Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - 1 StR 114/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:120516B1STR114.16.0
bei uns veröffentlicht am12.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 114/16
vom
12. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Schuldnerbegünstigung
ECLI:DE:BGH:2016:120516B1STR114.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Oktober 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es ihn betrifft. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Schuldnerbegünstigung zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt und angeordnet, dass hiervon 40 Tagessätze für eine „überlange Verfahrensdauer“ als vollstreckt gelten. Die Revision des Angeklagten hat mit der näher ausgeführten Sachrüge Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
Der als Rechtsanwalt tätige Angeklagte war im Jahr 2006 von dem nichtrevidierenden Mitangeklagten E. mit der Schuldenregulierung betraut worden. Der Mitangeklagte E. hatte schon seit dem Jahr 2000 seine Zahlungen eingestellt und im Jahr 2006 mindestens 900.000 Euro Schulden. Im April 2006 gab E. die eidesstattliche Versicherung ab und erklärte dabei, keine pfändbare Habe zu besitzen. Als faktischer Geschäftsführer war er allerdings weiterhin wirtschaftlich im Bau- und Baunebengewerbe tätig.
4
Der Angeklagte wurde im Jahr 2006 von E. regelmäßig mit seiner Vertretung und der Vertretung der von E. faktisch geführten Firmen beauftragt. Der Angeklagte wusste um die finanzielle Situation von E. und darum, dass dieser seit geraumer Zeit seine Zahlungen eingestellt hatte. Er wusste auch, dass E. s Ehefrau ebenfalls zahlungsunfähig war und eine Schuldenregulierung anstrebte. Der Angeklagte hatte E. mitgeteilt, dass eine außergerichtliche Schuldenregulierung nur sinnvoll betrieben werden könne, wenn eine Geldsumme in Höhe von ca. 5 % der Gesamtschulden zur Verfügung stehe , die den Gläubigern angeboten werden könne. Ausgehend von der Höhe der bekannten Schulden hatte der Angeklagte einen Betrag in Höhe von 50.000 Euro genannt. E. kündigte dem Angeklagten den Eingangvon 50.000 Euro an und erläuterte dazu, sein Schwager gewähre ihm ein Darlehen über diese Summe zum Zweck der Schuldenbereinigung. Er, E. , könne frei über dieses Geld verfügen.
5
Der Schwager des Mitangeklagten E. , A. , überwies auf ein Rechtsanwaltsanderkonto des Angeklagten am 30. Oktober 2006 einen Betrag in Höhe von 50.000 Euro mit dem Verwendungszweck „Gesamtschul- denregulierung E. “. Dieser Betrag wurde in der Akte „E. , wegen Schuldenregulierung“ als Fremdgeld „v. A. “ verbucht. Tatsächlich han- delte es sich bei den 50.000 Euro um den Teil einer Provisionszahlung einer von E. faktisch geführten Firma, die E. über seinen Schwiegervater seinem Schwager mit der Aufforderung hatte zukommen lassen, den Betrag an den Angeklagten zu überweisen. Dies wusste der Angeklagte indes nicht, der glaubte, es handele sich bei dem Geld um ein Darlehen des Schwagers A. .
6
Der Angeklagte forderte E. in der Folgezeit mehrfach erfolglos auf, ihm eine vollständige Gläubigerliste zum Zweck der angestrebten Schuldenregulierung zu überlassen. Da es dazu nicht kam, nahm der Angeklagte auch keinen Kontakt zu den Gläubigern auf. Im Dezember 2007 forderte E. vom Angeklagten die Auszahlung der Geldsumme. Am 18. Dezember 2007 erschien E. mit seiner Nichte S. bei dem Angeklagten, alle drei fuhren zur Sparkasse und der Angeklagte hob das Geld ab. Zurück in den Kanzleiräumen erklärte E. dem Angeklagten, seine Nichte solle das Gelderhalten, damit er nicht als Empfänger seines Geldes in Erscheinung trete. Der Angeklagte war damit einverstanden und ließ eine Quittung des Inhalts vorbereiten, dass 50.000 Euro von A. an S. „in Sachen H. wegen Insolvenz“ ausgezahlt werden. S. unterschrieb die mit einem Kanzleistempel des Angeklagten versehene Quittung. Der Angeklagte übergab sodann das Bargeld an S. . Der Mitangeklagte E. forderte kurz danach seine Nichte S. in den Kanzleiräumen in Anwesenheit des Angeklagten auf, ihm das Geld zu übergeben, was S. auch sogleich tat. E. steckte das Geld ein und verließ mit seiner Nichte die Kanzlei.
7
Was mit der Geldsumme geschah, konnte nicht aufgeklärt werden. Bei der Quittungsausstellung und der Übergabe des Geldes an dieNichte von E. ging es dem Angeklagten und E. darum, den Weg des Geldes zu verschleiern , um den Gläubigern des Mitangeklagten E. die Vollstreckung zu erschweren und dem Mitangeklagten E. den Zugriff auf das Geld zu erhalten. Am 12. August 2010 stellte der Mitangeklagte E. einen Insolvenzantrag über sein Vermögen, das Insolvenzverfahren wurde am 13. Oktober 2010 eröffnet.
8
2. In rechtlicher Hinsicht hat die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten als Schuldnerbegünstigung nach § 283d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 StGB gewertet. Der Angeklagte, der um die Zahlungseinstellung von E. gewusst habe, habe die Geldsumme bewusst und gewollt vor den Gläubigern des E. verheimlicht, indem er sie mittels einer unrichtigen Quittung an die Nichte des E. ausgezahlt habe.

II.


9
Die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.
10
1. Nach den Feststellungen liegt die von der Strafkammer angenomme- ne Tatvariante des „Verheimlichens“ nicht vor.
11
a) Verheimlichen ist jedes Verhalten, durch das ein Vermögensbestandteil oder dessen Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Kenntnis des Insolvenzverwalters oder der Gläubiger entzogen wird (vgl. Senat, Beschluss vom 14. März 2016 – 1 StR 337/15, NJW 2016, 1525; RG, Urteil vom 2. Mai 1930 – I296/30, RGSt 64, 138, 140; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 18. Juni 1997 – 1 Ws 56/97, NStZ 1997, 551; Radtke/Petermann in: MüKo-StGB, 2. Aufl., § 283 Rn. 17). Ein Verheimlichen kann nicht nur durch Verbergen einer Sache verwirklicht werden (vgl. hierzu etwa Senat, Urteil vom 20. Dezember 1957 – 1 StR 492/57, BGHSt 11, 145, 146; RG aaO), sondern auch durch die Behauptung eines den Gläubigerzugriff hindernden Rechts (RG aaO S. 141), durch falsche Auskunft gegenüber dem Insolvenzverwalter über die Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts (RG, Urteil vom 29. Februar 1932 – III 984/31, RGSt 66, 152 f.) oder durch falsche Angaben im Rahmen der Abgabe einer eidesstaatlichen Versicherung (vgl. Senat aaO). Vollendet ist die Tat erst durch Eintritt eines zumindest vorübergehenden Täuschungserfolgs; das auf die Verheimlichung gerichtete Verhalten allein genügt nicht (Radtke/Petermann aaO; Fischer, 63. Aufl., § 283 Rn. 5; Heine/Schuster in: Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 283 Rn. 5).
12
b) Ein vollendetes „Verheimlichen“ in diesem Sinne belegen die Urteils- gründe nicht. Denn es ist weder festgestellt, dass die ausgestellte Quittung gegenüber Gläubigern oder dem Insolvenzverwalter verwendet wurde, noch ergibt sich aus dem Urteil, dass die Übergabe der 50.000 Euro an die Nichte des insolventen Mitangeklagten E. zur Entziehung dieses Vermögensbestandteils zum Nachteil der Gläubiger führte. Schließlich wurde das Geld von ihr noch in den Kanzleiräumen an ihren Onkel übergeben und damit seinem Vermögen wieder zugeführt.
13
2. Den Urteilsfeststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass sich der Angeklagte wegen vollendeten Beiseiteschaffens im Sinne von § 283d Abs. 1 StGB strafbar gemacht hätte.
14
a) Ein Beiseiteschaffen liegt vor, wenn ein zum Vermögen des Schuldners gehörender Vermögensgegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzogen oder der Zugriff zumindest wesentlich erschwert wird. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung eines Vermögensgegenstandes oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen (BGH, Urteil vom 29. April 2010 – 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950).
15
b) Durch die Auszahlung der 50.000 Euro an die Nichte des Mitangeklagten und die anschließende Übergabe des Geldes an den Mitangeklagten E. ist dieses Geld wieder dem Vermögen des Schuldners zugeflossen, also dessen Vermögen nicht zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger verringert worden. Letztlich sollte durch das Geschehen auch nach der Vorstellung des Angeklagten dem Mitangeklagten E. der Zugriff auf sein Geld erhalten werden (UA S. 15).

III.


16
Es ist nicht ausgeschlossen, dass noch Feststellungen getroffen werden, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen Schuldnerbegünstigung oder wegen Versuchs (§ 283d Abs. 2 StGB) rechtfertigen. Um der neuen Strafkammer widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, hebt der Senat die getroffenen Feststellungen insgesamt auf.
Raum Radtke Mosbacher
Fischer Bär

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - 1 StR 114/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - 1 StR 114/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 283d Schuldnerbegünstigung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder2. nach Zahlungseinstellung, in einem Insolvenzverfahren oder in einem Verfahren zur Herbeiführung de
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - 1 StR 114/16 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 283d Schuldnerbegünstigung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder2. nach Zahlungseinstellung, in einem Insolvenzverfahren oder in einem Verfahren zur Herbeiführung de

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - 1 StR 114/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - 1 StR 114/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 StR 234/12

bei uns veröffentlicht am 22.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 234/12 vom 22. Januar 2013 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _____________________________ StGB § 283, § 28 Abs. 1 1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Be

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2010 - 3 StR 314/09

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 314/09 vom 29. April 2010 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ________________________________ StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB l

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2016 - 1 StR 337/15

bei uns veröffentlicht am 14.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 337/15 vom 14. März 2016 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ___________________________ StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 78a Satz 1 Vorsätzlicher Bankrott durch Ve

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder
2.
nach Zahlungseinstellung, in einem Insolvenzverfahren oder in einem Verfahren zur Herbeiführung der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines anderen
Bestandteile des Vermögens eines anderen, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, mit dessen Einwilligung oder zu dessen Gunsten beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus Gewinnsucht handelt oder
2.
wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer dem anderen anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not bringt.

(4) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der andere seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 337/15
vom
14. März 2016
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
Vorsätzlicher Bankrott durch Verheimlichen von Bestandteilen des Vermögens
im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist im Falle der Insolvenz einer natürlichen
Person bei fortdauerndem Verheimlichen bis zur Restschuldbefreiung erst
dann beendet, wenn diese erteilt wird.
BGH, Beschluss vom 14. März 2016 - 1 StR 337/15 - LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen Bankrotts
ECLI:DE:BGH:2016:140316B1STR337.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. April 2015 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Bankrotts zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, von denen es als Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer zwei Monate für vollstreckt erklärt hat. Die Revision des Angeklagten, mit der er den Eintritt der Verfolgungsverjährung als Verfahrenshindernis geltend macht und im Übrigen die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat keinen Erfolg. Sie ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Erörterung bedürfen lediglich die Frage der Verfolgungsverjährung und die Strafzumessung.

I.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Nach der Inanspruchnahme aus Bürgschaften beantragte der Angeklagte durch seinen anwaltlichen Vertreter beim Amtsgericht (Insolvenzgericht) Fürth mit am 1. April 2005 dort eingegangenem Schreiben die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Zu diesem Zeitpunkt besaß er, wie er wusste, in einem Depot der Bank C. in Z. eine auf seinen Namen lautende Geldanlage über mehr als zwei Mio. US-Dollar. In den von ihm persönlich unterschriebenen Anlagen zum Insolvenzeröffnungsantrag, in denen u.a. Guthaben sowie Wertpapiere zu benennen waren, gab er lediglich ein Guthaben von 16,68 Euro bei der V. an. Das Depot in der Schweiz verschwieg er bewusst.
5
Am 30. Juni 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten eröffnet. Nach diesem Zeitpunkt, am 19. September 2005, legte er das in dem Depot bei der C. dann vorhandene Guthaben von mehr als 2,4 Mio. US-Dollar für 120 Monate in eine kapitalbildende Lebensversicherung bei der Cr. Ltd. an. Auch diesen Umstand teilte er weder dem Insolvenzgericht noch der Insolvenzverwalterin mit.
6
Mit Beschluss vom 19. November 2007 stellte das Amtsgericht Fürth fest, dass der Angeklagte Restschuldbefreiung erhalte, wenn er für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Obliegenheiten nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfülle. Am 8. Januar 2008 hob das Amtsgericht das Insolvenzverfahren auf. Mit Beschluss vom 6. September 2011 erteilte es dem Angeklagten schließlich die in Aussicht gestellte Restschuldbefreiung.
7
Obwohl er weiterhin hierzu verpflichtet war, machte der Angeklagte auch bis zu diesem Zeitpunkt weder gegenüber dem Insolvenzgericht noch der Insolvenzverwalterin – welche später zur Treuhänderin (vgl. § 287 Abs. 2 InsO) wurde – Angaben über sein bis zum 18. September 2005 bei der C. bestehendes Depot und über seine anschließend mit der Cr. Ltd. abgeschlossene Lebensversicherung. Ihm war dabei bekannt, dass er bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30. Juni 2005 nach § 20 InsO, danach jedenfalls bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 8. Januar 2008 aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO und bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung am 6. September 2011 aus §§ 20, 97 InsO die Verpflichtung hatte, den Inhalt des Depots bzw. nach der Vermögensumschichtung seine Lebensversicherung gegenüber dem Insolvenzgericht und der Insolvenzverwalterin bzw. Treuhänderin zu offenbaren, weil diese Vermögenswerte dem Insolvenzbeschlag unterlagen. Da der Angeklagte jedoch den Anlagebetrag für seine Altersvorsorge nutzen und deshalb verhindern wollte, dass er in die Insolvenzmasse fällt, verschwieg er dessen Existenz. Nachdem am Ende des Insolvenzverfahrens lediglich 102 Euro zur Verfügung standen, kam es zu keiner Verteilung an die Insolvenzgläubiger, die Forderungen in Höhe 1,8 Mio. Euro angemeldet hatten.
8
Als den deutschen Finanzbehörden im Jahr 2012 über eine sog. SteuerCD bekannt wurde, dass der Angeklagte über eine Geldanlage verfügte, wurde ein Steuerstrafverfahren gegen ihn eingeleitet. Im Hinblick auf die verschwiegene Geldanlage widerrief das Amtsgericht Fürth am 2. Oktober 2012 die dem Angeklagten im September 2011 erteilte Restschuldbefreiung. Daraufhin veranlasste der Angeklagte über seinen Verteidiger, dass sein gesamtes Guthaben bei der Cr. Ltd. in Höhe von nahezu 1,8 Mio. Euro auf ein Anderkonto bei der Treuhänderin überwiesen wurde. Hierdurch wurde diese in die Lage versetzt, die Insolvenzforderungen im Wege einer Nachtragsverteilung mit einer Quote von 95,9 % zu bedienen.
9
2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als vorsätzlichen Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 StGB gewertet, weil er einen wesentlichen Bestandteil seines Vermögens, der im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehört, bewusst verheimlicht habe. Es hielt die Tat deswegen nicht für verjährt, weil sie erst mit Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Amtsgericht Fürth am 6. September 2011 beendet gewesen sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Angeklagte auch ohne besondere Nachfrage zur Offenlegung bislang verheimlichter Vermögenswerte verpflichtet gewesen. Die Verjährung sei deshalb durch richterliche Durchsuchungsanordnungen vom 6. November 2012 sowie die Anklageerhebung vom 10. August 2013 wirksam unterbrochen worden (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 und 6 StGB).

II.

10
Das von der Revision geltend gemachte Verfahrenshindernis der Strafverfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 1 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Die Durchsuchungsanordnungen vom 6. November 2012 haben die Verjährung wirksam unterbrochen, weil die Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
11
1. Vorsätzlicher Bankrott (§ 283 Abs. 1 und 2 StGB) verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB in fünf Jahren.
12
2. Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Dies war hier erst am 6. September 2011 mit der Feststellung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht und nicht schon mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall.
13
a) Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist die Tat erst beendet, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist (vgl. etwa Urteile vom 26. Februar 1997 – 3 StR 525/96, BGHSt 43, 1, 7; vom 18. Juni 2003 – 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41; vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, NJW 2006, 925, 927 [insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt]und vom 19. Juni 2008 – 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 302). Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft; vielmehr umfasst die Tatbeendigung auch solche Umstände, die – etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat – zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 – 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 303 mwN).
14
b) Das Rechtsgut der Insolvenzdelikte besteht im Schutz der Insolvenzmasse vor unwirtschaftlicher Verringerung, Verheimlichung und ungerechter Verteilung zum Nachteil der Gesamtgläubigerschaft (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 283 Rn. 3; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , Vor §§ 283 ff. StGB Rn. 1). Verheimlichen ist dabei jedes Verhalten , durch das ein Vermögensbestandteil oder dessen Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Kenntnis der Gläubiger oder der des Insolvenzverwalters entzogen wird. Verheimlichen kann daher sowohl durch falsche Angaben als auch durch Unterlassen bei Verletzung einer Auskunfts- oder Anzeigepflicht verwirklicht werden (vgl. Radtke/Petermann, MüKo-StGB, 2. Aufl., § 283 Rn. 17 f. mwN).
15
c) Bei der Insolvenz einer natürlichen Person dauert im Falle des Verheimlichens von Vermögensbestandteilen im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB der Angriff auf das geschützte Rechtsgut bei einer erstrebten Restschuldbefreiung jedenfalls so lange an, bis das Insolvenzgericht durch Beschluss feststellt, dass der Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung erlangt hat (vgl. § 287a Abs. 1 Satz 1 InsO bzw. § 289 Abs. 1 Satz 2 InsO in der im Tatzeitraum geltenden Fassung). Denn die Pflicht, ohne besondere Nachfrage Vermögensbestandteile zu offenbaren, besteht gemäß §§ 20, 97 InsO nicht nur nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern auch noch nach dessen Abschluss im Restschuldbefreiungsverfahren fort (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2012 – IX ZB 70/10, ZInsO 2012, 751). Tatbestandsmäßige Handlungen sind in diesem Verfahrensstadium weiter möglich (vgl. Radtke/ Petermann, MüKo-StGB, 2. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 96 mwN). Auch ist das Tatunrecht der Bankrottstraftat in solchen Fällen erst dann in vollem Umfang verwirklicht, wenn die Restschuldbefreiung erlangt ist, weil die vorsätzliche Verletzung dieser Pflicht einen zwingenden Versagungsgrund für die beantragte Restschuldbefreiung darstellt (vgl. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Bis dahin wird durch weiteres Verheimlichen von Vermögensbestandteilen das materielle Unrecht der Tat vertieft, weil hierdurch der Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuiert wird.
16
d) Soweit die Revision eine Verjährung des Tatgeschehens daraus herleiten will, dass sie das Verhalten des Angeklagten in mehrere voneinander zu trennende Taten aufspaltet, ist dem nicht zu folgen.
17
Zwar hat der Angeklagte, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, mehrere als Verheimlichen zu wertende tatbestandsmäßige Bankrotthandlungen im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen, indem er Vermögensbestandteile erst durch Falschangaben und später durch pflichtwidriges Unterlassen verheimlicht hat. Diese Handlungen stehen jedoch nicht isoliert und rechtlich unabhängig nebeneinander. Vielmehr bildet das gesamte, von einem einheitlichen Willen zur Verheimlichung des im Ausland angelegten Vermögens getragene Verhalten des Angeklagten bis zur Restschuldbefreiung ein einheitliches Delikt des Bankrotts (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1978 – 3 StR 387/78; BGH, Urteil vom 20. Dezember 1957 – 1 StR 492/57, BGHSt 11, 145, 146).
18
Die Tat begann mit den Falschangaben in den Anlagen zu dem am 1. April 2005 eingereichten Insolvenzantrag, mit denen der Angeklagte das Vorhandensein weiterer Vermögensbestandteile bewusst wahrheitswidrig verneinte. Sie setzte sich in der pflichtwidrigen Nichtoffenlegung des weiterhin vorhandenen Vermögens bis zur Restschuldbefreiung fort. Umschichtungen oder ertragsbedingte Zuwächse im Vermögen, namentlich die Auflösung des Depots bei der C. und die Neuanlage des Anlagebetrages in einer Lebensversicherung , stellten keine Zäsuren dar, die das anschließende Weiterverheimlichen zu eigenständigen Taten qualifizieren würden. Vielmehr dienten sowohl die Falschangaben im Insolvenzantrag als auch das anschließende weitere Verschweigen des vorhandenen Vermögens dem einheitlichen Ziel, dieses bis zur Restschuldbefreiung geheim zu halten, um einen Zugriff im Insolvenzverfahren zu vermeiden.
19
Auch wenn das pflichtwidrige Verschweigen des bereits durch falsche Angaben verheimlichten Vermögensgegenstands damit lediglich der Sicherung der Besitzlage diente und keinen neuen, eigenständigen Angriff auf das ge- schützte Rechtsgut bewirkte (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1978 – 3 StR 387/78), war es für die Frage, wann das Tatgeschehen seinen Ab- schluss fand, nicht bedeutungslos. Denn es perpetuierte die Gefährdung für das geschützte Rechtsgut mit dem Ziel einer Verletzung desselben bis zur erstrebten Restschuldbefreiung. Damit hatte das Tatgeschehen mit dem Eintritt der objektiven Strafbarkeitsbedingung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 283 Abs. 6 StGB) seinen endgültigen Abschluss noch nicht gefunden. Soweit in der Literatur im Verheimlichen eines bereits zuvor beiseite geschafften Vermögensbestandteils eine mitbestrafte Nachtat gesehen wird (vgl. Radtke/ Petermann, MüKo-StGB, 2. Aufl., § 283 Rn. 87; Heine/Schuster in Schönke/ Schröder, StGB, 29. Aufl., § 283 Rn. 66, jeweils mwN), ergibt sich hieraus nichts anderes.
20
e) Der Umstand, dass es sich beim Bankrott um ein Erfolgsdelikt handelt , führt – entgegen der Auffassung der Revision – ebenfalls nicht zur Annahme der Tatbeendigung bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
21
Es trifft allerdings zu, dass bei Erfolgsdelikten, bei denen mit dem Erfolgseintritt zugleich eine endgültige Verletzung des Rechtsguts eintritt, wie etwa bei Zerstörung oder Beschädigung einer Sache, der Angriff auf das geschützte Rechtsgut damit auch abgeschlossen ist. Daher ist die Tat bei Zustandsdelikten wie Körperverletzung oder Sachbeschädigung mit der Herbeiführung des rechtswidrigen Zustands und Abschluss der Tathandlung beendet (vgl. dazu Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 52 Rn. 58 mwN).
22
Beim Verheimlichen von Vermögensbestandteilen gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB besteht dagegen der tatbestandliche Erfolg nicht in einer Rechtsgutsverletzung , sondern in einer Gefährdung des geschützten Rechtsguts. Damit handelt es sich bei diesem Bankrotttatbestand rechtsgutsbezogen um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. Radtke/Petermann, MüKo-StGB, 2. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 22 mwN). Da der Taterfolg tatobjektsbezogen ausgestaltet ist, sind die Kategorien „Gefährdungsdelikt“ und „Erfolgsdelikt“ kein gegensätz- liches, sich gegenseitig ausschließendes Begriffspaar (vgl. Radtke/Petermann aaO). Im Hinblick darauf, dass die Gefährdung für das Rechtsgut nach dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs fortdauert, findet das Tatgeschehen mit diesem noch nicht seinen tatsächlichen Abschluss. Vielmehr wird bei dieser „informationsbezogenen“ Bankrotthandlung der einer Befriedigung der Gläubi- ger dienende Vermögensbestand des Schuldners zwar gefährdet, aber noch nicht beeinträchtigt. Sobald die verheimlichten Vermögensbestandteile bekannt werden, können sie zur Befriedigung der Gläubiger herangezogen werden.
23
Da somit nicht nur die Rechtspflicht zur Offenbarung des verheimlichten Vermögensgegenstandes fortbesteht, sondern auch die Gefährdungslage, die noch in eine (endgültige) Verletzung des Rechtsguts umschlagen kann und nach dem Willen des Täters auch soll, handelt es sich beim Verheimlichen gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB im Ergebnis um ein Dauerdelikt (zum Begriff vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 52 Rn. 58). Ein vorheriger Abschluss des Tatgeschehens kann bei Gefährdungsdelikten allenfalls dann vorliegen, wenn der Angriff auf das Rechtsgut bereits so weit fortgeschritten ist, dass der Täter bereits eine gesicherte Position erlangt hat, die einer (endgültigen) Verletzung des Rechtsguts gleichkommt. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Denn der Angeklagte erlangte weder mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2005 noch mit dem Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 19. November 2007 die gesicherte Erwartung einer Restschuldbefreiung. Mit diesem Beschluss stellte das Landgericht lediglich fest, dass der Angeklagte eine Restschuldbefreiung erlangen kann, wenn er für die Zeit von sechs Jahren die sich aus § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO ergebenden Obliegenheiten erfüllt. Eine abschließende Prüfung, ob die Voraussetzungen der Restschuldbefreiung tatsächlich eingetreten sind, sollte dagegen erst nach Ablauf dieses Zeitraums stattfinden.
24
Im Ergebnis hat hier zwar die Falschangabe im Insolvenzantrag zum Taterfolg des Verheimlichens geführt; auch trat spätestens mit dem Verheimlichen der Vermögenswerte in der Schweiz die objektive Bedingung der Strafbarkeit ein (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHR StGB § 283 Abs. 2 Herbeiführen 1 = BGHSt 58, 115 mwN). Jedoch war der Angriff auf das geschützte Rechtsgut hierdurch nicht abgeschlossen, weil der Angeklagte fortlaufend weiter gegen seine Pflicht zur Offenbarung der verheimlichten Vermögensbestandteile verstieß. Ein endgültiger Schaden war noch nicht eingetreten, weil die verheimlichten Vermögensbestandteile bei ihrem Bekanntwerden noch zur Befriedigung der Gläubiger verwendet werden konnten und der Angeklagte auch noch keine gesicherte Erwartung auf Restschuldbefreiung erlangt hatte. Weder die Einleitung noch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens verschafften ihm eine solche gesicherte Position.
25
f) Ein Vergleich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Delikt der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO führt zu keinem anderen Ergebnis.
26
Die Steuerhinterziehung im Festsetzungsverfahren ist ebenfalls zugleich Erfolgsdelikt und Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2009 – 1 StR 627/08 Rn. 37, BGHSt 53, 221, 229; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 1 StR 322/08 Rn. 22, BGHSt 53, 99, 106). Auch bei diesem Straftatbestand bewirkt nicht allein das pflichtwidrige Verheimlichen von Besteuerungsgrundlagen in einer Steuererklärung die Tatbeendigung. Vielmehr ist die Tat bei Veranlagungssteuern erst dann beendet, wenn sie durch eine unrichtige Steuerfestsetzung (§ 155 AO) ihren endgültigen Abschluss gefunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 1984 – 3 StR 413/83, wistra 1984, 142) oder das zu- ständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk für den maßgeblichen Zeitraum allgemein abgeschlossen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2001 – 5 StR 395/01, BGHR AO § 370 Verjährung 9 = BGHSt 47, 138). Denn erst zu diesem Zeitpunkt ist für den Veranlagungszeitraum regelmäßig nicht mehr mit einer zutreffenden Steuerfestsetzung zu rechnen. Auch bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern durch unrichtige Angaben ist die Tat erst dann beendet, wenn die Umsatzsteuerjahreserklärung gemäß § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, selbst wenn die unrichtigen Angaben bereits in den Umsatzsteuervoranmeldungen gemacht worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 1989 – 3 StR 552/88, wistra 1989, 188).
27
Im Gegensatz zu dem vom Prinzip der Abschnittsbesteuerung nach Veranlagungszeiträumen geprägten Besteuerungsverfahren bei Veranlagungssteuern ist das Insolvenzverfahren bis zur Restschuldbefreiung als Einheit anzusehen. Erst mit dieser findet das Verfahren seinen endgültigen Abschluss. Mit der bei der Steuerhinterziehung einer Tatbeendigung nicht entgegen stehenden Möglichkeit steuerlicher Nachprüfung oder Berichtigung (vgl. §§ 164, 172 ff. AO) ist – entgegen der Auffassung der Revision – die fortwährende Tatbestandsverwirklichung der Verheimlichung von Vermögensbestandteilen durch Unterlassen gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB daher nicht vergleichbar.

III.

28
Die Strafzumessung hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
29
1. Im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Verheimlichen der im Ausland befindlichen Vermögensbestandteile um eine einheitliche Tat des Bankrotts handelt, stellt die spätere Nichtoffenbarung dieser Vermögensbestandteile nicht etwa nur eine bloße Sicherungstat für ein bereits verjährtes Verheimlichen durch falsche Angaben dar (s.o.). Eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 13 Abs. 2 StGB kam wegen der Falschangaben im Insolvenzantrag und damit einer aktiven Täuschung nicht in Betracht. Die Dauer des Verheimlichens durfte das Landgericht unter dem Gesichtspunkt der kriminellen Energie strafschärfend berücksichtigen.
30
2. Einer Erörterung der Möglichkeit, gemäß § 41 StGB eine Geldstrafe neben einer (damit niedrigeren) Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten zu verhängen , bedurfte es entgegen der Auffassung der Revision nicht. Aufgrund ihres Ausnahmecharakters (vgl. BGH, Urteile vom 24. August 1983 – 3 StR 89/83, BGHSt 32, 60, 65 und vom 28. April 1976 – 3 StR 8/76, BGHSt 26, 325, 330 sowie Beschluss vom 26. November 2015 – 1 StR 389/15) muss zwar die Entscheidung für die Kumulation von Geldstrafe und Freiheitsstrafe näher begründet werden, nicht aber die Nichtanwendung der Vorschrift des § 41 StGB. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein erheblicher Gewinn aus der Tat die Anwendung des § 41 StGB nahe legt (vgl. Radtke in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 41 Rn. 32 mwN). Dies war hier nicht der Fall.

IV.

31
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Jäger Cirener Radtke Fischer Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder
2.
nach Zahlungseinstellung, in einem Insolvenzverfahren oder in einem Verfahren zur Herbeiführung der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines anderen
Bestandteile des Vermögens eines anderen, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, mit dessen Einwilligung oder zu dessen Gunsten beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus Gewinnsucht handelt oder
2.
wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer dem anderen anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not bringt.

(4) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der andere seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 314/09
vom
29. April 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
________________________________
Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt nur dann vor, wenn
der Zugriff auf den weggegebenen Vermögensbestandteil für einen Insolvenzverwalter
im Rahmen der Gesamtvollstreckung (Insolvenz) wesentlich erschwert wird.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09 - LG Kiel
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. April 2010 in der Sitzung am 29. April 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 15. April 2010 - ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizamtsinspektor
- in der Verhandlung vom 15. April 2010 - ,
Justizangestellte
- bei der Verkündung am 29. April 2010 -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 19. Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Bankrotts in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten - gebildet aus Freiheitsstrafen von einem Jahr (Tat 1), neun Monaten (Tat 2) und einem Jahr und drei Monaten (Tat 3) - verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren fünf Monate der Strafe als verbüßt gelten.
2
Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Er ist der Auffassung, sein Verhalten erfülle nicht den Tatbestand des Bankrotts. Mit ihrer wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Ansicht, die Strafkammer habe rechtsfehlerhaft besonders schwere Fälle des Bankrotts gemäß § 283 a StGB verneint, die verhängten Strafen seien unvertretbar milde und die Kompensation für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung weise Rechtsfehler auf.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht mehr ankommt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
4
A. Feststellungen und rechtliche Würdigung des Landgerichts:
5
I. Nach den Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte zur Finanzierung eines Bauvorhabens, das er im Bereich des Germaniahafens in Kiel-Hörn ausführen ließ, bei der Sachsen LB - Landesbank Sachsen Girozentrale (im Folgenden : Sachsen LB) einen Kredit in Höhe von ca. 200 Mio. DM (= 102.258.376,24 €) auf. Bestandteil des Darlehensvertrages waren neben den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der Sachsen LB deren "Bedingungen für private Finanzierungen", die eine Regelung zur fristlosen Kündigung (Ziff. 10.2) enthielten.
6
Als Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruch verpfändete der Angeklagte an die Sachsen LB ein ihm gehörendes Depot mit Aktien des Mobilfunkbetreibers MobilCom AG. Zu diesem Zeitpunkt betrug der amtliche Kurs 83 € je Aktie. Weitere 16.552.340 Stück Aktien der MobilCom AG hatte der Angeklagte an drei andere Geldinstitute für ausgereichte Kredite in der Gesamthöhe von ca. 143,9 Mio. € verpfändet. Das Darlehen der Sachsen LB wurde an den Angeklagten ausbezahlt, der von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Zwischenanlage in Aktien der MobilCom AG Gebrauch machte, um deren Kurs zu stützen.
7
Da in der Folgezeit der Kurs der Aktien der MobilCom AG immer mehr verfiel, trafen die Sachsen LB und der Angeklagte eine neue Vereinbarung über die zu stellenden Sicherheiten und deren Berechnung, die in einem Nachtrag zum Darlehensvertrag schriftlich niedergelegt wurde. Vereinbarungsgemäß bestellte der Angeklagte der Sachsen LB zunächst eine Grundschuld über 39 Mio. DM an dem Gesamtgrundstück in Kiel-Hörn, die nach einer Teilung in drei Teilflächen (Bauteile A, B und C) auf diese mit jeweils 13 Mio. DM nebst Zinsen aufgeteilt wurde.
8
In den folgenden Monaten verlangte die Sachsen LB vom Angeklagten in einer Vielzahl von Schreiben entsprechend dem jeweiligen Aktienkurs erfolglos eine Erhöhung der Sicherheiten durch die Nachlieferung weiterer Aktien. Zu dieser Zeit befanden sich in dem an die Sachsen LB verpfändeten Wertpapierdepot 5.675.000 Stück Aktien. Ein Gutachter der Sachsen LB errechnete den der Bank durch die Grundschulden tatsächlich erwachsenen Wert an zusätzlicher Sicherheit mit 3.070.000 € für das Grundstück Bauteil A, mit 6.646.794,45 € für das Grundstück Bauteil B und mit 3.470.000 € für das Grundstück Bauteil C. Für das Grundstück Bauteil A setzte er wegen eines Fehlers bei der Zuord- nung der Flurstücke den Wert der Sicherheit um 1.760.000 € niedriger fest, als er tatsächlich zu bemessen gewesen wäre. Beim Grundstück Bauteil B, auf dem bereits mit den Bauarbeiten begonnen worden war, hielt der Gutachter den tatsächlichen Beleihungswert für wesentlich höher als den Nominalwert der Grundschuld.
9
Mit Schreiben vom 25. Februar 2002 forderte die Sachsen LB vom Angeklagten eine Verstärkung der Sicherheiten durch die Einlieferung weiterer 3.188.810 Stück Aktien der MobilCom AG. Dieser gab an, keine freien Aktien in der geforderten Anzahl zur Verfügung zu haben, und lehnte die Bestellung weiterer Grundschulden ab. Wegen fehlender Barmittel des Angeklagten und der Nichtzahlung einer Abschlagsrechnung hatte zuvor die ARGE Umbau Germaniahafen die Bauarbeiten auf dem Grundstück Bauteil B eingestellt. Mit Schreiben vom 7. März 2002 kündigte sie den Generalunternehmervertrag.
10
Die Sachsen LB forderte den Angeklagten mit Schreiben vom 1. März 2002 mit Fristsetzung zum 15. März 2002 und unter Androhung der fristlosen Kündigung auf, entweder zu ihren Gunsten auf dem Grundstück Bauteil B weitere Grundschulden in Höhe von 20 Mio. € zu bestellen und zusätzlich 1.293.747 Aktien der MobilCom AG nachzuliefern oder weitere 3.188.810 Stück Aktien in das verpfändete Wertpapierdepot einzubringen. Der Berechnung des Nachsicherungsverlangens lagen die fehlerhafte Ermittlung des Wertes der auf dem Grundstück Bauteil A bestellten Grundschuld und ein fehlerhafter Mindestsicherungswert durch Aktien unter Berücksichtigung zusätzlich bestellter Grundschulden über 20 Mio. € (77.074.339,32 € statt richtigerweise 76.033.739,97 €) zugrunde.
11
Spätestens am 4. März 2002 erkannten die Vertreter der Sachsen LB den Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A. Ihnen wurde daher bewusst, dass das Nachsicherungsverlangen um 175.045 Stück Aktien im Wert von 1,76 Mio. € überhöht war. Den Angeklagten informierte sie darüber nicht. Nach einer Verlängerung der gesetzten Frist erklärte die Sachsen LB mit Schreiben vom 19. März 2002 die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages, stellte am 19. April 2002 das Darlehen zur Zahlung fällig und kündigte die Verwertung der Sicherheiten sowie die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an.
12
Am 14. August 2002 erließ das Amtsgericht Leipzig einen Mahnbescheid über 5 Mio. € nebst Zinsen, gegen den der Angeklagte Widerspruch einlegte. Mit Klageschrift vom 19. September 2002 erhob die Sachsen LB gegen den Angeklagten beim Landgericht Flensburg Klage auf Zahlung von 20 Mio. €. Kurz darauf kam es zu Handlungen des Angeklagten, in denen das Landgericht drei Bankrotttaten sieht:
13
Am 24. September 2002 wies der Angeklagte die I. -Bank an, von seinem bei ihr geführten Konto 500.000 € auf sein Konto bei der V. P. bank Vaduz in Liechtenstein (im Folgenden: VP-Bank) zu überweisen (Tat 1). Am 2. Oktober 2002 beauftragte er dieselbe Bank, weitere 240.000 € auf sein Konto in Liechtenstein zu transferieren (Tat 2) und - wie im Urteil festgestellt ist - alle in seinem Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das bei derselben Bank in Vaduz geführte Wertpapierdepot zu übertragen.
14
Hinsichtlich des in Liechtenstein geführten Depots gibt es eine Vereinbarung mit Datum vom 24. September 2002, mit der der Angeklagte die Wertpapiere an seine Ehefrau abtrat. Am 12. und 13. November 2002 erwarb der An- geklagte mit Geld von seinem Konto bei der VP-Bank für etwa 660.000 € Aktien der MobilCom AG, die er in das bei dieser Bank geführte Wertpapierdepot einbuchen ließ. Der Kurs der Aktie der MobilCom AG betrug Ende September /Anfang Oktober 2002 nur noch zwischen 1,12 € und 2,01 €.
15
Durch ein gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil des Landgerichts Flensburg vom 5. November 2002 wurde der Angeklagte verurteilt, an die Sachsen LB 20 Mio. € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 20. April 2002 zu zahlen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein.
16
Am 19. November 2002 übertrug der Angeklagte seine Geschäftsanteile an drei Handelsgesellschaften auf den B. Trust Reg. aus Vaduz, dessen Gesellschafterin die Ehefrau des Angeklagten war, zum Kaufpreis von 500.000 €, wobei zumindest die Anteile an der M. GmbH in Höhe des Kaufpreises werthaltig waren. Als Gegenleistung hatte die Ehefrau mit Wertstellung vom 14. November 2002 die 500.000 € auf das Konto eines Rechtsanwalts und Notars überwiesen, die dieser auf das Konto des Angeklagten bei der VP-Bank in Vaduz transferierte (Tat 3). Zu dieser Zeit betrug der Kurs der Aktie der MobilCom AG ca. 6,35 €.
17
In der Folgezeit kam es zu einer Vielzahl von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seitens der Sachsen LB gegen den Angeklagten, die zu einem erheblichen Teil erfolglos blieben. Die Versuche der Sachsen LB, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto des Angeklagten bei der VP-Bank in Liechtenstein zuzugreifen, scheiterten. Die VP-Bank teilte der Sachsen LB mit, sie müsse vor der Durchführung der Zwangsvollstreckung zunächst den ordentlichen Rechtsweg über das fürstliche Landgericht in Liechtenstein beschreiten.
Am 11. Februar 2003 stellte der Angeklagte beim Amtsgericht einen Eigeninsolvenzantrag , den er mit drohender Zahlungsunfähigkeit begründete. Am 2. März 2003 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet.
18
II. Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensbestandteile , die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörten, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft. Zwar sei der Angeklagte nicht zahlungsunfähig gewesen; denn die fristlose Kündigung der Sachsen LB sei wegen des verschwiegenen gravierenden Fehlers bei der Ermittlung des Grundschuldwertes für den Bauteil A und der nicht nachvollziehbaren Berechnung des Mindestsicherungswertes durch Aktien unwirksam gewesen , sodass der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht fällig geworden sei. Jedoch habe der Angeklagte wegen seiner äußerst kritischen wirtschaftlichen Lage die Taten im Stadium drohender Zahlungsunfähigkeit begangen, weil die Sachsen LB zur fristlosen Kündigung berechtigt und entschlossen gewesen sei, durch die der Darlehensrückzahlungsanspruch sofort fällig geworden wäre. Da er nicht über ausreichende liquide Mittel zu dessen Befriedigung verfügt habe und nicht in der Lage gewesen sei, sich solche kurzfristig zu verschaffen, habe es sich nicht um eine bloße Zahlungsstockung von wenigen Wochen gehandelt. Der Angeklagte habe alle Umstände, welche die Tatbestandsmerkmale des Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfüllten, gekannt und deshalb zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Ein Verbotsirrtum liege nicht vor.
19
B. Revision des Angeklagten:
20
I. Aus der Anklageschrift vom 21. September 2007 und den Urteilsgründen ergibt sich, dass Gegenstand der Verurteilung hinsichtlich der Tat 2 lediglich die am 2. Oktober 2002 veranlasste Überweisung der 240.000 € auf das Konto bei der VP-Bank in Vaduz ist. Soweit das Landgericht festgestellt hat, der Angeklagte habe an diesem Tag die I. -Bank auch angewiesen, alle in seinem dortigen Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein zu übertragen, erschließt sich die Bedeutung dieser Feststellung für den Schuldspruch nicht. Einen entsprechenden ausdrücklichen Tatvorwurf enthält die Anklageschrift nicht. Einzelheiten zu einer Aktienübertragung vom 2. Oktober 2002, insbesondere zur Anzahl und zum Wert der übertragenen Aktien, teilen die Urteilsgründe nicht mit. Die Ausführungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Würdigung machen deutlich, dass das Landgericht die Übertragung von Aktien nicht als Teil der zweiten von ihm angenommenen Bankrotthandlung gesehen hat und sich der Schuldspruch hierauf nicht stützt.
21
Allerdings wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer darüber zu befinden haben, ob der Transfer der Aktien - sollte er tatsächlich stattgefunden haben - als mögliche Bankrotthandlung eventuell deswegen von der Anklage mitumfasst wird, weil der Angeklagte die I. -Bank in einem einheitlichen Vorgang mit der Überweisung der 240.000 € und der Übertragung der Aktien beauftragte, sodass ein tateinheitliches Geschehen im Sinne natürlicher Handlungseinheit vorlag (§ 52 Abs. 1 StGB), das insgesamt dem prozessualen Begriff der angeklagten Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO unterfällt (MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 264 Rdn. 6 m. w. N.).
22
II. Die Verurteilung des Angeklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
23
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar angenommen, dass der Bankrotttatbestand des § 283 StGB auch Privatinsolvenzen erfasst (BGHR StGB § 283 Abs. 1 Anwendungsbereich 1). Seine Auffassung, der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensgegenstände, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft, begegnet auf der Grundlage der Feststellungen jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
24
1. Zum Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Durch die zwei Überweisungen auf das Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein, das den Gläubigern nicht ohne weiteres habe bekannt sein können, sei deren Zugriff auf das Geld wesentlich erschwert worden. Da der Kaufpreis für die an den B. Trust Reg. verkauften und abgetretenen Geschäftsanteile ebenfalls auf dieses Konto überwiesen worden sei, sei dem Vermögen des Angeklagten insoweit auch kein alsbald greifbarer Vermögenswert als Gegenleistung für die Gesellschaftsanteile der M. GmbH zugeflossen. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass die Sachsen LB von der Existenz des Kontos in Vaduz bei ihren Versuchen, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, erst durch die Staatsanwaltschaft informiert worden sei. Zum anderen habe der konkrete weitere Geschehensablauf die durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein eingetretene Erschwerung des Gläubigerzugriffs deutlich gemacht, wie der erfolglose Versuch der Sachsen LB zeige, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto bei der VP-Bank zuzugreifen. Dies reiche für die Annahme des Merkmals des Beiseiteschaffens im Bankrotttatbestand aus. Unerheblich sei, ob der Insolvenzverwalter nach der späteren Eröff- nung des Insolvenzverfahrens rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Vermögenstransfer rückgängig zu machen und auf die in Liechtenstein befindlichen Vermögensbestandteile zuzugreifen. Ein ungeschmälerter und unmittelbarer Zugriff auf das überwiesene Geld sei im Rahmen des Insolvenzverfahrens ohnehin nicht mehr möglich gewesen, weil der Angeklagte mit einem erheblichen Teil des Geldes Aktien gekauft und diese in das an die Ehefrau abgetretene Wertpapierdepot habe übertragen lassen. Durch die Geldüberweisungen auf sein eigenes Konto habe er eine Befreiung von der aus einer eventuellen Vereinbarung anlässlich der Eheschließung möglicherweise gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Verpflichtung zur Übertragung von Aktien der Mobilcom AG nicht unmittelbar herbeiführen können, sodass schon aus diesem Grund auch der privilegierende Tatbestand der Gläubigerbegünstigung (§ 283 c StGB) nicht gegeben sei.
25
2. Diese Begründung trägt die Annahme des Tatbestandsmerkmals des Beiseiteschaffens in § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht. Sie befasst sich mit der Zugriffserschwerung bei der Einzelzwangsvollstreckung durch die Sachsen LB und verhält sich nicht zu der für die Auslegung der Bestimmung entscheidenden Frage, ob infolge der Vermögenstransfers auf das Konto in Liechtenstein eine wesentliche Erschwernis des Gläubigerzugriffs auf die überwiesenen Geldbeträge bei einer Gesamtvollstreckung (Insolvenz) eingetreten ist. Im Einzelnen:
26
a) Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff zumindest wesentlich erschwert. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Vermögensgegenstands oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen (BGHSt 34, 309, 310; RGSt 66, 130, 131; OLG Frankfurt NStZ 1997, 551; Tiedemann in LK 12. Aufl. § 283 Rdn. 25; Hoyer in SK-StGB § 283 Rdn. 30 f.; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 49; Fischer, StGB 57. Aufl. § 283 Rdn. 4).
27
aa) Eine Vereitelung des Gläubigerzugriffs durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung ist etwa zu bejahen bei der Übereignung eines Gegenstandes , der Abtretung einer Forderung oder einer Verpfändung, wenn dies ohne adäquate Gegenleistung geschieht. Dasselbe gilt für die Überweisung eines Geldbetrages auf ein fremdes Konto mit der Folge, dass der überwiesene Geldbetrag nicht mehr zum Vermögen des Schuldners gehört (Tiedemann aaO Rdn. 25; Hoyer aaO Rdn. 30; Fischer aaO Rdn. 4). Die Rechtsprechung hat daher Fälle, in denen der Schuldner eine ihm zustehende Forderung von einer anderen Person über deren Konto, über das er nicht verfügungsberechtigt war, einziehen ließ (BGHSt 34, 309, 310 f.) oder Geld auf Konten von ihm beherrschter , aber rechtlich selbständiger Gesellschaften übertrug (OLG Frankfurt NStZ 1997, 551), als ein Beiseiteschaffen eines Vermögensbestandteils aus rechtlichen Gründen angesehen.
28
bb) Ein Beiseiteschaffen in tatsächlicher Hinsicht ist gegeben, wenn der Schuldner einen Vermögensgegenstand an einen anderen Ort verbringt oder verbringen lässt und dadurch - ohne eine Änderung der rechtlichen Zuordnung - den Zugriff der Gläubiger auf diesen objektiv unmöglich macht oder zumindest wesentlich erschwert, etwa indem er ihn verbirgt oder in eine Lage bringt, die ein Zugreifen der Gläubiger zumindest deutlich schwieriger macht, als dies zuvor der Fall war. Dies gilt selbst bei einer späteren Kenntniserlangung des Insolvenzverwalters von der Vermögensverlagerung. Daher kann ein Beiseiteschaffen aus tatsächlichen Gründen vorliegen, wenn der Schuldner in der wirtschaftlichen Krise Geld von einem Girokonto in bar abhebt und auf ein eigenes, nur ihm bekanntes Konto im In- oder Ausland einzahlt (vgl. Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 242; Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht Rdn. 956).
29
b) Schon nach diesen Maßstäben ist hier ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen durch den dreimaligen Geldtransfer nach Liechtenstein nicht belegt; es kommt daher nicht darauf an, dass nach allgemeiner Ansicht das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens in teleologischer Reduktion des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur solche Vermögensverschiebungen erfasst, die den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechen (BGHSt 34, 309, 310; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseiteschaffen 2; BGH NJW 1952, 898; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 27 m. w. N.; Hoyer aaO Rdn. 30 f.; Stree/Heine aaO Rdn. 4; Fischer aaO Rdn. 4 a) und eine weitergehende Ansicht zusätzlich voraussetzt, dass das Vorgehen des Täters subjektiv auf eine Benachteiligung seiner Gläubiger ausgerichtet ist (Tiedemann aaO Rdn. 28 f.). Die Auffassung des Landgerichts beruht auf einer Verkennung namentlich des Schutzzwecks des § 283 StGB mit der Folge, dass es den festgestellten Sachverhalt nach unzutreffenden rechtlichen Maßstäben unter das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens subsumiert hat.
30
aa) Nach dem Wortlaut des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind Tatobjekt Bestandteile des Schuldnervermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören. Außerdem ist gemäß § 283 Abs. 6 StGB eine Bankrotthandlung nur strafbar, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist. Rechtsgut des § 283 StGB ist neben dem Schutz des gesamtwirtschaftlichen Systems vor allem der Schutz der etwaigen Insolvenzmasse vor einer unwirtschaftlichen Ver- ringerung zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger (BGHSt 28, 371, 373; BGH NStZ 2008, 401, 402; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 45 ff.; Hoyer aaO Vor § 283 Rdn. 3; Fischer aaO Vor § 283 Rdn. 3). Im Gegensatz zu § 288 StGB (Vereitelung der Zwangsvollstreckung), der das Recht des einzelnen Gläubigers auf Einzelbefriedigung aus dem Schuldnervermögen (BGHSt 16, 330, 334; Fischer aaO § 288 Rdn. 1) schützt, dient § 283 StGB somit dem Schutz der Gesamtvollstreckung (Insolvenz). Da im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Interessen der Gläubigergesamtheit wahrnimmt, ist daher die Prüfung bezogen auf die rechtlichen und tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten eines (gedachten ) Insolvenzverwalters unter Berücksichtigung seiner Auskunftsrechte gegenüber dem Schuldner (§ 97 InsO) unmittelbar nach der Tathandlung durchzuführen. Ob für einen einzelnen Gläubiger die Zwangsvollstreckung schwieriger geworden ist als vor dem Vermögenstransfer ist demgegenüber nur für § 288 StGB relevant, dessen Anwendung hier jedoch infolge der Zurücknahme des Strafantrags durch die Sachsen LB ausscheidet. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob der Insolvenzverwalter nach der tatsächlichen Insolvenzeröffnung den Transfer durch eine Insolvenzanfechtung rückgängig machen kann.
31
bb) Entgegen der Meinung des Landgerichts ist daher das Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen nicht schon dann erfüllt, wenn einzelne oder alle Gläubiger ein Konto des Schuldners im In- oder Ausland, auf das dieser Geld überwiesen hat, nicht kannten oder nicht kennen konnten. Zum einen besteht für den Schuldner keine generelle Pflicht, während der wirtschaftlichen Krise den Gläubigern alle seine Konten offen zu legen. Zum anderen verschlechtert sich durch eine solche Überweisung objektiv die Vollstreckungssituation für die Gläubigergesamtheit nicht wesentlich, wenn - wie hier - der Vermögenstransfer anhand der Kontounterlagen nachzuvollziehen ist, die dem Insolvenzverwalter regelmäßig zur Verfügung stehen. Die Überprüfung von Überweisungen anhand der Kontounterlagen gehört zu den üblichen Aufgaben eines Insolvenzverwalters , dem der Schuldner bei Unklarheiten gemäß § 97 InsO Auskunft erteilen muss.
32
Jedenfalls bei einer aus den Kontounterlagen nachvollziehbaren Überweisung auf ein ausländisches Konto - unabhängig davon, ob sich dieses auf dem Gebiet der Europäischen Union befindet oder nicht (aA Bittmann, Insolvenzstrafrecht § 12 Rdn. 103 Fn. 212) - kann das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens nur bejaht werden, wenn für einen (gedachten) Insolvenzverwalter Schwierigkeiten von Gewicht bestehen, auf den überwiesenen Geldbetrag in angemessener Zeit zum Zwecke der Befriedigung der Gläubigergesamtheit zuzugreifen (RGSt 35, 62, 63; 61, 107, 109). Dass nicht jede Erschwerung des Zugriffs ausreichend ist, sondern diese erheblich sein muss, ergibt sich aus dem Begriff des Beiseiteschaffens, der Gleichstellung der Zugriffserschwernis mit der Zugriffsvereitelung, dem Schutzzweck des § 283 StGB und dem Grundsatz der "ultima ratio" des Strafrechts. Außerdem besteht für eine Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Schuldners in der Krise nur insoweit ein Bedürfnis, als dies im Befriedigungsinteresse der Gläubigergesamtheit erforderlich ist. Deshalb führt nicht bereits die Überweisung auf ein ausländisches Konto für sich schon zu einer wesentlichen zukünftigen Erschwerung. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche rechtlichen Hindernisse oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Einzelfall beim Zugriff auf das ausländische Konto für einen Insolvenzverwalter zu überwinden sind. Eine wesentliche Erschwerung kann sich insbesondere ergeben aus erheblichen zeitlichen Verzögerungen oder der Notwendigkeit hoher finanzieller Aufwendungen für die Rechtsverfolgung im Ausland.
33
Die Frage, ob für den Insolvenzverwalter der Zugriff auf vom Schuldner ins Ausland transferiertes Geld wesentlich erschwert worden ist, richtet sich - außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 160 S. 1) oder bilateraler Abkommen - allein nach dem Insolvenz-(Konkurs-)recht sowohl des ausländischen Staates, in dessen Hoheitsgebiet das Konto geführt wird, und den daraus resultierenden rechtlichen und tatsächlichen Erschwernissen, als auch nach deutschem Insolvenzrecht. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für den Schuldner die nach § 98 InsO erzwingbaren Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 97 InsO die Erteilung einer so genannten Auslandsvollmacht umfassen, wenn Anhaltspunkte für Vermögen des Schuldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwalters im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden (BGH NJW-RR 2004, 134, 135).
34
cc) Nach diesen Maßstäben ist hier nicht belegt, dass der Angeklagte das auf sein Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein überwiesene Geld im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft hat.
35
Durch die Vermögenstransfers auf das unter dem Namen des Angeklagten geführte Konto in Liechtenstein wurde objektiv dessen Vermögen nicht zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger verringert. Bei den zwei Überweisungen in Höhe von 500.000 € und 240.000 € wurden lediglich die Ansprüche gegen die I. -Bank durch Forderungen in gleicher Höhe gegen die VP-Bank ersetzt , so dass der Wert des Vermögens unverändert blieb. Durch die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. wurde das Vermögen des Angeklagten zwar einerseits um deren objektiven Wert verringert, aber andererseits um den auf das Konto bei der VP-Bank geflossenen Kaufpreis in Höhe von 500.000 € erhöht. Fließt als Gegenleistung für die Weggabe eines Vermö- gensbestandteils ein wirtschaftlich äquivalenter Wert in das Vermögen des Schuldners, entspricht dies den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft , weil das Vermögen insgesamt nicht verringert, sondern lediglich in seiner Zusammensetzung verändert wird (RGSt 66, 130, 132; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 3; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 30; Hoyer aaO § 283 Rdn. 33; Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 255). Da nach den Feststellungen der Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile entsprach , lag ein wirtschaftlich neutraler Austausch von Vermögensbestandteilen ohne nachteilige Auswirkungen auf das Vermögen des Angeklagten vor.
36
Wie oben dargestellt, ergab sich eine wesentliche Erschwernis des Zugriffs in tatsächlicher Hinsicht nicht schon daraus, dass der Sachsen LB und zunächst auch dem Insolvenzverwalter das Konto des Angeklagten bei der VPBank nicht bekannt war und nicht ohne weiteres bekannt sein konnte. Die Überweisungen vom 24. September 2002 und vom 2. Oktober 2002 wurden offen von einem Girokonto vorgenommen, das der Angeklagte nach den Feststellungen regelmäßig für Zahlungen an seine Gläubiger nutzte. Daher ergaben sich sowohl die Existenz des ausländischen Kontos als auch die Überweisungen bei der Durchsicht der Kontounterlagen, die einem Insolvenzverwalter zur Verfügung stehen. Die Überweisung der 500.000 € auf das Konto in Liechtenstein als Gegenleistung für die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. war für einen Insolvenzverwalter aus dem Inhalt des notariellen Kauf- und Abtretungsvertrages in Verbindung mit den Unterlagen betreffend die Konten bei der I. -Bank und der VP-Bank ebenfalls nachvollziehbar.
Zu der für das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens entscheidenden Frage, ob der Angeklagte durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein den Zugriff eines (gedachten) Insolvenzverwalters auf die überwiesenen Geld-
beträge aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen wesentlich erschwerte, verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Diese stellen lediglich darauf ab, dass sich der Zugriff auf das Konto bei der VP-Bank für die Sachsen LB bei der versuchten Einzelvollstreckung wesentlich schwieriger gestaltete als bei einer Kontenpfändung in Deutschland. Auch mit der nach der Insolvenzordnung einem Insolvenzverwalter eingeräumten Möglichkeit, vom Schuldner eine Auslandsvollmacht zu verlangen, befassen sich die Urteilsgründe nicht.
37
III. Die Urteilsgründe bieten daher keine ausreichende Grundlage, um das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der notwendigen Sicherheit bejahen oder verneinen zu können. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist dem Senat auch unabhängig hiervon nicht möglich. Im Einzelnen:
38
1. Zwar gilt im Verhältnis zwischen Deutschland und Liechtenstein weder die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren noch ein bilaterales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Insolvenzentscheidungen einschließlich der Ausfolgung von Vermögenswerten. Doch auch nach dem autonomen Internationalen Insolvenzrecht beider Länder stellt sich ein Zugriff des deutschen Insolvenzverwalters auf ein bei einer Liechtensteiner Bank geführtes Konto nicht von vorneherein als so schwierig dar, dass ein Beiseiteschaffen sicher bejaht werden könnte.
39
In rechtlicher Hinsicht ist sowohl das Internationale Insolvenzrecht Deutschlands als auch dasjenige Liechtensteins jeweils vom Universalitätsprinzip beherrscht. Das bedeutet, dass die Reichweite des deutschen Insolvenzverfahrens sich auch auf das in Liechtenstein belegene Vermögen eines Gemeinschuldners erstreckt und damit rechtlich zur Insolvenzmasse des deutschen Insolvenzverfahrens gehört (BGHZ 88, 147, 156; Lwowski/Peters in MünchKomm -InsO 2. Aufl. § 35 Rdn. 36; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht 7. Aufl. Rdn. 1036 b). Damit korrespondierend erkennt das liechtensteinische Internationale Insolvenzrecht in Art. 5 Abs. 2 der liechtensteinischen Konkursordnung (liKO) an, dass das in Liechtenstein befindliche bewegliche Vermögen eines Gemeinschuldners, über dessen Vermögen der Konkurs im Ausland eröffnet wurde, unter den dort genannten Voraussetzungen der ausländischen Konkursbehörde auf deren Verlangen auszufolgen ist. Es spricht viel dafür, dass zum Zeitpunkt der Tathandlungen im Herbst 2002 die gegenseitige Anerkennung zwischen Liechtenstein und Deutschland gewährleistet gewesen war (siehe OGH, Beschl. vom 6. Mai 2003 - 2 Cg 2001.68 - www.gerichtsentscheide.li; bereits zuvor anerkennungsfreundlich insbesondere in Bezug auf Deutschland Obergericht, Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179; Beschl. vom 9. Juni 1988 - GA 1/87 - LES 1992, 133; OGH, Beschl. vom 1. April 1981 - 4 C 213/77-15 - ZIP 1981, 881, anders noch OGH, Beschl. vom 17. Dezember 1980 - 4 C 461/78-15 - LES 1982, 25, 28; zur Literatur s. Mähr, Das Internationale Zivilprozeßrecht Liechtensteins 2002, S. 227 f.; Gasser, Internationales Insolvenzrecht in Liechtenstein, in: Grenzüberschreitendes Insolvenzrecht 2004, S. 115 ff.).
40
2. In der Praxis ist das Ausfolgungsbegehren im Sinne des Art. 5 Abs. 2 liKO, bei dem es sich nach herrschender (liechtensteinischer) Ansicht um ein Rechtshilfeersuchen handelt (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132), an das nach Art. 1 Abs. 1 liKO i. V. m. Art. 27 liechtensteinische Jurisdiktionsnorm (liJN) zuständige Landgericht in Vaduz zu richten. Wer als ausländische Konkursbehörde für das Ausfolgungsverlangen zuständig ist, bestimmt sich nach deutschem Recht (Obergericht , Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179), das diese Aufgabe dem Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO kraft Amtes zuschreibt (BGHZ 88, 331, 334; BGH ZInsO 2006, 260 ff.; ZIP 1999, 75, 76; NJW 1995, 1484; Braun, InsO 3. Aufl. § 80 Rdn. 26). Das Ausfolgungsbegehren ist darauf gerichtet, den deutschen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132). Im Anschluss an die im so genannten Exequaturverfahren - nach Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO - ergangenen Anerkennungs - und Vollstreckbarerklärung kann sodann das bei der liechtensteinischen Bank befindliche Guthaben des Gemeinschuldners für die Insolvenzmasse eingezogen werden, weil der Gemeinschuldner durch die Anerkennung der Wirkungen des deutschen Insolvenzverfahrens seine Verfügungsmacht auch hinsichtlich seines liechtensteinischen Vermögens verliert und diese dem Insolvenzverwalter zukommt (§ 80 Abs. 1 InsO; zur Wirkungserstreckung auf Liechtenstein vgl. Stotter ZIP 1981, 885). Der Einziehung des Guthabens auf dem liechtensteinischen Konto wie auch dem vorbereitenden Auskunftsersuchen stehen nach der Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärung auch nicht das als Berufsgeheimnis des Bankiers ausgestaltete Bankgeheimnis (Wagner, Bankenplatz Liechtenstein 3. Aufl. S. 161) der liechtensteinischen Banken entgegen. Denn der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Gemeinschuldner auf den Insolvenzverwalter bewirkt auch den Übergang der Geheimnisherrschaft an die Insolvenzmasse (Wagner aaO S. 263).
41
3. Im Ergebnis ist daher für die Prüfung des Tatbestandmerkmals des Beiseiteschaffens entscheidend, ob im Herbst 2002 die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO vorlagen und wie schwierig sich damals das Verfahren über die Anerkennung und die Vollstreckbarkeitserklärung eines deutschen Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gestaltete. Dies kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen nicht abschließend und zweifelsfrei beurteilen. Dasselbe gilt für die Anerkennung einer vom Schuldner dem Insolvenzverwalter erteilten Auslandsvollmacht in Liechtenstein. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
42
C. Revision der Staatsanwaltschaft:
43
Die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen den Rechtsfolgenausspruch bleiben ohne Erfolg.
44
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dem es obliegt, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle des Revisionsgerichts ist ausgeschlossen; dieses darf nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist. In Zweifelsfällen hat es die Bewertung durch das Tatgericht hinzunehmen (BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1).
45
2. Einen Rechtsfehler enthält die Strafzumessung des Landgerichts nach diesen Maßstäben nicht. Ein solcher liegt insbesondere nicht darin, dass es die Annahme besonders schwerer Fälle des Bankrotts abgelehnt hat. Rechtsfehlerfrei hat es ein Handeln des Angeklagten aus einem überzogenen rücksichtslosen Eigeninteresse und damit aus Gewinnsucht (§ 283 a Satz 2 Nr. 1 StGB) sowie das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles verneint. Bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hat es die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände aufgeführt und rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. In Anbetracht des hohen Wertes der Vermögensbestandteile, die das Landgericht als beiseite geschafft angesehen hat, sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe zwar als milde anzusehen. Sie unterschreiten jedoch nicht den Rahmen schuldangemessenen Strafens, sondern halten sich noch innerhalb des allein dem Tatrichter zustehenden Strafzumessungsspielraums.
46
Entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die Grundsätze über die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach der Vollstreckungslösung (BGHSt 52, 124 ff.) nicht verletzt. Bei der festgestellten Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren musste es in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich darlegen, ob zur Kompensation bereits die Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ausgereicht hätte (BGHSt aaO S. 138 f.). Der als vollstreckt bestimmte Teil der Strafe von fünf Monaten erscheint angesichts des nicht unerheblichen Verzögerungszeitraums noch nicht unvertretbar hoch. Insgesamt ist die Höhe der vorgenommenen Kompensation ausreichend begründet (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 368).
47
D. Hinweise:
48
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
49
1. Zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt es sich, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte allen bestehenden und zu erwar- tenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (vgl. Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 130 ff.; Hoyer aaO § 283 Rdn. 20 ff.). Die für einen umfassenden Liquiditätsstatus erforderlichen Informationen dürften sich aus der Insolvenzakte, insbesondere dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie den Berichten des Insolvenzverwalters zu den von den Gläubigern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen und den verwertbaren Vermögenswerten ergeben.
50
2. In der neuen Hauptverhandlung wird zu klären sein, ob sich der Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A auf die Sicherheiten durch die Grundschulden ausgewirkt hat. Dies wäre nur der Fall, wenn die Flurstücke irrtümlich dem Grundstück Bauteil B zugeordnet worden wären, weil nach den Feststellungen der Wert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld voll ausgeschöpft war. Sollten die Flurstücke jedoch dem Grundstück Bauteil C zugeordnet worden sein, hätte sich der Sicherungswert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld entsprechend erhöht.
51
3. Auch bei einem überhöhten Sicherungsverlangen wird sich der neue Tatrichter mit der Rechtsfrage befassen müssen, ob die fristlose Kündigung vom 19. März 2002 wirksam war und deshalb von einer Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten auszugehen ist. Bei der rechtlichen Würdigung ist nicht nur das Verhalten der Sachsen LB, sondern auch das des Angeklagten in den Blick zu nehmen. In der Rechtsprechung ist anerkannt (vgl. BGHR BGB § 648 a Sicherungsverlangen 1), dass ein überhöhtes Sicherungsverlangen wirksam sein kann, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner auch auf ein auf den berechtigten Teil beschränktes Nachsicherungsverlangen nicht geleistet hätte.
52
4. Um drohende Zahlungsunfähigkeit festzustellen, ist nach der auch für das Strafrecht geltenden (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 126; Hoyer aaO § 283 Rdn. 8 ff.) Definition des § 18 Abs. 2 InsO eine Prognose erforderlich, die sich zunächst auf alle fälligen Verbindlichkeiten des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten beziehen muss (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 133; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Ob daneben auch die zu erwartenden, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, ist streitig (vgl. einerseits Stree/Heine aaO § 283 Rdn. 53 m. w. N.; Radtke in MünchKomm-StGB Vor § 283 Rdn. 84, 87 ff.; andererseits Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 139; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Jedenfalls können nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fällig werdende Verbindlichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden. Bei der Prognose ist die drohende Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (BGHZ 163, 134).
53
5. Der objektive Wert der Geschäftsanteile, die der Angeklagte an den B. Trust Reg. verkauft und auf diesen übertragen hat, sollte durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden. Da die Ehefrau des Angeklagten die Inhaberin des B. Trust Reg. war, kann vom Kaufpreis nicht auf den tatsächlichen Wert geschlossen werden. Einerseits ist es - entsprechend der Behauptung des Angeklagten - denkbar, dass die Ehefrau bereit war, einen überhöhten Kaufpreis zu bezahlen. Andererseits kann der Angeklagte im Hinblick auf die persönlichen Beziehungen auch einen nicht adäquaten Kaufpreis akzeptiert haben.
54
6. Es empfiehlt sich, zu der Frage, wie schwierig für einen deutschen Insolvenzverwalter im Herbst 2002 der Zugriff auf ein Konto in Liechtenstein war, ein Gutachten einzuholen. Sollte der neue Tatrichter zum Ergebnis kommen, dass das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens zu verneinen ist, wird we- gen der zeitlichen Nähe zwischen den Vollstreckungsversuchen der Sach-sen LB und den Vermögensverlagerungen nach Liechtenstein vor einem Freispruch zu prüfen sein, ob sich der Angeklagte wegen versuchten Bankrotts strafbar gemacht hat. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder
2.
nach Zahlungseinstellung, in einem Insolvenzverfahren oder in einem Verfahren zur Herbeiführung der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines anderen
Bestandteile des Vermögens eines anderen, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, mit dessen Einwilligung oder zu dessen Gunsten beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus Gewinnsucht handelt oder
2.
wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer dem anderen anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not bringt.

(4) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der andere seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.