Handelsvertreterrecht: Rechtsformwechsel des Handelsvertreters schließt Ausgleichsanspruch nicht aus
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Für den Fortbestand eines Handelsvertretervertrags ist es ohne unmittelbaren Einfluss, wenn in einer als OHG organisierten Handelsvertretung nach und nach die OHG-Gesellschafter ihre Anteile in eine GmbH einbringen und auf diese Weise dann letztlich das Vermögen der OHG analog § 738 BGB auf die GmbH übergeht.
Ein solcher Rechtsformwechsel allein rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung durch den Unternehmer nicht und stellt auch kein schuldhaftes Verhalten des Vertragspartners dar. Der Handelsvertretung verbleibt daher der Handelsvertreterausgleichsanspruch.
Gründe:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB geltend. Die Beklagte, die Produkte für die Gartengestaltung insbesondere über Baumärkte an Endkunden vertreibt, hatte mit der H. OHG (nachfolgend: H. OHG) am 09.10.2001 einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen (K 2). Die H. OHG war danach exklusiv für den Bezirk X1. und X2. zuständig. Im Jahr 2008 - zu diesem Zeitpunkt bestand die H. OHG aus den zwei Gesellschaftern He. und M. - erwarb die C. GmbH zunächst die Gesellschaftsbeteiligung des Herrn He. und zum Jahreswechsel 2008/2009 ferner die verbliebenen Gesellschaftsanteile des Herrn M.; anschließend firmierte sie um in „H. GmbH“ (= Klägerin) und setzte die Beklagte mit Schreiben vom 11.03.2009 (B 1) über diese Umfirmierung in Kenntnis. Ferner teilte sie der Beklagten mit, dass das Vertragsverhältnis vom Wechsel der Rechtsform unberührt bleibe. Die Beklagte reagierte mit Anwaltsschreiben vom 26.05.2009 (B 9) und teilte mit, sie gehe aufgrund des Schreibens vom 11.03.2009 von einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages seitens der Klägerin aus. Daraufhin teilte die Klägerin am 05.06.2009 mit, dass das Vertragsverhältnis unverändert fortbestehe (B 3). Dem widersprach die Beklagte mit Schreiben vom 15.06.2009, signalisierte jedoch Gesprächsbereitschaft hinsichtlich des Abschlusses eines neuen Handelsvertretervertrages (B 4). Am 30.09.2009 kam es zu einem Gespräch zwischen den Parteien, dessen genauer Inhalt streitig ist. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte die Beklagte die Klägerin auf, keine weiteren Aktivitäten mehr für sie zu entfalten (K 5). Tatsächlich war die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt als Handelsvertreterin für die Beklagte tätig gewesen. Die Klägerin erwiderte taggleich, dass sie das Schreiben als fristgerechte ordentliche Kündigung werte (K 6) und machte mit Schreiben vom 01.10.2009 einen Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB i. H. v. (zunächst) EUR 179.630,- mit Zahlungsfrist zum 10.10.2009 geltend.
Nachdem die Beklagte keine Zahlung leistete, erhob die Klägerin Klage und verwies darauf, dass sich unter Berücksichtigung der in den letzten vier Jahren mit Neukunden erwirtschafteten Provisionen, einer jährlichen Abwanderungsquote von 20% und einer Abzinsung von 5% für sie aufgrund der Beendigung des Handelsvertretervertrages ein Provisionsverlust von EUR 439.085,37 ergebe, so dass unter Berücksichtigung der Höchstgrenze gem. § 89 b Abs. 2 HGB das durchschnittliche Jahresprovisionsaufkommen der letzten 5 Jahre, das EUR 216.242,24 brutto betragen habe, zu erstatten sei.
Die Beklagte hat insbesondere eingewandt, durch den Verkauf der OHG-Anteile sei ihr Vertragspartner ausgetauscht worden. Dies müsse sie nicht hinnehmen. Der Klägerin stehe, da sie nicht ihr Handelsvertreter sei, kein Ausgleichsanspruch zu. Zumindest sei sie aufgrund des Ausscheidens ihrer bisherigen Vertrauensperson bei der Klägerin nach Kündigung des Vertrages nicht ausgleichspflichtig.
Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der Handelsvertretervertrag sei im Wege der Universalsukzession übergegangen; § 242 BGB führe vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Nicht die Klägerin, sondern die Beklagte habe das Vertragsverhältnis zum 30.09.2009 gekündigt. Der damit gem. § 89 b Abs. 1, 2 HGB entstandene Anspruch sei nicht etwa gem. § 89 b Abs. 3 HGB erloschen und im Übrigen auch der Höhe nach, da substantiiert dargelegt, jedoch ohne substantiierte Einwendungen geblieben, gegeben.
Das Urteil wurde der Beklagten am 29.10.2010 zugestellt (Bl. 61). Die Berufung ging am 29.11.2010 (Bl. 66) ein, die Berufungsbegründung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am 31.01.2011 (Bl. 77 ff.).
Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiter. Zur Begründung stellt sie auf die Beendigung des Handelsvertretervertrages durch die Umfirmierung ab, jedenfalls habe sie diesen fristlos aus wichtigem Grund gekündigt, weshalb gem. § 89 b Abs. 3 HGB ein etwaiger Ausgleichsanspruch entfalle, was das Landgericht verkenne. Ohnehin sei ein etwaiger Ausgleichsanspruch allenfalls i. H. v. EUR 97.301,83 berechtigt, weil bereits die H. OHG ausweislich des Handelsvertretervertrages bestehende Geschäftsbeziehungen übernommen habe und auch fortan ihr Geschäftsführer oftmals selbst Kunden gewonnen und diese sodann der H. OHG zur Betreuung überwiesen habe. Wegen der Fragilität des Kundenstamms rechtfertige sich zudem allenfalls ein dreijähriger Prognosezeitraum, was unter Berücksichtigung der von der H. OHG neu geworbenen Kunden und der im letzten Vertragsjahr verdienten Provisionen abzüglich einer 20%-igen jährlichen Abwanderung somit den vorbenannten Betrag - und selbst bei Zugrundelegen der günstigen Berechnungsweise der Klägerin nur eine Forderung i. H. v. EUR 106.494,24 - ergebe.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil als richtig. Bzgl. der Einwendungen der Beklagten gegen die Höhe des Ausgleichsanspruchs vertritt sie die Auffassung, diese seien verspätet und gem. § 531 ZPO nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen seien die Einwendungen auch unbegründet. Die Klägerin bestreitet, dass die Beklagte einen nennenswerten Kundenstamm an sie „übergeben“ habe. Die im Handelsvertretervertrag genannte Altkunden-Liste sei ihr nie übermittelt worden. Sie habe die in Anlage K 5 aufgeführten Kunden neu geworben. Die Vollständigkeit der beklagtenseits gem. Anlage LD 5 vorgelegten Liste wird bestritten. Zudem trage die Beklagte nichts Belastbares vor, das Anlass gebe, einen kürzeren als einen vierjährigen Prognosezeitraum der Berechnung des Ausgleichsanspruchs zugrunde zulegen. Die geworbenen Kunden- und Geschäftsbeziehungen seien jedenfalls nicht „fragil“.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2011 (Bl. 134 ff) Bezug genommen.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat richtig entschieden. Die Klägerin kann von der Beklagten gem. § 89 b HGB einen Handelsvertreterausgleichsanspruch in der geltend gemachten Höhe verlangen.
Die streitgegenständliche Handelsvertretung ist auf die Klägerin übergegangen (1.). Eine den Ausgleichsanspruch ggf. ausschließende Kündigung der Beklagten gem. § 89 b Abs. 3 Nr. 2 oder Nr. 3 HGB liegt nicht vor (2.). Die Einwendungen der Beklagten in der Berufung zur Höhe des Ausgleichsanspruchs sind wegen §§ 531, 529 ZPO als präkludiert anzusehen (3.).
Die Klägerin ist durch Erwerb des OHG-Anteils des neben ihr in der H. OHG verbliebenen Gesellschafters M. zum Jahreswechsel 2008/2009 Alleineigentümerin des Vermögen der H. OHG mit allen Aktiva und Passiva, also auch der Rechte an dem streitgegenständlichen Handelsvertretervertrag, geworden.
Der in Frage stehende Handelsvertretervertrag ist - wie sogleich aufzuzeigen sein wird - auf die Klägerin „übergegangen“. Die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts sind im Ergebnis richtig.
Der Handelsvertretervertrag wurde zwischen der Beklagten und einer OHG geschlossen. Die Übertragung des Vermögens dieser Personenhandelsgesellschaft und damit auch der Rechte aus dem Vertrag auf eine bestehende Kapitalgesellschaft ist ohne weiteres im Wege von Anteilsübertragungen als Fall der Anwachsung gem. § 738 BGB möglich (BGH, Urteil v. 10.05.1978 - VIII ZR 32/77 = NJW 1978, 1525 m. w. N.) und hier auch erfolgt:
Der Gesellschafterwechsel vollzieht sich bei einer Personenhandelsgesellschaft dergestalt, dass ein Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil an einen Dritten abtritt (BGH, Urteil v. 08.11.1965 - II ZR 223/64 = NJW 1966, 499 m. w. N.).
So ist es zunächst beim Erwerb der Gesellschaftsanteile des Gesellschafters He. durch die C. GmbH geschehen, die damit neben dem Gesellschafter M. Gesellschafterin der OHG wurde.
Bleibt bei einer Personenhandelsgesellschaft nach Anteilsübertragung nicht mindestens eine Zweipersonengesellschaft übrig und vereinigen sich alle Anteile auf eine Person, so steht das Vermögen dieser unmittelbar zu, wobei in der Lehre umstritten ist, ob dies eine Anwachsung gem. § 738 BGB (analog; vormals § 142 HGB) darstellt oder - so der Bundesgerichtshof - eine Anwachsung ohne besonderen Übertragungsakt, durch einheitlichen Akt bzw. als Ganzes bzw. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.
Durch Erwerb der Gesellschaftsanteile des einzigen Mitgesellschafters M. durch die C. GmbH ist dieser Fall hier eingetreten, so dass auch die Rechte aus dem Handelsvertretervertrag auf die GmbH übergegangen sind.
Hieran ändert auch das von der Beklagten zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.03.1970, VII ZR 135/68 (HVR Nr. 419), nichts. Der insofern entschiedene Fall ist mit der vorliegenden Situation bereits nicht vergleichbar. Die Entscheidung betrifft einen Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer oHG durch einen bisher als Einzelkaufmann tätigen Handelsvertreter. Soweit die Beklagte meint, die Entscheidung belege, dass ein Wechsel in der Person des Handelsvertreters ohne Zustimmung des Unternehmers grundsätzlich nicht möglich sei, so kann dies dem zitierten Urteil nicht entnommen werden. Anders als hier geht es dort darum, ob der Handelsvertretervertrag in eine neue Gesellschaft eingebracht werden kann. Das ist eine grundlegend andere Konstellation als die hier zur Debatte stehende bloße Anteilsübertragung. Auch hat sich der Bundesgerichtshof in den Entscheidungsgründen vornehmlich mit der Frage auseinandersetzt, inwiefern, auch wenn die Rechtsstellung des Unternehmens in dem Handelsvertreterverhältnis durch die Gründung der OHG nicht beeinträchtigt worden sei, eine eingetretene oder drohende Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse es der dortigen Beklagten unzumutbar gemacht haben, das Vertragsverhältnis fortzusetzen (BGH, a. a. O.), was den grundsätzlichen Bestand eines Vertrages voraussetzt.
Dass es sich bei der Klägerin um eine juristische Person handelt, hindert die „Übernahme“ des zwischen der H. OHG und der Beklagten abgeschlossenen Handelsvertretervertrags nicht. Auch eine juristische Person kann Handelsvertreter sein. Natürliche und juristische Personen stehen sich insoweit rechtlich gleich. Soweit die Beklagte meint, dieser Umstand rechtfertige vorliegend zumindest ein außerordentliches Kündigungsrecht, so ist auch dem im Ergebnis nicht zu folgen (vgl. hierzu nachfolgend Ziff. 3).
Der damit grundsätzlich entstandene Ausgleichsanspruch der Klägerin entfällt nicht gem. § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB, weil sie den Vertrag gekündigt hätte. Die Übernahme der Gesellschaftsanteile der H. OHG durch die C. GmbH und die Umfirmierung zur H. GmbH stellt keine Eigenkündigung der Klägerin dar. Dem steht bereits das Schreiben der Klägerin vom 11.03.2009 entgegen. Dort informiert sie die Beklagte über die „Umfirmierung“ und erklärt ausdrücklich, dass das Vertragsverhältnis mit derselben hiervon unberührt bleibe (B 1). Dass die Beklagte dieses Schreiben rechtsirrtümlich entgegen seinem Wortlaut als außerordentliche Kündigung verstanden hat (so das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in I. Instanz vom 26.05.2009, B 2), ist unerheblich.
Ebenso wenig scheitert der Anspruch aufgrund einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten im Gespräch zwischen den Parteien am 30.09.2009 (K 6) gem. § 89 b Abs. 3 Nr. 2 oder Nr. 3 HGB.
Das Landgericht hat einen Ausschluss des Ausgleichsanspruchs aufgrund Kündigung der Beklagten nach § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB zu Recht verneint. Dabei hat es ausgeführt, dass es dahingestellt bleiben könne, ob der Beklagten ein solches Kündigungsrecht allein aufgrund der veränderten Verhältnisse bei der Klägerin oder jedenfalls aufgrund eines etwaigen dadurch nicht mehr bestehenden persönlichen Gepräges der Vertragsbeziehung, da die bisherigen Ansprechpersonen nicht mehr zur Verfügung stünden, zustehe, es fehle jedenfalls an einem schuldhaften Verhalten der Klägerin i. S. d. Norm. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, wobei hier zunächst dahingestellt bleiben kann, ob ein Rechtsformwandel, jedenfalls dann, wenn aus einer Personenhandelsgesellschaft eine juristische Person und damit ein „anonymes Gebilde“ wird zur Kündigung berechtigen kann und falls ja, ob darin unter Beachtung der unternehmerischen Freiheit ein schuldhaftes Verhalten i. S. d. Norm gesehen werden kann, weil eine entsprechende Kündigung ohnehin nicht fristgerecht erfolgt wäre.
Der Bundesgerichtshof führt insofern aus, dass die Kündigung des Handelsvertretervertrages aus wichtigem Grund zwar nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt werden müsse. Dem zur Kündigung Berechtigten sei vielmehr eine angemessene Überlegungszeit zuzugestehen, deren Dauer sich nach den Umständen des Einzelfalls richte. Gleichzeitig sagt der Bundesgerichtshof jedoch, dass die Frist „regelmäßig kürzer als zwei Monate [sei], denn ein zweimonatiges Zuwarten [könne] (…) in der Regel nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Überlegung der hieraus zu ziehenden Folgerungen angesehen werden, weil es darauf hindeute(.), dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst nicht als so schwerwiegend empfunden [habe], dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung unzumutbar [sei]“.
Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 11.03.2009 über die „Umfirmierung“ informiert (B 1). Hierauf hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 26.05.2009 reagiert und erklärt, das Handelsvertretervertragsverhältnis sei durch die Umstrukturierung von der Klägerin außerordentlich gekündigt worden (B 2), was, wie dargelegt, nicht zutrifft. Selbst diese nach eigenem Sachvortrag der Beklagten „unverzügliche“ Reaktion erfolgte demnach erst 2 ½ Monate nach Kenntnis der zu einer Kündigung aus wichtigem Grund evtl. berechtigenden Umstände. Dies muss nach obiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als nicht fristgerecht qualifiziert werden. Dies muss erst recht gelten, weil erst in der Besprechung vom 30.09.2009 (K 6) und nicht bereits im Schreiben vom 26.05.2009 eine Kündigung der Beklagten gesehen werden kann. Im Schreiben vom 26.05.2009 fordert die Beklagte keine Einstellung der Handelsvertretertätigkeit und hat nicht gekündigt, sondern fälschlich eine Kündigung der Klägerin unterstellt. Auch ließ sie sich fortan bis zum 30.09.2009 von der Klägerin vertreten und provisionierte anstandslos die bis dahin von dieser getätigten Geschäfte.
Unabhängig davon wäre die Beklagte auch nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen. Eine solche hätte vorausgesetzt, dass für die Beklagte die Zusammenarbeit mit der Klägerin durch den eingetretenen Gesellschafterwechsel infolge Vertrauensverlustes in einem Maße gestört worden wäre, dass ihr ein Zuwarten bis zur Beendigung des Vertrages durch ordentliche Kündigung unter Beachtung der sechsmonatigen Kündigungsfrist nicht hätte zugemutet werden können. Dies kann nicht bejaht werden.
Allein die Tatsache, dass die Beklagte es nun mit einer GmbH zu tun hat, reicht dafür nicht. Für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag hat sich dadurch nichts geändert, da die Tätigkeit der Klägerin gleich geblieben ist und nach wie vor der Mitarbeiter P., zu dem nach eigenem Vortrag der Beklagten das maßgebliche persönliche Vertrauensverhältnis bestanden hat, der maßgebliche Sachbearbeiter und Ansprechpartner der Beklagten geblieben ist. Auch dass die Beklagte als GmbH nur einer beschränkten Haftung unterliegt, war für die Beklagte von untergeordneten Bedeutung, da die Klägerin als Handelsvertreterin ihr gegenüber naturgemäß stets in Vorlage zu treten hatte. Hinzu kommt, dass die Beklagte im Rechtsformwandel offensichtlich kein Problem gesehen hat, da sie - ausgehend von der falschen Annahme einer Vertragsbeendigung - mit Schreiben vom 26.05.2009 von sich aus ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt hat, einen neuen Vertrag mit der Klägerin abzuschließen (B 2). Die Beklagte selbst hat also die Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht als unzumutbar angesehen.
Ein Handelsvertreterausgleichsanspruch würde im Übrigen gem. § 89 b Abs. 3 S. 2 HGB nur entfallen, wenn der Klägerin ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden müsste. Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen stellt sich indessen als Ausdruck der unternehmerischen Freiheit dar, die per se nicht ohne weiteres als schuldhaftes Verhalten gegenüber einem Vertragspartner gesehen werden kann. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn wie hier die Übertragung beim Gesellschafter He. aus Alters- und Gesundheitsgründen erfolgt ist und der weitere ursprüngliche OHG-Gesellschafter M. an der klägerischen GmbH beteiligt ist und diese als Geschäftsführer maßgeblich steuert.
Der streitgegenständliche Ausgleichsanspruch ist auch der Höhe nach im geltend gemachten Umfang gem. § 89 b Abs. 2 HGB gegeben.
Soweit die Beklagte (erstmals) in der Berufung rügt, dass ein Ausgleichsanspruch in der vom Landgericht zugestandenen Höhe nicht habe entstehen können, weil ein wesentlicher Teil des Kundenstamms im Vertreterbezirk entgegen den Angaben der Klägerin nicht neu geworben worden sei und für die Ausgleichsberechnung aufgrund der Fragilität der Geschäftsbeziehungen auch kein vierjähriger Prognosezeitraum herangezogen werden könne, so ist dies unerheblich, weil die Beklagte mit diesen Einwendungen gem. § 531 ZPO als präkludiert angesehen werden muss.
Gem. § 531 Abs. 2 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszugs erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (Nr. 1), infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden (Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht (Nr. 3). Keine dieser Fallgruppen kann vorliegend bejaht werden; der in Frage stehende Sachvortrag ist hingegen „neu“ i. S. d. Norm.
Neu i. S. v. § 531 ZPO sind alle zur Begründung des Sachantrags oder zur Verteidigung dagegen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Einreden und Beweisanträge, wenn sie nicht schon in I. Instanz vorgebracht worden sind, wobei zeitlich gesehen hierfür der Schluss der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist.
Während die Klägerin bereits in der Klageschrift die für die Bemessung des Ausgleichsanspruchs maßgebenden Fakten substantiiert dargelegt hat, insbesondere welche Kunden sie geworben hat und welche Provisionen jeweils in den einzelnen Monaten des letzten Vertragsjahres sowie darüber hinaus in den letzten vier Jahren der Handelsvertretung erzielt werden konnten, hat sich die Beklagte erstinstanzlich darauf beschränkt, ohne Sachvortrag und ohne Auseinandersetzung mit dem Klagevortrag die Berechnung der Ausgleichsforderung „nur“ hilfsweise als unrichtig und unschlüssig zu rügen (Bl. 23). Sämtliche in der Berufung zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs vorgetragenen tatsächlichen Behauptungen sind demnach „neu“ i. S. d. Norm.
Soweit das Landgericht den Sachvortrag der Klägerin im Folgenden gem. §§ 286, 287 ZPO in freier Beweiswürdigung bewertet hat, ist darin ein Rechtsfehler nicht zu erkennen. Ausweislich des landgerichtlichen Urteils (S. 10 unten) wurde die fehlende Substantiierung in der mündlichen Verhandlung erörtert, ohne dass die Beklagte ihre Einwendungen konkretisiert hätte. Sie hat auch kein Schriftsatzrecht dazu beantragt. Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob eine Verletzung des § 139 ZPO bereits deshalb ausscheidet, weil das Gericht keine Erörterungs- und Fragepflicht (mehr) trifft, wenn der Prozessgegner auf Mängel des Vortrags - wie vorliegend mit Schriftsatz der Klägerin v. 20.09.2010 geschehen (Bl. 32) - ausdrücklich hinweist. Die Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts entfällt jedenfalls dann, wenn das Verhalten einer Partei auch ansonsten den Schluss zulässt, dass sie nicht näher vortragen kann oder will. Eben dies ist vorliegend aber zu bejahen. Während die Beklagte nämlich in dem seinerzeit beim Landgericht Heilbronn u. a. auf Vorlage eines Buchauszugs geführten Parallelverfahren, Az. 23 O 70/10 KfH, die Aussetzung des dortigen Verfahrens bis zur Entscheidung in dieser Sache beantragt hatte - mithin dort zu verstehen gegeben hat, sich weiteren Sachvortrag vorzubehalten, diesem Verfahren jedoch vollumfänglich Vorrang zu geben -, im hiesigen Verfahren dann aber trotz eines (vom Prozessgegner) ausdrücklich angesprochenen Gesichtspunktes nichts weiter vorträgt, dann darf angenommen werden, sie wolle oder könne hierzu nichts weiteres vortragen. Die Reichweite der Pflichten gem. § 139 ZPO wird schließlich begrenzt durch das dadurch nicht angetastete Prinzip der Parteiherrschaft über den Prozessstoff sowie die richterliche Pflicht zu Neutralität und Gleichbehandlung der Parteien, die die Intensität der gerichtlich gebotenen Hinweise vor allem im Anwaltsprozess zusätzlich beeinflusst bzw. beschränkt.
Dementsprechend ist die Beklagte mit den in der Berufung erstmals zur Höhe des Ausgleichsanspruchs angeführten Einwendungen gem. §§ 529, 531 ZPO präkludiert.
Die Klägerin hat den Ausgleichsanspruch auch substantiiert und schlüssig unter Berücksichtigung der hierfür maßgeblichen Kriterien gem. § 89 b Abs. 1 und Abs. 2 HGB dargelegt; das Landgericht hat diese Angaben rechtsfehlerfrei gem. §§ 286, 287 ZPO in freier Beweiswürdigung bewertet. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der Beweiserhebung und -würdigung des Landgerichts zur Höhe des streitgegenständlichen Ausgleichsanspruchs begründen könnten, sind jedenfalls nicht ersichtlich und werden im Übrigen auch nicht vorgetragen.
Insbesondere nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs - wie die Klägerin - auf die Provisionen bis zum 30.09.2009 und nicht auf die bis zum 31.03.2010 abgestellt hat. Bei letzterem Datum handelt es sich zwar um das bei Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfristen des Vertrages maßgebliche Ende der Vertragslaufzeit (der Handelsvertretervertrag sieht eine Kündigungsfrist von 6 Monaten vor). Dem steht - wie das Landgericht zutreffend ausführt - aber entgegen, dass die Parteien aufgrund der Umstände, insbesondere ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 30.09.2009 (K 6), davon ausgegangen sind, dass das Vertragsverhältnis mit Ablauf des 30.09.2009 endgültig beendet sein sollte. Danach war die Klägerin auch tatsächlich nicht mehr für die Beklagte tätig. Folglich sind der Ausgleichsberechnung auch die Provisionseinnahmen der letzten 12 Monate bis zum 30.09.2009 i. H. v. EUR 158.139,16 zugrunde zu legen.
Nicht zu beanstanden ist auch, soweit die Klägerin der Ausgleichsberechnung die als Anlage K 5 vorgelegte Kundenliste zugrunde legt, für die zu erwartenden Provisionsverluste auf einen Prognosezeitraum von vier Jahren abstellt und sich eine jährliche Kundenabwanderungsrate i. H. v. 20% sowie eine Abzinsung i. H. v. 5% anrechnen lässt, und so zu einem Provisionsverlust i. H. v. EUR 439.085,37 kommt. Dem stellt sie richtigerweise die Kappungsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB gegenüber, die sie unter Darlegung und Vorlage der Provisionsabrechnungen der letzten fünf Jahre mit dem durchschnittlichen Jahresprovisionsaufkommen von EUR 181.716,17 (netto), mithin zzgl. MwSt. EUR 216.242,24 ermittelt.
Zugunsten des Handelsvertreters wird dabei vermutet, dass von ihm geworbene Kunden Neukunden sind, überwiegend zu Stammkunden werden und die Geschäftsbeziehungen auch in Zukunft fortbestehen. Die Klägerin hat anhand von Anlage K 5 substantiiert vorgetragen, mit welchen Kunden sie für die Beklagte während der Vertragslaufzeit Geschäfte gemacht hat, ohne dass diese zuvor bereits mit dieser in Vertragsbeziehungen gestanden hätten.
Zugunsten der Klägerin streitet auch, dass in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist, dass dem Handelsvertreter zugute kommt, dass prima facie davon ausgegangen werden kann, dass die Unternehmensvorteile jedenfalls den Provisionsverlusten entsprechen.
Die Abwanderungsquote i. H. v. 20% sowie die Abzinsung i. H. v. 5% werden von der Beklagten - ungeachtet dessen, dass sie der Ausgleichsberechnung erstinstanzlich ohnehin keine substantiierten Einwendungen entgegengesetzt und wegen § 531 ZPO i. R. d. Berufung mit entsprechenden Einwendungen ausgeschlossen ist - bereits nicht in Frage gestellt (Bl. 88). Sie entsprechen auch den in vergleichbaren Fällen maßgeblichen Werten bzw. halten sich im Rahmen vertretbarer tatrichterlicher Würdigung.
Dass der Ausgleichsanspruch wegen der Umstrukturierung bzw. der vorliegend gewählten Rechtsform der juristischen Person (GmbH) und damit eines unpersönlichen Gebildes, das sich laut der Beklagten überdies als „Heuschrecke“ darstelle, im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 S. 3 HGB entfallen müsse, widerspricht den oben dargelegten Grundsätzen und vermag schon deshalb nicht zu überzeugen.
Nach alledem ist der streitgegenständliche Anspruch gem. § 89 b Abs. 2 HGB auch in der geltend gemachten Höhe gegeben und die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 541 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des Rechtsstreits sind überwiegend Tatsachenfragen.
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(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(2) Der Wert des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(2) Der Wert des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
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einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts hat, nachdem die Berufungsschrift eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern. Die Akten sind unverzüglich an das Berufungsgericht zu übersenden.
(2) Nach Erledigung der Berufung sind die Akten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges nebst einer beglaubigten Abschrift der in der Berufungsinstanz ergangenen Entscheidung zurückzusenden.