Sichtfahrgebot: Verstoß begründet immer ein Mitverschulden
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Wer gegen das Sichtfahrgebot verstößt, muss sich im Fall eines Verkehrsunfalls immer ein Mitverschulden anrechnen lassen.
Das musste sich ein Motorrollerfahrer sagen lassen, der bei Dunkelheit mit einem unbeleuchtet auf einer Landstraße stehenden Anhänger zusammengestoßen war. Dabei hatte er sich schwer verletzt.
Beim Ersatz seines Schadens und bei der Höhe des Schmerzensgelds müsse sich der Rollerfahrer ein Mitverschulden anrechnen lassen, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg. Er habe gegen das Sichtfahrgebot verstoßen. Die Richter führten aus, dass das Sichtfahrgebot die wichtigste Regel für die Fahrgeschwindigkeit sei. Sie gelte ausnahmslos auf allen Straßen und für alle Fahrzeugarten, bei Tag, Dunkelheit und unter allen Witterungsverhältnissen. Fahren auf Sichtweise bedeute, dass der Fahrer in der Lage sein müsse, vor einem auf der Straße befindlichen Hindernis innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten zu können. Dies gelte umso mehr, da ein Fahrzeugführer immer mit Hindernissen wie Fußgängern oder stehenden, unbeleuchteten Fahrzeugen auf dem nicht einsehbaren Teil seiner Fahrbahn rechnen müsse. Auch wenn auf der Landstraße eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erlaubt gewesen sei, sei der Rollerfahrer mit 50 km/h eindeutig zu schnell gewesen. Da sein Roller über kein Fernlicht verfügte, hätte er den unbeleuchteten Anhänger nur bei einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h rechtzeitig sehen und ausweichen können. Das Mitverschulden für diesen Verstoß gegen das Sichtfahrgebot sei mit 30 Prozent zu bemessen. Das überwiegende Verschulden an dem Unfall treffe den Landwirt, der den Anhänger nachts unbeleuchtet auf der nur drei Meter breiten Landstraße abgestellt habe (OLG Nürnberg, 5 U 1921/06).
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