Unfallschaden: Fahrzeug laut Gutachten fahrbereit, aber nicht verkehrssicher

published on 02/05/2013 13:49
Unfallschaden: Fahrzeug laut Gutachten fahrbereit, aber nicht verkehrssicher
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Dem Geschädigten kann nicht in jedem Fall zugemutet werden, dass er ein verunfalltes Fahrzeug bis zum Reparaturbeginn weiterbenutzt.
Das stellte das Landgericht (LG) Köln klar. In dem betreffenden Fall war das Fahrzeug im Schadengutachten zwar als „fahrbereit“ bezeichnet worden. Da es aber wegen der unfallbedingt zerstörten Heckscheibe und einer beschädigten hinteren Leuchteinheit offensichtlich nicht mehr verkehrssicher war, schlossen die Richter eine weitere Nutzung im Straßenverkehr aus. Der Geschädigte dürfe sich in diesem Fall einen Ersatzwagen nehmen (LG Köln, 11 S 89/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LG Köln vom 05.02.2013 (Az: 11 S 89/12)

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 1.2.2012 - 261 C 159/11 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 595,97 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.5.2011 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahren tragen der Kläger 9% und die Beklagte 91%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

- Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO -


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249 BGB für insgesamt 14 Tage zu.

Zu Unrecht ist das Amtsgericht von einer berechtigten Inanspruchnahme des Mietfahrzeuges für nur 8 Kalendertage ausgegangen mit der Begründung, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen A sei das Fahrzeug des Klägers noch fahrbereit gewesen, so dass nur die gemäß dem Gutachten in Ansatz gebrachte voraussichtliche Reparaturdauer von 6 Arbeitstagen bzw. 8 Kalendertagen zu berücksichtigen seien.

Es kann dahinstehen, ob schon deshalb eine 14-tägige Anmietdauer zugrunde zu legen ist, weil die Beklagte selbst in ihrer Abrechnung von einer solchen ausging. Denn jedenfalls bestand auch aus tatsächlichen Gründen eine Berechtigung zur Inanspruchnahme für diesen Zeitraum, da die Nutzung des unfallgeschädigten Fahrzeuges des Klägers entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nach dem Unfall nicht zumutbar war.

Zwar wurde der unfallgeschädigte Pkw im Gutachten des Sachverständigen A als noch fahrbereit bezeichnet, was auch zutreffen mag. Indessen ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen zum Schadensumfang und aus den Fotos, dass der Pkw nicht verkehrssicher war. Die linke hintere Beleuchtungseinheit wurde beschädigt und deutlich ist auch zu erkennen, dass die Heckscheibe vollständig zerstört ist. Die Weiternutzung des Fahrzeuges war daher weder zumutbar noch zulässig.

Damit war der Kläger auch schon für die Zeit der Gutachtenerstattung berechtigt, ein Mietfahrzeug anzumieten. Da die - fiktiven - Bruttoreparaturkosten von 6.094,01 € nur unwesentlich unter dem Wiederbeschaffungswert von 6.800 € lagen, war dem Kläger auch eine angemessene Überlegungszeit zuzubilligen, um eine Entscheidung dahin zu treffen, ob die Reparatur durchgeführt werden soll oder ob die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges die wirtschaftlich günstigere Lösung darstellte. Von der Rechtsprechung werden insoweit Überlegungszeiten von ein bis zwei Tagen bzw. bis zu 5 Kalendertagen zugebilligt.

Berücksichtigt man eine Überlegungszeit von 3 Tagen als angemessen, ergäbe sich jedenfalls schon eine berechtigte Anmietdauer von 14 Tagen. Dies ergibt sich aus folgendem:

Besichtigung des Fahrzeuges durch den Sachverständigen und Mietbeginn: Sa 2.4.2011 1.Tag

Fertigstellung Gutachten u. Reparaturfreigabe; Mo 4.4.2011

Zugang bei Kläger und Beginn Überlegung: Die 5.4.2011

Überlegungszeit: mit 6.4.2011bis Do 7.4.2011

Reparaturbeginn: Fr 8.4.2011

Reparaturende unter Berücksichtigung des Wochenendes am 6. Arbeitstag: Fr 15.4.2011 14. Tag.

Unter Berücksichtigung der gemäß den Feststellungen im angefochtenen Urteil angemieteten Fahrzeugklasse 7 ergab sich nach Maßgabe des durch das Amtsgericht herangezogenen Schwacke-Mietpreisspiegels 2011 ein Normaltarif von 1.787,80 € (2 Wochentarife zu je 893,90 €), der auch nach Auffassung des Klägers nicht um die Kosten für eine Vollkaskoversicherung zu erhöhen ist, die nunmehr in den Normaltarif des Schwacke-Mietpreisspiegels 2011 eingerechnet ist.

Indessen ist von diesem Betrag in Übereinstimmung mit der Auffassung des Amtsgerichts bei der hiernach anzunehmenden Anmietung eines klassegleichen Fahrzeuges ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen, was der Kläger dem Grunde nach auch nicht in Abrede stellt. Welcher Betrag insoweit in Ansatz zu bringen ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet, wobei der Tatrichter insoweit in Ausübung seines Ermessens gemäß § 287 ZPO frei ist. Die Kammer folgt insoweit in Ausübung ihres eigenen Ermessens der Schätzung des Amtsgericht, das eine Eigenersparnis von 10% zugrunde legt, zumal der Kläger mit dem Mietfahrzeug mit 1.177 km nicht nur eine unwesentliche Strecke zurückgelegt hat.

Unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen ergibt sich demnach ein Normaltarif von 1.609,02 € (1787,80 €./. 178,78 €). Vor dem Hintergrund des eigenen Vortrages des Klägers, wonach ein Mietfahrzeug der Gruppe 7 angemietet und in Rechnung gestellt worden ist, erweist sich sodann der mit Rechnung vom 26.4.2011 durch die Fa Autohaus C in Rechnung gestellte Mietzins unter Berücksichtigung des von dieser in Abzug zu bringenden Eigenersparnisanteils von 170,40 € im Ergebnis als unter dem Normaltarif nach Schwacke-Mietpreisspiegels 2011 liegend mit der Folge, dass nur dieser Betrag von 1.533,68 € ( 1.704,08 €./. 170,40 €) als ursprünglich begründet anzusehen ist, auf den die Beklagte vorprozessual 798,18 € gezahlt und auf den das Amtsgericht einen Betrag von 139,53 € zuerkannt hat, so dass sich noch eine weitere berechtigte Forderung in Höhe von 595,97 € ergibt.

Angesichts dieser Unterschreitung des Normaltarifs des Schwacke-Mietpreisspiegels 2011 durch den Rechnungsbetrag konnte in Übereinstimmung mit der Auffassung des Klägers sodann auch dahinstehen, ob im Hinblick auf die Anmietung am Folgetag des Unfallgeschehens ein 20%iger Zuschlag für unfallbedingte Mehraufwendung auf den Normaltarif in Betracht gekommen wäre.

Der durch das Amtsgericht verneinte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist mit der Berufung nicht weiterverfolgt worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
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21/06/2012 11:17

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21/01/2009 14:09

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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.