Das Mobiltelefon im Straßenverkehr: Was ist erlaubt, was nicht?

bei uns veröffentlicht am14.12.2007

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Verkehrsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Die Benutzung von Mobiltelefonen im Straßenverkehr ist wegen der Ablenkung des Fahrzeugführers sowohl für ihn als auch für andere Verkehrsteilnehmer nicht ungefährlich. Gerade diese Gefahren haben den Gesetzgeber im Jahr 2000 bewogen, das Telefonieren mit einem Mobiltelefon im Straßenverkehr mit einem Bußgeld zu belegen. Nachstehend finden Sie eine Kurzdarstellung zu den wichtigsten Fragen in diesem Themenkreis.

1. Wer ist Adressat der Norm?

§ 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) erfasst "Fahrzeugführer".

Hinweis: "Fahrzeugführer" ist nicht nur der Kraftfahrzeugführer, sondern auch der Radfahrer.

2. Welchen Regelungsinhalt hat § 23 Abs. 1a StVO?

Verboten wird die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons, wenn der Fahrzeugführer hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnehmen oder halten muss. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt, siehe dazu nachfolgend 3. und 4.

3. Darf der stehende Radfahrer das Handy benutzen?

Ja.

4. Darf der stehende Autofahrer telefonieren bzw. das Handy benutzen?

Beim Kraftfahrzeugführer reicht es nicht allein aus, dass das Kfz steht. Zusätzlich muss der Motor ausgeschaltet sein. In den Fällen ist eine Beeinträchtigung des Fahrzeugführers, der die Hände auf Grund des gehaltenen Telefons nicht für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat, nicht zu befürchten, denn das Fahren ist bereits technisch ohne einen erneuten Startvorgang ausgeschlossen. Demgegenüber dokumentiert der laufende Motor, dass eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr erfolgt und der Fahrzeugführer jederzeit in der Lage sein muss, seine Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe einzusetzen.

5. Was bedeutet "Benutzung?"

Unter Benutzung ist nicht nur das Telefonieren zu verstehen. Das Verbot gilt vielmehr für alle Funktionen des Mobiltelefons. Der Begriff wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Die Frage der Benutzung beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung ist somit also jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen.

Hinweis: Das gilt also z.B. auch für das bloße Ablesen der Uhrzeit vom Display des Handys, wenn dieses dafür in die Hand genommen wird.

6. Gehört zur "Benutzung" nur das eigentliche Kerngeschehen?

Nein, auch während der Vor- oder Nachbereitungsphase eines Telefonats bzw. einer SMS liegt eine Benutzung des Mobil- oder Autotelefons vor. Bereits hierdurch wird der Zweck der Vorschrift, der mentalen Überlastung und Ablenkung von der Fahraufgabe entgegenzuwirken, berührt. Zur Benutzung des Mobiltelefons bei Abschluss eines Telefonats gehört auch die Rückkehr in dessen Ruhe- oder Bereitschaftszustand durch Durchlaufen der Menüpunkte des Displays bis zum Weglegen des Geräts.

7. Handelt es sich auch um Benutzung, wenn die Tastatur des auf der Mittelkonsole liegenden Handys gewählt wird?

Ja. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes wird man von "Benutzung" auch ausgehen müssen, wenn eine Telefonnummer durch Betätigen des auf der Mittelkonsole oder auf dem Beifahrersitz liegenden Mobiltelefons gewählt wird. Das Mobiltelefon wird zwar nicht "gehalten" bzw. "aufgenommen". Nach der Gesetzesbegründung bei Einführung der neuen Vorschrift soll die Vorschrift gewährleisten, "dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat". Gerade das ist aber dann nicht der Fall.

8. Handelt es sich um Benutzung, wenn beim Telefonieren das Handy mit Kopf und Schulter gehalten wird?

Diese Art des Telefonierens wird wohl vom Nutzungsverbot erfasst werden. Zwar hat der Fahrzeugführer die Hände frei, er hat aber, um das Handy oder den Hörer des Autotelefons so platzieren zu können, das Telefon "aufnehmen" müssen.

9. Handelt es sich um die Benutzung des Handys, wenn es während der Autofahrt aufgenommen wird, um es woanders hinzulegen?

Nein, damit würde dann wohl der Wortlaut der Vorschrift überspannt. Unter "Benutzung" fällt nur der echte Gebrauch der Funktionen des Handys. Das bloße in die Hand Nehmen, um es woanders hinzulegen, ist kein "Gebrauch" in dem Sinne.

10. Kann die Benutzung des Handys auch fahrlässig erfolgen?

Nein. Das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der Fahrt wird regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden können.

Hinweis: Deswegen kommt eine Erhöhung des Regelbußgelds wegen vorsätzlicher Begehungsweise nicht in Betracht.

11. Welche Ahndung erfolgt bei verbotswidriger Benutzung?

Nachdem der Verstoß zunächst in der BußgeldkatalogVO erfasst war, der Gesetzgeber aber sehr schnell erkennen musste, dass das dort vorgesehene Verwarnungsgeld für die notwendige Abschreckung nicht ausreichte, hat er die Ahndung verschärft und den Verstoß mit Wirkung ab dem 1.4.2004 aus der BußgeldkatalogVO gestrichen. Diesbezügliche Regelsätze finden sich jetzt in einem bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog, der die Rechtsqualität einer Verwaltungsrichtlinie hat. Danach beträgt die Sanktion für Zuwiderhandlungen bei Kraftfahrern 40 EUR und bei Radfahrern 25 EUR.

12. Was gilt für die Benutzung einer Freisprechanlage?

Die Benutzung einer Freisprechanlage wird vom Gesetz nicht erfasst, wenn der Kraftfahrzeugführer dazu den Telefonhörer nicht aufnehmen muss. Er kann also z.B. Nummern mit der Tastatur wählen.

13. Kann das verbotene Telefonieren über die Verhängung einer Geldbuße hinaus Auswirkungen haben?

Ja, der Verstoß kann auch im Zusammenhang mit der Verhängung eines Fahrverbots von Bedeutung sein. So kann das verbotene Telefonieren ein erschwerender Umstand sein, der auf die Dauer des Fahrverbots Einfluss haben kann. Allerdings ist bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein längeres Fahrverbot als das Regelfahrverbot nur gerechtfertigt, wenn festgestellt werden kann, dass das Telefonieren die dem Betroffenen vorgeworfene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auch ausgelöst hat.

14. Geschwindigkeitsüberschreitung und Handy-Nutzung: Kann sich der Fahrzeugführer auf ein Augenblicksversagen berufen?

Nein, ein Kraftfahrer, der während der Fahrt ein Autotelefon bzw. Handy benutzt, muss sich darauf einstellen, dass ihn dies unter Umständen ablenken und die Beherrschung des Fahrzeugs einschränken kann. Der Kraftfahrzeugführer, der wegen des (verbotenen) Telefonierens ein Verkehrsschild übersehen hat, kann sich daher gegenüber dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf ein Augenblicksversagen berufen. Er hat daher durch erhöhte Sorgfalt sicherzustellen, dass es zu keiner verkehrsrelevanten Beeinträchtigung kommt.

Hinweis: Ein Telefongespräch kann also unter keinen Umständen zum Anlass genommen werden, von einem nur leicht fahrlässigen Augenblicksversagen auszugehen.

15. Gelten für einen Rotlichtverstoß Besonderheiten?

Nein. Der Fahrzeugführer, der vor einer Rotlicht zeigenden Verkehrsampel anhält, nach mehreren Sekunden aber trotz Fortdauer des Rotlichts telefonierend und ohne Beobachtung der Lichtsignalanlage losfährt, weil er "aus dem Unterbewusstsein" annimmt, die Ampel habe inzwischen auf Grünlicht gewechselt, verletzt grob seine Pflichten als Kraftfahrer und handelt verantwortungslos. Sein Verhalten stellt einen qualifizierten Rotlichtverstoß dar, auch wenn kein anderer Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet worden ist. Das Telefonieren entlastet nicht.

 

 

Gesetze

Gesetze

2 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 23 Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden


(1) Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Wer ein Fahrzeug führt, hat zudem dafür zu sorgen, dass da

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(1) Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Wer ein Fahrzeug führt, hat zudem dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug, der Zug, das Gespann sowie die Ladung und die Besetzung vorschriftsmäßig sind und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung nicht leidet. Ferner ist dafür zu sorgen, dass die vorgeschriebenen Kennzeichen stets gut lesbar sind. Vorgeschriebene Beleuchtungseinrichtungen müssen an Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern auch am Tage vorhanden und betriebsbereit sein.

(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

1.
hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
2.
entweder
a)
nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b)
zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.

(1b) Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für

1.
ein stehendes Fahrzeug, im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nummer 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
2.
den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
3.
stehende Straßenbahnen oder Linienbusse an Haltestellen (Zeichen 224).
Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne. Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b gilt nicht für
1.
die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zur Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, oder
2.
die Benutzung elektronischer Geräte, die vorgeschriebene Spiegel ersetzen oder ergänzen.

(1c) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte). Bei anderen technischen Geräten, die neben anderen Nutzungszwecken auch zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen verwendet werden können, dürfen die entsprechenden Gerätefunktionen nicht verwendet werden.

(2) Wer ein Fahrzeug führt, muss das Fahrzeug, den Zug oder das Gespann auf dem kürzesten Weg aus dem Verkehr ziehen, falls unterwegs auftretende Mängel, welche die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigen, nicht alsbald beseitigt werden; dagegen dürfen Krafträder und Fahrräder dann geschoben werden.

(3) Wer ein Fahrrad oder ein Kraftrad fährt, darf sich nicht an Fahrzeuge anhängen. Es darf nicht freihändig gefahren werden. Die Füße dürfen nur dann von den Pedalen oder den Fußrasten genommen werden, wenn der Straßenzustand das erfordert.

(4) Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies gilt nicht in Fällen des § 21a Absatz 2 Satz 1.