Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Aug. 2016 - L 5 KR 274/16 B ER

bei uns veröffentlicht am22.08.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 26.04.2016 abgeändert und die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller wegen der erstmalig zum 14.09.2015 festgestellten Arbeitsunfähigkeit ab 28.09.2015 infolge eines akuten Myokardinfarktes Krankengeld ab 08.04.2016, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache, maximal bis zur Erschöpfung des 78 Wochen dauernden Anspruches zu bewilligen, solange Arbeitsunfähigkeit bescheinigt ist.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.

III.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für beide Rechtszüge ab Antragstellung bewilligt und Frau Rechtsanwältin B., B-Straße, B-Stadt beigeordnet.

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Zahlung von Krankengeld im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der 1961 geborene Antragsteller war zuletzt seit 14.03.2011 tätig als Berufskraftfahrer in einem Unternehmen für Gefahrgutentsorgung. Seine Tätigkeit war verbunden mit mittelschweren Arbeiten (10 kg bis 15 kg gelegentlich) sowie schweren Arbeiten gelegentlich (über 15 kg) in Form von Heben und Tragen von Lasten von 1 kg bis 30 kg. Die Tätigkeit erfolgte im Wechsel von Stehen, Gehen, Sitzen, oft mit erhobenen Armen. Er war tätig in Vollzeit bei täglich acht Stunden an fünf Tagen je Woche und übte seine Tätigkeit auch im Freien aus, wobei er Nässe, Kälte und Hitze ausgesetzt war. Nach Auskunft des Arbeitgebers handelte es sich um eine Aufgabe als Lkw-Fahrer mit schweren Ladearbeiten. Auf die Arbeitgeberauskunft vom 21.10.2015 (Bl. 7 der Beklagtenakte) wird insoweit Bezug genommen.

Am 14.09.2015 stellte das Klinikum F-Stadt Arbeitsunfähigkeit fest im Zusammenhang mit der Durchführung einer Koloskopie. Vom behandelnden Allgemeinarzt wurde am 15.09.2015 eine weitere Erstbescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit ausgestellt mit der Diagnose Gastritis, nicht näher bezeichnet. Daran schloss sich an ab dem 28.09.2015 eine Folgebescheinigung mit der Diagnose "akuter Myokardinfarkt, nicht näher bezeichnet". Ab diesem Zeitpunkt wurde durchgehend Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Im Anschluss an die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber erhielt der Antragsteller ab 26.10.2015 Krankengeld von der Antragsgegnerin. Der Arbeitgeber löste den Arbeitsvertrag auf mit Kündigung zum 31.12.2015.

Nach einer Stellungnahme des Dr. W./F-Stadt vom 07.12.2015 war der Antragsteller nach ärztlicher Beurteilung imstande leichte Arbeiten bis mittelschwere Arbeiten zu verrichten bei Meidung von Nachtschicht und Wechselschicht. Es drohe eine Erwerbsminderung. Nach weiterer Stellungnahme des MDK Bayern vom 21.12.2015 war der Antragsteller in Bezug auf seine bisherige Tätigkeit (mittelschwer bis schwere Tätigkeit) nach seinem Leistungsbild imstande, eine Beschäftigung von unter drei Stunden auszuüben, bei leichter bis mittelschwerer Tätigkeit wurde eine positive Leistungsfähigkeit im weiteren Verlauf wieder für möglich gehalten.

Mit Bescheid vom 22.02.2016 erhielt der Antragsteller eine Bewilligung der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd einer Reha-Maßnahme. In der Bewilligung ist ausgeführt, dass der Antragsteller seine Tätigkeit als Lkw-Fahrer aufgrund seiner körperlichen Einschränkung nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt ausüben könne.

Auf diese Bewilligung der Rentenversicherung Bayern Süd bezog sich die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 29.02.2016 insbesondere im Hinblick darauf, dass für den Antragsteller ein Leistungsbild auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mehr als sechs Stunden täglich bestehe. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers, die diesen an der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit hindern würden, seien durch Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben ausgeglichen. Dies bedeute, dass der Antragsteller seine Restarbeitskraft dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen müsse. Die Zahlung des Krankengeldes werde deshalb mit dem 18.03.2016 eingestellt.

Der Antragsteller erhob hiergegen Widerspruch und legte zugleich eine Folgebescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. (Universität P.) S. vom 16.03.2016 vor, an die sich die weitere Folgebescheinigung vom 24.03.2016 anschloss. Dieser bestätigte ebenso in einem Attest, dass der Antragsteller weiterhin arbeitsunfähig sei. Die Antragsgegnerin holte erneut eine Stellungnahme ein des MDK Bayern vom 18.04.2016, der zu dem Schluss kam, dass der Antragsteller imstande sei, eine reine Fahrtätigkeit z. B. in einem kleineren Kfz, wie etwa als Kurier, Ausfahrer für Geschäfte, auszuüben. Laut den Unterlagen entspreche aber das Leistungsbild nicht den Anforderungen an einen Lastkraftfahrer mit schwerer körperlicher Belastung (z. B. Be- und Entladen).

Am 08.04.2016 hat der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Fortgewährung von Krankengeld und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Seit dem 01.04.2016 erhält der Antragsteller Arbeitslosengeld II aufgrund einer vorläufigen Bewilligung des Jobcenters im Landkreis B-Stadt vom 15.04.2016.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26.04.2016 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, ebenso wie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Antragsteller nach seinem bestehenden Leistungsvermögen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, die von der Antragsgegnerin genannten Fahrertätigkeiten, verrichten bzw. sich für solche Tätigkeiten der Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stellen könnte. Es bestehe kein weiterer Bezugsrahmen hinsichtlich der vormals ausgeübten Tätigkeit, da das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 27.05.2016. Aus dem vorgelegten Befundbericht des Universitätsklinikums R. vom 25.04.2016 geht hervor, dass der Antragsteller an einem oberlappenbetonten, ausgeprägten paraseptalen und konfluiierenden bis destruierenden zentribulären Lungenemphysem leidet und unterlappenbetonte Zeichen einer Atemwegserkrankung festzustellen sind. Lungenfunktionell finde sich ein GOLD-Stadium II, so dass eine inhalative Therapie beibehalten werde.

Aufgrund der inzwischen vorgelegten medizinischen Befundberichte hat sich die Antragsgegnerin erneut an den MDK Bayern gewandt, der in seiner Stellungnahme vom 01.07.2016 ausgeführt hat, dass auch nach Würdigung der aktuell vorgelegten Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte gesehen würden. Das Gesamtleistungsbild des Antragstellers verändere sich aufgrund der neuen Befunde nicht. Der Antragsteller sei gesundheitlich in der Lage, eine gleich geartete Tätigkeit eines Transportunternehmens, wie z. B. als Ausfahrer für Arzneimittel, auszuüben.

Mit eidesstattlicher Versicherung vom 27.05.2016 hat der Antragsteller erklärt, dass er derzeit ALG II beziehe und über keine anderweitigen finanziellen Mittel verfüge. Er habe bereits versucht, Aushilfstätigkeiten anzunehmen. Bei geringer Belastung seien jedoch Schmerzen im Brustbereich und akute Atemnot aufgetreten.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 26.04.2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab Rechtshängigkeit Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu bezahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Weiter beantragt der Antragsteller Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren sowie für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Frau B ...

Die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin waren Gegenstand der Entscheidung. Zur Ergänzung wird hierauf Bezug genommen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 26.04.2016 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 SGG zulässig und überwiegend begründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung - § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG). Eine solche Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei kommt dem Amtsermittlungsgrundsatz Geltung zu (BVerfG v. 27.05.2016 - 1 BvR 1890/15, Rn. 15 - juris).

Nach dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO grundsätzlich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage steht dem Antragsteller ab 08.04.2016 (Eingang des Antrags beim Sozialgericht) ein Anspruch auf Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften und damit auch ein Anordnungsanspruch zu, längstens jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, maximal bis zur Erschöpfung des 78 Wochen dauernden Anspruches auf Krankengeld, bei Berücksichtigung des Entgeltfortzahlungszeitraumes.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Nach den insoweit vorliegenden Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. S. und des MDK Bayern leidet der Antragsteller an den Folgen eines Myokardinfarktes. Belegt ist weiterhin ein Lungenemphysem. Diese Erkrankungen sind somit zumindest glaubhaft.

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Versicherter aufgrund von Krankheit nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG 26, 288 = SozR Nr. 25 zu § 182 RVO). Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht weiter verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist unerheblich. Verliert er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt inne gehabte Arbeitsstelle, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeit entsprechend der Funktion des Kranken- bzw. Verletztengeldes eng zu ziehen ist (st. Rspr, vgl. BSG, Urteile v. 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R, Rn. 13 sowie v. 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R, Rn. 12 - juris). Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf ein außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufes eingeschränkt ist (vgl. BSG, Urteile v. 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R, Rn. 13 sowie v. 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R, Rn. 12 - juris).

Unter Anwendung dieser Grundsätze der gefestigten Rechtsprechung und der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist dem Antragsteller vorläufig weiter Krankengeld ab Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes zu gewähren. Der Antragsteller war laut Arbeitgeberauskunft beschäftigt als Lkw-Fahrer in einem Betrieb für Gefahrgutentsorgung. Er musste hierbei mittelschwere bis schwere Arbeiten ausüben und Lasten bis zu 30 kg bewegen. Er war tätig in Vollzeit bei acht Stunden täglich an fünf Arbeitstagen und übte seine Tätigkeit im Freien aus, wobei er Nässe, Kälte und Hitze ausgesetzt war. Seine Tätigkeit erforderte darüber hinaus ein Arbeiten oft mit erhobenen Armen sowie ein Wechseln von Stehen, Gehen, Sitzen. Zusammenfassend handelte es sich nach Auskunft des Arbeitgebers um eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer mit schweren Ladearbeiten. Mit einer solchen Tätigkeit ist die von der Antragstellerin ins Feld geführte Verweisungstätigkeit in der Gestalt einer reinen Fahrtätigkeit eines kleineren Fahrzeugs z. B. als Ausfahrer von Arzneimitteln nicht vergleichbar hinsichtlich der Art der Verrichtung, der körperlichen und geistigen Anforderungen sowie der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten.

Festzuhalten ist zunächst, dass auch die Antragsgegnerin selbst in ihrem Anschreiben an den vormaligen Arbeitgeber des Antragstellers mit dem vorgesehenen Formular Unterscheidungen trifft zwischen Führungsaufgaben, Reisetätigkeiten und Auswärtsmontage, Pkw-Fahrten sowie Lkw ohne Ladearbeiten mit leichten Arbeiten oder - wie es auf den Antragsteller zutrefft - Lkw mit schweren Ladearbeiten. Letzteres wurde vom Arbeitgeber bestätigt. Die Tätigkeit als Fahrer eines Lkw s mit schweren Ladearbeiten ist im Sinne dieses Anfrageformulars der Antragsgegnerin der ständigen Rechtsprechung folgend nicht vergleichbar mit der von der Antragsgegnerin genannten Verweisungstätigkeit als Kurierfahrer oder Auslieferer von Arzneimitteln. Hier bestehen bereits erhebliche Unterschiede an die körperlichen Anforderungen. Für die Frage der Ähnlichkeit der Verweisungstätigkeit ist nicht allein entscheidend, ob ein Aufgabenbereich zu einem bestimmten Beruf gehört oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, dass die bisher vom Versicherten verrichtete Arbeit nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten mit dem Inhalt der Verweisungstätigkeit in etwa übereinstimmt. Bedeutsam ist dabei auch, welches Maß an körperlichen und nervlichen Belastungen mit ihr verbunden ist und wie weit die Lebensweise des Versicherten durch sie mitbeeinflusst wird (BSG, Urteil vom 09.12.1986 - 8 RK 12/85, Rnr. 18, juris). Dabei sind nach der Rechtsprechung des BSG enge Grenzen gesetzt, die im vorliegenden Fall mit einer vorgeschlagenen Tätigkeit als Ausfahrer für Arzneimittel überschritten ist, denn die vormalige Tätigkeit als LKW-Fahrer im Bereich der Gefahrgutentsorgung stimmt nicht in etwa - auch nicht in weiterem Sinne - überein mit der Verweisungstätigkeit.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 09.12.1986 - 8 RK 12/85, hängt die Möglichkeit einer Verweisung nicht nur von der Art der Arbeit, sondern auch von deren Entlohnung ab. Zu den Bedingungen, die ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen trägen, gehören u. a. auch die damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten. Wären die mit der neuen Tätigkeit verbundenen Einkünfte etwa gleich hoch, so steht einer Verweisung jedenfalls in dieser Hinsicht nichts entgegen. Dies ergibt sich aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes. Das Krankengeld soll anstelle des Lohns den Unterhalt des Erkrankten sichern und gewährleisten, dass sein Lebensstandard nicht infolge der Erkrankung absinkt. Mit dem Sinn und Zweck der Krankengeldregelung sind jedoch geringfügige Schwankungen des Einkommens vereinbar, solange die "Verweisungstätigkeit" als wirtschaftlich gleichwertig angesehen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die mit der Übernahme der Verweisungstätigkeit verbundene Einkommenseinbuße unter 10% bleibt (BSG, Urteil vom 09.12.1986 - 8 RK 12/85, Rn. 20 - juris). Liegt der Regellohn der bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht 10% oder mehr über dem in der Vergleichstätigkeit durchschnittlich erzielbaren Regellohn, so ist eine Verweisung - jedenfalls soweit es um die Höhe des Einkommens geht - zulässig. Nachdem der Antragsteller zuletzt ein Bruttoentgelt von 2.000,00 Euro erhalten hatte, würde sich mit der Verweisung - wie von der Antragsgegnerin vorgeschlagen - keine relevante Einkommenseinbuße verbinden. Nach der Rechtsprechung des BSG müssten jedoch zunächst die übrigen Voraussetzungen im Sinne einer vergleichbaren Tätigkeit vorliegen, bevor eine eventuelle Einkommenseinbuße zu prüfen ist, denn maßgebend sind sämtliche Rahmenbedingungen der Verweisungstätigkeit und nicht nur der zu erwartende Lohn.

Der Anordnungsanspruch ist somit glaubhaft gemacht, zumal sich auch aus den aktuell vorgelegten medizinischen Dokumenten ergibt, dass der Antragsteller gesundheitlich nicht imstande wäre, eine Tätigkeit auszuüben, die seiner vormaligen Tätigkeit als LKW-Fahrer im Bereich der Gefahrgutentsorgung vergleichbar wäre.

Der Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit liegt vor, da der Antragsteller derzeit vorläufig ALG II bezieht. Mit der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 27.05.2016 ist hinreichend glaubhaft, dass der Antragsteller über keine anderweitigen finanziellen Mittel verfügt. Der vorläufige Anspruch auf Krankengeld darf im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mit der Begründung versagt werden, dass wegen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB 2 dem Antragsteller kein wesentlicher Nachteil drohe. (BayerLSG v. 22. Januar 2013 - L 5 KR 492/12 B ER, Rn. 18 - juris). Die Beschwerde ist daher begründet, soweit Krankengeldzahlungen ab Antrageingang beim Sozialgericht betroffen sind. Für die davor liegende Zeit hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass insoweit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes keine Leistungen zuzusprechen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Wegen des geringfügigen Unterliegens des Antragstellers bezüglich des Zeitraumes vor Eingang des Antrags bei Gericht waren die Kosten vollumfänglich der Antragsgegnerin aufzugeben.

III. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist auch hinsichtlich des Antrages auf Prozesskostenhilfe abzuändern, da die Beschwerde überwiegend begründet war. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hatte von Anfang an hinreichend Aussicht auf Erfolg im Sinne von §§ 73a SGG, 114 ff ZPO. Die Bedürftigkeit des Klägers ergibt sich aus der Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und ist glaubhaft gemacht.

Diese Entscheidung beendet das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz und ist nicht mit der weiteren Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Aug. 2016 - L 5 KR 274/16 B ER

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Aug. 2016 - L 5 KR 274/16 B ER

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Aug. 2016 - L 5 KR 274/16 B ER zitiert 11 §§.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 44 Krankengeld


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41)

Referenzen - Urteile

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15

bei uns veröffentlicht am 27.05.2016

Tenor 1. Der Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 5. Mai 2015 - L 3 KA 1/14 ER - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der

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(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

1. Der Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 5. Mai 2015 - L 3 KA 1/14 ER - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht für das Saarland zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 20. Juli 2015 - L 3 KA 1/15 RG - gegenstandslos.

2. Das Saarland hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 € (in Worten: fünfzehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine sozialgerichtliche Eilentscheidung auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts sowie die dazugehörige Entscheidung über eine Gehörsrüge.

2

1. Die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) sind als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) haben sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Berufsausübungsgemeinschaft, der Beschwerdeführerin zu 5), zusammengeschlossen und betreiben in N. ein Dialysezentrum. Der Beschwerdeführer zu 4) ist ebenfalls als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie tätig und will sich der Berufsausübungsgemeinschaft anschließen.

3

Das am Ausgangsverfahren beteiligte Medizinische Versorgungszentrum (im Folgenden: MVZ) betreibt in N. eine Nebenbetriebsstätte, in der Leistungen der zentralisierten Heimdialyse erbracht werden. Für die Nebenbetriebsstätte wurde nach Inkrafttreten der Anlage 9.1 des Bundesmantelvertrags für Ärzte (BMV-Ä) nach Abs. 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 zur Anlage 9.1 BMV-Ä eine Übergangsgenehmigung für die Dauer von 10 Jahren erteilt. Die Genehmigung endete zum 30. Juni 2012.

4

2. Auf Antrag des MVZ verlängerte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Genehmigung zum Betrieb der Nebenbetriebsstätte mit Bescheid vom 12. Juli 2011 um weitere 10 Jahre. Neben der Nebenbetriebsstätte in N. betrifft der Bescheid noch eine weitere, in S. gelegene, Nebenbetriebsstätte. Nachdem gegen die Verlängerung der Genehmigung für die Nebenbetriebsstätte in S. Widerspruch eingelegt worden war, ordnete die Kassenärztliche Vereinigung mit Bescheid vom 9. Juli 2012 unter dem Betreff "Nebenbetriebsstätte … S." die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 12. Juli 2011 an.

5

Im September 2012 legten die Beschwerdeführer Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Juli 2011 ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2013 zurückgewiesen wurde. Die dagegen von den Beschwerdeführern zum Sozialgericht erhobene Klage hatte Erfolg. Gegen das Urteil des Sozialgerichts legte das MVZ Berufung ein, über welche noch nicht entschieden worden ist.

6

Im April 2014 stellten die Beschwerdeführer beim Landessozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und beantragten, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen. Hilfsweise beantragten sie, die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen formeller Fehler aufzuheben. Zur Begründung ihres Hilfsantrags führten die Beschwerdeführer insbesondere aus, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig sei, weil sich die Begründung nur auf die Nebenbetriebsstätte in S. und nicht auch auf die Nebenbetriebsstätte in N. beziehe.

7

Mit angegriffenem Beschluss vom 5. Mai 2015 lehnte das Landessozialgericht den Antrag der Beschwerdeführer ab. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass von einem offenen Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache auszugehen sei. Die durchzuführende Folgenabwägung gehe zulasten der Beschwerdeführer aus. Die Zurückweisung des hilfsweise gestellten Antrags, die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuheben, begründete das Landessozialgericht damit, dass der Antrag nicht statthaft sei.

8

Gegen den Beschluss des Landessozialgerichts erhoben die Beschwerdeführer Anhörungsrüge und wandten unter anderem ein, dass das Landessozialgericht ihren Vortrag zu den formellen Fehlern der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht berücksichtigt habe. Das Landessozialgericht hätte den Vortrag zum (unstatthaften) Hilfsantrag in eine weitere Begründung des Hauptantrags umdeuten und sich mit den Ausführungen zur behördlichen Begründung der Vollziehungsanordnung inhaltlich auseinandersetzen müssen.

9

Mit Beschluss vom 20. Juli 2015 wies das Landessozialgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführer als unbegründet zurück. Soweit die Beschwerdeführer meinten, der Senat hätte den Hilfsantrag nicht als unstatthaft zurückweisen dürfen beziehungsweise in eine weitere Begründung zum Hauptantrag umdeuten müssen, werde dem Senat nur eine falsche Rechtsanwendung, nicht aber eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorgeworfen.

II.

10

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, bezüglich der Beschwerdeführerin zu 5) in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG. Zur Begründung tragen sie insbesondere vor, dass der angegriffene Beschluss bewusst die Ausführungen der Beschwerdeführer zur formellen Rechtswidrigkeit der behördlichen Sofortvollzugsanordnung übergehe. Die Ausführungen hätten sich in der Begründung des Hilfsantrags befunden, der als Minus zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf die bloße Aufhebung der behördlichen Sofortvollzugsanordnung gerichtet gewesen sei. Es sei zwar vertretbar, diesen Hilfsantrag als unstatthaft zurückzuweisen. Das Gericht hätte aber den Vortrag zur formellen Rechtswidrigkeit der behördlichen Sofortvollzugsanordnung im Rahmen des Hauptantrags berücksichtigen müssen. Selbst auf die Anhörungsrüge hin habe das Gericht die gebotene Umdeutung verweigert. Die Entscheidung beruhe auch auf dieser Missachtung des Vortrags der Beschwerdeführer, weil eine andere Entscheidung anderenfalls wahrscheinlich gewesen wäre.

11

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Der Regierung des Saarlandes, dem Präsidenten des Bundessozialgerichts, der Ärztekammer des Saarlandes, der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V., der Bundesrechtsanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein e.V. sowie den Beteiligten des Ausgangsverfahrens wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

III.

12

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des grundrechtsgleichen Rechts der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

1. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführer in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, bezüglich der Beschwerdeführerin zu 5) in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG.

14

a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 84, 188 <190> m.w.N.). Da dies nicht nur durch tatsächliches Vorbringen, sondern auch durch Rechtsausführungen geschehen kann, gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 60, 175 <210>; 86, 133 <144>; stRspr). Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht durch die mit dem Verfahren befassten Richter zudem, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 96, 205 <216>; stRspr). Bei vom Gericht entgegengenommenem Vorbringen der Beteiligten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dies geschehen ist. Hierbei ist das Gericht nicht verpflichtet, jedes Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Das Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG schützt auch nicht davor, dass das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt (vgl. BVerfGE 69, 145 <148 f.>; 70, 288 <294>; 96, 205 <216>). Ebenso wenig bietet es Schutz davor, dass das Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>).

15

Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen liegt hiernach dann vor, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295 f.>; 70, 288 <293>; 86, 133 <145 f.>; stRspr). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies grundsätzlich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (vgl. BVerfGE 47, 182 <189>; 86, 133 <146>), sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des erkennenden Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 86, 133 <146>).

16

b) Gemessen daran hat das Landessozialgericht den Gehörsanspruch der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

17

aa) Die Beschwerdeführer haben im Rahmen ihrer Antragsschrift beim Landessozialgericht zu formellen Fehlern der Anordnung der sofortigen Vollziehung vorgetragen. Insbesondere haben sie hierzu im Rahmen der Begründung des ersten Hilfsantrags ausgeführt, dass die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung mangelhaft sei. Denn sie setze sich nicht mit der Nebenbetriebsstätte in N. auseinander, sondern beziehe sich nur auf die Nebenbetriebsstätte in S.

18

bb) Ob die Anordnung des Sofortvollzugs an formellen Fehlern leidet, ist im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz eine Frage von zentraler Bedeutung. Im Verfahren nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht die behördliche Anordnung stets formell und materiell zu prüfen (vgl. BVerfGK 16, 320 <324>). An die behördliche Begründung des Sofortvollzugs werden hohe Anforderungen gestellt; sie kann nach herrschender Meinung nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86a Rn. 21b f.). Eine fehlende oder unzureichende Begründung des Sofortvollzugs führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder zur Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs (str.; vgl. zum Meinungsstand Keller, a.a.O., § 86a Rn. 21b).

19

Vorliegend steht der Erheblichkeit des Vortrags der Beschwerdeführer nicht entgegen, dass die Ausführungen im Rahmen der Begründung des Hilfsantrags gemacht wurden. Das Gericht muss grundsätzlich das gesamte Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Kenntnis nehmen. Anderes gilt nur dann, wenn das Prozessrecht ausnahmsweise die Nichtberücksichtigung des Vorbringens zulässt. Vorliegend durfte das Landessozialgericht zwar die Begründetheit des Hilfsantrags ungeprüft lassen, weil es (vertretbar) von dessen Unstatthaftigkeit ausgegangen ist. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht auch den Vortrag zur Begründung des Hilfsantrags unberücksichtigt lassen durfte. Ist der Vortrag zum Hilfsantrag - wie hier - auch für den statthaften Hauptantrag erheblich, muss das Gericht ihn in seine Erwägungen zum Hauptantrag mit einbeziehen. Dies gilt jedenfalls in den vom Grundsatz der Amtsermittlung und Fürsorgepflichten geprägten Verfahren vor den Sozialgerichten.

20

cc) Unter Berücksichtigung dessen verstößt die angegriffene Entscheidung des Landessozialgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Zwar begründet nach den oben (unter a) dargestellten Maßstäben das bloße Schweigen des Gerichts zu einem bestimmten Vorbringen der Beteiligten für sich betrachtet noch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht sämtlichen Vortrag berücksichtigt und erwogen hat, auch wenn es hierauf im Einzelnen nicht ausdrücklich in den Entscheidungsgründen eingeht. Vorliegend lassen jedoch besondere Umstände den Schluss zu, dass das Landessozialgericht die Ausführungen der Beschwerdeführer zur fehlenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Bezug auf die Nebenbetriebsstätte in N. nicht zur Kenntnis genommen oder aber jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat. Denn trotz der zentralen Bedeutung der von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Frage lassen sich der Entscheidung keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich das Landessozialgericht mit dem Vortrag der Beschwerdeführer befasst hat. Bereits dies lässt auf eine Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen.

21

Dass das Gericht den Vortrag der Beschwerdeführer zur formellen Rechtswidrigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht erwogen hat, wird zudem aufgrund der Ausführungen des Gerichts im Beschluss über die Anhörungsrüge deutlich. Anders lassen sich die Ausführungen des Gerichts nicht erklären. Die Rüge der Beschwerdeführer, ihr Vortrag zu formellen Fehlern hätte als Vortrag zum Hauptantrag umgedeutet werden müssen, wird mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um den Vorwurf falscher Rechtsanwendung und nicht um eine Gehörsrüge. Damit gibt das Gericht zu erkennen, dass es sich inhaltlich nicht mit dem Vortrag der Beschwerdeführer befasst hat, was wiederum auf die Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens schließen lässt.

22

2. Die Entscheidung des Landessozialgerichts beruht auch auf dem Gehörsverstoß (vgl. hierzu BVerfGE 7, 239 <241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>). Hätte das Landessozialgericht den Vortrag der Beschwerdeführer beachtet, ist nicht auszuschließen, dass es zu einem anderen, für die Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Denn nach dem Vortrag der Beschwerdeführer leidet die Anordnung der sofortigen Vollziehung an erheblichen Mängeln, weil die Begründung keine Erwägungen zur betroffenen Nebenbetriebsstätte in N. enthält. Der Beschluss über die Anhörungsrüge beruht ebenfalls auf dem Gehörsverstoß, weil er den Gehörsverstoß perpetuiert.

23

3. Angesichts der festgestellten Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, bezüglich der Beschwerdeführerin zu 5) in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, bedürfen die weiteren von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen keiner Entscheidung.

IV.

24

1. Der Beschluss des Landessozialgerichts vom 5. Mai 2015 ist gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Landessozialgericht zurückzuverweisen. Der die Anhörungsrüge zurückweisende Beschluss des Landessozialgerichts wird damit gegenstandslos.

25

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben

1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben,
2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung),
3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben,
4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
Für die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt § 53 Absatz 8 Satz 1 entsprechend. Für die nach Nummer 2 und 3 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 unberührt. Geht der Krankenkasse die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu, wirkt die Wahlerklärung erst zu dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgt.

(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.

(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.