Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239

bei uns veröffentlicht am12.11.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht München, 10 K 12.3768, 21.03.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. März 2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 Anspruch auf Befreiung von der Zweiwohnungsteuer hat.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann, einem emeritierten Staatsrechtslehrer, in Baden-Württemberg, wo sie mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Sie war Alleineigentümerin einer 33 qm großen Eigentumswohnung im Stadtgebiet der Beklagten, die sie 1982 geerbt und mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 2013 verkauft hat. Dementsprechend setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2014 und die Folgejahre mit Bescheid vom 23. Januar 2014 auf Null fest.

Nachdem die Beklagte die Klägerin mit am 20. Februar 2012 versandten Schreiben zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung aufgefordert hatte, beantragte die Klägerin am 20. März 2012, sie von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009 zu befreien. Die Summe ihrer positiven Einkünfte habe jeweils den Betrag von 25.000 Euro nicht überschritten. Die in Kopie beigefügten Einkommensteuerbescheide der Eheleute für die Jahre 2007 bis 2010 waren in Bezug auf die Einkünfte des mit der Klägerin zusammen veranlagten Ehemannes sowie die Summe der zusammen veranlagten positiven Einkünfte beider Ehegatten geschwärzt; die Summe der Einkünfte der Klägerin belief sich höchstens auf 4.201 Euro (2010). Der Bitte der Beklagten, die vollständigen Einkommensteuerbescheide nachzureichen, kam die Klägerin nicht nach, weil dies nach ihrer Auffassung im Gesetz keine Grundlage finde und den Datenschutz ihres Ehemanns verletze.

Die Beklagte zog die Klägerin mit Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 ab dem Jahr 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran; für das Kalenderjahr 2012 und die Folgejahre setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer auf jährlich 410 Euro fest. Gleichzeitig lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2009 und die folgenden Jahre ab.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt. Sie ist der Auffassung, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirkt, so dass es, sofern der Antrag gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht gestellt sei, keiner eigenen gewährenden Entscheidung oder Ermessensbetätigung der Verwaltung bedürfe. Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, ihr Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren.

Zwar lege Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG den Betrag der maßgeblichen Einkünfte bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf 33.000 Euro fest. Nach dem sprachlichen Zusammenhang beziehe sich diese Summe jedoch eindeutig auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen. Satz 3 ergänze die Regelung in Satz 2, indem die hier wie dort synonym genannte Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht werde. In beiden Varianten könnten also nur die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemeint sein. Schon der Gesetzestext stehe damit dem Verständnis der Beklagten entgegen, für die gesetzliche Freistellung des verheirateten Wohnungsbesitzers komme es nicht auf seine individuellen Einkünfte, sondern auf diejenigen auch des Ehegatten an, obwohl für diesen eine Steuerpflicht nicht bestehe.

Die Erhöhung der Einkommensgrenze beruhe nach den Gesetzesmaterialien auf der Erwägung, dass die zusätzliche finanzielle Belastung eines verheirateten Steuerpflichtigen eine angemessene Anhebung der Freigrenze (wenngleich nicht eine Verdoppelung auf 50.000 Euro) verlange, damit Verheiratete nicht benachteiligt würden. Auf eine solche Benachteiligung laufe die Handhabung des Gesetzes durch die Beklagte hinaus. Die Beklagte vollziehe einen gesetzeswidrigen Paradigmenwechsel, indem sie für den im Gesetz einheitlich gebrauchten Maßstab der Einkünfte des Steuerpflichtigen beim Ledigen auf diesen, beim Verheirateten dagegen auf das eheliche Gesamteinkommen abstelle. Hierdurch werde der Wohnungsinhaber, der für sich genommen von der Zweitwohnungsteuer freigestellt sei, überhaupt erst von der Steuer erfasst. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sondern sie verletze auch den grundrechtlichen Schutz der Ehe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2013 abgewiesen. Die Steuerfestsetzung sei rechtmäßig, über den Befreiungsantrag durch gesonderten Verwaltungsakt zu entscheiden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Befreiung von der Zweitwohnungsteuer, weil die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG nicht erfüllt seien. Sie habe für das Veranlagungsjahr 2012 nicht nachgewiesen, dass die Summe ihrer positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1, 2 und 5 a EStG jeweils im vorletzten Jahr vor Entstehen der Zweitwohnungsteuerpflicht die festgelegten Beträge nicht überschritten habe. Da der Gesetzgeber wegen der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte von einer Verdoppelung der Einkünftegrenze abgesehen habe, könne die Klägerin zwar die erhöhte Einkünftegrenze von 33.000 Euro in Anspruch nehmen. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann einkommensteuerrechtlich zusammen veranlagt werde. § 26 b EStG modifiziere den den Bereich der Einkünfteerzielung und -ermittlung betreffenden Grundsatz der Individualbesteuerung insoweit, als Einkünftezurechnung ohne Einkünfteerzielung angeordnet werde, soweit ein Ehegatte geringere Einkünfte als der andere beziehe. Dieser „Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit“ sei auch im Rahmen der Befreiungsregelung nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG zu berücksichtigen. Dafür spreche die Gesetzessystematik und die Gesetzesintention. Dass sich die Wahl der in aller Regel vorteilhaften einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung in anderen Rechtsgebieten wie dem Zweitwohnungsteuerrecht unter Umständen einschränkend auswirke, sei hinzunehmen.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, die Zurechnung der Hälfte der Summe der gemeinsamen positiven Einkünfte mit ihrem Ehemann verkenne Normgehalt, Zielsetzung und Systematik der gesetzlichen Regelung in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG. Vom Gesetz werde dabei allein auf den Steuerpflichtigen und dessen individuelle Einkommenssituation abgestellt. Von einer Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten oder Lebenspartners, aber auch eines Partners in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder eines „Sponsors“, sei in den Gesetzesmaterialien keine Rede. Bei der ergänzenden Regelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG habe der Gesetzgeber dem Umstand, dass bei Ehe- und Lebenspartnern deren gegenseitige Fürsorge- und Einstandspflicht zu einem erhöhten Bedarf führt, durch Erhöhung der Freigrenze auf 33.000 Euro Rechnung getragen, um eine Benachteiligung von Verheirateten und Lebenspartnern gegenüber Alleinstehenden auszuschließen. Das Verwaltungsgericht verkenne die gesetzliche Systematik und sehe in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG isoliert eine Regelung für Verheiratete. Tatsächlich habe diese Regelung keine selbstständige Bedeutung. Sie statuiere ausweislich der Entstehungsgeschichte nicht für sich genommen die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bei nicht getrennt lebenden Ehe- und Lebenspartnern, sondern knüpfe an die Freistellung des Steuerpflichtigen im vorausgehenden Satz 2 an und erhöhe den dort bestimmten Betrag auf 33.000 Euro, ohne die sonstigen tatbestandlichen Maßgaben zu verändern. Wenn der Steuerpflichtige schon die Einkünftegrenze des Satzes 2 nicht überschreite, sei für die Anwendung der ergänzenden Norm des Satzes 3 kein Raum.

Im Widerspruch zum klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung führe das Verwaltungsgericht ergänzend das Merkmal der gemeinsamen Veranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer ein und deute die gesetzliche Verweisung auf das Einkommensteuerrecht zur Bestimmung der Summe der Einkünfte in eine solche zu deren Besteuerung um. § 26 b EStG sei nur für die Festsetzung der gemeinsamen Einkommensteuer Zurechnungsnorm, lasse aber die Stellung des einzelnen Steuerpflichtigen als Steuersubjekt unberührt. Während Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG an die erste Stufe der Erzielung von Einkünften anknüpfe, hebe das Verwaltungsgericht auf die zweite Stufe ihrer Besteuerung ab. Die Einkommensteuerpflicht spiele aber für die gesetzliche Befreiung von der Zweitwohnungsteuer keine Rolle. Wäre dieser Gesichtspunkt für den Gesetzgeber erheblich gewesen, so hätte es angesichts des gesetzlichen Kriteriums „nicht dauernd getrennt lebend“ mit Blick auf § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG durchaus nahe gelegen, den Willen, auf eine einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung abzustellen, auch zum Ausdruck zu bringen. Der Umstand, dass eine gemeinsame Veranlagung von Partnern eingetragener Lebenspartnerschaften zur Zeit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes nicht in Betracht gekommen sei, zeige den Systembruch in der Ableitung des Verwaltungsgerichts. Ob „die Einkünfte des Steuerpflichtigen“ für Ehe- und Lebenspartner übereinstimmend oder je nach Lebensform differenziert zu ermitteln seien, könne nur vom Gesetzgeber entschieden werden. Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG ziele ausschließlich auf die Begünstigung eines verheirateten (oder in eingetragener Partnerschaft lebenden) Steuerpflichtigen ab und könne deshalb auch bei teleologischer Auslegung nicht entgegen dem gesetzlichen Wortlaut in eine gänzlich außerhalb des Normprogramms liegende Zweitwohnungsbesteuerung nach Maßgabe des Ehegatteneinkommens umgemünzt werden. Der Gesetzgeber habe sich für das klar definierte Kriterium der Summe der einkommensteuerrechtlich relevanten Einkünfte des Steuerpflichtigen entschieden und nicht auf die zu unbestimmten, primär sozial- oder unterhaltsrechtlich relevanten Parameter des Bedarfs oder der Bedürftigkeit.

Mit der unrichtigen Anknüpfung an die einkommensteuerrechtliche Steuerfestsetzung verkenne das Verwaltungsgericht auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie. Ebenso missachte es die Eigenständigkeit der Ehegatten in ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Ob die Klägerin ihre Wohnung weiterhin selbst innehaben könne, hänge nach den Vorstellungen des Verwaltungsgerichts nicht von ihrer eigenen Entscheidung, sondern der Bereitschaft des Ehemannes ab, die Steuerlast zu übernehmen. Tatsächlich habe die Klägerin aber die öffentlichen Abgaben und sonstigen Lasten für ihre Wohnung stets selbst aus ihren eigenen Einkünften als Klavierpädagogin bestritten, die freilich zu keiner Zeit den Betrag von 25.000 Euro erreicht hätten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. März 2013 den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für die Jahre 2012 und 2013 eine Steuer festsetzt.

hilfsweise:

die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil treffe im Ergebnis zu. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es bei der Berechnung der Summe der positiven Einkünfte auf das gesamte Einkommen beider Ehegatten in Bezug auf die Einkommensgrenze von 33.000 Euro unabhängig von einer einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung an. Zielgruppe der damaligen Gesetzesänderung seien Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit gewesen. Die Erhöhung der Einkünftegrenze von 25.000 Euro für Ledige orientiere sich am einkommensteuerfreien Existenzminimum. Zusammenlebende Ehegatten bzw. Lebenspartner bildeten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhabe. Da eine Verdoppelung der Einkünftegrenze bei Ehegatten und Lebenspartnern im Hinblick auf Synergieeffekte gerade nicht beabsichtigt gewesen sei, könne nach Sinn und Zweck der Regelung die Einkünftegrenze von 33.000 Euro auch nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten. Der Gedanke an eine Verdoppelung knüpfe eindeutig an die Vorstellung an, dass das Einkommen beider Ehegatten ausschlaggebend sein solle. Würde die Grenze von 33.000 Euro für jeden Ehegatten gelten, würden Verheiratete oder Lebenspartner ohne sachlichen Grund besser gestellt. Die „Rentnerklausel“ des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 KAG sei eingeführt worden, um zu vermeiden, dass Rentnerehepaare mit Einkünften bis zu 66.000 Euro zweitwohnungsteuerbefreit werden könnten. Die Einkommensgrenze von 33.000 Euro könne nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten, sondern müsse sich auf das Gesamteinkommen beziehen. So werde auch vermieden, dass die „Millionärsgattin“ ohne eigenes Einkommen von der Zweitwohnungsteuer befreit werde.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist im Wesentlichen begründet.

1. Zurückzuweisen war die Berufung, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag den Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 angegriffen hat.

Die von der Beklagten aufgrund ihrer Zweitwohnungsteuersatzung vom 22. Dezember 2006 (Amtsblatt der Landeshauptstadt München 2007, S. 1 - ZwStS) erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, die die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen soll. Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (st. Rspr., vgl. BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - Rn. 48 m. w. N.). Das schließt es indes nicht aus, eine im Einzelfall fehlende Leistungsfähigkeit etwa im Wege eines Erlasses aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO) oder einer Stundung zu berücksichtigen (BVerwG, U. v. 17.9.2008 - 9 C 14.07 - BayVBl 2009, 699 Rn. 17).

Der Typus der Abgabe und damit ihr Charakter als Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, B. v. 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1/17) ist durch die mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl 2008, S. 460) in Art. 3 Abs. 3 KAG eingefügten Sätze 2 bis 8 unberührt geblieben. Wenn danach eine Zweitwohnungsteuer nicht erhoben wird, wenn der Steuerpflichtige ein bestimmtes Einkommen nicht überschreitet, ist der Sache nach ein Befreiungstatbestand eingeführt worden (Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Art. 3 Rn. 27ff). Denn nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG setzt das Entfallen der grundsätzlich bestehenden Steuerpflicht einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Im Hinblick darauf, dass einerseits die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 2 ZwStS der Landeshauptstadt für ein Kalenderjahr am 1. Januar entsteht (tritt die Zweitwohnungseigenschaft erst später ein, so entsteht die Steuerpflicht mit dem ersten Tag des auf diesen Zeitpunkt folgenden Monats), andererseits der Antrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Klägerin (Klageschriftsatz vom 15.8.2012 S. 4) keine Rede davon sein, dass die gesetzliche Regelung unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirke. Vielmehr bedarf es in Bezug auf den Befreiungstatbestand einer gesonderten Entscheidung der Verwaltung. Die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (vgl. Art. 3 Abs. 3 Satz 6 KAG) eine Steuerbefreiung eintritt, ist eine Entscheidung über eine gesetzlich vorgesehene Billigkeitsmaßnahme. Sie ist Gegenstand eines besonderen Verwaltungsakts, der mit der Steuerfestsetzung äußerlich verbunden werden kann, aber nicht verbunden werden muss (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) aa) KAG i. V. m. § 163 Satz 3 AO). Es handelt sich mithin um zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rn. 21 m. w. N.). In Bezug auf den Steuertatbestand zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel, dass sie grundsätzlich zweitwohnungsteuerpflichtig ist (S. 2 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 8. Juli 2013).

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Steuerjahre 2012 und 2013. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG wird eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung nicht erhoben, wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 25.000 Euro nicht überschritten hat. Bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern beträgt die Summe der positiven Einkünfte 33.000 Euro.

Ob bei nicht getrennt lebenden Ehegatten die Summe der positiven Einkünfte beider Eheleute entscheidend sein oder ob bei jedem Ehegatten die Befreiungsgrenze 33.000 Euro betragen soll, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung eindeutig entnehmen (Zieglmeier, KommP BY 2008, 362/365). Nach dem Regelungszusammenhang bezieht sich die genannte Summe, wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat, auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen, denn Satz 3 ergänzt lediglich die Regelung in Satz 2, indem die Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht wird. Die Beklagte meint demgegenüber im Anschluss an Zieglmeier (a. a. O.), eine systematische Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 KAG ergebe, dass es anders als bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht auf das jeweilige Einkommen des Zweitwohnungsinhabers ankomme, sondern auf das Gesamteinkommen beider (ebenso GK Bay 2008/230). In den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 15/10637 S. 4) heißt es dazu:

„Um eine Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen und Lebenspartnern zu vermeiden, wird die Einkünftegrenze angemessen erhöht. Die Erhöhung orientiert sich am steuerlichen Existenzminimum. Aufgrund der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte erscheint eine Verdoppelung der Einkünftegrenze zur Vermeidung einer Benachteiligung nicht erforderlich.“

b) Eine Auslegung dahingehend, dass im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG das Einkommen beider nicht getrennt lebender Ehegatten zusammenzurechnen sei, scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen aus.

Für das Einkommensteuerrecht ist allgemein anerkannt, dass eine Kumulierung der Ehegatteneinkünfte (sog. Haushaltsbesteuerung) gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot verstoßen und den - das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisierenden - Grundsatz der Individualbesteuerung verletzen würde (vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 3 Rn. 163 m. w. N.). Da der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für die Zweitwohnungsteuer gilt (BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084/1086), kommt eine Haushaltsbesteuerung auch im Zweitwohnungsteuerrecht nicht in Betracht. Dem Normgeber der Zweitwohnungsteuer bleibt es zwar auch mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz unbenommen, Ermäßigungs- und Befreiungstatbestände zu schaffen. Er muss diese aber ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestalten (BVerfG, B. v. 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325/357; BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023). In diesem Zusammenhang enthält Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot). Insbesondere untersagt Art. 6 Abs. 1 GG eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlicher Rechtsfolgen genommen werden; insbesondere darf der Gesetzgeber Verheiratete steuerlich anders behandeln als Ledige. Jedoch müssen sich für eine Differenzierung zulasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses oder aus den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für eine bestimmte Steuerart einleuchtende Sachgründe ergeben. Die Berücksichtigung der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten darf gerade bei der konkreten Maßnahme die Ehe nicht diskriminieren (vgl. zum Ganzen BVerfG, B. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00, 2627/03 - BVerfGE 114, 316/333 m. w. N.).

Vor diesem Hintergrund läge in einer Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass das Einkommen beider Ehegatten zusammenzurechnen sei, eine Diskriminierung der Ehe gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Bei einem einkommenslosen (oder einkommensschwachen) Ehegatten als Inhaber der Zweitwohnung dürfte sich, um den Anspruch auf Steuerbefreiung zu wahren, die Summe der positiven Einkünfte des (besser) verdienenden Ehegatten nur auf (maximal) 33.000 Euro belaufen, während für einen in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Zweitwohnungsinhaber die Einkünfte des Partners völlig ohne Belang wären. Diese Diskriminierung träte auch dann noch zu Tage, wenn beide Ehegatten das gleiche Einkommen hätten, da ein Befreiungsanspruch dann nur gegeben wäre, wenn die Summe der positiven Einkünfte des zweitwohnungsteuerpflichtigen Ehegatten 16.500 Euro nicht überstiege, während für den in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden wie für jeden anderen Ledigen die Befreiungsgrenze von 25.000 Euro gelten würde.

Bei den dargestellten Fällen handelt es sich auch nicht um hinzunehmende punktuelle Benachteiligungen, während die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet keine Schlechterstellung von Ehegatten bewirken würde (so aber Zieglmeier, a. a. O. S. 365). Dass zusammenlebende Ehegatten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhat, ist zwar gesetzgeberische Begründung des Ehegattensplittings (vgl. BVerfG, U. v. 3.11.1982 - 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80 - BVerfGE 61, 319/346) im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen ehegerechten Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts, kann aber nicht im Zweitwohnungsteuerrecht zur Rechtfertigung der beschriebenen Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Ledigen herangezogen werden (vgl. BFH, B. v. 17.12.2003 - XI R 63/00 - BFH/NV 2004, 940 juris Rn. 32 f.). Denn die Möglichkeit von Einsparungen in der Lebenshaltung - nunmehr „Synergieeffekte“ genannt - wird weder im gesamten übrigen Einkommensteuerrecht als Faktor der Leistungsfähigkeit berücksichtigt (BVerfG, B. v. 17.1.1957 - 1 BvL 4/54 - BVerfGE 6, 55/77), noch bietet das Zweitwohnungsteuerrecht hierfür Veranlassung. Vielmehr handelt es sich in beiden Rechtsgebieten um ein systemfremdes Kriterium. Dementsprechend ist auch der rechtliche Ansatzpunkt des Verwaltungsgerichts, das auf die (mögliche oder tatsächliche) Zusammenveranlagung nach § 26 EStG abstellt, nicht tragfähig. Mit der Sonderregelung des § 3 Abs. 3 Satz 3 KAG kann demnach nicht das Gesamteinkommen beider Ehegatten bzw. Lebenspartner gemeint sein, sondern die Vorschrift bleibt auf die Summe der positiven Einkünfte des einzelnen steuerpflichtigen Ehegatten bezogen.

c) Auch bei dieser Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine mögliche Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen ausgleichen und nicht etwa zu einer Besserstellung führen soll (LT-Drs. 15/10637 S. 4). Eine Anhebung der Einkommensgrenze von 25.000 Euro auf 33.000 Euro in allen Fällen von Doppelverdienerehen nur aufgrund des Ehestatus dürfte auch verfassungsrechtlich bedenklich sein. Denn Art. 3 Abs. 1 GG steht einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss entgegen, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt und einem anderen vorenthalten wird, ohne dass sich ausreichende Gründe für diese Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfG, B. v. 22.9.2009 - 2 BvL 3/02 - BVerfGE 124, 251/265 m. w. N.). Wäre Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG so zu verstehen, dass Eheleute, die beide eine Zweitwohnung innehaben, bis zu einer Summe der positiven Einkünfte von jeweils 33.000 Euro von der Steuer zu befreien wären, während den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft der Befreiungsanspruch nur bei Einkünften von jeweils höchstens 25.000 Euro zustünde, so ließe sich eine solch gravierende Ungleichbehandlung wohl auch mit dem allgemeinen Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr rechtfertigen.

Mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar ist aber eine dem Willen des Normgebers entsprechende und zugleich verfassungskonforme Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass die mit dieser Bestimmung bewirkte Erhöhung der allgemeinen Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG (25.000 Euro) dann ausscheidet, wenn der nicht zweitwohnungsteuerpflichtige Ehegatte bzw. Lebenspartner über eigene Einkünfte verfügt, die den Erhöhungsbetrag von 8.000 Euro übersteigen. Die Anhebung der Befreiungsgrenze für geringverdienende Zweitwohnungsinhaber orientiert sich erklärtermaßen (LT-Drs. 15/10637 S. 4) an der (seinerzeitigen) Höhe des steuerlichen Existenzminimums (vgl. § 32a EStG). Sie beruht auf dem Gedanken, dass gegenüber einem einkommenslosen Ehegatten jedenfalls in Höhe von 8.000 Euro ein Unterhaltsanspruch besteht und regelmäßig auch erfüllt wird, so dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechend gemindert ist. Darin liegt ein hinreichender sachlicher Grund für die entsprechende Erhöhung der zweitwohnungsteuerrechtlichen Befreiungsgrenze. Die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG lässt sich danach allerdings nicht auf die Fälle beschränken, bei denen der steuerpflichtige Zweitwohnunginhaber Alleinverdiener ist, der andere Ehegatte bzw. Lebenspartner also nicht einmal über geringfügige Einkünfte verfügt. Einen solchen - unter heutigen Verhältnissen - atypischen Fall darf eine gesetzliche Typisierung nicht als Leitbild wählen (BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023 m. w. N.). Liegen die Einkünfte des anderen Ehe- bzw. Lebenspartners zwar nicht bei Null, jedoch unterhalb des pauschalierten Existenzminimums von 8.000 Euro, so ist auch er auf einen entsprechenden (Aufstockungs-) Unterhalt angewiesen. Um diesen individuell zu ermittelnden Betrag ist daher in solchen Fällen die allgemeine Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG anzuheben. Mit dieser mittelbaren Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten bzw. Lebenspartners wird nicht etwa das oben verworfene Modell einer Haushaltsbesteuerung wieder aufgegriffen, sondern wiederum nur einer verminderten Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Zweitwohnungsteuerpflichtigen Rechnung getragen. Dieser muss freilich, um eine über den Basisbetrag von 25.000 Euro hinausgehende Einkünftegrenze in Anspruch nehmen zu können, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch das Einkommen seines Partners offenlegen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar keine Angaben zu den Einkünften ihres Ehemannes gemacht, so dass sie sich auf den erhöhten Befreiungsbetrag von 33.000 Euro nach Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG nicht berufen könnte. Ihre eigenen jährlichen Einkünfte überstiegen jedoch unstreitig nicht den Betrag von 25.000 Euro, so dass sie bereits nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu befreien war.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Da der Haupt- und der Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen - die geltend gemachten Ansprüche schließen einander aus - und der Hilfsantrag nach seinem Wert dem Hauptantrag gleichkommt (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG), trägt die Beklagte die gesamten Kosten des Verfahrens (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 155 Rn. 13-16). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239 zitiert 18 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Abgabenordnung - AO 1977 | § 163 Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen


(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mi

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 105


(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole. (2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen diese

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32a Einkommensteuertarif


(1)1Die tarifliche Einkommensteuer bemisst sich nach dem auf volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommen.2Sie beträgt im Veranlagungszeitraum 2023 vorbehaltlich der §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b und 34c jeweils in Euro für zu versteuernde Einkomme

Einkommensteuergesetz - EStG | § 26 Veranlagung von Ehegatten


(1) 1Ehegatten können zwischen der Einzelveranlagung (§ 26a) und der Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen, wenn 1. beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 oder 2 oder des § 1a sind,2. sie nicht dauernd getrennt leben und3.

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 15. Jan. 2014 - 1 BvR 1656/09

bei uns veröffentlicht am 15.01.2014

Tenor 1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 17. Feb. 2010 - 1 BvR 529/09

bei uns veröffentlicht am 17.02.2010

Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Heranziehung eines bei seinen Eltern mit Hauptwohnsitz wohnenden Studenten zur Zweitwohnungsteuer für eine am Studienort
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239.

Verwaltungsgericht München Urteil, 01. Juni 2017 - M 10 K 16.3953

bei uns veröffentlicht am 01.06.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder H

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 17. März 2016 - M 10 K 15.4729

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherhei

Referenzen

(1)1Ehegatten können zwischen der Einzelveranlagung (§ 26a) und der Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen, wenn

1.
beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 oder 2 oder des § 1a sind,
2.
sie nicht dauernd getrennt leben und
3.
bei ihnen die Voraussetzungen aus den Nummern 1 und 2 zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind.
2Hat ein Ehegatte in dem Veranlagungszeitraum, in dem seine zuvor bestehende Ehe aufgelöst worden ist, eine neue Ehe geschlossen und liegen bei ihm und dem neuen Ehegatten die Voraussetzungen des Satzes 1 vor, bleibt die zuvor bestehende Ehe für die Anwendung des Satzes 1 unberücksichtigt.

(2)1Ehegatten werden einzeln veranlagt, wenn einer der Ehegatten die Einzelveranlagung wählt.2Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn beide Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen.3Die Wahl wird für den betreffenden Veranlagungszeitraum durch Angabe in der Steuererklärung getroffen.4Die Wahl der Veranlagungsart innerhalb eines Veranlagungszeitraums kann nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch geändert werden, wenn

1.
ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
2.
die Änderung der Wahl der Veranlagungsart der zuständigen Finanzbehörde bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder zur Niederschrift erklärt worden ist und
3.
der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsarten ergeben würde, positiv ist.2Die Einkommensteuer der einzeln veranlagten Ehegatten ist hierbei zusammenzurechnen.

(3) Wird von dem Wahlrecht nach Absatz 2 nicht oder nicht wirksam Gebrauch gemacht, so ist eine Zusammenveranlagung durchzuführen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 und in der Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 sowie § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.

3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Mai 2009 - 2 S 3342/08 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. November 2008 - 3 K 1622/07 -, der Widerspruchsbescheid der Stadt Konstanz vom 3. Juli 2007 - 5.02229.002887.1 ZwWIRöß 27K Rie/hz -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 20. März 2007 - 5.0229.002887.1 -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 12. Februar 2007 - 5.0229.002887.1 - und der Zweitwohnungsteuerbescheid der Stadt Konstanz vom 18. Dezember 2006 - 5.0229.002887.1 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

4. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers haben die Stadt Konstanz zu zwei Dritteln und das Land Baden-Württemberg zu einem Drittel zu erstatten.

5. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit eine degressive Staffelung des Tarifs einer Zweitwohnungsteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Die Stadt Konstanz, die Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte), zog den Beschwerdeführer für die Jahre 2002 bis 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran. Dabei stützte sie sich auf die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 1989) und in der zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2002) sowie die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2006).

3

2. Die in den Satzungen jeweils geregelten Steuertarife orientieren sich am jährlichen Mietaufwand als steuerlicher Bemessungsgrundlage und pauschalieren den Steuerbetrag durch Bildung von fünf (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht Mietaufwandsgruppen (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006). Der für den ersten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar bis 31. Dezember 2002) maßgebliche § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 lautet wie folgt:

4

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.533,88 €

= 409,03 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.533,88 € aber nicht mehr als 2.351,94 €

= 613,55 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.351,94 € aber nicht mehr als 3.170,01 €

=818,07 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.170,01 € aber nicht mehr als 3.988,08 €

=1.022,58 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.988,08 €

=1.227,10 €.

5

Für den zweiten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar 2003 bis 31. August 2006) sind nach den wortgleichen Vorschriften des § 4 Abs. 1 ZwStS 2002 und des § 4 Abs. 1 ZwStS 2006 folgende Steuersätze maßgeblich:

6

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.650 €

= 400,00 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.650 € aber nicht mehr als 2.640 €

= 575,00 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.640 € aber nicht mehr als 3.630 €

= 750,00 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.630 € aber nicht mehr als 4.620 €

= 925,00 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 4.620 € aber nicht mehr als 5.610 €

= 1.100,00 €

f)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 5.610 € aber nicht mehr als 6.600 €

= 1.275,00 €

g)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 6.600 € aber nicht mehr als 7.590 €

= 1.450,00 €

h)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 7.590 €

= 1.625,00 €.

7

3. Die konkrete Ausgestaltung der Steuertarife führt insgesamt zu einem in Relation zum Mietaufwand degressiven Steuerverlauf. Zwar steigt der Betrag der vom Steuerschuldner zu zahlenden Zweitwohnungsteuer mit zunehmender Jahresmiete in Stufen an. Nicht nur auf den jeweiligen Stufen sondern auch über die Stufen hinweg sinkt jedoch der aus dem jährlichen Mietaufwand als Steuermaßstab und dem zu zahlenden Steuerbetrag errechnete Steuersatz mit steigendem Mietaufwand wieder ab.

8

Eine Ursache hierfür besteht in zunehmend flacher werdenden Steuerstufen sowohl im mittleren Bereich als auch in der Mindest- und der Höchstbetragsstufe. Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 sinkt der sich für den mittleren Mietaufwand einer Steuerstufe ergebende Steuersatz (im Folgenden: mittlerer Steuersatz) in den drei mittleren Steuerstufen von 31,58 % in der Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 1.533,88 € und 2.351,94 € über 29,63 % in der folgenden Stufe auf schließlich 28,57 % in der durch die Grenzwerte 3.170,01 € und 3.988,08 € bestimmten Steuerstufe ab. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 beläuft sich der mittlere Steuersatz in der zweitniedrigsten Steuerstufe zwischen den Stufengrenzwerten 1.650 € und 2.640 € auf 26,81 % und sinkt bei steigendem Mietaufwand in den folgenden Stufen schrittweise bis auf 20,44 % in der zweithöchsten Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 6.600 € und 7.590 € ab. Damit liegt die Spreizung der mittleren Steuersätze unter Außerachtlassung der Mindest- und Höchstbetragsstufen bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 bei circa drei Prozentpunkten (Verlauf von 31,58 % absinkend bis zu 28,57 %) und bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 bei 6,37 Prozentpunkten (Verlauf von 26,81 % absinkend zu 20,44 %).

9

Berücksichtigt man zusätzlich die jeweilige Mindest- und Höchstbetragsstufe, so verstärkt sich das stetige Abflachen der einzelnen Steuerstufen und damit des Steuersatzes. Bei Zugrundelegung einer Untergrenze für Monatskaltmieten von 100 € ergibt sich für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.533,88 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 29,92 % und für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.650 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 28,07 %. Unter Berücksichtigung eines für Zweitwohnungen noch realistischen oberen Grenzwerts von 24.000 € ergibt sich für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 3.988,08 € bis 24.000 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 11,40 % und für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 7.590 € bis 24.000 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 10,29 %. Blendet man Jahresmieten von unter 1.200 € und über 24.000 € aus, ergibt sich für den verbleibenden Bereich eine Spreizung von 18,52 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989, Verlauf von 29,92 % bis 11,40 %) beziehungsweise 17,78 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006, Verlauf von 28,07 % bis 10,29 %). Ohne Berücksichtigung dieser Unter- und Obergrenzen wäre die Spreizung noch stärker ausgeprägt.

10

Zu einer weiteren Degression führen die durch die Stufenbildung bewirkten Differenzen in der relativen Steuerbelastung. Innerhalb jeder einzelnen Steuerstufe verläuft der Steuersatz ebenfalls degressiv, da der relative Steuersatz innerhalb der Stufe mit steigendem Mietaufwand abnimmt. Auf den mittleren Steuerstufen (das heißt unter Außerachtlassung der Mindest- und der Höchstbetragsstufe) ist der Belastungsunterschied zwischen Steuerpflichtigen am unteren Ende der zweiten Steuerstufe und am oberen Ende der zweithöchsten Steuerstufe am stärksten ausgeprägt. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 gilt für Steuerpflichtige mit einer Jahreskaltmiete von 1.651 € (unterer Grenzwert der zweitniedrigsten Steuerstufe) ein Steuersatz von 34,8 % (Steuerbetrag 575 €), während der Steuersatz knapp unterhalb des oberen Grenzwerts der zweithöchsten Steuerstufe bei einer Jahreskaltmiete von 7.590 € circa 19,1 % beträgt (Steuerbetrag 1.450 €). Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ergibt sich entsprechend ein Steuersatz von etwa 40 % für knapp oberhalb des unteren Grenzwerts der zweitniedrigsten Steuerstufe besteuerte Steuerpflichtige (Steuerbetrag von 613,55 € bei einer Jahresmiete von 1.533,89 €) sowie ein Steuersatz von etwa 25,6 % für einen am oberen Grenzwert der zweithöchsten Steuerstufe veranschlagten Zweitwohnungsinhaber (Steuerbetrag von 1.022,58 € bei einer Jahresmiete von 3.988,08 €).

II.

11

1. Der Beschwerdeführer hatte im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2006 eine ihm von seinen Eltern überlassene Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten inne und war dort mit Nebenwohnsitz gemeldet. Die Beklagte zog ihn durch Steuerbescheid vom 18. Dezember 2006 für diesen Zeitraum zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von insgesamt 7.320,85 € heran. Nach Einlegung eines Widerspruchs reduzierte die Beklagte den Betrag mit Änderungsbescheid vom 12. Februar 2007 auf 3.835,08 € und mit weiterem Änderungsbescheid vom 20. März 2007 auf 2.974,32 €. Dem letztgenannten Änderungsbescheid lag eine Einigung der Beteiligten auf einen fiktiven Mietzins für die Wohnung von 4,11 €/m², also der Hälfte des sich nach dem Mietspiegel ergebenden Mietwertes, zugrunde. Die sich daraus ergebende fiktive Miete von 201,39 € pro Monat (2.416,68 € pro Jahr) führte nach der dritten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 818,07 € im Jahr 2002 und nach der zweiten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 2002/2006 zu einer Steuer in Höhe von 575 € in den Jahren 2003 bis 2005 und in Höhe von 431,25 € im Jahr 2006. Den gleichwohl aufrecht erhaltenen Widerspruch des Beschwerdeführers gegen die Steuerbescheide wies die Beklagte zurück.

12

2. Die vom Beschwerdeführer gegen die Steuerbescheide und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Die "umgekehrte Progression" des Steuersatzes sei nicht zu beanstanden. Ein stets gleichbleibendes Verhältnis zwischen der Zweitwohnungsteuer und dem jährlichen Mietaufwand als Bemessungsgrundlage sei rechtlich nicht gefordert. Durch die zulässige Stufenbildung komme es innerhalb der jeweiligen Steuerstufen zwangsläufig zu einer umgekehrten Progression. Die insgesamt degressive Staffelung verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, da es sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung gebe. Mit der Zweitwohnungsteuer dürfe der Lenkungszweck verfolgt werden, die Inhaber einer nur vorgeblichen Zweitwohnung im melderechtlich zulässigen Rahmen zur Verlegung des Hauptwohnsitzes zu bewegen. Gerade bei regelmäßig relativ preisgünstigen Studentenwohnungen sei ein höherer Steuersatz besser geeignet, um über den absoluten Betrag die gewünschte Lenkungswirkung zu erreichen. Ein degressiver Steuersatz sei zudem deshalb gerechtfertigt, weil Zweitwohnungen für die Gemeinden einen erhöhten Aufwand bedeuteten, dem keine sonstigen Vorteile gegenüberstünden. Dieser Aufwand sei nicht zwangsläufig vom jährlichen Mietaufwand abhängig. Der erhöhte Steuersatz bei günstigen Zweitwohnungen sei geeignet, diesen Aufwand zu decken.

13

Die absolute Höhe des Steuersatzes entfalte im Übrigen keine erdrosselnde Wirkung. Da über den Mietaufwand für eine Zweitwohnung hinaus häufig noch erhebliche Kosten für eine doppelte Haushaltsführung aufgewendet würden, könne nicht ernsthaft davon die Rede sein, im Gebiet der Beklagten könnten wegen der Zweitwohnungsteuer - jedenfalls im unteren Bereich - keine Zweitwohnungen mehr gehalten werden.

14

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab, der dem Beschwerdeführer am 27. Mai 2009 zuging. Die generalisierende degressive Staffelung der Steuersätze in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 und 2002/2006 halte sich im Rahmen des dem Satzungsgeber zukommenden Gestaltungsspielraums. Die prozentual stärkere Belastung der unteren Mietaufwandsgruppen sei gerechtfertigt. Die Beklagte dürfe bei der Steuererhebung den Nebenzweck verfolgen, insbesondere das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen.

15

Eine erdrosselnde Wirkung komme der Zweitwohnungsteuer nicht zu, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten in allen Staffelungsbereichen und damit auch in den untersten Mietaufwandsgruppen steuerpflichtige Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl vorhanden seien. Bei der Beurteilung der Frage, ob vom Steuersatz eine erdrosselnde Wirkung ausgehe, sei nicht auf einzelne Steuerpflichtige, wie etwa Studierende, sondern auf die Gesamtheit der steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhaber abzustellen. Angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung unabdingbar verbundenen, nicht unerheblichen weiteren Kosten sei eine erdrosselnde Wirkung der Steuer nach allgemeiner Lebenserfahrung von vornherein ausgeschlossen.

III.

16

1. Der Beschwerdeführer hat am 13. Juli 2009 Verfassungsbeschwerde erhoben und gleichzeitig wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung und der vorgelegten Telefaxprotokolle hatte er am Montag, dem 29. Juni 2009, um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift per Telefax an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Dies misslang jedoch ebenso wie weitere Übermittlungsversuche am selben Tag um 23:07 Uhr und 23:19 Uhr. Gemäß dem Faxbuch und den Faxprotokollen des Bundesverfassungsgerichts war der Faxanschluss des Gerichts an diesem Tag ab etwa 20:00 Uhr für circa vier Stunden belegt.

17

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

18

Der satzungsgemäße Zweitwohnungsteuertarif bewirke eine "umgekehrte Progression". Gerade bei höheren Mieten sinke der Steuersatz mit steigendem Mietaufwand kontinuierlich, während er bei niedrigen Mieten in der Regel deutlich über 20 % liege. Eine solche Besteuerung sei nicht mit dem aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Gebot sozialer Steuerpolitik, das im Steuerrecht spezielle Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Übermaßverbots sei, vereinbar. Durch die "umgekehrte Progression" würden gerade Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit regelmäßig prozentual wesentlich stärker belastet als Personen mit hohem jährlichem Mietaufwand. Das Ziel, Inhaber von Zweitwohnungen zu deren Anmeldung als Hauptwohnung zu bewegen, um Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen, sei kein zulässiger, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Lenkungszweck.

19

Bei der von der Beklagten erhobenen Zweitwohnungsteuer handele es sich um eine unzulässige konfiskatorische Steuer mit erdrosselnder Wirkung. Die Steuersätze seien gerade im Bereich eines niedrigen bis mittleren Mietaufwands deutlich zu hoch. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die vermeintlich geringe absolute Höhe der Steuer sei nicht nachvollziehbar. Bei einem Zweitwohnungsteuersatz von bis zu 34,8 % liege die erdrosselnde oder prohibitive Wirkung vielmehr auf der Hand. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass hiervon in besonderem Maße Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit, insbesondere Studierende, betroffen seien. Zweitwohnungsinhaber mit niedrigem bis mittlerem Mietaufwand würden stärker belastet als solche mit höherem Mietaufwand. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass das Innehaben kleinerer Zweitwohnungen regelmäßig wirtschaftlich unmöglich gemacht werde.

IV.

20

Die Beklagte, das Bundesverwaltungsgericht, der Bundesfinanzhof sowie mehrere Oberverwaltungs- und Finanzgerichte haben zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

21

1. Die Beklagte hält die Verfassungsbeschwerde wegen Verfristung für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Zweitwohnungsteuer habe keine erdrosselnde Wirkung. Aus der Entwicklung des Aufkommens steuerpflichtiger Zweitwohnungen im Bereich aller Steuerstufen ergebe sich, dass das Halten von Zweitwohnungen durch die Besteuerung nicht wirtschaftlich unmöglich gemacht werde. Die Staffelung der Steuersätze verstoße angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Steuergesetzgebers auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Die mit einer grundsätzlich zulässigen Wahl pauschaler Maßstäbe aus Praktikabilitätsgründen verbundenen Ungleichbehandlungen seien sachlich gerechtfertigt. Eine höhere Belastung in den unteren Steuerstufen bei einer prozentualen, auf den jährlichen Mietaufwand bezogenen Belastung sei dadurch gerechtfertigt, dass im niedrigen bis mittleren Mietsegment der größte Bedarf an Wohnraum bestehe, weil die Beklagte Hochschulstandort und beliebtes Tourismusziel sei. Eine weitere Rechtfertigung ergebe sich aus dem mit Zweitwohnungen verbundenen erhöhten kommunalen Aufwand.

22

2. Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint ein degressiv ausgestalteter Steuertarif im Hinblick auf die Grundsätze der Steuergleichheit und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht unbedenklich, jedenfalls aber besonders rechtfertigungsbedürftig. Ein spezifischer Lenkungszweck könne den Steuertarif rechtfertigen, sofern er nicht im Gegensatz zu der Sachmaterie stehe, auf die er lenkend einwirken solle. Der Anreiz zur Verlegung des Erstwohnsitzes stelle grundsätzlich einen zulässigen Lenkungszweck dar.

23

3. Der Bundesfinanzhof äußert verfassungsrechtliche Bedenken an der degressiven Ausgestaltung des Zweitwohnungsteuertarifs. Schon der Typus der Aufwandsteuer lasse es nicht zu, bei der Zweitwohnungsteuer einen niedrigeren jährlichen Mietaufwand mit einem höheren Steuersatz zu belegen als einen höheren jährlichen Mietaufwand. Der degressive Steuertarif verletze darüber hinaus die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben des Leistungsfähigkeitsprinzips. Dieser könne keinesfalls mit der Erwägung gerechtfertigt werden, der Beklagten erwachse aus Zweitwohnungen ein erhöhter Aufwand, weil allein der isolierte Vorgang des Konsums für die Aufwandsteuer maßgeblich sei.

24

Die Abweichung vom Gebot der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei auch nicht durch die in den Ausgangsentscheidungen genannten außersteuerlichen Lenkungszwecke gerechtfertigt. Denn das Interesse der Beklagten, mit der Zweitwohnungsteuer die Anzahl der Zweitwohnungen zu beschränken, die Zweitwohnungsinhaber also zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in der Stadt zu veranlassen, und sich dadurch erhöhte Finanzzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu sichern sowie das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung zu erhöhen, betreffe kleine und große Wohnungen gleichermaßen.

25

4. a) Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben Zweifel an der Vereinbarkeit einer degressiv ausgestalteten Zweitwohnungsteuer mit der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeit der Gemeinden und dem Gleichheitssatz geäußert.

26

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bezweifelt, dass der Lenkungszweck, das Halten von kleinen und billigen Zweitwohnungen einzudämmen, um das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung in diesem Sektor zu erhöhen, mit dem Charakter einer Aufwandsteuer in Einklang zu bringen ist. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hält eine prozentual deutlich höhere Besteuerung eines relativ niedrigen Mietaufwands für mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG unvereinbar, weil sich bei der Zweitwohnungsteuer Steuermaßstab und Steuersatz auf den Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung beziehen und in einem angemessenen Verhältnis zu diesem stehen müssten.

27

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hält den degressiven Steuersatz für mit dem Gebot der Steuergerechtigkeit unvereinbar. Für eine solche Ausgestaltung der Steuer sei kein einleuchtender Grund erkennbar, zumal mit der Zweitwohnungsteuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst werden solle, die in der Regel bei höherwertigen Wohnungen höher einzustufen sei. Die Absicht des Normgebers, gerade das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen durch eine prozentual höhere Steuerbelastung einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot auf dem einheimischen Markt zu erhöhen, laufe der am Aufwand zu orientierenden Steuerbemessung im Kern zuwider.

28

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern könne zwar eine zwangsläufige Degression auf den einzelnen Stufen eines abgestuften, im Prinzip aber linearen Steuersatzes bei einer hinreichend feinen Abstufung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität verfassungsrechtlich hingenommen werden, ein insgesamt degressiver Steuersatz sei jedoch mit dem Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nur schwer vereinbar. Zudem sei eine sachliche Rechtfertigung der Degression mit ihrer Lenkungswirkung fraglich, da ein nicht degressiver Steuertarif zu einem höheren Steuerbetrag und damit zu einem besseren Lenkungseffekt führen könnte.

29

b) Andere Oberverwaltungsgerichte halten hingegen eine degressive Aufwandsteuer für mit dem Grundgesetz vereinbar.

30

Dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zufolge liegt eine konfiskatorische Wirkung nur dann vor, wenn durch die Höhe der Aufwandsteuer das Innehaben von Zweitwohnungen gänzlich unattraktiv werde, was nicht der Fall sei, solange Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl gehalten würden. Die mit einem Staffelsystem zwangsläufig entstehenden Degressionseffekte stellten im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers und die Möglichkeit der Pauschalisierung und Typisierung keinen Gleichheitsverstoß dar. Der Satzungsgeber könne wohl einen degressiv gestalteten Steuersatz vorsehen, solange für kostengünstigere Zweitwohnungen nicht absolut höhere Steuern zu zahlen seien. Ein sachlicher Grund für einen degressiven Steuertarif könne zudem gerade in einer Stadt mit vielen Studierenden in dem Lenkungszweck liegen, einen bestimmten Kreis von Zweitwohnungsinhabern zur (melderechtlich ordnungsgemäßen) Verlegung seines Erstwohnsitzes zu bewegen.

31

Nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs enthalten die streitgegenständlichen Steuersatzungen keinen rein degressiv ausgestalteten Steuertarif, weil die prozentuale Belastung nach Übergang in die nächsthöhere Stufe wieder ansteige. Das kontinuierliche Sinken der Belastung ab dem Erreichen der höchsten Stufe sei der Problematik eines sogenannten "Höchstbetrages" zuzuordnen und an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen; es könne durch sachliche Erwägungen wie etwa Lenkungsabsichten gerechtfertigt werden.

B.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

33

Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde zwar erst nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben. Ihm ist jedoch gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf seinen fristgerechten Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

I.

34

Der Beschwerdeführer war durch die Belegung des Faxanschlusses des Bundesverfassungsgerichts zwischen 22:57 Uhr bis Mitternacht des 29. Juni 2009 an der Fristwahrung gehindert. An der hierdurch verursachten Fristversäumnis traf ihn kein Verschulden.

35

1. Eine verschuldete Fristversäumnis liegt vor, wenn ein Beschwerdeführer die Frist wegen fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens nicht einhalten konnte. Angesichts des Verfassungsbezugs zu Art. 103 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die individuellen Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 25, 158 <166>). Fahrlässig handelt, wer mit der Übermittlung eines Beschwerdeschriftsatzes nebst erforderlicher Anlagen nicht so rechtzeitig beginnt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit dem Abschluss der Übermittlung noch am Tag des Fristablaufs zu rechnen ist.

36

Dabei müssen Rechtsschutzsuchende einen über die voraussichtliche Dauer des eigentlichen Faxvorgangs hinausgehenden Sicherheitszuschlag einkalkulieren (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3; BVerfGK 7, 215 <216>). Denn sie beachten nur dann die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn sie der Möglichkeit Rechnung tragen, dass das Empfangsgerät belegt ist. Gerade in den Abend- und Nachtstunden muss damit gerechnet werden, dass wegen drohenden Fristablaufs weitere Beschwerdeführer versuchen, Schriftstücke fristwahrend per Telefax zu übermitteln (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574).

37

Das Erfordernis eines Sicherheitszuschlags kollidiert nicht mit dem Grundsatz, dass eine Frist voll ausgeschöpft werden darf. Ebenso wie übliche Postlaufzeiten oder die Verkehrsverhältnisse auf dem Weg zum Gericht zu berücksichtigen sind, muss ein Beschwerdeführer übliche Telefaxversendungszeiten einkalkulieren. Der Zuschlag verkürzt die Frist nicht, sondern konkretisiert lediglich die individuelle Sorgfaltspflicht des Beschwerdeführers. Aus der Eröffnung des Übermittlungswegs per Telefax erwächst dabei dem Gericht die Verantwortung, für ausreichende Empfangskapazitäten zu sorgen. Dem wird durch eine kurze Bemessung der Sicherheitsreserve Rechnung getragen.

38

2. In Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllt, wer einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkuliert. Damit sind die gegenwärtigen technischen Gegebenheiten auch nach der Rechtsprechung der Fachgerichte (vgl. BFH, Beschluss vom 25. November 2003 - VII R 9/03 -, BFH/NV 2004, S. 519 <520>; Beschluss vom 28. Januar 2010 - VIII B 88/09 -, BFH/NV 2010, S. 919; BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - XI ZB 24/10 -, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2010 - BVerwG 7 B 18/10 -, juris) hinreichend beachtet. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gilt dieser Sicherheitszuschlag einheitlich auch für die Faxübersendung nach Wochenenden oder gesetzlichen Feiertagen (anders noch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3).

39

Für die Fristberechnung und damit auch die Einhaltung des Sicherheitszuschlags ist der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs und damit der Speicherung der gesendeten Signale im Empfangsgerät des Gerichts maßgeblich, nicht aber die Vollständigkeit des Ausdrucks (vgl. BGHZ 167, 214 <220>).

40

3. Den Sorgfaltsanforderungen genügt schließlich nur, wer innerhalb der einzukalkulierenden Zeitspanne wiederholt die Übermittlung versucht.

II.

41

Der Beschwerdeführer hat hier einen hinreichenden Sicherheitszuschlag einkalkuliert. Der eigentliche Faxvorgang hat lediglich elf Minuten in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer hat am Tag des Fristablaufs um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift nebst Anlagen an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Er hat mithin eine Sicherheitsreserve von etwa 50 Minuten eingeplant. Darüber hinaus hat er seinen Sendeversuch bis zum Fristablauf mehrfach wiederholt.

C.

42

Die Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen begründet. Die degressive Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuertarife der Steuersatzungen sowie die Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

I.

43

Freiheitsrechte des Beschwerdeführers sind durch die Auferlegung der Zweitwohnungsteuer nicht verletzt.

44

1. Als Auferlegung einer Geldleistungspflicht stellt die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer einen Eingriff in Freiheitsrechte des Beschwerdeführers und seine persönliche Freiheitsentfaltung im vermögensrechtlichen Bereich dar (vgl. BVerfGE 87, 153 <169>; 93, 121 <137>). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer dabei an Art. 14 Abs. 1 oder an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (vgl. dazu BVerfGE 95, 267 <300 f.>; 105, 17 <32 f.>; 115, 97 <110 ff.>), da sich der Eingriff jedenfalls als verfassungsgemäß erweist.

45

2. Der Eingriff ist gerechtfertigt. Er beruht auf einer gesetzlichen Grundlage, welche die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wahrt (vgl. BVerfGE 34, 139 <146>; 58, 137 <145>), und die Steuerpflichtigen nicht unverhältnismäßig belastet.

46

a) Die von der Beklagten erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 65, 325 <349 f.>; 114, 316 <334 f.>).

47

aa) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

48

Die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs in den Zweitwohnungsteuersatzungen der Beklagten lässt den Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer unberührt. Ein vom Normgeber geregelter Steuertarif bestimmt zwar den Charakter der geschaffenen Steuer mit (zum Steuermaßstab vgl. BVerfGE 14, 76 <91>; 123, 1 <17>). Von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung einer Steuer ist der Steuertarif indessen nur, soweit er deren Typus prägt (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>). Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind hingegen ohne Einfluss auf die Beurteilung der Normsetzungskompetenz (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>).

49

bb) Der Gesetzgeber darf seine Steuergesetzgebungskompetenz grundsätzlich auch ausüben, um Lenkungswirkungen zu erzielen (vgl. BVerfGE 84, 239 <274>; 93, 121 <147>), mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfGE 55, 274 <299>; 98, 106 <118>). Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage (vgl. BVerfGE 98, 106 <118>).

50

Nach diesen Maßstäben ändern die mit der Zweitwohnungsteuer verfolgten Lenkungszwecke, Wohnungsinhaber zur Ummeldung von Zweit- in Hauptwohnsitze zu veranlassen und Wohnraum für Dritte freizumachen, nichts an ihrem Charakter als Steuer, weil die beabsichtigte Lenkung jedenfalls nicht die Wirkung einer verbindlichen Verhaltensregel entfaltet. Eine etwaige Ausweichreaktion hängt vielmehr maßgeblich vom Willen der Steuerpflichtigen ab.

51

b) Die Belastung durch die Zweitwohnungsteuer ist nicht erdrosselnd oder sonst unzumutbar. Die Ausgangsgerichte haben vertretbar dargelegt, dass die Steuersätze eine Belastung darstellen, die typischerweise noch im Bereich der im Halten einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt. Gegen eine erdrosselnde Höhe der zu zahlenden Steuerbeträge spricht bereits, dass eine beachtliche Zahl von Zweitwohnungsinhabern von der Beklagten zur Zweitwohnungsteuer veranlagt wird und sich diese Zahl in den letzten Jahren auf allen Steuerstufen noch erhöht hat.

II.

52

Der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen geregelte degressive Steuertarif verletzt das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

53

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; 130, 240 <252>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416>; 130, 240 <252 f.>).

54

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68>; 130, 240 <253>). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 126, 400 <416>; 130, 240 <254>; stRspr).

55

b) Auch Steuertarife sind mit ihren Auswirkungen auf die Steuerlast am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen.

56

So muss die unterschiedlich hohe Belastung der Steuerpflichtigen bei Finanzzwecksteuern dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit genügen (vgl. zum Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht BVerfGE 6, 55 <67>; 127, 224 <247 f.>). Es widerspricht dem Gebot der Steuergleichheit etwa, wenn bei Ertragsteuern wirtschaftlich Leistungsfähigere einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens als Steuer zu zahlen haben als wirtschaftlich Schwächere (vgl. BVerfGE 127, 224 <247>; siehe auch Schweizerisches Bundesgericht, Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 1. Juni 2007 - 2P.43/2006 -, BGE 133 I, 206 <220>; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, S. 403; P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 <329>; Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 286), es sei denn, dies ist durch einen besonderen Sachgrund gerechtfertigt.

57

Die Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird unterstützt vom Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Bei Steuern, die an die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen anknüpfen, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte nicht nur zulässig sondern geboten (vgl. BVerfGE 29, 402 <412>; 32, 333 <339>; 36, 66 <72>; 43, 108 <125>). Aus dem Sozialstaatsprinzip ist abzuleiten, dass die Steuerpolitik auf die Belange der wirtschaftlich schwächeren Schichten der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen hat (vgl. BVerfGE 13, 331 <346 f.>; 29, 402 <412>; 43, 108 <119>; 61, 319 <343 f.>).

58

c) Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verlangt, "jeden Bürger nach Maßgabe seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern zu belasten" (BVerfGE 61, 319 <344>; 66, 214 <223>; jeweils unter Bezugnahme auf BTDrucks 7/1470, S. 211 f.). In horizontaler Richtung muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 116, 164 <180>; 120, 1 <44>; 122, 210 <231>; 127, 224 <245>). In vertikaler Richtung muss die Besteuerung der wirtschaftlich Leistungsfähigeren im Vergleich mit der Steuerbelastung wirtschaftlich weniger Leistungsstarker angemessen ausgestaltet sein (vgl. BVerfGE 107, 27 <47>; 115, 97 <116 f.>). Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes hat der Gesetzgeber jedoch einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; 123, 1 <19>; 127, 224 <245>).

59

Werden weniger leistungsfähige Steuerschuldner mit einem höheren Steuersatz besteuert als wirtschaftlich leistungsfähigere Steuerschuldner, ist eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG ungeachtet dessen gegeben, ob leistungsfähigere Steuerschuldner absolut einen höheren Steuerbetrag zu zahlen haben als leistungsschwächere Steuerschuldner. Denn weniger Leistungsfähige müssen in diesem Fall einen höheren Anteil ihres Einkommens oder Vermögens als Steuer abgeben als wirtschaftlich Leistungsfähigere.

60

2. Das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist auf die Zweitwohnungsteuertarife der Beklagten anwendbar (a). Die in der Degression liegende Ungleichbehandlung (b) ist nach dem anzuwendenden strengen Maßstab (c) hier nicht gerechtfertigt (d).

61

a) Wie für die Ertragsteuern gilt auch für die Zweitwohnungsteuer das Leistungsfähigkeitsprinzip. Das wesentliche Merkmal einer Aufwandsteuer besteht darin, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der jeweilige Mietaufwand als Bemessungsgröße der Zweitwohnungsteuer spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider.

62

b) Der in den Zweitwohnungsteuersatzungen normierte Tarif stellt den Beschwerdeführer durch die Auferlegung eines höheren Steuersatzes schlechter als Steuerpflichtige, bei denen aufgrund des Innehabens einer teureren Wohnung eine größere Leistungsfähigkeit zu vermuten ist, die dafür aber gleichwohl einen niedrigeren Steuersatz zahlen. Am Maßstab vertikaler Steuergerechtigkeit gemessen, bewirkt der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen normierte degressive Steuertarif eine steuerliche Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil er weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belastet als wirtschaftlich leistungsfähigere. Denn aus dem Stufentarif ergibt sich mit steigendem Mietaufwand weitgehend ein sinkender Steuersatz. Diese Ungleichbehandlung lässt sich bereits durch einen Vergleich der jeweiligen mittleren Steuersätze in den Steuerstufen feststellen (aa), er verstärkt sich unter Berücksichtigung der durch die typisierende Stufenbildung bewirkten Effekte (bb) und insbesondere durch die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen (cc).

63

aa) Bei einem Vergleich der mittleren Steuersätze in den Steuerstufen ist eine Ungleichbehandlung weniger leistungsfähiger gegenüber leistungsfähigeren Steuerschuldnern feststellbar, weil diese bezogen auf den jährlichen Mietaufwand einen höheren Steuersatz zu zahlen haben. Lässt man wegen ihres Grenzwertcharakters zunächst die Steuerstufe zu den niedrigsten Miethöhen (Mindestbetragsstufe) und die nach oben hin offene höchste Steuerstufe (Höchstbetragsstufe) außer Betracht, so sind die dazwischen liegenden drei (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise fünf (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) Steuerstufen jeweils durchgängig degressiv gestaltet.

64

bb) Eine weitere Ungleichbehandlung folgt aus den durch die typisierenden Stufen bewirkten Differenzen in der Steuerbelastung. Dadurch wird außerdem die Ungleichbehandlung der weniger Leistungsfähigen gegenüber Leistungsfähigeren verstärkt, da sich die durch den degressiven Steuertarif einerseits und die Stufen andererseits hervorgerufenen Effekte teilweise addieren.

65

(1) Eine durch die Stufen hervorgerufene Ungleichbehandlung ergibt sich zunächst beim Übergang von einer Stufe in die nächste, nämlich für die Steuerpflichtigen, die mit ihrer Nettokaltmiete knapp ober- beziehungsweise unterhalb der jeweiligen Steuerstufengrenzwerte liegen.

66

Die Stufen als solche behandeln zudem verschieden leistungsfähige Steuerschuldner gleich, weil alle Steuerschuldner einer Stufe denselben absoluten Steuerbetrag zahlen müssen, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit typischerweise mit dem Mietaufwand ansteigt. Die damit verbundene Degression auf jeder einzelnen Stufe bewirkt eine Ungleichbehandlung entgegen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da der Steuersatz innerhalb einer Stufe mit steigender Bemessungsgrundlage abnimmt und damit zum Leistungsfähigkeitsprinzip entgegengesetzt verläuft. So sinkt beispielsweise innerhalb der zweiten Steuerstufe nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 (zwischen 1.533,88 € und 2.351,94 €) die Steuerbelastung von fast 40 % auf rund 26 % und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 (zwischen 1.650 € und 2.640 €) von etwa 34,8 % auf 21,8 %.

67

(2) Die Degression auf jeder einzelnen Stufe kommt zu der bereits durch einen Vergleich der mittleren Steuersätze festgestellten Degression als eigene Ungleichbehandlung hinzu. Am stärksten belastet werden insgesamt Steuerpflichtige mit Jahresmieten im unteren Bereich der jeweiligen Steuerstufen.

68

cc) Die auf der jeweiligen Stufe festgestellte Gleich- beziehungsweise Ungleichbehandlung tritt ebenfalls auf der Mindestbetragsstufe und der Höchstbetragsstufe der jeweiligen Steuersatzung zutage, weist gegenüber den anderen Stufen jedoch Besonderheiten auf. Innerhalb der Mindest- und der Höchstbetragsstufen nimmt der Steuersatz ähnlich wie auf den anderen Stufen mit steigender Bemessungsgrundlage ab und verläuft damit entgegensetzt zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Degression auf diesen beiden Stufen ist allerdings durch ihre Randlage in besonderer Weise ausgeprägt. Auf der Mindestbetragsstufe erhöht sich der Steuersatz mit sinkendem Mietaufwand, während die relative Belastung für Zweitwohnungen mit Jahresnettokaltmieten in der höchsten Stufe mit steigendem Mietaufwand geringer wird. Die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen verstärkt auf diese Weise den degressiven Effekt der Zweitwohnungsteuer.

69

c) Degressive Steuertarife sind nicht generell unzulässig. Die hierdurch hervorgerufenen Ungleichbehandlungen können verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 127, 224 <248>), weil der Normgeber zu einer reinen Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips nicht ausnahmslos verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 27, 58 <68>; 43, 108 <120 f.>). Bei der Rechtfertigung unterliegt er jedoch über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Bindungen.

70

Eine solche strengere Bindung des Normgebers folgt bei degressiven Steuertarifen aus der hiermit verbundenen Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz für das Steuerrecht, indem es dem Gesetzgeber ein auf die Leistungsfähigkeit bezogenes Differenzierungsgebot als materielles Gleichheitsmaß vorgibt. Allerdings fordert das Leistungsfähigkeitsprinzip keinen konkreten Steuertarif. Vom Bundesverfassungsgericht ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 52, 277 <280 f.>; 68, 287 <301>; 81, 108 <117 f.>; 84, 348 <359>).

71

d) Die durch den degressiven Steuertarif der angegriffenen Steuersatzungen hervorgerufene Ungleichbehandlung ist danach nicht mehr gerechtfertigt. Sie lässt sich im Ergebnis nicht auf Vereinfachungserfordernisse stützen (aa). Auch die Einnahmeerzielungsabsicht (bb) und die Verfolgung zulässiger Lenkungszwecke (cc) können diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Gleiches gilt für die Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips (dd).

72

aa) Die durch die konkrete Ausgestaltung der hier zu beurteilenden Steuertarife hervorgerufenen Ungleichheiten sind nicht von dem Zweck der Verwaltungsvereinfachung gedeckt. Zwar lassen sich Ungleichbehandlungen grundsätzlich durch Erfordernisse der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen (1). Zur Erreichung dieses Ziels sind die Regelungen jedoch nur teilweise geeignet (2). Zudem führt die hier gewählte Ausgestaltung der Tarife zu einer Gesamtdegression, die außer Verhältnis zum Ertrag der Vereinfachung steht (3).

73

(1) Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse können grundsätzlich sachliche Gründe für Einschränkungen der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit bilden (vgl. BVerfGE 127, 224 <245> m.w.N.).

74

(2) Die zu überprüfenden Regelungen sind jedoch nur teilweise zur Verwaltungsvereinfachung geeignet.

75

(a) Geeignet ist die Steuermaßstabsbildung anhand von fünf (Zweitwoh-nungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) pauschalierenden Steuerstufen. Eine gewisse Verwaltungsvereinfachung bewirkt die Zusammenfassung der Steuerpflichtigen in Steuergruppen hier dadurch, dass nicht in jedem Einzelfall behördlicherseits die Jahresnettokaltmiete exakt ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

76

(b) Nicht zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist hingegen der insgesamt, das heißt über verschiedene Steuerstufen hinweg, degressiv gestaltete Verlauf des Steuertarifs. Eine Verwaltungsvereinfachung wird zwar durch die Bildung von Steuerstufen erreicht. Ein durch immer flacher werdende Stufen gekennzeichneter degressiver Steuertarif ist jedoch für die Steuerverwaltung nicht einfacher zu handhaben als ein linearer oder progressiver Steuertarif.

77

(3) Auch soweit die Ausgestaltung zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist, stehen die mit den Degressionseffekten verbundenen Ungleichbehandlungen hier außer Verhältnis zu der damit zu erzielenden Verwaltungsvereinfachung.

78

Die Rechtfertigung einer durch die Stufenbildung hervorgerufenen Ungleichbehandlung setzt voraus, dass die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler ein gewisses Maß nicht übersteigt und die Vorteile der Vereinfachung im rechten Verhältnis hierzu stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 116, 164 <182 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Das ist hier nicht mehr der Fall. Bereits die Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf einer Stufe erreicht ein beträchtliches Ausmaß, das angesichts des insgesamt degressiven Tarifverlaufs nicht hinnehmbar ist. So ist etwa die bei rund 13 (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) und etwa 14 (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) Prozentpunkten liegende Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf der zweiten Stufe hoch. Dies gilt erst recht für die gebildete Höchstbetragsgruppe, die eine Spreizung von 25 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) respektive 15 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) vorsieht, wenn man von einer absoluten monatlichen Mietobergrenze von 2.000 € ausgeht; bei noch höherem Mietaufwand geht die Spreizung darüber noch hinaus. Hinzu treten die Effekte der Degression zwischen den einzelnen Stufen. So kommt es hier über alle Stufen hinweg nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 zu einer Differenz von 29 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 34 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 5 %) und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 zu einer Differenz von 27 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 33 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 6 %). Dem steht zwar ein Vereinfachungseffekt gegenüber, der durch die Tarifstufung erreicht wird und grundsätzlich umso größer ist, je geringer die Zahl der Stufen ist. Dieser Effekt ist hier jedoch nicht hinreichend gewichtig, weil die Verwaltungsvereinfachung, die durch die Stufung der Zweitwohnungsteuer erzielt wird, lediglich darin besteht, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresnettokaltmiete ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

79

bb) Die durch den degressiven Steuersatz hervorgerufene Ungleichbehandlung kann auch nicht mit der Absicht gerechtfertigt werden, höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Der degressive Steuertarif dient bereits nicht der Erzielung höherer Einnahmen. Ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen können nicht schon allein mit dem Finanzbedarf des Staates oder einer knappen Haushaltslage gerechtfertigt werden (BVerfGE 116, 164 <182> m.w.N.).

80

cc) Verfolgt der Gesetzgeber mit der Tarifdegression zulässige Lenkungszwecke, kann dies Abweichungen vom Leistungsfähigkeitsprinzip unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).

81

(1) Der Steuergesetzgeber darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden (vgl. BVerfGE 98, 106 <117>; 117, 1 <31 f.>). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.).

82

Will der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm etwa aus wirtschafts-, sozial-, umwelt- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, hat er eine große Gestaltungsfreiheit. In der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.). Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm aber in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere soweit der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

83

Der Lenkungszweck muss von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen sein (vgl. BVerfGE 99, 280 <296>; 105, 73 <112 f.>; 117, 1 <31 ff.>; stRspr). Dabei genügt es, wenn diese anhand der üblichen Auslegungsmethoden festgestellt werden kann (vgl. BVerfGE 99, 280 <296 f.>). Lenkungszwecke können sich etwa aus den Gesetzesmaterialien ergeben (vgl. BVerfGE 116, 164 <191 ff.>; vgl. aber BVerfGE 130, 131 <144>). Möglich ist außerdem, den Zweck aus einer Gesamtschau der jeweils vom Gesetzgeber normierten Steuervorschriften zu erschließen (vgl. BVerfGE 110, 274 <296 f.>). Ziele des Gesetzgebers können sich darüber hinaus aus dem Zusammenhang ergeben, in dem das Gesetz mit dem zu regelnden Lebensbereich steht (vgl. BVerfGE 62, 169 <183 f.>). Stets müssen sich die so erkannten Lenkungsziele jedoch auf eine Entscheidung des Gesetzgebers zurückführen lassen.

84

(2) Die durch die Degression hervorgerufene Ungleichbehandlung ist nicht durch die verfolgten Lenkungszwecke gerechtfertigt. Zwar sind die Lenkungszwecke grundsätzlich zulässig (a) und zum Teil von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen (b). Sie können jedoch die Ungleichbehandlung durch den degressiven Tarif nicht rechtfertigen (c).

85

(a) Die Veranlassung zur Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz nach den Maßgaben des Melderechts stellt ein legitimes Ziel einer Zweitwohnungsteuer dar (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -, juris Rn. 65, NJW 2013, S. 2498 <2502>, Rn. 66). Ein weiterer zulässiger Lenkungszweck liegt in der Erhöhung des Wohnungsangebots für die einheimische Bevölkerung und insbesondere für Studierende der Hochschulen vor Ort.

86

(b) Der Lenkungszweck, mit Nebenwohnsitz gemeldete Personen zur Anmeldung eines Hauptwohnsitzes zu bewegen, ist von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen. Er ergibt sich aus einer objektiven Auslegung der Satzungen. Zwar enthalten die Satzungsvorschriften selbst und die Materialien zu ihrer Entstehung keine einschlägigen Hinweise. Der Lenkungszweck folgt jedoch aus einer Gesamtschau der Satzungsregelungen unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Satzungen mit dem zu regelnden Lebensbereich stehen. Er ist für den Satzungsgeber erkennbar wesentlich, da die finanziellen Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich ihrer Höhe nach von der Einwohnerzahl und damit von der Zahl der gemeldeten Hauptwohnsitzinhaber abhängig sind (vgl. § 4, § 6 Abs. 4, § 7 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 Nr. 3, § 30 des baden-württembergischen Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich).

87

Ob der weitere Lenkungszweck, mit der Zweitwohnungsteuer das Halten von Zweitwohnungen - insbesondere kleinerer und preiswerter Wohnungen - einzudämmen, um dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen, von einer erkennbaren Entscheidung des Satzungsgebers getragen ist, kann hier offen bleiben (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Dezember 1992 - 2 S 1557/90 -, NVwZ-RR 1993, S. 509 <510>).

88

(c) Die steuerliche Differenzierung durch einen degressiven Tarifverlauf erweist sich allerdings auch unter Berücksichtigung des dem Normgeber insoweit zukommenden Einschätzungs- und Prognosevorrangs (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 115, 276 <308 f.>) zur Erreichung der Lenkungszwecke weder als geeignet noch als erforderlich.

89

Zwar mag die Erhebung der Zweitwohnungsteuer insgesamt geeignet sein, Zweitwohnungsinhaber zur Anmeldung des Hauptwohnsitzes zu bewegen; die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs selbst fördert diesen Lenkungszweck jedoch nicht. Dieses Lenkungsziel würde in gleicher Weise durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht, bei dem die hier festgestellte Ungleichbehandlung nicht vorläge. Gleiches gilt für den Lenkungszweck, das Halten von Zweitwohnungen einzudämmen.

90

Die Degression ist auch deshalb ungeeignet, weil die gerade mit ihr verbundenen zusätzlichen Belastungen so gering sind, dass ihre Lenkungswirkung angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung einhergehenden sonstigen Kosten auch dann zweifelhaft ist, wenn Steuerpflichtige Kenntnis von ihr haben.

91

dd) Der Gedanke der Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips scheidet als Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung durch einen degressiven Steuertarif bei der Zweitwohnungsteuer als kommunaler Aufwandsteuer ebenfalls aus.

92

Die Gründe, die bei einigen Steuern ausnahmsweise eine Rechtfertigung mit dem Äquivalenzprinzip erlauben mögen (vgl. BVerfGE 120, 1 <37 ff.>), treffen auf die Zweitwohnungsteuer nicht zu. Sie stellt keine wie auch immer geartete Gegenleistung für einen Sonderaufwand des Staates dar, weil sie nicht auf eine staatliche Leistung gestützt werden kann, die einem bestimmten kostenträchtigen Verhalten des Steuerschuldners zurechenbar ist. Der jährliche Mietaufwand als Bemessungsgrundlage der Steuer steht zudem nicht im Verhältnis zur Inanspruchnahme gebührenfreier kommunaler Leistungen.

D.

93

Die Verfassungswidrigkeit der Satzungen führt zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG).

94

Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte sind gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist wegen der Kostenentscheidung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

95

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

96

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 und in der Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 sowie § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.

3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Mai 2009 - 2 S 3342/08 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. November 2008 - 3 K 1622/07 -, der Widerspruchsbescheid der Stadt Konstanz vom 3. Juli 2007 - 5.02229.002887.1 ZwWIRöß 27K Rie/hz -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 20. März 2007 - 5.0229.002887.1 -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 12. Februar 2007 - 5.0229.002887.1 - und der Zweitwohnungsteuerbescheid der Stadt Konstanz vom 18. Dezember 2006 - 5.0229.002887.1 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

4. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers haben die Stadt Konstanz zu zwei Dritteln und das Land Baden-Württemberg zu einem Drittel zu erstatten.

5. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit eine degressive Staffelung des Tarifs einer Zweitwohnungsteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Die Stadt Konstanz, die Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte), zog den Beschwerdeführer für die Jahre 2002 bis 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran. Dabei stützte sie sich auf die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 1989) und in der zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2002) sowie die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2006).

3

2. Die in den Satzungen jeweils geregelten Steuertarife orientieren sich am jährlichen Mietaufwand als steuerlicher Bemessungsgrundlage und pauschalieren den Steuerbetrag durch Bildung von fünf (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht Mietaufwandsgruppen (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006). Der für den ersten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar bis 31. Dezember 2002) maßgebliche § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 lautet wie folgt:

4

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.533,88 €

= 409,03 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.533,88 € aber nicht mehr als 2.351,94 €

= 613,55 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.351,94 € aber nicht mehr als 3.170,01 €

=818,07 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.170,01 € aber nicht mehr als 3.988,08 €

=1.022,58 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.988,08 €

=1.227,10 €.

5

Für den zweiten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar 2003 bis 31. August 2006) sind nach den wortgleichen Vorschriften des § 4 Abs. 1 ZwStS 2002 und des § 4 Abs. 1 ZwStS 2006 folgende Steuersätze maßgeblich:

6

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.650 €

= 400,00 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.650 € aber nicht mehr als 2.640 €

= 575,00 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.640 € aber nicht mehr als 3.630 €

= 750,00 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.630 € aber nicht mehr als 4.620 €

= 925,00 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 4.620 € aber nicht mehr als 5.610 €

= 1.100,00 €

f)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 5.610 € aber nicht mehr als 6.600 €

= 1.275,00 €

g)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 6.600 € aber nicht mehr als 7.590 €

= 1.450,00 €

h)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 7.590 €

= 1.625,00 €.

7

3. Die konkrete Ausgestaltung der Steuertarife führt insgesamt zu einem in Relation zum Mietaufwand degressiven Steuerverlauf. Zwar steigt der Betrag der vom Steuerschuldner zu zahlenden Zweitwohnungsteuer mit zunehmender Jahresmiete in Stufen an. Nicht nur auf den jeweiligen Stufen sondern auch über die Stufen hinweg sinkt jedoch der aus dem jährlichen Mietaufwand als Steuermaßstab und dem zu zahlenden Steuerbetrag errechnete Steuersatz mit steigendem Mietaufwand wieder ab.

8

Eine Ursache hierfür besteht in zunehmend flacher werdenden Steuerstufen sowohl im mittleren Bereich als auch in der Mindest- und der Höchstbetragsstufe. Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 sinkt der sich für den mittleren Mietaufwand einer Steuerstufe ergebende Steuersatz (im Folgenden: mittlerer Steuersatz) in den drei mittleren Steuerstufen von 31,58 % in der Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 1.533,88 € und 2.351,94 € über 29,63 % in der folgenden Stufe auf schließlich 28,57 % in der durch die Grenzwerte 3.170,01 € und 3.988,08 € bestimmten Steuerstufe ab. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 beläuft sich der mittlere Steuersatz in der zweitniedrigsten Steuerstufe zwischen den Stufengrenzwerten 1.650 € und 2.640 € auf 26,81 % und sinkt bei steigendem Mietaufwand in den folgenden Stufen schrittweise bis auf 20,44 % in der zweithöchsten Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 6.600 € und 7.590 € ab. Damit liegt die Spreizung der mittleren Steuersätze unter Außerachtlassung der Mindest- und Höchstbetragsstufen bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 bei circa drei Prozentpunkten (Verlauf von 31,58 % absinkend bis zu 28,57 %) und bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 bei 6,37 Prozentpunkten (Verlauf von 26,81 % absinkend zu 20,44 %).

9

Berücksichtigt man zusätzlich die jeweilige Mindest- und Höchstbetragsstufe, so verstärkt sich das stetige Abflachen der einzelnen Steuerstufen und damit des Steuersatzes. Bei Zugrundelegung einer Untergrenze für Monatskaltmieten von 100 € ergibt sich für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.533,88 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 29,92 % und für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.650 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 28,07 %. Unter Berücksichtigung eines für Zweitwohnungen noch realistischen oberen Grenzwerts von 24.000 € ergibt sich für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 3.988,08 € bis 24.000 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 11,40 % und für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 7.590 € bis 24.000 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 10,29 %. Blendet man Jahresmieten von unter 1.200 € und über 24.000 € aus, ergibt sich für den verbleibenden Bereich eine Spreizung von 18,52 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989, Verlauf von 29,92 % bis 11,40 %) beziehungsweise 17,78 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006, Verlauf von 28,07 % bis 10,29 %). Ohne Berücksichtigung dieser Unter- und Obergrenzen wäre die Spreizung noch stärker ausgeprägt.

10

Zu einer weiteren Degression führen die durch die Stufenbildung bewirkten Differenzen in der relativen Steuerbelastung. Innerhalb jeder einzelnen Steuerstufe verläuft der Steuersatz ebenfalls degressiv, da der relative Steuersatz innerhalb der Stufe mit steigendem Mietaufwand abnimmt. Auf den mittleren Steuerstufen (das heißt unter Außerachtlassung der Mindest- und der Höchstbetragsstufe) ist der Belastungsunterschied zwischen Steuerpflichtigen am unteren Ende der zweiten Steuerstufe und am oberen Ende der zweithöchsten Steuerstufe am stärksten ausgeprägt. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 gilt für Steuerpflichtige mit einer Jahreskaltmiete von 1.651 € (unterer Grenzwert der zweitniedrigsten Steuerstufe) ein Steuersatz von 34,8 % (Steuerbetrag 575 €), während der Steuersatz knapp unterhalb des oberen Grenzwerts der zweithöchsten Steuerstufe bei einer Jahreskaltmiete von 7.590 € circa 19,1 % beträgt (Steuerbetrag 1.450 €). Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ergibt sich entsprechend ein Steuersatz von etwa 40 % für knapp oberhalb des unteren Grenzwerts der zweitniedrigsten Steuerstufe besteuerte Steuerpflichtige (Steuerbetrag von 613,55 € bei einer Jahresmiete von 1.533,89 €) sowie ein Steuersatz von etwa 25,6 % für einen am oberen Grenzwert der zweithöchsten Steuerstufe veranschlagten Zweitwohnungsinhaber (Steuerbetrag von 1.022,58 € bei einer Jahresmiete von 3.988,08 €).

II.

11

1. Der Beschwerdeführer hatte im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2006 eine ihm von seinen Eltern überlassene Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten inne und war dort mit Nebenwohnsitz gemeldet. Die Beklagte zog ihn durch Steuerbescheid vom 18. Dezember 2006 für diesen Zeitraum zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von insgesamt 7.320,85 € heran. Nach Einlegung eines Widerspruchs reduzierte die Beklagte den Betrag mit Änderungsbescheid vom 12. Februar 2007 auf 3.835,08 € und mit weiterem Änderungsbescheid vom 20. März 2007 auf 2.974,32 €. Dem letztgenannten Änderungsbescheid lag eine Einigung der Beteiligten auf einen fiktiven Mietzins für die Wohnung von 4,11 €/m², also der Hälfte des sich nach dem Mietspiegel ergebenden Mietwertes, zugrunde. Die sich daraus ergebende fiktive Miete von 201,39 € pro Monat (2.416,68 € pro Jahr) führte nach der dritten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 818,07 € im Jahr 2002 und nach der zweiten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 2002/2006 zu einer Steuer in Höhe von 575 € in den Jahren 2003 bis 2005 und in Höhe von 431,25 € im Jahr 2006. Den gleichwohl aufrecht erhaltenen Widerspruch des Beschwerdeführers gegen die Steuerbescheide wies die Beklagte zurück.

12

2. Die vom Beschwerdeführer gegen die Steuerbescheide und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Die "umgekehrte Progression" des Steuersatzes sei nicht zu beanstanden. Ein stets gleichbleibendes Verhältnis zwischen der Zweitwohnungsteuer und dem jährlichen Mietaufwand als Bemessungsgrundlage sei rechtlich nicht gefordert. Durch die zulässige Stufenbildung komme es innerhalb der jeweiligen Steuerstufen zwangsläufig zu einer umgekehrten Progression. Die insgesamt degressive Staffelung verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, da es sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung gebe. Mit der Zweitwohnungsteuer dürfe der Lenkungszweck verfolgt werden, die Inhaber einer nur vorgeblichen Zweitwohnung im melderechtlich zulässigen Rahmen zur Verlegung des Hauptwohnsitzes zu bewegen. Gerade bei regelmäßig relativ preisgünstigen Studentenwohnungen sei ein höherer Steuersatz besser geeignet, um über den absoluten Betrag die gewünschte Lenkungswirkung zu erreichen. Ein degressiver Steuersatz sei zudem deshalb gerechtfertigt, weil Zweitwohnungen für die Gemeinden einen erhöhten Aufwand bedeuteten, dem keine sonstigen Vorteile gegenüberstünden. Dieser Aufwand sei nicht zwangsläufig vom jährlichen Mietaufwand abhängig. Der erhöhte Steuersatz bei günstigen Zweitwohnungen sei geeignet, diesen Aufwand zu decken.

13

Die absolute Höhe des Steuersatzes entfalte im Übrigen keine erdrosselnde Wirkung. Da über den Mietaufwand für eine Zweitwohnung hinaus häufig noch erhebliche Kosten für eine doppelte Haushaltsführung aufgewendet würden, könne nicht ernsthaft davon die Rede sein, im Gebiet der Beklagten könnten wegen der Zweitwohnungsteuer - jedenfalls im unteren Bereich - keine Zweitwohnungen mehr gehalten werden.

14

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab, der dem Beschwerdeführer am 27. Mai 2009 zuging. Die generalisierende degressive Staffelung der Steuersätze in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 und 2002/2006 halte sich im Rahmen des dem Satzungsgeber zukommenden Gestaltungsspielraums. Die prozentual stärkere Belastung der unteren Mietaufwandsgruppen sei gerechtfertigt. Die Beklagte dürfe bei der Steuererhebung den Nebenzweck verfolgen, insbesondere das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen.

15

Eine erdrosselnde Wirkung komme der Zweitwohnungsteuer nicht zu, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten in allen Staffelungsbereichen und damit auch in den untersten Mietaufwandsgruppen steuerpflichtige Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl vorhanden seien. Bei der Beurteilung der Frage, ob vom Steuersatz eine erdrosselnde Wirkung ausgehe, sei nicht auf einzelne Steuerpflichtige, wie etwa Studierende, sondern auf die Gesamtheit der steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhaber abzustellen. Angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung unabdingbar verbundenen, nicht unerheblichen weiteren Kosten sei eine erdrosselnde Wirkung der Steuer nach allgemeiner Lebenserfahrung von vornherein ausgeschlossen.

III.

16

1. Der Beschwerdeführer hat am 13. Juli 2009 Verfassungsbeschwerde erhoben und gleichzeitig wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung und der vorgelegten Telefaxprotokolle hatte er am Montag, dem 29. Juni 2009, um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift per Telefax an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Dies misslang jedoch ebenso wie weitere Übermittlungsversuche am selben Tag um 23:07 Uhr und 23:19 Uhr. Gemäß dem Faxbuch und den Faxprotokollen des Bundesverfassungsgerichts war der Faxanschluss des Gerichts an diesem Tag ab etwa 20:00 Uhr für circa vier Stunden belegt.

17

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

18

Der satzungsgemäße Zweitwohnungsteuertarif bewirke eine "umgekehrte Progression". Gerade bei höheren Mieten sinke der Steuersatz mit steigendem Mietaufwand kontinuierlich, während er bei niedrigen Mieten in der Regel deutlich über 20 % liege. Eine solche Besteuerung sei nicht mit dem aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Gebot sozialer Steuerpolitik, das im Steuerrecht spezielle Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Übermaßverbots sei, vereinbar. Durch die "umgekehrte Progression" würden gerade Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit regelmäßig prozentual wesentlich stärker belastet als Personen mit hohem jährlichem Mietaufwand. Das Ziel, Inhaber von Zweitwohnungen zu deren Anmeldung als Hauptwohnung zu bewegen, um Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen, sei kein zulässiger, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Lenkungszweck.

19

Bei der von der Beklagten erhobenen Zweitwohnungsteuer handele es sich um eine unzulässige konfiskatorische Steuer mit erdrosselnder Wirkung. Die Steuersätze seien gerade im Bereich eines niedrigen bis mittleren Mietaufwands deutlich zu hoch. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die vermeintlich geringe absolute Höhe der Steuer sei nicht nachvollziehbar. Bei einem Zweitwohnungsteuersatz von bis zu 34,8 % liege die erdrosselnde oder prohibitive Wirkung vielmehr auf der Hand. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass hiervon in besonderem Maße Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit, insbesondere Studierende, betroffen seien. Zweitwohnungsinhaber mit niedrigem bis mittlerem Mietaufwand würden stärker belastet als solche mit höherem Mietaufwand. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass das Innehaben kleinerer Zweitwohnungen regelmäßig wirtschaftlich unmöglich gemacht werde.

IV.

20

Die Beklagte, das Bundesverwaltungsgericht, der Bundesfinanzhof sowie mehrere Oberverwaltungs- und Finanzgerichte haben zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

21

1. Die Beklagte hält die Verfassungsbeschwerde wegen Verfristung für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Zweitwohnungsteuer habe keine erdrosselnde Wirkung. Aus der Entwicklung des Aufkommens steuerpflichtiger Zweitwohnungen im Bereich aller Steuerstufen ergebe sich, dass das Halten von Zweitwohnungen durch die Besteuerung nicht wirtschaftlich unmöglich gemacht werde. Die Staffelung der Steuersätze verstoße angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Steuergesetzgebers auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Die mit einer grundsätzlich zulässigen Wahl pauschaler Maßstäbe aus Praktikabilitätsgründen verbundenen Ungleichbehandlungen seien sachlich gerechtfertigt. Eine höhere Belastung in den unteren Steuerstufen bei einer prozentualen, auf den jährlichen Mietaufwand bezogenen Belastung sei dadurch gerechtfertigt, dass im niedrigen bis mittleren Mietsegment der größte Bedarf an Wohnraum bestehe, weil die Beklagte Hochschulstandort und beliebtes Tourismusziel sei. Eine weitere Rechtfertigung ergebe sich aus dem mit Zweitwohnungen verbundenen erhöhten kommunalen Aufwand.

22

2. Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint ein degressiv ausgestalteter Steuertarif im Hinblick auf die Grundsätze der Steuergleichheit und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht unbedenklich, jedenfalls aber besonders rechtfertigungsbedürftig. Ein spezifischer Lenkungszweck könne den Steuertarif rechtfertigen, sofern er nicht im Gegensatz zu der Sachmaterie stehe, auf die er lenkend einwirken solle. Der Anreiz zur Verlegung des Erstwohnsitzes stelle grundsätzlich einen zulässigen Lenkungszweck dar.

23

3. Der Bundesfinanzhof äußert verfassungsrechtliche Bedenken an der degressiven Ausgestaltung des Zweitwohnungsteuertarifs. Schon der Typus der Aufwandsteuer lasse es nicht zu, bei der Zweitwohnungsteuer einen niedrigeren jährlichen Mietaufwand mit einem höheren Steuersatz zu belegen als einen höheren jährlichen Mietaufwand. Der degressive Steuertarif verletze darüber hinaus die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben des Leistungsfähigkeitsprinzips. Dieser könne keinesfalls mit der Erwägung gerechtfertigt werden, der Beklagten erwachse aus Zweitwohnungen ein erhöhter Aufwand, weil allein der isolierte Vorgang des Konsums für die Aufwandsteuer maßgeblich sei.

24

Die Abweichung vom Gebot der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei auch nicht durch die in den Ausgangsentscheidungen genannten außersteuerlichen Lenkungszwecke gerechtfertigt. Denn das Interesse der Beklagten, mit der Zweitwohnungsteuer die Anzahl der Zweitwohnungen zu beschränken, die Zweitwohnungsinhaber also zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in der Stadt zu veranlassen, und sich dadurch erhöhte Finanzzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu sichern sowie das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung zu erhöhen, betreffe kleine und große Wohnungen gleichermaßen.

25

4. a) Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben Zweifel an der Vereinbarkeit einer degressiv ausgestalteten Zweitwohnungsteuer mit der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeit der Gemeinden und dem Gleichheitssatz geäußert.

26

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bezweifelt, dass der Lenkungszweck, das Halten von kleinen und billigen Zweitwohnungen einzudämmen, um das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung in diesem Sektor zu erhöhen, mit dem Charakter einer Aufwandsteuer in Einklang zu bringen ist. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hält eine prozentual deutlich höhere Besteuerung eines relativ niedrigen Mietaufwands für mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG unvereinbar, weil sich bei der Zweitwohnungsteuer Steuermaßstab und Steuersatz auf den Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung beziehen und in einem angemessenen Verhältnis zu diesem stehen müssten.

27

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hält den degressiven Steuersatz für mit dem Gebot der Steuergerechtigkeit unvereinbar. Für eine solche Ausgestaltung der Steuer sei kein einleuchtender Grund erkennbar, zumal mit der Zweitwohnungsteuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst werden solle, die in der Regel bei höherwertigen Wohnungen höher einzustufen sei. Die Absicht des Normgebers, gerade das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen durch eine prozentual höhere Steuerbelastung einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot auf dem einheimischen Markt zu erhöhen, laufe der am Aufwand zu orientierenden Steuerbemessung im Kern zuwider.

28

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern könne zwar eine zwangsläufige Degression auf den einzelnen Stufen eines abgestuften, im Prinzip aber linearen Steuersatzes bei einer hinreichend feinen Abstufung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität verfassungsrechtlich hingenommen werden, ein insgesamt degressiver Steuersatz sei jedoch mit dem Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nur schwer vereinbar. Zudem sei eine sachliche Rechtfertigung der Degression mit ihrer Lenkungswirkung fraglich, da ein nicht degressiver Steuertarif zu einem höheren Steuerbetrag und damit zu einem besseren Lenkungseffekt führen könnte.

29

b) Andere Oberverwaltungsgerichte halten hingegen eine degressive Aufwandsteuer für mit dem Grundgesetz vereinbar.

30

Dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zufolge liegt eine konfiskatorische Wirkung nur dann vor, wenn durch die Höhe der Aufwandsteuer das Innehaben von Zweitwohnungen gänzlich unattraktiv werde, was nicht der Fall sei, solange Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl gehalten würden. Die mit einem Staffelsystem zwangsläufig entstehenden Degressionseffekte stellten im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers und die Möglichkeit der Pauschalisierung und Typisierung keinen Gleichheitsverstoß dar. Der Satzungsgeber könne wohl einen degressiv gestalteten Steuersatz vorsehen, solange für kostengünstigere Zweitwohnungen nicht absolut höhere Steuern zu zahlen seien. Ein sachlicher Grund für einen degressiven Steuertarif könne zudem gerade in einer Stadt mit vielen Studierenden in dem Lenkungszweck liegen, einen bestimmten Kreis von Zweitwohnungsinhabern zur (melderechtlich ordnungsgemäßen) Verlegung seines Erstwohnsitzes zu bewegen.

31

Nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs enthalten die streitgegenständlichen Steuersatzungen keinen rein degressiv ausgestalteten Steuertarif, weil die prozentuale Belastung nach Übergang in die nächsthöhere Stufe wieder ansteige. Das kontinuierliche Sinken der Belastung ab dem Erreichen der höchsten Stufe sei der Problematik eines sogenannten "Höchstbetrages" zuzuordnen und an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen; es könne durch sachliche Erwägungen wie etwa Lenkungsabsichten gerechtfertigt werden.

B.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

33

Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde zwar erst nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben. Ihm ist jedoch gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf seinen fristgerechten Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

I.

34

Der Beschwerdeführer war durch die Belegung des Faxanschlusses des Bundesverfassungsgerichts zwischen 22:57 Uhr bis Mitternacht des 29. Juni 2009 an der Fristwahrung gehindert. An der hierdurch verursachten Fristversäumnis traf ihn kein Verschulden.

35

1. Eine verschuldete Fristversäumnis liegt vor, wenn ein Beschwerdeführer die Frist wegen fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens nicht einhalten konnte. Angesichts des Verfassungsbezugs zu Art. 103 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die individuellen Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 25, 158 <166>). Fahrlässig handelt, wer mit der Übermittlung eines Beschwerdeschriftsatzes nebst erforderlicher Anlagen nicht so rechtzeitig beginnt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit dem Abschluss der Übermittlung noch am Tag des Fristablaufs zu rechnen ist.

36

Dabei müssen Rechtsschutzsuchende einen über die voraussichtliche Dauer des eigentlichen Faxvorgangs hinausgehenden Sicherheitszuschlag einkalkulieren (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3; BVerfGK 7, 215 <216>). Denn sie beachten nur dann die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn sie der Möglichkeit Rechnung tragen, dass das Empfangsgerät belegt ist. Gerade in den Abend- und Nachtstunden muss damit gerechnet werden, dass wegen drohenden Fristablaufs weitere Beschwerdeführer versuchen, Schriftstücke fristwahrend per Telefax zu übermitteln (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574).

37

Das Erfordernis eines Sicherheitszuschlags kollidiert nicht mit dem Grundsatz, dass eine Frist voll ausgeschöpft werden darf. Ebenso wie übliche Postlaufzeiten oder die Verkehrsverhältnisse auf dem Weg zum Gericht zu berücksichtigen sind, muss ein Beschwerdeführer übliche Telefaxversendungszeiten einkalkulieren. Der Zuschlag verkürzt die Frist nicht, sondern konkretisiert lediglich die individuelle Sorgfaltspflicht des Beschwerdeführers. Aus der Eröffnung des Übermittlungswegs per Telefax erwächst dabei dem Gericht die Verantwortung, für ausreichende Empfangskapazitäten zu sorgen. Dem wird durch eine kurze Bemessung der Sicherheitsreserve Rechnung getragen.

38

2. In Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllt, wer einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkuliert. Damit sind die gegenwärtigen technischen Gegebenheiten auch nach der Rechtsprechung der Fachgerichte (vgl. BFH, Beschluss vom 25. November 2003 - VII R 9/03 -, BFH/NV 2004, S. 519 <520>; Beschluss vom 28. Januar 2010 - VIII B 88/09 -, BFH/NV 2010, S. 919; BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - XI ZB 24/10 -, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2010 - BVerwG 7 B 18/10 -, juris) hinreichend beachtet. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gilt dieser Sicherheitszuschlag einheitlich auch für die Faxübersendung nach Wochenenden oder gesetzlichen Feiertagen (anders noch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3).

39

Für die Fristberechnung und damit auch die Einhaltung des Sicherheitszuschlags ist der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs und damit der Speicherung der gesendeten Signale im Empfangsgerät des Gerichts maßgeblich, nicht aber die Vollständigkeit des Ausdrucks (vgl. BGHZ 167, 214 <220>).

40

3. Den Sorgfaltsanforderungen genügt schließlich nur, wer innerhalb der einzukalkulierenden Zeitspanne wiederholt die Übermittlung versucht.

II.

41

Der Beschwerdeführer hat hier einen hinreichenden Sicherheitszuschlag einkalkuliert. Der eigentliche Faxvorgang hat lediglich elf Minuten in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer hat am Tag des Fristablaufs um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift nebst Anlagen an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Er hat mithin eine Sicherheitsreserve von etwa 50 Minuten eingeplant. Darüber hinaus hat er seinen Sendeversuch bis zum Fristablauf mehrfach wiederholt.

C.

42

Die Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen begründet. Die degressive Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuertarife der Steuersatzungen sowie die Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

I.

43

Freiheitsrechte des Beschwerdeführers sind durch die Auferlegung der Zweitwohnungsteuer nicht verletzt.

44

1. Als Auferlegung einer Geldleistungspflicht stellt die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer einen Eingriff in Freiheitsrechte des Beschwerdeführers und seine persönliche Freiheitsentfaltung im vermögensrechtlichen Bereich dar (vgl. BVerfGE 87, 153 <169>; 93, 121 <137>). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer dabei an Art. 14 Abs. 1 oder an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (vgl. dazu BVerfGE 95, 267 <300 f.>; 105, 17 <32 f.>; 115, 97 <110 ff.>), da sich der Eingriff jedenfalls als verfassungsgemäß erweist.

45

2. Der Eingriff ist gerechtfertigt. Er beruht auf einer gesetzlichen Grundlage, welche die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wahrt (vgl. BVerfGE 34, 139 <146>; 58, 137 <145>), und die Steuerpflichtigen nicht unverhältnismäßig belastet.

46

a) Die von der Beklagten erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 65, 325 <349 f.>; 114, 316 <334 f.>).

47

aa) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

48

Die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs in den Zweitwohnungsteuersatzungen der Beklagten lässt den Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer unberührt. Ein vom Normgeber geregelter Steuertarif bestimmt zwar den Charakter der geschaffenen Steuer mit (zum Steuermaßstab vgl. BVerfGE 14, 76 <91>; 123, 1 <17>). Von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung einer Steuer ist der Steuertarif indessen nur, soweit er deren Typus prägt (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>). Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind hingegen ohne Einfluss auf die Beurteilung der Normsetzungskompetenz (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>).

49

bb) Der Gesetzgeber darf seine Steuergesetzgebungskompetenz grundsätzlich auch ausüben, um Lenkungswirkungen zu erzielen (vgl. BVerfGE 84, 239 <274>; 93, 121 <147>), mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfGE 55, 274 <299>; 98, 106 <118>). Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage (vgl. BVerfGE 98, 106 <118>).

50

Nach diesen Maßstäben ändern die mit der Zweitwohnungsteuer verfolgten Lenkungszwecke, Wohnungsinhaber zur Ummeldung von Zweit- in Hauptwohnsitze zu veranlassen und Wohnraum für Dritte freizumachen, nichts an ihrem Charakter als Steuer, weil die beabsichtigte Lenkung jedenfalls nicht die Wirkung einer verbindlichen Verhaltensregel entfaltet. Eine etwaige Ausweichreaktion hängt vielmehr maßgeblich vom Willen der Steuerpflichtigen ab.

51

b) Die Belastung durch die Zweitwohnungsteuer ist nicht erdrosselnd oder sonst unzumutbar. Die Ausgangsgerichte haben vertretbar dargelegt, dass die Steuersätze eine Belastung darstellen, die typischerweise noch im Bereich der im Halten einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt. Gegen eine erdrosselnde Höhe der zu zahlenden Steuerbeträge spricht bereits, dass eine beachtliche Zahl von Zweitwohnungsinhabern von der Beklagten zur Zweitwohnungsteuer veranlagt wird und sich diese Zahl in den letzten Jahren auf allen Steuerstufen noch erhöht hat.

II.

52

Der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen geregelte degressive Steuertarif verletzt das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

53

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; 130, 240 <252>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416>; 130, 240 <252 f.>).

54

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68>; 130, 240 <253>). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 126, 400 <416>; 130, 240 <254>; stRspr).

55

b) Auch Steuertarife sind mit ihren Auswirkungen auf die Steuerlast am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen.

56

So muss die unterschiedlich hohe Belastung der Steuerpflichtigen bei Finanzzwecksteuern dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit genügen (vgl. zum Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht BVerfGE 6, 55 <67>; 127, 224 <247 f.>). Es widerspricht dem Gebot der Steuergleichheit etwa, wenn bei Ertragsteuern wirtschaftlich Leistungsfähigere einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens als Steuer zu zahlen haben als wirtschaftlich Schwächere (vgl. BVerfGE 127, 224 <247>; siehe auch Schweizerisches Bundesgericht, Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 1. Juni 2007 - 2P.43/2006 -, BGE 133 I, 206 <220>; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, S. 403; P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 <329>; Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 286), es sei denn, dies ist durch einen besonderen Sachgrund gerechtfertigt.

57

Die Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird unterstützt vom Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Bei Steuern, die an die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen anknüpfen, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte nicht nur zulässig sondern geboten (vgl. BVerfGE 29, 402 <412>; 32, 333 <339>; 36, 66 <72>; 43, 108 <125>). Aus dem Sozialstaatsprinzip ist abzuleiten, dass die Steuerpolitik auf die Belange der wirtschaftlich schwächeren Schichten der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen hat (vgl. BVerfGE 13, 331 <346 f.>; 29, 402 <412>; 43, 108 <119>; 61, 319 <343 f.>).

58

c) Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verlangt, "jeden Bürger nach Maßgabe seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern zu belasten" (BVerfGE 61, 319 <344>; 66, 214 <223>; jeweils unter Bezugnahme auf BTDrucks 7/1470, S. 211 f.). In horizontaler Richtung muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 116, 164 <180>; 120, 1 <44>; 122, 210 <231>; 127, 224 <245>). In vertikaler Richtung muss die Besteuerung der wirtschaftlich Leistungsfähigeren im Vergleich mit der Steuerbelastung wirtschaftlich weniger Leistungsstarker angemessen ausgestaltet sein (vgl. BVerfGE 107, 27 <47>; 115, 97 <116 f.>). Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes hat der Gesetzgeber jedoch einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; 123, 1 <19>; 127, 224 <245>).

59

Werden weniger leistungsfähige Steuerschuldner mit einem höheren Steuersatz besteuert als wirtschaftlich leistungsfähigere Steuerschuldner, ist eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG ungeachtet dessen gegeben, ob leistungsfähigere Steuerschuldner absolut einen höheren Steuerbetrag zu zahlen haben als leistungsschwächere Steuerschuldner. Denn weniger Leistungsfähige müssen in diesem Fall einen höheren Anteil ihres Einkommens oder Vermögens als Steuer abgeben als wirtschaftlich Leistungsfähigere.

60

2. Das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist auf die Zweitwohnungsteuertarife der Beklagten anwendbar (a). Die in der Degression liegende Ungleichbehandlung (b) ist nach dem anzuwendenden strengen Maßstab (c) hier nicht gerechtfertigt (d).

61

a) Wie für die Ertragsteuern gilt auch für die Zweitwohnungsteuer das Leistungsfähigkeitsprinzip. Das wesentliche Merkmal einer Aufwandsteuer besteht darin, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der jeweilige Mietaufwand als Bemessungsgröße der Zweitwohnungsteuer spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider.

62

b) Der in den Zweitwohnungsteuersatzungen normierte Tarif stellt den Beschwerdeführer durch die Auferlegung eines höheren Steuersatzes schlechter als Steuerpflichtige, bei denen aufgrund des Innehabens einer teureren Wohnung eine größere Leistungsfähigkeit zu vermuten ist, die dafür aber gleichwohl einen niedrigeren Steuersatz zahlen. Am Maßstab vertikaler Steuergerechtigkeit gemessen, bewirkt der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen normierte degressive Steuertarif eine steuerliche Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil er weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belastet als wirtschaftlich leistungsfähigere. Denn aus dem Stufentarif ergibt sich mit steigendem Mietaufwand weitgehend ein sinkender Steuersatz. Diese Ungleichbehandlung lässt sich bereits durch einen Vergleich der jeweiligen mittleren Steuersätze in den Steuerstufen feststellen (aa), er verstärkt sich unter Berücksichtigung der durch die typisierende Stufenbildung bewirkten Effekte (bb) und insbesondere durch die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen (cc).

63

aa) Bei einem Vergleich der mittleren Steuersätze in den Steuerstufen ist eine Ungleichbehandlung weniger leistungsfähiger gegenüber leistungsfähigeren Steuerschuldnern feststellbar, weil diese bezogen auf den jährlichen Mietaufwand einen höheren Steuersatz zu zahlen haben. Lässt man wegen ihres Grenzwertcharakters zunächst die Steuerstufe zu den niedrigsten Miethöhen (Mindestbetragsstufe) und die nach oben hin offene höchste Steuerstufe (Höchstbetragsstufe) außer Betracht, so sind die dazwischen liegenden drei (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise fünf (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) Steuerstufen jeweils durchgängig degressiv gestaltet.

64

bb) Eine weitere Ungleichbehandlung folgt aus den durch die typisierenden Stufen bewirkten Differenzen in der Steuerbelastung. Dadurch wird außerdem die Ungleichbehandlung der weniger Leistungsfähigen gegenüber Leistungsfähigeren verstärkt, da sich die durch den degressiven Steuertarif einerseits und die Stufen andererseits hervorgerufenen Effekte teilweise addieren.

65

(1) Eine durch die Stufen hervorgerufene Ungleichbehandlung ergibt sich zunächst beim Übergang von einer Stufe in die nächste, nämlich für die Steuerpflichtigen, die mit ihrer Nettokaltmiete knapp ober- beziehungsweise unterhalb der jeweiligen Steuerstufengrenzwerte liegen.

66

Die Stufen als solche behandeln zudem verschieden leistungsfähige Steuerschuldner gleich, weil alle Steuerschuldner einer Stufe denselben absoluten Steuerbetrag zahlen müssen, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit typischerweise mit dem Mietaufwand ansteigt. Die damit verbundene Degression auf jeder einzelnen Stufe bewirkt eine Ungleichbehandlung entgegen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da der Steuersatz innerhalb einer Stufe mit steigender Bemessungsgrundlage abnimmt und damit zum Leistungsfähigkeitsprinzip entgegengesetzt verläuft. So sinkt beispielsweise innerhalb der zweiten Steuerstufe nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 (zwischen 1.533,88 € und 2.351,94 €) die Steuerbelastung von fast 40 % auf rund 26 % und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 (zwischen 1.650 € und 2.640 €) von etwa 34,8 % auf 21,8 %.

67

(2) Die Degression auf jeder einzelnen Stufe kommt zu der bereits durch einen Vergleich der mittleren Steuersätze festgestellten Degression als eigene Ungleichbehandlung hinzu. Am stärksten belastet werden insgesamt Steuerpflichtige mit Jahresmieten im unteren Bereich der jeweiligen Steuerstufen.

68

cc) Die auf der jeweiligen Stufe festgestellte Gleich- beziehungsweise Ungleichbehandlung tritt ebenfalls auf der Mindestbetragsstufe und der Höchstbetragsstufe der jeweiligen Steuersatzung zutage, weist gegenüber den anderen Stufen jedoch Besonderheiten auf. Innerhalb der Mindest- und der Höchstbetragsstufen nimmt der Steuersatz ähnlich wie auf den anderen Stufen mit steigender Bemessungsgrundlage ab und verläuft damit entgegensetzt zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Degression auf diesen beiden Stufen ist allerdings durch ihre Randlage in besonderer Weise ausgeprägt. Auf der Mindestbetragsstufe erhöht sich der Steuersatz mit sinkendem Mietaufwand, während die relative Belastung für Zweitwohnungen mit Jahresnettokaltmieten in der höchsten Stufe mit steigendem Mietaufwand geringer wird. Die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen verstärkt auf diese Weise den degressiven Effekt der Zweitwohnungsteuer.

69

c) Degressive Steuertarife sind nicht generell unzulässig. Die hierdurch hervorgerufenen Ungleichbehandlungen können verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 127, 224 <248>), weil der Normgeber zu einer reinen Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips nicht ausnahmslos verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 27, 58 <68>; 43, 108 <120 f.>). Bei der Rechtfertigung unterliegt er jedoch über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Bindungen.

70

Eine solche strengere Bindung des Normgebers folgt bei degressiven Steuertarifen aus der hiermit verbundenen Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz für das Steuerrecht, indem es dem Gesetzgeber ein auf die Leistungsfähigkeit bezogenes Differenzierungsgebot als materielles Gleichheitsmaß vorgibt. Allerdings fordert das Leistungsfähigkeitsprinzip keinen konkreten Steuertarif. Vom Bundesverfassungsgericht ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 52, 277 <280 f.>; 68, 287 <301>; 81, 108 <117 f.>; 84, 348 <359>).

71

d) Die durch den degressiven Steuertarif der angegriffenen Steuersatzungen hervorgerufene Ungleichbehandlung ist danach nicht mehr gerechtfertigt. Sie lässt sich im Ergebnis nicht auf Vereinfachungserfordernisse stützen (aa). Auch die Einnahmeerzielungsabsicht (bb) und die Verfolgung zulässiger Lenkungszwecke (cc) können diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Gleiches gilt für die Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips (dd).

72

aa) Die durch die konkrete Ausgestaltung der hier zu beurteilenden Steuertarife hervorgerufenen Ungleichheiten sind nicht von dem Zweck der Verwaltungsvereinfachung gedeckt. Zwar lassen sich Ungleichbehandlungen grundsätzlich durch Erfordernisse der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen (1). Zur Erreichung dieses Ziels sind die Regelungen jedoch nur teilweise geeignet (2). Zudem führt die hier gewählte Ausgestaltung der Tarife zu einer Gesamtdegression, die außer Verhältnis zum Ertrag der Vereinfachung steht (3).

73

(1) Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse können grundsätzlich sachliche Gründe für Einschränkungen der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit bilden (vgl. BVerfGE 127, 224 <245> m.w.N.).

74

(2) Die zu überprüfenden Regelungen sind jedoch nur teilweise zur Verwaltungsvereinfachung geeignet.

75

(a) Geeignet ist die Steuermaßstabsbildung anhand von fünf (Zweitwoh-nungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) pauschalierenden Steuerstufen. Eine gewisse Verwaltungsvereinfachung bewirkt die Zusammenfassung der Steuerpflichtigen in Steuergruppen hier dadurch, dass nicht in jedem Einzelfall behördlicherseits die Jahresnettokaltmiete exakt ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

76

(b) Nicht zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist hingegen der insgesamt, das heißt über verschiedene Steuerstufen hinweg, degressiv gestaltete Verlauf des Steuertarifs. Eine Verwaltungsvereinfachung wird zwar durch die Bildung von Steuerstufen erreicht. Ein durch immer flacher werdende Stufen gekennzeichneter degressiver Steuertarif ist jedoch für die Steuerverwaltung nicht einfacher zu handhaben als ein linearer oder progressiver Steuertarif.

77

(3) Auch soweit die Ausgestaltung zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist, stehen die mit den Degressionseffekten verbundenen Ungleichbehandlungen hier außer Verhältnis zu der damit zu erzielenden Verwaltungsvereinfachung.

78

Die Rechtfertigung einer durch die Stufenbildung hervorgerufenen Ungleichbehandlung setzt voraus, dass die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler ein gewisses Maß nicht übersteigt und die Vorteile der Vereinfachung im rechten Verhältnis hierzu stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 116, 164 <182 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Das ist hier nicht mehr der Fall. Bereits die Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf einer Stufe erreicht ein beträchtliches Ausmaß, das angesichts des insgesamt degressiven Tarifverlaufs nicht hinnehmbar ist. So ist etwa die bei rund 13 (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) und etwa 14 (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) Prozentpunkten liegende Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf der zweiten Stufe hoch. Dies gilt erst recht für die gebildete Höchstbetragsgruppe, die eine Spreizung von 25 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) respektive 15 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) vorsieht, wenn man von einer absoluten monatlichen Mietobergrenze von 2.000 € ausgeht; bei noch höherem Mietaufwand geht die Spreizung darüber noch hinaus. Hinzu treten die Effekte der Degression zwischen den einzelnen Stufen. So kommt es hier über alle Stufen hinweg nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 zu einer Differenz von 29 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 34 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 5 %) und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 zu einer Differenz von 27 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 33 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 6 %). Dem steht zwar ein Vereinfachungseffekt gegenüber, der durch die Tarifstufung erreicht wird und grundsätzlich umso größer ist, je geringer die Zahl der Stufen ist. Dieser Effekt ist hier jedoch nicht hinreichend gewichtig, weil die Verwaltungsvereinfachung, die durch die Stufung der Zweitwohnungsteuer erzielt wird, lediglich darin besteht, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresnettokaltmiete ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

79

bb) Die durch den degressiven Steuersatz hervorgerufene Ungleichbehandlung kann auch nicht mit der Absicht gerechtfertigt werden, höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Der degressive Steuertarif dient bereits nicht der Erzielung höherer Einnahmen. Ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen können nicht schon allein mit dem Finanzbedarf des Staates oder einer knappen Haushaltslage gerechtfertigt werden (BVerfGE 116, 164 <182> m.w.N.).

80

cc) Verfolgt der Gesetzgeber mit der Tarifdegression zulässige Lenkungszwecke, kann dies Abweichungen vom Leistungsfähigkeitsprinzip unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).

81

(1) Der Steuergesetzgeber darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden (vgl. BVerfGE 98, 106 <117>; 117, 1 <31 f.>). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.).

82

Will der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm etwa aus wirtschafts-, sozial-, umwelt- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, hat er eine große Gestaltungsfreiheit. In der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.). Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm aber in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere soweit der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

83

Der Lenkungszweck muss von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen sein (vgl. BVerfGE 99, 280 <296>; 105, 73 <112 f.>; 117, 1 <31 ff.>; stRspr). Dabei genügt es, wenn diese anhand der üblichen Auslegungsmethoden festgestellt werden kann (vgl. BVerfGE 99, 280 <296 f.>). Lenkungszwecke können sich etwa aus den Gesetzesmaterialien ergeben (vgl. BVerfGE 116, 164 <191 ff.>; vgl. aber BVerfGE 130, 131 <144>). Möglich ist außerdem, den Zweck aus einer Gesamtschau der jeweils vom Gesetzgeber normierten Steuervorschriften zu erschließen (vgl. BVerfGE 110, 274 <296 f.>). Ziele des Gesetzgebers können sich darüber hinaus aus dem Zusammenhang ergeben, in dem das Gesetz mit dem zu regelnden Lebensbereich steht (vgl. BVerfGE 62, 169 <183 f.>). Stets müssen sich die so erkannten Lenkungsziele jedoch auf eine Entscheidung des Gesetzgebers zurückführen lassen.

84

(2) Die durch die Degression hervorgerufene Ungleichbehandlung ist nicht durch die verfolgten Lenkungszwecke gerechtfertigt. Zwar sind die Lenkungszwecke grundsätzlich zulässig (a) und zum Teil von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen (b). Sie können jedoch die Ungleichbehandlung durch den degressiven Tarif nicht rechtfertigen (c).

85

(a) Die Veranlassung zur Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz nach den Maßgaben des Melderechts stellt ein legitimes Ziel einer Zweitwohnungsteuer dar (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -, juris Rn. 65, NJW 2013, S. 2498 <2502>, Rn. 66). Ein weiterer zulässiger Lenkungszweck liegt in der Erhöhung des Wohnungsangebots für die einheimische Bevölkerung und insbesondere für Studierende der Hochschulen vor Ort.

86

(b) Der Lenkungszweck, mit Nebenwohnsitz gemeldete Personen zur Anmeldung eines Hauptwohnsitzes zu bewegen, ist von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen. Er ergibt sich aus einer objektiven Auslegung der Satzungen. Zwar enthalten die Satzungsvorschriften selbst und die Materialien zu ihrer Entstehung keine einschlägigen Hinweise. Der Lenkungszweck folgt jedoch aus einer Gesamtschau der Satzungsregelungen unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Satzungen mit dem zu regelnden Lebensbereich stehen. Er ist für den Satzungsgeber erkennbar wesentlich, da die finanziellen Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich ihrer Höhe nach von der Einwohnerzahl und damit von der Zahl der gemeldeten Hauptwohnsitzinhaber abhängig sind (vgl. § 4, § 6 Abs. 4, § 7 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 Nr. 3, § 30 des baden-württembergischen Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich).

87

Ob der weitere Lenkungszweck, mit der Zweitwohnungsteuer das Halten von Zweitwohnungen - insbesondere kleinerer und preiswerter Wohnungen - einzudämmen, um dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen, von einer erkennbaren Entscheidung des Satzungsgebers getragen ist, kann hier offen bleiben (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Dezember 1992 - 2 S 1557/90 -, NVwZ-RR 1993, S. 509 <510>).

88

(c) Die steuerliche Differenzierung durch einen degressiven Tarifverlauf erweist sich allerdings auch unter Berücksichtigung des dem Normgeber insoweit zukommenden Einschätzungs- und Prognosevorrangs (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 115, 276 <308 f.>) zur Erreichung der Lenkungszwecke weder als geeignet noch als erforderlich.

89

Zwar mag die Erhebung der Zweitwohnungsteuer insgesamt geeignet sein, Zweitwohnungsinhaber zur Anmeldung des Hauptwohnsitzes zu bewegen; die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs selbst fördert diesen Lenkungszweck jedoch nicht. Dieses Lenkungsziel würde in gleicher Weise durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht, bei dem die hier festgestellte Ungleichbehandlung nicht vorläge. Gleiches gilt für den Lenkungszweck, das Halten von Zweitwohnungen einzudämmen.

90

Die Degression ist auch deshalb ungeeignet, weil die gerade mit ihr verbundenen zusätzlichen Belastungen so gering sind, dass ihre Lenkungswirkung angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung einhergehenden sonstigen Kosten auch dann zweifelhaft ist, wenn Steuerpflichtige Kenntnis von ihr haben.

91

dd) Der Gedanke der Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips scheidet als Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung durch einen degressiven Steuertarif bei der Zweitwohnungsteuer als kommunaler Aufwandsteuer ebenfalls aus.

92

Die Gründe, die bei einigen Steuern ausnahmsweise eine Rechtfertigung mit dem Äquivalenzprinzip erlauben mögen (vgl. BVerfGE 120, 1 <37 ff.>), treffen auf die Zweitwohnungsteuer nicht zu. Sie stellt keine wie auch immer geartete Gegenleistung für einen Sonderaufwand des Staates dar, weil sie nicht auf eine staatliche Leistung gestützt werden kann, die einem bestimmten kostenträchtigen Verhalten des Steuerschuldners zurechenbar ist. Der jährliche Mietaufwand als Bemessungsgrundlage der Steuer steht zudem nicht im Verhältnis zur Inanspruchnahme gebührenfreier kommunaler Leistungen.

D.

93

Die Verfassungswidrigkeit der Satzungen führt zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG).

94

Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte sind gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist wegen der Kostenentscheidung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

95

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

96

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Heranziehung eines bei seinen Eltern mit Hauptwohnsitz wohnenden Studenten zur Zweitwohnungsteuer für eine am Studienort angemietete Wohnung.

I.

2

Der Beschwerdeführer ist seit Juli 2006 Mieter eines Zimmers in einem Studentenwohnheim in Aachen. Die monatliche Miete betrug im Streitzeitraum 76,88 €. Daneben bewohnte der Beschwerdeführer sein ehemaliges Kinderzimmer im Haus seiner Eltern in Y.

3

Im Gebiet der Stadt Aachen galt für den Streitzeitraum die Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer vom 11. Dezember 2002 in der Fassung vom 16. August 2006. Danach wurde für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet eine Zweitwohnungsteuer erhoben. Die Satzung hatte auszugsweise den folgenden Inhalt:

4

§ 2 Begriff der Zweitwohnung

5

(1) Zweitwohnung ist jede Wohnung im Sinne des Absatzes 3, die jemandem neben seiner Hauptwohnung als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes dient oder die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des eigenen persönlichen Lebensbedarfs oder des persönlichen Lebensbedarfs seiner Familie innehat. (…)

6

(3) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird.

7

(4) Eine Wohnung dient als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird. Wird eine Wohnung von einer Person bewohnt, die mit dieser Wohnung nicht gemeldet ist, dient die Wohnung als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sich die Person wegen dieser Wohnung mit Nebenwohnung zu melden hätte.

8

(5) Keine Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung sind:

9

a) Wohnungen, die von freien Trägern der Wohlfahrtspflege aus therapeutischen Gründen entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

10

b) Wohnungen, die von Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden und Erziehungszwecken dienen.

11

c) Wohnungen, die von einem nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten aus beruflichen Gründen gehalten und vorwiegend im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 Meldegesetz NW genutzt werden, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet und mehr als 30 km vom Stadtgebiet entfernt liegt.

12

§ 3 Steuerpflichtige

13

(1) Steuerpflichtig ist, wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung oder mehrere Wohnungen innehat. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dessen melderechtliche Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken oder der Inhaber einer Zweitwohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 ist.

14

(2) Die Steuerpflicht besteht, solange die Wohnung des Steuerpflichtigen als Zweitwohnung zu beurteilen ist.

15

Das Meldegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 1997, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 5. April 2005 (MeldeG-NRW, GVBl S. 263) bestimmt zur Meldepflicht Folgendes:

16

§ 13 Allgemeine Meldepflichten

17

(1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb einer Woche bei der Meldebehörde anzumelden. (…)

18

§ 15 Begriff der Wohnung

19

Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. (…)

20

§ 16 Mehrere Wohnungen

21

(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

22

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner. Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Hauptwohnung eines Behinderten, der in einer Behinderteneinrichtung untergebracht ist, bleibt auf Antrag des Behinderten bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres die Wohnung nach Satz 3. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt. Kann der Wohnungsstatus eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners nach den Sätzen 2 und 5 nicht zweifelsfrei bestimmt werden, ist Hauptwohnung die Wohnung nach Satz 1.

23

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners.

24

(4) Jeder Einwohner hat der Meldebehörde bei jeder Anmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen nach Absatz 1 er hat und welche Wohnung seine Hauptwohnung ist. Er hat der Meldebehörde der neuen Hauptwohnung jede Änderung der Hauptwohnung mitzuteilen.

25

Die Stadt Aachen zog den Beschwerdeführer für den Zeitraum August bis Dezember 2006 zur Zweitwohnungsteuer in Höhe von 38,44 € heran. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung zurück.

II.

26

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 GG.

27

Der allgemeine Gleichheitssatz sei verletzt, da die Zweitwohnungsteuer Studenten nicht erfasse, die noch auswärts bei ihren Eltern wohnten sich aber überwiegend am Studienort Aachen aufhielten, wohingegen die Studenten, die zwar am Studienort Aachen studierten und wohnten, sich jedoch überwiegend am auswärtigen Wohnort ihrer Eltern aufhielten, mit der Steuer belastet würden. Beide Vergleichsgruppen seien indes in gleichem Maße leistungsfähig, der einzige Unterschied bestehe in der Dauer des Aufenthalts am Studienort. Der gleiche Aufwand werde dadurch steuerlich unterschiedlich belastet. Auf die unterschiedliche Dauer des Aufenthalts dürfe nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 65, 325 <350, 357>) nicht abgestellt werden, da dies ein sachfremdes Differenzierungskriterium sei. Das Verwaltungsgericht stelle im Übrigen bei der Frage, ob der Wohnsitz bei den Eltern der erste Wohnsitz sei, nicht auf die tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt, sondern nur auf die melderechtliche Zuordnung ab. Es sei im Rahmen einer Aufwandsteuer nicht hinnehmbar, dass bei der Zweitwohnungsteuer im Gefolge des Melderechts nur das Nutzen einer Wohnung, nicht aber der Anfall von Aufwand für die Wohnung besteuert werde. Der Beschwerdeführer sei zwar mit zwei Wohnsitzen gemeldet, habe aber nur einen davon - die Wohnung in Aachen - inne. Nur für diese Wohnung trage er Aufwand, an seinem Heimatort wohne er auf Kosten seiner Eltern. Er habe also keinen Aufwand für eine zweite Wohnung zu tragen. Ungleich behandelt würden auch Personen, die deshalb nicht mit der Zweitwohnungsteuer belastet würden, weil sich ihr Hauptwohnsitz im Ausland befinde, da die inländische Wohnung dann nach dem Melderecht als alleinige Wohnung betrachtet werde.

28

Die Ungleichbehandlung könne auch nicht mit dem Belang der Bewältigung von Massenvorgängen, die durch die Anlehnung an Verhältnisse aus dem Melderecht vereinfacht erfasst werden könnten, gerechtfertigt werden. Der in Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz der Familie werde dadurch verletzt, dass ein Kind, das bei seinen Eltern wohne und zur Ausbildung an einem anderen Ort eine Wohnung unterhalte, mit einer Zweitwohnungsteuer belastet werde. Dadurch werde in den Lebensentwurf des Beschwerdeführers und seiner Familie eingegriffen und die zu schützende familiäre Hausgemeinschaft mit einer Abgabe belastet, die den Aufenthalt des Beschwerdeführers zum Gegenstand habe. Auch das Grundrecht der Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG werde durch die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer verletzt.

III.

29

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die in § 93a Abs. 2 BVerfGG geregelten Voraussetzungen für eine Annahme nicht erfüllt sind. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die für den Streitfall maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen insbesondere zu den Anforderungen an eine Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer, zu der gleichheitsgerechten Ausgestaltung eines Steuertatbestands und der Reichweite des Schutzes der Familie sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

30

Die gegen den Beschwerdeführer festgesetzte Zweitwohnungsteuer entspricht den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben an eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG (1.). Sie verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.), noch die in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie (3.) oder die in Art. 11 GG gewährleistete Freizügigkeit (4.).

31

1. Die durch die Stadt Aachen festgesetzte Zweitwohnungsteuer entspricht den finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen an eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG.

32

a) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit treffen. In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffes der Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, DVBl 2009, S. 777, juris, Rn. 46). Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre die Erhebung einer Steuer, die nicht an die Entstehung des Einkommens, sondern an dessen Verwendung anknüpft, nicht praktikabel, wenn in jedem Fall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müsste. Ausschlaggebendes Merkmal der Aufwandsteuer ist deshalb der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

33

b) Das Innehaben einer Zweitwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. BVerfGE 65, 325 <348>; 114, 316 <334>). Eine solche Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Zweitwohnung selbst bewohnt. Unerheblich für die Einordnung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG ist, ob das Innehaben der Zweitwohnung durch eine Berufsausübung veranlasst wurde und der getragene Aufwand nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts als Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung abzuziehen ist (vgl. BVerfGE 114, 316 <334>; zum Abzug als Werbungskosten bei doppelter Haushaltführung: § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG). Für die Zweitwohnungsteuerpflicht spielen persönliche Verhältnisse des Steuerpflichtigen generell keine Rolle (vgl. BVerfGE 65, 325 <352>). Bei der Zweitwohnungsteuer handelt sich um eine örtliche Steuer, die bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist (vgl. BVerfGE 65, 325 <345>; 114, 316 <334 ff.>).

34

c) Die in Streit stehende Aachener Zweitwohnungsteuer ist eine solche Aufwandsteuer und damit von der Gesetzgebungsbefugnis des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG gedeckt. Sie entspricht diesem klassischen Bild der Zweitwohnung-steuer, indem sie an das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet anknüpft und mit einem Steuersatz auf die Nettokaltmiete als Bemessungsgrundlage aufsetzt. Soweit Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer - insbesondere wegen etwaigen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, den Schutz der Familie oder gegen Freiheitsrechte - geltend gemacht werden, berühren sie wegen der notwendigen Formenklarheit solange die Einordnung der Steuer in die finanzverfassungsrechtliche Kompetenznorm nicht, als der Typus einer Aufwandsteuer dadurch nicht verlassen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 50 ff.). Die durch den Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen, ob die Bestimmung der Zweitwohnung an das Melderecht angebunden werden darf, ob eine unzulässige Beeinträchtigung des Zusammenlebens innerhalb der Familie bewirkt wird und ob die Freizügigkeit des Beschwerdeführers durch den Anreiz der Vermeidung der Zweitwohnungsteuer verletzt wurde, wirken sich, selbst wenn sie zu bejahen wären, nicht auf den Typus der verfahrensgegenständlichen Zweitwohnungsteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer aus.

35

2. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer stellt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

36

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsanforderungen reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 <291>; 117, 1 <30>). Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 120, 1 <44>). Der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegen-standes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabes (vgl. BVerfGE 31, 8 <25 f.>; 65, 325 <354>; 93, 121 <136>; 105, 73 <126>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 112, 268 <280 f.>; 117, 1 <31>). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl. BVerfGE 90, 226 <239>).

37

Das Wesen der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer setzt der Ausübung des Ermessens des Normgebers für die gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Steuerpflicht Grenzen. So dürfen die Gründe für den Aufenthalt am Ort des Zweitwohnsitzes nicht zur Begründung der Steuerpflicht herangezogen werden, da die Aufwandsteuer eine wertende Berücksichtigung der mit dem getätigten Aufwand verfolgten Absichten und Zwecke ausschließt. Allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für die Aufwandsteuer maßgeblich. Dem entsprechend darf für die Begründung der Steuerpflicht nicht differenzierend darauf abgestellt werden, ob eine Person eine Zweitwohnung nur aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken innehat (vgl. BVerfGE 65, 325 <357>). Anders als bei der unabhängig vom Zweck des Konsums auszugestaltenden Steuerpflicht ist es dem Satzungsgeber gleichwohl unbenommen, Ermäßigungs- oder Befreiungstatbestände zu schaffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <357>), die freilich ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestaltet sein müssen.

38

b) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist danach die Differenzierung zwischen am Studienort steuerpflichtigen Studenten, die noch bei ihren Eltern wohnen und daneben eine Zweitwohnung am Studienort innehaben, und nicht steuerpflichtigen Studenten, die, obwohl auch sie noch bei ihren Eltern über eine Wohnung verfügen, ihren Hauptwohnsitz am Studienort haben. Denn diese Unterscheidung erfolgt nicht nach Kriterien, deren Verwendung bereits deshalb unzulässig wäre, weil sie dem Wesen einer Aufwandsteuer nicht entsprächen. So stellt der Satzungsgeber nicht etwa differenzierend auf den Zweck des Aufenthalts in seiner Kommune ab. Denn alle Studenten dieser Gruppe halten sich zu Ausbildungszwecken am Studienort auf. Der Differenzierungsgrund liegt vielmehr darin, dass die mit der Zweitwohnungsteuer belasteten Studenten sich anders als die nicht von der Steuerpflicht betroffenen Studenten nicht vorwiegend am Studienort aufhalten. Dem Wesen der Zweitwohnungsteuer als einer Aufwandsteuer entspricht es, solch einen besonderen Aufwand zu besteuern, der durch das Halten einer Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf entsteht, obwohl diese Wohnung für den Steuerpflichtigen eine Zweitwohnung darstellt. Hierfür bedarf es notwendig einer Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitwohnung. Dass eine solche Differenzierung bei der Entscheidung über die Entstehung der Zweitwohnungsteuerpflicht erfolgt, kann daher unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht beanstandet werden.

39

c) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuerpflicht im Streitfall ist gleichheitsgerecht.

40

aa) Die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, die in dem Tätigen eines Aufwands zum Ausdruck kommt, wird bei der Zweitwohnungsteuer auch dann in einer dem verfassungsrechtlichen Aufwandsbegriff genügenden Weise erfasst, wenn sich das Innehaben der Wohnung im Sinne einer tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsbefugnis lediglich auf die Zweitwohnung bezieht, nicht aber auch - wie typischerweise bei Wohnungen im Elternhaus in den so genannten "Kinderzimmerfällen" - auf die Erstwohnung.

41

Nach mittlerweile ganz überwiegender Auffassung, die insbesondere von der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und wohl auch des Bundesfinanzhofs getragen wird, setzt eine Aufwandsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung nicht voraus, dass auch eine rechtlich gesicherte Verfügungsmacht über die Erstwohnung gegeben ist. Sofern Gesetzes- oder Satzungsrecht keine weitergehenden Anforderungen enthielten, genüge es, wenn mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt werde, wie dies bei auswärts studierenden Kindern, wenn sie ihr Kinder- oder Jugendzimmer in der elterlichen Wohnung vorwiegend nutzten, regelmäßig der Fall sei. Ob sie dieses Grundbedürfnis des Wohnens in einer rechtlich abgesicherten Weise als (Mit-)Besitzer erfüllten, oder nur als Besitzdiener befriedigten, sei nicht von Bedeutung. Es komme nur darauf an, dass der getätigte Aufwand ein besonderer Aufwand sei, nicht darauf, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert werde (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juni 2006 - 14 E 1045/05 -, NVwZ-RR 2007, S. 271; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11. August 2006 - 4 M 319/06 -, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 14. Februar 2007 - 4 N 06.367 -, BayVBl 2007, S. 530; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. November 2007 - 14 K 10476/02 -, EFG 2008, S. 578, Rn. 31 f.; BVerwG, Urteile vom 17. September 2008 - 9 C 14/07 -, NVwZ 2009, S. 532 und - 9 C 17/07 -, NJW 2009, S. 1097; BFH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - II B 16/08 -, BFH/NV 2009, S. 53; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 - 9 C 7/08 -, juris; Birk, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht [Stand: März 2009], § 3 Rn. 215 f.; Meier/Juhre, KStZ 2005, S. 167 <169>; Nolte, jurisPR-BVerwG 5/2009 Anm. 6; Zieglmeier, Die Zweitwohnungssteuer in der Praxis, 2009, S. 40 ff.; anderer Ansicht: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. Januar 2007 - 6 B 11579/06 -, NVwZ-RR 2007, S. 556; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2007 - 25 K 2703/07 -, juris; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. November 2007 - 1 L 280/05 -, DStRE 2008, S. 1154; Oelschläger, DStR 2008, S. 590 <594>, Winkler, KStZ 2007, S. 5 <9 ff.>).

42

Dieser Standpunkt begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken und steht auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit wird auch dann erfasst, wenn eine Zweitwohnungsteuer so ausgestaltet ist, dass darauf verzichtet wird, von einem Steuerpflichtigen neben dem tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsrecht an der Zweitwohnung ein solches Recht auch an der von ihm bewohnten Erstwohnung zu fordern. So kann der Zweitwohnungsteuer von Verfassungs wegen auch unterfallen, wer in seiner Erstwohnung als reiner Besitzdiener ohne eigenen Mitbesitz wohnt, wie dies im Fall der Nutzung des Kinderzimmers durch einen Studenten der Fall sein kann (vgl. zur regelmäßigen Einordnung des volljährigen Kindes, das weiterhin in der elterlichen Wohnung wohnt, als Besitzdiener und nicht Mitbesitzer: BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 -, NJW 2008, S. 1959). Die Aufwandsteuer hat den Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes zum Gegenstand. Hierfür ist allein der in der Zweitwohnungsnutzung zum Ausdruck kommende Aufwand maßgeblich, einschließlich des Umstands, dass es sich überhaupt um eine Zweitwohnung handelt. Die Ermittlung subjektiver Tatbestände, wie etwa die mit dem Konsum verfolgten Absichten, oder die Feststellung der Person des letztlich wirtschaftlich mit der Steuer Belasteten, von dem die Mittel für den Aufwand stammen, soll mit Rücksicht auf die Praktikabilität der Steuererhebung unterbleiben (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>). Dem entspricht es, bei der Prüfung der Steuerpflicht des Aufwandes für eine Zweitwohnung nicht feststellen zu müssen, ob der Betreffende an dem Ort der Belegenheit der Erstwohnung neben einem tatsächlichen Verfügungsrecht als Besitzdiener auch ein rechtliches Verfügungsrecht hat, etwa weil er aufgrund eines (Unter-)Mietvertrages ein eigenes Besitzrecht an der Erstwohnung reklamieren kann. Auch würde die Erforderlichkeit einer entsprechenden Differenzierung zwischen der Stellung eines Mitbesitzers oder eines Besitzdieners vielfach die Prüfung verlangen, von wem die Mittel zur Finanzierung des Erstwohnsitzes stammen. Ob diese Mittel jedoch - was selten der Fall sein wird - von dem Studenten in Form eines "Kostgeldes" an seine Eltern gezahlt werden, oder - wovon in der Regel auszugehen sein dürfte - die Eltern die Wohnung durch Gewährung des Naturalunterhalts (vgl. § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB) zur Verfügung stellen, soll gerade nicht zum Gegenstand der Untersuchung des Aufwands gemacht werden. Auch ein im Wege des Naturalunterhalts gewährtes Zimmer kann für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden.

43

Soweit, wie in der in Streit stehenden Satzung für den Regelfall vorgesehen, die Anwendung des Melderechts auf die Tatbestände der Zweitwohnungsteuer dazu führt, dass eine steuerbare Zweitwohnung auch dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige an der Erstwohnung keine rechtliche Verfügungsmöglichkeit innehat und sein Aufwand für die Erstwohnung durch Naturalunterhalt seiner Eltern getragen wird, steht dies danach der Erfassung der typischerweise mit der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommenden Leistungsfähigkeit nicht entgegen.

44

bb) Auch die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals Zweitwohnung führt nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

45

Die Stadt Aachen stellt in ihrer Steuersatzung für die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals der Zweitwohnung alternativ darauf ab, ob eine Wohnung als Nebenwohnung nach dem Nordrhein-Westfälischen Meldegesetz dient oder ob sie jemand zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs innehat (§ 2 Abs. 1 der Steuersatzung). Eine Nebenwohnung nach dem MeldeG-NRW kommt dann als steuerbare Zweitwohnung in Betracht, wenn die betreffende Wohnung von einer Person bewohnt wird, die dort tatsächlich mit einer Nebenwohnung gemeldet ist oder sich dort mit einer Nebenwohnung zu melden hätte (§ 2 Abs. 4 der Steuersatzung). Die nach § 3 Abs. 1 Steuersatzung bei dem Innehaben einer Zweitwohnung entstehende Steuerpflicht ist in dieser Tatbestandsalternative also letztlich mit der Pflicht zur Anmeldung einer Nebenwohnung verknüpft. Nach § 13 Abs. 1 MeldeG-NRW hat sich bei der Meldebehörde anzumelden, wer eine Wohnung bezieht. Diese Wohnung kann eine Haupt- oder eine Nebenwohnung sein. Gemäß § 16 Abs. 3, Abs. 2 MeldeG-NRW ist eine Nebenwohnung eine Wohnung, die ein Einwohner außer seiner Hauptwohnung hat. Bei der Hauptwohnung handelt es sich nach § 16 Abs. 2 Satz 1 MeldeG-NRW um die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Auch die Anknüpfung an das Melderecht führt damit auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung zurück. Dies ist weder sachwidrig noch willkürlich zur Bestimmung der Steuerpflicht. Denn die Nutzung der Wohnung ist das äußerlich erkennbare Merkmal des damit betriebenen finanziellen Aufwands und der objektiv dahinterstehenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, unabhängig davon, wer die Kosten letztlich trägt.

46

Die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht dient zudem der Vereinfachung der Verwaltung in einem Massenverfahren und der Vermeidung doppelten Ermittlungsaufwands der Melde- und Steuerbehörde. Dafür spricht außerdem, dass eine Ermittlung der Wohnverhältnisse von Steuerpflichtigen wegen der Nähe zur Sphäre privater Lebensführung und wegen des Schutzes der Wohnung durch Art. 13 GG ohnehin nur eingeschränkt möglich ist (vgl. BVerfGE 101, 297 <311>).

47

d) Eine Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber Personen, die im Ausland eine Hauptwohnung innehaben und in der Stadt Aachen nur deshalb nicht mit einer Nebenwohnung registriert sind und damit nicht der Zweitwohnung-steuer unterliegen, weil ein alleiniger Wohnsitz in Deutschland melderechtlich keinen Nebenwohnsitz darstellen kann (vgl. § 16 Abs. 1 MeldeG-NRW, der auf mehrere Wohnungen im Inland abstellt), ist wegen der besonderen Situation der im Ausland belegenen anderen Wohnung gerechtfertigt. Da das nationale Melderecht nicht für im Ausland belegene Wohnungen gilt, kann die Steuerpflicht in diesen Fällen nur in unzureichendem Umfang an melderechtliche Tatbestände anknüpfen. Es kann schon nicht generell von dem Vorhandensein eines Melderegisters in ausländischen Staaten ausgegangen werden, vor allem aber nicht von einer entsprechenden Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz, auf die die Steuersatzung verweist. Außerdem bestehen erhebliche verwaltungspraktische Schwierigkeiten bei der Feststellung von Sachverhalten, die im Ausland verwirklicht werden, die eine besondere steuerrechtliche Behandlung rechtfertigen können.

48

3. Der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Bereich der Familie wird nicht verletzt.

49

a) Art. 6 Abs. 1 GG enthält über die Institutsgarantie hinaus einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (vgl. BVerfGE 76, 1 <72>; 99, 216 <232>; 114, 316 <333>).

50

In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (BVerfGE 114, 316 ff.) waren kommunale Zweitwohnungsteuersatzungen wegen Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden. Gegenstand der genannten Verfahren war die Belastung eines erwerbsbedingt begründeten weiteren Haushalts eines Ehegatten mit Zweitwohnungsteuer. Nach den einschlägigen melderechtlichen Vorschriften, auf die die dortige Steuersatzung für die Bestimmung der Zweitwohnung verwiesen hatte, war zwar generell bei mehreren Wohnungen die vorwiegend bewohnte Wohnung als die Hauptwohnung anzusehen gewesen. Im Fall von - nicht dauernd getrennt lebenden - Ehegatten wurde jedoch abweichend von diesem Grundsatz die von der Familie vorwiegend benutzte Wohnung als Hauptwohnung bestimmt. Dadurch war es ausgeschlossen, die Wohnung am Ort der Beschäftigung trotz deren vorwiegender Nutzung als Hauptwohnung zu betrachten und damit der Belastung durch die Zweitwohnungsteuer am Ort der Beschäftigung zu entgehen. Durch diese unterschiedliche Behandlung verheirateter Personen gegenüber nicht verheirateten wurde das eheliche Zusammenleben in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Weise belastet (vgl. BVerfGE 114, 316 <321, 335 ff.>).

51

Eine solcherart benachteiligende Wirkung des Melderechts auf die Familie liegt im Streitfall nicht vor. Auf den vorwiegend noch bei seinen Eltern lebenden steuerpflichtigen Studenten sind keine anderen Vorschriften über die Bestimmung der Hauptwohnung bei einem Bewohnen mehrerer Wohnungen anwendbar als dies bei anderen Personen der Fall ist, die in mehreren Wohnungen wohnen. Das durch die Steuersatzung in Bezug genommene Melderecht stellt für volljährige Kinder diskriminierungsfrei darauf ab, welche Wohnung vorwiegend benutzt wird.

52

b) Als Freiheitsrecht schützt Art. 6 Abs. 1 GG weiterhin vor Eingriffen des Staates in die Familie.

53

Das Grundrecht berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Die Auswirkungen familiärer Freiheit nach außen, insbesondere auf das Berufsleben, das Schulwesen, die Eigentumsordnung und das öffentliche Gemeinschaftsleben, müssen aber mit der verfassungsgemäßen Rechtsordnung übereinstimmen (vgl. BVerfGE 80, 81 <92>).

54

Einen Eingriff in den Schutzbereich der Familie stellen alle staatlichen Maßnahmen dar, die Ehe und Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 6, 55 <76>; 55, 114 <126 f.>; 81, 1 <6>). Benachteiligungen, die nur in bestimmten Fällen als unbeabsichtigte Nebenfolge einer im Übrigen verfassungsgemäßen Regelung vorkommen, kann der Eingriffscharakter fehlen, solange sich die Maßnahmen nicht als wirtschaftlich einschneidend darstellen (vgl. BVerfGE 6, 55 <77>; 15, 328 <335>; 23, 74 <84>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. Dezember 1991 - 1 BvR 1477/90 -, NJW 1992, S. 1093).

55

Die Zweitwohnungsteuer hat auch in den so genannten "Kinderzimmerfällen" keinen solchen Eingriffscharakter. Die Zweitwohnungsteuer belastet den Aufwand für das Innehaben einer nicht vorwiegend benutzten Wohnung eines in Ausbildung befindlichen Kindes, das überwiegend in der elterlichen Erstwohnung wohnt. Dieser Aufwand für die Zweitwohnung belastet weder gezielt noch typischerweise das Zusammenleben in der Familie. Dies ergibt sich schon daraus, dass die zeitliche Inanspruchnahme durch das Studium regelmäßig dazu führen dürfte, dass der Student sich vorwiegend in der am Studienort vorgehaltenen Wohnung, nicht aber am Heimatort der Eltern aufhalten wird. Im Übrigen erfasst die Zweitwohnung-steuer die Steuerpflichtigen völlig unabhängig von ihren familiären Verhältnissen und Bindungen am Haupt- oder Zweitwohnsitz. Schließlich führt auch die Höhe der Zweitwohnungsteuer von 10 Prozent der Kaltmiete nicht zu einer derart einschneidenden Belastung, dass hierdurch ein gravierender finanzieller Druck auf die Aufgabe des vorwiegenden Aufenthalts des Studenten bei den Eltern zugunsten eines vorwiegenden Aufenthalts in der Wohnung am Studienort ausgeübt würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2008 - 1 BvR 3269/07 -, NVwZ-RR 2008, S. 723).

56

4. Die in Art. 11 Abs. 1 GG garantierte Freizügigkeit ist nicht verletzt.

57

Freizügigkeit bedeutet das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen und auch zu diesem Zweck in das Bundesgebiet einzureisen (vgl. BVerfGE 2, 266 <273>; 80, 137 <150>; 110, 177 <190 f.>). In den Schutzbereich der Norm kann nicht nur durch direkte Einwirkung auf die Wahl des Wohnortes eingegriffen werden. Auch mittelbare und faktische Beeinträchtigungen der Wahl des Wohnorts können einen zu rechtfertigenden Eingriff in die Freizügigkeit darstellen, wenn sie in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen (vgl. BVerfGE 110, 177 <191>). Für den Bereich der Festsetzung von Abgaben ist regelmäßig die Qualität eines Eingriffs zu verneinen, solange diese Abgaben nicht eine ähnliche Wirkung wie ein striktes Verbot des Nehmens von Aufenthalt oder Wohnsitz haben. Der Schutzbereich der Freizügigkeit begründet hiervon abgesehen keinen Anspruch darauf, dass der Aufenthalt an einem bestimmten Ort aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mit Konsequenzen verbunden ist, die zu dem Entschluss veranlassen können, von einem Aufenthalt abzusehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 1983 - 8 B 78/83 -, Buchholz 401.63 Kurabgaben Nr. 5; BVerwG, Beschluss vom 9. April 2009 - 6 B 80/08 -, juris).

58

Gemessen daran entfaltet eine Zweitwohnungsteuer der der hier in Rede stehenden Größenordnung offensichtlich keine eingriffsgleiche Wirkung in den Schutzbereich des Grundrechts der Freizügigkeit, zumal die Steuer je nach Lage des Einzelfalls schon bei geringfügigen Verlagerungen der Aufenthaltsdauer zwischen Haupt- und Zweitwohnsitz entfallen kann, also keineswegs notwendig von der völligen Aufgabe des Hauptwohnsitzes abhängt.

59

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1)1Ehegatten können zwischen der Einzelveranlagung (§ 26a) und der Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen, wenn

1.
beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 oder 2 oder des § 1a sind,
2.
sie nicht dauernd getrennt leben und
3.
bei ihnen die Voraussetzungen aus den Nummern 1 und 2 zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind.
2Hat ein Ehegatte in dem Veranlagungszeitraum, in dem seine zuvor bestehende Ehe aufgelöst worden ist, eine neue Ehe geschlossen und liegen bei ihm und dem neuen Ehegatten die Voraussetzungen des Satzes 1 vor, bleibt die zuvor bestehende Ehe für die Anwendung des Satzes 1 unberücksichtigt.

(2)1Ehegatten werden einzeln veranlagt, wenn einer der Ehegatten die Einzelveranlagung wählt.2Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn beide Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen.3Die Wahl wird für den betreffenden Veranlagungszeitraum durch Angabe in der Steuererklärung getroffen.4Die Wahl der Veranlagungsart innerhalb eines Veranlagungszeitraums kann nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch geändert werden, wenn

1.
ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
2.
die Änderung der Wahl der Veranlagungsart der zuständigen Finanzbehörde bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder zur Niederschrift erklärt worden ist und
3.
der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsarten ergeben würde, positiv ist.2Die Einkommensteuer der einzeln veranlagten Ehegatten ist hierbei zusammenzurechnen.

(3) Wird von dem Wahlrecht nach Absatz 2 nicht oder nicht wirksam Gebrauch gemacht, so ist eine Zusammenveranlagung durchzuführen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1)1Die tarifliche Einkommensteuer bemisst sich nach dem auf volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommen.2Sie beträgt im Veranlagungszeitraum 2023 vorbehaltlich der §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b und 34c jeweils in Euro für zu versteuernde Einkommen

1.
bis 10 908 Euro (Grundfreibetrag):0;
2.
von 10 909 Euro bis 15 999 Euro:(979,18 · y + 1 400) · y;
3.
von 16 000 Euro bis 62 809 Euro:(192,59 · z + 2 397) · z + 966,53;
4.
von 62 810 Euro bis 277 825 Euro:0,42 · x – 9 972,98;
5.
von 277 826 Euro an:0,45 · x – 18 307,73.
3Die Größe „y“ ist ein Zehntausendstel des den Grundfreibetrag übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens.4Die Größe „z“ ist ein Zehntausendstel des 15 999 Euro übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens.5Die Größe „x“ ist das auf einen vollen Euro-Betrag abgerundete zu versteuernde Einkommen.6Der sich ergebende Steuerbetrag ist auf den nächsten vollen Euro-Betrag abzurunden.

(2) bis (4) (weggefallen)

(5) Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, beträgt die tarifliche Einkommensteuer vorbehaltlich der §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b und 34c das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens nach Absatz 1 ergibt (Splitting-Verfahren).

(6)1Das Verfahren nach Absatz 5 ist auch anzuwenden zur Berechnung der tariflichen Einkommensteuer für das zu versteuernde Einkommen

1.
bei einem verwitweten Steuerpflichtigen für den Veranlagungszeitraum, der dem Kalenderjahr folgt, in dem der Ehegatte verstorben ist, wenn der Steuerpflichtige und sein verstorbener Ehegatte im Zeitpunkt seines Todes die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllt haben,
2.
bei einem Steuerpflichtigen, dessen Ehe in dem Kalenderjahr, in dem er sein Einkommen bezogen hat, aufgelöst worden ist, wenn in diesem Kalenderjahr
a)
der Steuerpflichtige und sein bisheriger Ehegatte die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllt haben,
b)
der bisherige Ehegatte wieder geheiratet hat und
c)
der bisherige Ehegatte und dessen neuer Ehegatte ebenfalls die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen.
2Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 1 ist, dass der Steuerpflichtige nicht nach den §§ 26, 26a einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wird.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Heranziehung eines bei seinen Eltern mit Hauptwohnsitz wohnenden Studenten zur Zweitwohnungsteuer für eine am Studienort angemietete Wohnung.

I.

2

Der Beschwerdeführer ist seit Juli 2006 Mieter eines Zimmers in einem Studentenwohnheim in Aachen. Die monatliche Miete betrug im Streitzeitraum 76,88 €. Daneben bewohnte der Beschwerdeführer sein ehemaliges Kinderzimmer im Haus seiner Eltern in Y.

3

Im Gebiet der Stadt Aachen galt für den Streitzeitraum die Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer vom 11. Dezember 2002 in der Fassung vom 16. August 2006. Danach wurde für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet eine Zweitwohnungsteuer erhoben. Die Satzung hatte auszugsweise den folgenden Inhalt:

4

§ 2 Begriff der Zweitwohnung

5

(1) Zweitwohnung ist jede Wohnung im Sinne des Absatzes 3, die jemandem neben seiner Hauptwohnung als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes dient oder die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des eigenen persönlichen Lebensbedarfs oder des persönlichen Lebensbedarfs seiner Familie innehat. (…)

6

(3) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird.

7

(4) Eine Wohnung dient als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird. Wird eine Wohnung von einer Person bewohnt, die mit dieser Wohnung nicht gemeldet ist, dient die Wohnung als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sich die Person wegen dieser Wohnung mit Nebenwohnung zu melden hätte.

8

(5) Keine Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung sind:

9

a) Wohnungen, die von freien Trägern der Wohlfahrtspflege aus therapeutischen Gründen entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

10

b) Wohnungen, die von Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden und Erziehungszwecken dienen.

11

c) Wohnungen, die von einem nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten aus beruflichen Gründen gehalten und vorwiegend im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 Meldegesetz NW genutzt werden, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet und mehr als 30 km vom Stadtgebiet entfernt liegt.

12

§ 3 Steuerpflichtige

13

(1) Steuerpflichtig ist, wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung oder mehrere Wohnungen innehat. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dessen melderechtliche Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken oder der Inhaber einer Zweitwohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 ist.

14

(2) Die Steuerpflicht besteht, solange die Wohnung des Steuerpflichtigen als Zweitwohnung zu beurteilen ist.

15

Das Meldegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 1997, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 5. April 2005 (MeldeG-NRW, GVBl S. 263) bestimmt zur Meldepflicht Folgendes:

16

§ 13 Allgemeine Meldepflichten

17

(1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb einer Woche bei der Meldebehörde anzumelden. (…)

18

§ 15 Begriff der Wohnung

19

Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. (…)

20

§ 16 Mehrere Wohnungen

21

(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

22

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner. Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Hauptwohnung eines Behinderten, der in einer Behinderteneinrichtung untergebracht ist, bleibt auf Antrag des Behinderten bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres die Wohnung nach Satz 3. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt. Kann der Wohnungsstatus eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners nach den Sätzen 2 und 5 nicht zweifelsfrei bestimmt werden, ist Hauptwohnung die Wohnung nach Satz 1.

23

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners.

24

(4) Jeder Einwohner hat der Meldebehörde bei jeder Anmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen nach Absatz 1 er hat und welche Wohnung seine Hauptwohnung ist. Er hat der Meldebehörde der neuen Hauptwohnung jede Änderung der Hauptwohnung mitzuteilen.

25

Die Stadt Aachen zog den Beschwerdeführer für den Zeitraum August bis Dezember 2006 zur Zweitwohnungsteuer in Höhe von 38,44 € heran. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung zurück.

II.

26

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 GG.

27

Der allgemeine Gleichheitssatz sei verletzt, da die Zweitwohnungsteuer Studenten nicht erfasse, die noch auswärts bei ihren Eltern wohnten sich aber überwiegend am Studienort Aachen aufhielten, wohingegen die Studenten, die zwar am Studienort Aachen studierten und wohnten, sich jedoch überwiegend am auswärtigen Wohnort ihrer Eltern aufhielten, mit der Steuer belastet würden. Beide Vergleichsgruppen seien indes in gleichem Maße leistungsfähig, der einzige Unterschied bestehe in der Dauer des Aufenthalts am Studienort. Der gleiche Aufwand werde dadurch steuerlich unterschiedlich belastet. Auf die unterschiedliche Dauer des Aufenthalts dürfe nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 65, 325 <350, 357>) nicht abgestellt werden, da dies ein sachfremdes Differenzierungskriterium sei. Das Verwaltungsgericht stelle im Übrigen bei der Frage, ob der Wohnsitz bei den Eltern der erste Wohnsitz sei, nicht auf die tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt, sondern nur auf die melderechtliche Zuordnung ab. Es sei im Rahmen einer Aufwandsteuer nicht hinnehmbar, dass bei der Zweitwohnungsteuer im Gefolge des Melderechts nur das Nutzen einer Wohnung, nicht aber der Anfall von Aufwand für die Wohnung besteuert werde. Der Beschwerdeführer sei zwar mit zwei Wohnsitzen gemeldet, habe aber nur einen davon - die Wohnung in Aachen - inne. Nur für diese Wohnung trage er Aufwand, an seinem Heimatort wohne er auf Kosten seiner Eltern. Er habe also keinen Aufwand für eine zweite Wohnung zu tragen. Ungleich behandelt würden auch Personen, die deshalb nicht mit der Zweitwohnungsteuer belastet würden, weil sich ihr Hauptwohnsitz im Ausland befinde, da die inländische Wohnung dann nach dem Melderecht als alleinige Wohnung betrachtet werde.

28

Die Ungleichbehandlung könne auch nicht mit dem Belang der Bewältigung von Massenvorgängen, die durch die Anlehnung an Verhältnisse aus dem Melderecht vereinfacht erfasst werden könnten, gerechtfertigt werden. Der in Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz der Familie werde dadurch verletzt, dass ein Kind, das bei seinen Eltern wohne und zur Ausbildung an einem anderen Ort eine Wohnung unterhalte, mit einer Zweitwohnungsteuer belastet werde. Dadurch werde in den Lebensentwurf des Beschwerdeführers und seiner Familie eingegriffen und die zu schützende familiäre Hausgemeinschaft mit einer Abgabe belastet, die den Aufenthalt des Beschwerdeführers zum Gegenstand habe. Auch das Grundrecht der Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG werde durch die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer verletzt.

III.

29

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die in § 93a Abs. 2 BVerfGG geregelten Voraussetzungen für eine Annahme nicht erfüllt sind. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die für den Streitfall maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen insbesondere zu den Anforderungen an eine Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer, zu der gleichheitsgerechten Ausgestaltung eines Steuertatbestands und der Reichweite des Schutzes der Familie sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

30

Die gegen den Beschwerdeführer festgesetzte Zweitwohnungsteuer entspricht den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben an eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG (1.). Sie verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.), noch die in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie (3.) oder die in Art. 11 GG gewährleistete Freizügigkeit (4.).

31

1. Die durch die Stadt Aachen festgesetzte Zweitwohnungsteuer entspricht den finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen an eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG.

32

a) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit treffen. In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffes der Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, DVBl 2009, S. 777, juris, Rn. 46). Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre die Erhebung einer Steuer, die nicht an die Entstehung des Einkommens, sondern an dessen Verwendung anknüpft, nicht praktikabel, wenn in jedem Fall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müsste. Ausschlaggebendes Merkmal der Aufwandsteuer ist deshalb der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

33

b) Das Innehaben einer Zweitwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. BVerfGE 65, 325 <348>; 114, 316 <334>). Eine solche Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Zweitwohnung selbst bewohnt. Unerheblich für die Einordnung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG ist, ob das Innehaben der Zweitwohnung durch eine Berufsausübung veranlasst wurde und der getragene Aufwand nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts als Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung abzuziehen ist (vgl. BVerfGE 114, 316 <334>; zum Abzug als Werbungskosten bei doppelter Haushaltführung: § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG). Für die Zweitwohnungsteuerpflicht spielen persönliche Verhältnisse des Steuerpflichtigen generell keine Rolle (vgl. BVerfGE 65, 325 <352>). Bei der Zweitwohnungsteuer handelt sich um eine örtliche Steuer, die bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist (vgl. BVerfGE 65, 325 <345>; 114, 316 <334 ff.>).

34

c) Die in Streit stehende Aachener Zweitwohnungsteuer ist eine solche Aufwandsteuer und damit von der Gesetzgebungsbefugnis des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG gedeckt. Sie entspricht diesem klassischen Bild der Zweitwohnung-steuer, indem sie an das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet anknüpft und mit einem Steuersatz auf die Nettokaltmiete als Bemessungsgrundlage aufsetzt. Soweit Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer - insbesondere wegen etwaigen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, den Schutz der Familie oder gegen Freiheitsrechte - geltend gemacht werden, berühren sie wegen der notwendigen Formenklarheit solange die Einordnung der Steuer in die finanzverfassungsrechtliche Kompetenznorm nicht, als der Typus einer Aufwandsteuer dadurch nicht verlassen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 50 ff.). Die durch den Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen, ob die Bestimmung der Zweitwohnung an das Melderecht angebunden werden darf, ob eine unzulässige Beeinträchtigung des Zusammenlebens innerhalb der Familie bewirkt wird und ob die Freizügigkeit des Beschwerdeführers durch den Anreiz der Vermeidung der Zweitwohnungsteuer verletzt wurde, wirken sich, selbst wenn sie zu bejahen wären, nicht auf den Typus der verfahrensgegenständlichen Zweitwohnungsteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer aus.

35

2. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer stellt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

36

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsanforderungen reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 <291>; 117, 1 <30>). Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 120, 1 <44>). Der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegen-standes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabes (vgl. BVerfGE 31, 8 <25 f.>; 65, 325 <354>; 93, 121 <136>; 105, 73 <126>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 112, 268 <280 f.>; 117, 1 <31>). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl. BVerfGE 90, 226 <239>).

37

Das Wesen der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer setzt der Ausübung des Ermessens des Normgebers für die gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Steuerpflicht Grenzen. So dürfen die Gründe für den Aufenthalt am Ort des Zweitwohnsitzes nicht zur Begründung der Steuerpflicht herangezogen werden, da die Aufwandsteuer eine wertende Berücksichtigung der mit dem getätigten Aufwand verfolgten Absichten und Zwecke ausschließt. Allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für die Aufwandsteuer maßgeblich. Dem entsprechend darf für die Begründung der Steuerpflicht nicht differenzierend darauf abgestellt werden, ob eine Person eine Zweitwohnung nur aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken innehat (vgl. BVerfGE 65, 325 <357>). Anders als bei der unabhängig vom Zweck des Konsums auszugestaltenden Steuerpflicht ist es dem Satzungsgeber gleichwohl unbenommen, Ermäßigungs- oder Befreiungstatbestände zu schaffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <357>), die freilich ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestaltet sein müssen.

38

b) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist danach die Differenzierung zwischen am Studienort steuerpflichtigen Studenten, die noch bei ihren Eltern wohnen und daneben eine Zweitwohnung am Studienort innehaben, und nicht steuerpflichtigen Studenten, die, obwohl auch sie noch bei ihren Eltern über eine Wohnung verfügen, ihren Hauptwohnsitz am Studienort haben. Denn diese Unterscheidung erfolgt nicht nach Kriterien, deren Verwendung bereits deshalb unzulässig wäre, weil sie dem Wesen einer Aufwandsteuer nicht entsprächen. So stellt der Satzungsgeber nicht etwa differenzierend auf den Zweck des Aufenthalts in seiner Kommune ab. Denn alle Studenten dieser Gruppe halten sich zu Ausbildungszwecken am Studienort auf. Der Differenzierungsgrund liegt vielmehr darin, dass die mit der Zweitwohnungsteuer belasteten Studenten sich anders als die nicht von der Steuerpflicht betroffenen Studenten nicht vorwiegend am Studienort aufhalten. Dem Wesen der Zweitwohnungsteuer als einer Aufwandsteuer entspricht es, solch einen besonderen Aufwand zu besteuern, der durch das Halten einer Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf entsteht, obwohl diese Wohnung für den Steuerpflichtigen eine Zweitwohnung darstellt. Hierfür bedarf es notwendig einer Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitwohnung. Dass eine solche Differenzierung bei der Entscheidung über die Entstehung der Zweitwohnungsteuerpflicht erfolgt, kann daher unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht beanstandet werden.

39

c) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuerpflicht im Streitfall ist gleichheitsgerecht.

40

aa) Die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, die in dem Tätigen eines Aufwands zum Ausdruck kommt, wird bei der Zweitwohnungsteuer auch dann in einer dem verfassungsrechtlichen Aufwandsbegriff genügenden Weise erfasst, wenn sich das Innehaben der Wohnung im Sinne einer tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsbefugnis lediglich auf die Zweitwohnung bezieht, nicht aber auch - wie typischerweise bei Wohnungen im Elternhaus in den so genannten "Kinderzimmerfällen" - auf die Erstwohnung.

41

Nach mittlerweile ganz überwiegender Auffassung, die insbesondere von der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und wohl auch des Bundesfinanzhofs getragen wird, setzt eine Aufwandsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung nicht voraus, dass auch eine rechtlich gesicherte Verfügungsmacht über die Erstwohnung gegeben ist. Sofern Gesetzes- oder Satzungsrecht keine weitergehenden Anforderungen enthielten, genüge es, wenn mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt werde, wie dies bei auswärts studierenden Kindern, wenn sie ihr Kinder- oder Jugendzimmer in der elterlichen Wohnung vorwiegend nutzten, regelmäßig der Fall sei. Ob sie dieses Grundbedürfnis des Wohnens in einer rechtlich abgesicherten Weise als (Mit-)Besitzer erfüllten, oder nur als Besitzdiener befriedigten, sei nicht von Bedeutung. Es komme nur darauf an, dass der getätigte Aufwand ein besonderer Aufwand sei, nicht darauf, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert werde (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juni 2006 - 14 E 1045/05 -, NVwZ-RR 2007, S. 271; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11. August 2006 - 4 M 319/06 -, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 14. Februar 2007 - 4 N 06.367 -, BayVBl 2007, S. 530; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. November 2007 - 14 K 10476/02 -, EFG 2008, S. 578, Rn. 31 f.; BVerwG, Urteile vom 17. September 2008 - 9 C 14/07 -, NVwZ 2009, S. 532 und - 9 C 17/07 -, NJW 2009, S. 1097; BFH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - II B 16/08 -, BFH/NV 2009, S. 53; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 - 9 C 7/08 -, juris; Birk, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht [Stand: März 2009], § 3 Rn. 215 f.; Meier/Juhre, KStZ 2005, S. 167 <169>; Nolte, jurisPR-BVerwG 5/2009 Anm. 6; Zieglmeier, Die Zweitwohnungssteuer in der Praxis, 2009, S. 40 ff.; anderer Ansicht: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. Januar 2007 - 6 B 11579/06 -, NVwZ-RR 2007, S. 556; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2007 - 25 K 2703/07 -, juris; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. November 2007 - 1 L 280/05 -, DStRE 2008, S. 1154; Oelschläger, DStR 2008, S. 590 <594>, Winkler, KStZ 2007, S. 5 <9 ff.>).

42

Dieser Standpunkt begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken und steht auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit wird auch dann erfasst, wenn eine Zweitwohnungsteuer so ausgestaltet ist, dass darauf verzichtet wird, von einem Steuerpflichtigen neben dem tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsrecht an der Zweitwohnung ein solches Recht auch an der von ihm bewohnten Erstwohnung zu fordern. So kann der Zweitwohnungsteuer von Verfassungs wegen auch unterfallen, wer in seiner Erstwohnung als reiner Besitzdiener ohne eigenen Mitbesitz wohnt, wie dies im Fall der Nutzung des Kinderzimmers durch einen Studenten der Fall sein kann (vgl. zur regelmäßigen Einordnung des volljährigen Kindes, das weiterhin in der elterlichen Wohnung wohnt, als Besitzdiener und nicht Mitbesitzer: BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 -, NJW 2008, S. 1959). Die Aufwandsteuer hat den Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes zum Gegenstand. Hierfür ist allein der in der Zweitwohnungsnutzung zum Ausdruck kommende Aufwand maßgeblich, einschließlich des Umstands, dass es sich überhaupt um eine Zweitwohnung handelt. Die Ermittlung subjektiver Tatbestände, wie etwa die mit dem Konsum verfolgten Absichten, oder die Feststellung der Person des letztlich wirtschaftlich mit der Steuer Belasteten, von dem die Mittel für den Aufwand stammen, soll mit Rücksicht auf die Praktikabilität der Steuererhebung unterbleiben (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>). Dem entspricht es, bei der Prüfung der Steuerpflicht des Aufwandes für eine Zweitwohnung nicht feststellen zu müssen, ob der Betreffende an dem Ort der Belegenheit der Erstwohnung neben einem tatsächlichen Verfügungsrecht als Besitzdiener auch ein rechtliches Verfügungsrecht hat, etwa weil er aufgrund eines (Unter-)Mietvertrages ein eigenes Besitzrecht an der Erstwohnung reklamieren kann. Auch würde die Erforderlichkeit einer entsprechenden Differenzierung zwischen der Stellung eines Mitbesitzers oder eines Besitzdieners vielfach die Prüfung verlangen, von wem die Mittel zur Finanzierung des Erstwohnsitzes stammen. Ob diese Mittel jedoch - was selten der Fall sein wird - von dem Studenten in Form eines "Kostgeldes" an seine Eltern gezahlt werden, oder - wovon in der Regel auszugehen sein dürfte - die Eltern die Wohnung durch Gewährung des Naturalunterhalts (vgl. § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB) zur Verfügung stellen, soll gerade nicht zum Gegenstand der Untersuchung des Aufwands gemacht werden. Auch ein im Wege des Naturalunterhalts gewährtes Zimmer kann für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden.

43

Soweit, wie in der in Streit stehenden Satzung für den Regelfall vorgesehen, die Anwendung des Melderechts auf die Tatbestände der Zweitwohnungsteuer dazu führt, dass eine steuerbare Zweitwohnung auch dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige an der Erstwohnung keine rechtliche Verfügungsmöglichkeit innehat und sein Aufwand für die Erstwohnung durch Naturalunterhalt seiner Eltern getragen wird, steht dies danach der Erfassung der typischerweise mit der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommenden Leistungsfähigkeit nicht entgegen.

44

bb) Auch die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals Zweitwohnung führt nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

45

Die Stadt Aachen stellt in ihrer Steuersatzung für die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals der Zweitwohnung alternativ darauf ab, ob eine Wohnung als Nebenwohnung nach dem Nordrhein-Westfälischen Meldegesetz dient oder ob sie jemand zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs innehat (§ 2 Abs. 1 der Steuersatzung). Eine Nebenwohnung nach dem MeldeG-NRW kommt dann als steuerbare Zweitwohnung in Betracht, wenn die betreffende Wohnung von einer Person bewohnt wird, die dort tatsächlich mit einer Nebenwohnung gemeldet ist oder sich dort mit einer Nebenwohnung zu melden hätte (§ 2 Abs. 4 der Steuersatzung). Die nach § 3 Abs. 1 Steuersatzung bei dem Innehaben einer Zweitwohnung entstehende Steuerpflicht ist in dieser Tatbestandsalternative also letztlich mit der Pflicht zur Anmeldung einer Nebenwohnung verknüpft. Nach § 13 Abs. 1 MeldeG-NRW hat sich bei der Meldebehörde anzumelden, wer eine Wohnung bezieht. Diese Wohnung kann eine Haupt- oder eine Nebenwohnung sein. Gemäß § 16 Abs. 3, Abs. 2 MeldeG-NRW ist eine Nebenwohnung eine Wohnung, die ein Einwohner außer seiner Hauptwohnung hat. Bei der Hauptwohnung handelt es sich nach § 16 Abs. 2 Satz 1 MeldeG-NRW um die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Auch die Anknüpfung an das Melderecht führt damit auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung zurück. Dies ist weder sachwidrig noch willkürlich zur Bestimmung der Steuerpflicht. Denn die Nutzung der Wohnung ist das äußerlich erkennbare Merkmal des damit betriebenen finanziellen Aufwands und der objektiv dahinterstehenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, unabhängig davon, wer die Kosten letztlich trägt.

46

Die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht dient zudem der Vereinfachung der Verwaltung in einem Massenverfahren und der Vermeidung doppelten Ermittlungsaufwands der Melde- und Steuerbehörde. Dafür spricht außerdem, dass eine Ermittlung der Wohnverhältnisse von Steuerpflichtigen wegen der Nähe zur Sphäre privater Lebensführung und wegen des Schutzes der Wohnung durch Art. 13 GG ohnehin nur eingeschränkt möglich ist (vgl. BVerfGE 101, 297 <311>).

47

d) Eine Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber Personen, die im Ausland eine Hauptwohnung innehaben und in der Stadt Aachen nur deshalb nicht mit einer Nebenwohnung registriert sind und damit nicht der Zweitwohnung-steuer unterliegen, weil ein alleiniger Wohnsitz in Deutschland melderechtlich keinen Nebenwohnsitz darstellen kann (vgl. § 16 Abs. 1 MeldeG-NRW, der auf mehrere Wohnungen im Inland abstellt), ist wegen der besonderen Situation der im Ausland belegenen anderen Wohnung gerechtfertigt. Da das nationale Melderecht nicht für im Ausland belegene Wohnungen gilt, kann die Steuerpflicht in diesen Fällen nur in unzureichendem Umfang an melderechtliche Tatbestände anknüpfen. Es kann schon nicht generell von dem Vorhandensein eines Melderegisters in ausländischen Staaten ausgegangen werden, vor allem aber nicht von einer entsprechenden Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz, auf die die Steuersatzung verweist. Außerdem bestehen erhebliche verwaltungspraktische Schwierigkeiten bei der Feststellung von Sachverhalten, die im Ausland verwirklicht werden, die eine besondere steuerrechtliche Behandlung rechtfertigen können.

48

3. Der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Bereich der Familie wird nicht verletzt.

49

a) Art. 6 Abs. 1 GG enthält über die Institutsgarantie hinaus einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (vgl. BVerfGE 76, 1 <72>; 99, 216 <232>; 114, 316 <333>).

50

In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (BVerfGE 114, 316 ff.) waren kommunale Zweitwohnungsteuersatzungen wegen Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden. Gegenstand der genannten Verfahren war die Belastung eines erwerbsbedingt begründeten weiteren Haushalts eines Ehegatten mit Zweitwohnungsteuer. Nach den einschlägigen melderechtlichen Vorschriften, auf die die dortige Steuersatzung für die Bestimmung der Zweitwohnung verwiesen hatte, war zwar generell bei mehreren Wohnungen die vorwiegend bewohnte Wohnung als die Hauptwohnung anzusehen gewesen. Im Fall von - nicht dauernd getrennt lebenden - Ehegatten wurde jedoch abweichend von diesem Grundsatz die von der Familie vorwiegend benutzte Wohnung als Hauptwohnung bestimmt. Dadurch war es ausgeschlossen, die Wohnung am Ort der Beschäftigung trotz deren vorwiegender Nutzung als Hauptwohnung zu betrachten und damit der Belastung durch die Zweitwohnungsteuer am Ort der Beschäftigung zu entgehen. Durch diese unterschiedliche Behandlung verheirateter Personen gegenüber nicht verheirateten wurde das eheliche Zusammenleben in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Weise belastet (vgl. BVerfGE 114, 316 <321, 335 ff.>).

51

Eine solcherart benachteiligende Wirkung des Melderechts auf die Familie liegt im Streitfall nicht vor. Auf den vorwiegend noch bei seinen Eltern lebenden steuerpflichtigen Studenten sind keine anderen Vorschriften über die Bestimmung der Hauptwohnung bei einem Bewohnen mehrerer Wohnungen anwendbar als dies bei anderen Personen der Fall ist, die in mehreren Wohnungen wohnen. Das durch die Steuersatzung in Bezug genommene Melderecht stellt für volljährige Kinder diskriminierungsfrei darauf ab, welche Wohnung vorwiegend benutzt wird.

52

b) Als Freiheitsrecht schützt Art. 6 Abs. 1 GG weiterhin vor Eingriffen des Staates in die Familie.

53

Das Grundrecht berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Die Auswirkungen familiärer Freiheit nach außen, insbesondere auf das Berufsleben, das Schulwesen, die Eigentumsordnung und das öffentliche Gemeinschaftsleben, müssen aber mit der verfassungsgemäßen Rechtsordnung übereinstimmen (vgl. BVerfGE 80, 81 <92>).

54

Einen Eingriff in den Schutzbereich der Familie stellen alle staatlichen Maßnahmen dar, die Ehe und Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 6, 55 <76>; 55, 114 <126 f.>; 81, 1 <6>). Benachteiligungen, die nur in bestimmten Fällen als unbeabsichtigte Nebenfolge einer im Übrigen verfassungsgemäßen Regelung vorkommen, kann der Eingriffscharakter fehlen, solange sich die Maßnahmen nicht als wirtschaftlich einschneidend darstellen (vgl. BVerfGE 6, 55 <77>; 15, 328 <335>; 23, 74 <84>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. Dezember 1991 - 1 BvR 1477/90 -, NJW 1992, S. 1093).

55

Die Zweitwohnungsteuer hat auch in den so genannten "Kinderzimmerfällen" keinen solchen Eingriffscharakter. Die Zweitwohnungsteuer belastet den Aufwand für das Innehaben einer nicht vorwiegend benutzten Wohnung eines in Ausbildung befindlichen Kindes, das überwiegend in der elterlichen Erstwohnung wohnt. Dieser Aufwand für die Zweitwohnung belastet weder gezielt noch typischerweise das Zusammenleben in der Familie. Dies ergibt sich schon daraus, dass die zeitliche Inanspruchnahme durch das Studium regelmäßig dazu führen dürfte, dass der Student sich vorwiegend in der am Studienort vorgehaltenen Wohnung, nicht aber am Heimatort der Eltern aufhalten wird. Im Übrigen erfasst die Zweitwohnung-steuer die Steuerpflichtigen völlig unabhängig von ihren familiären Verhältnissen und Bindungen am Haupt- oder Zweitwohnsitz. Schließlich führt auch die Höhe der Zweitwohnungsteuer von 10 Prozent der Kaltmiete nicht zu einer derart einschneidenden Belastung, dass hierdurch ein gravierender finanzieller Druck auf die Aufgabe des vorwiegenden Aufenthalts des Studenten bei den Eltern zugunsten eines vorwiegenden Aufenthalts in der Wohnung am Studienort ausgeübt würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2008 - 1 BvR 3269/07 -, NVwZ-RR 2008, S. 723).

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4. Die in Art. 11 Abs. 1 GG garantierte Freizügigkeit ist nicht verletzt.

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Freizügigkeit bedeutet das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen und auch zu diesem Zweck in das Bundesgebiet einzureisen (vgl. BVerfGE 2, 266 <273>; 80, 137 <150>; 110, 177 <190 f.>). In den Schutzbereich der Norm kann nicht nur durch direkte Einwirkung auf die Wahl des Wohnortes eingegriffen werden. Auch mittelbare und faktische Beeinträchtigungen der Wahl des Wohnorts können einen zu rechtfertigenden Eingriff in die Freizügigkeit darstellen, wenn sie in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen (vgl. BVerfGE 110, 177 <191>). Für den Bereich der Festsetzung von Abgaben ist regelmäßig die Qualität eines Eingriffs zu verneinen, solange diese Abgaben nicht eine ähnliche Wirkung wie ein striktes Verbot des Nehmens von Aufenthalt oder Wohnsitz haben. Der Schutzbereich der Freizügigkeit begründet hiervon abgesehen keinen Anspruch darauf, dass der Aufenthalt an einem bestimmten Ort aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mit Konsequenzen verbunden ist, die zu dem Entschluss veranlassen können, von einem Aufenthalt abzusehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 1983 - 8 B 78/83 -, Buchholz 401.63 Kurabgaben Nr. 5; BVerwG, Beschluss vom 9. April 2009 - 6 B 80/08 -, juris).

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Gemessen daran entfaltet eine Zweitwohnungsteuer der der hier in Rede stehenden Größenordnung offensichtlich keine eingriffsgleiche Wirkung in den Schutzbereich des Grundrechts der Freizügigkeit, zumal die Steuer je nach Lage des Einzelfalls schon bei geringfügigen Verlagerungen der Aufenthaltsdauer zwischen Haupt- und Zweitwohnsitz entfallen kann, also keineswegs notwendig von der völligen Aufgabe des Hauptwohnsitzes abhängt.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.