Immobilienrecht: WEG: Kein Stimmrechtsentzug bei Wohngeldrückstand

bei uns veröffentlicht am01.04.2011

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für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Ein
 Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter machten deutlich, dass ihm wegen des Zahlungsrückstands auch nicht das Stimmrecht entzogen werden könne (BGH, V ZR 60/10).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

BGH: Urteil vom 10.12.2010 (Az: V ZR 60/10)

Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden; ihm kann auch nicht das Stimmrecht entzogen werden.

Die Ungültigerklärung von Beschlüssen scheidet in der Regel aus, wenn feststeht, dass sich ein Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat; anders verhält es sich jedoch bei schwerwiegenden Eingriffen in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Wohnungseigentümers in gravierender Weise ausgehebelt wird.

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagten.


Tatbestand:

Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. § 10 Nr. 4 der Teilungserklärung (TE) lautet:

„Die Versammlung kann einen Wohnungseigentümer, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen. Der Betroffene hat hierbei kein Stimmrecht. Mit vollständiger Zahlung der Rückstände entfällt die Wirkung obigen Beschlusses.“

Auf der Versammlung vom 11. Juli 2008 beschlossen die Wohnungseigentümer den Entzug des Stimmrechts und den Ausschluss derjenigen Wohnungseigentümer von der Versammlung, die mit ihren Hausgeldzahlungen mehr als einen Monat in Verzug waren. Aufgrund dessen konnte die Klägerin nicht mehr weiter an der Versammlung teilnehmen. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen sämtliche Beschlüsse, die auf der Versammlung gefasst wurden. Hierzu vertritt sie die Auffassung, die Entziehung des Stimmrechts und der Ausschluss von der Versammlung seien ebenso nichtig wie die nach ihrem Ausschluss gefassten Beschlüsse. Zumindest aber seien sämtliche Beschlüsse für ungültig zu erklären. Darüber hinaus hat sich die Klägerin gegen Regelungen gewandt, die auf einer vorangegangenen Versammlung der Wohnungseigentümer beschlossen worden waren.

Das Amtsgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - die Nichtigkeit sämtlicher am 11. Juli 2008 gefassten Beschlüsse festgestellt. Auf die u.a. dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit sich die Klägerin gegen die Entziehung des Stimmrechts gewandt hat. Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 4 bis 9, 10.1 und 12 bis 15 hat es für ungültig erklärt. Mit der nur insoweit zugelassenen Revision möchten die Beklagten in dem Umfang der Zulassung eine Klageabweisung erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Ihre nicht fristgerecht eingelegte Anschlussrevision hat sie zurückgenommen.


Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass das Amtsgericht die am 11. Juli 2008 gefassten Beschlüsse zu TOP 4 bis 9, 10.1 und 12 bis 15 zu Recht beanstandet hat. Allerdings griffen keine Nichtigkeitsgründe ein, so dass die Beschlüsse lediglich für ungültig zu erklären seien. Der Ausschluss der Klägerin sei rechtsfehlerhaft. § 10 Nr. 4 TE sei unwirksam. Akzeptabel sei allenfalls eine Entziehung des Stimmrechts. Der völlige Ausschluss von der Teilnahme an Versammlungen greife in den unantastbaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer ein. In solchen Fällen komme es nicht darauf an, ob die Beschlüsse auch bei einer Mitwirkung des ausgeschlossenen Mitgliedes die erforderliche Mehrheit gefunden hätten.

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die nach dem Ausschluss der Klägerin gefassten Beschlüsse zu TOP 4 bis 9, 10.1 und 12 bis 15 keinen Bestand haben können. Dabei kann offen bleiben, ob mit dem Amtsgericht davon auszugehen ist, dass der rechtswidrige Ausschluss der Klägerin von der Versammlung und der Entzug des Stimmrechts zur Nichtigkeit der ohne die Beteiligung der Klägerin gefassten Beschlüsse führt oder ob dies - so das Berufungsgericht - lediglich deren Anfechtbarkeit begründet. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine diesbezügliche Unterscheidung entbehrlich ist, wenn die Klage - wie hier - nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.

Die genannten Beschlüsse sind rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Das Gesetz weist den Wohnungseigentümern nicht die Befugnis zu, einem Mitglied der Gemeinschaft sein Stimmrecht zu entziehen und diesen wegen Zahlungsverzuges von einer Wohnungseigentümerversammlung auszuschließen. Zwar eröffnet § 10 Nr. 4 TE diese Möglichkeit. Die Regelung ist jedoch nichtig.

Allerdings lässt das Wohnungseigentumsrecht den Wohnungseigentümern nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen. Diese Gestaltungsfreiheit gilt auch dann, wenn der teilende Eigentümer Regelungen der Gemeinschaftsordnung in der Teilungserklärung vorgibt. Schranken für den Inhalt der Gemeinschaftsordnung ergeben sich jedoch aus den Grenzen der Privatautonomie nach §§ 134, 138 BGB. Darüber hinaus unterliegen von dem teilenden Eigentümer einseitig vorgegebene Bestimmungen einer Inhaltskontrolle, bei der lediglich streitig ist, ob die für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften der §§ 307 ff. BGB (früher §§ 9 ff. AGBG) entsprechend anzuwenden sind oder ob sich diese Kontrolle unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auszurichten hat.

Gemessen daran kann die Regelung der Teilungserklärung keinen Bestand haben. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Gestaltungsfreiheit für Gemeinschaftsordnungen dort endet, wo die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer ausgehöhlt wird, und dass das mitgliedschaftsrechtliche Element des Wohnungseigentums einen allgemeinen Ausschluss des Wohnungseigentümers vom Stimmrecht verbietet. Hiergegen verstoßende Regelungen sind nach § 134 BGB nichtig. Erst recht ist ein allgemeiner Ausschluss von Versammlungen der Wohnungseigentümer unzulässig, weil dem Mitglied dadurch nicht nur faktisch sein Stimmrecht genommen, sondern ihm darüber hinaus die ebenfalls in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte fallende Befugnis abgeschnitten wird, auf die Willensbildung der Gemeinschaft durch Rede und Gegenrede Einfluss zu nehmen. Dasselbe gilt im Grundsatz auch für einen nur vorübergehenden Ausschluss. Ein Eingriff in das Teilnahmerecht ist nur statthaft, wenn auf andere Weise die geordnete Durchführung einer Versammlung nicht gewährleistet werden kann, so etwa, wenn ein Wohnungseigentümer nachhaltig und trotz Androhung des Ausschlusses die Versammlung weiterhin in erheblicher Weise stört. An dem erforderlichen versammlungsspezifischen Bezug fehlt es indessen, wenn ein Wohnungseigentümer mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist.

Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Beitragsrückstand und die Dauer des Verzuges erheblich sind und der Wohnungseigentümer dadurch in schwerwiegender Weise gegen seine Pflicht verstößt, durch Leistung der auf ihn entfallenden Beiträge an der Sicherung der finanzielle Grundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft mitzuwirken. Wie § 25 Abs. 5 Alt. 3 WEG zeigt, tritt ein Verlust des Stimmrechts auch in solchen Fällen erst ein, wenn der betreffende Wohnungseigentümer - anders als hier - unter den strengen Voraussetzungen des § 18 WEG rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden ist. Selbst dann bleibt jedoch das Recht auf Teilnahme an Versammlungen bis zur Übertragung des Wohnungseigentums auf den Erwerber bestehen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schlägt der rechtsfehlerhafte Ausschluss der Klägerin auf die nachfolgend gefassten Beschlüsse durch. Zwar scheidet eine Ungültigerklärung in der Regel aus, wenn - wozu hier Feststellungen fehlen - feststeht, dass sich der Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat. Anders verhält es sich jedoch bei schwerwiegenden Verstößen, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitgliedes in gravierender Weise ausgehebelt wird. So liegt es hier. Der Entzug des Stimmrechts und der Ausschluss von der Versammlung der Wohnungseigentümer stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte dar, bei dem es nicht darauf ankommt, ob die gefassten Beschlüsse auch bei einer Mitwirkung des (ausgeschlossenen) Mitgliedes die erforderliche Mehrheit gefunden hätten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1, § 565 i.V.m. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Gebrauch gemacht hat.


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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

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(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerl

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(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2010 - V ZR 60/10

bei uns veröffentlicht am 10.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 60/10 Verkündet am: 10. Dezember 2010 Weschenfelder, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

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Rechtsanwalt für Wohnungseigentumsrecht - BSP Rechtsanwälte in Berlin-Mitte
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 60/10 Verkündet am:
10. Dezember 2010
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist,
kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen
werden; ihm kann auch nicht das Stimmrecht entzogen werden.

b) Die Ungültigerklärung von Beschlüssen scheidet in der Regel aus, wenn
feststeht, dass sich ein Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis
nicht ausgewirkt hat; anders verhält es sich jedoch bei schwerwiegenden
Eingriffen in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte, die dazu
führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Wohnungseigentümers
in gravierender Weise ausgehebelt wird.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10 - LG Nürnberg-Fürth
AG Regensburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Dezember 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch
und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17. März 2010 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. § 10 Nr. 4 der Teilungserklärung (TE) lautet: „Die Versammlung kann einen Wohnungseigentümer, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen. Der Betroffene hat hierbei kein Stimmrecht. Mit vollständiger Zahlung der Rückstände entfällt die Wirkung obigen Beschlusses.“
2
Auf der Versammlung vom 11. Juli 2008 beschlossen die Wohnungseigentümer den Entzug des Stimmrechts und den Ausschluss derjenigen Wohnungseigentümer von der Versammlung, die mit ihren Hausgeldzahlungen mehr als einen Monat in Verzug waren. Aufgrund dessen konnte die Klägerin nicht mehr weiter an der Versammlung teilnehmen. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen sämtliche Beschlüsse, die auf der Versammlung gefasst wurden. Hierzu vertritt sie die Auffassung, die Entziehung des Stimmrechts und der Ausschluss von der Versammlung seien ebenso nichtig wie die nach ihrem Ausschluss gefassten Beschlüsse. Zumindest aber seien sämtliche Beschlüsse für ungültig zu erklären. Darüber hinaus hat sich die Klägerin gegen Regelungen gewandt, die auf einer vorangegangenen Versammlung der Wohnungseigentümer beschlossen worden waren.
3
Das Amtsgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - die Nichtigkeit sämtlicher am 11. Juli 2008 gefassten Beschlüsse festgestellt. Auf die u.a. dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit sich die Klägerin gegen die Entziehung des Stimmrechts gewandt hat. Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 4 bis 9, 10.1 und 12 bis 15 hat es für ungültig erklärt. Mit der nur insoweit zugelassenen Revision möchten die Beklagten in dem Umfang der Zulassung eine Klageabweisung erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Ihre nicht fristgerecht eingelegte Anschlussrevision hat sie zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass das Amtsgericht die am 11. Juli 2008 gefassten Beschlüsse zu TOP 4 bis 9, 10.1 und 12 bis 15 zu Recht beanstandet hat. Allerdings griffen keine Nichtigkeitsgründe ein, so dass die Beschlüsse lediglich für ungültig zu erklären seien. Der Ausschluss der Klägerin sei rechtsfehlerhaft. § 10 Nr. 4 TE sei unwirksam. Akzeptabel sei allenfalls eine Entziehung des Stimmrechts. Der völlige Ausschluss von der Teilnahme an Versammlungen greife in den unantastbaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer ein. In solchen Fällen komme es nicht darauf an, ob die Beschlüsse auch bei einer Mitwirkung des ausgeschlossenen Mitgliedes die erforderliche Mehrheit gefunden hätten.

II.

5
1. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die nach dem Ausschluss der Klägerin gefassten Beschlüsse zu TOP 4 bis 9, 10.1 und 12 bis 15 keinen Bestand haben können. Dabei kann offen bleiben, ob mit dem Amtsgericht davon auszugehen ist, dass der rechtswidrige Ausschluss der Klägerin von der Versammlung und der Entzug des Stimmrechts zur Nichtigkeit der ohne die Beteiligung der Klägerin gefassten Beschlüsse führt oder ob dies - so das Berufungsgericht - lediglich deren Anfechtbarkeit begründet. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine diesbezügliche Unterscheidung entbehrlich ist, wenn die Klage - wie hier - nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 314 ff.).
6
a) Die genannten Beschlüsse sind rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Das Gesetz weist den Wohnungseigentümern nicht die Befugnis zu, einem Mitglied der Gemeinschaft sein Stimmrecht zu entziehen und diesen wegen Zahlungsverzuges von einer Wohnungseigentümerversammlung auszuschließen. Zwar eröffnet § 10 Nr. 4 TE diese Möglichkeit. Die Regelung ist jedoch nichtig.
7
aa) Allerdings lässt das Wohnungseigentumsrecht den Wohnungseigentümern nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen (std. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213, 2145 mwN). Diese Gestaltungsfreiheit gilt auch dann, wenn der teilende Eigentümer Regelungen der Gemeinschaftsordnung in der Teilungserklärung vorgibt. Schranken für den Inhalt der Gemeinschaftsordnung ergeben sich jedoch aus den Grenzen der Pri- vatautonomie nach §§ 134, 138 BGB (Senat, Beschluss vom 11. November 1986 - V ZB 1/86; BGHZ 99, 90, 93 f.; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 104; jeweils mwN). Darüber hinaus unterliegen von dem teilenden Eigentümer einseitig vorgegebene Bestimmungen einer Inhaltskontrolle, bei der lediglich streitig ist, ob die für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften der §§ 307 ff. BGB (früher §§ 9 ff. AGBG) entsprechend anzuwenden sind oder ob sich diese Kontrolle unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auszurichten hat (vgl. dazu Senat, BGHZ 151, 164, 173 f. mwN auch zum Streitstand).
8
bb) Gemessen daran kann die Regelung der Teilungserklärung keinen Bestand haben. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Gestaltungsfreiheit für Gemeinschaftsordnungen dort endet, wo die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer ausgehöhlt wird, und dass das mitgliedschaftsrechtliche Element des Wohnungseigentums einen allgemeinen Ausschluss des Wohnungseigentümers vom Stimmrecht verbietet. Hiergegen verstoßende Regelungen sind nach § 134 BGB nichtig (vgl. Senat, Beschluss vom 11. November 1986 - V ZB 1/86, BGHZ 99, 90, 94 mwN). Erst recht ist ein allgemeiner Ausschluss von Versammlungen der Wohnungseigentümer unzulässig , weil dem Mitglied dadurch nicht nur faktisch sein Stimmrecht genommen , sondern ihm darüber hinaus die ebenfalls in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte fallende Befugnis abgeschnitten wird, auf die Willensbildung der Gemeinschaft durch Rede und Gegenrede Einfluss zu nehmen (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Februar 2006 - II ZR 200/04, NJW-RR 2006, 831, 832; Scheel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch WEG, 3. Aufl., Teil 12 Rn. 81 f.). Dasselbe gilt im Grundsatz auch für einen nur vorübergehenden Ausschluss (BayObLG, NZM 1999, 77, 78; LG Regensburg, NJW-RR 1991, 1169; LG Stralsund , NJW-RR 2005, 313, 314 ff.; Elzer, ZWE 2010, 234, 235; vgl. auch Merle in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 36; Scheel in Hügel/Scheel, aaO; aA für ein Ruhen des Stimmrechts bei Zahlungsverzug wohl BayObLG, NJW 1965, 821, 822; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 5. Aufl., § 25 WEG Rn. 6; Riecke/Schmid/ Riecke, WEG, 3. Aufl., § 25 Rn. 39: Ruhen des Stimmrechts auch bei Vorliegen unverschuldeter Zahlungsrückstände). Ein Eingriff in das Teilnahmerecht ist nur statthaft, wenn auf andere Weise die geordnete Durchführung einer Versammlung nicht gewährleistet werden kann, so etwa, wenn ein Wohnungseigentümer nachhaltig und trotz Androhung des Ausschlusses die Versammlung weiterhin in erheblicher Weise stört (Merle in Bärmann, aaO, § 24 Rn. 105 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. November 1965 - II ZR 122/63, BGHZ 44, 245, 251). An dem erforderlichen versammlungsspezifischen Bezug fehlt es indessen, wenn ein Wohnungseigentümer mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist.
9
Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Beitragsrückstand und die Dauer des Verzuges erheblich sind und der Wohnungseigentümer dadurch in schwerwiegender Weise gegen seine Pflicht verstößt, durch Leistung der auf ihn entfallenden Beiträge an der Sicherung der finanzielle Grundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft mitzuwirken. Wie § 25 Abs. 5 Alt. 3 WEG zeigt, tritt ein Verlust des Stimmrechts auch in solchen Fällen erst ein, wenn der betreffende Wohnungseigentümer - anders als hier - unter den strengen Voraussetzungen des § 18 WEG (dazu Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, BGHZ 170, 369, 372 ff.) rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden ist. Selbst dann bleibt jedoch das Recht auf Teilnahme an Versammlungen bis zur Übertragung des Wohnungseigentums auf den Erwerber bestehen (Merle in Bärmann, aaO, § 24 Rn. 62 mwN; Scheel in Hügel/Scheel, aaO, Rn. 81).
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b) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schlägt der rechtsfehlerhafte Ausschluss der Klägerin auf die nachfolgend gefassten Beschlüsse durch. Zwar scheidet eine Ungültigerklärung in der Regel aus, wenn - wozu hier Feststellungen fehlen - feststeht, dass sich der Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat (BayObLG NZM 2002, 616; Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 23 Rn. 176 u. § 24 Rn. 94 mwN; vgl. auch Se- nat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 196/08, NJW 2009, 2132, 2135). Anders verhält es sich jedoch bei schwerwiegenden Verstößen, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitgliedes in gravierender Weise ausgehebelt wird (zum Vereins- und Gesellschaftsrecht vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 391 f.; Urteil vom 13. Februar 2006 - II ZR 200/04, NJW-RR 2006, 831, 832; Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69, 73). So liegt es hier. Der Entzug des Stimmrechts und der Ausschluss von der Versammlung der Wohnungseigentümer stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte dar, bei dem es nicht darauf ankommt, ob die gefassten Beschlüsse auch bei einer Mitwirkung des (ausgeschlossenen) Mitgliedes die erforderliche Mehrheit gefunden hätten (Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 23 Rn. 176 u. § 24 Rn. 94; Elzer, ZWE 2010, 234, 235; aA wohl BayObLG, NZM 2002, 616).
11
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1, § 565 i.V.m. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Gebrauch gemacht hat. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 19.05.2009 - 11 C 2593/07 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 17.03.2010 - 14 S 5126/09 -

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

1.
eine Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie
2.
eine Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums
verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung) und, soweit solche bestehen, den gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüssen entsprechen.

(3) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.

(4) Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.