Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Aug. 2015 - 10 ZB 15.1056

bei uns veröffentlicht am05.08.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 25 K 14.3700, 11.03.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 7. August 2014 und auf Erteilung eines Aufenthaltstitels weiter. Mit diesem Bescheid wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik aus, untersagte die Wiedereinreise für sieben Jahre und lehnte seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ab.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger nennt im Zulassungsantrag keinen der in § 124 Abs. 2 VwGO angeführten Zulassungsgründe ausdrücklich. Der Begründung des Zulassungsantrags ist jedoch zu entnehmen, dass der Kläger die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bezweifelt, er der Ansicht ist, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweiche und gegen das rechtliche Gehör verstoßen worden sei, weil kein Gutachten zur „Gefährlichkeitsprognose“ des Klägers eingeholt worden sei.

Die mit diesem Vorbringen umschriebenen Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.), der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO; 2.) und der Geltendmachung eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; 3.) sind bereits nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend hinreichend dargelegt bzw. liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts liegen nicht vor. Solche Zweifel bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet, da der Kläger den zwingenden Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt habe, er keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG genieße und die Ausweisung auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK, verstoße.

Hiergegen bringt der Kläger vor, dass er besonderen Ausweisungsschutz genieße, weil er sämtliche Straftaten als Minderjähriger begangen habe, und er als minderjähriges Kind von Eltern, die eine Niederlassungserlaubnis besäßen, nur nach Ermessen hätte ausgewiesen werden dürfen. Der Kläger sei faktischer Inländer, er habe keine Beziehungen zu seinem Heimatland und spreche nicht einmal eine der Landessprachen. Sollte er nach Togo gehen müssen, sei er dort als Flüchtling anzusehen. Er werde in ein Land abgeschoben, zu dem er keinen Bezug habe. Dies verstoße gegen die Menschenwürde. Bei der Versagung der Aufenthaltserlaubnis habe das Erstgericht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2002 (1 C 8/02) nicht beachtet.

Mit diesem Vorbringen werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils begründet. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG genießt. Der Kläger ist zwar im Bundesgebiet geboren und hat sich hier fünf Jahre rechtmäßig aufgehalten. Er besaß jedoch im Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsentscheidung keine Aufenthaltserlaubnis. Die Fiktionswirkung des Verlängerungsantrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 4 AufenthG steht dem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nicht gleich (vgl. BayVGH, B. v. 19.1.2015 - 10 CS 14.2656, 10 C10 C 14.2657 - juris Rn. 25 m. w. N.). Ein besonderer Ausweisungsschutz ergibt sich auch nicht aus § 56 Abs. 2 Satz 1 oder 2 AufenthG. Ob ein besonderer Ausweisungsschutz nach diesen Regelungen besteht, hängt vom Alter des Ausländers bei der Zustellung der Ausweisungsverfügung ab (Alexy in Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, AufenthG, § 56 Rn. 32; Graßhof in Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand 1.1.2015, AufenthG, § 56 Rn. 27; Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, AufenthG, § 56 Rn. 25; BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 B 14.1613 - juris Rn. 31). Unerheblich für den Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG ist, ob der Ausländer die Straftaten, die den Ausweisungsanlass bilden, als Minderjähriger begangen hat, da die Ausweisungsbeschränkungen in § 56 Abs. 2 AufenthG dem Schutzbedürfnis des Minderjährigen dienen und dieses Schutzbedürfnis nicht mehr besteht, wenn der Ausländer bei Ergehen der Ausweisungsentscheidung bereits volljährig ist. Bei der Zustellung der Ausweisungsverfügung vom 14. August 2014 war der am 23. Juni 1995 in M. geborene Kläger 19 Jahre alt und damit Heranwachsender. Die Beklagte wäre nach § 56 Abs. 2 Satz 1 AufenthG folglich nur dann verpflichtet gewesen, über die Ausweisung des Klägers nach Ermessen zu entscheiden, wenn er eine Niederlassungserlaubnis besessen hätte. Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2002 (1 C 8.02) ergibt sich insoweit nichts anderes. Diese Entscheidung verpflichtet die Ausländerbehörde lediglich dazu, bei einer Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen Minderjährigen den besonderen Ausweisungsschutz für Minderjährige im Rahmen der Ermessenserwägungen zu berücksichtigen.

Da der Kläger keinen besonderen Ausweisungsschutz besitzt, ist er wegen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten zwingend auszuweisen und die Ausweisungsentscheidung nur auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausnahme von der Regelausweisung (U. v. 2.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24) ist nicht auf die zwingende Ausweisung zu übertragen (vgl. BayVGH, B. v. 28.7.2015 - 10 ZB 15.858 m. w. N.).

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung wegen der Gefahr, dass der Kläger auch künftig schwere Straftaten begehen wird, die Schwierigkeiten, die der Kläger bei einer Rückkehr nach Togo zweifellos haben wird, überwiegt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass auch von Art. 8 EMRK (und Art. 6 GG) geschützte familiäre Beziehungen sowie eine Verwurzelung des Ausländers im Bundesgebiet eine Aufenthaltsbeendigung nicht generell ausschließen, sondern lediglich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Würdigung der gegenläufigen Interessen ausreichend berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, B. v. 14.7.2015 - 10 ZB 13.1881 - juris Rn. 8 m. w. N.). Zwar wiegt in Fällen einer tiefgreifenden Verwurzelung das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet schwer, jedoch ist eine Ausweisung solcher Personen gleichwohl nicht unangemessen, wenn der Betreffende hochrangige Rechtsgüter gravierend verletzt hat und weiterhin eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr von ihm ausgeht. Eine Ausweisung eines im Inland geborenen Ausländers kann daher im Einzelfall geboten sein und stellt damit nicht per se einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK oder - wie im Zulassungsverfahren vorgebracht - gegen Art. 1 GG dar. Die sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 2007 (2 BvR 304/07) ergebenden Anforderungen an die Überprüfung einer zwingenden Ausweisung nach den Kriterien der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 Abs. 2 EMRK hat das Erstgericht beachtet, weil es die vom Verfassungsgericht geforderte Verhältnismäßigkeitsüberprüfung vorgenommen hat.

Der Kläger ist der Wertung des Verwaltungsgerichts, dass von ihm auch weiterhin eine erhebliche Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter ausgehe, nicht substantiiert entgegengetreten. Das Erstgericht hat ausgeführt, dass die zahlreichen, strafrechtlichen Vorverurteilungen den Kläger nicht davon abgehalten hätten, weiterhin Straftaten zu begehen, und die letzte massive Straftat den vorläufigen Höhepunkt einer kriminellen Karriere darstelle. Der Kläger habe in der Haft die Teilnahme an einer Sexualtherapie verweigert und sei daher als unbehandelter Sexualstraftäter einzustufen. Alleine der Verweis darauf, dass der Kläger angeboten habe, ein psychologisches Gutachten über seine (weitere) Gefährlichkeit erstellen zu lassen, zieht die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Wiederholungsgefahr nicht ernsthaft in Zweifel. Das Vorbringen, das Erstgericht habe seine Entscheidung auf generalpräventive Erwägungen gestützt, trifft schlicht nicht zu.

Der Kläger hat zudem darauf verwiesen, dass ihm wegen der fehlenden Kenntnisse der Landessprachen von Togo und der Tatsache, dass er keine Verwandten mehr in Togo habe, eine Rückkehr nach Togo unzumutbar sei. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung jedoch berücksichtigt, dass der Kläger gegebenenfalls auf sich allein gestellt sein werde, und bezüglich der Sprachkenntnisse darauf abgestellt, dass dem Kläger in seinem jugendlichen Alter das weitere Erlernen der Landessprache zumutbar sei, so dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse des Klägers am Verbleib im Bundesgebiet überwiege. Angesichts der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr begegnet die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken (vgl. zu den fehlenden Sprachkenntnissen und Bindungen zum Heimatland auch OVG Lüneburg, B. v. 12.12.2013 - 8 ME 162.13 - juris Rn. 34 m. w. N.). Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, dass der Kläger zumindest die Landessprache Kotokoli hinreichend beherrscht, um sich verständlich machen zu können (siehe Telefonnotiz Bl. 59 der VG-Akte über ein Gespräch des Klägers mit seiner Mutter). Die Ausführungen zu Art. 16 GG und Art. 1 GK in der Begründung des Zulassungsantrags gehen an der Sache vorbei, weil der Kläger weder deutscher Staatsangehöriger noch als Flüchtling anerkannt ist. Für eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften besteht kein Bedarf, da im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK Berücksichtigung findet, dass der Kläger in Deutschland geboren ist und sein gesamtes Leben hier verbracht hat.

Soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2002 gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis wendet und vorbringt, der besondere Ausweisungsschutz für Minderjährige sei auch bei der Ermessensentscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen, verkennt er, dass er den besonderen Ausweisungsschutz für Minderjährige nach § 56 Abs. 2 AufenthG nicht für sich in Anspruch nehmen kann, weil er im Zeitpunkt, als die Ausweisungsentscheidung erging, nicht mehr minderjährig war und die Versagung der Aufenthaltserlaubnis ohnehin auf der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG beruht.

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Der Kläger führt zwar aus, dass die Auffassung des Erstgerichts, der Kläger genieße keinen besonderen Ausweisungsschutz, so dass er zwingend und nicht nach Ermessen auszuweisen sei, vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2002 abweiche, er legt jedoch nicht dar, welche bestimmte und verallgemeinerungsfähige Rechtsauffassung das Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und inwiefern diese mit einem konkreten Rechtssatz in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht übereinstimmt. Die divergierenden Rechtssätze sind einander so gegenüber zu stellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BayVGH, B. v. 25.7.2014 - 10 ZB 14.633 - juris Rn. 15). Daran fehl es hier. Eine Divergenz liegt jedoch auch unabhängig von der fehlenden Darlegung des Zulassungsgrunds schon deshalb nicht vor, weil das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sich mit der Übertragbarkeit des Ausweisungsschutzes von Minderjährigen auf die Entscheidung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels befasst. Der Kläger genießt jedoch keinen besonderen Ausweisungsschutz und wendet sich zudem erfolglos gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet, die die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auslöst.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 4 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verletzt worden sei (3.2) oder ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) durch das Verwaltungsgericht vorliege (3.1).

3.1 Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte ein „Prognosegutachten“ einholen müssen, greift nicht durch. Einen entsprechenden Beweisantrag hat der Kläger, der anwaltlich vertreten war, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form gestellt (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 25.7.2014 - 10 ZB 14.633 - juris Rn. 19). Dem Verwaltungsgericht musste sich auch von Amts wegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr nicht aufdrängen (vgl. BayVGH, B. v. 19.1.2015 - 10 CS 14.2656, 10 C10 C 14.2657 - juris Rn. 34).

3.2 Ein Verfahrensmangel ist schließlich auch nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, soweit der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG rügt. Zwar kommt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dann in Betracht, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfG, B. v. 15.2.2011 - 1 BvR 980/10 - juris Rn. 13 m. w. N.). Jedoch erfordert die Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, regelmäßig die substantiierte Darlegung, was der Betroffene bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag entscheidungserheblich gewesen wäre (vgl. BVerwG, B. v. 19.8.1997 - 7 B 261/97 - juris Rn. 4). Dazu enthält die Begründung des Zulassungsantrags jedoch keinerlei Ausführungen.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Aug. 2015 - 10 ZB 15.1056

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Tenor

I. Die Verfahren 10 CS 14.2656 und 10 C 14.2657 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten der Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2656 wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seinen Beschwerden verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- (M 25 S 14.3701) und das Klageverfahren (M 25 K 14.3700) weiter.

Der Antragsteller ist togoischer Staatsangehöriger und wurde am 23.Juni 1995 in der Bundesrepublik geboren. Nachdem er, vertreten durch seine Eltern, die im Jahr 1992 ins Bundesgebiet eingereist und Asyl beantragt hatten, erfolglos zwei Asylverfahren durchgeführt hatte, erhielt er erstmals im Dezember 2004 eine Aufenthaltsbefugnis und zuletzt am 13. Dezember 2005 eine bis 11. April 2010 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 32 Abs. 3 AufenthG, deren Verlängerung er am 9. April 2010 beantragte.

Bei diesem Antrag gab er an, dass gegen ihn wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt werde. Er erhielt deshalb lediglich Bescheinigungen über eine Erlaubnisfiktion gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG. Seit Mai 2011 wird der Antragsteller auf der sog. Properliste für jugendliche Intensivstraftäter wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten geführt. Es liegen folgende strafrechtliche Verurteilungen vor:

1. Urteil des Amtsgerichts München vom 23. Mai 2011: Vier Tage Jugendarrest wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen in Tatmehrheit mit Bedrohung in Tatmehrheit mit Diebstahl.

2. Urteil des Amtsgerichts München vom 24. Januar 2012: Vier Tage Jugendarrest wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und Unterstellung unter einjährige Betreuungsaufsicht hinsichtlich Schule, Ausbildung, Arbeit und Freizeitgestaltung.

3. Urteil des Amtsgerichts München vom 3. April 2012: Jugendstrafe von zehn Monaten mit dreijähriger Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung.

4. Urteil des Amtsgerichts München vom 12. April 2012: Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten mit dreijähriger Bewährung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 3. April 2012 wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort jeweils in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung.

5. Urteil des Landgerichts München I vom 26. November 2013: Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts München vom 12. April 2012.

Wegen der letzten Tat ist der Antragsteller seit 15. Februar 2013 inhaftiert.

Nach erfolgter Anhörung wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus (Nr. 1 des Bescheids vom 7.August 2014), lehnte seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 9. April 2010 ab (Nr. 2) und untersagte die Wiedereinreise für sieben Jahre (Nr. 3). Die Abschiebung nach Togo bzw. in einen anderen aufnahmebereiten bzw. zur Rückübernahme verpflichteten Staat aus der Haft wurde angeordnet bzw. angedroht (Nr. 4).

Zur Begründung der Ausweisungsentscheidung führte die Antragsgegnerin aus, dass der Antragsteller zwingend auszuweisen sei (§ 53 Nr. 1 AufenthG). Besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG genieße er nicht, weil er nur bis zum 11. April 2010 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei. Die Ausweisung entspreche Art. 8 Abs. 2 EMRK. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei vor allem von Bedeutung, ob der Ausländer über soziale Bindungen zu seinem Herkunftsland verfüge, welche Bindungen er im Gastland habe und ob die Ausweisung wegen Straftaten erheblicher Schwere einem dringenden sozialen Bedürfnis entspreche. Die Eltern und Geschwister des Antragstellers lebten in Deutschland. Er habe die Schule mit dem Hauptschulabschluss beendet, aber noch keine Berufsausbildung begonnen. Es werde davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Muttersprache der Eltern zumindest verstehe, da die Eltern erst im Jahr 1992 von Togo nach Deutschland eingereist seien. Zu den beiden Halbschwestern in Togo habe der Antragsteller eine durchaus enge Bindung. Als Erwachsener sei er nicht mehr auf den Beistand von Familienangehörigen angewiesen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller und seine Familie noch gute Kontakte und einen Bezug nach Togo hätten. Der Antragsteller sei massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er sei bereits zweimal zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Er habe sich auch bereits zweimal in der Jugendarrestanstalt zur Verbüßung eines Arrests befunden. Dies hätte jedoch keinen Eindruck bei ihm hinterlassen. Am 14. Februar 2013 sei er massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er sei wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen worden. Das Gericht habe festgestellt, dass der Antragsteller und seine Mittäter mehrfach gegen den Willen der Geschädigten sexuelle Handlungen an ihr vornahmen, die sie sehr erniedrigten und auch zu gravierenden psychischen Folgen führten. Zu Lasten des Antragstellers habe die Art und Weise der Ausführung der Taten gesprochen. Äußerst negativ sei auch das Nachtatverhalten gewertet worden. Er habe keinerlei Schuldeinsicht gezeigt. Strafverschärfend habe sich weiter ausgewirkt, dass der Antragsteller bereits mehrfach vorgeahndet gewesen sei und innerhalb einer offenen Bewährung gehandelt habe. Es bestehe auch nach der Haftentlassung die Gefahr, dass der Antragsteller ähnlich gelagerte Straftaten begehe. Das ergebe sich aus dem Umstand, dass die bisher verhängten Jugendstrafen oder Jugendarreste offenbar keinerlei Eindruck bei ihm hinterlassen hätten. Zudem habe er keinerlei Schuldbewusstsein oder Einsicht an den Tag gelegt. Er habe eine enorme kriminelle Energie bewiesen, weil er sich auch dann nicht von seinem Vorhaben abbringen habe lassen und sexuelle Handlungen an der Geschädigten vorgenommen habe, obwohl diese immer wieder ihren entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht habe. Aufgrund des massiven delinquenten Verhaltens, der hohen Rückfallgeschwindigkeit und der geringen Achtung der körperlichen Unversehrtheit und sexuellen Selbstbestimmung anderer bestehe die konkrete Gefahr weiterer schwerer Straftaten durch den Antragsteller im Bundesgebiet. Im Rahmen der Abwägung der privaten Interessen an einem weiteren Verbleib des Antragstellers im Bundesgebiet mit den öffentlichen Interessen an seiner Ausreise zeige sich, dass die öffentlichen Interessen überwögen.

Die Versagung des Aufenthaltstitels begründete die Antragsgegnerin mit dem Vorliegen des absoluten Versagungsgrundes des § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AufenthG sowie des Versagungsgrundes des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Zwar könne von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG bei Aufenthaltserlaubnissen zum Familiennachzug abgesehen werden. Die Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltserlaubnis und den persönlichen Interessen des Antragstellers führe aber auch hier zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiege.

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller Klage erheben (M 25 K 14.3700). Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung eines Aufenthaltstitels anzuordnen bzw. wiederherzustellen (M 25 S 14.3701). Für beide Verfahren beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten.

Mit Beschluss vom 6. November 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis anzuordnen, sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klage- und das Antragsverfahren ab. Dem Erfolg des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wegen der Versagung der Aufenthaltserlaubnis stehe bereits die Sperrwirkung der verfügten Ausweisung entgegen. Auch wenn die Ausweisung des Antragstellers wegen der aufschiebenden Wirkung der gegen sie gerichteten Anfechtungsklage nicht vollziehbar sei, sei sie dennoch wirksam. Dies genüge für die Auslösung der Sperrwirkung. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG gebiete aber, dass im Rahmen des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis eine summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung erfolge. Die Ausweisung finde ihre Rechtsgrundlage in § 53 Nr. 1 AufenthG. Besonderen Ausweisungsschutz genieße der Antragsteller nicht. Neben der Regelvermutung, dass schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Ausweisung des Antragstellers rechtfertigten, stütze auch die beim Antragsteller zu bejahende konkrete Wiederholungsgefahr die Zulässigkeit der Ausweisung. Die danach einfachgesetzlich zulässige Ausweisung des Antragstellers sei auch mit Blick auf die Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK und auf höherrangiges Verfassungsrecht als nicht unverhältnismäßig anzusehen. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung, die nicht in eine allgemeine Ermessensausübung münde, sei zu berücksichtigen, dass beim Antragsteller mit Blick auf sein bisheriges Verhalten von einer hohen Wiederholungsgefahr für die Begehung schwerer Straftaten auszugehen sei. Auch seien die den Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten nicht als bloße vorübergehende Jugenddelinquenz zu betrachten. Das Landgericht München I habe im Urteil vom 26. November 2013 herausgestellt, dass beim Antragsteller schädliche Neigungen vorlägen. Zu seinen Gunsten sei zu berücksichtigen, dass er hier geboren und aufgewachsen sei und er einen Hauptschulabschluss besitze. Auch wenn er seine Heimatsprache „Kotokoli“ nur sehr gebrochen spreche, sei ihm eine Rückkehr nach Togo zuzumuten. Nach der geplanten Haftentlassung im August 2016 werde er 21 Jahre alt sein. Er könne dann ohne die Unterstützung von Bekannten und Verwandten zu Recht kommen. Er könne bei einem weiteren Spracherwerb auf die vorhandenen, wenn auch geringen Kenntnisse aufbauen. Der Antragsteller befände sich in einem Alter, in dem ihm das Erlernen einer neuen Sprache ohne weiteres zumutbar sei. Aufgrund der Kontaktaufnahme der Familie zur togoischen Fußballnationalmannschaft und der aktenkundigen fußballerischen Begabung könne sich für den Antragsteller nach Verbüßung der Strafhaft in Togo auch eine sportliche Zukunft aufbauen lassen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und für die Anfechtungsklage samt Nebenentscheidungen werde aus denselben Gründen abgelehnt. Die Befristung sei rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Dem Antragsteller könnten bereits vor Ablauf der Sperrfrist Betretenserlaubnisse erteilt werden. Es bleibe ihm auch unbenommen, einen Antrag auf Festsetzung einer kürzeren Frist zu stellen.

Im Beschwerdeverfahren beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München aufzuheben, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu gewähren.

Zur Begründung bringt er vor, die Auffassung des Erstgerichts, dass bereits der Erlass der Ausweisungsverfügung die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 11 AufenthG hindere, verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Für eine tatsächliche Überprüfung bleibe kein Raum mehr. Die Ausweisungsverfügung sei allein auf generalpräventive Gesichtspunkte gestützt worden. Dies verstoße gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. August 2007. Das Bundesverfassungsgericht stelle alle Ausweisungstatbestände, unabhängig davon, ob es sich um eine Ist-, Regel- oder Ermessensausweisung handle, unter den Vorbehalt einer verfassungsrechtlich vorgegebenen Einzelfallentscheidung. Das Erstgericht gehe irrig von einer zwingenden Ausweisung aus. Der Antragsteller besitze einen besonderen Ausweisungsschutz gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 4 AufenthG. Er sei im Bundesgebiet geboren und halte sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig mit Aufenthaltserlaubnis in der Bundesrepublik auf. Selbst wenn kein besonderer Ausweisungsschutz bestünde, sei ein Regel-Ausnahme-Verhältnis nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts in den sog. Verwurzelungsfällen zu treffen. Das Gericht habe übersehen, dass „Kotokoli“ ein Stammesdialekt sei, der nur mündlich weitergegeben werde. Das Gericht hätte darlegen müssen, wie das Erlernen eines Stammesdialekts ohne Lehrer und Bücher möglich sein solle. Zudem spreche der Antragsteller auch kein Französisch. Die Ausführungen zu den Sprachkenntnissen stützten sich auf Erkenntnisse, die ohne Beweisaufnahme durch das Gericht nicht unterstellt werden könnten. Es könne nicht ernsthaft angenommen werden, dass sich der fußballerisch begabte Antragsteller in Togo eine sportliche Zukunft aufbauen könne. Diese ohne jeden konkreten Bezug zur Realität ausgesprochene Hoffnung vermöge nicht die Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung eines faktischen Inländers zu stützen. Es verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, wenn der Entscheidung des Erstgerichts zugrunde gelegt werde, dass der Antragsteller schon vor Erreichen der Strafmündigkeit straffällig geworden sei. Die Entscheidung des Erstgerichts lasse zudem jede eigene Auseinandersetzung mit der Straftat und deren Motiven sowie eine Zukunftsprognose vermissen. Zusammenfassend sei auszuführen, dass der Ausgang des Klageverfahrens bezüglich der Ausweisung des Antragstellers zumindest offen und eine Beweisaufnahme zu verschiedenen Punkten durchzuführen sei. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens könne nicht von einem überwiegenden Vollzugsinteresse ausgegangen werden.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg. Die für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2656 dargelegten Gründe, die der Senat ausschließlich prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der Nr. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. November 2014 (1.). Die Beschwerde gegen Nr. IV des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. November 2014 (10 C 14.2657) ist ebenfalls unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren M 25 K 14.3700 und für das Antragsverfahren M 25 S 14.3701 zu Recht abgelehnt hat (2.).

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nr. 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 7. August 2014, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 9. April 2010 abgelehnt worden ist, voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und hat daher den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht abgelehnt.

Das Erstgericht stellt zur Begründung seiner Entscheidung darauf ab, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe, weil die Sperrwirkung der in Nr. 1 des Bescheids vom 7. August 2014 verfügten Ausweisung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehe (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG). Da für die Auslösung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AufenthG bereits die Wirksamkeit der Ausweisung ausreicht (Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, AufenthG § 11 Rn. 4), hat das Erstgericht im Rahmen des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis eine Überprüfung der Ausweisungsverfügung vorgenommen. Diese Vorgehensweise verstößt entgegen dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Dies ergibt sich aus Folgendem: Gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen Widerspruch und Klage unbeschadet der aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung unberührt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber entschieden, dass der Eintritt der Wirksamkeit einer Ausweisungsverfügung auch dann nicht gehemmt werden soll, wenn die sofortige Vollziehung nicht angeordnet wurde (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar, AufenthG, § 84 Rn. 38 m.w.N.). Wird der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG einer gleichzeitig verfügten Ausweisung abgelehnt, so hat dies zur Folge, dass insoweit auch die Ausweisungsverfügung mittelbar vollzogen wird. Unerlässlich ist es deshalb, um den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu genügen, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Versagung der Aufenthaltserlaubnis die Ausweisungsverfügung auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft wird (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar, AufenthG, § 84 Rn. 49). Das Erstgericht hat eine summarische Inzidentprüfung (vgl. Hailbronner, AufenthG, § 11 Rn. 14 m.w.N.) der Ausweisungsverfügung vorgenommen. Diese summarische Überprüfung der Ausweisungsverfügung im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis hindert entgegen dem Beschwerdevorbringen eine richterliche Überprüfung einer nicht für sofort vollziehbar erklärten Ausweisungsverfügung nicht. Diese findet jedenfalls im Rahmen des Klageverfahrens gegen die Ausweisungsverfügung statt. Sollte das Gericht im Rahmen des Hauptsacheverfahrens zu dem Ergebnis kommen, dass die Ausweisung rechtswidrig ist, tritt auch die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nicht ein. Im Übrigen hat sich das Erstgericht nicht auf eine summarische Überprüfung der Ausweisung beschränkt. Sämtliche rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausweisung wurden überprüft. Fragen, die einer tatsächlichen Klärung im Hauptsacheverfahren bedurft hätten, bestanden nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht.

Soweit im Beschwerdeverfahren gerügt wird, dass die Ausweisungsverfügung nur auf generalpräventive Gründe gestützt worden sei und die verfassungsrechtlich vorgegebene Einzelfallentscheidung nicht erfolgt sei, trifft dies nicht zu. Das Erstgericht hat ebenso wie die Antragsgegnerin im Bescheid vom 7. August 2014 eine konkrete Wiederholungsgefahr für die Begehung weiterer schwerer Straftaten beim Antragsteller bejaht. Das Verwaltungsgericht hat insoweit auf seine strafrechtlichen Verurteilungen, insbesondere die zuletzt vom Antragsteller begangene Straftat (Vergewaltigung und Körperverletzung) abgestellt. Es hat betont, dass weder die Verbüßung von Jugendarrest noch die Verhängung von Jugendstrafen zur Bewährung positiv auf den Antragsteller hätten einwirken können, er im Strafverfahren die Tat geleugnet und keine Schuldeinsicht gezeigt habe und das Elternhaus auf seine Straftaten nicht oder in schädlicher Weise reagiert habe und er nach der Strafentlassung in eine vorbelastete Umgebung zurückkehre.

Auch die in der Beschwerdebegründung geäußerte Auffassung, die Ausweisungsentscheidung habe die individuellen Lebensumstände des Antragstellers nicht erfasst, weil dies durch das von der Ausländerbehörde bzw. dem Erstgericht angelegte Prüfprogramm nicht gewährleistet sei, ist nicht zutreffend. Die Ausländerbehörde und das Verwaltungsgericht sind davon ausgegangen, dass der Antragsteller wegen der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten zwingend auszuweisen sei (§ 53 Nr. 1 AufenthG). Die verfügte Ausweisung entspricht jedoch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wonach auch bei Anwendung des gesetzlichen Stufensystems für Ausweisungen die Umstände des Einzelfalls zu prüfen seien, da nur diese Prüfung sicherstellen könne, dass die Verhältnismäßigkeit bezogen auf die Lebenssituation des betroffenen Ausländers gewahrt bleibe (BVerfG, B.v. 10.8.2007 – 2 BvR 535/06 – juris Rn. 19), weil das Verwaltungsgericht eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Maßstäbe des Art. 8 EMRK vorgenommen hat. Insbesondere legt der Antragsteller insoweit nicht dar, inwieweit die vom Erstgericht anhand von Art. 8 EMRK und Art. 2 Abs. 1 GG vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung der Ausweisung nicht der sich aus dem Verfassungsrecht ergebenden Verpflichtung entspricht, die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zu untersuchen.

Ebenso wenig legt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren dar, aus welchen Gründen er besonderen Ausweisungsschutz i.S.v. § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG genießen solle. Die Rechtsfolge des § 56 Abs. 1 Satz 2 und 4 AufenthG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden darf und die zwingende Ausweisung zu einer Regelausweisung herabgestuft wird, tritt nur ein, wenn der Ausländer den besonderen Ausweisungsschutz i.S.v. § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für sich in Anspruch nehmen kann. Der Antragsteller ist zwar im Bundesgebiet geboren und hat sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, er besitzt jedoch nicht die nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG für das Bestehen eines besonderen Ausweisungsschutzes erforderliche Aufenthaltserlaubnis. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass es für das Bestehen eines besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auf den tatsächlichen Besitz der Aufenthaltserlaubnis ankommt und die Fiktionswirkung des Verlängerungsantrages gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG dem tatsächlichen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nicht gleichsteht. Diese Rechtsauffassung des Erstgerichts ist zutreffend (Alexy in Hofmann/Hofmann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, AufenthG, § 56 Rn. 9) und wurde vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht in Zweifel gezogen.

Die im Beschwerdeverfahren vertretene Rechtsansicht, wonach selbst dann, wenn kein besonderer Ausweisungsschutz bestünde, wegen der Verwurzelung des Antragstellers ein „Regel-Ausnahme-Verhältnis nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 2 BvR 1392/10) zu treffen sei“, ist nicht zutreffend. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei Vorliegen einer zwingenden Ausweisung die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2007 – 1 C 10/07 – juris Rn. 24), wonach ein Ausnahmefall von der Regelausweisung – und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung – bereits dann vorliegt, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten, keine Anwendung findet. Diese Rechtsprechung ist zum Regelausweisungstatbestand des § 54 AufenthG bzw. zu einer wegen des Vorliegens besonderen Ausweisungsschutzes zur Regelausweisung herabgestuften zwingenden Ausweisung ergangen. Sie ist nicht auf die Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG übertragbar. Eine Ist-Ausweisung ist allein auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Die vom Antragsteller angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit es nicht zulasse, das Gewicht des für eine Ausweisung sprechenden öffentlichen Interesses allein anhand der Typisierung der den Ausweisungsanlass bildenden Straftaten zu bestimmen (BVerfG, B.v. 10.5.2007 – 2 BvR 304/07), hat nicht zur Folge, dass aus einer zwingenden Ausweisung eine Ermessensausweisung wird, wenn verfassungsrechtlich oder völkerrechtlich geschützte private Interessen des Ausländers tangiert sind. Die bei einem zwingenden Ausweisungstatbestand verfassungsrechtlich vorgegebene Verhältnismäßigkeitsprüfung führt nicht zu einer durch den Gesetzeswortlaut des § 53 AufenthG ausdrücklich ausgeschlossenen Ermessensentscheidung, sondern beinhaltet lediglich die Pflicht, die der Ausweisung zugrundeliegende Straftat unter Berücksichtigung sämtlicher Tatumstände und der sich aus den Straftaten ergebenden Gefahr zu gewichten und mit eventuell entgegenstehenden privaten Interessen des Ausländers abzuwägen (vgl. zum Ganzen Hailbronner, AuslR, AufenthG, vor § 53 Rn. 10 ff.).

Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorträgt, die Ausweisungsverfügung sei nicht rechtmäßig, weil er die Landessprache (Kotokoli) und Französisch nicht spreche und das Gericht zu Unrecht von einer sportlichen Zukunft als Fußballer in Togo ausgegangen sei, führt dies nicht zur Abänderung oder Aufhebung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Antragsteller entsprechend seinem Vortrag im Antragsverfahren „Kotokoli“ zumindest „sehr gebrochen“ spreche. Ausschlaggebend für die Auffassung des Erstgerichts, das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Antragstellers überwiege das von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Interesse des Antragstellers trotz der nur geringen Sprachkenntnisse, war, dass dem Antragsteller das Erlernen seiner Heimatsprache zumutbar sei, weil er zumindest Grundkenntnisse der Sprache besitze und sich in einem Alter befinde, in dem er eine neue Sprache noch erlernen könne. Ob er sich um den weiteren Spracherwerb bereits während seiner Strafhaft bemüht oder erst in seinem Heimatland Anstrengungen zum Spracherwerb unternimmt, war für das Erstgericht dabei nicht maßgebend. Im Übrigen spricht nach der Aktenlage vieles dafür, dass die Sprachkenntnisse des Antragstellers in seiner Heimatsprache „Kotokoli“ besser sind als von ihm im Antragsverfahren behauptet. Insoweit hat das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt, dass die Mutter mit ihren Kindern zumindest teilweise in „Kotokoli“ gesprochen habe, weil sie nicht so gut Deutsch spreche. Zudem ergibt sich aus dem Jugendgerichtshilfebericht der AWO vom 30. Oktober 2013, dass der Antragsteller telefonischen Kontakt zu seinen Halbschwestern in Togo hatte. Ein solcher telefonischer Kontakt setzt zumindest Grundkenntnisse der Landessprache voraus. Wie sich bereits aus der Formulierung im Beschluss ergibt, verstand das Erstgericht eine eventuelle Karriere als Fußballspieler in Togo nicht als konkrete Zukunftschance, die maßgeblichen Einfluss auf das Abwägungsergebnis gehabt hätte, sondern nur als Hinweis, dass der Antragsteller eventuell auch seine fußballerische Begabung nutzen könnte.

Dem Verwaltungsgericht kam es bei der Abwägungsentscheidung auch nicht maßgeblich darauf an, ob die Halbschwestern des Antragstellers noch in Togo lebten und dem Antragsteller in der Anfangszeit unterstützend zur Seite stehen könnten. Es hat entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass der Antragsteller im Zeitpunkt seiner geplanten Haftentlassung 21 Jahre alt sein werde und es ihm in diesem Alter auch zuzumuten sei, sich ohne die Unterstützung seiner Familie eine Existenz in Togo aufzubauen. Der Schwierigkeiten, die sich hierbei für den Antragsteller ergeben würden, war sich das Gericht bewusst, es bewertete aber die vom Antragsteller ausgehende Wiederholungsgefahr als so schwerwiegend, dass selbst die zweifellos bestehenden Schwierigkeiten beim Aufbau einer Zukunft im Heimatland nicht zu einem Überwiegen des Interesses des Antragstellers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet führen.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdebegründung hat das Gericht seiner Auffassung, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch weitere Verfehlungen des Antragstellers drohe und von ihm somit eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgehe, auch keine Straftaten zugrunde gelegt, die der Antragsteller vor Erreichen der Strafmündigkeit begangen hatte. Die vom Antragsteller vor Eintritt der Strafmündigkeit begangenen Straftaten sind lediglich bei der Sachverhaltsdarstellung erwähnt. Ausschlaggebend für die Annahme der konkreten Wiederholungsgefahr waren die zahlreichen (teilweise schweren) Straftaten nach Eintritt der Strafmündigkeit, die Erfolglosigkeit der Maßnahmen der Jugendhilfe, die Tatsache, dass der Antragsteller von der Verbüßung des Jugendarrests vollkommen unbeeindruckt blieb, die Begehung weiterer Straftaten innerhalb der Bewährungszeit sowie sein Verhalten nach Begehen der letzten Straftat. Wenn das Erstgericht in dem Beschluss erwähnt, dass der Antragsteller schon als strafunmündiges Kind mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei und es gebrochen habe, dient dies lediglich der Abrundung des sich nach Eintritt der Strafmündigkeit abzeichnenden Bildes einer sich seit Jahren entwickelnden und steigernden kriminellen Karriere des Antragstellers.

Entgegen dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren hat sich das Erstgericht mit der Straftat des Antragstellers, die letztlich zu seiner Ausweisung führte, auseinandergesetzt und ist aufgrund des Verhaltens des Antragstellers in der Vergangenheit zu dem Ergebnis gekommen, dass auch in Zukunft eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung von ihm ausgeht. Bei der Bewertung der vom Antragsteller begangenen Straftat hat sich das Erstgericht im Wesentlichen der Beurteilung des Landgerichts München I im Urteil vom 26. November 2013 angeschlossen. Es wurde berücksichtigt, dass sich beim Antragsteller keine Hinweise auf Reife- oder Entwicklungsverzögerungen oder sonstige Erklärungen für sein Verhalten ergeben hätten, die Art und Weise der Ausführung der Taten eine besondere kriminelle Energie gezeigt habe, weil er den vom Opfer deutlich geäußerten entgegenstehenden Willen nicht beachtet habe und neben der Vergewaltigung auch den Straftatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung erfüllt habe. Zudem habe er keinerlei Schuldeinsicht gezeigt und nach der Tat versucht, seine Mitangeklagten im Hinblick auf ihr Aussageverhalten im Strafprozess zu beeinflussen. Die Auffassung des Erstgerichts, dass beim Antragsteller eine konkrete Wiederholungsgefahr für die Begehung weiterer Straftaten bestehe und auch die Hauptverhandlung im Strafprozess keine Zäsur bewirkt habe, hat der Antragsteller mit seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt. Das Erstgericht hat betont, dass weder die Unterstellung unter die Aufsicht und Betreuung des Jugendamtes, die Verbüßung von Jugendarrest noch die Verhängung von Jugendstrafen zur Bewährung positiv auf den Antragsteller hätten einwirken können. Er habe im Strafverfahren die Tat geleugnet und keine Schuldeinsicht gezeigt. Das Elternhaus sei nicht in der Lage gewesen, auf die Verfehlungen des Antragstellers zu reagieren, so dass eine beabsichtigte Rückkehr nach der Strafentlassung in eine Umgebung, die bislang bereits nicht förderlich gewesen sei, die Wiederholungsgefahr nicht entfallen ließe. Allein die bekundete Absicht, ein Sachverständigengutachten bezüglich der Zukunftsprognose des Antragstellers einholen zu wollen, zieht die auf konkreten Tatsachen und Verhaltensweisen des Antragstellers beruhende Feststellung des Erstgerichts, dass vom Antragsteller eine Wiederholungsgefahr ausgehe, nicht in Zweifel.

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten nach § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 127 Abs. 2 ZPO liegen weder für das Klageverfahren noch für das Antragsverfahren vor.

Prozesskostenhilfe erhält derjenige, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Insoweit ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird und daher auch bei der Interessenabwägung im Antragsverfahren, die anhand der Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren erfolgt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers das private Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist der Senat allerdings nicht auf die Prüfung des Beschwerdevorbringens begrenzt. Aber auch aus den vorgelegten Akten und dem Parteivortrag vor dem Verwaltungsgericht ergibt sich nicht, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ausweisung des Antragstellers sei rechtmäßig, so dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bereits an § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG scheitere, nicht zutreffend wäre. Auch wenn der Antragsteller in Deutschland geboren ist, hier sein ganzes Leben verbracht hat und seine Kernfamilie hier lebt, ist die Ausweisung nicht unverhältnismäßig i.S.v. Art. 8 Abs. 2 EMRK. Der Antragsteller wird bei seiner Rückkehr nach Togo bereits 21 Jahre alt sein. Die Kontakte zu seinen bisher in Togo lebenden entfernteren Familienangehörigen zeigen, dass er sich zumindest mündlich in der Landessprache verständigen kann. Ebenso bestehen offensichtlich Kontakte der Familie in das Heimatland. Die Mutter des Antragstellers hat sich zuletzt im Dezember 2012 dort aufgehalten. Zudem leben wohl auch die Großeltern des Antragstellers dort (vgl. Schreiben d. Antragstellers v. 8.4.2013 an einen Mitangeklagten). Die bislang bekannten Tatsachen zum Verhalten des Antragstellers in der Vergangenheit, den von ihm begangenen Straftaten und dem Verhalten nach der Tat reichen aus, um das Vorliegen einer nach wie vor bestehenden Gefahr erheblicher künftiger strafrechtlicher Verfehlungen des Antragstellers zu begründen. Angesichts der erheblichen Wiederholungsgefahr und dem hohen Rang der vom Antragsteller durch seine Straftaten verletzten Schutzgüter ist die Ausweisung auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Togo haben wird, notwendig i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren sind auch nicht offen. Nach dem derzeitigen Sachstand muss das Erstgericht kein Sachverständigengutachten bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr oder zur Beurteilung der Zukunftsprognose für den Antragsteller einholen. Der Tatrichter hat insoweit eine eigene Prognoseentscheidung zu treffen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Wiederholungsgefahr bedarf es nur in Ausnahmefällen. Nur bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen ist zur Beurteilung der Wiederholungsgefahr gegebenenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich (BVerwG, B.v. 13.3.2009 – 1 B 20.08 – juris Rn. 6). Anhaltspunkte für eine solche psychische Erkrankung beim Antragsteller ergeben sich aus den vorliegenden Akten nicht. Auch bezüglich der Sprachkenntnisse des Antragstellers bedarf es keiner Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren. Die Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin würde sich auch dann als rechtmäßig erweisen, wenn der Antragsteller nur „sehr gebrochen“ Kotokoli sprechen könnte, da ihm ein weiterer Spracherwerb, gegebenenfalls auch erst in Togo, zugemutet werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2656 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2657 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.

Der am 18. Februar 1992 in der Ukraine geborene Kläger wuchs bis 2001 in seinem Heimatstaat auf, wo er die Grundschule bis zur zweiten Klasse besuchte. Im Oktober 2001 reiste er zusammen mit seiner Mutter, einer Halbschwester, den Großeltern und seiner Urgroßmutter als jüdischer Kontingentflüchtling nach Deutschland ein und erhielt hier auf Antrag am 6. November 2001 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

Nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht verließ der Kläger am Ende der achten Klasse die Hauptschule ohne Schulabschluss. Von März bis August 2009 und vom 14. September 2009 bis 26. Januar 2010 absolvierte er Berufsbildungs- bzw. Ausbildungsmaßnahmen, die er jedoch jeweils wieder abbrach.

Ab September 2004 trat der Kläger vielfach strafrechtlich in Erscheinung, unter anderem wegen Diebstahls, teilweise in besonders schwerem Fall, wegen mehrerer Körperverletzungsdelikte, wegen Leistungserschleichung, schwerer Körperverletzung sowie gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung.

Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 11. Mai 2006 wurde er wegen vorsätzlicher Körperverletzung verwarnt. Die gleichzeitig verhängte Auflage von Arbeitsleistungen wurde später wegen Nichterfüllung in eine Woche Ungehorsamsarrest umgewandelt.

Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 25. Januar 2007 wurden gegen den Kläger wegen Diebstahls zwei Freizeitarreste verhängt.

Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 3. Mai 2007 wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung in drei sachlich zusammentreffenden Fällen, in Tatmehrheit mit Sachbeschädigung, sachlich zusammentreffend mit gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung, rechtlich zusammentreffend mit gemeinschaftlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit Diebstahl, sachlich zusammentreffend mit Urkundenfälschung zu einer Jugendstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 14. Juli 2008 wurde der Kläger wegen Nötigung, sachlich zusammentreffend mit vorsätzlicher Körperverletzung, in Tateinheit mit gemeinschaftlichem Raub, in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Amtsgericht Augsburg vom 3. Mai 2007 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde mit Urteil des Landgerichts Augsburg - Jugendkammer - vom 19. Januar 2009 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass die verhängte Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg - Jugendschöffengericht - vom 3. Mai 2010 wurde der Kläger wegen Leistungserschleichung in zwei selbstständigen Fällen in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Landgericht Augsburg vom 19. Januar 2009 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 28. November 2011 wurde gegen den Kläger wegen Diebstahls in zehn tatmehrheitlichen Fällen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Augsburg vom 3. Mai 2010 eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren neun Monaten verhängt. Die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt (nach Vollstreckung einer Jugendstrafe von einem Monat) wurde gleichzeitig angeordnet. In den Urteilsgründen wird ausgeführt, der Kläger habe trotz mehrerer, auch einschlägiger Verurteilungen und nach dem Vollzug eines Teils einer Jugendstrafe nicht davon abgelassen, Straftaten zu begehen und weiter Drogen zu konsumieren. Laut Auskunft des Gutachters werde er auch in Zukunft mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit mit Straftaten in Erscheinung treten, wenn er seine Drogenabhängigkeit (Heroin) nicht durch eine Therapie in den Griff bekomme. Die bei ihm vorliegenden schädlichen Neigungen seien offen zutage getreten. Der Kläger habe das Diebesgut jeweils umgehend dazu verwendet, sich Drogen zu beschaffen. Mehrere ihm eingeräumte Bewährungschancen habe er nicht nutzen können.

Ab 28. Dezember 2011 befand sich der Kläger im Rahmen seiner Unterbringung in einer stationären Therapie, wo es jedoch zu zwei Drogenrückfällen und einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Mitpatienten kam.

Mit Bescheid vom 28. September 2012 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Dieser Bescheid wurde durch die Beklagte nach einem gerichtlichen Hinweis auf einen möglichen Rechtsfehler im Hinblick auf das Regel-/Ausnahmeverhältnis wieder aufgehoben, das dagegen anhängige Klageverfahren (Au 1 K 12.1396) daraufhin mit Beschluss vom 14. Februar 2013 eingestellt.

Nachdem zunächst mit Beschluss des Amtsgerichts Neumarkt i.d. OPf. vom 26. September 2012 die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt aufgrund mehrerer festgestellter Regelverstöße für erledigt erklärt worden war, ordnete das Landgericht Nürnberg-Fürth - Jugendkammer I - mit Beschluss vom 6. Dezember 2012 unter Aufhebung dieses Beschlusses die Fortdauer der Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt an. Mit Beschluss vom 26. Februar 2013 erklärte das Amtsgericht Deggendorf schließlich die durch das Amtsgericht Bamberg mit Urteil vom 28. November 2011 angeordnete Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt für erledigt. Der noch nicht verbüßte Rest der gegen den Kläger verhängten Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten wurde dabei nicht zur Bewährung ausgesetzt. Grund für diese Erledigterklärung waren erneute Rückfälle und Regelverstöße des Klägers sowie eine bei ihm nicht mehr auszumachende Therapiemotivation, weshalb eine weitere Therapie als aussichtslos angesehen wurde.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2013 wies die Beklagte den Kläger (erneut) aus dem Bundesgebiet aus (Nr. 1.), befristete die Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre fünf Monate (Nr. 2.) und drohte ihm die Abschiebung in die Ukraine an (Nr. 3. und 4.). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, mit der Verurteilung vom 28. November 2011 zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren neun Monaten sei der zwingende Ausweisungstatbestand nach § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Der Kläger genieße nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Daher werde gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die zwingende Ausweisung zu einer Regelausweisung herabgestuft. Schwerwiegende Gründe im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG seien in seinem Fall gegeben, da insbesondere aufgrund seines bisherigen Verhaltens, der von ihm begangenen Straftaten sowie des Umstands, dass auch künftig weitere schwere Straftaten von ihm zu befürchten seien, vom Kläger eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ausgehe. Ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt liege zwar weder hinsichtlich der bei ihm abgeurteilten Straftaten noch bezüglich seiner familiären Umstände vor. Im Hinblick auf die Bedeutung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei jedoch gleichwohl eine individuelle Würdigung der Belange des Klägers vorzunehmen. Die Ausweisung werde daher im Rahmen des Ermessens verfügt. Die Ausweisung sei auch unter Beachtung des § 55 Abs. 3 AufenthG ermessensgerecht. Sie sei sowohl aus spezial- wie auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich und zulässig, um weitere Straftaten, die die Grundinteressen der Gesellschaft berührten, zu verhindern. Unzweifelhaft stelle das Verhalten des Klägers eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Im Hinblick auf seine strafrechtlichen Verurteilungen, das derzeit noch laufende Betrugsverfahren und den Therapieabbruch sei festzustellen, dass auch die Haft und der Maßregelvollzug keine erzieherische Wirkung erzielt hätten und der Kläger deshalb auch künftig ein sucht- und strafdeliktsgeprägtes Leben führen werde. Der Kläger habe sich über lange Jahre hinweg als Bewährungsversager erwiesen. Die Rückfallneigung zur Begehung erneuter Straftaten sei bei ihm extrem hoch. Die Tatsache, dass er weder die Schule noch eine Ausbildung abgeschlossen habe, komme insoweit erschwerend hinzu. Mit der Ausweisung solle aber auch anderen Ausländern deutlich vor Augen geführt werden, dass gerade Verurteilungen wegen Straftaten, wie sie der Kläger begangen habe, die Beendigung des Aufenthalts in Deutschland zur Folge hätten. Die Ausweisung verstoße nicht gegen Art. 8 EMRK und Art. 6 GG. Der Kläger habe sich in der Bundesrepublik weder sozial noch wirtschaftlich integrieren können. Die Sprache seines Herkunftslandes beherrsche er nach wie vor gut. Er sei volljährig. Seine familiäre Bindung zur Mutter und zur Halbschwester dürfte auch gemessen an den Besuchen in der Justizvollzugsanstalt keine besonders feste mehr sein. Eine räumliche Trennung sei dem Kläger nach alledem zumutbar. Die verfügte Sperrfrist von 5 Jahren 5 Monaten sei verhältnismäßig.

Auf die hiergegen erhobene Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, die Wirkungen der Ausweisung auf vier Jahre zu befristen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Ausweisungsentscheidung der Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die angestellten Ermessenserwägungen seien ausgehend von dem durch § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen Prüfungsrahmen nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen und die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vertretbar gewichtet. Die Ausweisung sei auch mit Art. 8 EMRK vereinbar. Sie stelle im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben des Klägers dar. Der Kläger habe zwar die Hälfte seines Lebens in der Bundesrepublik verbracht und mittlerweile in der Haft einen Schulabschluss nachgeholt. Er sei noch vergleichsweise jung und nicht sehr hafterfahren. Die näheren Verwandten des Klägers lebten alle in Deutschland. Andererseits habe der Kläger neun Jahre in der Ukraine gelebt, dort die Schule besucht. Er sei jedenfalls in bestimmtem Umfang mit den dortigen Lebensumständen vertraut, beherrsche die russische Sprache und werde nach Auffassung des Gerichts in der Lage sein, sein Leben in der Ukraine problemlos zu gestalten. Der Kläger sei nach wie vor drogenabhängig. Er habe seit seinem 13. Lebensjahr in erheblichem Umfang Alkohol konsumiert, später seien Cannabis und ab 2009 auch Opiate und Heroin dazugekommen. Die massive Suchtproblematik mit all ihren Begleitumständen sei nach wie vor unverändert. Eine begonnene Drogentherapie habe der Kläger abgebrochen. Ganz erheblich seien die vom Kläger begangenen Straftaten zu gewichten. In den Strafurteilen fänden sich fortlaufend negative Bewertungen hinsichtlich einer Sozialprognose beim Kläger. Auch in der Haft sei der Kläger negativ in Erscheinung getreten. Dagegen habe die Klage teilweise Erfolg, soweit sie inzident auf die Verkürzung der Sperrfrist gerichtet sei. Ausgehend von den genannten Umständen erscheine der Kammer vorliegend eine Frist von vier Jahren als angemessen und ausreichend.

Mit seiner durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juli 2014 zugelassenen Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, da die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen ausgehend von dem durch § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen Prüfungsrahmen fehlerhaft seien und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt werde. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte sämtliche Umstände, die zugunsten des Klägers für dessen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet sprächen, erkannt und in die Entscheidung eingestellt habe. Dem Kläger sei es in der Haft gelungen, den Schulabschluss zu erlangen. Es sei auch nicht zutreffend, dass er sich bis heute in keiner Weise mit seiner Drogenproblematik auseinandergesetzt habe. Er habe in der Justizvollzugsanstalt an diversen Sitzungen der Drogenberatung teilgenommen und sei willens und bemüht, im Anschluss an die Haft eine weitere stationäre Therapie durchzuführen. Ihm sei jedoch weder in der Maßregeleinrichtung noch in der Justizvollzugsanstalt eine wirkliche Therapiechance eingeräumt worden. Dies sei eine gegen das Diskriminierungsverbot verstoßende Benachteiligung und mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 22.3.2012 - Rangelov) und des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbaren. Der Kläger habe eine intensive Beziehung zu seiner Mutter und seiner Schwester. Zwischen der gesamten Familie bestehe ein guter Zusammenhalt. Der Kläger sei faktischer Inländer und habe keinen kulturellen oder sozialen Bezug mehr zum Heimatstaat. Nach alledem verstoße die Ausweisungsentscheidung gegen Art. 8 EMRK.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Dezember 2013 den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013 in der mit Schriftsatz der Beklagten vom 13. Oktober 2014 geänderten bzw. ergänzten Form aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 führte sie aus, die Klage des Klägers sei unbegründet, da der angefochtene Bescheid auch derzeit noch rechtmäßig sei. Die Ermessenserwägungen im streitbefangenen Bescheid vom 17. Juni 2013 würden gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachträglich wie folgt ergänzt: Die vom Kläger angeführten Belange seines Privatlebens in der Bundesrepublik Deutschland seien nicht so gewichtig, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers demgegenüber zurücktreten müsste. Der Kläger könne sich zwar darauf berufen, dass er seit etwa zwölf Jahren in Deutschland lebe und seine näheren Verwandten ebenfalls hier lebten. Er sei jedoch inzwischen volljährig und weder auf existenzielle Betreuungsleistungen durch seine Verwandten angewiesen, noch müsse der Kläger für seine Angehörigen solche Leistungen erbringen. Dem teilweisen Aufwachsen des Klägers im Bundesgebiet stehe entgegen, dass ihm eine tatsächliche Integration in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht gelungen sei. Er habe eine Vielzahl an Straftaten begangen und sei zuletzt (erneut) durch Urteil des Amtsgerichts Nürnberg - Jugendschöffengericht - vom 20. Februar 2014, im Rechtsfolgenausspruch abgeändert durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 5. Juni 2014, wegen Urkundenfälschung, Betrugs in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und des versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer (weiteren) Einheitsjugendstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Zwar habe der Kläger nunmehr einen einfachen Hauptschulabschluss erreicht. Dies verändere die Gewichtung der für den Kläger streitenden Umstände jedoch nur unwesentlich. Abgesehen von seinem Schulabschluss habe der Kläger sich auch in der Haft nicht beanstandungsfrei und vollzugskonform verhalten. Er sei vielmehr erheblich disziplinarisch und strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auch die Justizvollzugsanstalt gehe davon aus, dass der Kläger tief in die kriminelle Subkultur verstrickt sei und keine Bereitschaft zeige, sich von diesem subkulturellen Milieu zu lösen. Zudem bestünden - wie bisher - äußerst gewichtige general- und spezialpräventive Gründe für die Ausweisung. Der Kläger habe zuletzt mit seinem Untertauchen nochmals deutlich gemacht, dass er sich nicht an die Rechtsordnung der Bundesrepublik halte. Die Aufenthaltsbeendigung erweise sich bei einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Kläger sprechenden Belange auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als verhältnismäßig.

Mit Schreiben jeweils vom 1. Januar 2015 teilte der Kläger noch mit, er sei nach wie vor unter der Adresse in Augsburg gemeldet und dort wohnhaft. Am 16. Dezember 2014 sei er dort von der Polizei angetroffen und festgenommen worden. Ab dem 16. Januar 2015 befinde er sich wieder in der JVA Ebrach in Haft. Er bereue seine Fehler in der Vergangenheit zutiefst, habe 2010 vor seiner Verurteilung mit der Polizei kooperiert und gegen die Mittäter ausgesagt. Die Therapie im Bezirkskrankenhaus habe er letztlich unter dem Druck dort anwesender früherer Mittäter wieder abgebrochen. Er habe für seine Straftaten mit der Haft bezahlt. Dort habe er erfolgreich einen Schulabschluss mit einem Durchschnitt von 1,5 nachgeholt. Er würde später gerne eine Ausbildung als Metallbauer beginnen. Er habe sich inzwischen grundlegend geändert und sei entschlossen, ein neues bürgerliches Leben zu führen. Dies wäre jedoch zerstört, falls er in ein Land zurück müsste, mit dem er sein ganzes Leben lang nichts zu tun gehabt habe. Er spreche kein Ukrainisch und sei in der Ostukraine geboren, wo derzeit Bürgerkrieg herrsche. Als jüdischer Flüchtling hätte er dort keine Chance, zumal er dort keine Verwandten mehr habe. Er sei in Deutschland groß geworden und fühle sich als deutscher Staatsbürger. Es sei noch nicht zu spät, sein Leben komplett zu ändern. Einen Verstoß gegen die Führungsaufsicht habe er nicht begangen. Dass er sich zeitweilig auf der Flucht befunden habe, sei weder strafbar noch liege darin ein Verstoß gegen die Führungsaufsicht.

Die Beklagte teilte mit, der Kläger sei am 16. Dezember 2014 in Augsburg festgenommen worden und befinde sich nun wieder zur Verbüßung der 9-monatigen Freiheitsstrafe in Haft. Das Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen die Führungsaufsicht sei noch offen.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 übermittelte der Kläger einen Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 13. Januar 2015, mit dem dessen Haftbefehl vom 15. Dezember 2014 wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht auf Antrag der Staatsanwaltschaft aufgehoben worden war.

Auf Antrag des Klägers mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Januar 2015 hat der Senat dem Kläger mit Beschluss vom 26. Januar 2015 für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und seinen Prozessbevollmächtigten beigeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, die Behördenakte sowie die beigezogenen Strafakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klage des Klägers auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 17. Juni 2013 in der mit Schriftsatz der Beklagten vom 13. Oktober 2014 geänderten bzw. ergänzten Form ist unbegründet. Auch wenn man das im Berufungsverfahren verfolgte Rechtsschutzbegehren des Klägers dahin versteht (§ 88 VwGO), dass er neben der Anfechtung der Ausweisungsverfügung hilfsweise die Festsetzung einer (noch) kürzeren als der vom Verwaltungsgericht im Urteil vom 17. Dezember 2013 bestimmten Frist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG begehrt, ist seine Klage unbegründet.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung und der vom Kläger (wohl) hilfsweise begehrten Festsetzung einer noch kürzeren Sperrfrist ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Berufungsgerichts (st. Rspr. des BVerwG; vgl. U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - Rn. 12 m. w. N.).

1. Die im streitbefangenen Bescheid verfügte Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.1. Der Kläger hat durch seine rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht Bamberg vom 28. November 2011 wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren neun Monaten den Tatbestand einer zwingenden Ausweisung nach § 53 Nr. 1 1. Alt. AufenthG erfüllt.

1.2. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der streitbefangenen Ausweisungsverfügung im Besitz einer ihm am 6. November 2001 erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war, die gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG seit dem 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fort galt, und er sich auch seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, genießt er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Ein flüchtlingsrechtliches Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 1 Abs. 1 HumHAG bzw. Art. 33 GFK und damit besonderer Ausweisungsschutz (auch) nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG steht ihm dagegen nicht zu. Denn als jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion kann er sich jedenfalls seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes allein aufgrund seiner Aufnahme nicht auf das flüchtlingsrechtliche Abschiebungsverbot (Refoulement-Verbot) berufen (BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 1 C 3.11 - juris Ls. 2 u. Rn. 17 ff.). Der besondere Ausweisungsschutz Minderjähriger und Heranwachsender nach § 56 Abs. 2 AufenthG greift hier ebenfalls nicht, weil der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung das 21. Lebensjahr vollendet hatte und im Übrigen - insoweit zulasten des Klägers - ohnehin auf den für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts abzustellen wäre (s.o.; vgl. auch Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, AufenthG, § 56 Rn. 25).

1.3. Demgemäß kann der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, die nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG u. a. in den Fällen des § 53 AufenthG in der Regel vorliegen. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht sind zu Recht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelvermutung des Vorliegens schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG im konkreten Fall nicht widerlegt ist. Schon mit Blick auf die zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers, die diesen zugrunde liegenden, teilweise schwerwiegenden Vermögens- und Gewaltdelikte, die Umstände ihrer Begehung sowie die beim Kläger nach wie vor unbewältigte massive Drogensucht (neben Alkohol vor allem auch Heroin) liegt eine hinreichend wahrscheinliche Gefahr einer schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch die Wiederholung ähnlicher oder gleichartiger Straftaten (vgl. BVerwG, U.v. 31.8.2004 - 1 C 25.03 - juris Rn. 16) auf der Hand. Gerade bei Straftaten, die auch auf der Suchterkrankung eines Ausländers beruhen, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem Wegfall der für die Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erforderlichen Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden, solange der Ausländer nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung eines künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat (z. B. BayVGH, B.v. 21.2.2014 - 10 ZB 13.1861 - juris Rn. 6 m. w. N.). Die hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederholung gleichartiger Straftaten wurde im Übrigen auch von den Strafgerichten, zuletzt von der Jugendkammer beim Landgericht Nürnberg-Fürth im rechtskräftigen Urteil vom 5. Juni 2014, insbesondere unter Hinweis auf zuvor bereits mehrfach verhängte Jugendstrafen, in offener Bewährung begangene erneute Straftaten und die erfolglose Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt festgestellt. Für eine, wie der Kläger zuletzt geltend gemacht hat, entscheidende Zäsur in seinem Leben, nach der er künftig alles besser machen will, fehlen abgesehen von seinen diesbezüglichen Beteuerungen jegliche nachvollziehbare Anhaltspunkte. Zudem hat die Beklagte aufgrund der schwerwiegenden Straftaten des Klägers, der dadurch verletzten Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und Gesundheit Dritter (s. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie der Umstände ihrer Begehung auch generalpräventiv in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ein dringendes Bedürfnis festgestellt, über die strafrechtlichen Sanktionen hinaus durch Ausweisung des Klägers andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten.

1.4. Liegen demnach beim Kläger schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor, wird er gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG in der Regel ausgewiesen. Im Rahmen der gebotenen Überprüfung, ob ein Ausnahmefall von der Regelausweisung vorliegt, hat die Beklagte im Hinblick auf die Grundsätze in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 23. Oktober 2007 (1 C 10.07 - juris) unter Berücksichtigung der durch höherrangiges Recht (Art. 2 Abs. 1 GG) und Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK) geschützten Belange des Klägers insbesondere auf Achtung seines Privat- und Familienlebens einen Ausnahmefall und damit die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung angenommen und die streitbefangene Ausweisung nach Ermessen verfügt. In diesem Fall fehlt den Ausweisungsgründen jedoch nur das von vornherein ausschlaggebende Gewicht, das ihnen der Gesetzgeber im Regelfall zugemessen hat (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 27).

1.5. Die von der Beklagten zur Ausweisung des Klägers zuletzt in ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 angestellten und nach § 114 Satz 2 VwGO teilweise nachgeschobenen und ergänzten Ermessenserwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung (s. § 114 Satz 1 VwGO, Art. 40 BayVwVfG) stand.

1.5.1. Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die im Berufungsverfahren erfolgte Ergänzung der Ermessenserwägungen durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 gemäß § 114 Satz 2 VwGO zu berücksichtigen. Nach der genannten Bestimmung dürfen auch nachträgliche Ermessenserwägungen der Behörde in die gerichtliche Nachprüfung der im Ermessensweg verfügten Ausweisung einbezogen werden. Die Beklagte hat ihre nachträglichen Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren auch in der gebotenen Form (schriftlich) geltend gemacht und hinreichend klar und eindeutig zu erkennen gegeben, mit welcher Begründung und welchen (neuen) Ermessenserwägungen sie ihre Ausweisungsverfügung aufrecht erhält (zur Ergänzung der Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 8 ff. u. 18).

1.5.2. Die Beklagte hat alle für ihre Ermessensentscheidung wesentlichen Umstände und insbesondere die gemäß § 55 Abs. 3 AufenthG zu beachtenden Kriterien berücksichtigt und im Hinblick auf die durch höherrangiges Recht (Art. 2 Abs. 1 GG) und Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK) geschützten Belange des Klägers, insbesondere dessen Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie den Grundsatz des Vertrauensschutzes beachtet. Sie hat die für einen Verbleib des Klägers sprechenden Belange gesehen und insbesondere die im Alter von knapp zehn Jahren erfolgte Einreise ins Bundesgebiet, den 12-jährigen rechtmäßigen Aufenthalt mit einem von Anfang an unbefristeten Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (als jüdischer Kontingentflüchtling aus der ehemaligen Sowjetunion), das noch relativ jugendliche Alter des Klägers, seine familiären und persönlichen Bindungen in Deutschland und - nach den insoweit aber im Verfahren teilweise widersprüchlichen Angaben des Klägers - fehlenden familiären und verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkten in der Ukraine gewürdigt. Die Beklagte hat nunmehr auch in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, dass der Kläger während der Haft mit dem Hauptschulabschluss einen Bildungsabschluss erreicht und nach dem entsprechenden Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt mit großer Motivation am Lehrgang teilgenommen hat, um sich dadurch auf die Zeit nach dem Strafvollzug im Sinne einer Resozialisierung vorzubereiten.

Die Beklagte hat den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt und das teilweise Heranwachsen des Klägers im Bundesgebiet jedoch deshalb nicht als besonders gewichtigen Belang angesehen, weil dem Kläger in dieser Zeit eine tatsächliche Integration in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht gelungen ist. Dabei hat die Beklagte auch berücksichtigt, dass der Kläger als aufgenommener jüdischer Kontingentflüchtling aus der ehemaligen Sowjetunion von Anfang an eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten hat und dieser unbefristete Aufenthaltstitel nicht etwa dem Integrationsgrad des Klägers geschuldet war. Den nach Angaben des Klägers engen familiären Bindungen an seine in Deutschland lebenden Angehörigen - Mutter, Halbschwester, Großvater und zwei Neffen - hat die Beklagte kein entscheidendes Gewicht beigemessen, weil der Kläger zum einen volljährig ist und zum anderen weder der Kläger auf existenzielle Betreuungsleistungen seiner Familie noch umgekehrt seine Familie auf solche Leistungen des Klägers angewiesen ist. Die Beklagte hat weiter berücksichtigt, dass der Kläger zwar nicht die ukrainische Sprache, aber jedenfalls so gut Russisch beherrscht, dass er sich in der Ukraine verständlich machen und dort zurechtfinden kann, auch wenn er dort nach seinen eigenen Angaben über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte mehr verfügt. Die Beklagte ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in der Ukraine als Kind Russisch gelernt und diese Sprache auch nach der Einreise nach Deutschland als Umgangssprache jedenfalls in der Familie weiter genutzt hat. Dass dem Kläger die Kultur und die Mentalität der Menschen seines Herkunftslandes noch nicht (völlig) fremd sind, hat die Beklagte unter anderem auch aus den intensiveren Kontakten des Klägers während seiner letzten Haft vor allem zu Mitgefangenen aus den ehemaligen GUS-Staaten gefolgert. Demgemäß ist die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gelangt, trotz möglicherweise fehlender familiärer Bindungen in der Ukraine stelle sich für den voll erwerbsfähigen und keiner politischen Verfolgung ausgesetzten Kläger höchstens das lösbare Problem, dass seine Eingewöhnung in die ukrainischen Lebensumstände schwierig sein werde.

1.5.3. Dem privaten Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet und bei seiner Familie, das nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK (zum Schutz der Beziehung junger Erwachsener, die wie der Kläger noch keine eigene Familie gegründet haben, zu den Eltern auch als Familienleben i. S. d. Art. 8 EMRK vgl. EGMR, U.v. 23.6.2008 - 1638/03, Maslov II - InfAuslR 2008, 333) auch grundrechtlich und völkerrechtlich geschützt ist, hat die Beklagte das besondere öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers gegenübergestellt, das sich vor allem aus der beim Kläger bestehenden konkreten Gefahr einer schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch die Wiederholung ähnlicher oder gleichartiger Straftaten, daneben aber aus der Notwendigkeit der Abhaltung anderer Ausländer von Straftaten ähnlicher Schwere ergibt. Die Beklagte hat dabei darauf abgestellt, dass der Kläger seit seinem 12. Lebensjahr kontinuierlich strafrechtlich in Erscheinung getreten und mehrfach wegen schwerer (Gewalt-)Straftaten wie vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung verurteilt worden ist. Auch nach seiner Volljährigkeit habe der Kläger weiter eine erhebliche Reihe von Straftaten begangen, von einem jugendtypischen Augenblicksversagen könne jedenfalls nicht gesprochen werden. Den Kläger habe auch die Verbüßung von Jugendarresten bzw. später Strafhaft nicht beeindruckt. Er habe bei seinen Taten jeweils erhebliche kriminelle Energie gezeigt. Die Rückfallgeschwindigkeit des Klägers sei zudem erheblich. Nicht einmal ein Jahr nach seiner Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren neun Monaten sei der Kläger erneut, noch dazu im Maßregelvollzug, straffällig geworden und deshalb wegen Urkundenfälschung und Betrugs sowie versuchten Betrugs zu weiteren neun Monaten Einheitsjugendstrafe verurteilt worden. Auch in der Haft sei der Kläger erheblich disziplinarisch und sogar strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er habe unerlaubte Gegenstände im Besitz gehabt, einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt massiv beleidigt und auf einen Mitgefangenen mittels eines hergestellten Schlagwerkzeugs eingeschlagen. Schließlich habe der Kläger ein unbewältigtes Drogen- und Alkoholproblem, das jedenfalls mitursächlich für seine zahlreichen Straftaten gewesen sei. Nicht zuletzt habe sich der Kläger bis zu seiner Verhaftung im Dezember 2014 einer neuerlichen Haft durch Untertauchen bzw. Flucht entzogen.

1.5.4. Diese alle erheblichen Umstände berücksichtigenden Erwägungen der Beklagten lassen keine Fehlgewichtungen erkennen und sind gemessen an den Grundsätzen des § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist danach die Ausweisung des Klägers auch mit den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK vereinbar und stellt, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, bei der gebotenen Abwägung des öffentlichen Interesses an der Ausweisung mit den privaten Interessen des Klägers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das geschützte Privat- und Familienleben des Klägers dar. Auch auf Vertrauensschutz im Hinblick auf die mit Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2013 erfolgte Rücknahme ihrer zuvor mit Bescheid vom 28. September 2012 verfügten Ausweisung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Denn die allein aufgrund eines rechtlichen Hinweises des Verwaltungsgerichts (zum Regel-/Ausnahmeverhältnis) im laufenden Verwaltungsstreitverfahren erfolgte Rücknahme steht dem Erlass einer neuen Ausweisungsverfügung - nunmehr im Ermessensweg - nicht entgegen; ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers dahingehend, dass er aufgrund seiner strafrechtlichen Verurteilungen nicht mehr ausgewiesen wird, wurde jedenfalls nicht begründet.

Auch der Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er habe schon seit mehreren Jahren eine aus Augsburg stammende 22-jährige Verlobte, ändert im Übrigen nichts an dieser Interessenabwägung und dem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Ausweisung.

1.5.5. Mit der Rüge, als „jüdischer Flüchtling habe er in der Ukraine keine Chance“, zumal seine Geburtsstadt Kriwoj Rog in der Ostukraine und damit mitten im Bürgerkriegsgebiet liege und schon unter Beschuss geraten sei, macht der Kläger (wohl) Gründe für eine Aussetzung seiner Abschiebung geltend, die gemäß § 55 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG gegebenenfalls auch bei der Entscheidung über die Ausweisung zu berücksichtigen wären. Nach der in § 55 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG genannten Bestimmung des § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird (Satz 1). Solche Gründe hat jedoch der Kläger mit seiner Rüge weder dargelegt noch sind sie für den Senat sonst ersichtlich. Zum einen hat die Beklagte die Abschiebung des Klägers in die Ukraine und nicht in die Ostukraine angedroht. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger faktisch gezwungen wäre, in die Ostukraine und dort in die Bürgerkriegsgebiete zurückzukehren. Schließlich liegt, wie sich aus dem vom Vertreter des öffentlichen Interesses in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Kartenausschnitt ohne weiteres ergibt, die Geburtsstadt des Klägers Kriwoj Rog nicht im derzeitigen Bürgerkriegsgebiet in der Ostukraine. Daher durfte die Beklagte bei ihren Ermessenserwägungen davon ausgehen, dass dem voll erwerbsfähigen und keiner politischen Verfolgung ausgesetzten Kläger eine Rückkehr in die Ukraine und Reintegration ungeachtet einer möglicherweise schwierigen Eingewöhnung und Anpassung an die dortigen Lebensverhältnisse zumutbar ist.

1.6. Der wohl auf die Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Ausweisung zielende Einwand des Klägers, er werde als Ausländer in diskriminierender und damit gegen Art. 14 EMRK verstoßender Weise gegenüber anderen (inländischen) Inhaftierten in einer weitgehend gleichen Situation ungleich behandelt, weil ihm nicht die Möglichkeit zu einer Drogentherapie eröffnet worden sei bzw. werde, greift nicht durch. Denn für die Erfüllung der oben dargelegten Ausweisungsvoraussetzungen kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene Anspruch auf die Durchführung einer Drogentherapie hatte, diese aber nicht bewilligt und durchgeführt wurde (zur Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen und dem diesbezüglichen Einwand vgl. BVerwG, B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 19). Bei der Ausweisung nach den §§ 53 ff. AufenthG handelt es sich um eine sicherheitsrechtliche Maßnahme, die in Form eines Ausreisegebotes gegenüber einem Ausländer im Einzelfall ausgesprochen wird, weil dieser durch sein persönliches Verhalten die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonst erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt (vgl. Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, 3. Aufl. 2014, Rn. 1016). Selbst wenn der Kläger aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK einen Anspruch auf Durchführung einer Drogentherapie ableiten könnte (vgl. dazu aber im Folgenden), würde dadurch das gesetzliche Prüfprogramm für die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme nicht etwa geändert oder überlagert.

Der Kläger beruft sich insoweit im Übrigen auch zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in dessen Entscheidung vom 22. März 2012 (Nr. 5123/07, Rangelov - InfAuslR 2012, 305), in der der Gerichtshof festgestellt hat, dass die im Hinblick auf eine bevorstehende Aufenthaltsbeendigung erfolgte Verweigerung einer Sozialtherapie für einen in Sicherungsverwahrung befindlichen ausländischen Staatsangehörigen, gegen den ein Ausweisungsbescheid ergangen war, eine letztlich objektiv nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellte. Der Fall des Klägers ist jedoch schon vom Ausgangspunkt nicht mit dem der Entscheidung des EGMR zugrunde liegenden Fall vergleichbar. Denn der Kläger war aufgrund einer nach § 64 StGB angeordneten Unterbringung ab 28. Dezember 2011 in einer stationären Drogentherapie, die nach zahlreichen Drogenrückfällen u. a. mit Heroin, Subutex und Spice und sonstigen Regelverstößen mit Beschluss des Amtsgerichts Neumarkt i.d. Opf. vom 26. September 2012 für erledigt erklärt, nach Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt mit Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6. Dezember 2012 im Bezirksklinikum Mainkofen fortgesetzt und schließlich nach erneutem Drogenrückfall und weiteren Regelverstößen durch Beschluss des Amtsgerichts Deggendorf vom 26. Februar 2013 endgültig für erledigt erklärt worden war. Zuletzt hatte der Kläger selbst am 24. Januar 2013 den Abbruch seiner Unterbringung beantragt. Entgegen den Einlassungen des Klägers zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, Schwierigkeiten mit Mitinsassen hätten bei ihm zum Abbruch dieser Therapie geführt, ist in den Gründen der Entscheidung des Amtsgerichts Deggendorf unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bezirksklinikums ausgeführt, beim Kläger sei eine innerlich getragene Therapiemotivation nicht auszumachen und trotz der bislang erfolgten Therapie sei er nicht in der Lage gewesen, auch im Rahmen eines beschützenden Settings drogenfrei zu bleiben. Aus in der Person des Klägers liegenden Gründen sei eine weitere Therapie als aussichtslos zu beurteilen. Nach dieser Vorgeschichte und der durch die Fachklinik festgestellten Aussichtslosigkeit einer weiteren Therapie aus in der Person des Klägers liegenden Gründen kann dieser jedenfalls keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EGMR geltend machen, selbst wenn ein (erneuter) Antrag auf Unterbrechung der Haft und Zuweisung eines Therapieplatzes abgelehnt worden sein sollte (vgl. die diesbezügliche Einlassung des Klägerbevollmächtigten, S. 3 der Sitzungsniederschrift vom 2.2.2015).

Der weitergehende Einwand des Klägers, ihm sei „noch keinerlei wirkliche Therapiechance eingeräumt worden, obwohl er motiviert und therapiewillig sich von Anfang an gezeigt hat“, ist vor dem dargestellten Hintergrund nicht nachvollziehbar. Nicht durchgreifend ist deshalb schließlich der Einwand des Klägers, aus der - vom Kläger nicht näher bezeichneten - Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich die Pflicht, während des Strafvollzugs ein auch für den Kläger geeignetes Therapieangebot und einen entsprechenden Behandlungsplan bereitzustellen (zu entsprechenden Anforderungen an die Sicherungsverwahrung vgl. etwa BVerfG, U.v. 4.5.2011 - 2 BvR 2333/08 u. a. - juris). Überdies wäre, worauf der Vertreter des öffentlichen Interesses in seiner Stellungnahme vom 29. April 2014 zu Recht hingewiesen hat, die Versagung einer solchen Maßnahme oder sonstigen Resozialisierungsmaßnahme eine selbstständige, in einem eigenen Rechtsweg angreifbare Entscheidung der Justizvollzugsanstalt (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2012 - 2 BvR 2015/12 - juris).

2. Der Kläger kann auch nicht die Festsetzung einer (noch) kürzeren als der vom Verwaltungsgericht im Urteil vom 17. Dezember 2013 bestimmten Sperrfrist (von vier Jahren) nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG beanspruchen. Ungeachtet der insoweit wenig aussagekräftigen Begründung des Verwaltungsgerichts kommt die Festsetzung einer noch kürzeren Sperrfrist als vier Jahre unter Zugrundelegung der gesetzlichen Maßstäbe des § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG und der dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris) im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats jedenfalls nicht in Betracht. Denn in der Person des Klägers besteht, wie oben dargelegt, nach wie vor die erhebliche Gefahr einer schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch die Wiederholung ähnlicher oder gleichartiger Straftaten und damit auch für hochrangige Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit (s. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch mit Blick auf die verfassungsrechtlichen- und völkerrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK) und die Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönlichen Beziehungen und der Lebensführung des Klägers im Bundesgebiet kommt die Festsetzung einer noch kürzeren Sperrfrist danach nicht in Betracht.

3. Schließlich ist auch die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung (s. §§ 58, 59 AufenthG) im streitbefangenen Bescheid rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz überwiegend erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11. Dezember 2014 weiter. Mit diesem Bescheid wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet aus und befristete die Wirkungen der Ausweisung auf acht Jahre ab Ausreise. Im Urteil vom 24. März 2015 verkürzte das Verwaltungsgericht Augsburg diese Frist auf fünf Jahre sechs Monate. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die vom Kläger ausschließlich geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Auf die weiteren im Zulassungsantrag zunächst noch angeführten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 VwGO ist der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht mehr eingegangen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass der Kläger mit seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 30. April 2013 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen den Tatbestand einer zwingenden Ausweisung nach § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt hat, er keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG genießt und sich die Ausweisungsverfügung der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch gemessen an den Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig erweist. Die Beklagte sei hilfsweise davon ausgegangen, dass sie Ermessen auszuüben habe. Das gefundene Ergebnis halte sich innerhalb des von § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen Rahmens. Die Klage sei zu einem geringen Teil begründet, soweit sie auf Verpflichtung der Beklagten zur Verkürzung der Sperrfrist gerichtet sei. Das Gericht halte eine Frist von fünfeinhalb Jahren für angemessen. Der Ausgangspunkt der Beklagten von zehn Jahren sei etwas zu hoch. Da der Kläger noch sorgeberechtigt sei, hätte die von der Beklagten verfügte Frist zur Folge, dass er seine Tochter wohl erst wieder sehen könnte, wenn diese volljährig sei. Deshalb sei die Sperrfrist zu reduzieren.

Mit seinem Vorbringen im Zulassungsverfahren zieht der Kläger die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. Das gilt zunächst für die Ausführungen zur Qualität der Beziehung zu seiner am 14. Juli 2005 geborenen Tochter, für die er zusammen mit der Mutter das Sorgerecht besitzt. Das Verwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK davon aus, dass eine ernsthafte über gelegentliche Telefonate hinausgehende Beziehung des Klägers zu seiner Tochter nicht bestehe, weil der Kontakt sich nach dessen Trennung von der Mutter des Kindes auf gelegentliche Briefe beschränkt habe, die Tochter kein Interesse an einem Kontakt mit dem Kläger habe und seit dessen Inhaftierung nur sporadische Telefonate mit der Tochter stattgefunden hätten. Auch in der mündlichen Verhandlung habe die Mutter des Kindes glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass ein relevanter und belastbarer Kontakt zwischen dem Kläger und seiner Tochter nicht bestehe. Soweit der Kläger diesbezüglich auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zum Umgangsrecht eines ausländischen Elternteils mit einem minderjährigen deutschen Kind verweist und ausführt, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, Umgang mit seiner Tochter zu pflegen, weil dies von der Mutter des Kindes erschwert worden sei, zieht er damit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - und 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - jeweils juris) entfaltet Art. 6 Abs. 1 GG nicht schon aufgrund formal-rechtlicher familiärer Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen. Auch verbietet sich danach eine schematische Einordnung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder aber bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen. Ferner ist in Rechnung zu stellen, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch die Betreuung des Kindes durch die Mutter entbehrlich wird. Auch lässt sich eine verantwortungsvoll gelebte und dem Schutzzweck des Art. 6 Abs. 1 GG entsprechende Eltern-Kind-Gemeinschaft nicht allein quantitativ bestimmen. Denn die Entwicklung eines Kindes wird nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch dessen geistige und emotionale Auseinandersetzung mit den Eltern geprägt. Maßgeblich ist insofern auf die Sicht des Kindes abzustellen. Entscheidend ist daher, ob im Einzelfall eine tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern besteht, die eine hinreichende Konstanz der Beziehungen erwarten lässt, und auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist (BVerfG, B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 14). Besteht ein gemeinsames Sorgerecht, so verstärkt sich der bereits aufgrund der Eltern-Kind-Beziehung geschützte persönliche Kontakt des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil dadurch, dass von Rechts wegen dem ausländischen Elternteil eine gemeinsame Erziehungs-und Betreuungsverantwortung übertragen worden ist (Hailbronner, Ausländerrecht, AufenthG, § 28 Rn. 11). Allerdings gehen allein vom formellen Bestehen des Sorgerechts noch keine aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen aus. Es kommt deshalb auf die tatsächliche Ausübung des Sorgerechts an. Erforderlich ist daher, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 27.2.2014 - 4 ME 45/14 - juris Rn. 7).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung kein ausschlaggebendes Gewicht beizumessen, nicht zu beanstanden. Allein das formale Bestehen des Sorgerechts entfaltet keine aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen zugunsten des Klägers. Eine nach außen erkennbare Verantwortung für die Erziehung seiner Tochter hat der Kläger bislang nicht übernommen. Auch vor der Inhaftierung bestand nach Aussagen der Mutter keine konstante Beziehung des Klägers zu seiner Tochter. Der Kontakt sei nie sehr intensiv gewesen. Er habe seine Tochter immer nur wenige Stunden gesehen und habe am täglichen Leben nicht teilgenommen. Der Kontakt habe sich auf wenige Briefe und gelegentliche Telefonate beschränkt. Die Tochter habe nicht den Wunsch geäußert, den Kläger zu besuchen. Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag ist daher nicht erst seit der Inhaftierung des Klägers und wegen der ablehnenden Haltung der Mutter der Kontakt auf gelegentliche Telefonate und Briefe beschränkt. Der Kläger hatte auch bereits vorher seine Erziehungsverantwortung und sein Umgangsrecht, das von der Jugendfürsorge initiiert worden war, nicht zuverlässig wahrgenommen. Soweit der Kläger auf das Kindeswohl und das Recht seiner Tochter auf Umgang mit ihrem Vater abstellt, trifft es zwar zu, dass er aus der Justizvollzugsanstalt heraus versucht hat, über das Amtsgericht eine Zuführung seiner Tochter in die Justizvollzugsanstalt zu erreichen. Wie sich aus dem Schreiben des Amtsgerichts vom 27. Januar 2015 (Bl. 82 der Akten des Verwaltungsgerichts) ergibt, wollte die Tochter den Kläger nicht in der Justizvollzugsanstalt besuchen und hat auch nicht den Wunsch geäußert, ihn außerhalb zu treffen. Sie erklärte, mit den Telefonaten gut zu klar zu kommen. In diesem Schreiben stellt das Amtsgericht auch fest, dass der Umgang des Klägers mit seiner Tochter vor der Inhaftierung nur sporadisch gewesen sei und der Umgangsantrag erst eineinhalb Jahre nach der Inhaftierung gestellt worden sei. Nach alledem ist weder aus dem Zulassungsvorbringen noch aus den Akten ersichtlich, dass es dem Wohl des Kindes abträglich wäre, wenn der Kontakt mit dem Kläger als Folge der Ausweisung auch künftig auf Telefonate beschränkt bliebe.

Die künftige Entwicklung der Betreuungssituation der Tochter, etwa im Fall eines im Zulassungsvorbringen beispielhaft erwähnten schweren Unglücks der Mutter, musste das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Prüfung, ob eine längere Trennung des Klägers von seiner Tochter dem Kindeswohl entgegenstehe, nicht berücksichtigen. Abzustellen ist ausschließlich auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12 m.w.N) und nicht auf rein fiktive künftige Ereignisse.

Auch das Vorbringen des Klägers, wonach das Verwaltungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass er in der ersten Instanz vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs freigesprochen worden sei, in der Berufungsinstanz lediglich eine Verurteilung anhand von Indizien erfolgt sei und er durchgängig jeglichen sexuellen Kontakt zu der Geschädigten abgestritten habe, vermag keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen. Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten ist der zwingende Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Da der Kläger keinen besonderen Ausweisungsschutz besitzt, ist er zwingend auszuweisen und die Ausweisungsentscheidung nur auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Bei Vorliegen einer zwingenden Ausweisung findet die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 23.10.2007 - 1 C 10/07- juris Rn. 24), wonach ein Ausnahmefall von der Regelausweisung - und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung - bereits dann vorliegt, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten, keine Anwendung. Denn diese Rechtsprechung ist zum Regelausweisungstatbestand des § 54 AufenthG bzw. zu einer wegen des Vorliegens besonderen Ausweisungsschutzes zur Regelausweisung herabgestuften zwingenden Ausweisung ergangen. Sie ist nicht auf die Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG übertragbar (BayVGH, B. v. 19.1.2015 - 10 CS 14.2656, 10 C10 C 14.2657 - juris Rn. 26; BVerwG, B. v. 1.9.2014 - 1 B 13.14 - juris Rn. 13; vgl. zum Ganzen Hailbronner, AufenthG, vor § 53 Rn. 10 ff.).

Der Tatbestand des § 53 Nr. 1 AufenhG ist mit der Verurteilung zu einer entsprechenden Freiheitsstrafe als solcher erfüllt (Graßhof in Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, AufenthG, Stand: 1.1.2015, § 53 Rn. 64). Eine erneute Prüfung seitens der Ausländerbehörde, ob die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten tatsächlich begangen wurden, ist regelmäßig nicht erforderlich (Beichel-Benedetti in Huber, AufenthG, 1. Aufl. 2010, § 53 Rn. 2). Allenfalls in Sonderfällen kann etwas anderes gelten, wenn die Ausländerbehörde ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären, oder für die Ausländerbehörde ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht (BVerwG, B. v. 24.2.1998 - 1 B 21.98 - juris Rn. 4 m. w. N.). Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Urteil des Landgerichts, mit dem der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt wurde, offensichtlich auf einem Irrtum beruht. Das Strafgericht hat sich ausführlich mit der Glaubwürdigkeit der Geschädigten auseinandergesetzt und sogar ein Glaubwürdigkeitsgutachten zur Entscheidungsfindung herangezogen. Der bloße Verweis auf den Freispruch in erster Instanz und das Bestreiten der Tat seitens des Klägers stellt die Richtigkeit der Entscheidung des Landgerichts nicht substantiiert in Frage. Hinzukommt, dass selbst das Strafgericht in erster Instanz den Kläger bezüglich seiner Angaben zum Drogenkonsum und zu den DNA-Materialen an der Unterwäsche der Geschädigten nicht für glaubwürdig hielt.

Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung davon ausgegangen, dass der Kläger während seiner Anwesenheit im Bundesgebiet keine wesentlichen Integrationsleistungen erbracht hat. Grundlage für diese Annahme sei, dass der Kläger viele Jahre unter falscher Identität im Bundesgebiet gelebt habe, er überwiegend Sozialleistungen bezogen habe, keinen Unterhalt für seine Tochter gezahlt habe und keine qualifizierte Berufsausbildung besitze, sondern, soweit ersichtlich, nur einen Schweißerlehrgang absolviert habe. Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag, der Kläger besitze neben dem Schweißerzertifikat auch noch ein Teilnahmezertifikat Basisqualifizierung Metallbau und eine Bescheinigung Lichtbogenhandschweißen sowie eine Kostenrechnung der Fahrerlaubnisbehörde für die Ersterteilung und den Fahrgastbeförderungsschein nicht ernsthaft in Frage gestellt. Denn auch diese Bescheinigungen ändern nichts daran, dass der Kläger während seines 20-jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet bis zu seiner Inhaftierung wegen des Sexualdelikts größtenteils Sozialleistungen bezogen und sich wirtschaftlich nicht besonders integriert hat. Selbst während der kurzen Phasen seiner Erwerbstätigkeit hat er für seine Tochter keinen Unterhalt bezahlt. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Integrationsleistung des Klägers treffen daher zu.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat auch keinen Erfolg, soweit er sich dagegen richtet, dass das Erstgericht die Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre und sechs Monate befristet hat und nicht, wie vom Kläger im Zulassungsverfahren erstmals vorgetragen, auf maximal drei Jahre. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer kürzeren als der im Urteil vom 24. März 2015 bestimmten Sperrfrist. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Zulassungsantrag und der Zugrundelegung der gesetzlichen Maßstäbe des § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG sowie der Berücksichtigung der dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 1 C 14.12 - juris) kommt auch nach Auffassung des Senats die Festsetzung einer kürzeren Sperrfrist derzeit nicht in Betracht. Insbesondere hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht dargelegt, aus welchen Gründen ausschließlich die Festsetzung einer Sperrfrist von maximal drei Jahren den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK Rechnung tragen sollte. Sowohl die Ausländerbehörde als auch das Verwaltungsgericht haben die Beziehung des Klägers zu seiner Tochter bei der Befristung der Wirkungen der Ausweisung berücksichtigt. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger mit seiner Tochter keine familiäre Lebensgemeinschaft geführt hat und sich der derzeit bestehende Telefon- und Briefkontakt problemlos auch vom Ausland aus aufrecht erhalten lässt, haben sie dem öffentlichen Interesse, den massiv straffälligen Kläger für längere Zeit aus dem Bundesgebiet fernzuhalten, größeres Gewicht beigemessen als der vom Kläger beabsichtigten Verfestigung seiner bislang losen Beziehung zu seiner Tochter. Auch das vom Kläger nunmehr betonte Recht der Tochter an einem Umgang mit ihm führt aus den bereits dargelegten Gründen insoweit zu keiner anderen Betrachtungsweise.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Mai 2013, mit dem die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 16. November 2012, mit dem der Kläger ausgewiesen, sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt, die Ausweisungswirkung auf acht Jahre befristet und seine Abschiebung in die T. angedroht worden ist, abgewiesen wurde, wird abgelehnt, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwGO nicht vorliegen bzw. nicht dargelegt worden sind. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt keine Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

1. Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B. v. 10.9.2009 -1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet, da der Kläger als assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger auf der Rechtsgrundlage des Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 (ARB 1/80) in Verbindung mit § 55 Abs. 1 AufenthG nach Ermessen ausgewiesen werden dürfe, weil sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstelle und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich sei. Die Ausweisung erweise sich unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK und des Art. 6 GG auch als verhältnismäßig. Schließlich seien die Ermessenserwägungen der Beklagten nicht zu beanstanden. Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegneten die Befristung der Ausweisungswirkungen auf die Dauer von acht Jahren, die Abschiebungsandrohung sowie die Versagung eines Aufenthaltstitels.

1.1. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, abgewiesen, die Befristung auf acht Jahre für rechtmäßig erachtet und auch gegen die Abschiebungsandrohung keine rechtlichen Bedenken gehabt hat, befasst sich das Zulassungsvorbringen mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht und kann bereits deshalb nicht zur Zulassung der Berufung führen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

1.2. In seiner Zulassungsbegründung bringt der Kläger vor, das Urteil werde im Hinblick auf seine Ausweisung seinen Rechten aus Art. 8 EMRK nicht gerecht. Dem Kläger komme unzweifelhaft das Recht aus Art. 8 EMRK zu, da er unbestritten als faktischer Inländer anzusehen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei in Deutschland geborenen Kindern von Einwanderern, die nur einen losen Kontakt zum Land ihrer Staatsangehörigkeit hätten, die fremde Staatsangehörigkeit zu einer leeren Rechtsform geworden sei, die keinen realen Bezug mehr zu den Lebensverhältnissen habe. Es sei kein Grund ersichtlich, die aufgrund ihres langen Aufenthalts im Gastland verwurzelten jungen Ausländer anders zu behandeln als junge straffällige Menschen mit der Staatsangehörigkeit des abschiebenden Staates. Da der Ausländer seine Strafe verbüße, sei eine zusätzliche Bestrafung in Form der Abschiebung und Entwurzelung nicht notwendig. Insoweit werde auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache M. verwiesen. Aufgrund seiner Rechtsposition nach Art. 7 Abs. 2 ARB 1/80 dürfe der Kläger nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstelle und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich sei. Bei der erforderlichen Einzelfallprüfung müssten die Behörden sowohl den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch die Grundrechte des Betroffenen, insbesondere Art. 8 EMRK, wahren. Insoweit sei auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (11 S 278/12) zu verweisen.

Hierbei sei zu sehen, dass der Kläger familiär und sozial allein in Deutschland eingebunden sei. Er habe in der Haft den qualifizierten Hauptschulabschluss erworben und werde im Herbst 2013 ein Anti-Gewalttraining abschließen. Seit September durchlaufe er eine Ausbildung als Elektroniker in der Haft. Mittlerweile komme den Umständen bei der Begehung der Straftaten nur noch eingeschränkte Aussagekraft zu. Mit zunehmender Dauer des Entzugs der Freiheit würden statt der Umstände bei der Begehung der Straftat für die Prognose Umstände wie das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug und ihre augenblicklichen Lebensverhältnisse an Bedeutung gewinnen.

Mit diesem Vorbringen werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründet. Der Kläger zeigt in seiner Zulassungsbegründung im Wesentlichen lediglich allgemein den rechtlichen Rahmen für die Ausweisung eines hier geborenen assoziationsberechtigten straffällig gewordenen türkischen Staatsangehörigen auf. Von diesen aufgeführten Vorgaben für eine Ausweisung sind im Hinblick auf Art. 8 EMRK und im Hinblick auf die Tatsache, dass der Kläger als assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger nur nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ausgewiesen werden kann, die Beklagte und das Verwaltungsgericht ausgegangen. Sowohl die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 16. November 2012 als auch das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 14. Mai 2013 haben die Voraussetzungen für die Ausweisung eines Assoziationsberechtigten als auch die Kriterien, die bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Hinblick auf Art. 8 EMRK zum Tragen kommen, ihren Entscheidungen zutreffend zugrunde gelegt. Insofern wiederholt die Zulassungsbegründung lediglich die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausweisung eines im Bundesgebiet verwurzelten jungen Türken.

Dabei übersieht der Kläger allerdings, dass es sehr wohl einen Grund gibt, die aufgrund ihres langen Aufenthalts im Gastland verwurzelten jungen Ausländer anders zu behandeln als junge straffällige Menschen mit der Staatsangehörigkeit des abschiebenden Staates. Denn sie unterliegen auch in diesen Fällen den ausländerrechtlichen Vorschriften. Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass auch von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützte familiäre Beziehungen sowie eine langjährige Verwurzelung eines Ausländers im Bundesgebiet eine Aufenthaltsbeendigung nicht generell ausschließen, sondern lediglich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Würdigung der gegenläufigen Interessen ausreichend berücksichtigt werden müssen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 13.2.2014 - 10 ZB 13.1628 - juris Rn. 4; B. v. 26.11.2013 - 10 ZB 13.1873 - juris Rn. 10). Zwar wiegt in Fällen einer tiefgreifenden Verwurzelung das Interesse des Ausländers am Verbleiben im Bundesgebiet schwer, jedoch ist eine Ausweisung auch solcher Personen gleichwohl nicht unangemessen, wenn diese Ausländer hochrangige Rechtsgüter gravierend verletzt haben und weiterhin eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die betreffenden Rechtsgüter von ihnen ausgeht. Hiervon ist das Verwaltungsgericht ebenso wie die Beklagte ausgegangen, nachdem der nach Aktenlage wohl immer noch drogenabhängige Kläger mehrfach schwerwiegende Straftaten (räuberische Erpressung, Bandendiebstahl, versuchte räuberische Erpressung und zuletzt einen schweren Raub mit Körperverletzung) begangen hat, sich mehrfach mit Unterbrechungen in Strafhaft befunden und zuletzt sogar in der Strafhaft in kriminelle Handlungen verstrickt war und deshalb vom Landgericht München I mit Urteil vom 3. September 2013 rechtskräftig unter Einbeziehung des Urteils des Landgerichts München I vom 7. Oktober 2011 (Freiheitsstrafe von sechs Jahren) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten wegen fünf tatmehrheitlicher Fälle der Bestechung verurteilt worden ist, nachdem er als Angehöriger einer arbeitsteilig funktionierenden Gruppe gewinnbringend Gegenstände in die Haftanstalt eingeschleust hat. Außer der pauschalen Aussage, mittlerweile komme den Umständen bei der Begehung der Straftaten nur noch eingeschränkte Aussagekraft zu, setzt sich der Kläger in keiner Weise mit den vom ihm begangenen schweren Straftaten und den Umständen bei der Begehung der Straftaten auseinander. Diese pauschale und in keiner Weise untermauerte Behauptung des Klägers kann die Einschätzung des Verwaltungsgerichts an der nach wie vor bestehenden Gefährlichkeit des Klägers nicht widerlegen.

Auch den Ausführungen des Klägers zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang in der Haftanstalt kommt keine maßgebliche Bedeutung bei. Insbesondere vermag sein Vortrag, er habe in der Haft den qualifizierenden Abschluss der Mittelschule erreicht und zeige durch seine begonnene Ausbildung zum Elektroniker seine Bereitschaft zur Resozialisierung, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zu begründen. Der Kläger zeigt damit allenfalls auf, dass bei ihm Tendenzen erkennbar sind, eine Ausbildung zu durchlaufen. Die Teilnahme an Bildungsprojekten in der Haft ist aber regelmäßig nicht geeignet, die der Ausweisung des Klägers zugrunde liegenden spezialpräventiven Gesichtspunkte zu widerlegen. Untermauert wird diese Einschätzung durch den Bericht der Justizvollzugsanstalt K. vom 24. Juni 2014, wonach der Kläger zwar an einer Umschulung zum Elektroniker teilnimmt und sich hierbei bemüht zeigt, er aber Motivationsprobleme habe und unkonzentriert und unaufmerksam sei. Die mit ihm befassten Bediensteten nähmen den „gerissenen und raffinierten“ Kläger „als großspurig wahr“, der „versuche, seine Mitmenschen zu manipulieren“ und den Beamten angepasst begegne. Auch dies ist Indiz dafür, dass der Kläger die Ausbildung in der Haft nicht deshalb durchläuft, weil er sich von seinem Fehlverhalten endgültig distanziert hätte und die Begehung weiterer Straftaten von ihm daher nicht zu erwarten sei, sondern eher, um durch ein angepasstes Verhalten „gut da zu stehen“. Wenn in der Zulassungsbegründung auch noch darauf verwiesen wird, dass mit zunehmender Dauer des Entzugs der Freiheit das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug an Bedeutung gewinne, spricht dieses Vorbringen nicht für den Kläger. Denn der Kläger ist in der Haft nicht nur disziplinarrechtlich geahndet worden, weil er an der Verplombung seines Fernsehers manipuliert hat, sondern wurde sogar wegen in der Haft begangener Straftaten rechtskräftig verurteilt, wie oben bereits ausgeführt wurde. Dass sich hieraus keine für den Kläger günstige Prognose herleiten lässt, versteht sich von selbst.

2. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Divergenz zuzulassen. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass das angefochtene Urteil von einer Entscheidung eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der in der Berufungsbegründung zitierte Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sowie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gehören jedenfalls nicht dazu.

Der Kläger hat zwar eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der Divergenzgericht ist, genannt. Er hat aber nicht dargelegt, welche bestimmte und verallgemeinerungsfähige Rechtsauffassung das Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und inwiefern diese mit einem konkreten Rechtssatz in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht übereinstimmt. Die divergierenden Rechtssätze sind einander so gegenüber zu stellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BayVGH, B. v. 25.7.2014 - 10 ZB 14.633 - juris Rn. 15 unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 20.12.1995 - 6 B 35.95 - juris Rn. 13). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.). Die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz; 2.) und § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel; 3.) liegen nicht vor bzw. sind schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Art dargelegt.

1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass sowohl die Ausweisungsverfügung der Beklagten in Nr. 1 des Bescheides vom 14. Dezember 2010 als auch die Abschiebungsanordnung/Abschiebungsandrohung in den Libanon in Nr. 3 des Bescheides rechtmäßig seien. Der Kläger habe die Ausweisungstatbestände des § 53 Nr. 1 und 2 AufenthG erfüllt und sei damit zwingend auszuweisen. Er genieße keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG, weil er im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Eine Ermessensentscheidung sei nicht geboten, weil nur ein geringer Eingriff in die von Art. 8 EMRK und Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vermittelte Rechtsstellung vorliege. Es verbleibe daher bei einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK. Nach diesen Kriterien sei die Ausweisung nicht unverhältnismäßig. Der Kläger habe niemals einen Aufenthaltstitel besessen. Er sei bereits wenige Monate nach der Geburt seiner Tochter, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, in Haft genommen worden. Nach der Haftentlassung sei es nur zu zwei Kontakten mit dem Kind gekommen. Seit dem 18. Juli 2013 befinde er sich in Drogentherapie. Vom Kläger gehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr aus. Ihm sei eine Rückkehr in den Libanon zumutbar. Er habe seine wesentliche Prägung dort erfahren. Die Anordnung der Abschiebung des Klägers aus der Haft sei ebenfalls nicht zu beanstanden.

1.1 Gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bezüglich der Ausweisungsverfügung (1.1.1) und der Abschiebungsanordnung (1.1.2) bringt der Kläger zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe nicht aufgeklärt, ob der Kläger libanesischer Staatsangehöriger sei, sondern sich mit der Feststellung begnügt, dass seine Staatsangehörigkeit ungeklärt sei. Damit stellt er jedoch die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die Ausweisungsverfügung und die Abschiebungsanordnung in den Libanon oder einen Drittstaat, der zur Aufnahme des Klägers bereit oder verpflichtet sei, seien rechtmäßig, nicht ernsthaft in Frage.

1.1.1 Die Staatsangehörigkeit des Klägers ist ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung. Ein Ausländer ist auszuweisen bzw. kann ausgewiesen werden, wenn er die in den §§ 53 ff. AufenthG bezeichneten Ausweisungstatbestände verwirklicht. Es kommt folglich lediglich darauf an, dass der von der Ausweisung Betroffene nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und das Aufenthaltsgesetz auf ihn Anwendung findet (§ 1 Abs. 2 AufenthG). Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren kann daher allenfalls dahingehend verstanden werden, dass seiner Auffassung nach die Ausweisung ermessensfehlerhaft und/oder unverhältnismäßig sei, weil die tatsächliche Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik und eine Abschiebung in den Libanon auf Dauer nicht möglich seien, da der Kläger die libanesische Staatsangehörigkeit nicht besitze. Auch damit lassen sich jedoch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht begründen. Selbst wenn der Kläger kein libanesischer Staatsangehöriger, sondern staatenlos wäre und die Beendigung seines Aufenthalts in der Bundesrepublik faktisch nicht möglich wäre, hätte dies nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung zur Folge. Denn seine Ausweisung liefe auch dann nicht ins Leere und wäre damit auch nicht rechtswidrig, weil mit einer Ausweisungsentscheidung nach §§ 53 ff. AufenthG regelmäßig auch eine generalpräventive Wirkung verbunden ist (BayVGH, U. v. 23.9.2002 - 24 B 02.153 - juris Rn. 26 ff.). Vor allem führt eine Ausweisung zum Erlöschen des Aufenthaltstitels (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und löst die Wirkungen des § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG aus, so dass zumindest die Begründung oder Verfestigung eines rechtmäßigen Aufenthalts verhindert wird. Selbst wenn man das Bestehen eines Abschiebungshindernisses in den Libanon nach § 60a Abs. 2 AufenthG wegen der fehlenden libanesischen Staatsangehörigkeit unterstellen würde, stünde dies einer Ausweisung nicht entgegen. Ermessensfehlerhaft bzw. unverhältnismäßig wäre eine Ausweisungsverfügung bei Bestehen eines Abschiebungshindernisses allenfalls dann, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über die Ausweisung auszuschließen wäre, dass der Ausländer das Bundesgebiet freiwillig verlässt und auch eine Abschiebung über einen längeren Zeitraum nicht möglich ist (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand April 2014, AufenthG, § 55 Rn. 127, 128). Hierfür bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte, weil der Kläger 20 Jahre als Flüchtling im Libanon gelebt hat, im Besitz eines Passes war, der von den libanesischen Behörden ausgestellt worden war, und nicht ausgeschlossen ist, dass der Kläger wieder in den Libanon einreisen darf. Die Regierung von Oberbayern bemüht sich derzeit um entsprechende Heimreisepapiere.

1.1.2 Auch wenn der Kläger nicht libanesischer Staatsangehöriger wäre, führte die Angabe des Zielstaates Libanon in der Abschiebungsanordnung/-androhung nicht zu deren Rechtswidrigkeit. Entgegen der Auffassung des Klägers darf die Ausländerbehörde nicht nur die Abschiebung des Ausländers in einen Zielstaat androhen bzw. anordnen, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 59 Abs. 2 AufenthG, wonach der Ausländer auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Neben der Aufnahmebereitschaft bzw. der Aufnahmeverpflichtung des Zielstaates der Abschiebung stellt das Aufenthaltsgesetz also keine weiteren Voraussetzungen, wie etwa das Bestehen von Bindungen zu diesem Staat, auf (OVG Hamburg, B. v. 4.12.2008 - 4 BS 22/08 - juris Rn. 13). Es ist folglich nicht Voraussetzung, dass der abzuschiebende Ausländer die Staatsangehörigkeit des Zielstaates besitzt. Die Zielstaatsbezeichnung gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG verfolgt nur den Zweck, das vorrangige Abschiebezielland für die vollziehende Behörde eindeutig zu kennzeichnen und möglichst frühzeitig die Prüfung von Abschiebungshindernissen bezüglich dieses Staats vorzunehmen (BVerwG, U. v. 25.7.2000 -9 C 42/99 - juris Rn. 10). Ebenso wenig ist die Abschiebung eines Ausländers mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ausgeschlossen, weil die Möglichkeit besteht, dass ihm bei seiner Ankunft im Zielstaat der Abschiebung von den dortigen Behörden die Einreise in das Land verweigert wird und somit der Rücktransport des Ausländers nach Deutschland erfolgen muss. Die Nachteile eines solchen erfolglosen Abschiebungsversuchs sind für den Ausländer nicht so groß, dass die Beklagte zu verpflichten wäre, vor der Abschiebung sicherzustellen, dass der Kläger im Zielstaat der Abschiebung Aufnahme findet (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 15). Im Übrigen bleibt eine Abschiebungsandrohung als solche selbst dann bestehen, wenn in ihr rechtswidrigerweise ein Zielstaat benannt ist, in Bezug auf den zwingende Abschiebungshindernisse vorliegen (BVerwG, a. a. O., Rn. 11; s. § 59 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).

1.2 Auch das Vorbringen des Klägers, der Bescheid der Beklagten sei nichtig nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG, weil die Beklagte nicht erkannt habe, dass der Kläger tatsächlich staatenlos sei, vermag ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht zu begründen. Selbst die unterstellte Staatenlosigkeit des Klägers würde nicht zur Rechtswidrigkeit und erst recht nicht zur Nichtigkeit der Ausweisungsentscheidung und der Abschiebungsanordnung führen. Dies wäre, wie oben ausgeführt, nur dann der Fall, wenn etwaige Abschiebungshindernisse dauerhaft bestünden. Vorliegend ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich der Libanon, in dem sich der Kläger lange Zeit als palästinensischer Flüchtling aufhielt, den Kläger einreisen lässt oder ein anderer Staat, z. B. Belgien, in dem die Familie des Klägers lebt, bereit ist, den Kläger aufzunehmen.

1.3 Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren vorbringt, er habe zunächst mit der Mutter seiner Tochter und dann mit beiden bis zu seiner Inhaftierung in Berlin und Augsburg eine familiäre Lebensgemeinschaft geführt und dies sei vom Verwaltungsgericht nicht zutreffend gewürdigt worden, sind damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht hinreichend dargelegt. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich zum einen nicht, dass zwischen ihm und seiner Tochter derzeit eine familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG und damit ein erhöhter Ausweisungsschutz besteht (1.3.1). Zum anderen stellt sein Vorbringen die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Beziehung des Klägers zu seiner Tochter führe nicht dazu, dass die Beklagte die Ausweisung des Klägers nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung hätte verfügen dürfen, nicht in Frage (1.3.2).

1.3.1 Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, eine familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner Tochter bestehe in maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht, darauf gestützt, dass der Kläger nur in dem sehr kurzen Zeitraum zwischen der Geburt der Tochter am 31. Mai 2009 und seiner Verhaftung am 4. November 2009 mit ihr in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Danach habe er bis 3. November 2011 eine Freiheitsstrafe verbüßt. Bereits am 16. Oktober 2012 sei er erneut verhaftet worden. Seit dem 18. Juli 2013 befinde er sich in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Bezirkskrankenhauses K. Der Kläger sei lediglich einmal von seiner Tochter in der Haft besucht worden. Während der Zeit, in der er nicht inhaftiert gewesen sei, habe es nur zwei Kontakte mit seiner Tochter gegeben. Der Kläger versuche zwar aus der Therapie heraus, einen telefonischen Kontakt zu seiner Tochter aufzubauen, dies werde jedoch von der Mutter unterbunden, weil das Kind die Anrufe wegen der fehlenden inneren Verbindung zum Kläger nicht einordnen könne. Diese Bewertung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht hinreichend substantiiert in Frage gestellt. Zwar können auch dann, wenn der Elternteil und das Kind nicht in einer Hausgemeinschaft leben, regelmäßige Kontakte mit dem Kind, die Übernahme elterlicher Erziehungs- und Betreuungsverantwortung sowie eine emotionale Verbundenheit das Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft zum Ausdruck bringen (BVerfG, B. v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 34). Das Verwaltungsgericht hat sich in seinen Entscheidungsgründen ausführlich mit diesen Kriterien auseinandergesetzt und ist unter Bezugnahme auf die Aussage der Mutter in der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gekommen, dass eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Tochter nicht besteht und dass alleine der Versuch, mit der Tochter über Telefonanrufe eine Beziehung herzustellen, die Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft nicht rechtfertigt. Auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts und die Tatsache, dass die Mutter derzeit weder einen persönlichen noch einen schriftlichen oder telefonischen Kontakt der Tochter zum Kläger unterstützt, dass das Zusammenleben mit seiner Tochter nur ein paar Monate bis zur Inhaftierung des Klägers dauerte und dass nach der Haftentlassung im Jahr 2011 zwischen dem Kläger und seiner Tochter keine nähere Beziehung entstanden ist, geht der Kläger im Zulassungsverfahren jedoch nicht ein. Soweit der Kläger auf einen Brief der Mutter der Tochter an ihn verweist (Anlage K3 des Schriftsatzes vom 26.4.2014), ergibt sich daraus nichts anders. Aus dem Brief wird deutlich, dass die Mutter derzeit für sich persönlich nur einen sporadischen Kontakt wünscht und sie einen persönlichen Kontakt der Tochter mit dem Kläger erst unterstützt, wenn der Kläger seine Drogensucht überwunden hat.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass er mit der Mutter seiner Tochter von Mitte 2008 bis zu seiner Inhaftierung am 4. November 2009 in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe, rechtfertigt dies ebenfalls keinen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Sinn der Privilegierung aus dieser Vorschrift ist der Schutz solcher Ausländer, die in einem engen Ehe- bzw. Verwandtschaftsverhältnis mit einem deutschen Staatsangehörigen leben. Es muss sich daher um eine in gleicher Weise wie die Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallende Lebensgemeinschaft handeln (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand April 2014, AufenthG, § 56 Rn. 14). Die nichteheliche Lebensgemeinschaft fällt nicht unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG.

1.3.2 Auch das Vorbringen des Klägers, wegen seiner Bindungen zu seiner Tochter sei eine Ermessensentscheidung erforderlich gewesen, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Damit greift er die Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass angesichts der derzeit zwischen dem Kläger und seiner Tochter nur losen Bindung kein massiver Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK vorliege, so dass die Ausweisung nach § 53 AufenthG trotz der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24) zwingend zu verfügen sei, nicht hinreichend substantiiert an, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung, wonach eine Herabstufung einer zwingenden Ausweisung zu einer Ermessensausweisung allenfalls geboten sei, wenn eine tatsächliche familiäre Verbundenheit zwischen dem auszuweisenden Elternteil und dem Kind bestehe, ausführlich begründet. Diese familiäre Verbundenheit zwischen dem Kläger und seiner Tochter besteht nach Auffassung des Erstgerichts nicht. Das Vorbringen im Zulassungsantrag zum behaupteten Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft reicht nicht aus, um die die Auffassung des Gerichts tragenden Tatsachenfeststellungen (s. o.) und die darauf basierende Rechtsauffassung ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

1.4 Auch das Vorbringen des Klägers zur Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung begründet keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Ausweisungsverfügung stellt das Erstgericht darauf ab, dass das Recht des Klägers auf Achtung seines Familienlebens nach Art. 8 EMRK gering einzuschätzen sei. Demgegenüber bestehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr für die Begehung schwerer Straftaten. Der Kläger sei innerhalb von drei Jahren zweimal wegen Betäubungsmittelstraftaten verurteilt worden und bereits kurz nach der Verbüßung von zwei Jahren Freiheitsstrafe wegen Betäubungsmitteldelikten erneut mit einer Betäubungsmittelstraftat straffällig geworden. Soweit der Kläger erste Therapieerfolge vorweisen könne, beseitige dies noch nicht die von ihm ausgehende Wiederholungsgefahr. Zum einen bestehe auch nach dem erfolgreichen Bestehen einer Drogentherapie eine nicht unwesentliche Rückfallgefahr, zum anderen fehle jeglicher berufliche und soziale Anknüpfungspunkt, auf den ein drogenfreies Leben ohne Kriminalität aufbauen könne. Der Kläger verweist im Zulassungsverfahren diesbezüglich nur auf den bisherigen erfolgreichen Therapieverlauf und seinen Wunsch, nach einer erfolgreich abgeschlossenen Therapie mit seiner Tochter und deren Mutter eine familiäre Lebensgemeinschaft aufzunehmen.

Die vom Erstgericht vorgenommene einzelfallbezogene Würdigung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Klägers unter Berücksichtigung der insbesondere vom EGMR zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien (BVerwG, U. v. 10.2.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m. w. N.) hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats reichen eine bisher erfolgreich verlaufende Drogentherapie und die von den behandelnden Ärzten attestierten positiven Ansätze und Bemühungen nicht aus, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 24.5.2012 - 10 ZB 11.2198 - juris Rn. 13 m. w. N.). Solange ein wegen schwerwiegender Drogenkriminalität verurteilter, selbst drogensüchtiger Betroffener die Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen hat und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens nicht auch nach dem Straf- bzw. Therapieende glaubhaft gemacht hat, kann von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr keine Rede sein. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Vater-Kind-Beziehung zwischen dem Kläger und seiner Tochter hat er ebenfalls nicht hinreichend substantiiert angegriffen. Unstreitig bestand zwischen dem Kläger und seiner Tochter in der Vergangenheit kaum Kontakt. Auch derzeit ist nach Aussage der Mutter weder ein persönlicher Kontakt noch eine emotionale Bindung der Tochter zum Kläger vorhanden. Aus der Prozesskostenhilfeentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Oktober 2013 (10 C 11.778) ergibt sich nichts anderes. Ausschlaggebend für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe war, dass der Kläger in der Haft und nach seiner Haftentlassung im Jahr 2011 zunächst versucht hat, über die Großeltern Kontakt mit der Tochter aufzunehmen, und daher die Frage, ob eine von Art. 6 GG geschützte Beziehung des Klägers zu seiner Tochter bestand, zumindest als offen bewertet wurde. Das Erstgericht hat deshalb in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2014 die Mutter zur Intensität der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter befragt. Nach deren Aussage bestand und besteht zwischen dem Kläger und seiner Tochter keine tatsächliche familiäre und emotionale Verbundenheit, die über eine bloße formalrechtliche Beziehung hinausgeht.

2. Die Divergenzrüge des Klägers (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung. Voraussetzung hierfür wäre, dass das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Divergenzgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Darzulegen ist vom Kläger insoweit, welche bestimmte und verallgemeinerungsfähige Rechtsauffassung das Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und inwiefern diese mit einem konkreten Rechtssatz in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte nicht übereinstimmt. Die divergierenden Rechtssätze sind einander so gegenüber zu stellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BVerwG, B. v. 20.12.1995 - 6 B 35.95 - juris Rn. 13). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.

2.1 Als Entscheidung, von der das Erstgericht abweicht, hat der Kläger zunächst den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Oktober 1995 (1 B 138.95 - juris) benannt. Aus diesem Beschluss leitet der Kläger den Rechtssatz ab, dass sich das Tatsachengericht zumindest im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung vom Bestehen oder Nichtbestehen einer behaupteten Staatsangehörigkeit zu überzeugen hat. Einen solchen Rechtssatz stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung jedoch nicht auf. Es stellt fest, dass es im Ermessen des Tatsachengerichts liegt, in welcher Weise es sich über das für seine Entscheidung maßgebende ausländische Recht und dessen Anwendung in der ausländischen Rechtspraxis die erforderliche Kenntnis verschafft und dass es sich nicht auf eine bloße Plausibilitätsprüfung beschränken darf. Im Urteil des Erstgerichts findet sich kein dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts widersprechender Rechtssatz. Das Erstgericht hat vielmehr ausdrücklich offen gelassen, welche Staatsangehörigkeit der Kläger besitzt, weil nach seiner Rechtsauffassung die Staatsangehörigkeit des Klägers weder für die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung noch der Abschiebungsandrohung maßgebend war.

2.2 Als weitere Entscheidung, von der das Erstgericht abweicht, bezeichnet der Kläger das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2007 (1 C 10.07). Den vom Kläger aufgestellten Rechtssatz, wonach im Einzelfall eine Ermessensentscheidung über die Ausweisung erforderlich werden könne, enthält diese Entscheidung jedoch in dieser Form nicht. Der Rechtssatz, den das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung aufstellt, lautet, dass ein Ausnahmefall von der Regelausweisung bereits dann vorliegen könne, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten (BVerwG, a. a. O., Rn. 24). Vorliegend geht das Verwaltungsgericht jedoch nicht von einer Regelausweisung, sondern von einer zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG aus.

2.3 Bezüglich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2008 (2 BvR 1830/08) benennt der Kläger schon nicht den Rechtssatz des Erstgerichts, der von dem in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Rechtssatz, wonach im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren bestehende familiäre Bindungen des Ausländers an in Deutschland lebende Staatsangehörige zu berücksichtigen sind, abweicht. Der Kläger rügt insoweit nur, dass das Verwaltungsgericht die Beziehungen des Klägers zu seiner Tochter fehlerhaft gewürdigt habe. Eine angeblich fehlerhafte Würdigung von Tatsachen ist aber kein Abweichen von einem Rechtssatz.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers, auf dem die Entscheidung des Erstgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), zuzulassen. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte aufklären müssen, ob der Kläger staatenloser Ausländer oder Libanese sei, greift nicht durch. Einen entsprechenden Beweisantrag hat der Kläger, der anwaltlich vertreten war, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form gestellt. Dem Verwaltungsgericht musste sich auch von Amts wegen eine weitere Beweisaufnahme nicht aufdrängen, weil die Staatsangehörigkeit des ausgewiesenen Ausländers für die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung und der Abschiebungsandrohung im Regelfall keine Bedeutung hat. In einem solchen Fall kann eine Aufklärungsrüge nur dann Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.2009 - 4 BN 12.09 - juris Rn. 7). Diesen Anforderungen wird die Begründung des Zulassungsantrags nicht gerecht. Insbesondere wird auch nicht dargelegt, inwieweit das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts auf der unterbliebenen Klärung der Staatsangehörigkeit beruhen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2009 - 1 LA 28/09 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. März 2010 - 1 LA 48/09 - gegenstandslos.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über die Genehmigungsfähigkeit der Nutzung vorhandener Gebäude für eine Schießsportanlage.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Verein und betreibt in Schleswig-Holstein ein Schießsportzentrum auf dem Gelände einer ehemaligen Schießanlage der Bundeswehr. Das Schießsportzentrum liegt zum weit überwiegenden Teil auf dem Gebiet der Gemeinde K. und zu einem kleinen Teil auf dem Gebiet der Stadt E. (der Beigeladenen des Ausgangsverfahrens, im Folgenden: Beigeladene). Der Beschwerdeführer beabsichtigt, auf dem Gebiet der Beigeladenen stehende, noch von der Bundeswehr errichtete Gebäude zukünftig als Lager und Toiletteneinheit zu nutzen. Die dafür beantragte Erteilung eines Bauvorbescheids lehnte der Kreis O. (der Beklagte des Ausgangsverfahrens, im Folgenden: Beklagter) im Juli 2005 ab.

3

2. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer Klage zum Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, die dieses mit Urteil vom 28. November 2008 abwies. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handelte es sich bei den vorgesehenen Gebäudenutzungen entgegen der Auffassung des Beklagten zwar um ein Standort gebundenes und damit privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Ihm stünden jedoch öffentliche Belange entgegen; das Entstehen einer Splittersiedlung sei zu befürchten. Die schriftlichen Urteilsgründe wurden dem Beschwerdeführer am 16. April 2009 zustellt.

4

3. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht lehnte mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 31. August 2009 den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden nicht. Das Vorhaben sei nicht privilegiert im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Die vier betroffenen Gebäude müssten im Zusammenhang mit der Schießsportanlage im Bereich des benachbarten Bebauungsplans Nr. 9 der Gemeinde K. gesehen werden. Sie wären nur dann insgesamt nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert, wenn sie überwiegend zu Übungs- und Ausbildungsschießen von Jägern oder sonst - im Interesse der Allgemeinheit - zum Führen von Schusswaffen Berechtigten dienen sollten. Das sei jedoch nicht der Fall. Infolgedessen könnte die Voranfrage nur nach § 35 Abs. 2 BauGB beurteilt werden. In diesem Fall stünden der beabsichtigten Nutzung öffentliche Belange entgegen, weil das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche.

5

4. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 8. März 2010 wies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurück. Es habe vor der Entscheidung nicht auf seine Absicht hinweisen müssen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB anders als das Verwaltungsgericht zu beurteilen. Im Übrigen habe der Senat in einem vorangegangenen Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 (1 KN 11/05) entschieden, dass die Schießsportanlage nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei. Daran sei festzuhalten. Bei einer "Fortführung" des Zulassungsverfahrens nach § 152a Abs. 1 VwGO und einer (erneuten) Entscheidung über den Zulassungsantrag wäre diese Rechtsprechung aus dem Normenkontrollverfahren zu berücksichtigen. Eine Berufungszulassung komme daher nicht mehr in Betracht.

II.

6

1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.

7

Er habe im Rahmen der Begründung der Anhörungsrüge umfänglich zu der Frage der Privilegierung sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht vorgetragen und Stellungnahmen des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein e.V. sowie des Deutschen Jagdschutz-Verbandes e.V. beigefügt. Anlässlich dieses Vortrags genüge es der richterlichen Sorgfalt nicht, auf eine bereits zuvor und unter nicht vergleichbaren Voraussetzungen getroffene Entscheidung in einem Normenkontrollverfahren zu verweisen und diese für unzweifelhaft richtig zu erklären. Das Oberverwaltungsgericht hätte seine in dem Normenkontrollurteil zu dem Bebauungsplan Nr. 9 der Gemeinde K. vertretene Meinung spätestens anlässlich des Vorbringens in der Anhörungsrügebegründung ernsthaft zur Disposition stellen müssen.

8

Die angegriffenen Beschlüsse verletzten ihn in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Für einen weitergehenden Vortrag zur Frage der Privilegierung habe für ihn vor der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags kein Anlass bestanden. Von den Prozessbeteiligten könne nicht verlangt werden, in jeder Phase eines Verfahrens zu allen Aspekten und unter Einholung verschiedener Gutachten umfänglich vorzutragen, ohne dass sich der Rechtsstreit auf bestimmte Aspekte konkretisiert habe. Damit stehe in Einklang, dass auch in der Begründung des Antrags auf Zulassung einer Berufung nur auf das vorliegende Urteil einzugehen sei, nicht aber darzulegen sei, dass sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweise. Das Oberverwaltungsgericht sei aus eben diesen Gründen verpflichtet, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, bevor es entscheide, ein Urteil des Verwaltungsgerichts wäre aus anderen als den in diesem Urteil selbst genannten Gründen aufrecht zu erhalten. Dies gelte für jeden Austausch der Begründung, der bei gewissenhafter Behandlung weitere tatsächliche oder rechtliche Klärung erfordere, und nicht nur bei der Anführung einer Begründung, deren Möglichkeit im vorherigen Prozessverlauf überhaupt noch nicht thematisiert worden sei. Der Gehörsverstoß sei auch nicht geheilt worden. Das Oberverwaltungsgericht habe sich in seinem die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss mit seinem weiteren Vortrag nicht auseinandergesetzt.

9

2. Das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein und die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des gerichtlichen Ausgangsverfahrens sowie die Akten des Normenkontrollverfahrens 1 KN 11/05 wurden beigezogen.

III.

10

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden, die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

11

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2009 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (dazu 1.). Ob sie darüber hinaus ihn auch in seinen Rechten aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, kann offen bleiben (dazu 2.). Damit wird der Beschluss über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

12

1. Das Oberverwaltungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen; dieser Verstoß ist nicht durch den Beschluss über die Anhörungsrüge geheilt.

13

a) Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Verfahrensbeteiligten, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrundelegt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>, stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). Zwar ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; BVerfGK 7, 350 <354>).

14

b) Ausgehend hiervon hätte das Oberverwaltungsgericht auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung des Vorliegens der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Voraussetzungen hinweisen müssen.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Oberverwaltungsgericht einem Rechtsmittelführer vorher rechtliches Gehör gewähren, wenn es den Antrag auf Zulassung der Berufung ablehnen will, weil sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als vom Verwaltungsgericht angenommen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

16

Ein solcher Hinweis ist auch zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat aus der Begrenzung der Darlegungsanforderungen im Berufungszulassungsverfahren geschlossen, dass das Oberverwaltungsgericht dem Rechtsmittelführer in der Regel rechtliches Gehör gewähren muss, wenn es den Zulassungsantrag mit der Begründung ablehnen will, dass sich die in Anknüpfung an die tragenden Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufgeworfene Grundsatzfrage aus anderen als den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gründen im Berufungsverfahren nicht stellen werde (vgl. BVerfGK 7, 350 <355> unter Herleitung aus BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>). Nichts anderes wird regelmäßig gelten, wenn der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Zulassungsantrag mit der Begründung abgelehnt werden soll, das angegriffene Urteil erweise sich aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angenommenen Gründen als richtig (vgl. auch BVerfGK 10, 208 <214>).

17

bb) Im vorliegenden Fall bestand entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kein Grund, von einem solchen Hinweis abzusehen. Der Beschwerdeführer musste nicht damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht von der ausführlich begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Standortgebundenheit und damit grundsätzlichen Privilegierung der Schießsportanlage im Sinne der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Voraussetzungen abgehen würde. Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, dass im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid keine substantiierte Begründung für die dort angenommene fehlende Privilegierung des Gesamtvorhabens gegeben worden ist, so dass etwaige Gegenargumente zur Standortgebundenheit im Verwaltungsverfahren noch nicht genannt worden waren. Auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht haben sich der Beklagte und die Beigeladene nicht schriftsätzlich zu dieser Frage geäußert. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ergibt sich lediglich, dass die Privilegierungsfrage erörtert worden ist. Die im Beschluss über die Anhörungsrüge geäußerte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es habe in dem Beschluss über die Nichtzulassung der Berufung nicht die Begründung durch einen neuen Gesichtspunkt ersetzt, mit dem der Beschwerdeführer nicht habe rechnen können, sondern lediglich die schon erstinstanzlich streitige Frage der Privilegierung des Vorhabens anders beurteilt als das Verwaltungsgericht, läuft auf das unzumutbare Ergebnis hinaus, dass sich der Antragsteller eines Antrags auf Zulassung der Berufung nicht darauf beschränken darf, das verwaltungsgerichtliche Urteil anzugreifen, sondern dieses vielmehr auch, soweit es für ihn günstige Ausführungen enthält, mit etwaigen weiteren Argumenten und weiteren tatsächlichem Vorbringen verteidigen muss für den Fall, dass das Oberverwaltungsgericht eine abweichende, ihm ungünstige Rechtsauffassung vertritt. Eine solche Verteidigung widerspricht jedoch ersichtlich dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens, in dem - lediglich - zu prüfen ist, ob ein Zulassungsgrund dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Eine umfassende Überprüfung der Richtigkeit eines erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Urteils ist nach der Systematik des Berufungsrechts dem Berufungsverfahren selbst vorbehalten. Tatsächliches oder rechtliches Vorbringen zu einem ihm günstigen Standpunkt des Verwaltungsgerichts für den Fall einer hiervon abweichenden Sichtweise muss der Antragsteller im Berufungszulassungsverfahren auch bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt daher in aller Regel ohne entsprechenden Hinweis des Oberverwaltungsgerichts nicht für geboten halten. Anderes kann nur gelten, sofern besondere Umstände des erstinstanzlichen Verfahrens oder der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gerade dies nahe legen.

18

Für solche besonderen Umstände ist hier nichts erkennbar. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 zur fehlenden Privilegierung des Gesamtvorhabens der Schießsportanlage konnten den Beschwerdeführer schon aus zeitlichen Gründen nicht dazu veranlassen, sich im Verfahren auf Zulassung der Berufung vertieft zur Privilegierung des Vorhabens zu äußern. Denn bei Ablauf der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung am 16. Juni 2009 war dieses Urteil noch nicht einmal gefällt. Selbst bei Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses über die Nichtzulassung der Berufung vom 31. August 2009 lagen die schriftlichen Urteilsgründe zu der Normenkontrollsache noch nicht vor. Diese wurden erst im Dezember 2009 der Geschäftsstelle übergeben und sodann dem Beschwerdeführer zugestellt.

19

cc) Der angegriffene Beschluss vom 31. August 2009 beruht auch auf dem Gehörsverstoß, ohne dass dieser geheilt worden wäre. Im Verfahren der Anhörungsrüge hat der Beschwerdeführer umfassend, seine bisherigen Ausführungen vertiefend, zur konkreten Ausgestaltung des (Gesamt-)Vorhabens Stellung genommen, dabei vorgetragen, dass allein von der Zahl der kalkulierten Nutzer her die Jäger dominierten, sowie die Bedeutung der zugelassenen Schießstände für das jagdliche Schießen dargelegt. Dass das Oberverwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu der Auffassung gelangt wäre, dass das Urteil aus anderen Gründen richtig und infolgedessen die Berufung nicht zuzulassen ist, lässt sich nicht feststellen. Das Oberverwaltungsgericht ist im Beschluss über die Anhörungsrüge gerade nicht auf das zusätzliche tatsächliche Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen. Mit seinem Beschluss über die Anhörungsrüge hat es daher die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch nicht etwa nachträglich geheilt (zu dieser Möglichkeit siehe BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580 <581>). Es verweist vielmehr auf sein Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 (1 KN 11/05) und behauptet, die dortigen Ausführungen wären in einem Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Woraus sich diese Berücksichtigungspflicht ergeben soll, zumal die Privilegierungsfrage nicht Gegenstand der Normenkontrolle war, sondern dort nur im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags erörtert wurde, und weshalb sie zur Unbeachtlichkeit des weiteren Vorbringens führen soll, legt das Oberverwaltungsgericht nicht dar; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

20

2. Da bereits der festgestellte Gehörsverstoß zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses über die Nichtzulassung der Berufung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht führt, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob dieser Beschluss durch den Austausch der Begründung für die Ergebnisrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen Vorgehens vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f.> m.w.N.) hier auch die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt.

21

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.