Arbeitsgericht Dortmund Urteil, 16. Juni 2015 - 7 Ca 2708/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 2.300,00 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist seit dem 13.9.2010 bei der Beklagten als Mitarbeiter in der Produktion beschäftigt. Zwischen den Parteien war vor dem Arbeitsgericht Dortmund ein Kündigungsrechtsstreit anhängig. Die Beklagte hat das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis schriftlich mit Wirkung zum 30.4.2014 gekündigt und anschließend unter dem 5.5.2014 dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis erteilt. Wegen des Inhalts des Zeugnisses wird auf Bl. 8 d.A. verwiesen. Das Zeugnis enthielt eine Beschreibung der Aufgabenbereiche, die der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beklagten wahrgenommen hat. Ferner bescheinigt die Beklagte dem Kläger im vierten Absatz des Zeugnistextes „ausreichende Fachkenntnisse“.
3Der Kläger behauptet, dass das Zeugnis vor allem im vierten Absatz eine unzureichende Beschreibung der tatsächlichen Fachkenntnisse und Arbeitsweise des Klägers enthält. Ebenfalls werde sein Führungsverhalten nur eingeschränkt geschildert. Die Beklagte werde damit ihrer Verpflichtung der Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses, das für den Berufsweg förderlich sein soll, nicht gerecht.
4Der Kläger beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, das dem Kläger erteilte Zeugnis unter dem 05.05.2014 im vierten Absatz wie folgt zu berichtigen und mit Firmenkopfbogen unterschrieben an ihn herauszugeben:
6„Herr E verfügt über gute und vielseitige Fachkenntnisse.
7Er beherrschte sein Aufgabengebiet jederzeit sicher und souverän. Hinzu kommen seine beachtlichen Erfahrungen, so dass er seine Aufgaben stets selbstständig und verlässlich bearbeitete. Er war immer ein belastbarer Mitarbeiter, dessen Arbeitsqualität auch bei wechselnden Anforderungen stets zu unserer vollen Zufriedenheit war. Seine Aufgaben bearbeitete Herr E stets sehr engagiert und mit vorbildlichem persönlichem Einsatz. Er zeichnete sich durch ein hohes Maß an Loyalität, Zuverlässigkeit und Belastbarkeit aus. Er fand für auftretende Probleme stets gute und praxistaugliche Lösungen. Durch seine aktive Einstellung in Verbindung mit guten Kenntnissen führte Herr E seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit durch. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern war stets vorbildlich.
8Das Arbeitsverhältnis von Herrn E endet am 30.04.2014. Wir verlieren mit Herrn E einen guten Mitarbeiter. Für seine bisherige Arbeit danken wir ihm und wünschen ihm für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie ist der Ansicht, das erteilte Zeugnis sei im Hinblick auf den Grundsatz der Zeugniswahrheit nicht zu beanstanden. Für eine Bewertung des Klägers im von ihm begehrten überdurchschnittlichen Bereich seien keinerlei Anknüpfungspunkte vorhanden. Die vorgenommene Bewertung der Leistung des Klägers sei zutreffend und stehe dem beruflichen Fortkommen des Klägers nicht entgegen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie der Prozessakte Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14I.
15Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit dem von ihm begehrten Wortlaut gemäß § 109 Abs. 1 GewO. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses, das sich auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis bezieht. Einen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung hat der Kläger aus § 109 Abs. 1 GewO nicht. Den Wortlaut der Bewertung kann der Arbeitgeber bestimmen (ErfK/Müller-Glöge, § 109 GewO Rn. 27).
16Der Kläger verlangt ein Zeugnis, das eine Gesamtbewertung entsprechend der Schulnote „gut“ beinhaltet. Das ergibt sich aus der vom Kläger beantragten Formulierung. Obgleich einzelne Formulierungen in einem Zeugnistext nicht losgelöst vom Gesamtkontext betrachtet werden können, wird bereits durch die Formulierungen „gute und vielseitige Fachkenntnisse“, „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“, „gute und praxistaugliche Lösungen“, „guten Kenntnissen“ und „stets vorbildlich“ ersichtlich, dass die Erteilung eines „guten“ Arbeitszeugnisses begehrt wird. Dies ergibt sich zum einen aus der unmittelbaren Benennung der Beurteilung „gut“ in den jeweiligen Formulierungen und den Besonderheiten der Zeugnissprache, wonach insbesondere die zusammenfassende Leistungsbeurteilung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ nach allgemeinem Verständnis eine „gute“ Leistung zum Ausdruck bringt (LAG Hamm 22.5.2002, 3 Sa 231/02).
17Der Kläger hat jedoch grundsätzlich keinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, das eine „gute“ Gesamtbeurteilung zum Ausdruck bringt. Arbeitnehmer haben Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis (BAG 18.11.2014, NZA 2015, 435). Um eine überdurchschnittliche Bewertung des Arbeitnehmers zu rechtfertigen, bedarf es seitens des Arbeitnehmers der Darlegung, dass einzig eine solche überdurchschnittliche Bewertung mit der Schulnote „gut“ oder „sehr gut“ leistungsgerecht ist. Dabei ist ein Zeugnis mit der Schulnote „gut“ bereits als überdurchschnittlich zu sehen, auch wenn in der Praxis rein zahlenmäßig die Erteilung eines „guten“ Zeugnisses häufig vorkommt (Bag a.a.O.).
18Ausgangspunkt für eine Leistungsbewertung ist der Maßstab „befriedigend“. Eine Bewertung, die darüber hinausgeht, bedarf der Unterfütterung mit Anhaltspunkten, die eine überdurchschnittliche Bewertung rechtfertigen. Erst, wenn ein solcher Vortrag erfolgt ist, trifft den Arbeitgeber die Verpflichtung, Tatsachen darzulegen, die einer derartigen Bewertung entgegenstehen.
19Der Kläger hat Tatsachen, die eine überdurchschnittliche Bewertung seiner Arbeitsleistung als leistungsgerecht erscheinen lassen, nicht vorgetragen. Ein pauschaler Verweis auf eine „unzureichende Beschreibung der tatsächlichen Fachkenntnisse […] des Klägers“ durch das beanstandete Zeugnis reicht dazu nicht aus.
20Auch erstreckt sich der Anspruch aus § 109 Abs. 1 GewO nicht auf die Erteilung der Schlussformulierung, die Dank und gute Wünsche zum Ausdruck bringt. Denn dabei handelt es sich um persönliche Empfindungen des Arbeitgebers, die kein notwendiger Bestandteil eines qualifizierten Arbeitszeugnisses sind (BAG 11.12.2012, NZA 2013, 324).
21II.
22Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ArbGG, wonach die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
23III.
24Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG und entspricht der Höhe nach einem Bruttomonatsgehalt.
Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Dortmund Urteil, 16. Juni 2015 - 7 Ca 2708/14
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Referenzen - Gesetze
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.