätten im Bebauungsplangebiet bezweckter Schutz der Wohnbebauung entlang der Badstraße vor Verkehrslärm und Abgasen jedenfalls in den Abend- und Nachtstunden jetzt aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens durch den Einzelhandel nicht mehr erreicht werden kann, weil die Einzelhandelsbetriebe mittlerweile wesentlich länger geöffnet sind. Die beabsichtigte Trennung der Wohnnutzung und der Vergnügungsstätten sowie das Planungsziel der Beklagten, eine Verdrängung des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes aus dem Gebiet u.a. durch einen Anstieg der Bodenpreise zu verhindern, sind jedoch - selbständig tragend - nach wie vor relevant. Wie sich aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 08.04.2013 ergibt, geht von Gewerbebetrieben nach wie vor ein erheblicher Ansiedlungsdruck aus. |
|
| Dem Kläger ist auch keine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu erteilen. Es fehlt an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm, denn durch die bauplanungsrechtliche Zulassung einer Spielhalle auf den Grundstücken FlStNrn. 1331 und 1331/2 würden die Grundzüge der Planung berührt. |
|
| Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt gemäß §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 ff BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438). |
|
| Gerade diese letzte Voraussetzung liegt hier vor. Für alle Grundstücke in der näheren Umgebung des klägerischen ließe sich anführen, dass sie durch den Einzelhandel und die dadurch hervorgerufene Verkehrsbelastung bis in die späten Abend- bzw. Nachtstunden stark vorbelastet sind und Spielhallen oder sonstige Vergnügungsstätten dort im Wege der Befreiung zuzulassen sind. |
|
| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es besteht kein Anlass, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. |
|