Strafrecht: Bloßes Zulaufen einer Vielzahl von Demonstranten auf Polizeibeamte stellt keine Widerstandsleistung dar

bei uns veröffentlicht am19.06.2009

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB erfordert eine durch tätiges Handeln bewirkte Kraftäußerung, di
Das OLG Hamm hat mit dem Beschluss vom 07.08.2008 (Az.: 3 Ss 100/08) folgendes entschieden:

Die unter Anwendung von Körperkraft vorgenommene Handlung muss von dem Vollstreckenden im Zeitpunkt der Diensthandlung körperlich empfunden werden.

Das bloße Zulaufen auf Polizeibeamte durch eine Vielzahl von Demonstranten, um eine Polizeisperre allein dadurch zu überwinden, dass die Beamten nicht in der Lange sind, sämtliche Demonstranten zu ergreifen bzw. festzuhalten, stellt kein Widerstandleisten durch Gewalt i. S. von § 113 I StGB dar.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Staatskasse trägt die gesamten Kosten des Strafverfahrens sowie die dem Angeklagten in diesem Strafverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.


Entscheidungsgründe:

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 14.12.2007 wegen gemeinschaftlichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt worden.

Das Amtsgericht hat zur Sache folgende Feststellungen getroffen:

„Am 30.06.2007 fand in I. ein Aufzug einer rechtspolitisch orientierten Gruppierung statt. Die Polizei rechnete damit, dass Störungen dieses Aufzugs von linkspolitisch orientierten Personen und Gruppen beabsichtigt sind. Die geplante Aufzugsstrecke wurde deshalb von Polizeibeamten verpostet. Es gab in I. an diesem Tag mehrere angemeldete Gegenveranstaltungen. Der Angeklagte hielt sich am 30.06.2007 ebenfalls in I. gemeinsam mit mehreren anderen Personen auf. Es handelte sich hierbei um eine Gruppe von ca. 50 Personen, die nach Einschätzung der Polizei als linksgerichtet einzuordnen waren. Der Angeklagte und seine Begleiter beabsichtigten, zur Aufzugsstrecke, die über die N-Straße verlaufen sollte, zu gelangen. Die Polizeibeamten B. und T. hatten sich im Bereich der S-Straße an einer Parallelstraße zur N-Straße als Posten aufgestellt, um zu verhindern, dass potentielle Störer auf die Aufzugsstrecke gelangen. Ihnen näherte sich der Angeklagte mit seinen Begleitern. Der Polizeibeamte B. und seine Kollegen erteilten ihnen einen Platzverweis für den rückwärtigen Bereich der Aufzugsstrecke insbesondere S-Straße und Umfeld. Auf Nachfrage hatten Personen aus der Gruppierung, in der sich der Angeklagte aufhielt, mitgeteilt, dass sie keine Versammlung sein wollen. Sie entfernten sich zunächst von den Polizeibeamten. Kurze Zeit später nahmen die Polizeibeamten wahr, dass sich die gleiche Gruppierung, in der sich auch der Angeklagte befand, erneut auf ihren Streckenposten zu bewegte. Plötzlich setzten sich die Personen aus dieser Gruppierung aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes in Bewegung und begannen, im Laufschritt auf die Polizeibeamten zuzulaufen. Diese riefen ihnen zu, dass sie die Straße nicht passieren dürfen. Der Polizeibeamte T. benutzte, nachdem die Polizisten festgestellt hatten, dass die Menschengruppe nicht stehen blieb, sondern weiter auf die Polizeibeamten zulief, sein Pfefferspray und setzte es gegen einige Personen ein. Diese ließen daraufhin davon ab, weiterzulaufen, um den Streckenposten zu überwinden. Weitere Personen, unter ihnen der Angeklagte, liefen auf die beiden Polizeibeamten zu und versuchten, an diesen vorbei auf die Aufzugsstrecke zu gelangen. Den beiden Polizeibeamten gelang es nicht, alle Personen durch Festhalten und in den Weg Stellen aufzuhalten, ca. 3 oder 4 Personen gelang es, die Polizeibeamten zu passieren und auf die Aufzugsstrecke zu gelangen. Dort wurden sie später von anderen Polizeibeamten von der Aufzugsstrecke wieder entfernt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der rechtspolitische Aufzug noch nicht an diesem Aufzugsabschnitt. Auch der Angeklagte war auf die Polizeibeamten zugelaufen, in der Absicht, den von den Polizeibeamten zuvor erteilten Platzverweis und die. deutliche Ansage, dass der Streckenposten nicht passiert werden darf, zu missachten. Er lief gemeinsam mit seinen Begleitern schnellen Schrittes auf den Polizeibeamten B. zu. Er wurde nicht lediglich von diesen mitgeschoben, sondern befand sich in der 1. Reihe der Personen, die begannen, auf die Polizeibeamten zuzulaufen. Der Polizeibeamte B. stellte sich dem Angeklagten in den Weg, und es gelang ihm, den Angeklagten festzuhalten. Dies ließ der Angeklagte geschehen. Er wehrte sich nicht gegen das Festhalten durch den Polizeibeamten B. Als der Polizeibeamte B. den Angeklagten festhielt, wurde er von anderen Personen, die versuchten, an ihm vorbeizukommen, zur Seite geschoben. Der Polizeibeamte wurde von den Personen, die mit dem Angeklagten zusammen losgelaufen waren, nicht geschlagen. Er hat auch nicht wahrgenommen, dass er absichtlich von diesem geschubst worden ist.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der unter näheren Ausführungen eine Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Revision ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Sie führt auf die erhobene Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Freisprechung des Angeklagten.

Die getroffenen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB.

Das Amtsgericht ist von der Erfüllung der ersten Alternative des Tatbestandes des § 113 Abs. 1 StGB - Widerstand-Leisten durch Gewalt - ausgegangen.

Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB erfordert eine durch tätiges Handeln bewirkte Kraftäußerung, die gegen die Person des Vollstreckenden gerichtet und geeignet ist, den Vollzug der Vollstreckungshandlung zu erschweren oder zu verhindern. Die unter Anwendung von Körperkraft vorgenommene Handlung muss von dem Vollstreckenden im Zeitpunkt der Diensthandlung körperlich empfunden werden (vgl. BGH NJW 1963, 1165).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die getroffenen Feststellungen belegen weder ein Gewaltanwendung des Angeklagten im Sinne des § 113 StGB noch einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten.

Der Bundesgerichtshof hat eine Gewaltanwendung im Sinne des § 113 StGB verneint, wenn der Führer eines Pkw, der vor der Polizei flüchten bzw. sich einer polizeilichen Kontrolle entziehen will, versucht, an einem auf der Straße quergestellten Polizeifahrzeug durch eine frei gebliebene Lücke vorbeizufahren (vgl. BGH VRS Bd. 93, 307) bzw. kurz vor dem Erreichen des Standortes des kontrollierenden Polizeibeamten mit seinem Pkw nach rechts ausweicht, um um ihn herumzufahren (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2005 - 2 StR 342/05 -). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof maßgebend darauf abgestellt, dass der Angeklagte nach den jeweils getroffenen Urteilsfeststelllungen nicht etwa auf die Polizeibeamten zugefahren sei, um diese zum Wegfahren und damit zu einer Freigabe der Fahrbahn zu nötigen bzw. zu einem Ausweichen zu zwingen, und hat einen Vorsatz des Angeklagten, die Polizeibeamten mit Gewalt zu einem Ausweichen und einem Unterlassen der beabsichtigten Vollstreckungshandlung zu nötigen, verneint.

Dem vorliegenden Verfahren liegt ein durchaus vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.

Nach den Urteilsfeststellungen sind die Gegendemonstranten, unter denen sich auch der Angeklagte befand, nicht auf die Polizeibeamten zugelaufen, um diese zu überrennen oder um diese zu einem Ausweichen oder einem Beiseitespringen zu zwingen, sondern sie wollten an den Polizisten vorbei auf die Aufzugsstrecke laufen.

Es sollte daher keine gegen die körperliche Unversehrtheit der Polizeibeamten gerichtete Kraftäußerung erfolgen, sondern es sollte durch die Wahl des Laufens als Fortbewegungsmittel der Umstand ausgenutzt werden, dass die beiden Polizeibeamten bei einer größeren Anzahl sich rasch nähernder Personen nicht in der Lage sein würden, auf sämtliche Personen gleichzeitig zu reagieren und alle Gegendemonstranten daran zu hindern, auf den gesperrten Teil der Straße hinüber zu laufen. So wird in den Urteilsgründen im Rahmen der rechtlichen Würdigung festgestellt, dass es aufgrund der Vielzahl der Personen, die sich gleichzeitig in Bewegung gesetzt hatten, einigen Demonstrationsgegnern möglich gewesen sei, die durch die Polizeibeamten errichtete Straßensperre zu durchbrechen, das heißt, die Polizeibeamten, die sich ihnen in den Weg stellten, zu passieren.

Eine sich körperlich auf die Polizeibeamten auswirkende Konfrontation war daher durch die Aufzugsgegner nicht beabsichtigt. Damit steht auch in Einklang, dass der Angeklagte sich nicht wehrte und von seinem Vorhaben, an den Polizeibeamten vorbei auf die Aufzugsstrecke zu gelangen, sofort abließ und sich völlig ruhig verhielt, als er von dem Polizeibeamten B. festgehalten wurde.

Soweit das Amtsgericht davon ausgeht, dass es von dem Angeklagten und den weiteren Demonstrationsgegnern zumindest beabsichtigt gewesen sei, dass es durch die Vielzahl der laufenden Personen dazu kommen würde, dass die Polizeibeamten beiseite geschoben würden, lässt sich diese Annahme mit der Feststellung, dass die Aufzugsgegner versuchten, an den Polizeibeamten vorbeizulaufen, also gerade eine körperliche Konfrontation mit den Beamten nicht wollten, sondern zu umgehen versuchten, nicht in Übereinstimmung bringen. Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, worauf das Amtsgericht seine Annahme stützt. Ausweislich der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte zur Sache nicht eingelassen und hat der Zeuge B. ausgesagt, er habe nicht wahrgenommen, dass er von Personen, die mit dem Angeklagten zusammen losgelaufen waren, absichtlich „geschubst“ worden sei.

Abgesehen davon erfolgte das durch das Amtsgericht festgestellte Wegschieben des Zeugen B. durch Personen, die an ihm vorbeizukommen versuchten, nach den Urteilsgründen erst, als der Angeklagte bereits von dem Polizeibeamten festgehalten wurde. Eine Mittäterschaft des Angeklagten an einer etwaigen Straftat gemäß § 113 Abs. 1 StGB, begangen durch ein „Schubsen“ bzw. Wegschieben des Polizeibeamten B, kommt bei dieser Sachlage entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft nicht in Betracht, selbst wenn man einen entsprechenden Tatplan unterstellen würde. Mittäterschaft setzt nämlich neben einem gemeinsamen Tatentschluss objektiv einen wesentlichen Tatbeitrag voraus, ohne den die Tatbegehung zwar nicht unmöglich gewesen, aber wesentlich erschwert worden wäre. An einer solchen Mitwirkungshandlung des Angeklagten in Bezug auf das Wegschieben des Polizeibeamten B. fehlt es aber. Auch für die Annahme einer Beihilfehandlung des Angeklagten ist kein Raum.

Das angefochtene Urteil konnte daher keinen Bestand haben.

Da das Verhalten des Angeklagten keinen sonstigen Straftatbestand erfüllt und der Senat es bei der hier gegebenen Sachlage für ausgeschlossen hält, dass in einer erneuten Hauptverhandlung noch weitere Feststellungen getroffen werden, die zu einer Verurteilung des Angeklagten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB führen könnten, war der Angeklagte außerdem freizusprechen.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 113 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte


(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit

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(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 342/05
vom
7. September 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2005
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19. Januar 2005
a) in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte insgesamt einer Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug schuldig ist,
b) im Fall 3 der Urteilsgründe und im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 14. Februar 2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Es hat ihm die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezo-
gen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend bemerkt der Senat zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts zu den Verfahrensrügen, dass die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO unzulässig ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revision das Schreiben des Oberstaatsanwalts E. nicht mitteilt. 1. Der Schuldspruch in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe wegen Betruges und Urkundenfälschung in zwei Fällen hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu zutreffend ausgeführt: „Die Annahme des Tatrichters, die Fälle 1 und 2 der Anklage (UA S. 17 f.) stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken; nach den Feststellungen kommt insoweit vielmehr Tateinheit in Betracht. Beide Überweisungsvordrucke wurden am 12. Dezember 2002 ausgefüllt und mit der Unterschrift ‚T. versehen ’ (UA S. 21); beide Fälschungen wurden zeitgleich am 12. Dezember 2002 oder an einem der nächsten Tage bei der Sparkasse D. eingereicht und dort – wiederum zeitgleich – am 16. Dezember 2002 in der Weise bearbeitet, dass die Geldbeträge über 260,00 € und 2.850,00 € dem Konto des Beschwerdeführers gutgeschrieben wurden (UA S. 21). Fälscht ein Täter – wie hier – mehrere Urkunden und macht von ihnen sodann in einem Akt Gebrauch, liegt Tateinheit vor (vgl. Fischer/Tröndle 52. Aufl. § 267 StGB Rdnr. 44). Denn eine durch eine Fälschung einer Urkunde bereits vollendete Straftat wird durch das Gebrauchmachen der Fälschung erst beendet. ‚Dieselbe Handlung’ im Sinne von § 52 StGB
liegt daher auch vor, wenn das gleichzeitige Gebrauchmachen von mehreren gefälschten Urkunden zwei ursprünglich rechtlich selbstständige vollendete Handlungen beendet und damit zugleich bei der Erfüllung eines anderen Tatbestandes – hier des Betruges – mitwirkt (BGH VRS 21, 113, 118, 119; BGH, Urteil vom 23. Juli 1965 – 4 StR 340/65 S. 5).“ Der Senat kann den Schuldspruch selbst entsprechend korrigieren. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte ersichtlich nicht anders hätte verteidigen können. 2. Im Fall 3 der Urteilsgründe sind die Feststellungen widersprüchlich und belegen deshalb eine Gewaltanwendung im Sinne der §§ 113, 240 StGB durch den Angeklagten nicht. Nach den Urteilsfeststellungen UA S. 24 fuhr der Angeklagte nicht auf den Polizeibeamten zu, um ihn zum Ausweichen zu zwingen, sondern wich vielmehr seinerseits kurz vor Erreichen des Standortes des Polizeibeamten mit seinem Pkw nach rechts aus, um um ihn herumzufahren. Nach diesen Feststellungen fehlte dem Angeklagten der Vorsatz, den Polizeibeamten mit Gewalt zum Ausweichen und zur Unterlassung der beabsichtigten Verkehrskontrolle zu nötigen, den das Landgericht UA S. 61 f. bei der rechtlichen Würdigung zugrunde legt. Dies führt in diesem Fall zur Aufhebung und Zurückverweisung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen kann, die einen – eventuell bedingten – Nötigungsvorsatz des Angeklagten belegen, zumal der Angeklagte, obwohl sowohl der Polizeibeamte N. als auch der Angeklagte selbst jeweils nach rechts ausgewichen sind, mit einem Abstand von nur 70 cm an dem Beamten vorbeifuhr.
3. Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe und die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 3 der Urteilsgründe führen zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, Feststellungen zur Erledigung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düren vom 18. Februar 2003 zu treffen und die Strafe, falls sie noch nicht vollstreckt sein sollte, hinsichtlich einer Gesamtstrafenbildung zu berücksichtigen oder anderenfalls einen Härteausgleich zu gewähren. Rothfuß Ernemann Fischer Roggenbuck Appl

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.