Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - L 12 KA 120/14

bei uns veröffentlicht am25.11.2015
nachgehend
Bundessozialgericht, B 6 KA 14/16 B, 28.09.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Delegation der Abrechnung Ehepartner Gemeinschaftspraxis Überwachungspflicht

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

Dr. A., A-Straße, A-Stadt

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. B., B-Straße, B-Stadt

gegen

Kassenärztliche Vereinigung Bayerns,

vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstands, Elsenheimerstraße 39, München

- Beklagte und Berufungsbeklagte -.

Der 12. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 25. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Spiegl, den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Adolf und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Kunz sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. ... und Dr. ... für Recht erkannt:

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die gegen sie verhängte Disziplinarmaßnahme.

Die Klägerin ist als Praktische Ärztin seit 01.04.1995 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in A-Stadt niedergelassen. Die Klägerin war bis zum 23.03.2011 mit ihrem Ehemann in Gemeinschaftspraxis tätig und praktiziert seit der bestandskräftigen Entziehung der Zulassung ihres Ehemannes in einer Einzelpraxis.

Die Staatsanwaltschaft N-Stadt hat mit Schreiben vom 05.03.2009 die Beklagte vom möglichen Anfangsverdacht eines Abrechnungsbetrugs der Klägerin und ihres Ehemannes unterrichtet. Am 16.12.2010 sah die Staatsanwaltschaft A-Stadt von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Betruges gegen die Klägerin gemäß § 152 Abs. 2 StPO ab, da ein Nachweis, dass die Klägerin Kenntnis von den falschen Abrechnungen gehabt habe, nicht habe geführt werden können. Der Beschwerde der Beklagten gegen die Verfügung vom 16.12.2010 hat der Generalstaatsanwalt in N-Stadt am 01.04.2011 keine Folge geleistet.

Das Amtsgericht A-Stadt hat am 05.04.2011 den Ehemann der Klägerin wegen Betruges in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Er hatte nach den Feststellungen des Amtsgerichtes A-Stadt für die Quartale 2/2005 bis 4/2008 jeweils Abrechnungen bei der Beklagten eingereicht, in welchen er 3.809 tatsächlich nicht erbrachte Behandlungen mit Kosten in Höhe von insgesamt 246.579,- € abrechnete und deren Richtigkeit versicherte.

Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 18.11.2010 aufgrund Verstoßes gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung von der Gemeinschaftspraxis der Klägerin und ihres Ehemannes Honorar für die Quartale 2/2005 bis 1/2009 in Höhe von 644.212,66 € zurückgefordert.

Mit Schreiben vom 17.10.2011 hat der Vorstand der Beklagten die Einleitung eines Disziplinarverfahren gegen die Klägerin beantragt. Die Klägerin habe durch die Abrechnung von nicht erbrachten Leistungen in den Quartalen 2/2005 bis 1/2009 gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Aufgrund der Erkenntnisse des Ermittlungsverfahrens und der Auswertungen der Beklagten stehe zweifelsfrei fest, dass die Vertragsärzte einen Teil der von der Praxis abgerechneten Leistungen überhaupt nicht erbracht hätten und somit gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen hätten. Es seien zum einen Leistungen über das sog. Ersatzverfahren, d. h. ohne Einlesen einer Krankenversichertenkarte, abgerechnet worden, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Darüber hinaus seien Einlesedaten von Krankenversichertendaten generiert worden, indem Herr Dr. A. bei früheren Behandlungen eingelesene Daten unrechtmäßig archiviert und für jedes Quartal erneut in die Praxissoftware eingespielt habe, um den Anschein zu erwecken, es sei tatsächlich eine Chipkarte vorgelegt und eingelesen worden. Die Klägerin habe schuldhaft gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Dabei habe sie zumindest grob fahrlässig gehandelt, da sie die bei der Abrechnung erforderliche Sorgfalt in erheblichem Maße außer Acht gelassen habe. Im Rahmen der Praxisdurchsuchung am 08.07.2009 habe die Klägerin erklärt, dass sie mit den Abrechnungen gegenüber der Beklagten nichts zu tun gehabt habe. Auch habe sie die Fragen der Beamten zum Ablauf der Abrechnungen nicht beantworten können, so dass diese den Eindruck gewonnen hätten, sie habe keinen Einblick in das Abrechnungswesen. Es widerspreche zwar nach Auffassung der Beklagten der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Klägerin nicht bemerkt haben solle, dass die Zahl der abgerechneten Fälle und die Höhe des bezogenen Honorars, die im jeweiligen Honorarbescheid explizit ausgewiesen seien, in offensichtlichem Widerspruch zu der Zahl der tatsächlich behandelten Anzahl der Patienten stehe, allerdings sei ein vorsätzliches Handeln nicht nachweisbar. Jedoch sei der Vertragsärztin ein zumindest vermeidbares Organisationsverschulden vorzuwerfen. Die Tatsache, dass die Klägerin ihrem Gemeinschaftspraxis-Partner nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft die Erstellung der Quartalsabrechnungen überlassen habe und dieser ohne ihr Wissen vorsätzlich falsch abgerechnet habe, sei insoweit unbeachtlich. Denn selbst wenn die Vertragsärztin ihrem Ehemann die Abrechnung vollständig überlassen habe, hätte sie nicht auf die Richtigkeit dieser Abrechnungen vertrauen dürfen, sondern diese überwachen und kontrollieren müssen, da auch sie die Sammelerklärungen der jeweiligen Quartale unterzeichnet und damit die sachliche Richtigkeit der Abrechnung bestätigt habe. Insbesondere hätten sich die massiven Falschabrechnungen angesichts der je nach Quartal ca. 34 bis 45% der Patienten, für die Leistungen abgerechnet worden seien, obwohl sie nicht in Behandlung der Dres. A. gewesen seien, der Klägerin regelrecht aufdrängen müssen.

Hierzu hat sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 26.10.2011 geäußert. Der Klägerin werde ein „zumindest vermeidbares Organisationsverschulden“ vorgeworfen. In der Anlage wird eine Darstellung der seit 1996 in der Gemeinschaftspraxis Dres. A. geltenden Organisationsstruktur überS.t. Seit dieser Zeit habe die Klägerin halbtags und immer nur vormittags (mit wenigen Ausnahmen) gearbeitet. Durch die zulässige Aufgabenverteilung in einer BGB-Gesellschaft, also einer Gemeinschaftspraxis, sei die Abrechnung vollständig Dr. M. A. übertragen worden, ebenso wie der Bereich Finanzen/Controlling. Weshalb hätte die Klägerin nicht auf die Richtigkeit dieser Abrechnungen vertrauen dürfen, sondern diese überwachen und kontrollieren müssen? Wie hätte diese Kontrolle überhaupt stattfinden können? Wie hätte sich auch ein Verdacht „regelrecht aufdrängen müssen“, wenn selbst die Beklagte jahrelang keinen Verdacht habe schöpfen können. Offensichtlich seien die Ermittlungen auch nur aufgrund einer anonymen Anzeige eingeleitet worden. Der Klägerin ein „bewusstes Wegsehen“ zu unterstellen, sei grob wahrheitswidrig. Wäre dies richtig, würde eine automatisierte, schuldhafte Verantwortung bei dem nicht erkennbaren Tun eines anderen, hier dem Mitarbeiter der Gemeinschaftspraxis, überbürdet werden. Dies widerspreche sämtlichen rechtstaatlichen Grundsätzen, insbesondere der gesetzlich begründeten Unschuldsvermutung. Es liege kein Organisationsverschulden bei der Klägerin vor. Es habe vielmehr eine klare Organisation in der Gemeinschaftspraxis mit ebenso klarer Zuweisung der verschiedenen Bereiche gegeben. Damit habe die Klägerin nicht gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen, da sie diese nicht in Person durchgeführt und rechtmäßigerweise delegiert habe. Es gebe keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass in einer Gemeinschaftspraxis niemand auf die Richtigkeit der Abrechnung vertrauen dürfe, denn selbst wenn die Klägerin ihre eigene Abrechnung selbst gemacht hätte, dann hätte sie gleichwohl die Abrechnungsfehler in der Abrechnung des Ehemanns niemals erkennen können. Eine Überprüfung der Tätigkeit des jeweils anderen wäre nur durch Einzelbefragung von Patienten möglich gewesen. Dafür habe es aber keinerlei Anhaltspunkte und keinerlei Verdachtsmomente gegeben. Der Antrag sei im Übrigen wegen Verfristung unzulässig.

Hierzu hat sich nochmals die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.04.2012 geäußert. Der Antrag sei zulässig. Zunächst sei bei Verfehlungen, die eine nach allgemeinem Strafrecht strafbare Handlung darstellen oder mit einer solchen in Zusammenhang stehen, auf die strafrechtliche Verjährungsfrist nach § 18 Abs. 3 Variante 3 der Satzung der Beklagten abzustellen, nach welcher der Antrag darüber hinaus, d. h. unabhängig von der 2-Jahresfrist sowie der 5-Jahresfrist des § 18 so lange gestellt werden könne, als die Strafverfolgung nicht verjährt sei. Der Ehemann der Vertragsärztin und GP-Teilnehmer sei wegen Abrechnungsbetrug in den gegenständlichen Quartalen zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden. Somit liege hier unzweifelhaft eine nach allgemeinem Strafrecht strafbare Handlung vor. Ebenso unzweifelhaft sei hier zum Zeitpunkt der Antragstellung am 17.10.2011 keine Verfolgungsverjährung eingetreten. Im Übrigen wäre selbst bei einer Anwendung der 2-Jahresfrist von einem zulässigen Antrag auszugehen, da von einem Bekanntwerden der Verfehlung im Sinne des § 18 Abs. 3 Variante 1 der Satzung der Beklagten erst dann ausgegangen werden könne, wenn genügend Sachverhaltsumstände ermittelt seien, dass die Beklagte die Tathandlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als mit einer Disziplinarmaßnahme sanktionierungsfähige Verfehlung beurteilen könne (BSG, Urteil vom 15.05.1991, Az.: 6 RKa 37/89). Auch die Umstände, die für die Bejahung des Verschuldens maßgebend seien, müssten von dieser hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfasst sein. Denn Sinn und Zweck der Vorschrift bestehe darin, den Betroffenen davor zu schützen, dass die Behörde nach Abschluss der Ermittlungsarbeit eine hieraus resultierende nachteilige Entscheidung ungebührlich verzögere. Dies bedeute jedoch nicht, dass bereits bei Vorliegen eines Anfangsverdachtes oder bei einem sich zunehmend konkretisierenden Tatverdacht bereits von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit auszugehen sei. Bei der erstmaligen Unterrichtung der Staatsanwaltschaft am 05.03.2009 seien der Beklagten lediglich einige wenige Falschabrechnungen bekannt gewesen, welche ihr von Patienten bzw. Krankenkassen gemeldet worden seien, jedoch nicht der Umfang der Falschabrechnungen. Der Fristlauf habe daher frühestens seit dem gemeinsamen Gespräch von Vertretern der Beklagten mit Rechtsvertretern der Dres. A. und der Staatsanwaltschaft am 01.04.2010 begonnen, in welchem erstmals das Ausmaß der Falschabrechnung erkennbar geworden sei. Es liege auch ein schuldhaftes Fehlverhalten der Vertragsärztin vor. Die Klägerin habe durch das Unterzeichnen der Sammelerklärungen die Richtigkeit der jeweiligen Quartalsabrechnungen garantiert, die abgerechneten Leistungen vollständig, ordnungsgemäß und korrekt erbracht zu haben. Wenn nun die Vertragsärztin die Durchführung der Quartalsabrechnung aber vollständig und ohne sich überhaupt mit Abrechnungsregelungen befasst zu haben, ihrem Praxispartner überlassen habe, hätte sie eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben dürfen. Auch ihr sei damit ein Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung anzulasten, da ein Teil der von der Praxis abgerechneten Leistungen überhaupt nicht erbracht worden sei, zumal ab dem Quartal 3/2008 auch unter Kennzeichnung ihrer LANR-Leistungen fehlerhaft Leistungen abgerechnet worden seien. Indem es die Klägerin überdies hinaus auch unterlassen habe, wenigstens gewisse Kontrollen durchzuführen, habe sie ihrem Ehemann die vorsätzlichen Fehlabrechnungen erst ermöglicht, zumindest aber wesentlich erleichtert. Das strafbare Verhalten des Ehemanns sei daher so spezifisch mit dem völligen Unterlassen der Überwachung verbunden, dass es bereits als typischerweise in der Ausgangsgefahr begründet erscheine. Auch liege die Möglichkeit eines Abrechnungsbetruges beim völligen Unterlassen von Kontrollen durch den Partner nicht so sehr außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Vertragsärztin vernünftigerweise nicht mit ihm habe rechnen können, insbesondere da ihr Ehemann bereits in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten sei (Steuerhinterziehung in zwei Fällen und Urkundenfälschung in drei Fällen) und im Tatzeitraum zum Teil noch unter laufender Bewährung gestanden habe.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12.09.2012 gegen die Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 3.000,- € verhängt. Der Antrag des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns sei zulässig und begründet. Für den Beginn der 2-jährigen Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten genüge nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein Anfangsverdacht nicht. Vielmehr müsse sich die Behörde eine Überzeugung vom Vorliegen einer Verfehlung verschaffen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift solle mit der Ausschlussfrist verhindert werden, dass die Behörde nach Abschluss einer normalen Ermittlungstätigkeit eine hieraus resultierende nachteilige Entscheidung ungebührlich verzögere. Dies bedeute, dass der maßgebliche Zeitpunkt, mit dem die 2-jährige Ausschlussfrist zu laufen beginne, weder die Einreichung der Abrechnungsunterlagen durch den Arzt noch die Einleitung eines Plausibilitätsverfahrens durch die KVB noch ein Anfangsverdacht auf Abrechnungsregelmäßigkeiten sein könne. Erforderlich sei vielmehr, dass die Beklagte den Sachverhalt soweit ermittelt habe, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt eine Pflichtverletzung ableiten lasse. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Wie sich aus der Strafanzeige vom 05.03.2009 entnehmen lasse, habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt aufgrund verschiedener Indizien zwar einen Anfangsverdacht gehabt, der sie gemäß § 81a SGB V zur Unterrichtung der Staatsanwaltschaft verpflichtet habe. Zur Verifizierung des bestehenden Verdachts seien jedoch noch weitere Ermittlungen wie z. B. die Befragung von Patienten erforderlich gewesen, die nur in einem förmlichen Ermittlungsverfahren hätten durchgeführt werden können. Um eine mit einer disziplinarischen Maßnahme sanktionsfähige Verfehlung bejahen zu können, habe die Beklagte das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten müssen. Das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin sei mit Verfügung vom 28.05.2010 eingestellt worden. Der Antrag des Vorstandes vom 17.10.2011, eingegangen am 20.10.2011, sei daher in jedem Fall innerhalb der 2-Jahresfrist gestellt worden. Zudem würden die der Vertragsärztin vorgeworfenen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung stehen, nämlich dem durch den Gemeinschaftspraxispartner Dr. A. begangenen Abrechnungsbetrug. Das Urteil im Strafverfahren gegen Herrn Dr. A. sei seit 13.04.2011 rechtskräftig. Der Disziplinarantrag habe daher solange gestellt werden können, als keine Verjährung der Straftat eingetreten gewesen sei. Die Klägerin habe nach Überzeugung des Ausschusses in den Quartalen 2/2005 bis 1/2009 gegen ihre Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen durch die Abrechnung von nicht erbrachten Leistungen. Dieser Sachverhalt sei unstreitig. Zum einen seien zahlreiche Leistungen im sog. Ersatzverfahren abgerechnet worden, die nicht erbracht worden seien. Zum anderen seien mit Hilfe eines Chipkartenarchivs Daten eingelesen und wiederum Leistungen abgerechnet worden, welche nicht erbracht worden seien. Die Klägerin habe nach den Erkenntnissen aus dem gegen sie und Dr. A. durchgeführten Strafverfahren sowie nach den Angaben ihres Prozessbevollmächtigten die Erstellung der Quartalsabrechnungen ihrem Ehemann überlassen. Sie hätte deshalb wenigstens die erstellten Abrechnungen auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müssen. Dies wäre ihr auch möglich gewesen, da jedenfalls die nicht stattgefundenen Behandlungen von zwischen 122 (Quartal 2/2005) und 352 Patienten (Quartal 2/2008), zumal vor dem Hintergrund des hohen Anteils an Abrechnungen ohne Einlesedatum einer Krankenversichertenkarte, hätten auffallen können und müssen. Die Klägerin habe ihre Abrechnungssammelerklärungen für die Quartale 2/2005 bis 1/2009 unterzeichnet, obwohl die Abrechnungen sachlich nicht richtig gewesen seien. Hätte die Klägerin die von ihrem Ehemann und Praxispartner erstellten Abrechnungen in erforderlichem Umfang kontrolliert, so hätte sie die falschen Abrechnungen ohne weiteres erkennen und vermeiden können. Die Klägerin habe sich bei der Erstellung der Quartalsabrechnungen nicht ausschließlich auf den Gemeinschaftspraxispartner verlassen dürfen. Die korrekte Abrechnung der erbrachten Leistungen stelle eine vertragsärztliche Grundpflicht dar. Dieser habe sich die Vertragsärztin nicht durch eine „Geschäftsverteilung“ innerhalb der Gesellschaft entziehen können. Eine Aufgabenteilung möge im Innenbereich der Gesellschaft zulässig und wirksam sein. Sie könne im Außenverhältnis zur KVB und zu Dritten aber keinesfalls den Umfang der vertragsärztlichen Pflichten beschränken. Jeder Vertragsarzt sei den öffentlich-rechtlichen Regelungen des SGB V unterworfen. Die sich hierin gründenden vertragsärztlichen Pflichten seien deshalb durch privatrechtliche Vereinbarungen nicht abdingbar. Die Beklagte gehe bezüglich der unterlassenen Kontrollen der Quartalsabrechnungen von fahrlässigem Verhalten der Vertragsärztin aus. Zugunsten der Klägerin sei zu werten, dass diese bislang disziplinarisch nicht in Erscheinung getreten sei. Zulasten der Vertragsärztin seien der außerordentlich hohe Schaden und die jahrelangen Verfehlungen zu berücksichtigen. Vor allem in Hinblick auf den Verstoß gegen eine Grundpflicht seien weder eine Verwarnung noch ein Verweis vorliegend ausreichend. Vielmehr sei nach Überzeugung des Ausschusses eine Geldbuße erforderlich, da eine langdauernde Pflichtverletzung vorliege und durch die Falschabrechnungen ein erheblicher Schaden entstanden sei.

Unter Abwägung der Gesamtumstände halte der Ausschuss eine Geldbuße in Höhe von 3.000,- € für erforderlich, aber auch ausreichend, um die Vertragsärztin in Zukunft zur Einhaltung aller vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 05.11.2012 zum Sozialgericht München. Bereits seit dem Schreiben der B. BKK vom 02.12.2008 habe die Beklagte Kenntnis von dem hier zugrunde gelegenen Sachverhalt gehabt. Mit weiteren Schreiben, nach eingeleiteter Plausibilitätsprüfung vom 17.02.2009 und 26.02.2009 sei die Beklagte wiederum durch die B. BKK und die TK über Falschabrechnungen unterrichtet worden. Wie die Beklagte selbst im angegriffenen Bescheid formuliert habe, hätten „Auswertungen des KVB Kompetenzzentrums Honorarprüfung“ ergeben, dass Leistungen abgerechnet worden seien, ohne die Chipkarte einzulesen und dass bei Behandlungsscheinen kein Einlesedatum habe festgestellt werden können. Dieser Sachverhalt habe für die Beklagte, wie auch in mehreren Besprechungen bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht A-Stadt deutlich gemacht worden sei, festgestanden. Der Antrag des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung und der angegriffene Bescheid seien bereits unzulässig. Die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten sei bereits abgelaufen gewesen. Keinesfalls sei nur ein „Anfangsverdacht“ bei der Beklagten gegeben gewesen. Vorliegend habe die Beklagte nicht nur entfernte Indizien, sondern konkrete Abläufe und konkretisierte Taten durch die Mitteilungen der B. BKK vom 02.12.2008 und 17.02.2009 beschrieben erhalten, ebenso durch die TK am 26.02.2009. In diesen Schreiben seien konkrete Sachverhalte geschildert worden, die einen eindeutigen Rückschluss auf strafbares Verhalten zuließen, jedoch eben gerade nicht auf das der Klägerin. Auch die Versuche der Verteidigung, diese vorgeblichen Indizien zu erschüttern, habe die Beklagte stets mit dem Hinweis gekontert, es handle sich hier um unumstößliche Tatsachen. Damit sei das Bekanntwerden der Verfehlung bei der Beklagten gegeben und zwar spätestens im Februar 2009. Grundsätzlich bestehe eine Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer und jeder Geschäftsführer müsse die ressourcenbezogene Tätigkeit der anderen Geschäftsführer beobachtend überwachen. Es müsse aber genügend Anlass zu der Annahme vorhanden sein, dass die Überwachungspflicht intensiviert werden müsse. Weder die KV noch die beteiligten Krankenkassen hätten über die Jahre hinweg irgendeinen auch nur im Geringsten ausformulierten Anfangsverdacht gehabt, die Abrechnungen der Gemeinschaftspraxis könnten nicht ordnungsgemäß sein. Damit ergebe sich bereits, dass durch die klare und eindeutige Geschäftsverteilung die Klägerin mit dem Abrechnungswesen in der Gemeinschaftspraxis überhaupt nichts zu tun gehabt habe. Die Beklagte bleibe jede Erklärung schuldig, wie die Überprüfung auf Richtigkeit hin hätte erfolgen sollen. Sämtliche Abrechnungen seien rechnerisch richtig gewesen. Die Beklagte meine, dass „die nicht stattgefundenen Behandlungen“ hätten auffallen können und müssen. Hier werde die Struktur der Gemeinschaftspraxis völlig verkannt. Hausbesuche habe ausschließlich Dr. A. absolviert. Eine Kontrollmöglichkeit sei de facto nicht gegeben gewesen.

Die Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 04.01.2013 geäußert. Zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 17.10.2011 sei die Frist gemäß § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten gewahrt gewesen. § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten stelle anders als § 81a Abs. 4 SGB V nicht auf den „Anfangsverdacht über strafbare Handlungen“, sondern auf den Zeitpunkt des „Bekanntwerdens der Verfehlung“ und damit gerade nicht nur auf eine gewisse Möglichkeit einer strafbaren Handlung ab. Dies bedeute, dass sich die Beklagte je nach Einzelfall zunächst eine Überzeugung vom Vorliegen einer „Verfehlung“ verschaffen müsse. Die Rechtsprechung gehe daher erst dann von einem Bekanntwerden der Verfehlung aus, wenn genügend Sachverhaltsumstände ermittelt seien, dass die Beklagte das Verhalten des Arztes mit der für einen hinreichenden Tatverdacht erforderlichen Wahrscheinlichkeit als „Verfehlung“ beurteilen und damit mit einer Disziplinarmaßnahme sanktionieren könne (BSG, Urteil vom 15.05.1991, Az.: 6 RKa 37/89). Zum Zeitpunkt der Strafanzeige vom 05.03.2009 hätten der Beklagten der Schriftwechsel zum Patienten R., die E-Mail der B. BKK zum Patienten S. sowie das Schreiben der T. Krankenkasse zum Patienten D. vorgelegen. Damit sei ein gewisser Verdachtsmoment eines möglichen betrügerischen Handels entstanden, was die Beklagte dazu bewogen habe, die Staatsanwaltschaft über die Umstände zu unterrichten. Anhand lediglich dieser Informationen habe sich die Beklagte jedoch keinesfalls in der Lage gesehen, dieses Abrechnungsverhalten überhaupt als „Verfehlung“ zu beurteilen und mit einer Disziplinarmaßnahme zu sanktionieren. Auf telefonische Bitte der Ermittlungsbehörden vom 29.07.2009 habe die Beklagte am 09.10.2009 eine Übermittlung der gewünschten Zusammenstellung vorgenommen. Am 09.11.2009 habe die Beklagte ein Telefax der Staatsanwaltschaft erreicht, dem der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 06.11.2009 beigefügt gewesen sei. Aus diesem Schreiben habe sich ergeben, dass die von der Beklagten ermittelte Anzahl der ungültigen Scheine als korrekt erachtet werde und es daher keiner weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bedürfe, weil dies in Geständnisfunktion erklärt werde. Es ließe sich vertreten, dass die Beklagte hierdurch hinsichtlich eines - wenn auch lediglich geringen - Teiles und nicht des im Ergebnis tatsächlich vorgeworfenen Abrechnungsbetrugsumfanges Kenntnis erlangt habe. Hypothetisch auf diesen Zeitpunkt abgestellt wäre der Disziplinarantrag damit allerdings bereits innerhalb der 2-jährigen Antragsfrist auf den Weg gebracht worden. Die Beklagte vertrete jedoch vielmehr den Standpunkt, dass der Zeitpunkt des „Bekanntwerdens der Verfehlung“ im Sinne des gestellten Disziplinarantrages mit dessen Vorwürfen zeitlich weit später zu finden sei. Denn in Reaktion auf besagtes Telefax habe die Beklagte die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 16.11.2009 darauf hingewiesen, dass sie eine weitergehende Prüfung dahingehend, dass nicht nur ausschließlich die Fälle ohne Einlesedatum der Krankenversicherungskarte für das Strafverfahren von Bedeutung sein könnten, für erforderlich halte. Mit Schreiben vom 04.12.2009 habe die Beklagte die Staatsanwaltschaft darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich infolge einer Meldung der Krankenkasse HVB BKK der Verdacht aufgetan habe, wonach Patientendaten generiert worden sein sollen. Es sei jedoch regelmäßig ohne die Unterstützung durch die Staatsanwaltschaft und der jeweiligen Krankenkasse ein tatsächlicher Nachweis durch die Beklagte nicht möglich. Erst im gemeinsamen Gespräch vom 01.04.2010, an dem die Staatsanwaltschaft, die Beklagte, der Ehemann der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigte teilgenommen hätten, sei das Ausmaß des Betrugs erkennbar geworden. Im Nachgang zu jenem Gespräch sei am 22.04.2010 ein Geständnis abgelegt worden, in dem Herr Dr. A. auch das Generieren von Behandlung mit gespeicherten Datensätzen eingeräumt habe. Das Ermittlungsverfahren sei zunächst auch gegen jeden der beiden Gemeinschaftspraxisinhaber durchgeführt worden. Dass die Verfahren letztendlich gegen die Klägerin gemäß § 170 Abs. 2 StPO bzw. § 152 Abs. 2 StPO eingestellt worden seien, habe die Staatsanwaltschaft der Beklagten mit Verfügung vom 28.05.2010 bzw. 16.12.2010 mitgeteilt, so dass die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt von den entlastenden Ermittlungsergebnissen erfahren habe. Auf einen derart penibel aufgeschlüsselten Kenntnisstand der Beklagten über die unterschiedlichsten Informationen komme es im Ergebnis aber überhaupt nicht an, da die 5-jährige strafrechtliche Verjährungsfrist gemäß §§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, 263 Abs. 1 StPO nicht abgelaufen gewesen sei. Da die die Klägerin betreffende Verfehlung auch zumindest im Zusammenhang mit der Verurteilung zum Abrechnungsbetrug des Herrn Dr. A. stehe, finde § 18 Abs. 3 Variante 3 der Satzung der Beklagten Anwendung, wonach die strafrechtliche Verjährungsfrist eingreife. Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Es sei korrekt, dass das strafrechtliche Verfahren gegen die Klägerin eingestellt worden sei. Das Disziplinarverfahren verfolge eine gänzlich anderslautende Funktion, nämlich die Wiederherstellung der pflichtentreuen Teilnahme des Vertragsarztes an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Klägerin habe gegen ihre Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Unstreitig seien, unabhängig von einer möglicherweise internen Organisationsvereinbarung, fehlerhaft Leistungen von der Gemeinschaftspraxis, der die Klägerin als Inhaberin angehört habe, abgerechnet worden. Mit Unterzeichnung der Sammelerklärungen habe die Klägerin für das jeweilige Quartal versichert, dass die Leistungen ordnungsgemäß erbracht worden seien und die Abrechnung sachlich richtig sei. Die Klägerin habe sich jedoch, indem sie den anderen Praxisinhaber nach eigenen Aussagen intern die Befugnis zur vollständigen Erstellung der Abrechnung gegenüber der Beklagten übertragen habe, einer Hilfsperson bedient - wenn auch in der Person eines anderen Vertragsarztes. Aufgrund der Wichtigkeit einer korrekten Leistungsabrechnung habe die Klägerin einer entsprechenden, zwingend einzuhaltenden Sorgfalt unterlegen. Soweit die Klägerin sich zur Erfüllung der obliegenden Grundpflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung einer Hilfsperson bedient habe, habe sie auch einen äußerst hohen Organisationsgrad bei deren Überwachung an den Tag legen müssen. Wie diese im Detail hätten ausgestaltet sein können, sei vorliegend nicht von Bedeutung. Da schließlich die Klägerin die Durchführung der jeweiligen Quartalsabrechnung vollständig und ohne sich überhaupt mit Abrechnungsregelungen befasst zu haben, ihrem Praxispartner überlassen habe, hätte sie damit eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht gegenüber der Beklagten abgeben dürfen. Sie habe blind darauf vertraut, dass die Abrechnungen korrekt gestaltet würden.

Hierzu hat sich nochmals der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.01.2013 geäußert. In der ersten Unterrichtung der Staatsanwaltschaft durch die Beklagte mit Schreiben vom 05.03.2009 seien nicht nur allgemeine Verdachtsmomente enthalten, sondern die Darstellung eines konkreten Sachverhalts. Bereits vor diesem Schreiben vom 05.03.2009 habe die Beklagte umfangreiche Kontrolluntersuchungen durchgeführt und den Sachverhalt bereits festgestellt. Die Übermittlung der von der Staatsanwaltschaft gewünschten Auf- und Zusammenstellung vom 09.10.2009 habe eine Aufstellung der konkret eingetretenen Schäden enthalten. Damit sei der Disziplinarantrag mit Schreiben vom 17.10.2011 verfristet. Die Beklagte habe selbst ausgeführt, dass es nicht auf die Kenntnis des einzelnen Betrugstatbestandes, der nicht durch die Klägerin realisiert worden sei, ankommen könne, sondern dass es um einen Verstoß gegen eine allgemeine Überwachungspflicht und ein allgemeines Organisationsverschulden gehe. Diese Vorwürfe aber hätte die Beklagte bereits vor dem 05.03.2009 erheben können und müssen. Aus dem Schreiben vom 05.03.2009 ergebe sich dies auch. Die 5-jährige strafrechtliche Verjährungsfrist spiele vorliegend keine Rolle, weil es hier um eine behauptete Verfehlung der Klägerin gehe und nicht des Ehemanns der Klägerin. Es könne nicht auf Straftaten anderer abgehoben werden, sondern im Disziplinarverfahren sei die Verfehlung des Betroffenen zu würdigen. Die Klägerin habe keinerlei Möglichkeit gehabt, die Unrichtigkeit der Abrechnungen zu überprüfen. Wenn die Beklagte meine, „die Hilfsperson, deren sich die Klägerin bediene“, also deren Ehemann (!) sei strafrechtlich in Erscheinung getreten und damit hätte die Klägerin quasi in einer Art Generalverdacht ihren Ehemann überwachen müssen, so sei dies ehrenrührig! Darauf werde nicht näher eingegangen.

Hierzu hat sich die Beklagte nochmals mit Schriftsatz vom 28.02.2013 geäußert. Bevor eine Unterrichtung nach § 81a Abs. 4 SGB V erfolge, erfasse und bewerte die Beklagte die ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen anhand der ihr eingeräumten Möglichkeiten. Natürlich bedürfe es gewisser Feststellungen, ehe die Strafverfolgungsbehörden durch die Beklagte unterrichtet würden, da es sich andernfalls um eine bloße „aus der Luft gegriffene Behauptung“ handle, der vermutlich keinerlei Beachtung geschenkt werde. Diese Art von Feststellungen im Vorfeld zu einer Unterrichtung nach § 81a Abs. 4 SGB V seien jedoch ausdrücklich gerade nicht das Kriterium, an dem der Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gemessen werde. Die Beklagte halte an ihrer Auffassung fest, wonach sich der Anfangsverdacht im Laufe der Ermittlung zu einer Verfehlung verdichtet habe. Die in der Replik erwähnte Schadensaufstellung vom 09.10.2009 basiere auf der in der Unterrichtung der Staatsanwaltschaft vom 05.03.2009 aufgeführten Übersicht der Anzahl der abgerechneten Scheine ohne Einlesedatum. Auf Wunsch der Ermittlungsbehörden sei ein möglicher Schaden anhand eines durchschnittlichen Fallwertes, abzüglich der DMP-Scheine sowie der Scheine des organisierten Notfalldienstes, auf der hypothetischen Grundlage, alle verbleibenden, abgerechneten Scheine ohne Einlesedatum seien ungültig, berechnet worden. Inwiefern sich hieraus eine über den bloßen Anfangsverdacht hinausgehende konkrete Verfehlung ergebe, sei für die Beklagte nicht ersichtlich, zumal die Beklagte auch keine Kenntnis von der zwischen den Ärzten vorgetragenen Aufgabenverteilung gehabt habe. Diese sei ihr erst im gemeinsamen Gespräch mit der Staatsanwaltschaft, d. h. zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, offenbart worden. Die Ausführungen zum Schadensersatzrecht des BGH seien vorliegend - auch nicht entsprechend - heranzuziehen. Würden Aufgaben in einer BAG intern delegiert, befreie dies keinesfalls den delegierenden Arzt mit Außenwirkung von seiner Verantwortung. Nach wie vor sei dafür Sorge zu tragen, dass kein Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung begangen werde. Auch bestätige die Klägerin dies regelmäßig durch die Unterzeichnung und Einreichung der Sammelerklärung. Wenn die Klägerin auf der einen Seite diese Verpflichtung nun an einen anderen Arzt delegiere, auf der anderen Seite aber behaupte, die ordnungsgemäße Durchführung überhaupt nicht überwachen zu können, so hätte bereits aus vertragsarztrechtlichen Umgehungsgründen keine Delegation dieser persönlichen Verpflichtung, zu der sie sich mit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bereit erklärt habe, vorgenommen werden dürfen. Es obliege demjenigen, der die Ausführungen von Aufgaben seinen Praxispartner überlasse, zumindest eine Überwachungspflicht. Komme er dieser nicht nach, habe er schuldhaft gehandelt. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme sei rechtens (Hinweis auf Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.06.2006, Az.: L 10 KA 36/05).

Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 23.05.2013 nochmals festgestellt, dass bereits § 81a Abs. 4 SGB V in Verbindung mit der eigenen Einlassung der Beklagten zeige, dass der gestellte Antrag gemäß § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten unzulässig sei. Denn die Beklagte führe widerspruchsfrei aus, dass sie Feststellungen getroffen habe. Es könne doch keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass „der Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen“ nicht zugleich, nachdem entsprechende Feststellungen getroffen worden seien, eine „bekanntwerdende Verfehlung“ bei der KVB im Sinne des § 18 Abs. 3 der Satzung sei. Die Beklagte werfe der Klägerin mangelnde Kontrolle des Ehemannes und Praxispartners vor sowie die Verpflichtung zur „Überprüfung“. Dieser Sachverhalt, eine einfach gelagerte Feststellung nach Auffassung der Beklagten, sei aber bereits vor dem Schreiben an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht N-Stadt der Beklagten bekannt gewesen.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 16.05.2014 die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Disziplinarbescheid vom 12.09.2012 sei in formalrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Nach Überzeugung der Kammer habe der Vorstand der Beklagten mit Antrag vom 17.10.2011 das Disziplinarverfahren rechtzeitig eingeleitet. § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten sehe eine Ausschlussfrist von zwei Jahren ab Bekanntwerden der Verfehlung vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15.05.1991, Az.: 6 RKa 37/89) beginne die Ausschlussfrist für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens, wenn die Satzung auf das „Bekanntwerden der Verfehlung“ abstelle, erst mit dem Zeitpunkt, in welchem das Verhalten des Kassenarztes mit der für einen hinreichenden Tatverdacht erforderlichen Wahrscheinlichkeit als „Verfehlung“ beurteilt werden könne. Das bedeute, dass die Behörde sich zunächst einmal eine Überzeugung vom Vorliegen einer „Verfehlung“ verschaffen müsse, die die jeweiligen Einzelumstände ergeben mögen. Nach Auffassung der Kammer sei der Beklagten jedenfalls vor der Besprechung mit den Beteiligten bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt am 01.04.2010 die Verfehlung der Klägerin nicht hinreichend bekannt gewesen. Erst in dieser Besprechung habe der Ehemann der Klägerin angegeben, dass er die fraglichen Abrechnungen gegenüber der Beklagten gefertigt habe und die Klägerin daran nicht beteiligt gewesen sei. Zwar habe bereits am 08.07.2009 eine polizeiliche Durchsuchung der Gemeinschaftspraxis stattgefunden, in deren Rahmen die Klägerin u. a. mitgeteilt habe, dass sie mit den Abrechnungen gegenüber der Beklagten nichts zu tun habe, sondern diese ihr Ehemann allein erledige. Von dieser Durchsuchung und der Information über die praxisinterne Aufgabenverteilung habe die Beklagte jedoch erst im Mai 2010 Kenntnis erhalten. Deshalb habe die Beklagte frühestens ab 01.04.2010 vom Vorliegen einer Verfehlung der Klägerin in Form von (grob) fahrlässig unterlassenen Kontrollen der Quartalsabrechnungen des Ehemannes ausgehen können. Die Kammer weise ergänzend darauf hin, dass der Sachverhalt keine Anhaltspunkte für eine ungebührliche Verzögerung der Einleitung des Disziplinarverfahrens durch die Beklagte enthalte. Der Disziplinarbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin habe nach Überzeugung der Kammer gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen, indem sie die von ihrem Praxispartner und Ehemann erstellten Abrechnungen nicht kontrolliert habe. Es sei unstreitig, dass die Klägerin entsprechende Kontrollen der Praxisabrechnungen jedenfalls in den Quartalen 2/2005 bis 1/2009 nicht vorgenommen habe. Die Kammer schließe sich der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen an, wonach zwar in einer Gemeinschaftspraxis die interne Delegation einzelner Aufgaben an einen Praxispartner grundsätzlich zulässig sei. Dies befreie aber den bzw. die anderen Partner nicht mit Außenwirkung von ihrer Verantwortung. Dementsprechend obliege demjenigen, der die Ausführung einzelner Aufgaben gemäß einer getroffenen Absprache seinem Partner überlasse, zumindest eine Überwachungspflicht. Komme er dieser nicht nach, habe er schuldhaft gehandelt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.06.2006, Az.: L 10 KA 36/05). Eine solche Überwachungspflicht gegenüber dem Praxispartner bestehe auch dann, wenn dieser zugleich Ehepartner sei. Eine Kontrolle wäre der Klägerin auch möglich gewesen, beispielsweise hinsichtlich der Entwicklung der Fall- und Umsatzzahlen wie auch in Bezug auf die Abrechnungen einzelner Patienten, die von der Klägerin behandelt worden seien. Darauf, ob dadurch auch die betrügerischen Handlungen des Ehemannes (früher) hätten aufgedeckt werden können, komme es hinsichtlich des Verfehlensvorwurfs gegenüber der Klägerin nicht an. Die Klägerin habe insoweit fahrlässig gehandelt. Die Kammer habe auch keine Zweifel, dass die verhängte Geldbuße in Höhe von 3.000,- € verhältnismäßig sei. Die Beklagte habe zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin gegen eine vertragsärztliche Grundpflicht verstoßen habe und es sich hierbei um jahrelange Verfehlungen handle. Der streitgegenständliche Disziplinarbescheid der Beklagten sei hinsichtlich der Auswahl und Höhe der Maßnahme ermessensfehlerfrei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26.06.2014, die mit Schriftsatz vom 31.07.2014 näher begründet wurde. Nachdem die Beklagte am 09.12.2009 eine Schadensaufstellung an die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Ehemann der Klägerin gerichtet habe, habe spätestens ab diesem Zeitpunkt eine positive Kenntnis bestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Frist in Lauf gesetzt worden, so dass in der Folgezeit der Antrag und die verhängte Disziplinarmaßnahme verfristet und damit unzulässig gewesen seien. Des Weiteren verkenne die Kammer den Umfang der Verpflichtung zur Überwachung der Abrechnung innerhalb der zulässigen Aufgabenteilung in einer Gemeinschaftspraxis mit Ehepartnern. Eine derartige Konstellation sei in der Rechtsprechung nicht vorentschieden. Im zugrundeliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Gemeinschaftspraxis zwischen zwei Ehegatten handle. Neben einer sowohl privat wie beruflich gelebten Aufgabenverteilung sei zu berücksichtigen, dass das Miteinander als Vertragsärzte im Zusammenhang mit der gemeinsamen Berufsausübung von einem erhöhten Maß an Vertrauen zueinander geprägt gewesen sei und auch habe geprägt sein dürfen. Insoweit müsse der Maßstab für die Überwachungspflicht zwischen Ehegatten geringer sein als zwischen fremden Gemeinschaftspraxispartnern. Zudem sei in der Entscheidung des Sozialgerichts München nicht berücksichtigt worden, inwieweit die Klägerin den Praxispartner und Ehemann tatsächlich kontrolliert und überwacht habe. Außerdem sei nicht definiert, in welchem Umfang eine Überwachung notwendig gewesen wäre. Die Klägerin habe wohl vor Unterzeichnung der Sammelerklärung ihren Ehemann gefragt, ob alles richtig sei. Damit habe sie ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht Genüge getan, da ansonsten eine Aufgabenteilung innerhalb einer Gemeinschaftspraxis nicht möglich wäre. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin von ihrem Ehemann bedauerlicherweise systematisch getäuscht worden sei, wobei sie keinen Grund gehabt habe, irgendwie zu misstrauen oder argwöhnisch zu sein. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 11.12.2013, Az.: B 6 KA 36/13 B, entschieden, dass bei Delegation der Leistungsabrechnung der Vertragsarzt dennoch Organisations- und Überwachungspflichten habe, weil er allein verantwortlich für die korrekte Abrechnung seiner Leistung sei und er sich seiner Verantwortung nicht entledige, wenn er sich personeller oder technischer Hilfe bediene. In der Entscheidung sei die Abrechnung vollständig an die Praxismitarbeiterinnen delegiert worden. Bei einer derartigen Delegation sei wegen des Fachwissensunterschiedes selbstverständlich von einer erhöhten Überwachungspflicht auszugehen. Dieser Fall unterscheide sich aber erheblich von dem zugrundeliegenden, bei dem innerhalb der Ehegattengemeinschaftspraxis auf der Grundlage des besonderen Vertrauensverhältnisses eine Aufgabenteilung und weniger eine Delegation vorgelegen habe. Von daher sei an die Überwachungspflicht ein geringerer Maßstab zu legen. Hinzu komme, dass die Klägerin selbst bei Stichprobenkontrollen und eigenständiger Überprüfung der Abrechnungen nicht in der Lage gewesen wäre, die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung zu erkennen, da diese von ihrem Ehemann so gestaltet gewesen seien, dass sie eben gerade für sie nicht oder nur sehr schwer zu erkennen gewesen seien.

Hierzu hat sich die Beklagte nochmals mit Schriftsatz vom 13.11.2015 geäußert. Der Klägerin werde richtigerweise ein Verschuldensvorwurf nicht nur deshalb angelastet, weil die Falschabrechnungen ihres Praxis- (und Ehe-)Partners ihr zuzurechnen seien, sondern auch deshalb, weil sie nach eigenem Vorbringen keine Stichprobenkontrollen zur Überprüfung der von ihr durch Unterzeichnung der Quartalssammelerklärungen bestätigten Richtigkeit der Abrechnung vorgenommen habe. Sie habe sich lediglich darauf beschränkt zu fragen und sich vom Praxispartner bestätigen zu lassen, ob bzw. dass die Abrechnung korrekt sei. Damit sei sie ihrer Verantwortung für die Richtigkeit der Abrechnung der Gemeinschaftspraxis nicht gerecht geworden. Eine Zurechnung der nicht von der Klägerin selbst, sondern von für sie - gleichgültig, ob im Wege der vertikalen oder horizontalen Delegation - tätigen Hilfspersonen verursachten Pflichtverletzungen sei auch nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 278 Satz 1 BGB möglich (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 19.09.2001, L 12 KA 141/99). Soweit der neue Berufungsvortrag es für besonders abwägungsrelevant halte, dass im Falle einer Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Ärzten einer Gemeinschaftspraxis geringere Maßstäbe an die Kontroll- und Überwachungspflichten angelegt werden könnten, seien Rechtsgründe dafür nicht ersichtlich. Anderenfalls könnte sich bei der vorliegenden Frage schuldhafter Falschabrechnung etwa auch in einer Gemeinschaftspraxis nicht verheirateter Ärzte (anders als in einem MVZ, s. BSG, Urteil vom 21.03.2012, B 6 KA 22/11 R) der Eine unbesehen auf den Anderen verlassen und die eigene Unterschrift unter die Sammelerklärung wäre insoweit bedeutungslos. Auch im Rahmen des § 278 BGB sei kein Exkulpationsbeweis durch sorgfältige Auswahl und Überwachung der Hilfsperson möglich. Insbesondere vorliegend könne der mit der Berufung reklamierte „Vertrauensvorschuss“ angesichts der Vorstrafe wegen Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung schon im Tatsächlichen nicht überzeugen. Im Außenverhältnis der Klägerin zur Beklagten gelte nicht der von ihr reklamierte Vertrauensvorschuss in ihren Ehepartner, sondern das ihr seitens der KVB entgegengebrachte Vertrauen in die sorgfältige und richtige Abrechnung und ihre dies bestätigende Unterzeichnung der Sammelerklärung. Angesichts der Vielzahl der falsch abgerechneten Behandlungsfälle (20 bis 30% aller Behandlungsscheine ohne Einlesedatum) sei von einer Erkennbarkeit auszugehen, wenn die Klägerin sich nur hinreichend um eine Überprüfung der Richtigkeit der Abrechnung tatsächlich bemüht und gekümmert hätte. Im Übrigen sei unter Verweis auf das Urteil des LSG NRW vom 28.06.2006, L 10 KA 36/05 festzuhalten, dass der Vortrag, auch bei Stichproben hätte die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nur schwer auffallen können, nicht von dem Vorwurf entlaste, von vornherein gar keine Stichproben unternommen zu haben.

Hierzu hat sich nochmals die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 18.11.2015 geäußert. Bereits im Jahr 2008 habe Kenntnis von den Verfehlungen bei der KVB, spätestens aber im Jahr 2009 bestanden, so dass der Disziplinarantrag vom 17.10.2011 jenseits der Zweijahresgrenze gestellt und damit verfristet sei. Die vorgeworfene Pflichtverletzung knüpfe an die Verletzung der Kontrollpflichten der Klägerin an. Dem sei die Klägerin nachgekommen. Sie habe ihren Ehemann und Gemeinschaftspraxispartner befragt, habe die vorgelegte Abrechnung vor Unterzeichnung auf Plausibilität geprüft und selbstverständlich Nachfragen gestellt. Die Durchführung von stichprobenartigen Nachforschungen könne nicht Gegenstand der Kontrolle sein, sonst wäre letztlich jeder Vertragsarzt in einer Berufsausübungsgemeinschaft gehalten, eine eigenständige Erstellung der Abrechnung vorzunehmen. Die Zahl der Patienten ohne Chipkarte sei nicht aus den Abrechnungs- und Statistikunterlagen ohne eigene Prüfläufe ersichtlich gewesen. Die Klägerin sei mithin in gewisser Weise auch Opfer der Manipulationen ihres Mannes, die dieser so angelegt habe, dass sie der Kontrolle und der Überwachung durch die Klägerin gerade entzogen gewesen seien. Es könne nicht Gegenstand der Kontrollpflicht sein, dass Praxispartner gegenseitig grundsätzlich von einer Manipulation ausgehen und entsprechende Nachforschungen in diese Richtung unternehmen. Dies würde den Rahmen der bestehenden Kontrollpflichten sprengen. Das LSG NRW führe völlig richtig aus, dass innerhalb einer Gemeinschaftspraxis die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Praxispartner unabdingbare Voraussetzung sei. Auf dieser Basis müsse es möglich sein, die einem Praxispartner übertragene Aufgabenverrichtung frei von einem a priori Verdacht des Betrugs und der Manipulation zu überlassen. Dementsprechend müsse es ausreichend sein, sich Abrechnungsunterlagen vorlegen zu lassen, diese auf Auffälligkeiten durchzusehen und Nachfragen an den zuständigen Praxispartner zu stellen. Damit wäre der Kontrollpflicht entsprochen und dies habe die Klägerin getan. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.11.2015 hat die Klägerin ergänzende Angaben zu Art und Umfang ihrer Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis gemacht.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.05.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 12.09.2012 aufzuheben.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.11.2015 ihren Sachvortrag nochmals zusammengefasst dargestellt und weiter vertieft.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München, Az.: S 28 KA 1448/12, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 120/14, zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.09.2012, mit dem gegen die Klägerin als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße in Höhe von 3.000,00 EUR verhängt worden ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht München hat deshalb mit dem angefochtenen Urteil vom 16.05.2014 die dagegen erhobene Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.

Rechtsgrundlage für den Bescheid der Beklagten vom 12.09.2012 ist § 81 Abs. 5 SGB V in Verbindung mit § 18 der Satzung der Beklagten.

Die gerichtliche Überprüfung von Disziplinarmaßnahmen gemäß § 81 Abs. 5 SGB V erfolgt in zwei Schritten. Die Beurteilung über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung eines Pflichtverstoßes ist zu unterscheiden von der Frage, ob und gegebenenfalls welche Rechtsfolgen dafür angebracht sind. Während die Tatbestandsvoraussetzungen des Pflichtverstoßes gerichtlich voll überprüfbar sind, besteht bei der Auswahl der möglichen Disziplinarmaßnahme und der Festsetzung ihrer Höhe ein Ermessensspielraum, so dass insoweit die Entscheidung gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vom Gericht nur eingeschränkt nachzuprüfen ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass der Disziplinarbescheid der Beklagten vom 12.09.2012 zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden ist.

Gemäß § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten können Maßnahmen nach Abs. 1 nicht mehr beantragt werden, wenn seit dem Bekanntwerden der Verfehlung zwei Jahre oder seit der Verfehlung fünf Jahre vergangen sind; bei Verfehlungen, die eine nach allgemeinem Strafrecht strafbare Handlung darstellen oder mit einer solchen in Zusammenhang stehen, kann der Antrag darüber hinaus solange gestellt werden, als die Strafverfolgung noch nicht verjährt ist. Die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten beginnt erst zu dem Zeitpunkt, an dem das Verhalten der Klägerin als mit einer Disziplinarmaßnahme sanktionierungsfähige Verfehlung beurteilt werden konnte. Zu welchem Zeitpunkt dies der Fall ist, ist eine Tatfrage, die jeweils von den Einzelumständen abhängig ist. Ein Bekanntwerden der Verfehlung der Klägerin lag danach nicht bereits im Zeitpunkt der Strafanzeige der Beklagten vom 05.03.2009, die auf der Grundlage von Meldungen zweier Krankenkassen (B. BKK und T.-Krankenkasse) zu einzelnen Patienten (Patienten R., S. und D.) über Abrechnungsunregelmäßigkeiten und hieran anschließend weiteren Ermittlungen erstellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich lediglich um einen Anfangsverdacht, der für ein Bekanntwerden der Verfehlung im Sinne von § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten gerade nicht ausreicht. Mit Schreiben vom 09.10.2009 hat die Beklagte auf telefonische Anforderung der Kriminalpolizeiinspektion A-Stadt dieser eine Schadensberechnung auf der Grundlage aller Fälle ohne Einlesedatum der Krankenversicherungskarte für den Abrechnungszeitraum 2/2005 bis 4/2008 übermittelt. Die Art der Berechnung erfolgte dabei entsprechend den Wünschen der Ermittlungsbehörden. Am 09.11.2009 erreichte schließlich die Beklagte ein Telefax der Staatsanwaltschaft, dem ein Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 06.11.2009 beigefügt war. Aus diesem Schreiben ergab sich, dass die von der Beklagten ermittelte Anzahl der ungültigen Scheine als korrekt erachtet würde und es deshalb keiner weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mehr bedürfe, da dies in Geständnisfunktion erklärt werde. Wenn man von dem Datum 09.11.2009 ausgehen würde, wäre die Zweijahresfrist des § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten mit dem Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens der Beklagten vom 17.10.2011, eingegangen am 20.10.2011, bereits gewahrt. Der Senat ist aber in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung der Auffassung, dass frühestens ab der Besprechung vom 01.04.2010, bei der die Staatsanwaltschaft A-Stadt durch Dr. L., der Ehemann der Klägerin Dr. M. A. mit seinem Prozessbevollmächtigten und die KVB anwesend waren, von einem Bekanntwerden der Verfehlung bezogen auf die Klägerin ausgegangen werden kann. Denn hier hat der Ehemann der Klägerin Dr. M. A. auch angegeben, dass er - allein - die fraglichen Abrechnungen gegenüber der KVB gefertigt hat und seine Ehefrau daran nicht beteiligt gewesen ist. Erst zu diesem Zeitpunkt ergab sich ein klareres Bild über die der Klägerin anzulastende Pflichtverletzung, nämlich nicht in Form einer Mittäterschaft oder Beihilfe bezüglich des allein von dem Ehemann Dr. M. A. begangenen Betruges, sondern in Form eines Verstoßes gegen das Gebot zur peinlich genauen Abrechnung mangels hinreichender Überprüfung der vom Ehemann Dr. M. A. erstellten Abrechnungen. Der Sachverhalt über die Pflichtverletzung der Klägerin wurde durch Einstellungsverfügung des gegen sie anfangs ebenfalls wegen Betruges eingeleiteten Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft A-Stadt vom 16.12.2010 und den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft in N-Stadt vom 01.04.2011 weiter bestätigt. Die Einstellungsverfügung beruht darauf, dass ein Nachweis, dass die Klägerin Kenntnis von den falschen Abrechnungen gehabt habe, nicht geführt werden konnte. Dies beruht u. a. darauf, dass der KHK St. bei der durchgeführten Durchsuchung vermerkt hat, dass die Klägerin ihm gegenüber erklärt habe, sie habe mit den Abrechnungen der KVB nichts zu tun, diese würden allein von ihrem Ehemann erledigt, auf Fragen zum Ablauf der Abrechnungen habe sie keine Antworten geben können und es sei deshalb der Eindruck entstanden, dass die Klägerin keinen Einblick in das Abrechnungswesen gehabt habe.

Der Antrag der Beklagten auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 17.10.2011 wahrt auch die Fünfjahresfrist seit der Verfehlung gemäß § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten. Dabei ist anders als im Strafrecht, wo nach Aufgabe der Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs (vgl. Großer Senat der Strafgerichte am BGH, Beschluss vom 03.05.1994, BGH ST 40/136) bei Verletzung desselben Grundtatbestandes und Verletzung gleicher Rechtsgüter in gleichartiger Begehungsweise in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang unter Gesamtvorsatz gleichwohl für jedes Quartal eine eigenständige Tat vorliegt, im Disziplinarrecht auch dann von einer Pflichtverletzungshandlung auszugehen ist, wenn diese sich - wie hier - in mehreren, zeitlich zusammenhängenden Einzelakten manifestiert (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 09.12.2004, B 6 KA 70/04 B, BSG, Urteil vom 08.03.2000, B 6 KA 62/98 R, NZS 2001, 50; BayLSG, Urteil vom 25.11.2009, L 12 KA 57/08 sowie Hesral, in Ehlers, Disziplinarrecht für Ärzte und Zahnärzte, 2. Auflage 2013 S. 16/17).

Der Bescheid des Beklagten ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Senat ist in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung der Auffassung, dass die Klägerin dadurch gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen hat, dass sie die von ihrem Praxispartner und Ehemann erstellten Abrechnungen nicht hinreichend kontrolliert hat. Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass sich die Angaben der Klägerin hinsichtlich Art und Umfang in der Kontrolle der Abrechnungen des Ehemanns im Laufe der Zeit nicht unerheblich geändert haben. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hat die Klägerin am 08.07.2009 gegenüber dem KHK St. noch angegeben, mit den Abrechnungen der KVB nichts zu tun zu haben, diese würden alleine von ihrem Ehemann erledigt. Auf Fragen zum Ablauf der Abrechnungen habe sie keine Antworten geben können, so dass der Eindruck entstanden ist, die Klägerin habe keinen Einblick in das Abrechnungswesen. Nicht zuletzt auf der Grundlage dieser Angaben wurde das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen Betrugs eingestellt (vgl. Entscheidung der Staatsanwaltschaft A-Stadt vom 16.12.2010 und Bescheid des Generalstaatsanwalts vom 01.04.2011). Auf der gleichen Linie liegen die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.10.2011 zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die Klägerin. Hier wird darauf hingewiesen, dass innerhalb der BGB-Gesellschaft eine zulässige Aufgabenverteilung dergestalt vorgenommen worden sei, dass die Abrechnung vollständig dem Ehemann Dr. M. A. übertragen worden sei. Vor diesem Hintergrund wirft der Prozessbevollmächtigte die Frage auf, weshalb die Klägerin nicht auf die Richtigkeit dieser Abrechnungen hätte vertrauen dürfen, sondern diese hätte überwachen und kontrollieren müssen und wie hätte diese Kontrolle überhaupt stattfinden können? Auch im Klageerhebungsschriftsatz vom 05.11.2011 wird nochmals darauf verwiesen, dass durch die klare und eindeutige Geschäftsverteilung die Klägerin mit dem Abrechnungswesen in der Gemeinschaftspraxis überhaupt nichts zu tun gehabt habe. Die Beklagte bleibe jede Erklärung schuldig, wie die Überprüfung „auf Richtigkeit hin“ hätte erfolgen sollen, wo doch sämtliche Abrechnungen rechnerisch richtig gewesen seien. Weiter wird die Frage gestellt, wenn sie ihren Ehemann befragt hätte, der die unrichtigen Abrechnungen gemacht habe - mehr hätte sie nicht tun können - hätte sie dann nicht notwendigerweise die Rückantwort erhalten, das seien korrekte und richtige Abrechnungen? Die Klägerin sei in das System, das ihr Ehemann entwickelt gehabt habe, nicht im Geringsten eingeweiht gewesen. Sie habe davon keine Ahnung gehabt und konnte auch keine Ahnung haben. Mit weiterem Schriftsatz vom 15.01.2013 wird vorgetragen, dass die Klägerin die Abrechnungen selbstverständlich nach äußerer Form geprüft habe und für in Ordnung gehalten habe. Im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 31.07.2014 wurde noch vorgetragen, dass die Klägerin wohl vor Unterzeichnung der Sammelerklärung ihren Ehemann befragt habe, ob alles richtig sei. Damit habe sie ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht genüge getan, da ansonsten eine Aufgabenteilung innerhalb einer Gemeinschaftspraxis nicht möglich wäre. Des Weiteren wird die Meinung vertreten, dass innerhalb einer Ehegattengemeinschaftspraxis auf der Grundlage des besonderen Vertrauensverhältnisses an die Überwachungspflicht ein geringerer Maßstab zu legen sei. Im Übrigen wäre die Klägerin selbst bei Stichprobenkontrollen und eigenständiger Überprüfung der Abrechnung nicht in der Lage gewesen, die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung zu erkennen. Zwischen Ehepartnern bestehe ein Vertrauensvorschuss, der zwar die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung nicht entfallen lasse, wohl aber das Maß der Überwachung, welches im Üblichen zu erwarten gewesen wäre. Erstmalig mit Schriftsatz vom 18.11.2015 wurde vorgetragen, dass die Klägerin ihren Ehemann und Gemeinschaftspraxispartner befragt habe, die vorgelegte Abrechnung vor Unterzeichnung auf Plausibilität geprüft und selbstverständlich Nachfragen gestellt habe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.11.2015 hat die Klägerin angegeben, dass sie bezüglich der Abrechnung sich die Statistiken angesehen habe, aus denen die abgerechneten Ziffern mit der Häufigkeit zu ersehen seien sowie das Prüfungsprotokoll und die Fallzahlen. Im fraglichen Zeitraum 2005 bis 2008 seien die Fallzahlen im Wesentlichen gleich geblieben und sie habe bei der Überprüfung keinen Verdacht geschöpft.

Bei einer Gesamtbewertung aller von der Klägerin zum Umfang der Überprüfung der Abrechnung der Gemeinschaftspraxis gemachten Einlassungen gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die Klägerin die durch ihren Ehemann erfolgten Abrechnungen gegenüber der Beklagten allenfalls oberflächlich überprüft und daher ebenfalls gegen ihre Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen hat. Den zeitnächsten Angaben der Klägerin im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegenüber dem KHK St., wonach sie mit den Abrechnungen gegenüber der Beklagten nichts zu tun habe, kommt dabei besondere Glaubwürdigkeit zu, zumal diese Angaben in Übereinstimmung mit den Angaben in den Schriftsätzen vom 26.10.2011, 05.11.2011, 15.01.2013 und 31.07.2014 stehen. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.11.2015 erstmalig eine weitergehende Prüfung behauptet, sind die diesbezüglichen Angaben (Prüfung auf Plausibilität und Nachfragen an ihren Ehemann) zu allgemein gehalten, um von einer ausreichenden Überwachung der Abrechnung des Ehemannes ausgehen und eine Abweichung zu den bisherigen Angaben über Jahre hinweg seit Juli 2009 nachvollziehbar begründen zu können. Auch die Befragung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.11.2015 hat lediglich ergeben, dass sich die Klägerin die Statistiken, also die abgerechneten Ziffern und deren Häufigkeit sowie die Entwicklung der Fallzahlen angesehen hat und dabei keinen Verdacht geschöpft hat. Es ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihren Ehemann intern die Abrechnung der Gemeinschaftspraxis gegenüber der Beklagten überlassen hat, in diesem Falle trifft sie aber eine Überwachungspflicht, die über die reine Prüfung der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung hinaus geht. Aus Sicht des Senats wäre es zunächst durchaus zu erwarten gewesen, dass im Hinblick auf die hohe Anzahl fiktiver Patienten bzw. deren stetes Ansteigen (nach dem Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 18.04.2011 gegen den Ehemann der Klägerin von 122 fiktiven Patienten im Quartal 2/2005 auf 352 fiktive Patienten im Quartal 2/2008) sich gewisse Bedenken hinsichtlich der Anzahl der abgerechneten Patienten und der tatsächlich in der Praxis behandelten Patienten und dem hierbei erzielten Honorar, zumindest in dem Zeitraum, als sie wieder ganztägig in der Praxis tätig war (ab Januar 2008), aufdrängen. Unabhängig davon wäre aber von der Klägerin im Rahmen ihrer Überwachungspflicht zu erwarten gewesen, dass sie jedenfalls von Zeit zu Zeit Stichproben hinsichtlich Art und Umfang der abgerechneten Leistungen durchführt. Es ist zwar nicht Aufgabe des Senats, der Klägerin im Einzelnen vorzugeben, in welcher Weise solche Stichproben durchzuführen gewesen wären. Gleichwohl ist für den vorliegenden streitigen Zeitraum darauf hinzuweisen, dass solche Stichproben gerade im Zusammenhang mit der seinerzeit noch zu zahlenden Praxisgebühr relativ einfach und effektiv durchzuführen gewesen wären. Die Klägerin hätte diesbezüglich nur jeweils für das Quartal die Höhe der vereinnahmten Praxisgebühr (gemäß Quittungen, Dokumentation in der EDV und im Kassenbuch für den Steuerberater) mit den aus den Honorarbescheiden zu ersehenden Abzügen im Zusammenhang mit der Praxisgebühr („einbehaltene Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V“) vergleichen müssen. Hier ist es im Hinblick auf die hohe Zahl „fiktiver“ Patienten jeweils zu gravierenden Abweichungen gekommen, die bei ordnungsgemäßer Organisation bzw. Überwachung der Buchung der bar eingezahlten Praxisgebühr schwerlich hätte unbemerkt bleiben können.

Die Klägerin hat auch schuldhaft gehandelt. Diese subjektive Voraussetzung für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ist immer dann gegeben, wenn dem betroffenen Arzt vorsätzliches oder auch nur fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden kann. Das Verhalten der Klägerin ist vorliegend nach Auffassung des Senats als fahrlässige Missachtung vertragsärztlicher Pflichten zu werten. Der Klägerin hätte bewusst sein müssen, dass eine alleinige Sichtung der Statistiken, Prüfprotokolle und der Anzahl der abgerechneten Behandlungsfälle keine ausreichende Überwachung der Abrechnung des Ehemanns darstellt.

Die Beklagte hat auch bei der Festsetzung der Höhe der Disziplinarmaßnahme von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Disziplinarausschuss hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass es einer Geldbuße (im unteren Bereich) bedarf, um die Klägerin künftig zur Erfüllung ihrer vertragsärztlichen Pflichten nachdrücklich anzuhalten.

Nach alledem sind der Disziplinarbescheid der Beklagten vom 12.09.2012 und das die Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts München vom 16.05.2014 rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - L 12 KA 120/14

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - L 12 KA 120/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - L 12 KA 120/14 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Strafgesetzbuch - StGB | § 78 Verjährungsfrist


(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht. (3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjäh

Strafprozeßordnung - StPO | § 152 Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz


(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspu

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 81 Satzung


(1) Die Satzung muss insbesondere Bestimmungen enthalten über 1. Namen, Bezirk und Sitz der Vereinigung,2. Zusammensetzung, Wahl und Zahl der Mitglieder der Organe,3. Öffentlichkeit und Art der Beschlussfassung der Vertreterversammlung,4. Rechte und

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 81a Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen


(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen richten organisatorische Einheiten ein, die Fällen und Sachverhalten nachzugehen haben, die auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung vo

Referenzen - Urteile

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - L 12 KA 120/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - L 12 KA 120/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 21. März 2012 - B 6 KA 22/11 R

bei uns veröffentlicht am 21.03.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen richten organisatorische Einheiten ein, die Fällen und Sachverhalten nachzugehen haben, die auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung oder Kassenärztlichen Bundesvereinigung hindeuten. Sie nehmen Kontrollbefugnisse nach § 67c Abs. 3 des Zehnten Buches wahr.

(2) Jede Person kann sich in den Angelegenheiten des Absatzes 1 an die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen wenden. Die Einrichtungen nach Absatz 1 gehen den Hinweisen nach, wenn sie auf Grund der einzelnen Angaben oder der Gesamtumstände glaubhaft erscheinen.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 untereinander und mit den Krankenkassen und ihren Verbänden zusammenzuarbeiten. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen organisieren für ihren Bereich einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 1, an dem die Vertreter der Einrichtungen nach § 197a Absatz 1 Satz 1, der berufsständischen Kammern und der Staatsanwaltschaft in geeigneter Form zu beteiligen sind. Über die Ergebnisse des Erfahrungsaustausches sind die Aufsichtsbehörden zu informieren.

(3a) Die Einrichtungen nach Absatz 1 dürfen personenbezogene Daten, die von ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 erhoben oder an sie übermittelt wurden, untereinander und an Einrichtungen nach § 197a Absatz 1 übermitteln, soweit dies für die Feststellung und Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen beim Empfänger erforderlich ist. Der Empfänger darf diese nur zu dem Zweck verarbeiten, zu dem sie ihm übermittelt worden sind.

(3b) Die Einrichtungen nach Absatz 1 dürfen personenbezogene Daten an die folgenden Stellen übermitteln, soweit dies für die Verhinderung oder Aufdeckung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Stelle erforderlich ist:

1.
die Zulassungsausschüsse nach § 96,
2.
die Stellen, die für die Abrechnungsprüfung nach § 106d zuständig sind,
3.
die Stellen, die für die Überwachung der Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten nach § 75 Absatz 2 Satz 2 zuständig sind, und
4.
die Behörden und berufsständischen Kammern, die für Entscheidungen über die Erteilung, die Rücknahme, den Widerruf oder die Anordnung des Ruhens der Approbation, der Erlaubnis zur vorübergehenden oder der partiellen Berufsausübung oder für berufsrechtliche Verfahren zuständig sind.
Die nach Satz 1 übermittelten Daten dürfen von dem jeweiligen Empfänger nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sollen die Staatsanwaltschaft unverzüglich unterrichten, wenn die Prüfung ergibt, dass ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung für die gesetzliche Krankenversicherung bestehen könnte.

(5) Der Vorstand hat der Vertreterversammlung im Abstand von zwei Jahren über die Arbeit und Ergebnisse der organisatorischen Einheiten nach Absatz 1 zu berichten. In den Berichten sind zusammengefasst auch die Anzahl der Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung, bei denen es im Berichtszeitraum Hinweise auf Pflichtverletzungen gegeben hat, die Anzahl der nachgewiesenen Pflichtverletzungen, die Art und Schwere der Pflichtverletzung und die dagegen getroffenen Maßnahmen, einschließlich der Maßnahmen nach § 81 Absatz 5, sowie der verhinderte und der entstandene Schaden zu nennen; wiederholt aufgetretene Fälle sowie sonstige geeignete Fälle sind als anonymisierte Fallbeispiele zu beschreiben. Die Berichte sind der zuständigen Aufsichtsbehörde zuzuleiten; die Berichte der Kassenärztlichen Vereinigungen sind auch den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen zuzuleiten.

(6) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen treffen bis zum 1. Januar 2017 nähere Bestimmungen über

1.
die einheitliche Organisation der Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 1 bei ihren Mitgliedern,
2.
die Ausübung der Kontrollen nach Absatz 1 Satz 2,
3.
die Prüfung der Hinweise nach Absatz 2,
4.
die Zusammenarbeit nach Absatz 3,
5.
die Unterrichtung nach Absatz 4 und
6.
die Berichte nach Absatz 5.
Die Bestimmungen nach Satz 1 sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen führen die Berichte nach Absatz 5, die ihnen von ihren Mitgliedern zuzuleiten sind, zusammen, gleichen die Ergebnisse mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen ab und veröffentlichen ihre eigenen Berichte im Internet.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen richten organisatorische Einheiten ein, die Fällen und Sachverhalten nachzugehen haben, die auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung oder Kassenärztlichen Bundesvereinigung hindeuten. Sie nehmen Kontrollbefugnisse nach § 67c Abs. 3 des Zehnten Buches wahr.

(2) Jede Person kann sich in den Angelegenheiten des Absatzes 1 an die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen wenden. Die Einrichtungen nach Absatz 1 gehen den Hinweisen nach, wenn sie auf Grund der einzelnen Angaben oder der Gesamtumstände glaubhaft erscheinen.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 untereinander und mit den Krankenkassen und ihren Verbänden zusammenzuarbeiten. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen organisieren für ihren Bereich einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 1, an dem die Vertreter der Einrichtungen nach § 197a Absatz 1 Satz 1, der berufsständischen Kammern und der Staatsanwaltschaft in geeigneter Form zu beteiligen sind. Über die Ergebnisse des Erfahrungsaustausches sind die Aufsichtsbehörden zu informieren.

(3a) Die Einrichtungen nach Absatz 1 dürfen personenbezogene Daten, die von ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 erhoben oder an sie übermittelt wurden, untereinander und an Einrichtungen nach § 197a Absatz 1 übermitteln, soweit dies für die Feststellung und Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen beim Empfänger erforderlich ist. Der Empfänger darf diese nur zu dem Zweck verarbeiten, zu dem sie ihm übermittelt worden sind.

(3b) Die Einrichtungen nach Absatz 1 dürfen personenbezogene Daten an die folgenden Stellen übermitteln, soweit dies für die Verhinderung oder Aufdeckung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Stelle erforderlich ist:

1.
die Zulassungsausschüsse nach § 96,
2.
die Stellen, die für die Abrechnungsprüfung nach § 106d zuständig sind,
3.
die Stellen, die für die Überwachung der Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten nach § 75 Absatz 2 Satz 2 zuständig sind, und
4.
die Behörden und berufsständischen Kammern, die für Entscheidungen über die Erteilung, die Rücknahme, den Widerruf oder die Anordnung des Ruhens der Approbation, der Erlaubnis zur vorübergehenden oder der partiellen Berufsausübung oder für berufsrechtliche Verfahren zuständig sind.
Die nach Satz 1 übermittelten Daten dürfen von dem jeweiligen Empfänger nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sollen die Staatsanwaltschaft unverzüglich unterrichten, wenn die Prüfung ergibt, dass ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung für die gesetzliche Krankenversicherung bestehen könnte.

(5) Der Vorstand hat der Vertreterversammlung im Abstand von zwei Jahren über die Arbeit und Ergebnisse der organisatorischen Einheiten nach Absatz 1 zu berichten. In den Berichten sind zusammengefasst auch die Anzahl der Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung, bei denen es im Berichtszeitraum Hinweise auf Pflichtverletzungen gegeben hat, die Anzahl der nachgewiesenen Pflichtverletzungen, die Art und Schwere der Pflichtverletzung und die dagegen getroffenen Maßnahmen, einschließlich der Maßnahmen nach § 81 Absatz 5, sowie der verhinderte und der entstandene Schaden zu nennen; wiederholt aufgetretene Fälle sowie sonstige geeignete Fälle sind als anonymisierte Fallbeispiele zu beschreiben. Die Berichte sind der zuständigen Aufsichtsbehörde zuzuleiten; die Berichte der Kassenärztlichen Vereinigungen sind auch den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen zuzuleiten.

(6) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen treffen bis zum 1. Januar 2017 nähere Bestimmungen über

1.
die einheitliche Organisation der Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 1 bei ihren Mitgliedern,
2.
die Ausübung der Kontrollen nach Absatz 1 Satz 2,
3.
die Prüfung der Hinweise nach Absatz 2,
4.
die Zusammenarbeit nach Absatz 3,
5.
die Unterrichtung nach Absatz 4 und
6.
die Berichte nach Absatz 5.
Die Bestimmungen nach Satz 1 sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen führen die Berichte nach Absatz 5, die ihnen von ihren Mitgliedern zuzuleiten sind, zusammen, gleichen die Ergebnisse mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen ab und veröffentlichen ihre eigenen Berichte im Internet.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 12.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Entziehung der Zulassung für ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ).

2

Die Klägerin, ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH, über deren Vermögen das Amtsgericht Köln am 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet hat, nimmt seit 2007 unter dem Namen "Medizinisches Versorgungszentrum L. GmbH" an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die GmbH hatte nach ihrer Gründung durch Gesellschaftsvertrag vom 31.5.2007 und dem Handelsregistereintrag am 1.4.2008 zunächst als "Medizinisches Versorgungszentrum R. GmbH" firmiert, danach als "Medizinisches Versorgungszentrum A. GmbH". Alleingesellschafterin ist die H. GmbH, deren Name früher "R. GmbH" und danach "A. GmbH" war.

3

Die GmbH erhielt - zum 1.4.2008 - eine Zulassung gemäß § 124 SGB V als physiotherapeutische krankengymnastische Praxis und - zum 1.7.2008 - eine Zulassung gemäß § 95 SGB V als MVZ zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Zulassung (Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) erfolgte mit der Auflage, mehr als fünftägige Abwesenheiten der im MVZ tätigen Ärzte durch Urlaub, Fortbildung oder Krankheit formlos mitzuteilen und die Vertreter zu benennen. Weiterhin war darin als ärztlicher Leiter der (frühere) Beigeladene zu 8. (Dr. Ka. - inzwischen verstorben) benannt, dem in einer Nebenbestimmung des Zulassungsbescheids auch die Verantwortung für die korrekte Leistungserbringung und -abrechnung der im MVZ tätigen Ärzte zugewiesen war. Zum 18.7.2008 verlegte die Klägerin ihren Standort an die heutige Anschrift in B.

4

Der Beigeladene zu 8. war bis zum 31.12.2008 der ärztliche Leiter des MVZ; am 1.1.2009 löste ihn der Beigeladene zu 9. (Dr. J. Ko.) ab. Zum 1.1.2009 stimmte der Zulassungsausschuss auch weiteren Anstellungen zu, unter anderem der Anstellung der Beigeladenen zu 7. (Gynäkologin Frau G.) (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 8.12.2008/Bescheid vom 20.2.2008).

5

           

Im März 2009 beantragte die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beim Zulassungsausschuss, der Klägerin wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Die Beigeladene zu 1. stützte diesen Vorwurf im Wesentlichen auf die folgenden Ungereimtheiten, die sie bei der Überprüfung der Abrechnung für das Quartal IV/2008 festgestellt hatte:

        

-       

1023 Leistungen seien drei Arztnummern (lebenslange Arztnummer ) zugeordnet worden, die überhaupt nicht vergeben worden seien (LANR 3453538 66 - 161 Ansätze; LANR 5345451 45 - 201 Ansätze; LANR 6556563 78 - 661 Ansätze).

        

-       

797 Ansätze seien der LANR der Beigeladenen zu 7. - Gynäkologin G. - und 9 Ansätze der LANR der Dermatologin Dr. R. zugeordnet worden, obgleich deren Anstellungen erst zum 1.1.2009 (also mit Wirksamkeit erst für die Zeit nach der Leistungserbringung) genehmigt worden seien.

        

-       

475 Leistungen seien unter der LANR der Allgemeinärztin Dr. Str. in Ansatz gebracht worden, obgleich für sie eine Anstellungsgenehmigung weder beantragt noch erteilt worden sei.

Hierauf stützten sich auch der Zulassungs- und der beklagte Berufungsausschuss bei ihren Bescheiden über die Zulassungsentziehung (Beschluss vom 27.4.2009/Bescheid vom 13.5.2009 sowie Beschluss vom 15.7.2009/Bescheid vom 21.8.2009).

6

Die Klägerin räumte im Klageverfahren - wie auch schon im Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuss - ein, der Sachverhalt treffe im Wesentlichen zu. Entlastend sei aber zu berücksichtigen, dass sich die Abrechnungsfehler vor allem auf Mängel der Software gründeten, die keine Schutzmechanismen wie zB Warnhinweise bei Eingaben falscher LANR und bei Überschreiben richtiger LANR enthalten habe. So habe jeder Mitarbeiter eine bestehende LANR überschreiben können; auch die LANR überweisender Ärzte seien im System erfasst worden. Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und ihnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Wie die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei - sie sei an die Stelle der LANR des bis 31.12.2008 tätigen Orthopäden Dr. H. gesetzt worden -, sei unerklärlich, weil sie weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien. Bei allem sei auch zu berücksichtigen, dass ihr Personal durch die organisatorischen Folgen ihrer Standortverlegung im Juli 2008 und durch die Umstellung des Computersystems im September 2008 auf neue Software überfordert gewesen sei.

7

           

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.7.2010); das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23.2.2011 - L 7 KA 62/10 - in Juris dokumentiert). Das SG und das LSG haben die Zulassungsentziehung als rechtmäßig angesehen. Das LSG hat die von der KÄV benannten Vorwürfe zugrunde gelegt und als weiteren festgestellt, dass

        

-       

der Beigeladene zu 9. umfänglich Vertretungstätigkeiten ausgeübt habe, ohne dass dies, wie in § 32 Abs 1 Satz 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) bestimmt und als Auflage in der Zulassung(Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) vorgegeben, der KÄV mitgeteilt worden sei.

8

SG und LSG haben ausgeführt, Pflichtverletzungen im MVZ, jedenfalls soweit sie das Abrechnungswesen beträfen, seien dem MVZ (zumindest: auch) selbst anzulasten und nicht etwa nur einzelnen dort tätigen Mitarbeitern. Keine Entlastung ergebe sich daraus, dass die Abrechnungssoftware möglicherweise keinen ausreichenden Schutz gegen Manipulationen geboten habe; dies relativiere nicht die gegen das MVZ zu erhebenden Vorwürfe, alle Mitarbeiter hätten auf die Abrechnungssoftware zugreifen und Manipulationen durch Eingabe von LANR und Überschreiben vornehmen können, und eine Kontrolle bei Abgabe der Abrechnungssammelerklärung sei nicht gewährleistet gewesen. Insgesamt sei ein erschreckender Mangel an Sensibilität für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt sowie eine erschreckende Sorglosigkeit im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten peinlich genauer Leistungsabrechnung und persönlicher Leistungserbringung festzustellen. Voraussetzung der Entziehung der Zulassung sei nur das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung, nicht auch Wiederholungsgefahr, und es gebe auch keinen Vorrang für zB Disziplinarmaßnahmen oder den Widerruf von Anstellungsgenehmigungen. Im Urteil des LSG ist zusätzlich ausgeführt, die Bemühungen der Klägerin um Aufklärung der näheren Umstände der Pflichtverletzungen seien offensichtlich unzureichend gewesen und auch nach zwei Jahren sei ein ernster Wille zur Behebung der Missstände nicht erkennbar. Die Klägerin sei zu einer ausreichend kritischen Einschätzung ihrer Pflichtverletzungen nicht gelangt, bagatellisiere diese vielmehr in besorgniserregender Weise, indem sie sie nur dem kaufmännischen Bereich zuordne und als bloße "Förmeleien" einstufe. Dem Vorwurf gröblicher Pflichtverletzung stehe nicht entgegen, dass Eingaben falscher LANR im Rahmen der Abrechnungsprüfung durch die Beigeladene zu 1. hätten leicht aufgedeckt werden können. Großes Gewicht komme der Richtigkeit der Abrechnungssammelerklärung zu, die im vorliegenden Fall gravierende Fehler aufgewiesen habe. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin zwischenzeitlich nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen habe, die erkannten Missstände zu beseitigen, und dass in den Folgequartalen keine weiteren Unregelmäßigkeiten bei der Leistungsabrechnung aufgetreten seien, verblieben Zweifel, ob der Eignungsmangel zwischenzeitlich behoben sei. Der Zulassungsentziehung entgegenstehendes sog Wohlverhalten sei nicht feststellbar. Die Entziehung der Zulassung stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar.

9

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die Bewertung ihres Fehlverhaltens als gröbliche Pflichtverletzung. Sie räumt das vom LSG festgestellte Fehlverhalten ein: Sie habe zum einen Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abgerechnet; zum anderen habe sie Leistungen solchen Ärzten zugeordnet, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.); ferner habe sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht angezeigt. Bei allen diesen Pflichtverstößen sei aber zu berücksichtigen, dass ihr Personal im Quartal IV/2008 durch die erfolgte Standortverlegung, die Einführung der LANR, die Integration weiterer Arztpraxen und die Neueinstellung von ca 25 Mitarbeitern erheblich belastet gewesen sei; ihr könne weder Absicht noch strafbares Verhalten angelastet werden; zudem seien die Pflichtverstöße auf ein einziges Quartal beschränkt. Es sei kein Schaden verblieben, nachdem 10 000 Euro im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung ausgeglichen worden seien. Die Negativprognose des LSG sei nicht haltbar. Die Zulassungsentziehung sei, gemessen an Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG, verfassungswidrig und im Übrigen wegen der Existenzvernichtung im Gefolge eines Fehlverhaltens, das nicht bestritten werde, jedenfalls unverhältnismäßig. Die Zulassungsentziehung führe zur Schließung des MVZ und für zahlreiche Patienten zum Verlust der Ärzte ihres Vertrauens sowie für alle Mitarbeiter zum Verlust ihrer Arbeitsplätze, wobei viele der betroffenen Ärzte wegen der Sperren für Neuzulassungen wegen Überversorgung wohl kaum eine (erneute) Kassenzulassung erlangen könnten. Dies sei im Hinblick auf die Aussagen des BVerfG, die dieses in den von ihr geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemacht habe, problematisch; hiernach reichten insbesondere generalpräventive Erwägungen für eine Zulassungsentziehung nicht aus.

10

Die Auslegung des Begriffs gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V müsse den Besonderheiten eines MVZ und dessen zweistufiger Struktur mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten Rechnung tragen: Die Trägergesellschaft bzw ihre Gesellschafter seien Zulassungsinhaber und Abrechnungsberechtigte; hierher gehöre die Abrechnung, die Teil der kaufmännischen Praxisführung und damit Angelegenheit der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführung sei. Demgegenüber obliege die Leistungserbringung im engeren Sinne mit der Behandlung der Patienten den Ärzten, die nur ihre Leistungen tatsächlich, vollständig und persönlich erbringen und dies an die Geschäftsführung bzw Buchhaltung übermitteln müssten; ihnen seien die Fehler der Abrechnung nicht anzulasten. Das Fehlverhalten habe vielmehr im kaufmännischen Bereich gelegen, wofür natürlich die Klägerin die Verantwortung trage, die sich aber vom kaufmännisch verantwortlichen Standortleiter mittlerweile getrennt habe. Dass den Ärzten kein Fehlverhalten und keine Fehlbehandlungen angelastet werden könnten, müsse bei der Bewertung der Pflichtverletzungen berücksichtigt werden, ebenso wie der Umstand, dass es um Fehler nur in einem einzigen Quartal und - wie SG und LSG festgestellt hätten - ohne jeden Ansatz eines kriminellen Verhaltens gehe. Deshalb sei das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den vertragsarztrechtlichen Institutionen und ihr, der Klägerin, nicht irreparabel und auf Dauer zerstört. Bei der Frage der Gröblichkeit von Pflichtverletzungen müssten die individuellen Umstände und Verantwortlichkeiten beachtet werden sowie auch das Maß an subjektiver Vorwerfbarkeit, vergleichbar den Graden von Fahrlässigkeit bis hin zu Vorsatz und strafbarer Absicht. Der Vorhalt des LSG, es stehe "die Möglichkeit eines vorsätzlichen und damit strafbaren Verhaltens eines oder mehrerer Mitarbeiter der Klägerin im Raum", sei ein krasser Fehlgriff; denn bisher seien weder sie - die Klägerin - noch ihre Mitarbeiter strafrechtlich belangt worden; der Vorhalt einer Betrugsabsicht sei abwegig, wie die Art der Fehlabrechnung mit falschen LANR belege, die vom Prüfsystem der KÄV - wie allgemein bekannt - auf Anhieb erkannt würden.

11

Ebenso fehlsam und unsubstantiiert sei der Vorhalt des LSG, sie habe sich nicht ernstlich bemüht, die Fehlerquellen und -ursachen aufzuklären und die Missstände zu beheben; das LSG sage nicht, welche Bemühungen sie über die von ihr unternommenen Maßnahmen hinaus - Einholung eines Gutachtens eines EDV-Sachverständigen, Software-Änderung durch Softwarehersteller, Austausch des Standortleiters, Beauftragung einer externen controlling-Firma; Abrechnungsprüfungen durch Geschäftsführer; Schulungen der Mitarbeiter - noch hätte unternehmen sollen und können. Vor allem sei in die Wertung einzubeziehen, dass sie die entdeckten Fehler umgehend beseitigt habe. Vor diesem Hintergrund dürften ihr nicht unzulängliche Eigeneinschätzung und Uneinsichtigkeit sowie Widersprüchlichkeit und Unglaubhaftigkeit vorgeworfen werden. Indiskutabel sei auch der Vorhalt, sie habe ihren ärztlichen Leiter nur zögerlich von seinen Aufgaben entbunden; denn sie sei aufgrund der vom LSG gestützten sofortigen Vollziehung der Zulassungsentziehung bis zum Beschluss des BVerfG vom 15.3.2010 handlungsunfähig gewesen und habe dann sogleich - zum 31.3.2010 - die Trennung umgesetzt. Die Gesamtwürdigung hätte im Falle eines Einzelarztes wohl nur zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung geführt, eine Zerstörung des Vertrauens der vertragsarztrechtlichen Institutionen wäre wohl kaum angenommen worden; bei einem MVZ könne nichts anderes gelten. Die Qualifizierung als gröbliche Pflichtverletzung sei auch nicht mit dem Schutz der Berufsfreiheit durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar, der eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordere; dabei seien auch die Belange und Grundrechte der im MVZ tätigen Ärzte und Mitarbeiter sowie die Belange der Patienten zu berücksichtigen.

12

Die Annahme von Wiederholungsgefahr und Negativprognose scheitere daran, dass die Abrechnungsfehler nur versehentlich - nicht vorsätzlich - und nur in einem einzigen Quartal erfolgt seien, dass sie nach Entdeckung umgehend abgestellt und dass zahlreiche grundlegende Veränderungen vorgenommen worden seien. Eine Negativprognose könne schließlich auch nicht darauf gestützt werden, dass sie sich gegen die Zulassungsentziehung gewehrt habe; das widerspräche dem verfassungsrechtlich in Art 19 Abs 4 GG verbürgten Anspruch auf Rechtsschutz.

13

Die Zulassungsentziehung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil zahlreiche mildere Mittel zur Verfügung stünden und ausreichten, wie zB eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, die bereits erfolgt sei und bei umfassender Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Belangen der Klägerin und bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausreiche. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Software trotz ihrer Unvollkommenheiten von der KÄV geprüft und genehmigt worden sei.

14

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren darauf hingewiesen, dass sie vorsorglich im Hinblick auf das Zulassungsentziehungsverfahren die Ausschreibung der MVZ-Zulassung beantragt, die Beigeladene zu 1. dies aber abgelehnt und sie - die Klägerin - mit ihren hiergegen gerichteten Rechtsmitteln noch keinen Erfolg gehabt habe. Sie hat ferner ihre Überlegungen mitgeteilt, das Zulassungsentziehungsverfahren durch Veräußerung des MVZ und/oder der Trägergesellschaft zur Erledigung zu bringen, hat dies aber bisher - soweit ersichtlich - nicht weiterverfolgt.

15

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.2.2011 und des Sozialgerichts Berlin vom 7.7.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.8.2009 aufzuheben.

16

Der Beklagte und die zu 1. beigeladene KÄV beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Der Beklagte hebt hervor, dass es für die Entziehung der Zulassung nicht auf ein Verschulden ankomme. Maßgebend sei allein das Vorliegen gröblicher Pflichtverletzungen. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung sei nur diese selbst und ihre Eigenart relevant, nicht hingegen die Höhe des daraus resultierenden Schadens und die Größe des von der Entziehung betroffenen Personenkreises (MVZ-Mitarbeiter und Patienten). Pflichtverletzungen lägen nicht nur aufgrund der Abrechnungsverstöße durch die Verwendung falscher LANR vor, sondern auch aufgrund der Beschäftigung nicht genehmigter Ärzte, was dem Schutz der Patienten zuwiderlaufe und deshalb schwer wiege. Das Gewicht aller Verstöße zusammen impliziere die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Leistungserbringer und vertragsarztrechtlichen Institutionen und begründe ohne Weiteres die Gröblichkeit der Pflichtverletzungen. Den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des BVerfG zur sofortigen Vollziehung komme für die hier vorliegende Problematik nur begrenzte Aussagekraft zu, weil sie nur die Abwägung der Interessen für und wider die Vollziehung vor Bestandskraft beträfen. Im Übrigen dürfe bei der Beurteilung der Gröblichkeit einer Pflichtverletzung auch der Gesichtspunkt der Generalprävention einbezogen werden.

18

Die Beigeladene zu 1. sieht eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten ebenfalls als gegeben an. Mit der Beschäftigung von nicht über einen Status verfügenden angestellten Ärzten und der Einreichung einer Abrechnung mit falschen LANR habe die Klägerin gegen Grundpflichten der Teilnahme an der vertragsärztlich-ambulanten Versorgung verstoßen. Die Argumentation der Klägerin, die Pflichtverletzungen beträfen die Ebene der Geschäftsführung, entlaste sie nicht. Für ein MVZ gälten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für niedergelassene Ärzte. Der Vertragsarzt könne sich seiner Verantwortlichkeit für die peinlich genaue Abrechnung nicht entledigen, wie insbesondere anhand der Pflicht zur Abgabe der sog Abrechnungssammelerklärung deutlich werde. Entsprechendes gelte für das MVZ; hier treffe die Verantwortung für die korrekte Abrechnung immer auch das MVZ als Ganzes.

19

Die Beigeladenen zu 2. bis 12. stellen keine Anträge und äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Bescheid, mit dem der Beklagte der Klägerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzog, ist rechtmäßig.

21

1. Der Klagebefugnis und der Aktivlegitimation der Klägerin steht nicht entgegen, dass über ihr Vermögen durch Beschluss des AG Köln vom 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, betrifft der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes - bzw hier: des MVZ -, die nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist. Der Senat hat ausdrücklich entschieden, dass auch das Recht auf Praxisverlegung - als Ausfluss der Zulassung - der höchstpersönlichen Rechtssphäre des Vertragsarztes zuzuordnen ist; deshalb darf er - ohne Mitbestimmung des Insolvenzverwalters - nach eigenem Belieben seinen Praxissitz verlegen (BSG vom 10.5.2000, BSGE 86, 121, 123 iVm 125 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16 iVm 18 f; hierauf Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 10 RdNr 7). Auch das Recht zur Drittanfechtung gegen einen Bescheid, mit dem einem Praxispartner die Zulassung entzogen oder die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis widerrufen bzw zurückgenommen wird, ist mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden, dass es nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist (BSG vom 16.7.2008 - B 6 KA 79/07 B - RdNr 9 und - B 6 KA 2/08 B - RdNr 11). Ebenso - erst recht - ist das Recht zur Anfechtung einer Zulassungsentziehung dem persönlichen Status zuzuordnen. Mithin lässt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klagebefugnis und/oder Aktivlegitimation nicht entfallen.

22

2. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung ist § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V, wonach diese unter anderem dann zu entziehen ist, "wenn … der Vertragsarzt … seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt." Dieser Tatbestand gilt gleichermaßen für alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer; er gilt auch für ein MVZ, wie sich generell aus der Verweisung des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und speziell aus dem Verhältnis des § 95 Abs 6 zu dessen Abs 1 SGB V ergibt. Die Anwendung des Grundtatbestandes des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V auf ein MVZ wird nicht durch die Regelungen in § 95 Abs 6 Satz 3 und(seit dem 1.1.2012:) Satz 4 SGB V in Frage gestellt. Diese Bestimmungen normieren nur weitere Zulassungsentziehungstatbestände, die zu dem des Satz 1 noch hinzutreten (Satz 3: "auch dann zu entziehen, wenn"). Die Bewertung, ob eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegt, unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung; ein den Zulassungsgremien vorbehaltener Beurteilungsspielraum besteht nicht (vgl BSGE 60, 76, 77 = SozR 2200 § 368a Nr 15 S 54; BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 837 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 29).

23

a) Eine gröbliche Pflichtverletzung liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn die Verletzung ein Ausmaß erreicht, dass das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung des Versicherten und/oder in die Richtigkeit der Leistungsabrechnung so stark zerstört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann (vgl hierzu zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 13; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 13). Ein Verschulden des Leistungserbringers hinsichtlich der Vertrauenszerstörung ist nicht Voraussetzung der Zulassungsentziehung (vgl hierzu BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 28 aE). Ist eine Vertrauenszerstörung eingetreten, so wird dies grundsätzlich nicht durch eine spätere gewissenhafte Pflichterfüllung wettgemacht. Eine solche kann grundsätzlich nur die Basis für den Aufbau einer neuen Vertrauensbeziehung bilden und so - im Wege eines neuen Zulassungsantrags und dessen Stattgabe - zur Wiederzulassung führen.

24

b) Diese Grundsätze zur Zulassungsentziehung hat der Senat anhand von Pflichtverstößen von Vertragsärzten und Vertragszahnärzten herausgearbeitet. Sie können auf ein MVZ nur mit gewissen Modifikationen angewandt werden.

25

Die Regelungen, die die Gründung eines MVZ und seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen, wurden zum 1.1.2004 geschaffen und in das SGB V eingefügt (GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190, siehe insbesondere die Neuregelungen in § 95 Abs 1 bis 3, 6, 7 und in § 103 Abs 4a SGB V). Sie sind zum 1.1.2007 novelliert worden (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006, BGBl I 3439). Seitdem sind in größerer Zahl MVZ gegründet worden. Seit 2011 sind der Status und die Betätigung von MVZ auch Gegenstand revisionsgerichtlicher Entscheidungen des erkennenden Senats. Das Schrifttum hat sich bereits früher - alsbald nach Schaffung der Regelungen im GKV-Modernisierungsgesetz - mit den Rechtsfragen befasst, die das MVZ betreffen. Dabei ist auch die Frage behandelt worden, wegen welcher Rechtsverstöße dem MVZ die Zulassung entzogen werden kann und/oder ob nur Maßnahmen gegen Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden dürfen (vgl dazu zB Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, Anhang zu § 18 RdNr 115-118; Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 31 RdNr 9; Zwingel/Preißler, Ärzte-Kooperationen und Medizinische Versorgungszentren, 2. Aufl 2008, Abschnitt 4.9.2 ; Konerding, Der Vertragsarztsitz im Medizinischen Versorgungszentrum, 2009, S 214; Wigge/Boos/Ossege in Wigge/von Leoprechting, Handbuch Medizinische Versorgungszentren, 2011, Abschnitt 6.9.2 ; Möller/Dahm in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl 2011, § 9 RdNr 165; Orlowski/Schirmer/Halbe, Medizinische Versorgungszentren in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Kapitel B 1400, Stand März 2011, RdNr 147, 160, 161; Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 8. Aufl 2012, Vorbem zu § 18 RdNr 90 f). Im Schrifttum wird die Verantwortung für Pflichtverstöße differenzierend dem MVZ als solchem, ggf zu Teilen dem Geschäftsführer, dem ärztlichen Leiter, einzelnen Ärzten und/oder weiteren Mitarbeitern zugeordnet. Je nach Ebene und Verantwortungsbereich werden im Falle gröblicher Pflichtverletzungen eine Entziehung der Zulassung des MVZ oder nur der Widerruf von Anstellungsgenehmigungen oder Disziplinarmaßnahmen für rechtlich zulässig gehalten.

26

Die unterschiedlichen Rechtsmeinungen beruhen auf der besonderen Struktur des MVZ. Bei ihm fallen der vertragsärztliche Status und die tatsächliche Durchführung der Behandlungen auseinander; der Status ist dem MVZ zugewiesen, die Behandlungen werden durch die dort tätigen Ärzte durchgeführt. Mit Rücksicht hierauf ist zu differenzieren: Für die organisatorischen Abläufe, insbesondere den Einsatz der Ärzte und für die Korrektheit der Abrechnung, ist das MVZ selbst verantwortlich, während die Verantwortung für die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten in medizinischer Hinsicht in erster Linie dem einzelnen behandelnden Arzt obliegt; dieser muss dafür berufs- und haftungsrechtlich einstehen; zusätzlich unterliegt er der Disziplinargewalt der KÄV (§ 95 Abs 3 Satz 2 iVm § 81 Abs 5 SGB V). Status und Behandlungsdurchführung sind indessen nicht in der Weise trennbar, dass das MVZ generell nicht für die Fehler einzelner dort tätiger Ärzte verantwortlich wäre. So ist ein MVZ nicht vor der Pflicht zur Erstattung solchen Honorars geschützt, das es für Leistungen erhalten hat, die ein dort tätiger Arzt - entgegen seinen Angaben gegenüber dem MVZ - tatsächlich nicht erbracht hat. Vielmehr sind die Pflichtenkreise "des" MVZ und derjenigen der dort tätigen Ärzte miteinander verzahnt. Dementsprechend müssen die Anwendungsbereiche der Entziehung der MVZ-Zulassung und vertragsarztrechtlicher Disziplinarmaßnahmen wie auch berufsrechtlicher Sanktionen aufeinander abgestimmt werden. Die Möglichkeit einer Zulassungsentziehung gegenüber einem MVZ muss zielgenau bestimmt werden. Nur wenn klar ist, welche Pflichten spezifisch das MVZ als Träger der Zulassung treffen, lässt sich beurteilen, wann eine Verletzung dieser Pflichten gröblich ist.

27

Das MVZ ist gegenüber den Krankenkassen und der KÄV für Auswahl und Einsatz der Ärzte sowie für die Leistungsabrechnung selbst verantwortlich. Ihm obliegt die Überprüfung, ob für die Ärzte bereits eine Anstellungsgenehmigung vorliegt, die Organisation der Behandlungen und zB auch die Anzeige notwendiger Vertretungen bei Urlaub, Fortbildung und Krankheit, sowie weiterhin die Korrektheit der Leistungsabrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungen und Verordnungen sowie auch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Abrechnungssammelerklärung. Diese Verantwortung ist unteilbar und nicht delegierbar, sodass das MVZ gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht auf ein eventuelles Fehlverhalten der dort tätigen Ärzte verweisen könnte.

28

Der im MVZ tätige Arzt reduziert mit der Entscheidung, seine Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in einem MVZ auszuüben, seinen Pflichtenkreis im technisch-administrativen Bereich; dem Arzt diese Möglichkeit zu bieten, war eines der Ziele bei der Schaffung des Rechtsinstituts des MVZ (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 22; siehe auch BT-Drucks 15/1525 S 108). Er behandelt die Patienten und muss dem MVZ gegenüber deutlich machen, welche Leistungen er wann bei welchem Patienten erbracht hat. Die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung gegenüber der KÄV ist hingegen Sache des MVZ, was für den dort tätigen Arzt - im Vergleich mit dem in eigener Praxis tätigen Vertragsarzt - den Vorteil hat, sich mit den administrativen Aufgaben nicht befassen zu müssen. Das hat auf der anderen Seite unvermeidlich die Konsequenz, dass dies dem MVZ obliegt: Der Verminderung der Verantwortung des einzelnen Arztes korrespondiert die volle Verantwortung des MVZ für die korrekte Organisation der Behandlung und für die Leistungsabrechnung. Mit diesen Zuständigkeiten ist der zentrale Verantwortungsbereich des MVZ beschrieben; die Verantwortung für die organisatorischen Abläufe und für die Leistungsabrechnung kennzeichnen den Kern der Aufgaben des MVZ, sie stehen nicht wie beim Vertragsarzt neben der Aufgabe der Patientenbehandlung. Die korrekte Gestaltung der Leistungserbringung und der Leistungsabrechnung sind die bei weitem wichtigste Aufgabe des MVZ; unterlaufen ihm dabei Versäumnisse, so betrifft dies den Kern seiner vertragsarztrechtlichen Pflichten und nicht nur "bürokratische Nebenaufgaben". Daher ist bei der Entscheidung darüber, ob einem MVZ eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fällt, für die Überlegung, ob ihm auch gesundheitliche Gefährdungen von Patienten anzulasten sind, grundsätzlich kein Raum.

29

Das kann zu einer Modifikation der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Zulassungsentziehung in Bezug auf ein MVZ führen, ohne dass der Senat dies hier umfassend für alle denkbaren Fallgestaltungen festlegen könnte. Naheliegend ist die Annahme, dass das Fehlverhalten einzelner Ärzte, das bei diesen zur Zulassungsentziehung führen würde (zB Beleidigung von KÄV-Mitarbeitern , sexuelle Übergriffe auf Patienten und/oder Auszubildende; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg vom 9.2.2010 - L 7 KA 169/09 B ER -, ZMGR 2010, 96, 97 f = Juris RdNr 10 mit weiteren Beispielen), nicht zwangsläufig zur Entziehung der Zulassung des MVZ führen muss. Wenn dieses nämlich glaubhaft machen kann, solche Verstöße im Pflichtenkreis des Arztes weder gekannt noch geduldet zu haben, dürfte es in der Regel ausreichen, dass der betroffene Arzt aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem MVZ-Träger entlassen und seine Anstellung nach § 95 Abs 2 Satz 7 SGB V widerrufen wird. Ist dagegen ein personenbezogener Durchgriff nicht möglich, so kommt auch in Betracht, den Pflichtverstoß der im MVZ tätigen Ärzte auch dem MVZ als solchem zuzurechnen (vgl zu diesem Ansatz bereits Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - RdNr 20). Eine Entziehung der MVZ-Zulassung liegt von vornherein nahe, wenn Pflichtverstöße in Rede stehen, die den Pflichtenkreis des MVZ als solchen betreffen. Dies gilt zB für Fehlverhalten bei dem Einsatz der Ärzte des MVZ wie auch bei fehlerhaften Abrechnungen. Fehlerhafte Abrechnungen eines MVZ können möglicherweise eher zur Entziehung von dessen Zulassung führen als bei einem Vertragsarzt, schon weil der KÄV insoweit das Instrument der Disziplinargewalt nicht zur Verfügung steht. Weder "das MVZ" noch seine Rechtsträger (Personengesellschaft, eingetragene Genossenschaft oder GmbH gemäß § 95 Abs 1a SGB V) sind Mitglieder der KÄV; deshalb kann die KÄV auf deren Verhalten nicht über § 81 Abs 5 SGB V einwirken. Die Entziehung der MVZ-Zulassung ist daher bei solchen Pflichtverletzungen nicht das letzte, sondern das einzige Mittel, das den Krankenkassen und der KÄV zur Verfügung steht, um ihre Verantwortung für eine korrekte Leistungserbringung und -abrechnung in einem MVZ effektiv wahrzunehmen.

30

Diese Differenzierung ist mit dem grundrechtlichen Schutz durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Sowohl das Betreiben eines MVZ wie die ärztliche Tätigkeit dort stehen unter dem Schutz dieses Grundrechts; doch können sich das MVZ und der einzelne Arzt jeweils nur auf "ihre eigene" berufliche Tätigkeit berufen. Das MVZ kann sich im Verfahren gegen eine ihm gegenüber erfolgende Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs 6 SGB V nicht auf die Berufsausübungsfreiheit der bei ihm tätigen Ärzte berufen. Hieraus folgt zugleich, dass die einzelnen Ärzte des MVZ grundsätzlich die Möglichkeit haben müssen, nach der Entziehung der Zulassung ihres MVZ weiterhin im bisherigen Planungsbereich vertragsärztlich tätig zu sein. Dies könnte nur anders sein, wenn auch ihnen selbst eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fiele (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 82 ff, 90 zur umfassenden Wiederzulassungssperre auf sechs Jahre; - zur Fünf-Jahres-Frist siehe BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14 und 15). Die Möglichkeit weiterer vertragsärztlicher Tätigkeit ergibt sich für Vertragsärzte im MVZ schon aus ihrem fortbestehenden Zulassungsstatus; bei angestellten Ärzten dürften jedenfalls die zum 1.1.2012 neu geschaffenen Optionen der (Rück-)Umwandlung von Arztanstellungen in Zulassungen (§ 95 Abs 2 Satz 8 iVm Abs 9b, § 103 Abs 4a Satz 4 SGB V) eine Fortsetzung der Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung im bisherigen Planungsbereich auch dann ermöglichen, wenn dort Zulassungsbeschränkungen gelten (vgl dazu Bäune/Dahm/Flasbarth, MedR 2012, 77, 81).

31

Aufgrund der Differenzierung zwischen dem MVZ einerseits und den einzelnen bei ihm tätigen Ärzten andererseits kann ohne Verfassungsverstoß im Rahmen von Entscheidungen nach § 95 Abs 6 SGB V über die Entziehung einer MVZ-Zulassung die Schwere des Pflichtverstoßes und Prüfung der Verhältnismäßigkeit allein an dessen Pflichtenkreis und an dessen Grundrechtsschutz ausgerichtet werden. Dem MVZ werden weder unterschiedslos alle Pflichtverletzungen der bei ihm tätigen Ärzte einschließlich der fachlich-ärztlichen und höchstpersönlichen (zB Beleidigungen) zugerechnet, noch kann sich das MVZ auf das Interesse der einzelnen Ärzte an der persönlichen Fortführung der genuin ärztlichen Tätigkeit als abwägungsrelevanten Belang im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berufen. Maßgeblich ist vielmehr stets eine Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen, der Reaktion des MVZ darauf und das damit bewirkte Ausmaß der Störung des Vertrauens.

32

           

c) Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des LSG, die Klägerin habe ihre Pflichten gröblich verletzt, nicht zu beanstanden. Das LSG hat festgestellt - und dies hat die Klägerin ausdrücklich als zutreffend anerkannt -, dass sie bei der Abrechnung ihrer im Quartal IV/2008 erbrachten Leistungen in dreifacher Weise gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen hat:

        

-       

Zum einen rechnete sie Leistungen von Ärzten ab, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.).

        

-       

Zum zweiten rechnete sie Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR ab.

        

-       

Schließlich zeigte sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht an.

33

Diese Pflichtverletzungen sind in ihrem Zusammenhang gröblich, weil sie das Vertrauen der KÄV und der Krankenkassen auf eine korrekte Organisation der Leistungserbringung und -abrechnung bei der Klägerin so nachhaltig zerstörten, dass diesen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr zuzumuten ist. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung ist maßgeblich, welchen Stellenwert die verletzte Pflicht hat und wie schwer der Verstoß unter Berücksichtigung seiner Eigenart wiegt (unten aa). Dies führt für die vorliegenden Pflichtverletzungen zur Bewertung als gröblich; dies gilt ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal (unten bb). Die Zulassungsentziehung erfordert kein Verschulden (unten 3.). Ein sog Wohlverhalten liegt nicht vor (unten 4.). Eine Negativprognose oder eine umfassende Einbeziehung nachteiliger Folgen der Zulassungsentziehung ist nicht erforderlich (unten 5.). Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt (unten 6.), und Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt (unten 7.).

34

           

aa) Grundlegend für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung sind insbesondere

        

-       

die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken,

        

-       

die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und

        

-       

die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

Allen diesen Pflichten kommt großes Gewicht zu.

35

Die Pflicht zur stets korrekten Leistungsabrechnung hat nicht nur bei einem MVZ die oben beschriebene große Bedeutung, weil sie bei ihm eine zentrale Aufgabe darstellt. Sie hat vielmehr auch sonst allgemein, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung hervorhebt, hohen Stellenwert; denn das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung baut auf Vertrauen auf. Der Honorierung werden die Angaben der Leistungserbringer über die von ihnen erbrachten Leistungen zugrunde gelegt; eine Überprüfung erfolgt nur bei Auffälligkeit oder stichprobenweise (vgl hierzu § 106a Abs 2 und § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 2 ff SGB V). Da also bei der Honorierung die Angaben der Leistungserbringer grundsätzlich als zutreffend zugrunde gelegt werden, muss auf deren Richtigkeit vertraut werden können: Dies ist ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung (sog Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung, vgl dazu ausführlich zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; darauf Bezug nehmend zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10).

36

Der Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, kommt ebenfalls großes Gewicht zu. Im vertragsärztlichen System muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KÄV beteiligt zu werden (vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 mwN und RdNr 15; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 iVm 22; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 57; BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 9 RdNr 17 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Zu jedem Zeitpunkt muss ohne verwaltungsmäßigen Aufwand feststehen, ob jemand im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Leistungen erbringen darf (vgl vorgenannte BSG-Angaben). Nur dann kann sich der jeweils behandelte Versicherte darauf verlassen, dass sein Arzt in das vertragsärztliche System eingebunden ist, dass keine Vergütung unmittelbar dem Arzt gegenüber zu zahlen ist und dass die spezifische Fachkunde des Arztes (vgl § 135 Abs 2 Satz 1 SGB V) festgestellt ist.

37

Erhebliche Bedeutung hat ferner die Pflicht des zur Leistungserbringung Berechtigten, seine Leistungen persönlich zu erbringen, soweit nicht ein Ausnahmefall delegierbarer Leistungen vorliegt. Diese Pflicht dient der Sicherung der hohen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (zur persönlichen Leistungserbringung vgl zB BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 27 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 2 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 15 RdNr 30 und Nr 24 RdNr 19).

38

Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind in der Rechtsprechung des Senats bisher regelmäßig wegen ihrer vertrauenszerstörenden Tendenz als gröblich gewertet worden. Das betrifft wiederholt unkorrekte Abrechnungen, aber auch die Beschäftigung von Assistenten oder Vertretern ohne Genehmigung (BSG-Nachweise und weitere Beispiele bei Schallen, aaO, § 27 RdNr 28 ff; Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 137, sowie bei Plagemann, Münchener AnwaltsHandbuch Sozialrecht, 3. Aufl 2009, § 20 RdNr 81; Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, aaO, § 27 RdNr 12 ff). Wegen der Ausrichtung der Gröblichkeit der Pflichtverletzung an einer Gesamtbewertung können auch einmalige Rechtsverstöße oder Pflichtverletzungen in nur einem Quartal für eine Entziehung ausreichen, wenn sie den Eindruck bestätigen, der betroffene Leistungserbringer begegne den Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit der gebotenen Sensibilität und Aufmerksamkeit.

39

bb) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die vom SG und vom LSG gezogene Schlussfolgerung, es lägen gröbliche Pflichtverletzungen vor, die eine Entziehung der Zulassung rechtfertigen, nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist, dass der Klägerin die oben in RdNr 32 ff aufgeführte Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten anzulasten ist.

40

(1) Gravierende Pflichtverletzungen ergeben sich schon aus dem oben angeführten ersten Sachverhalt der Abrechnung von Leistungen von Ärzten, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr - der Klägerin - angestellt waren oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten.

41

Zu diesem Sachverhalt hat die Klägerin ausgeführt: Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und diesen Ärztinnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Unerklärlich sei, wie auch die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei, die weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Dazu führt die Klägerin weiter aus, die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien.

42

Mit dieser Darstellung hat die Klägerin unterstrichen, dass sie dem Erfordernis, dass vertragsärztliche Leistungen nur von Personen erbracht werden dürfen, die vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien erlangt haben, keine ausreichende Aufmerksamkeit schenkte. Aus dem Sachverhalt in Verbindung mit ihren Ausführungen ergibt sich weiterhin, dass sie davon ausging, sie könne die bei einem gesetzlich Versicherten nötigen Leistungen von irgendeinem Arzt erbringen lassen und müsse sie lediglich bei der Abrechnung dann einem (anderen) Arzt, dessen Leistungen abzurechnen sie befugt war, zuordnen. In diesem Verhalten liegt eine mehrfache Pflichtverletzung. Sie verstieß erstens gegen die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, zweitens gegen die Pflicht der persönlichen Leistungserbringung durch den zur Leistung Berechtigten und schließlich durch die Zuordnung der Leistungen zu einem anderen Arzt bei der Abrechnung auch gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

43

(2) Hinzu kam noch, dass sie zusätzlich mehr als 1000 Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abrechnete. Damit wies ihre Leistungsabrechnung Arztnummern aus, die keinerlei Bezug zu den tatsächlichen Leistungserbringern erkennen lassen. Während bei bloßen Schreibfehlern noch das Ziel erkennbar ist, den tatsächlichen Leistungserbringer anzugeben, und deshalb in einem solchen Fall die Entziehung der Zulassung nicht gerechtfertigt wäre, gab die Klägerin eine irgendwie gegriffene Arztnummer an, die entweder fiktiv oder einem anderen Arzt als dem Leistungserbringer zugeordnet war: Hier fehlt insgesamt die Zielrichtung genauer Leistungsabrechnung; darin liegt grundsätzlich ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung. Das vermittelt den Eindruck, die Klägerin sehe die Vorgaben für die vertragsärztliche Versorgung lediglich als bürokratische Hemmnisse, denen sie kein Gewicht oder jedenfalls kein ausreichendes Gewicht beimisst.

44

(3) Schließlich ließ die Klägerin den Beigeladenen zu 9. als Vertreter für den wiederholt erkrankten bzw beurlaubten Dr. H. tätig werden, ohne dass sie dies der KÄV anzeigte. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV, wonach Vertretungen, die länger als eine Woche dauern, der KÄV anzuzeigen sind. Damit missachtete sie zugleich die ihr im Bescheid über ihre Zulassung erteilte Auflage, Fälle von Urlaub, Fortbildung oder Krankheit ab einer Abwesenheit von mehr als fünf Tagen bzw bei regelmäßig wiederkehrender Abwesenheit an einzelnen Tagen dem Arztregister formlos mitzuteilen sowie die Vertreter zu benennen (so Nr 12 Satz 1 des Zulassungsbescheides: Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008).

45

(4) Von diesen drei Sachverhaltskomplexen waren jedenfalls die beiden erstgenannten, die jeweils Verstöße gegen grundlegende Pflichten betrafen, schon jeder für sich schwerwiegend und begründeten jeweils eine gröbliche Pflichtverletzung: Beide zeigten - wie vom SG ausdrücklich ausgeführt und vom LSG in seinem Urteil (Juris RdNr 45, 47) in Bezug genommen - eine "erschreckende Sorglosigkeit" im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt. Diese Wertung der Vorinstanzen ist schlüssig und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Mithin lagen sowohl aufgrund der Schwere der Pflichtverstöße als auch zusätzlich aufgrund der Art und Weise der Verletzungshandlungen gröbliche Pflichtverletzungen im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V vor.

46

Erst recht kann bei kumulativer Betrachtung aller Pflichtverstöße die Wertung als gröblich nicht beanstandet werden. Das von der Klägerin eingeräumte Fehlverhalten betrifft grundlegende vertragsärztliche Pflichten und zeigt, wie bereits aus den vorinstanzlichen Formulierungen zitiert, eine "erschreckende Sorglosigkeit" und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die mit der Kassenzulassung begründeten Pflichten. Dies trägt die Wertung als gröblich.

47

(5) Die Bewertung der Pflichtverletzungen als gröblich ist ungeachtet der Konzentration der von der Klägerin zu verantwortenden Fehler auf ein Quartal unbedenklich. Die Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen der Klägerin zwingt zur Folgerung der Verantwortungslosigkeit beim Umgang mit den vertragsärztlichen Pflichten. Wie ausgeführt (zuvor <4>), handelte es sich nicht lediglich um eine einmalige Pflichtverletzung, sondern um eine Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten und dies in einer schwerwiegenden Art, sodass die Bewertung als gröblich, ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal, nicht zu beanstanden ist. Aufgrund des erheblichen Gewichts der Pflichtverstöße ergab sich die Folgerung, dass das Vertrauen der vertragsarztrechtlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Wahrnehmung und Durchführung der vertragsarztrechtlichen Aufgaben so stark zerstört wurde, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden konnte.

48

Die Klägerin hätte den Geschehensablauf der Zerstörung des Vertrauens der kassenarztrechtlichen Institutionen allenfalls dadurch aufhalten können, dass sie binnen kürzester Frist die Fehlerursache feststellt und das pflichtwidrige Fehlverhalten abstellt sowie die Fehlerursache und -behebung von sich aus den für die Versorgung verantwortlichen Körperschaften offenlegt. Nur unter dieser Voraussetzung könnte erwogen werden, dass trotz der schwerwiegenden Pflichtverletzungen keine Zerstörung des Vertrauens dieser Körperschaften auf die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen des MVZ eingetreten ist.

49

So handelte die Klägerin jedoch nicht. Die Klägerin hat von sich aus der zu 1. beigeladenen KÄV weder bei der Abrechnung einen Hinweis auf mögliche Fehler gegeben noch alsbald danach die Fehlerursachen benannt, um so die Zerstörung des Vertrauens aufzuhalten. Sie hätte schon bei Einreichung der Abrechnung der Leistungen aus dem Quartal IV/2008 deren Richtigkeit überprüfen und erkennen müssen, wie es bei Abgabe einer sog Abrechnungssammelerklärung gefordert wird (vgl hierzu BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1; siehe auch BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 28; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 17). Ihr ist es nach ihren eigenen Angaben auch anschließend nicht gelungen, die Fehlerursache festzustellen und offenzulegen, etwa durch Benennung der Personen, die für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung verantwortlich waren.

50

3. Über die Bewertung einer Pflichtverletzung als gröblich hinaus setzt die Zulassungsentziehung nicht zusätzlich voraus, dass der Pflichtenverstoß verschuldet war. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10, und die weitere oben in RdNr 23 angegebene Rspr).

51

Die Rechtsprechung, dass das Vorliegen eines Verschuldens nicht relevant ist, gründet sich zunächst darauf, dass der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V keinen Ansatzpunkt für ein Verschuldenserfordernis bietet. Ein solches Erfordernis wäre auch nicht kompatibel mit dem Ziel der Regelungen des SGB V, die auf eine funktionsfähige vertragsärztliche Versorgung ausgerichtet sind: Ist zB ein Leistungserbringer rauschgiftsüchtig geworden (vgl § 21 Ärzte-ZV), so ist er unabhängig davon, ob ihm dies als verschuldet zugerechnet werden kann oder ob etwa eine Krankheit oder eine medikamentöse Behandlung die Ursache waren, ungeeignet für die Teilnahme an der Versorgung und muss im Interesse von deren Funktionsfähigkeit von der Teilnahme ausgeschlossen werden können.

52

In vergleichbarer Weise wird die Zulassungsentziehung nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin sich - wie sie geltend macht - infolge der im Juli 2008 erfolgten Verlegung ihres Standortes noch in Organisationsschwierigkeiten befunden habe. Ein Grund, Pflichtverletzungen aufgrund eines Umzugs milder zu bewerten, besteht nicht. Die Klägerin muss jederzeit - auch während eines Umzugs - die ihr obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen. Zudem ist kein Zusammenhang zwischen dem Umzug und den von ihr begangenen Pflichtverletzungen ersichtlich: Ein Umzug mag dazu führen, dass etwa Unterlagen kurzfristig nicht greifbar sind und Anfragen von Kostenträgern verspätet beantwortet werden. Für den Einsatz von Ärzten ohne Anstellungsgenehmigung und die Verwendung falscher Arztnummern kann ein Umzug dagegen keine Rechtfertigung oder Entschuldigung sein. Die Art und die Vielzahl der Verstöße gegen verschiedene grundlegende Pflichten lassen vielmehr auf schwerwiegende Organisationsdefizite der Klägerin schließen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin auf Defizite der EDV verweist. Dass eine andere als die verwendete Software die Auswirkungen der fehlerhaften Eingaben von Daten möglicherweise begrenzt hätte, kann die Klägerin nicht entlasten. Kein Bürger kann sich für fehlerhafte Eingaben in der elektronischen Einkommensteuererklärung mit dem Hinweis entlasten, das "System" habe ihn nicht gewarnt. Für die Dateneingabe ist nicht die Software, sondern der Eingebende verantwortlich; eine Bewertung der Eingabefehler als verzeihlich scheidet im Hinblick auf die Vielzahl der Abrechnungsfehler aus. Im Übrigen obliegt es dem Abrechnenden, schon bei der Auswahl der Software dafür Sorge zu tragen, dass diese den Anforderungen entspricht.

53

4. Die Rechtsprechung des Senats, wonach die Möglichkeit besteht, durch Wohlverhalten im laufenden Zulassungsentziehungsprozess noch die Aufhebung des Bescheids über die Zulassungsentziehung zu erreichen, kann im Fall der Klägerin nicht zur Anwendung kommen.

54

Der Senat hat die Rechtsprechung zum sog Wohlverhalten zuletzt in seinem Urteil vom 19.7.2006 ausführlich dargestellt (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 ff; vgl dazu auch BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19). Danach ist bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses zu Gunsten des Leistungserbringers in einer Weise geändert hat, dass eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint. Das stimmt nicht in vollem Umfang mit der Rechtsprechung von BVerwG und BGH in den von ihnen entschiedenen Fällen überein; diese betrafen zB die Zurruhesetzung eines Beamten, den Widerruf bzw die Rücknahme der Zulassung eines Rechtsanwalts, den Widerruf einer zahnärztlichen Approbation oder den Widerruf der Berufserlaubnis eines Logopäden. Diese Gerichte stellen bei ihren Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts jeweils auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ab, sodass der Betroffene für die Geltendmachung erst späterer Verbesserungen der Sachlage darauf verwiesen wird, mit diesen Gesichtspunkten eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ein erneutes Verfahren auf Erteilung der Berufserlaubnis oder ein erneutes Approbationsverfahren zu betreiben - womit der Grundsatz gewahrt bleibt, dass bei Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist und bleibt - (vgl hierzu zB BVerwGE 105, 267, 269 f; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11; vgl ferner BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5; weitere Angaben in BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 14 und 15; - diese Rechtsprechung nicht beanstandend BVerfG BVerfGK 6, 156, 161 = NJW 2005, 3057, 3058 = Juris RdNr 18-20). Demgegenüber berücksichtigt der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu Zulassungsentziehungen gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V - jedenfalls soweit sie bisher nicht sofort vollzogen worden waren - für den Betroffenen günstige Veränderungen auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht: Bei Zulassungsentziehungen ist - abweichend vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt nach der letzten Verwaltungsentscheidung - zu überprüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist(zu dieser Ausnahme vom sonst maßgeblichen Zeitpunkt vgl zB BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 13, 15 f).

55

Ob bzw inwieweit diese Rechtsprechung einer Ausnahme vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung fortzuführen ist oder ob sie zu Gunsten der Grundsätze des BVerwG und des BGH aufzugeben ist - mit der Folge, dass der Betroffene für die Berufung auf sein Wohlverhalten seit der letzten Verwaltungsentscheidung darauf verwiesen wird, erneut die Kassenzulassung zu beantragen -, bedarf im vorliegenden Fall weder näherer Erörterung noch einer Entscheidung. Dies kann hier deshalb unentschieden bleiben, weil im vorliegenden Fall die inhaltlichen Voraussetzungen für ein Wohlverhalten ohnehin nicht erfüllt sind. Dieses setzt nach der Rechtsprechung des Senats eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13; hier in RdNr 13 auch zur Frist: "im Regelfall nach ca fünf Jahren"; ebenso - betr Wiederzulassung - BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 838: "Bewährungszeit von fünf Jahren"; in Bezug genommen in BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14; vgl hier auch RdNr 15 zum Fünf-Jahres-Zeitraum). Für ein Wohlverhalten in diesem Sinne reicht die Zeit von weniger als zwei Jahren, die seit der letzten Verwaltungsentscheidung vom 15.7.2009 bis zur Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz am 23.2.2011 verstrichen ist, nicht aus (zur Bemessung nur bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts siehe BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15 am Ende).

56

5. Eine Zulassungsentziehung erfordert - anders, als die Klägerin geltend macht - keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr. Für ein solches Erfordernis gibt es keinen Ansatzpunkt, weder in § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V noch in der Rechtsprechung des BSG oder des BVerfG.

57

Der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V ist nicht auf die Steuerung künftigen Verhaltens ausgerichtet. Zwar mag eine Wirkung auf das künftige Verhalten des Betroffenen und auch auf dasjenige der anderen Leistungserbringer (Generalprävention) ein erwünschter Nebeneffekt einer Zulassungsentziehung sein; hierauf ist die Norm aber nicht ausgerichtet. Sie regelt vielmehr nach ihrem Wortlaut eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten. Das BSG hat diese Zielrichtung in Abgrenzung zu Disziplinarmaßnahmen herausgestellt (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36 f mwN). Mithin sind allein Ausmaß und Schwere der Pflichtverletzungen der Maßstab dafür, ob den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zuzumuten ist.

58

Auch aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nichts Abweichendes herleiten. Der Beschluss vom 31.8.2005 (BVerfG BVerfGK 6, 156 = NJW 2005, 3057) hat zwar einen Beschluss des BGH über eine Amtsenthebung gegenüber einem Notar wegen Verletzung des Art 12 Abs 1 GG aufgehoben, dies aber nicht deshalb, weil es an einer Negativprognose gefehlt habe, sondern deshalb, weil die den Notar entlastenden, noch bis zur letzten Verwaltungsentscheidung eingetretenen Änderungen der Sachlage nicht ausreichend berücksichtigt worden waren (BVerfGK aaO S 161 ff bzw NJW aaO S 3058 . Die Notwendigkeit einer Negativprognose ergibt sich auch nicht aus den weiteren Beschlüssen vom 15.3.2010 und vom 8.11.2010, die auf Anrufung der Klägerin hin ergangen sind (BVerfG - jeweils zum Az 1 BvR 722/10 - SozR 4-2500 § 95 Nr 19 = ZMGR 2010, 100 = GesR 2010, 326, und NZS 2011, 619 = ZMGR 2011, 27, zunächst einstweilige Anordnung auf Aussetzung sofortiger Vollziehung und danach Verfassungsbeschwerde gegen Anordnung sofortiger Vollziehung):

59

In diesen Beschlüssen hat das BVerfG jeweils eine Interessenabwägung und in deren Rahmen auch eine Folgenabschätzung vorgenommen, wie es seiner ständigen Rechtsprechung in Fällen entspricht, in denen eine einstweilige Regelung zu treffen (§ 32 Abs 1 BVerfGG) oder über eine von den Fachgerichten getroffene einstweilige Regelung zu entscheiden ist (§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG). Eine solche Folgenabschätzung erfordert nach der Rechtsprechung des BVerfG jeweils auch die Prüfung der Gefahr künftiger (erneuter) Rechtsverletzungen. Dies betrifft aber nur Fälle, in denen das BVerfG entweder über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 32 Abs 1 BVerfGG oder über eine fachgerichtliche Ablehnung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes(§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG) zu entscheiden hat. Eine dem vergleichbare Konstellation, die die Anwendung entsprechender Entscheidungsgrundsätze im anhängigen Revisionsverfahren erfordern könnte, liegt hier nicht vor. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 28.8.2007 (BVerfGK 12, 72) deutlich gemacht, dass aus dem Erfordernis einer besonderen Gefahrenprognose im Rahmen von Anordnungen der sofortigen Vollziehung nicht gefolgert werden kann, aufgrund des Art 12 Abs 1 GG sei generell eine Negativprognose zu fordern (aaO S 80).

60

Dies ist im vorliegenden Verfahren zu beachten. Hier ist allein über die Rechtmäßigkeit einer Reaktion auf vergangenes Verhalten gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V zu entscheiden. Zu diesem Tatbestand passt das Erfordernis einer Negativprognose oder Wiederholungsgefahr nicht. Vielmehr wird wie zB auch beim Widerruf der (zahn)ärztlichen Approbation oder der Berufserlaubnis eines Logopäden wegen Pflichtverletzungen und darauf gegründeter Unwürdigkeit keine (Gefahren-)Prognose für die Zukunft vorgenommen, sondern allein an das Fehlverhalten in der Vergangenheit angeknüpft; hierbei sind allerdings die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Art 12 Abs 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzulegen, sodass zu prüfen ist, ob die Sanktion eine noch angemessene, nicht unverhältnismäßige Reaktion auf die begangenen Pflichtwidrigkeiten darstellt (ebenso zB BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 4; modifizierend BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11, 18-20 betr Merkmal der Unzuverlässigkeit; ebenso BVerwG vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 - Juris RdNr 16). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist mit zu berücksichtigen, dass die Entziehung nicht einen lebenslangen Ausschluss bedeuten muss, weil bei erneutem Vorliegen aller Voraussetzungen eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, eine erneute Berufserlaubnis oder eine erneute Approbation bzw Zulassung mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden kann (vgl hierzu BVerwGE 105, 267, 269 f zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11 iVm 21 zum Widerruf der Berufserlaubnis für Logopäden; BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5 zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; - zu den Maßstäben für Wiederzulassungen vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

61

6. Die Verhältnismäßigkeit unterliegt auch nicht unter anderen Gesichtspunkten durchgreifenden Bedenken. Die Kriterien Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind eingehalten.

62

Die Erforderlichkeit kann nicht unter dem Gesichtspunkt eines weniger belastenden Mittels in Frage gestellt werden. Ein das MVZ weniger belastendes Mittel als die Zulassungsentziehung stellt das Gesetz im Falle von dessen Pflichtverletzungen nicht zur Verfügung (vgl oben RdNr 29 mit Hinweis auf das Fehlen disziplinarischer Möglichkeiten). Die Verweisung darauf, es könnten aber uU Maßnahmen gegen die Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden, verkennt, dass die vorliegenden Pflichtverletzungen den Pflichtenkreis speziell des MVZ betreffen (RdNr 24 ff); ohnehin sind individuell-verantwortliche Mitarbeiter gerade nicht von der Klägerin benannt worden (RdNr 48 f).

63

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, dh die Angemessenheit bei Abwägung des von der Klägerin gesetzten Eingriffsanlasses im Verhältnis zur Eingriffstiefe, ist gewahrt. Wie bereits ausgeführt, verletzte die Klägerin nicht etwa nur Nebenpflichten, sondern die in Rede stehenden Pflichtverstöße betrafen zentrale Pflichten des MVZ (vgl oben RdNr 28 f), und angesichts des dargestellten schwerwiegenden Charakters der Pflichtverletzungen (vgl insbesondere oben RdNr 45 f) ist die Zulassungsentziehung sachangemessen.

64

Die Verhältnismäßigkeit gilt auch bei Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin nach Entziehung der Zulassung ihren Gesellschaftszweck nicht weiterverfolgen kann, weil dieser nur auf den Betrieb des konkreten MVZ gerichtet ist. Dies macht die Entziehung nicht im engeren Sinne unverhältnismäßig. Abgesehen davon, dass die Klägerin sich ohnehin im Stadium der Insolvenz befindet, passt der von der Klägerin angeführte Aspekt der schweren Folgen eines dauerhaften Ausschlusses von jeder beruflichen Tätigkeit hier nicht. Einer GmbH steht das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG zu, weil sie den rechtlichen Rahmen für die berufliche Tätigkeit der hinter ihr stehenden Personen stellt. Die GmbH selbst kann - wenn die Insolvenz als Ergebnis des laufenden Insolvenzverfahrens doch noch abzuwenden sein sollte - später eventuell erneut ihre Zulassung beantragen, wenn sie glaubhaft macht, ausreichende Vorkehrungen gegen künftige Pflichtverstöße getroffen zu haben, allerdings nur nach Maßgabe der Maßstäbe für Wiederzulassungen (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

65

Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kann auch nicht im Hinblick auf die Rechtspositionen der im Gefolge der Entziehung der MVZ-Zulassung betroffenen Ärzte in Zweifel gezogen werden. Die im Rahmen des MVZ ihre Berufstätigkeit ausübenden Personen können, wie oben ausgeführt, ihre gewünschten Tätigkeiten auch nach der Liquidation der klagenden GmbH fortsetzen (zu den Ärzten vgl oben RdNr 30); ihre Rechtspositionen aus Art 12 Abs 1 GG sind nicht in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung gegenüber dem MVZ einzubeziehen (vgl oben RdNr 30, 31).

66

Schließlich führen auch die Auswirkungen, die eine Zulassungsentziehung für die vom MVZ betreuten Patienten und für die weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entziehung. Derartige Auswirkungen sind zwingend mit jedem Ausscheiden eines Vertragsarztes aus der Versorgung oder auch mit dem Widerruf der Zulassung von Rechtsanwälten und mit der Schließung von Krankenhäusern zB wegen Fehlens der Zuverlässigkeit des Betreibers verbunden. Alle Vorschriften über die Entziehung oder den Widerruf einer Berufszulassung bzw -erlaubnis werden ungeachtet der Mitbelastung weiterer Betroffener von der Erwägung getragen, dass auf Dauer die Mitwirkung von Personen oder Institutionen, die keine Gewähr für eine korrekte Erfüllung der Berufspflichten bieten, nicht hingenommen werden kann. In diesem Sinne können auch bei Zulassungsentziehungen im Vertragsarztrecht - anders als bei Entscheidungen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl oben RdNr 56 ff) - die Schwierigkeiten der Patienten bei der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach neuen Stellen keine Rolle spielen.

67

7. Schließlich ist auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG ersichtlich. Für das Vorbringen der Klägerin, bei gleichartigen Pflichtverletzungen, wie sie ihr angelastet werden, würde im Falle von Krankenhäusern oder Vertragsärzten keine gröbliche Pflichtverletzung mit der Folge einer Zulassungsentziehung angenommen, hat die Klägerin schon keine konkreten Belege beigebracht.

68

Für Krankenhäuser fehlt es auch an der erforderlichen Vergleichbarkeit, weil für sie andere Rechtsvorschriften gelten. Vertragsärzte unterliegen zwar derselben Sanktionsregelung des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V; auch hier fehlt es aber an der Vergleichbarkeit, weil ihr Pflichtenkreis anders zugeschnitten ist; so stellt bei ihnen das Abrechnungswesen nur eine Nebentätigkeit dar, und Pflichtverstöße in diesem Bereich können deshalb bei ihnen uU geringer gewichtet werden (vgl oben RdNr 25 ff, 29).

69

Im Übrigen wäre aber bei derart gravierenden Pflichtverletzungen, wie sie hier der Klägerin anzulasten sind, auch im Falle einzelner Vertragsärzte eine gröbliche Pflichtverletzung anzunehmen. Sollte es dennoch einen Fall geben - den die Klägerin freilich nicht konkret benennt -, in dem eine solche Pflichtverletzung bei einem Vertragsarzt nicht als gröblich bewertet wurde, so könnte sich die Klägerin hierauf nicht mit Erfolg unter Anführung von Art 3 Abs 1 GG berufen. Denn wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl BSG SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 33 mwN).

70

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO), einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1., die sich am Verfahren beteiligt und auch einen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der übrigen Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Satzung muss insbesondere Bestimmungen enthalten über

1.
Namen, Bezirk und Sitz der Vereinigung,
2.
Zusammensetzung, Wahl und Zahl der Mitglieder der Organe,
3.
Öffentlichkeit und Art der Beschlussfassung der Vertreterversammlung,
4.
Rechte und Pflichten der Organe und der Mitglieder,
5.
Aufbringung und Verwaltung der Mittel,
6.
jährliche Prüfung der Betriebs- und Rechnungsprüfung und Abnahme der Jahresrechnung,
7.
Änderung der Satzung,
8.
Entschädigungsregelungen für Organmitglieder einschließlich der Regelungen zur Art und Höhe der Entschädigungen,
9.
Art der Bekanntmachungen,
10.
die vertragsärztlichen Pflichten zur Ausfüllung des Sicherstellungsauftrags.
Die Satzung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) Sollen Verwaltungs- und Abrechnungsstellen errichtet werden, müssen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen Bestimmungen über Errichtung und Aufgaben dieser Stellen enthalten.

(3) Die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen Bestimmungen enthalten, nach denen

1.
die von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen abzuschließenden Verträge und die dazu gefaßten Beschlüsse sowie die Bestimmungen über die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen für die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre Mitglieder verbindlich sind,
2.
die Richtlinien nach § 75 Abs. 7, § 92, § 136 Absatz 1 und § 136a Absatz 4 für die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre Mitglieder verbindlich sind.

(4) Die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen Bestimmungen enthalten für die Fortbildung der Ärzte auf dem Gebiet der vertragsärztlichen Tätigkeit, das Nähere über die Art und Weise der Fortbildung sowie die Teilnahmepflicht.

(5) Die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen ferner die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Maßnahmen nach Satz 1 sind je nach der Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren. Das Höchstmaß der Geldbußen kann bis zu fünfzigtausend Euro betragen. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.