OWI-Recht: Bremsscheibenkontrolle ist vor Fahrtantritt nicht erforderlich

published on 05/02/2015 13:27
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Ein Lkw-Fahrer ist nicht verpflichtet, vor dem Fahrtantritt eine Sichtkontrolle der Bremsscheiben vorzunehmen.
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf und sprach einen Lkw-Fahrer von einem entsprechenden Vorwurf frei. Die Richter machten deutlich, dass der Fahrer grundsätzlich für die Vorschriftsmäßigkeit und Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs verantwortlich sei. Er müsse dies deshalb vor Beginn der Fahrt im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren überprüfen. Hierzu gehöre auch, dass ein Lkw-Fahrer die Bremsanlage durch Bremsproben überprüfe. Habe er eine derartige Bremsprobe vor der Fahrt durchgeführt, habe er alles Notwendige unternommen. Die Prüfanforderungen würden überspannt, wenn von ihm verlangt werde, jeweils vor Fahrtantritt die Bremsscheiben des Lastzugs durch die Löcher in den Felgen einer Sichtkontrolle auf Risse zu unterziehen. Eine Ausnahme bestehe lediglich in den Fällen, in denen ein besonderer Anlass zu einer Sichtkontrolle der Bremsscheiben vorliege. Unterlasse er dann die Kontrolle, könne ihm ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen, sodass der Lkw-Fahrer freizusprechen gewesen sei.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.1.2014, (Az.: 3 RBs 11/14).

Der Fahrer eines Lkw braucht vor Fahrtantritt die Bremsscheiben nicht einer Sichtkontrolle unterziehen, sofern nicht ausnahmsweise ein besonderer Anlass dafür besteht.


Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen u. a. wegen eines „fahrlässigen Verstoßes gegen die Vorschrift über Bremsen“ zu einer Geldbuße von 180 € verurteilt. Auf den Antrag des Betroffenen hat die Einzelrichterin die Rechtsbeschwerde durch Beschluss vom 28. Januar 2014 insoweit zugelassen und die Sache dem Senat gemäß § 80 a Abs. 3 OWiG zur Entscheidung übertragen.

Das Rechtsmittel hat zumindest vorläufigen Erfolg.

Das Amtsgericht ist zutreffend von einem in objektiver Hinsicht gegebenen Verstoß gem. §§ 41, 69 a StVZO ausgegangen. Der Betroffen hat den Sattelzug in Betrieb genommen, obwohl die Bremsscheibe des rechten Vorderrades zwei durchgehende Risse aufwies. Diese Risse führten zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, wie das Amtsgericht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Diplom-Ingenieur rechtsfehlerfrei festgestellt hat.


Die Feststellungen tragen aber nicht die Annahme von Fahrlässigkeit des Betroffenen in Bezug auf den Verstoß. Der strafrechtliche Fahrlässigkeitsmaßstab fordert die nach den objektiven Umständen gebotene und den persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO ist der Fahrzeugführer für die Vorschriftsmäßigkeit und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs verantwortlich. Er hat sich jeweils vor Fahrtantritt im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren davon zu überzeugen. Da die Funktionsfähigkeit der Bremsanlage von enormer Wichtigkeit für die Verkehrssicherheit ist, bestehen insoweit strenge Anforderungen an die Prüfpflicht des Fahrers. Der Führer eines Lastkraftwagens ist grundsätzlich vor Antritt der Fahrt verpflichtet, die Bremsanlage durch Bremsproben zu überprüfen. Eine derartige Bremsprobe hat der Betroffene vor der Fahrt durchgeführt. Soweit das Amtsgericht davon ausgeht, dass ein Lastzugfahrer jeweils vor Fahrtantritt die Bremsscheiben des Lastzugs durch die Löcher in den Felgen einer Sichtkontrolle auf Risse unterziehen muss, überspannt das Amtsgericht aber die Sorgfaltsanforderungen an einen Lastkraftfahrer. Eine Pflicht zu regelmäßigen Sichtkontrollen der Bremsscheiben ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht angenommen worden. Auch der Senat sieht keine grundsätzliche Verpflichtung zur Kontrolle der Bremsscheiben vor Fahrantritt. Aus den Unfallverhütungsvorschriften der „Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution“ ist nicht zu entnehmen, dass die Bremsanlage einer Sichtprüfung zu unterziehen ist. In der Durchführungsanordnung zu § 36 Abs. 1 UVV wird auf den BG-Grundsatz „Prüfung von Fahrzeugen durch Fahrpersonal“ verwiesen. Darin sind die Prüfpunkte für die Fahrzeugkontrolle - u. a. für die Bremsanlage - festgelegt. Der Prüfungsumfang richtet sich nach der Art der Bremsanlage , wobei bei keiner Anlage eine optische Kontrolle vorgesehen ist. Den Betroffenen träfe nur dann ein Fahrlässigkeitsvorwurf, wenn er im konkreten Fall einen besonderen Anlass zu einer Sichtkontrolle der Bremsscheiben gehabt hätte. Ein solcher Anlass zu gesteigerter Sorgfalt kann etwa bestehen, wenn entsprechende Mängel zuvor bereits einmal festgestellt worden sind. Der Annahme des Amtsgerichts, der Betroffene sei aufgrund der Vielzahl der Hitzerisse, die über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden seien, zur Prüfung der Bremsscheiben auch auf durchgehende Risse verpflichtet gewesen, folgt der Senat nicht. Denn die Hitzerisse waren nach den Angaben des Sachverständigen überwiegend unproblematisch. Bei harmlosen Mängeln, die sich erst über einen längeren Zeitraum verschlechtern, darf sich der Fahrer aber grundsätzlich darauf verlassen, dass diese bei der regelmäßigen Wartung, spätestens aber bei der Hauptuntersuchung des Fahrzeuges festgestellt und beseitigt werden. Die Pflicht zu genauerer Prüfung vor Fahrtantritt könnte hier allenfalls daraus folgen, dass die Mängel an der Bremsscheibe so auffällig waren, dass sie von dem Betroffenen bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Pflicht zur Kontrolle der Reifen auf ausreichenden Luftdruck und Profiltiefe sowie der Radmuttern auf festen Sitz hätten bemerkt werden müssen. Dies ist durch die Feststellungen des Urteils aber nicht hinreichend belegt. Dass der Zeuge POK M. und der Sachverständige die durchgehenden Risse durch die „in ausreichender Zahl vorhandenen und ausreichend großen Lüftungsöffnungen der Felgen ohne Zuhilfenahme von Werkzeugen“ sehen konnten, besagt nicht, dass auch der Betroffene diese erkannt haben musste. Hiervon wäre nur auszugehen, wenn mindestens ein durchgehender Riss - völlig unabhängig von der Radstellung - durch die Felgenlöcher zwingend erkennbar gewesen ist. Dazu ist weitere Aufklärung zur Position der durchgehenden Risse auf der Bremsscheibe erforderlich. Sollte nicht auszuschließen sein, dass beide Risse durch die Bremsbacken verdeckt gewesen sein könnten, scheidet ein Fahrlässigkeitsvorwurf aus. Denn der Betroffene war nicht verpflichtet, den Sattelzug mehrfach um wenige Zentimeter zu bewegen, um so die Bremsscheiben vollständig in Augenschein nehmen zu können. Ein derartiger Aufwand überspannte die Anforderungen an einen Kraftfahrer.

Es bestand kein Anlass, die Sache an ein anderes Amtsgericht oder eine andere Abteilung des Amtsgerichts M. zurückzuverweisen, § 79 Abs. 6 OWiG.

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(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich

(1) Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Wer ein Fahrzeug führt, hat zudem dafür zu sorgen, dass da
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(1) Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Wer ein Fahrzeug führt, hat zudem dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug, der Zug, das Gespann sowie die Ladung und die Besetzung vorschriftsmäßig sind und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung nicht leidet. Ferner ist dafür zu sorgen, dass die vorgeschriebenen Kennzeichen stets gut lesbar sind. Vorgeschriebene Beleuchtungseinrichtungen müssen an Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern auch am Tage vorhanden und betriebsbereit sein.

(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

1.
hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
2.
entweder
a)
nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b)
zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.

(1b) Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für

1.
ein stehendes Fahrzeug, im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nummer 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
2.
den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
3.
stehende Straßenbahnen oder Linienbusse an Haltestellen (Zeichen 224).
Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne. Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b gilt nicht für
1.
die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zur Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, oder
2.
die Benutzung elektronischer Geräte, die vorgeschriebene Spiegel ersetzen oder ergänzen.

(1c) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte). Bei anderen technischen Geräten, die neben anderen Nutzungszwecken auch zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen verwendet werden können, dürfen die entsprechenden Gerätefunktionen nicht verwendet werden.

(2) Wer ein Fahrzeug führt, muss das Fahrzeug, den Zug oder das Gespann auf dem kürzesten Weg aus dem Verkehr ziehen, falls unterwegs auftretende Mängel, welche die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigen, nicht alsbald beseitigt werden; dagegen dürfen Krafträder und Fahrräder dann geschoben werden.

(3) Wer ein Fahrrad oder ein Kraftrad fährt, darf sich nicht an Fahrzeuge anhängen. Es darf nicht freihändig gefahren werden. Die Füße dürfen nur dann von den Pedalen oder den Fußrasten genommen werden, wenn der Straßenzustand das erfordert.

(4) Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies gilt nicht in Fällen des § 21a Absatz 2 Satz 1.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.