Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:080317B1STR540.16.0
bei uns veröffentlicht am08.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 540/16
vom
8. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:080317B1STR540.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 26. April 2016 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in zehn Fällen sowie wegen Betrugs in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn von zwei weiteren Untreuevorwürfen freigesprochen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass der Angeklagte „durch“ die Taten Vermögenswerte in Höhe von 111.079,17 Euro erlangt hat, Verfall aber wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter nicht angeordnet werden kann.
2
Der Angeklagte macht mit seiner Revision mehrere Verfahrensbeanstandungen geltend und erhebt die näher ausgeführte Sachrüge.
3
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte zwischen November 2009 und September 2012 alleiniger Vorstand der C. S. V. AG (nachfolgend: C. V. ). Deren Anteilseignerin waren nacheinander zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren jeweiliger Geschäftsführer und jedenfalls bei einer der beiden Gesellschaften zudem Anteilseigner der Angeklagte war. Die C. V. hatte ihrerseits die Stellung einer Komplementärin sowohl bei der C. A. 4 AG & Co. KG (nachfolgend: C. 4) als auch bei der C. A. 5 AG & Co. KG (nachfolgend: C. 5) inne. Die beiden Fondsgesellschaften wurden später jeweils in die Rechtsform einer GmbH & Co. KG umgewandelt. Im Jahr 2015 erfolgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen beider Gesellschaften.
5
An den Gesellschaften C. 4 und C. 5 beteiligten sich Privatanleger zum Zwecke der Geldanlage entweder als atypisch stille Beteiligte oder als Treuhandkommanditisten. Die Anleger hatten ihren Beitritt zu den jeweiligen Fondsgesellschaften bereits vor dem im Jahr 2009 beginnenden Tatzeitraum vollzogen. Allerdings erbrachten zahlreiche Anleger nach dem Beitritt ihre Beteiligungsbeiträge ganz oder wenigstens zum Teil durch ratenweise Zahlungen in die Gesellschaftsvermögen. Die Zahlungen wurden auch nach der Begehung der verfahrensgegenständlichen Untreuetaten fortgesetzt, teilweise bis zur Verhaftung des Angeklagten im Dezember 2014.
6
In der Phase des Vertriebs der jeweiligen Beteiligungen war insbesondere in den entsprechenden Emissionsprospekten mit der Eignung der Anlageformen zum Zweck der Altersvorsorge und eines langfristigen Vermögensaufbaus geworben worden. Dadurch wurden entsprechende Erwartungen der An- leger geweckt. Die in Aussicht gestellten Renditen sollten durch Investitionen der eingezahlten Einlagen in verschiedene Geschäftsfelder, u.a. den Erwerb von Immobilien und Firmenbeteiligungen, realisiert werden.
7
Unmittelbar nach Erwerb der C. V. durch die vom Angeklagten beherrschte P. GmbH und die Übernahme der Vorstandschaft des Angeklagten bei der C. V. begann er damit, die bei den Fondsgesellschaften C. 4 und C. 5 vorhandenen und laufend weiter eingehenden Anlegergelder in beträchtlichem Umfang für eigene Zwecke zu nutzen oder von ihm geführten (weiteren) Unternehmen zum dauerhaften Verbleib zuzuführen. Dazu ging der Angeklagte u.a. stille Beteiligungen der Fondsgesellschaften an ihm gehörenden oder zumindest von ihm geleiteten Unternehmen ein. Unter Einsatz der aus den Beteiligungsmitteln der Fondsgesellschaften stammenden Gelder erwarb er für die von ihm beherrschten Unternehmen Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, ohne den Fondsgesellschaften ihrerseits Rechte an dem für seine Unternehmen Erworbenen einzuräumen. Soweit er die zuzuordnenden Unternehmen vertraglich zu periodischen Zahlungen und/oder zur Rückzahlung des für die stille Beteiligung Aufgewendeten an die Fondsgesellschaften verpflichtete, war er von Anfang an entschlossen , diesen Verpflichtungen nicht nachzukommen. So ging der Angeklagte beispielsweise im Namen der C. 5 im November 2009 eine stille Beteiligung an der im Vereinigten Königreich ansässigen Nebenbeteiligten E. Ltd. ein, deren alleiniger Inhaber und Director er war. In dem auf Seiten der Ltd. von seiner Lebensgefährtin unterzeichneten Vertrag verpflichtete sich die britische Gesellschaft – ohne Festlegung eines Fälligkeitszeitpunkts – zur Zahlung eines Jahresentgeltes von 10 % des Beteiligungsbetrags sowie zu einer Abfindung an die C. 5 für den Fall der Beendigung der Beteiligung in Höhe der von der C. 5 erbrachten Einlage. Bereits bei Abschluss der Beteiligung war der Angeklagte dazu entschlossen, als Director und Inhaber der Ltd. weder das Beteiligungsentgelt noch die Abfindung durch Leistung eines entsprechenden Geldbetrags an die C. 5 zu erbringen. Tatsächlich kam es auch nicht zur Zahlung des vertraglich Versprochenen in Geld (Fall C.I.1. der Urteilsgründe).

II.


8
Die erhobenen Verfahrensrügen dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.
9
Hinsichtlich der von Rechtsanwalt S. für den Angeklagten geltend gemachten und im Schriftsatz vom 16. Dezember 2016 nochmals aufgenommenen Beanstandungen rechtsfehlerhaften Umgangs des Landgerichts mit Beweisanträgen, die sich auf den wirtschaftlichen Wert von Anteilen an drei USamerikanischen Unternehmen (verkürzt: G. S. ) zum Jahreswechsel 2011/12 bezogen, weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin: Ein Vermögensnachteil im Sinne von § 266 StGB ist durch einen (Wert)Vergleich des gesamten betroffenen Vermögens vor und nach der beanstandeten Verhaltensweise des vermögensbetreuungspflichtigen Täters zu bestimmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2006 – 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48 ff.; siehe auch Beschlüsse vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199; vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638; vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15). Maßgeblich ist der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den pflichtwidrigen Verhaltensweisen zu Lasten des bzw. der betroffenen Vermögen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199; vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638; vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15). Bezogen auf diesen Zeitpunkt hat das Landgericht ohne Rechtsfehler in der Beweis- würdigung die wirtschaftliche Wertlosigkeit der Beteiligungen von C. 4 und C. 5 an dem Angeklagten gehörenden oder von ihm beherrschten Unternehmen festgestellt. So verhält es sich etwa im Fall C.I.1. der Urteilsgründe hinsichtlich der Nebenbeteiligten E. Ltd., bezüglich derer die stille Beteiligung der C. 5 im November 2009 vertraglich vereinbart wurde und in Erfüllung des Vereinbarten im selben Monat 300.000 Euro aus dem Vermögen der Fondsgesellschaft an die Nebenbeteiligte gezahlt wurden. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich das Landgericht damit erkennbar nicht zu seiner Wahrunterstellung in Widerspruch gesetzt, dass der Wert der am 29. Dezember 2011 von der Nebenbeteiligten an die C. 5 veräußerten Anteile an der G. S. C. LLC zu diesem Zeitpunkt dem vereinbarten Kaufpreis von 363.500 Euro entsprach. Für den Schuldspruch wegen vollendeter Untreue kommt es auf den Wert der rund drei Jahre nach dem Eingehen der stillen Beteiligung an der Nebenbeteiligten übertragenen Anteile an dem genannten amerikanischen Unternehmen nicht an. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht die Wahrunterstellung hinsichtlich des Wertes der – mittlerweile wertlosen – Beteiligung am Jahresende 2011 ausdrücklich ein- gehalten und zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt (exemplarisch UA S. 107).
10
Ebenso verhält es sich im Zusammenhang mit der Ausweitung der stillen Beteiligung von C. 5 an der Nebenbeteiligten Ende Januar 2010 sowie den den Verurteilungen in den Fällen C.I.2. und C.I.3. der Urteilsgründe zugrundeliegenden Unternehmensbeteiligungen.

III.


11
Das angefochtene Urteil hält auch sachlich-rechtlicher Überprüfung im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch sowie im Ausspruch zur Vermögensabschöpfung Stand.
12
1. Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Verurteilungen des Angeklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) in zehn Fällen und die dafür verhängten Strafen.
13
a) Der Angeklagte war im Tatzeitraum als Geschäftsführer derC. V. , der Komplementärin der C. 4 und der C. 5, aufgrund dieser Stellung sowohl betreuungspflichtig gegenüber dem Vermögen der Gesellschaften als auch gegenüber den Vermögen der Gesellschafter (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 14). Diese Pflicht hat er durch die im Einzelnen festgestellten Verhaltensweisen (etwa Eingehen wirtschaftlich wertloser stiller Beteiligungen, Veranlassung von Sonderzuwendungen ohne Sachgrund) verletzt und als Folge hieraus den zu betreuenden fremden Vermögen Nachteile zugefügt.
14
b) Für die Bestimmung des Umfangs der ebenfalls näher festgestellten Vermögensnachteile hat das Landgericht – wie angesprochen – zutreffend auf die Zeitpunkte der Vornahme der Schädigungshandlungen abgestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2006 – 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48 ff.; siehe auch BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199; vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638; vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15). Maßgeblich ist der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den pflichtwidrigen Verhaltensweisen zu Lasten des bzw. der betroffenen Vermögen. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus hat das Landgericht auf der Grundlage beweiswürdigend rechtsfehlerfreier Schlüsse (zum Maßstab vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 – 1 StR 50/16, NStZ-RR 2016, 318 [redaktioneller Leitsatz]) näher ausgeführt, dass und in welchem Umfang die durch den Angeklagten veranlassten Zahlungen aus den ihm anvertrauten Vermögen nicht durch den wirtschaftlichen Wert der rechtlich erworbenen Gegenansprüche der Fondsgesellschaften ausgeglichen worden sind. Damit genügt das angefochtene Urteil den aus Art. 103 Abs. 2 GG resultierenden verfassungsrechtlichen Vorgaben, den Vermögensnachteil der Höhe nach zu beziffern und dessen Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise darzulegen (dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211).
15
c) Es bedurfte vorliegend auch in den verfahrensgegenständlichen Fällen , in denen dem Vermögen als Kommanditgesellschaft verfasster Fondsgesellschaften und ihrer Gesellschafter Nachteile zugefügt worden sind, weder für den Schuldspruch noch für den strafzumessungsrelevanten Schuldumfang näherer Feststellungen zu der Anzahl der jeweils betroffenen Gesellschafter und dem Umfang ihrer jeweiligen Beteiligung an den Gesellschaftsvermögen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar die Schädigung des Vermögens einer Kommanditgesellschaft lediglich zu einem gemäß § 266 StGB straftatbestandsmäßigen Vermögensnachteil führen, wenn sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter „berührt“ (siehe nur BGH, Be- schluss vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 f. Rn. 10; Urteil vom 10. Juli 2013 – 1 StR 532/12, NJW 2013, 3590, 3593 jeweils mit Nachw. auch zu Gegenauffassungen; aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive siehe näher Karsten Schmidt, JZ 2014, 878 ff.). Nach den getroffenen Feststellungen ist für alle zur Verurteilung führenden Fälle aber ausgeschlossen, dass die je- weils nicht wertentsprechend ausgeglichenen Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen sich nicht auch nachteilig auf die Vermögen der Gesellschafter ausgewirkt haben. Denn nach dem Anlagekonzept der betroffenen Fondsgesellschaften hing der Wert der Beteiligung von der Höhe des Gesellschaftsvermögens ab.
16
Auch für die jeweiligen Strafaussprüche waren keine weitergehenden Ausführungen zu dem Grad der Auswirkungen der Nachteilshandlungen auf das Vermögen der einzelnen Anleger als Kommanditisten oder sonst an den Gesellschaften (soweit Personengesellschaften) Beteiligten erforderlich. Der Gesamtumfang der den betroffenen Anlegern zugefügten Vermögensnachteile stimmt vorliegend jeweils mit der Höhe des Nachteils für die fragliche Fondsgesellschaft überein. Anders als in der dem Urteil des Senats vom 10. Juli 2013 (1 StR 532/12, NJW 2013, 3590 ff.) zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltung sind hier keine Zustimmungserklärungen von Gesellschaftern zu berücksichtigen , die sich auf die Höhe des verursachten Vermögensnachteils auswirken. Und abweichend von der für den Beschluss des Senats vom 23. Februar 2012 (1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 ff.) maßgeblichen Konstellation wurden vorliegend ersichtlich keine Gesellschafter geschädigt, hinsichtlich derer ein das Antragserfordernis aus § 266 Abs. 2, § 247 StGB auslösendes Angehörigenverhältnis zu dem Angeklagten bestand. Von den damit rechtsfehlerfrei festgestellten Gesamthöhen des jeweiligen Vermögensnachteils für die Gesellschafter der betroffenen Fondsgesellschaften ausgehend, hat das Landgericht seine weiteren , sehr umfangreichen und sorgfältigen Strafzumessungserwägungen zu den Einzelstrafen wegen der Verurteilungen zur Untreue gemäß § 266 StGB entwickelt. Diese enthalten keine den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler.
17
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betrugs durch Unterlassen (§§ 263, 13 Abs. 1 StGB) in zwei Fällen zu Lasten der Anleger der Fondsgesellschaften C. 4 und C. 5 ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.
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a) Das Landgericht hat den Angeklagten für verpflichtet gehalten, nach Abschluss der verfahrensgegenständlichen Untreuetaten zu Lasten der genannten Fondsgesellschaften und ihrer Anleger (C.I.1.-6. der Urteilsgründe), Letztere über die eingetretenen Vermögensnachteile zu informieren. Die entsprechende Pflicht im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB finde für den Angeklagten ihre Grundlage in dem vorangegangenen vermögensschädigenden Verhalten (sog. Ingerenz) und zudem in dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Als Geschäftsführer der C. V. , diese als Komplementärin von C. 4 und C. 5, sei er gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Erfüllung der Pflichten der Gesellschaften im Verhältnis zu den Anlegern verpflichtet gewesen (UA S. 100 und 101).
19
Bei auf verschiedenen – vom Landgericht näher dargestellten – Weisen möglicher Information der Anleger über die Vermögensschädigungen zu Lasten der Fondsgesellschaften wären diejenigen Anleger, die die Entgelte für ihre Beteiligung ratenweise entrichteten, dazu veranlasst worden, nicht weiter an die Fondsgesellschaften zu zahlen. Die Minderung des Vermögens der Anleger durch fortgesetzte Zahlungen nach den Untreuehandlungen ist nach Ansicht des Landgerichts nicht durch die „Erweiterung“ ihrer Beteiligungsrechte an den Fondsgesellschaften wirtschaftlich ausgeglichen worden. Denn nach den erheblichen Untreuehandlungen zu Lasten der Fondsgesellschaften erwarben die Anleger vor dem Hintergrund der mit den Anlagen erstrebten Zwecke der Altersvorsorge und des langfristigen Vermögensaufbaus etwas anderes, als sie mit der Beteiligung an den Gesellschaften vertragsgemäß erreichen wollten. Die Höhe der Leistungen periodisch einzahlender Anleger nach dem jeweiligen Abschluss der Untreuehandlungen hat das Landgericht – bei Reduktion der Einnahmesummen um 20 % als Sicherheitsabschlag – bezüglich der C. 4 mit gut 2,1 Millionen Euro und der C. 5 mit gut 19,3 Millionen Euro festgestellt.
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b) Die Erwägungen des Landgerichts halten rechtlicher Überprüfung stand.
21
Es ist im Ergebnis ohne Rechtsfehler von einer Täuschung der Anleger durch Unterbleiben ihrer Aufklärung über die den Gesellschafts- und den Gesellschaftervermögen in der Vergangenheit seitens des Angeklagten zugefügten erheblichen Vermögensnachteile ausgegangen. Zu einer solchen Aufklärung war der Angeklagte im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB rechtlich verpflichtet. Er hat daher die Betrugstaten zu Lasten der Anleger durch Unterlassen verwirklicht.
22
aa) Diese Form der Verwirklichung eines Straftatbestandes ist gemäß § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Zur Begründung der Strafbarkeit aus einem unechten Unterlassungsdelikt muss ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Un- terlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des tatbestandlichen Erfolges einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (BGH, Urteil vom 25. September 2014 – 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318, 323 Rn. 19 mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 – 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013, 3014).
23
bb) Auf der Grundlage dieser für sämtliche unechten Unterlassungsdelikte geltenden Anforderungen ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs durch Unterlassen entweder als Täter oder als Teilnehmer für alle Personen in Frage kommt, die eine von § 13 Abs. 1 StGB erfasste Pflicht zur Aufklärung anderer über vermögensrelevante Tatsachen haben (etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44, 46 ff. Rn. 19 ff.; vom 25. September 2014 – 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318, 323 ff. Rn. 19 ff.; vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff.; siehe auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 38; Satzger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 263 Rn. 81 jeweils mwN; ausführlich etwa Frisch, Festschrift für Herzberg, 2008, S. 729, 744 ff.). Die strafbarkeitsbegründende Pflicht zur Aufklärung eines Dritten über vermögensrelevante Umstände kann dabei aus verschiedenen Gründen herrühren (vgl. dazu Frisch aaO S. 729, 744 f.; Satzger aaO § 263 Rn. 85; Hefendehl in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 161 jeweils mwN). Unabhängig vom Entstehungsgrund muss die Pflicht stets darauf gerichtet sein, unrichtigen oder unvollständigen Vorstellungen des Getäuschten über Tatsachen, die zu einer Vermögensschädigung führen können, durch aktive Aufklärung entgegenzuwirken (Satzger aaO § 263 Rn. 84; in der Sache ebenso Perron in Schönke/ Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 19).
24
cc) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht im Ergebnis ohne Rechtsfehler eine Pflicht des Angeklagten angenommen, die ihre Beteiligung ratenweise bedienenden Gesellschafter der Fondsgesellschaften über die im Umfang erheblichen Veruntreuungen zu informieren.
25
Diese Pflicht findet für den Angeklagten gegenüber den Anlegern der C. 4 und C. 5 ihre Grundlage in den gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften und ihren Gesellschaftern. Darauf hat das Landgericht in der Sache abgestellt, auch wenn es – unter Verweis auf die vertraglichen Pflichten der Fondsgesellschaften – der Formulierung nach auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rekurriert hat (UA S. 101).
26
Der Bundesgerichtshof nimmt eine auf vertragliche Beziehungen gestützte Aufklärungspflicht bezüglich vermögensrelevanter Tatsachen sowohl bei bestehenden Vertrauensverhältnissen als auch bei der Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen an, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtiger Umstände gebieten (etwa BGH, Urteil vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 399; Beschlüsse vom 8. November 2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 203; vom 2. Februar 2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502; Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff. mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 9. Mai 2012 – IV ZR 19/11, VersR 2013, 1042 ff. und Hebenstreit in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht , 6. Aufl., § 47 Rn. 25 mwN). In der Strafrechtswissenschaft sind aus vertraglichen Beziehungen resultierende Vertrauensbeziehungen ebenfalls weithin als Quelle einer Aufklärungs- bzw. Informationspflicht anerkannt (Hefendehl aaO § 263 Rn. 161-168, Rn. 190 f.; Perron aaO § 263 Rn. 19 und 22 jeweils mwN); insbesondere bei Gesellschaftsverhältnissen (einschließlich stiller Beteiligungen ) und bei Verträgen über Vermögensangelegenheiten (Hefendehl aaO § 263 Rn. 190; Perron aaO § 263 Rn. 22; Satzger aaO § 263 Rn. 107 jeweils mwN; vgl. auch Hebenstreit aaO). Dementsprechend hat die Strafrechtsprechung bei der Begründung gesellschaftsrechtlicher Rechtsverhältnisse eine Aufklärungspflicht über dafür vermögensrelevante Umstände angenommen (RG, Urteil vom 30. Januar 1931 - I 1387/30, RGSt 65, 106, 107; BGH, Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff.).
27
Unter den vom Landgericht festgestellten Verhältnissen der Fondsgesellschaften bestand eine in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen gründende Aufklärungspflicht über den erfolgten Entzug von Gesellschaftsvermögen für den Angeklagten jeweils gegenüber den Anlegern der genannten Fondsgesellschaften. Das hier maßgebliche besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Anlegern als an den Fondsgesellschaften Beteiligten und den Gesellschaften ergibt sich – wie das Landgericht rechtlich zutreffend angenommen hat – aus dem Konzept des sog. „blind pools“. Den Anlegern war weder bei Eingehen der Beteiligung noch während der Zeiträume der Erbringung der Anlagebeiträge bekannt, in welcher konkreten Weise die Anlagemittel durch die jeweils für die Fondsgesellschaften handelnden Personen eingesetzt werden würden. Sie waren daher in besonderer Weise darauf angewiesen und normativ berechtigt, darauf zu vertrauen, dass die für die Fondsgesellschaften Handelnden die angelegten Gelder lediglich im Rahmen der mit dem Beitritt zu den Gesellschaften verfolgten, in den Emissionsprospekten benannten Zwecke der Altersvorsorge und des langfristigen Vermögensaufbaus einsetzen würden. Insoweit wohnt den gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der hier fraglichen Formen auch ein Beratungselement inne, bei dem der einzelne Anleger den Sachverstand der das Anlageprojekt auflegenden und verwaltenden (natürlichen) Personen in Anspruch nimmt. Verträge mit Beratungscharakter sind als Grundlage von betrugsstrafrechtlich bedeutsamen Aufklärungspflichten akzeptiert (siehe nur Hefendehl aaO § 263 Rn. 190; Satzger aaO § 263 Rn. 107).
28
Der Angeklagte war aufgrund seiner Stellung als Vertretungsorgan der die Gesellschaft vertretenden juristischen Person aufklärungspflichtig. Als natürliche Person stand er zwar in keiner unmittelbaren (gesellschafts)vertraglichen Beziehung zu den Anlegern dieser Gesellschaften. Seine Garantenstellung und die daraus folgende Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern findet ihre Grundlage aber in der tatsächlichen Übernahme der Stellung als Vertretungsorgan der Fondsgesellschaften selbst. In dieser Position war er für die Vornahme der Investitionsentscheidungen über das Fondsvermögen verantwortlich, auf die sich das berechtigte Vertrauen der Anleger in eine den Gesellschaftszwecken entsprechende Mittelverwendung bezog. Der Heranziehung von § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, auf den das Landgericht insoweit abstellt, bedarf es nicht. Die Vorschrift ist auf unechte Unterlassungsdelikte nicht anwendbar (zu den Gründen siehe Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl., § 14 Rn. 41 mwN). Die wie vorliegend begründete Aufklärungspflicht steht nicht in Widerspruch zu den Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 StGB (vgl. zum Problem Seelmann, NJW 1981, 2132; Perron aaO § 263 Rn. 19 jeweils mwN). Denn der Angeklagte war aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung gegenüber den Vermögen der Anleger als an den Gesellschaften Beteiligte ohnehin betreuungspflichtig.
29
Die Aufklärungspflicht bestand während des gesamten Zeitraums der gesellschaftsvertraglichen Bindung der Anleger als an den Fondsgesellschaften Beteiligte und nicht nur im Zeitpunkt der Anlageentscheidung. Jedenfalls unter den vorliegenden konkreten Verhältnissen von Fondskonzepten mit fortlaufenden Einzahlungen der Anleger in das Gesellschaftsvermögen blieb die im Gesellschaftsrechtsverhältnis wurzelnde Vertrauensbeziehung aufrechterhalten. Treten während des Zeitraums der Beteiligung Änderungen derjenigen tatsächlichen Umstände ein, die vermögensbezogen für die Anlageentscheidung maß- geblich waren, müssen die Anleger darüber informiert werden, um ihnen wegen der weiterhin periodisch erfolgenden Zahlungen auch zukünftig eine aufgeklärte Disposition über ihr Vermögen zu ermöglichen. Zu diesen Umständen gehören jedenfalls Schädigungen der Gesellschaftsvermögen, die – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – dazu führen, dass die Beteiligung an der Fondsgesellschaft nicht mehr die bei Aufnahme der Beteiligung versprochenen Zwecke des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge erreichen kann.
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Für das besondere Vertrauensverhältnis zwischen einem Geldtransportunternehmen und seinen Geldtransporte beauftragenden Kunden hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine gemäß §§ 263, 13 Abs. 1 StGB strafbewehrte Aufklärungspflicht der für das Unternehmen Handelnden während laufender Geschäftsbeziehung begangener Veruntreuungen von transportierten Geldern angenommen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2012 – IV ZR 19/11, VersR 2013, 1042 ff.). Das entspricht im rechtlichen Ausgangspunkt dem vorstehend Ausgeführten.
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dd) Zudem gründet sich – wie das Landgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler angenommen hat – die Aufklärungspflicht des Angeklagten auch auf vorangegangenes gefährdendes Tun (Ingerenz) in Gestalt der Begehung von Untreuetaten (§ 266 StGB) zum Nachteil der Fondsgesellschaften C. 4 und C. 5 sowie ihrer Anleger (zu den Gründen näher BGH, Beschluss vom 8. März 2017 – 1 StR 466/16).
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c) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei von einem Irrtum sämtlicher betroffener Anleger der Fondsgesellschaften C. 4 und C. 5 darüber überzeugt , dass ihre Beteiligungen während des gesamten Zeitraums ihrer periodischen Einzahlungen in das Gesellschaftsvermögen noch der Konzeption entsprachen , die ihnen bei Zeichnung der Beteiligung versprochen worden war.
Beweiswürdigend genügte dafür die Vernehmung von sechs Anlegern, um aus ihren den Irrtum bestätigenden Angaben auf einen solchen bei sämtlichen Anlegern schließen zu dürfen (zu den Anforderungen siehe nur BGH, Beschlüsse vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 99 f.; vom 1. Oktober 2015 – 3 StR 102/15, NStZ-RR 2016, 12, jeweils mwN).
33
d) Die Überzeugung des Landgerichts, bei Information der Anleger über das Vermögen der Fondsgesellschaften nachteilige Verhalten entweder durch direktes Anschreiben unter Rückgriff auf die bei den Gesellschaften geführten Datenbanken, durch Information über das Internet oder durch Strafanzeige, wären weitere Vermögensverfügungen der Anleger durch fortlaufende Einzahlungen mit Sicherheit unterblieben, beruht ebenfalls auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
34
e) Es ist rechtlich auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Landgericht die mit den Einzahlungen der Anleger nach Abschluss der Untreuehandlungen einhergehenden Ansprüche der Gesellschafter wirtschaftlich als völlig wertlos betrachtet hat. Dies entspricht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen der Fondsgesellschaften nach den Schädigungshandlungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bezifferung des Vermögensschadens bei – phänomenologisch – Anlagebetrügereien (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15 ff. Rn. 17 ff.; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 ff. Rn. 8 ff.).
35
f) Die Annahme des Landgerichts, die Aufklärung der Anleger über die von dem Angeklagten zu verantwortenden Schädigungen des Vermögens der Fondsgesellschaften und deren Anteilseigner sei ihm rechtlich zumutbar gewesen , ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes, den strafrechtlich missbilligten Erfolg abwendendes Verhalten zumutbar ist, muss grundsätzlich von dem dazu berufenen Tatrichter im Rahmen einer wertenden Gesamtwürdigung des Einzelfalles getroffen werden, in die einerseits die widerstreitenden Interessen der Beteiligten und andererseits die Gefahr für das bedrohte Rechtsgut einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 398 f.; siehe auch bereits BGH, Urteil vom 20. Dezember 1983 – 1 StR 746/83, NStZ 1984, 164; Kudlich inSatzger/ Schluckebier/Widmaier aaO § 13 Rn. 44; Wohlers/Gaede in Nomos Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 13 Rn. 18). Ist mit der Vornahme der rechtlich gebotenen Handlung die Gefahr der Aufdeckung eigener Straftaten des Garanten verbunden , steht dies der Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens gerade wegen des eigenen rechtswidrigen Verhaltens im Vorfeld regelmäßig nicht entgegen (BGH, Urteile vom 1. April 1958 – 1 StR 24/58, BGHSt 11, 353, 355 f.; vom 19. Dezember 1997 – 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 399; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Mai 1960 – 4 StR 117/60, BGHSt 14, 282, 286 f.; Weigend in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 13 Rn. 69; Kudlich aaO § 13 Rn. 44; Wohlers/Gaede aaO § 13 Rn. 18). Auch aus dem Verfassungsrecht lässt sich nicht ableiten, dass Selbstbegünstigung als Ausfluss persönlicher Freiheit stets straflos oder darüber hinausgehend sogar erlaubt sein müsse (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1963 – 2 BvR 161/63, BVerfGE 16, 191, 194). Ebenso wenig schließt das Verfassungsrecht aus, Selbstbegünstigungshandlungen unter Strafe zu stellen, wenn durch diese strafrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG aaO BVerfGE 16, 191, 194; siehe auch BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14, BGHSt 60, 198, 204 f. Rn. 35 f.).
36
Bei Anlegen dieser Maßstäbe hat es das Landgericht rechtsfehlerfrei für den Angeklagten zumutbar erachtet, die Anleger über die erheblichen Schädi- gungen der Vermögen der Fondsgesellschaften zu informieren. Im Rahmen der geforderten Abwägung sind die Interessen der zahlreichen Anleger, nicht weiter „wertlose" Einzahlungen in die Fondsgesellschaften zu leisten, höher gewichtet worden als die Interessen des Angeklagten daran, sich nicht der Gefahr eigener Strafverfolgung auszusetzen. Diese Wertung ist nicht zu beanstanden. Ob anderes zu gelten hätte, wenn die rechtlich gebotene Handlung während eines laufenden Strafverfahrens notwendig mit einem Geständnis einherginge (dazu Wohlers/Gaede aaO § 13 Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Situation war vorliegend nicht gegeben.
37
g) Die Zumessung der Strafen für die Betrugstaten ist rechtsfehlerfrei.
38
3. Gleiches gilt für die Entscheidungen über die Vermögensabschöpfung. Das Landgericht hat im Rahmen der gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB erfolgten Feststellungen zu dem durch den Angeklagten aus den Taten Erlangten auch die Voraussetzungen der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei erörtert.
Graf Jäger Bellay
Radtke Fischer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16 zitiert 12 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

Strafgesetzbuch - StGB | § 13 Begehen durch Unterlassen


(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichun

Strafgesetzbuch - StGB | § 14 Handeln für einen anderen


(1) Handelt jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder3. als gesetzlicher Vertreter eines an

Strafgesetzbuch - StGB | § 247 Haus- und Familiendiebstahl


Ist durch einen Diebstahl oder eine Unterschlagung ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer verletzt oder lebt der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16 zitiert 17 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08

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Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 13 Abs. 1 Den Leiter der Innenrevision einer Anstalt des öffentlichen Rechts kann eine Garantenpflicht treffen, betrügerische Abrechnungen zu unterbinden. BGH, Urteil vom 17. Juli 20

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 3 StR 17/15

bei uns veröffentlicht am 26.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 17/15 vom 26. November 2015 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja __________________________________ AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz 2 1. Ein Mitglied

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2009 - 1 StR 731/08

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 731/08 vom 18. Februar 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja nur 1. Veröffentlichung: ja ___________________________ § 263 Abs. 1 StGB 1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 616/10

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 616/10 vom 14. April 2011 Nachschlagewerk: ja BGHR: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja StGB § 263 Abs. 1 Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2013 - 1 StR 532/12

bei uns veröffentlicht am 10.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 532/12 vom 10. Juli 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Untreue Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 27. Juni 2013, in der Sitzung am 10. Juli 2013, an

Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2006 - 1 StR 379/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 379/05 vom 7. März 2006 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ______________________ StGB § 263 Zum Vermögensschaden beim Betrug durch Fondsanlagen. BGH, Urtei

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2006 - 4 StR 117/06

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 117/06 vom 17. August 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen Untreue Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2012 - 1 StR 586/11

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 586/11 vom 23. Februar 2012 in der Strafsache gegen wegen Untreue Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2012 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgericht

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2012 - IV ZR 19/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 19/11 Verkündet am: 9. Mai 2012 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durc

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00

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Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja _______________________ StGB § 263 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Zur Garantenpflicht bei Verkauf eines Grundstücks als Bauland. BGH, Urt. vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00 - LG Stuttgart BUNDESGE

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 466/16

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 466/16 vom 8. März 2017 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ______________________ StGB §§ 13, 263 Vorangegangenes gefährliches Tun (Ingerenz) kann eine Aufklärungspflic

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Aug. 2016 - 4 StR 523/15

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 523/15 vom 4. August 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Verdachts des Betruges ECLI:DE:BGH:2016:040816U4STR523.15.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlun

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juni 2016 - 1 StR 50/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 50/16 vom 16. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:160616U1STR50.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 14. Juni

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2015 - 3 StR 102/15

bei uns veröffentlicht am 01.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 102/15 vom 1. Oktober 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges u.a. hier: Revisionen der Angeklagten S. und D. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörun

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2015 - 1 StR 488/14

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 488/14 vom 10. Februar 2015 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- StGB § 164 Abs. 1 Falsche Verdächtigung durch den Beschuldigten

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Sept. 2014 - 4 StR 586/13

bei uns veröffentlicht am 25.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 586/13 vom 25. September 2014 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- StGB § 13 Abs. 1 StGB § 263 RVG § 4a Abs. 2 Nr. 1 § 4a Abs. 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Sept. 2014 - 1 StR 314/14

bei uns veröffentlicht am 04.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR314/14 vom 4. September 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Betruges Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2014 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revisionen der Angeklagten ge
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 540/16.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2019 - 5 StR 132/18

bei uns veröffentlicht am 03.07.2019

Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB §§ 212, 216, 13 Angesichts der gewachsenen Bedeutung der Selbstbestimmung des Einzelnen auch bei Entscheidungen über seinLeben kann in Fällen des freiverantwortlichen Suizids der A

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 28. Juli 2017 - 3 W 28/17

bei uns veröffentlicht am 28.07.2017

Tenor I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerseite wird der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 6.3.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer deliktisch begründe

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/06
vom
17. August 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. September 2005 in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) mit den Feststellungen aufgehoben. II. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. wird das vorgenannte Urteil im Hinblick auf die beiden Fälle II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift

)

1. dahin geändert, dass die Angeklagten B. und Sch. jeweils einer Untreue schuldig sind, 2. in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben. III. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten B. und Sch. werden verworfen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. und Sch. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in vier Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagten J. und N. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten B. , J. und N. beanstanden zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die nur die Fälle II. 2 a und b der Urteilsgründe betreffenden Verfahrensrügen nicht bedarf. Die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. sind im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) wegen gemeinschaftlicher Untreue in zwei Fällen schuldig gesprochen hat, vermögen die getroffenen Feststellungen die Annahme der Strafkammer nicht zu belegen, dass der Wohnungsbaugenossenschaft e.G. (im Folgenden: WBG) durch das Verhalten der Angeklagten ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt worden ist.
4
1. Nach den Feststellungen waren die Angeklagten B. undSch. Vorstandsmitglieder, der Angeklagte J. war Aufsichtsratsvorsitzender und der Angeklagte N. Mitglied des Aufsichtsrats der WBG, die zu 51 % an dem Stammkapital der Wohn- und Baugesellschaft mbH (im Folgenden : WuB) beteiligt war. Die übrigen 49 % des Stammkapitals hielt die N. Verwaltungs GmbH, an der alle Angeklagten als stille Gesellschafter beteiligt waren. Auf Sitzungen am 10. Oktober und 5. November 1996 kamen die Angeklagten überein, dass die WuB ein Wohnbebauungsprojekt durchführen solle, das Investitionen in Höhe von (mindestens) 6,7 Millionen DM erfordern würde (UA 14). Um die hierzu benötigten Darlehen zu erhalten, sollte die WBG entsprechende Bürgschaftserklärungen gegenüber Kreditinstituten abgeben. Absprachegemäß gingen die Angeklagten B. und Sch. als vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder der WBG, ohne zuvor den erforderlichen (§ 49 GenG, § 34 Abs. 1 Buchst. n der Satzung der WBG) zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung der WBG eingeholt zu haben, am 5. Mai 1997 gegenüber der A. -Bank eine selbstschuldnerische, unbefristete und einredefreie Höchstbetragsbürgschaft über 6,642 Millionen DM zu Lasten der WBG ein. Hierauf gewährte die Bank der WuB ein Darlehen über 5,535 Millionen DM. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der WuB wurde die WBG im Jahre 2000 aus der Bürgschaft in Höhe von zwei Millionen DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 a der Urteilsgründe).
5
Um eine Ausweitung der Kredite der Stadtsparkasse an die WuB um 900.000 DM zu erreichen, schlossen die Angeklagten B. und Sch. , wiederum für die WBG handelnd und wiederum ohne zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung, nach Absprache mit den Angeklagten N. und J. am 16. September bzw. 6. November 1997 einen Bürgschaftsvertrag mit der Sparkasse, in der eine bereits bestehende selbstschuld- nerische Bürgschaft über 631.000 DM auf 1.531.000 DM erweitert wurde. Aus dieser Bürgschaft wurde die WBG in der Folgezeit in Höhe von 900.000 DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 b der Urteilsgründe).
6
2. Das Landgericht ist hinsichtlich des Falles II. 2 a der Urteilsgründe von einer Vermögensgefährdung der WBG in voller Bürgschaftshöhe ausgegangen (UA 31). Die Behauptung der Angeklagten, dass das mit dem Darlehen finanzierte Bauprojekt der WuB "realistisch und kaufmännisch ordnungsgemäß kalkuliert" worden war, "so dass aus damaliger Sicht gar nicht die Gefahr bestanden habe, dass die Bürgschaft der WBG in Anspruch genommen werde", hat die Strafkammer lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob das Verhalten der Angeklagten pflichtwidrig war, erörtert und hier als rechtlich bedeutungslos angesehen, da die Pflichtwidrigkeit bereits aus dem Fehlen der Zustimmung der Vertreterversammlung zur Eingehung der Bürgschaft folge (UA 32). Dabei hat das Landgericht verkannt, dass die Einlassung der Angeklagten für die Frage, ob die WBG infolge der Übernahme der Bürgschaft im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geschädigt wurde, von Relevanz ist. Ob nämlich ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen ex-ante vorzunehmenden Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHSt 47, 295, 301 f.; BGH wistra 2000, 384, 386; NStZ-RR 2001, 241, 242). An einem Nachteil fehlt es regelmäßig, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren, zu denen auch Gewinnerwartungen zählen können (BGH NStZ 1996, 191), sich gegenseitig aufheben.
7
Durch die Bürgschaftsverpflichtung wurde das Vermögen der WBG belastet , wobei wirtschaftlich gesehen die Höhe der Belastung von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Bürgschaft abhing (vgl. Hoyos/M. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. § 249 HGB Rdn. 100). Da die Bürgschaft zur Finanzierung eines Bauprojekts der WuB diente, an der die WBG zu 51 % beteiligt war, sie deshalb an der Wertschöpfung durch das Bauvorhaben teilhatte, muss geklärt werden, ob der Vermögenseinbuße durch die Bürgschaftsgewährung damals ein diese ausgleichender Vermögenszuwachs durch das in Aussicht genommene Bauprojekt gegenüber stand. Der vom Landgericht angenommene Gefährdungsschaden mit der vollen Bürgschaftssumme wäre nur dann zutreffend, wenn - was nicht festgestellt ist - das Bauprojekt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre oder es sich um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelte (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1236; GA 1977, 342, 343; NStZ 1996, 191).
8
Hinsichtlich des Falles II. 2 b der Urteilsgründe ist dem Urteil schon nicht zu entnehmen, welchem Zweck die Kreditausweitung bei der Sparkasse gedient hat. Es liegt aber nahe, dass auch sie im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der WuB erfolgt ist (vgl. UA 14, 15 f.), so dass zu der Frage eines Vermögensschadens der WBG aus den oben dargelegten Gründen weitere Feststellungen erforderlich sind.

II.


9
Soweit das Landgericht die Angeklagten B. und Sch. in den beiden Fällen II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift) jeweils wegen gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass nur eine Untreue vorliegt.
10
1. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen schlossen die Angeklagten B. und Sch. , für die WBG handelnd, mit der als Maklerin nicht besonders qualifizierten (vgl. UA 21) Lebensgefährtin eines Gesellschafters der N. Verwaltungs GmbH, Petra H. , am 10. Juni 1996 einen Maklervertrag , in dem sie diese mit dem Nachweis von Kaufinteressenten und/oder der Vermittlung eines Kaufvertragsabschlusses im Hinblick auf das im Eigentum der WBG stehende Anwesen Z. beauftragten. Die Provision von 8 % sollte entweder auf den Verkaufspreis aufgeschlagen und der Maklerin ausgezahlt oder im Direktgeschäft zwischen Maklerin und Käufer erzielt – also in jedem Fall letztlich vom Käufer entrichtet – werden (UA 23, 34). Am 27. August 1996 wurde der Maklervertrag u.a. auf das ebenfalls zu verkaufende Objekt R. erweitert, wobei die Provision auf 4 % herabgesetzt wurde. Noch am selben Tag wurde auf Veranlassung von Frau H. in einem den Maklervertrag ergänzenden "Protokoll" mit der WBG, diese vertreten durch die Angeklagten B. und Sch. , in Abänderung der vorgenannten Vereinbarung festgehalten, dass die Provision in jedem Falle von der WBG bezahlt werden solle; der bisher vertraglich vorgesehene Aufschlag der Provision auf den Verkaufspreis oder die direkte Bezahlung der Maklerin durch den Käufer wurden gestrichen. Zugleich wurde der Begriff der "Vermittlung" als Herstellung von Erstkontakten mit Kaufinteressenten oder alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten wie u.a. die Übergabe von Unterlagen definiert, selbst wenn der Erstkontakt nicht von der Maklerin, sondern über die WBG oder Dritte hergestellt worden war. Die Angeklagten beabsichtigten damit, der Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit den Provisionsanspruch gegen die WBG zu sichern, ohne dass die Genossenschaft hieran ein wirtschaftliches Interesse haben konnte. Ihnen war bewusst, dass sie mit der Regelung Frau H. "für ihren Provisionsanspruch einen 'Blanko-Scheck' ausstellten" (UA 23).
11
Auf Grund der Vereinbarung zahlte die WBG jeweils auf Veranlassung der Angeklagten B. und Sch. an die Maklerin nach Verkauf des Objektes Z. am 4. November 1997 181.240 DM und nach Verkauf des Anwesens R. am 23. April 1998 weitere 193.200 DM, wobei ein Provisionsanspruch jeweils nur auf der Grundlage des "Protokolls" bestand (UA 24, 35).
12
2. Das Landgericht hat zwei Untreuehandlungen der Angeklagten B. und Sch. zum Nachteil der WBG darin gesehen, dass die Angeklagten mit der Maklerin durch das "Protokoll" eine Vereinbarung trafen, die - abweichend von der damals geltenden Vertragslage - die WBG dazu zwang, die Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit aus eigenem Vermögen zu vergüten, sie dadurch das Vermögen der WBG “missbräuchlich gefährdet(en)“ (UA 35) und sie auf der Grundlage des "Protokolls" schließlich die beiden Maklerprovisionen auszahlen ließen (UA 34).
13
Diese Würdigung hält insoweit rechtlicher Prüfung nicht stand, als - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nur ein Fall der Untreue vorliegt; denn bereits mit der nunmehr die WBG als Zahlungspflichtige bestimmenden Vereinbarung in dem Protokoll trat ein - zur Vollendung des Tatbestands ausreichender (vgl. BGH NStZ 2001, 650) - konkreter Gefährdungsschaden zum Nachteil der WBG ein, der durch die späteren, auf Grund des "Protokolls" erfolgten Auszahlungen der Maklerprovisionen nur vertieft wurde (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 81).
14
Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher hätten verteidigen können.
15
Mit der Schuldspruchänderung entfallen auch die für den Fall II. 3 der Urteilsgründe erkannten beiden Einzelstrafen; der neue Tatrichter wird insoweit eine Strafe festzusetzen haben.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien und Maatz Kuckein Ri'inBGH Solin-Stojanović sind infolge urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert zu unterschreiben. Maatz Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 17/15
vom
26. November 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz
2
1. Ein Mitglied des Aufsichtsrats einer GmbH trifft die Pflicht im Sinne des Untreuetatbestands
, das Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Es verletzt
diese Pflicht u.a. dann, wenn es mit einem leitenden Angestellten der Gesellschaft
bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden, die Grenzen
der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschreitenden Fehlverhalten
zusammenwirkt.
2. § 39 Ziff. 5 Satz 2 der Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung
Rheinland-Pfalz schützt die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers.
3. Zu der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem Eintritt eines
Vermögensnachteils bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen für
ein Bundesland durch dessen Finanzminister.
4. Ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von
Beihilfen begründet keine Pflichtverletzung im Sinne des UntreuetatbestanECLI
:DE:BGH:2015:261115B3STR17.15.0
des; denn diese Regelungen dienen nicht dem Schutz des Vermögens des
Beihilfegebers, sondern dem des europäischen Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen.
5. Zu den Darlegungsanforderungen bezüglich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
, wenn dem Angeklagten eine Handlungsvollmacht für die
Gesellschaft erteilt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Untreue u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten D. , K. und N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - mit Ausnahme der Aufhebung des Urteils
in den Fällen IV.2 und 7 der Urteilsgründe auf dessen Antrag - am
26. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. April 2014 aufgehoben
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.8 und 9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
b) soweit es den Angeklagten K. betrifft, aa) im Fall IV.2 der Urteilsgründe und der Angeklagte insoweit freigesprochen; die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe ; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
c) soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und zum Vermögensnachteil aufrecht erhalten;
d) soweit es die Mitangeklagten M. und W. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe. Im Umfang der Aufhebung - mit Ausnahme des Teilfreispruchs des Angeklagten K. - wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten K. und N. hat die Strafkammer wegen Untreue in sieben ( K. ) bzw. vier (N. ) Fällen Bewährungsstrafen verhängt und sie im Übrigen freigesprochen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und W. hat das Landgericht jeweils unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in neun Fällen verwarnt und die Verurteilung von Geldstrafen vorbehalten. Mit ihren Revisionen wenden sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten D. und K. beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen waren die revidierenden Angeklagten im Tatzeitraum in unterschiedlicher Funktion bei der Nürburgring GmbH tätig. Der Angeklagte K. war deren Geschäftsführer; der Angeklagte D. war damals Finanzminister des Landes Rheinland -Pfalz und seit dem Jahr 2006 Vorsitzender des satzungsmäßig eingerichteten Aufsichtsrats. Der Angeklagte N. war Leiter der Controlling-Abteilung. Er war direkt dem gesondert verfolgten Finanzdirektor und Prokuristen L. unterstellt sowie selbst Vorgesetzter unter anderem des Zeugen De. . Ihm war "Handlungsvollmacht nach § 54 HGB" erteilt. Nach internen Regelungen durfte er Verpflichtungen - mit entsprechender Befugnis zur Freigabe - bis zu einem Umfang von 20.000 € eingehen, bei Beträgen über 5.000 € allerdings nur ge- meinsam mit einem Direktor wie etwa L. . Zu seinem Aufgabenkreis gehörte es weiter, die inhaltliche und sachliche Richtigkeit von eingehenden Rechnungen zu überprüfen. Die Geschäftsanteile an der Nürburgring GmbH hielten zu 90% das Land Rheinland-Pfalz und zu 10% der Landkreis Ahrweiler. Den Verurteilungen liegen Vorgänge zugrunde, die sich im Rahmen des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" zutrugen:
3
1. Der Nürburgring ist eine traditionsreiche, in einer strukturschwachen Region des Landes Rheinland-Pfalz gelegene Rennstrecke, die von der Nürburgring GmbH verwaltet wird. Bereits seit Jahrzehnten wurde versucht, das Angebot am Nürburgring um andere Freizeitmöglichkeiten neben dem Rennbetrieb zu erweitern. Aus diesen Bestrebungen entstand das Ausbauprojekt "Nürburgring 2009", mit dem der Nürburgring zu einem Freizeit-, Business- und Erlebniszentrum mit ganzjährigen, wetterunabhängigen Angeboten entwickelt werden sollte. Das Ausbauprojekt gliederte sich in zwei Bereiche: Bereich I umfasste die Bauprojekte "ringBoulevard", "Warsteiner-Event Center", "ringWerk" und "ringArena"; das Teilprojekt Bereich II betraf den Ausbau der Hotel- und Gastronomieanlagen. Finanziert werden sollte das Vorhaben durch private Investoren , wobei sich die geschätzten Investitionskosten zunächst auf 135 Mio. € für Bereich I und auf 95 Mio. € für den Bereich II beliefen. Die Suche nach Privatinvestoren gestaltete sich allerdings für beide Teilprojekte schwierig.
4
Mitte des Jahre 2006 stellten die Zeugen B. und Me. ein Finanzierungskonzept für den Bereich I des Ausbauprojektes vor. Dieses hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die von den Zeugen gehaltene I. (I. ) S.A. (im Folgenden: I. S.A.) zahlt an die Nürburg- ring GmbH 135 Mio. €. Im Gegenzug wird der I. E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der I. S.A., ein Nießbrauchsrecht an den bebauten Grundstücken und Betriebseinrichtungen eingeräumt, welche sie sodann an die Nürburgring GmbH rückvermietet. Der Mietvertrag läuft über 27 Jahre; die Grundmiete beträgt pro Jahr 5 Mio. €, so dass die Investitionssumme am Ende der Gesamtlaufzeit den Grundmieteinnahmen entspricht. Eine Kündigung durch die Nürburgring GmbH ist frühestens nach elf Jahren möglich, wobei in diesem Fall eine "Optionsgebühr" und auf Grundlage einer festgelegten Formel eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Wesentlichen der noch offe- nen Mietzinszahlung für die verbleibende Laufzeit entspricht. Der wirtschaftliche Vorteil dieses Konzepts lag für die Nürburgring GmbH darin, dass ihr die Investitionssumme zinsfrei zur Verfügung gestellt würde. Rein rechnerisch ergab sich bereits bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung nach elf Jahren ein Zinsvorteil von 33 Mio. €. Zusätzlich garantierte die I. S.A.auf die im Falle einer vorzeitigen Kündigung zu leistenden Entschädigung einen festen Abzugs- betrag in Höhe von 30 Mio. €. Wirtschaftlich betrachtet wären der I. S.A.da- mit im Fall einer Kündigung nach elf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 33 Mio. € entgangen und zusätzlich ein Verlust von 30 Mio. € entstanden.
5
Die I. S.A. bzw. die hinter dieser stehenden B. und Me. wollten ihre Gewinne durch eine Refinanzierung des Investitionskapitals erwirtschaften. Hierzu planten sie, nach dem sog. Senior-Life-Settlements-Modell auf dem USMarkt in einem Volumen von 1,2 Mrd. US-Dollar notleidend gewordene Lebensversicherungen zu einem Bruchteil von deren Nominalablaufwert aufzukaufen. Nach US-amerikanischem Versicherungsrecht erhält der Versicherungsnehmer bei einer Einstellung der Prämienzahlungen keine Leistungen aus dem Vertrag, weshalb es bei drohendem Zahlungsausfall günstiger ist, die Versicherung an einen Aufkäufer zu übertragen, der die restlichen Prämienzahlungen übernimmt. Da der Ausfall der Prämienzahlung seitens der Versicherungen bereits in die Prämienhöhe einkalkuliert wird, erlangt der Investor bei erfolgreicher Durchführung einen im Verhältnis zur Prämienzahlung relativ hohen Betrag. Allerdings sahen die US-amerikanischen Bestimmungen vor, dass ein Aufkauf derartiger Lebensversicherungspolicen durch NichtVersicherungsunternehmen wie der I. S.A. nur in Verbindung mit einem Immobiliengeschäft rechtlich zulässig war. Als ein solches werteten B. und Me. die Beteiligung am Ausbauprojekt "Nürburgring 2009". Da die I. S.A.
die Investitionssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar nicht aufbringen konnte, benötigte sie ihrerseits einen Investor, der bereit war, das Projekt zu finanzieren.
6
Im August 2006 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. einen Projektfinanzierungs- und Entwicklungsvertrag, dessen Gegenstand unter anderem die Vermittlung eines Investors durch die I. S.A. war. Dies gelang B. und Me. zunächst allerdings nicht. Im weiteren Verlauf schlossen die Nürburgring GmbH und die I. Gesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), eine Tochtergesellschaft der I. S.A., am 27. März 2007 einen Vorvertrag. Hierin verpflichtete sich die Nürburgring GmbH zur pauschalen Erstattung von Vorlaufkosten, die der I. GmbH durch die Suche nach einem Investor bzw. durch die Vermittlung der Finanzierung entstehen würden. Der Vertrag sah monatliche Pauschalzahlungen in Höhe von 20.000 € vor und war zunächst bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In der Folgezeit wurde er durch vier Nachträge bis zum 30. September 2008 verlängert , wobei die monatliche Zahlungsverpflichtung zuletzt 40.000 € betrug. Am 2. September 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. zudem eine Provisionsvereinbarung, wonach die I. S.A. für die erfolgreiche Vermittlung der Projektfinanzierung ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 Mio. € erhalten sollte. Der Vertrag sah u.a. vor, dass die erste Rate in Höhe von 1 Mio. € des Erfolgshonorars erst nach dem tatsächlichen Eingang der ersten Finanzierungsrate fällig war; die aufgrund des Vorvertrages vom 27. März 2007 von der Nürburgring GmbH erbrachten Zahlungen sollten auf die Provision angerechnet werden.
7
Im Jahr 2008 zeigte sich der gesondert verfolgte Ba. , der in der Folgezeit unter seiner Firma B&B (im Folgenden: B&B ) handelte, an einem Engagement in dem Teilprojekt Bereich I interessiert und unterbreitete verschiedene Finanzierungsangebote. Das dritte Finanzierungsangebot war gerichtet an die I. S.A. und sah eine Investition über 1,2 Mrd. US-Dollar vor, die unter der Bedingung stand, dass die I. S.A. eine Einlage über 10% der Finanzierungssumme - mithin 120 Mio. US-Dollar - für eine Laufzeit von 14 Monaten erbringt. Dieses Finanzierungskonzept verfolgten die Beteiligten weiter, wobei die von der I. S.A. zu leistende Bareinlage schließlich 80 Mio. € betragen sollte. Im Juni 2008 unterrichtete D. den Auf- sichtsrat umfassend über das geplante Finanzierungskonzept. Ende Juni 2008 übermittelte die Geschäftsführung den Aufsichtsratsmitgliedern Entwürfe eines Nießbrauchsvertrages, eines Generalübernehmervertrages, eines Mietvertrages und eines Optionsvertrages; hiermit verbunden war der Antrag auf Zustimmung zum Abschluss des Vertragswerks. Am 1. Juli 2008 fasste der Aufsichtsrat folgenden Beschluss: "Der Aufsichtsrat beauftragt und ermächtigt die Geschäftsführung, alle notwendigen Verträge und sonstigen Vereinbarungen mit der I. , deren Vertretern oder mit der I. verbundenen Gesellschaften abzuschließen, um eine Finanzierung des Projektes Nürburgring 2009 zu realisieren…"
8
Grundlage des Beschlusses war § 7 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH (im Folgenden: GesV). § 7 GesV lautete: "§ 7 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Abs. 1: Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinaus gehenden Handlungen ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen.

Abs. 2: Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen in jedem Fall: … Abs. 3: Der Aufsichtsrat kann sich die vorherige Zustimmung zu bestimmten anderen Arten von Geschäften vorbehalten. Er kann widerruflich seine Einwilligung zu Geschäften, die seiner Zustimmung bedürfen , allgemein unter der Voraussetzung erteilen, dass die von ihm gemachten Auflagen erfüllt sind."
9
Am 31. Juli 2008 entschied D. im Rahmen eines Gesprächs im Finanzministerium mit weiteren an der Finanzierung beteiligten Personen , dass die nach den bisherigen Verträgen von der I. S.A. zu leistende Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € von der Nürburgring GmbH erbracht werden sollte, da die I. S.A. hierzu finanziell nicht in der Lage war; die mit der erforderlichen Darlehensaufnahme verbundenen Zinsen sowie die mit der Anlage der Bareinlage verbundenen Bankspesen sollten nach seiner Entscheidung ebenfalls von der Nürburgring GmbH übernommen werden. Den für die Zahlung der Bareinlage erforderlichen Betrag sollte die Nürburgring GmbH darlehensweise aus Landesmitteln über den sog. Liquiditätspool erhalten, der bei dem Kreditreferat des Ministeriums für Finanzen eingerichtet war; diesbezüglich gab D. einem Mitarbeiter des Finanzministeriums vor, dass die Zahlung aus dem Liquiditätspool "unter Bilanzebene" abgewickelt werden sollte ; dementsprechend fand das Darlehen in der Bilanz der Nürburgring GmbH keine Erwähnung.
10
2. Vor dem geschilderten Hintergrund kam es u.a. zu den folgenden Handlungen:
11
a) In die Vorgänge um die Zahlung der von der I. S.A. geschuldeten, jedoch von der Nürburgring GmbH erbrachten Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € war die Rechtsanwaltskanzlei C. eingebunden. Ende August 2008 regte sie wegen der verschärften Regelungen zur Geldwäsche an, das Landeskriminalamt einzubinden und prüfen zu lassen, ob es Erkenntnisse oder Verdachtsmomente gegen die an der geplanten Anlage des Bardepots über 80 Mio. € Beteiligten gebe. D. bat daraufhin den damaligen Landesinnenminister Br. um eine entsprechende Überprüfung. Zudem stellte er eigene Internetrecherchen an; dabei stieß er auf Gerüchte einer Verbindung zwischen der I. S.A. und einem mexikanischen Drogenkartell. Dies teilte er am Rande einer Aufsichtsratssitzung am 2. September 2008 K. mit. Am Morgen des 8. September 2008 bestätigte Innenminister Br. D. den Verdacht, dass die I. S.A. zum Umfeld eines mexikanischen Drogenkartells gehöre. Hintergrund war, dass im Handelsregister von Luxemburg zwei irische Firmen als Aktionäre der I. S.A. eingetragen waren; beide Firmen waren auch Aktionäre einer Gesellschaft, in der eine zu den wichtigsten Drahtziehern der mexikanischen Drogenmafia zählende Familie ihre Geschäfte bündelte.
12
Es folgte eine Sitzung im Finanzministerium, an der D. , der Zeuge Dr. von der Kanzlei C. und L. teilnahmen. Die Beteiligten kamen überein, dass ein sofortiges Ende der Geschäftsbeziehung zur I. S.A. erforderlich sei, wenn die Gerüchte über deren Beziehung zur mexikanischen Drogenmafia nicht zügig und umfassend widerlegt werden könnten. D. befürchtete bei deren Ausbreitung einen großen Imageschaden für das Land Rheinland-Pfalz und das Projekt "Nürburgring 2009". Konfrontiert mit den Vorwürfen bestritt Me. jedoch eine bestehende Verbindung zu einem Drogenkartell; die beiden irischen Firmen seien - was sich zehn Tage später bestätigte - lediglich Aktionäre des erworbenen Firmenmantels gewesen. Die Forderung, neue und von dem Verdacht unbelastete Gesellschaften zu gründen, die in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge eintreten sollten, lehnte er wegen der entstehenden Gründungskosten ab. Daraufhin fassten K. sowie L. den Entschluss, die Nürburgring GmbH die Kosten der gewünschten Neugründung einer Gesellschaft, der P. S.A., tragen zu lassen.
13
Noch am 8. September 2008 unterschrieb Me. für die I. GmbH einen Vertrag, nach dem die Nürburgring GmbH die Gründungskosten für die "P. S.A." in Höhe von netto 45.000 € tragen sollte. Die Kosten sollten im Falle einer erfolgreichen Vermittlung der Finanzierung auf den Provisionsanspruch aus dem mit der I. S.A. geschlossenen Vertrag vom 2. September 2007 angerechnet werden. Am selben Tage stellte Me. der Nürburgring GmbH für die I. GmbH den Betrag von 53.550 € (45.000 € netto) in Rechnung. Der Betrag wurde ausgezahlt, nachdem K. und L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch richtig" abgezeichnet hatten. Einen Tag später gründeten Me. und B. vereinbarungsgemäß die P. S.A. und darüber hinaus nach deutschem Recht die P. GmbH. Die Gesellschaften traten kurze Zeit später für die I. S.A. und die I. E. GmbH in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge ein (Fall IV.2 der Urteilsgründe).
14
b) Während dieser Vorgänge wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes weiter vorangetrieben. So kündigte N. am 22. September 2008 gegenüber der Schweizer Bank LLB die Überweisung von 80 Mio. € an. Am selben Tag stellte die I. GmbH der Nürburgring GmbH "… gemäß dem ge- schlossenen Vorvertrag" für den Monat Oktober 2008 eine Aufwandsentschä- digung in Höhe von 40.000 € nebst 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Nach Ein- gang der Rechnung am 23. September 2008 fassten K. und N. sowie L. den Entschluss, diese Rechnung durch die Nürburgring GmbH begleichen zu lassen. Ihnen war bewusst, dass keine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten bestand, da der Vorvertrag bis zum Monat September 2008 begrenzt war und auch der vierte Nachtrag zum Vorvertrag eine Aufwandsentschädigung nur bis zum 30. September 2008 vorgesehen hatte. Gleichwohl zeichneten alle drei die Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig ab. In weiterer Ausführung des Tatplans veranlassten K. und L. die Auszahlung der in Rechnung gestellten Aufwandsentschädigung. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst. Erstattungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. bzw. die I. GmbH im Oktober 2008 nicht (Fall IV.3 der Urteilsgründe).
15
c) Obwohl die von Ba. geforderte Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € am 24. September 2008 bei der LLB/Schweiz verbucht und angelegt worden war, kam die Finanzierung nicht zustande: Zunächst hielt Ba. unter anderem eine vertraglich vereinbarte Frist von drei Tagen zum Nachweis eines Investors nicht ein; sodann verschwand er zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 spurlos. Schließlich wurde die erste Finanzierungsrate auch nach seinem Wiederauftauchen trotz mehrfacher Aufforderung nicht gezahlt.
16
Noch im Jahr 2008 präsentierte Ba. jedoch weitere angebliche Investoren , so u.a. die Ölgesellschaft T. und die A. AG. Eine Überprüfung der Gesellschaften durch die RechtsanwaltskanzleiR. ergab jedoch in beiden Fällen Bedenken, weil sich die ermittelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen nicht so wie von Ba. vorge- geben darstellten. Die Bestrebungen zur Finanzierung des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" konkretisierten sich gleichwohl wieder. Dabei forderte Ba. erneut, dass eine Bareinlage in Höhe von nunmehr 95 Mio. € erbracht werden müsse. Diese wurde ebenfalls von der Nürburgring GmbH geleistet , durch die darlehensweise Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanziert und im März 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank angelegt.
17
Ende April 2009 fand eine Telefonkonferenz zwischen D. und N. sowie L. , B. und Me. statt. Hintergrund war eine zuvor durchgeführte Prüfung des Finanzierungskonzeptes durch eine Schweizer Wirtschaftskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierbei hatte sich ergeben, dass der im Rahmen des Finanzierungskonzeptes zwischen der P. S.A. und B&B zu schließende Darlehensvertrag über 165 Mio. € negative ertragssteuerliche Konsequenzen für die P. S.A. gehabt hätte. Me. forderte daraufhin, dass die Ertragssteuer entweder vom Land Rheinland-Pfalz oder der Nürburgring GmbH übernommen werden müsse. Dies lehnte D. ab; er ging aber auf den Vorschlag ein, dass zum Erhalt steuerlicher Vorteile seitens B. und Me. eine Schweizer Aktiengesellschaft gegründet werden sollte. Die Gründungskosten in Höhe von 100.000 € sollte die Nürburgring GmbH tragen. Dabei erklärte D. , dass der Betrag von 100.000 € nicht in Verbindung mit der Gesellschaftsgrün- dung gebracht werden dürfe; auch müsse der Betrag auf das später etwaig zu zahlende Erfolgshonorar angerechnet werden.
18
Unter dem 30. April 2009 ging daraufhin eine Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein, mit der die I. GmbH "für erbrachte Leistungen in den Monaten Juni, Juli und August 2008" ein "Honorar" von netto 100.000 € berechnete. Die Rechnung zeichneten K. und L. entsprechend ih- rem zuvor gefassten gemeinsamen Entschluss als sachlich und rechnerisch richtig ab und gaben sie zur Zahlung frei. Im Juni 2009 gründeten B. und Me. nach schweizerischem Recht die G. AG. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst (Fall IV.5 der Urteilsgründe

).


19
d) Im Mai 2009 sprach Me. anlässlich eines Treffens in der Schweiz L. auf die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 50.000 € an. L. unterrichtete hierüber telefonisch D. ; gemeinsam entschieden beide, dass die Nürburgring GmbH den Betrag zahlen solle. Daraufhin ging am 22. Mai 2009 eine Rechnung der sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Liquidationsstadium befindlichen I. GmbH ein; die Rechnung lautete auf netto 50.000 € und wies als Gegenstand "erbrachte Leistungen in den Monaten September 2008" aus, obwohl die nach dem Vorvertrag geschuldete Aufwandsentschädigung für den Monat September 2008 bereits im August 2008 gezahlt worden war. Gleichwohl zeichneten K. , der in Kenntnis aller Umstände ebenfalls zur Zahlung entschlossen war, sowie L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch geprüft" ab und veranlassten hierdurch die Auszahlung (Fall IV.6 der Urteilsgründe).
20
e) Anfang Juni 2009 hielten sich B. , Me. , L. und N. im Hotel Do. in Z. auf. Im Laufe eines gemeinsamen Gesprächs rief Me. D. an und begehrte unter Hinweis auf nicht näher spezifi- zierte Aufwendungen eine Zahlung in Höhe von 150.000 €. D. stimmte der Zahlung zu. Hierauf machte N. gegenüber L. deutlich, dass der pauschale Aufwendungsersatz aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei, zumal die Nürburgring GmbH bereits bisher angefallene Kosten für Flug, Hotel und Spesen in Höhe von 78.000 € für B. und Me. beglichen habe. L.
reagierte jedoch unwirsch und verwies auf die Zustimmung von D. .
21
Bereits vor Eingang einer Rechnung rief N. darauf den ihm bei der Nürburgring GmbH unterstehenden Zeugen De. an und "wies ihn an, den Betrag per Blitzüberweisung auf das bekannte Konto der I. GmbH zu überweisen". De. ließ daraufhin von der entsprechenden Abteilung die Überweisung zur Unterschrift durch K. vorbereiten. Hiernach legteN. K. die Auszahlungsanordnung zur Unterschrift vor, wies jedoch erneut auf seine Bedenken hin. Dieser unterschrieb gleichwohl die Auszahlungsanordnung und veranlasste hierdurch die Zahlung. Erst danach ging am 20. Juli 2009 die auf den 15. Juni 2009 datierende und auf den Nettobetrag von 150.000 € lautende Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein. Als Gegenstand wurden dort seitens der I. GmbH "erbrachte Leistungen in den Monaten Oktober und November 2008" ausgewiesen. Gesondert abrechnungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. indes nicht gehabt (Fall IV.7 der Urteilsgründe

).


22
f) Nachdem B. und Me. die G. AG gegründet hatten , sollte die Finanzierung mit Ba. umgesetzt werden. Bereits im Mai 2009 hatte Ba. als neuen Investor die amerikanische Gesellschaft G. A. (im Folgenden: GA. ) ins Spiel gebracht und die Kopie eines Kontoauszugs überreicht, wonach die Gesellschaft die Anweisung erteilt hatte, 100 Mio. US-Dollar auf ein mit der Bezeichnung "B&B Nürburgring" geführtes Unter-Konto zu überweisen. Hinter der GA. sollte ein Investor namens Du. stehen. Du. war nach den Angaben Ba. s auch "Geschäftsführer" der M. A. (im Folgenden: MA. ), die im weiteren Verlauf neben der GA. zusätzlich in die Finanzierung einge- bunden würde. Im Zuge der abschließenden Verträge fertigte der von der Nürburgring GmbH beauftragte Rechtsanwalt Lü. eine Zahlungsvereinbarung , mit der die genaue Zahlungshöhe und -weise des durch Ba. zur Verfügung gestellten bzw. beschafften Finanzierungskapitals an die Nürburgring GmbH und die Gesellschaften der I. - bzw. P. -Gruppe geregelt werden sollte. Am 29. Juni 2009 übermittelte Rechtsanwalt Lü. L. per E-Mail einen zweiten Entwurf dieser Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt stand D. unter hohem Zeitdruck, da im Hinblick auf das am 12. Juli 2009 stattfindende Formel-1-Rennen die Eröffnungsfeier für den 9. Juli 2009 vorgesehen und noch kein Privatinvestor gefunden worden war. Zudem hatte ihm der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Be. , eine Frist bis zu diesem Tage gesetzt, um die Finanzierung des Projektes mit Ba. umzusetzen. Im Falle eines Scheiterns sollte das Bardepot über 95 Mio. € wieder abgezogen werden.
23
Noch am 29. Juni 2009 folgte im Hotel Do. in Z. ein Treffen , an dem für die Nürburgring GmbH N. und L. , daneben B. , Me. sowie Ba. teilnahmen. Letzterer übergab dabei einen auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 67 Mio. USDollar , der zugunsten der Nürburgring GmbH ausgestellt war und die ursprünglich vorgesehene Überweisung der ersten Finanzierungsrate ersetzen sollte. Hierauf diskutierten N. , L. , B. und Me. über die Zahlung der nach dem Vertrag vom 2. September 2007 vereinbarten Provision, welche die Nürburgring GmbH für die erfolgreiche Vermittlung der Finanzierung an die - für die I. S.A. in den Vertrag eingetretene - P. S.A. zahlen sollte. B. und Me. vertraten die Auffassung, ihre vertraglichen Pflichten erfüllt zu haben, weshalb die Provision mit der Übergabe des Schecks fällig sei. Auf Forderung des L. änderte N. daraufhin den von Rechtsanwalt L. übermittel- ten Entwurf der Zahlungsvereinbarung dergestalt ab, dass nach Gutschrift des Schecks über 67 Mio. US-Dollar eine Provision in Höhe von 4 Mio. € an die G. AG zu zahlen sei. Weshalb die Beteiligten in Abweichung vom Vertrag vom 2. September 2007 nur über eine Provision in Höhe von 4 Mio. €, statt wie ursprünglich vereinbart 5 Mio. € debattierten, hat die Strafkammer nicht klären können.
24
B. und Me. ging der neue Entwurf jedoch nicht weit genug. Sie forderten eine Zahlung innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, insbesondere N. hielt die Forderung für unangemessen. Im weiteren Verlauf telefonierte Me. mit D. und konfrontierte nun diesen mit seiner Forderung. Vor dem Hintergrund seines Zeitdrucks entschied D. , dem Ansinnen von B. und Me. nachzukommen, wobei ihm bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, binnen der kurzen Zeitspanne von 48 Stunden zu überprüfen, ob der von Ba. übergebene Scheck gedeckt war. Telefonisch vereinbarten D. und Me. weiter, dass ein Teilbetrag von 1,2 Mio. € zur Begleichung von "Vorlaufkosten" unmittelbar an die Nürburgring GmbH zurücküberwiesen werden und weitere 2 Mio. € unangetastet auf dem Konto der G. AG verbleiben sollten; der Restbetrag von 800.000 € sollte zur freien Verfügung der G. AG bzw. B. und Me. stehen.
25
Auf Aufforderung des L. änderte N. am frühen Morgen des 30. Juni 2009 den Entwurf der Zahlungsvereinbarung erneut ab. Dieser mittlerweile vierte Entwurf lautete nun auszugsweise wie folgt: "Präambel: Zwischen den Parteien bestehen verschiedene vertragliche Beziehungen. Diese umfassen u.a. Verträge zwischen P. und NG zur Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" (gemeinsam das "NG/P. Vertragswerk Projekt NG 2009"). … NG zahlt 4 Mio. € an G. /P. alsVorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009. … § 1 Leistung von Zahlungen 1.2. B&B wird im unmittelbaren Anschluss an die Unterzeichnung dieser Zahlungsvereinbarung einen Betrag in Höhe von 67,0 Mio. US$ …zahlen, und zwar durch Übergabe eines Orderschecks… 1.3. NG wird innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks gemäß § 1.2 einen Betrag in Höhe von 4 Mio. € … an G. /P. zahlen und zwar durch Überweisung auf ein von der G. /P. zu benennendes Konto."
26
Der Entwurf sah im Unterschriftsfeld für die Nürburgring GmbH neben der Unterschrift von L. als Prokuristen der Gesellschaft auch diejenige von N. vor. L. , Me. und Ba. unterschrieben diese Zahlungsvereinbarung.
27
N. begab sich daraufhin mit L. auf den Weg nach Mainz, um dort den - tatsächlich nicht gedeckten - Scheck über 67 Mio. US-Dollar bei der Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) einzulösen. Er hatte die Zahlungsvereinbarung noch nicht unterschrieben, weil er diese nach wie vor für unangemessen hielt, und machte gegenüber L. seine Unterschrift von einer entsprechenden Weisung von D. und K. abhängig. In dem darauf folgenden Telefonat forderte D. N. mit dem Bemerken , niemand könne so verrückt sein, einen Scheck in dieser Größenordnung zu unterschreiben, der nicht gedeckt sei, zur Unterschrift auf. Nachdem auch K. N. telefonisch hierzu angewiesen hatte, zeichnete dieser die Zahlungsvereinbarung ab und stimmte "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH dem Inhalt der Vereinbarung" zu.
28
Nach der Scheckeinreichung bei der LBBW flogen N. und L. noch am selben Tage wieder nach Z. . Am Vormittag des 3. Juli 2009 forderte N. den Leiter der Buchhaltung der Nürburgring GmbH, Ke. , auf, die Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu veranlassen, nachdem Me. ihm gegenüber auf der Zahlung bestanden hatte. Ke. informierte hierauf die für die Ausführung der Überweisung zuständige Zeugin La. , die einen Überweisungsauftrag fertigte. Aufgrund vorgebrachter Bedenken des bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Justitiars Pa. hinsichtlich des mit der Zahlung verbundenen Risikos, weil die Deckung des übergebenen Schecks noch unklar war, unterschrieb K. den Überweisungsauftrag allerdings zunächst nicht.
29
Währenddessen hatten sich Ba. , N. und B. gemeinsam zur P. -Bank nach Liechtenstein begeben. Dort sollte Ba. einer vorherigen Absprache entsprechend einen Kontoauszug abholen, der belegte, dass die B&B über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Mio. € verfügte. Vor der Bank teilte er N. und B. dann allerdings für diese überraschend mit, dass die P. -Bank wegen der schlechten Reputation der Nürburgring GmbH keinen von deren Vertretern empfangen wolle und auch keinen Kontoauszug über- reichen werde. Etwa eine Stunde später kam Ba. wieder heraus und er- klärte wahrheitswidrig, dass der Betrag von 100 Mio. € auf dem Konto der B&B als frei verfügbares Guthaben vorhanden sei, die Bank sich aber sowohl geweigert habe, einen entsprechenden Kontoauszug auszuhändigen, als auch, eine Überweisung auf ein Konto der Nürburgring GmbH auszuführen. N. und B. reagierten zunächst empört und äußerten den Verdacht, dass Ba. eine Hinhaltetaktik verfolge. Ba. schlug daraufhin vor, zunächst einen weiteren Scheck über 33 Mio. US-Dollar auszustellen und übergab N. im Laufe des Tages einen erneut auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 33 Mio. €.
30
Am Nachmittag desselben Tages entschloss sich K. , den Auftrag zur Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu erteilen, obwohl ihm bewusst war, dass die Werthaltigkeit des Schecks über 67 Mio. US-Dollar noch nicht überprüft war. Gegen 16:00 Uhr unterschrieb er den Überweisungsträger und übergab ihn der Zeugin La. zur Ausführung. Diese übermittelte um 17:17 Uhr den Überweisungsträger nach vorheriger telefonischer Ankündigung per Telefax mit der Bitte um "schnellstmögliche Ausführung" an die Kreissparkasse Ahrweiler. Kurze Zeit später übermittelte La. einen weiteren Auftrag per Telefax, der eine Umbuchung von 4 Mio. € von einem Tagesgeldkonto der Nür- burgring GmbH zur Deckung des mit der Auslandsüberweisung belasteten Kontos zum Gegenstand hatte. Bei der Kreissparkasse Ahrweiler kamen den Zeugen St. und Ki. jedoch Bedenken, ob die Überweisung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche darstellen könnte, weil der Überweisungsträger als Empfänger nur die Buchstaben-ZahlenKombination "G7 5165" enthielt. Aufgrund dessen führten sie die Überweisung zunächst nicht aus.
31
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die Rechtsanwälte Lü. und Di. K. aufgesucht. Lü. hatte am Vortag von dem gegenüber seinen Vertragsentwürfen geänderten Inhalt der Zahlungsvereinbarung erfahren und bewertete deren Inhalt als Untreue. Im Beisein von L. kam es daraufhin zu einem Telefonat zwischen K. und D. . Letzterer blieb trotz der von Lü. vorgebrachten Bedenken und Hinweise auf die bisherige Unzuverlässigkeit des Ba. bei seiner Auffassung, dass der Betrag von 4 Mio. € gezahlt werden solle. Daraufhin wies L. K. auf dessen persönliche Verantwortung als Geschäftsführer hin, worauf D. erklärte, er könne dem Geschäftsführer als Aufsichtsratsvorsitzender keine Weisungen erteilen; zugleich betonte er aber, dass das Risiko des Scheiterns der Finanzierung dann auch bei der Geschäftsleitung läge. K. erklärte schließlich seiner Sekretärin, dass mit der Überweisung gewartet werden sollte; gegen 18:00 Uhr wurde eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse Ahrweiler per Telefax informiert.
32
Noch am Abend des 3. Juli 2009 unterrichtete ein Mitarbeiter der LBBW das Finanzministerium über Erkenntnisse zu dem von Ba. ausgestellten Scheck. Nach Mitteilung der Wells Fargo Bank in London stimmten die Daten auf dem Scheck nicht mit den Kontodaten überein; das bezeichnete Konto habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Deckung über 67 Mio. € aufgewiesen. An dem sich anschließenden Wochenende traten weitere Ungereimtheiten auf, sodass D. bereits am Sonntag, den 5. Juli 2009, L. den Auftrag erteilte, die Folgen einer Vertragsauflösung zu prüfen. Am Montag, den 6. Juli 2009, übermittelte La. im Auftrag des K. der Kreissparkasse Ahrweiler ein Telefax, mit dem der Überweisungsauftrag vom 3. Juli 2009 endgültig zurückgenommen wurde. Einen Tag später trat D. von sei- nem Amt als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zurück (Fall IV.8 der Urteilsgründe).
33
g) Zeitgleich zu den vorstehend geschilderten Ereignissen um die Finanzierung des Bereichs I von "Nürburgring 2009" wurde der Ausbau des Bereichs II (Hotel- und Gastronomieanlagen) vorangetrieben. Nach den Planungen und den öffentlichen Aussagen der Landesregierung hatte dieser Teil des Ausbauprojektes ausschließlich privat finanziert werden sollen. Weil bis Mitte des Jahres 2007 jedoch trotz Verhandlungen mit zahlreichen Hotelbetreibern kein privater Investor gefunden worden war, wurde schließlich die MS. GmbH als Projektentwicklungsgesellschaft gegründet. 10% ihrer Gesellschaftsanteile hielt die Nürburgring GmbH; 49,5% entfielen auf die später unter dem Namen Med. GmbH firmierende Medi. GmbH. Daneben waren an der MS. GmbH beteiligt die G. & T. GmbH (33,8%) und mit 6,7% die We. -GmbH. Geschäftsführer der MS. GmbH waren die Zeugen Ri. , seinerseits zugleich Geschäftsführer der Med. GmbH, und G. , der Geschäftsführer der G. & T. GmbH.
34
Die M. GmbH betrieb als Bauherrin in der Folgezeit den Ausbau der unter Bereich II fallenden Projekte. Da sie allerdings nicht über die erforderlichen Eigenmittel verfügte, war sie auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Deren Umsetzung gestaltete sich in der Folgezeit schwierig, so dass es u.a. zu folgenden Handlungen kam (Fälle IV.9 a) ff. der Urteilsgründe):
35
Zum Planbereich II gehörte der Bau eines 4-Sterne-Hotels, wegen dessen Finanzierung der Zeuge Ri. Verhandlungen mit der Bank für Tirol und Voralberg (im Folgenden: BTV) führte. Diese war bereit, einen Kredit in Höhe von 26 Mio. € zu gewähren, forderte allerdings, dass die Errichtung des Hotels von einer Gesellschaft betrieben würde, deren einziger Gesellschaftszweck hierin bestand, und daneben einen Eigenkapitalnachweis dieser Gesellschaft in Höhe von6 Mio. €. Die erste Forderung führte zur Gründung der C. M. GmbH (im Folgenden: CM. GmbH). Zur Erbringung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises war die MS. GmbH indes nicht in der Lage. Dieser sollte daher von ihren Gesellschaftern entsprechend der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse aufgebracht werden. Da der Geschäftsführer der We. GmbH allerdings nicht bereit war, sich an dem Projekt finanziell zu beteiligen, sollte deren Anteil von der Med. GmbH übernommen werden; diese hatte somit einen Gesamtanteil von 3,4 Mio. € zu tragen. Hierzu war sie nicht fähig.
36
Anfang Mai 2008 wies Ri. gegenüber D. darauf hin, dass ein Baustopp drohe, falls der Eigenkapitalnachweis nicht geführt werden könne. Dieser empfahl Ri. , sich an die I. und S. bank GmbH (im Folgenden: ISB GmbH) zu wenden. Bei dieser handelt es sich um eine Landesbank, deren alleiniger Gesellschafter das Land Rheinland-Pfalz ist und deren Gesellschaftszweck zu diesem Zeitpunkt insbesondere darin lag, Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz zu fördern. Geschäftsführer der ISB GmbH war der Mitangeklagte M. . Diesen bat D. , die Finanzierung des Bauprojektes zu begleiten.
37
Am 7. Mai 2008 kam es daraufhin zu einem Gespräch in den Räumen der ISB GmbH. An diesem nahmen neben M. der Zeuge Ri. , die Wirtschafts- und Bürgschaftsreferentin des Finanzministeriums Ty. und der Mitangeklagte W. als Geschäftsführer der R.
GmbH (im Folgenden: RIM GmbH) teil. Die RIM GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ISB GmbH; nach ihrem Gesellschaftszweck sollte sie das Land Rheinland-Pfalz in seiner Wirtschafts- und Strukturpolitik im Rahmen der Aufgabenstellung der ISB GmbH unterstützen. Die Überlegung, die Med. GmbH für die Finanzierung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises durch eine Landesbürgschaft zu unterstützen, wurde verworfen, weil hierdurch ein finanzielles Engagement des Landes im Bereich II des Ausbauprojektes öffentlich bekannt geworden wäre. Hieraus entwickelte sich der Vorschlag, dass die RIM GmbH befristet eine stille Beteiligung an der Med. GmbH eingehen und in diesem Rahmen eine stille Einlage in Höhe des benötigten Kapitals zur Verfügung stellen solle. Diese Einlage sollte die Med. GmbH sodann der MS. GmbH als Darlehen weiter reichen. Die RIM GmbH ihrerseits refinanzierte sich über ein Darlehen, welches ihr die ISB GmbH zur Verfügung stellte. Weil der ISB GmbH diese Darlehensgewährung aufgrund geltender Bestimmungen ohne die Absicherung durch entsprechende Bürgschaften nicht möglich gewesen wäre, sollte das Land Rheinland-Pfalz den Kredit in voller Höhe durch eine Landesbürgschaft absichern. Dies bot zugleich den Vorteil, dass die grundsätzlich nach § 18 KWG erforderliche Offenlegung von Kreditunterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4 KWG entfiel. Die Absicherung des Darlehens durch das Land sollte D. als Finanzminister ermöglichen. Dieser entschied, nachdem er über das Konzept informiert worden war, dass in der vorgeschlagenen Weise vorgegangen werde sollte.
38
Am 16. Mai 2008 schlossen die ISB GmbH und die RIM GmbH einen Darlehensvertrag über 3,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2009. Am 19. Mai 2008 erstellte W. eine Beschlussvorlage für die Geschäftsführung der ISB GmbH, in der er u.a. ausführte, dass die nach dem Ver- trag als Sicherheit an die RIM GmbH zu verpfändenden Geschäftsanteile der Med. GmbH an der MS. GmbH nur bedingt werthaltig seien. Gleichwohl stufte er die Med. GmbH in Ratingklasse 1 ein, was der besten Bonität entsprach, obwohl ihm, M. , und D. bekannt war, dass die Med. GmbH tatsächlich keinerlei Finanzkraft aufwies. Sodann schlossen W. und Ri. am 29. Mai 2008 den Vertrag über die stille Beteiligung in Höhe von 3,4 Mio. €, welche zum 30. September 2009 zurückgezahlt werden sollte. Danach wurde die Einlage erbracht.
39
Auch die Nürburgring GmbH konnte den von ihr zu stellenden Eigenkapitalnachweis in Höhe von 600.000 € nicht aufbringen. D. entschied daraufhin, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende stille Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH um diesen Betrag aufgestockt und letztere auch den von der Nürburgring GmbH zu erbringenden Teil des Eigenkapitalnachweises übernehmen sollte. Wie zuvor sollte sich die RIM GmbH über ein Darlehen der ISB GmbH refinanzieren und eine Landesbürgschaft diesen Kredit absichern. Dementsprechend wurden in der Folgezeit Verträge über eine weitere stille Beteiligung zwischen der RIM GmbH und der Med. GmbH (Vertrag vom 26. September 2008) und das Darlehen der ISB GmbH an die RIM GmbH in Höhe von 600.000 € (Vertrag vom 30. September 2008) geschlossen.
40
Schon zuvor - nämlich am 28. August 2008 - hatte D. eine "globale Bürgschaftserklärung" des Landes gegenüber der ISB GmbH über ei- nen Bürgschaftsrahmen von 50 Mio. € unterzeichnet; diese sah unter anderem eine Besicherungsquote von "in der Regel 80% des einzelnen Engagements" vor. Daneben war in Ziff. 7 der Erklärung bestimmt, dass der Ausfall als eingetreten gelte, wenn und soweit die Darlehensnehmerin mit fälligen Leistungen aus den Darlehensverträgen länger als drei Monate seit Fälligkeit in Verzug ist und eine zur Abhilfe bestimmte Frist erfolglos abgelaufen oder aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten ist. Diese Bürgschaftserklärung wurde nunmehr durch D. entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss dahin modifiziert , dass das Land die Bürgschaft in voller Höhe auf die beiden von der ISB GmbH gewährten Darlehen erstreckte. Die entsprechende Erklärung gegenüber der ISB GmbH wurde auf seine Weisung durch Ty. mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 abgegeben.
41
Nachdem die MS. GmbH den Eigenkapitalnachweis erbracht hatte, ge- währte die BTV den zugesagten Kredit in Höhe von 26 Mio. € (Fall IV.9 a) der Urteilsgründe).
42
Anfang November 2008 drohte Ri. erneut mit einem Baustopp, wenn nicht kurzfristig Gelder in Höhe von 10 Mio. € zur Bezahlung der Bauhandwerker zur Verfügung gestellt würden. D. entschied hierauf, dass der Betrag nach dem bereits zuvor praktizierten Modell einer stillen Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH zur Verfügung gestellt werden sollte und das von der ISB GmbH zu vergebende Refinanzierungsdarlehen durch eine Landesbürgschaft zu 100% abgesichert werden sollte. Dementsprechend wurden in der Folgezeit die erforderlichen Verträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH sowie der RIM GmbH und der Med. GmbH geschlossen. Des Weiteren ließ das Finanzministerium auf Weisung von D. erklären, dass die Bürgschaftsquote über die Bestimmungen in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinaus auf 100% erhöht werde. Sodann wurden die 10 Mio. € ausgezahlt, wobei in die Weiterleitung der Gelder von der Med. GmbH an die MS. GmbH in diesem Fall - um die Herkunft der Gel- der aus öffentlichen Mitteln weiter zu verschleiern - noch die P. GmbH zwischengeschaltet war (Fall IV.9 b) der Urteilsgründe).
43
Im November 2008 forderte die Bank für Trient und Bozen im Rahmen von Verhandlungen über deren Beteiligung am Ausbauprojekt, dass die RIM GmbH ihre Beteiligung an der Med. GmbH um 15 Mio. € aufstocken sollte und diese Mittel entsprechend dem Baufortschritt verwendet werden müssten. Auch diese Forderung wurde auf die Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligung umgesetzt; dies schloss - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung vom 28. August 2008 vorgesehene Besicherung von 80% hinaus - die volle Absicherung des Refinanzierungskredites durch das Land ein. Das Gesamtobligo der mittlerweile auch durch die Absicherung anderer Vorhaben ausgeschöpften globalen Bürgschaftserklärung wurde in diesem Rahmen auf 80 Mio. € erhöht. Zu der geplanten Finanzierung durch die Bank für Trient und Bozen kam es indes nicht (Fall IV.9 c) der Urteilsgründe

).


44
Von April bis Juli 2009 meldeten die Geschäftsführer der MS. GmbH in sieben weiteren Fällen jeweils dringenden Liquiditätsbedarf in Höhe von 5,5 Mio. € bis zu 13,63 Mio. €. Die jeweils benötigten Gelder wurden daraufhin auf jeweilige Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligungen von der ISB GmbH finanziert und schließlich als Darlehen von der Med. GmbH an die MS. GmbH weitergereicht (Fälle IV.9 d) bis j) der Urteilsgründe ); in allen Fällen erklärte das Finanzministerium auf Weisung von D. - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinausgehend - die volle Absicherung des von der ISB GmbH bewilligten Refinanzierungskredits. In den Fällen IV.9 b) und IV.9 d) der Urteilsgründe wurden der RIM GmbH zur Absicherung ihres jeweiligen Rückzahlungsan- spruchs Briefgrundschulden an einem Grundstück und einem Erbbaurecht der MS. GmbH bestellt. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurden Eigentümergrundschulden an Grundstücken und Erbbaurechten der MS. GmbH sowie an einem Erbbaurrecht der CM. GmbH bestellt und an die RIM GmbH übertragen. Dass nunmehr Eigentümergrundschulden zur Absicherung dienten, geschah zu Verschleierungszwecken, da zuvor die Eintragung einer Briefgrundschuld über 10 Mio. € bekannt geworden und dadurch der Verdacht aufgekommen war, das Land Rheinland-Pfalz engagiere sich finanziell im privat zu finanzierenden Bereich II des Ausbauprojektes. Aufgrund der Absicherung durch Eigentümergrundschulden war die RIM GmbH als Berechtigte nunmehr nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich. Die Anträge auf Eintragung der Briefgrundschulden gingen im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe nur wenige Wochen nach der Auszahlung der Beteiligungsgelder bei den Grundbuchämtern ein, im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe am Tage der Auszahlung. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurde der jeweils erste Grundschuldbrief spätestens knapp vier Monate nach Zahlung der Beteiligungssumme übergeben. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Grundschulden jeweils in voller Höhe ihres Nominalwertes werthaltig waren, da sie "keine sicheren Feststellungen" über die Werthaltigkeit zum Zeitpunkt ihrer Bestellung, "also während der Bauphase" zu treffen vermochte.
45
Keine der stillen Beteiligungen wurde von der Med. GmbH zurückgezahlt. Daraufhin wurden die stillen Beteiligungen teilweise prolongiert; die Darlehensverträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH liefen im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe ursprünglich bis zum 30. September 2009 und wurden noch vor Ablauf unbefristet verlängert. Die übrigen Refinanzierungsverträge waren von vornherein "bis auf Weiteres" geschlossen worden. Im März 2010 erwarb die Nürburgring GmbH schließlich sämtliche Geschäftsanteile an der MS. GmbH. Sodann wurden die gesamten Verbindlichkeiten der Nürburgring GmbH gegenüber dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz für die Baukosten im Bereich I des Ausbauprojekts sowie der MS. GmbH hinsichtlich der Rückzahlung der Beteiligungsgelder und der CM. GmbH aus deren notleidend gewordenen Kreditverbindlichkeiten gegenüber der BTV in einen Dar- lehensvertrag über 330 Mio. € zusammengefasst. Darlehensgeber war die ISB GmbH, Darlehensnehmerin die Nürburgring GmbH und als weitere Gesamtschuldnerinnen die MS. GmbH sowie die CM. GmbH. Die ISB GmbH wurde abgesichert durch eine "Garantie- und Freistellungserklärung" des Landes Rheinland-Pfalz.
46
3. Am 2. Juli 2010 fand eine Sitzung des im Zusammenhang mit der Nürburgring-Finanzierung durch den Landtag des Landes Rheinland-Pfalz eingesetzten Untersuchungsausschusses statt. Beweisthema dieser Sitzung war der Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 30. Juni 2009 über die Zahlung der Provision in Höhe von 4 Mio. € (vgl. Fall IV.8 der Urteilsgründe). D. sagte hierzu als Zeuge, zuvor über die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage sowie nach § 55 StPO belehrt, aus. Hierbei stellte der Abgeordnete Ey. folgende Frage: "…In Bezug auf die 48-Stunden-Regelung wurde in den Raum gestellt, dass diese 48-Stunden-Regelung im Vorfeld bereits mit Ihnen abgestimmt worden ist. Die Frage ist nur, ob das stimmt und zwar von HerrnMe. und Herrn B. wäre das abgestimmt gewesen mit Ihnen. Die Frage ist, ob Sie das bestätigen können oder nicht." Hierauf antwortete D. : "Kann ich nicht bestätigen. Ich kann nur bestätigen, dass Herr Me. und Herr B. gegenüber Herrn L. häufig behauptet hatten, sie hätten eine bestimmte Sache mit mir besprochen, und wenn Herr L. mich drauf angesprochen hat, habe ich gesagt, stimmt überhaupt nicht. Die haben mir erzählt, was sie gerne hätten. Ich habe mir das angehört, habe aber keineswegs gesagt, ich, Aufsichtsratsvorsitzender D. , habe das zur Kenntnis genommen, kann erledigt werden. Haken drunter. Das habe ich nie gemacht. Aber Me. und B. haben das immer mal versucht."
47
II. Revision des Angeklagten D.
48
1. Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH im Fall IV.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung auf die Sachrüge nicht stand.
49
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seines - im Einzelnen näher dargestellten - Auftretens im Zusammenhang mit der Umsetzung von "Nürburgring 2009" sowie der von ihm in diesem Rahmen getroffenen Entscheidungen als faktischen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH angesehen und hieraus dessen Vermögensbetreuungspflicht gefolgert. Deren Verletzung liege in dem Abschluss der Zahlungsvereinbarung, soweit sich die Nürburgring GmbH dort verpflichtet habe, 4 Mio. € innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar an "G. /P. " zu zahlen. Angesichts der zurückliegenden gescheiterten Finanzierungsversuche im Zusammenhang mit der Einschaltung von Ba. sei es unvertretbar und auch nicht mehr durch den der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum gedeckt gewesen, die Nürburg- ring GmbH hinsichtlich der Zahlung der Provision in einer Höhe von 4 Mio. € in Vorleistung treten zu lassen. Da mit dem Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein einklagbarer Zahlungsanspruch entstanden sei, sei das Vermögen der Nürburgring GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 4 Mio. € gefährdet gewesen. Die Vermögensgefährdung sei mit der Erteilung des Überweisungsauftrages nur noch vertieft worden und habe am 6. Juli 2009 mit der Rücknahme des Überweisungsauftrags geendet.
50
b) Diese Erwägungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Im Ergebnis rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass D. eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Indes genügen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts nicht den an die Darstellung des Vermögensnachteils in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zu stellenden Anforderungen. Im Einzelnen:
51
aa) Es kann offen bleiben, ob die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts tragen, D. habe die Geschäfte der Nürburgring GmbH faktisch geführt. Seine nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen, folgte jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
52
Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52).
53
Die hiernach erforderliche hervorgehobene Stellung von D. ergab sich aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Dessen wesentliche Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG). Hieraus folgt die Pflicht, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Leitungsorgans abzuwenden. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maßnahmen (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 39 f.; Henssler/Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 111 AktG Rn. 9; Krause, NStZ 2011, 57, 58).
54
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, wenn ein Aufsichtsratsmitglied ein strafbares Verhalten des Leitungsorgans feststellt. Aus der jedem Mitglied des Aufsichtsrats obliegenden Verpflichtung, den durch das Verhalten der Geschäftsführung drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden, ergibt sich notwendigerweise die Pflicht, die Geschäftsführung nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die es aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müsste. Eine Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verstoß gegen eine spezifische Treuepflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB dar (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 201 f.). Diese Grundsätze beschränken sich nicht auf Konstellationen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Geschäftsführer zu von ihm abzuwendenen Handlungen bestimmt, sondern gelten gleichermaßen für die sonstige Mitwirkung des Aufsichtsratsmitglieds an entsprechenden Pflichtverletzungen der Geschäftsführung. In den sich aus der Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) ergebenden Pflichtenkanon ist die Prüfung, dass sich der Geschäftsführer nicht in unzulässiger Weise seiner Leitungsfunktion begibt, ebenso eingeschlossen wie die Verpflichtung , Hinweisen auf Fehlverhalten leitender Angestellter nachzugehen und zu ermitteln, ob die Geschäftsführung ihrer Organisations- und Überwachungspflicht nachgekommen ist (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 21, 25 mwN). Eine untreuerelevante Pflichtverletzung liegt daher zumindest auch dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit einem leitenden Angestellten - wie hier K. als Geschäftsführer und L. als Finanzdirektor und Prokurist der Nürburgring GmbH - bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden Fehlverhalten zusammenwirkt.
55
bb) D. hat seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er der Forderung von Me. , die Provision binnen 48 Stunden nach Übergabe des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar auszuzahlen, zustimmte und hierdurch das weitere Verhalten von L. entscheidend beeinflusste, N. aufforderte, die Zahlungsvereinbarung zu unterschreiben, sowie im weiteren Verlauf versuchte, K. zur Überweisung der Provision zu veranlassen.
56
(1) Die getroffene Vereinbarung über die Modalitäten der Provisionszahlung lag außerhalb des freien unternehmerischen Gestaltungsspielraums, der dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zuzubilligen war; damit handelte es sich zugleich um eine L. und N. verwehrte Maßnahme, die D. als Mitglied des Aufsichtsrats zu verhindern hatte.
57
(1.1) Nach den ursprünglich zum Aktienrecht entwickelten (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253) Grundsätzen muss dem Geschäftsführer einer GmbH bei der Leitung der Geschäfte des Unternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes , ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Geschäftsführer einer GmbH (BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284; vgl. auch RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BRDrucks. 3/05, S. 21) und sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336).
58
(1.2) Danach wurden mit dem Abschluss der Vorauszahlungsvereinbarung die Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschritten: Angesichts des bisherigen Verlaufs der Finanzierungsversuche mit Ba. war die Wahrscheinlichkeit evident hoch, dass der von diesem übergebene Scheck nicht gedeckt sein könnte, die Finanzierung erneut nicht zustande kommen würde und damit die von Me. begehrte Erfüllung des Provisionsanspruchs keine Grundlage hatte (zur gesellschaftsrechtlichen Einstufung von Risikogeschäften als pflichtwidrig vgl. etwa Michalski-Haas/Ziemons, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 81).
59
Zutreffend hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abgestellt , dass der vermeintliche Investor Du. nicht offen in Erscheinung getreten war, was nach den Erfahrungen mit den bisher von Ba. vorgestellten Investoren Anlass zur Zurückhaltung hätte geben müssen; darüber hinaus ließ auch das sonstige Verhalten von Ba. an seiner Seriosität zweifeln. Bereits seine wechselnden Forderungen im Rahmen des ersten Versuchs, die Finanzierung umzusetzen, waren auffällig: Während er zunächst die Umsetzung des verfolgten Finanzierungskonzeptes davon abhängig gemacht hatte, dass seitens der I. S.A. eine Bareinlage in Höhe von 120 Mio. US-Dollar erbracht werde, verzichtete er in seiner Kreditzusage vom 15. Mai 2008 auf diese und forderte stattdessen eine Landesbürgschaft in entsprechender Höhe, um nur wenige Tage später die Landesbürgschaft nebst der Bareinlage einzufordern. Deutliche Hinweise auf seine Unredlichkeit ergaben sich weiter, als er im August 2008 gegenüber N. preisgab, aus "Nebengeschäften" mit den Anlagegeldern Zinseinnahmen erwirtschaften zu wollen, weshalb er aufgrund eintretender Zinsnachteile die von D. gewünschte Verkürzung der Anlagefrist von vierzehn auf zwölf Monate ablehnte. Auch hatte Ba. schon während des ersten Finanzierungsversuchs - bei dem der vermeintliche Investor ebenfalls bereits im Hintergrund geblieben war - vereinbarte Fristen nicht eingehalten, so etwa die Verpflichtung, binnen drei Banktagen nach "Einbuchung der Staatsbürgschaft" bzw. nach "Eingang" der Bareinlage bei der Bank eine definitive Finanzierungszusage des Investors nachzuweisen. Dass Ba. in diesem Zusammenhang zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 von der Bildfläche verschwunden war - mithin ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, als die erste Finanzierungsrate gezahlt werden sollte -, stellte seine Zuverlässigkeit zusätzlich in Frage; der von ihm hierzu später genannte Grund, er habe sich in Dubai in Untersuchungshaft befunden, unterstrich diese Zweifel - unabhängig von den verschiedenen von ihm hierzu genannten Hintergründen - ebenso wie der Umstand, dass er schließlich von sich aus gegenüber der P. S.A. die Vertragsbeziehungen gekündigt hatte. Den Beteiligten war ferner bekannt, dass Ba. wiederholt zweifelhafte Investoren ins Spiel gebracht hatte: So hatte die Ölgesellschaft T. nach den Rechercheergebnissen der Rechtsanwaltskanzlei R. nicht über die behaupteten Mittel von 1,2 Mrd. US-Dollar verfügt; auch die Prüfung der A. AG durch die Rechtsanwaltskanzlei R. hatte ergeben, dass deren behauptete Beteiligung an Geothermieprojekten nicht belegbar war und jeglicher Nachweis über die Finanzkraft der Gesellschaft fehlte. Hinsichtlich der T. hatte Ba. im Übrigen erneut eine von ihm in Aussicht gestellte Frist zum Finanzierungsnachweis nicht eingehalten. Schließlich hatte es auch bereits mit dem zuletzt von Ba. präsentierten Investor Du. Ungereimtheiten gegeben, indem etwa zunächst anvisierte Zahlungen des Investors nicht erbracht worden waren.
60
(2) Die Pflichtverletzung stellt sich auch als gravierend im Sinne der zur Ausformung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals der Untreue entwickelten Rechtsprechung dar, da diese Einschränkung der Sache nach nur den - hier wie dargelegt überschrittenen - weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum widerspiegelt , ohne den unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN).
61
cc) Die Urteilsgründe tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, in der Zeit vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2009 sei das Vermögen der Nürburgring GmbH in einer Höhe von 4 Mio. € konkret (schadensgleich) gefährdet gewesen.
62
(1) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Da es sich bei der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens nicht um eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten handelt, sondern auch in diesem Fall die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten sein muss (kritisch daher zur Terminologie BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 224 f.; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331 [zu § 263 StGB]), reicht es nicht aus, lediglich die bloße (konkrete) Gefährdung des Vermögens festzustellen. Dies birgt je nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahr einer Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensschadens; ebenso ist ein solches Vorgehen aufgrund einer undifferenzierten Gleichsetzung von zukünftiger Verlustgefahr und gegenwärtigem Schaden geeignet, die gesetzgeberische Entscheidung, den Versuch der Untreue nicht unter Strafe zu stellen, zu unterlaufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228). Daher dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten auch nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Der Vermögensnachteil ist daher eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228; zu § 263 StGB vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, 458; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331). Voraussetzung ist dabei, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113; BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384 f.), wobei deren Annahme die rechtliche Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung - insbesondere aufgrund des mit der Schaffung der Urkundslage verbundenen erhöh- ten Prozessrisikos (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 f. [zu § 253 StGB]) - nicht zwingend voraussetzt.
63
(2) An einer solchen Darlegung des Vermögensnachteils fehlt es in dem angefochtenen Urteil. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 48 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 StR 302/13, NStZ 2014, 578 [jeweils zu § 263 StGB]); insbesondere ist der durch die Gefährdung eingetretene Vermögensverlust auf Grundlage der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres mit 4 Mio. € anzusetzen.
64
Nicht zu folgen ist der Erwägung der Strafkammer, durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung sei ein einklagbarer Anspruch und aufgrund dessen die "Gefährdungslage" entstanden. Eine vom Zustandekommen der Finanzierung - und damit auch von der Werthaltigkeit des von Ba. übergebenen Schecks - losgelöste Zahlungsverpflichtung wurde durch die 4. Zahlungsvereinbarung nicht begründet. Hiergegen spricht bereits die Bezeichnung der Zahlung als "Vorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009" und damit die Bezugnahme auf den Vertrag vom 2. September 2007. Da die Prüfung des Schecks nach den getroffenen Feststellungen in vierzehn Tagen hätte abgeschlossen sein können - tatsächlich waren die Unstimmigkeiten von den beteiligten Banken sogar schon nach drei Tagen aufgedeckt worden -, wäre selbst bei unmittelbarer Anstrengung eines Urkundsverfahrens (§§ 592 ff. ZPO) seitens B. und Me. davon auszugehen gewesen , dass die Nürburgring GmbH ihre Einwendungen gegen den Provisionsanspruch mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 598 ZPO) hätte geltend machen können.

65
Auch soweit hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensnachteils auf die Übermittlung des Überweisungsauftrags an die Kreissparkasse Ahrweiler abgestellt wird, tragen die Urteilsgründe nicht die Wertung des Landgerichts. Insoweit war - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die die Nürburgring GmbH beratenden Rechtsanwälte Lü. und Di. etwa zeitgleich zur Übersendung des Zahlungsauftrags um 17:17 Uhr K. auf die strafrechtliche Dimension seines Handelns hinwiesen und die Überweisung zu verhindern suchten sowie dass seitens der LBBW gegenüber dem Finanzministerium noch am 3. Juli 2009 um 19:19 Uhr und 20:14 Uhr Zweifel an der Werthaltigkeit des Schecks geäußert worden waren - in die erforderliche Bewertung einzustellen, dass nach seinerzeitiger Rechtslage der Überweisungsauftrag seitens der Nürburgring GmbH bis zu dem Zeitpunkt kündbar war, in dem der Überweisungsbetrag dem Kreditinstitut der G. AG endgültig zur Verfügung gestellt worden wäre (§ 676a Abs. 4 BGB aF).
66
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
67
aa) Entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Januar 2015 wird im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche Bewertung der tatsächlichen Vermögenseinbuße die Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erwägen sein.
68
bb) Sollten sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung belegen lassen, wird bei der erforderlichen Bezifferung des Vermögensnachteils in den Blick zu nehmen sein, dass sich D. mit Me. anlässlich des Telefonats vom 29. Juni 2009 auf eine unmittelbare Rücküberweisung von 1,2 Mio. € an die Nürburgring GmbH verständigt hatte. Soweit hierdurch oder vor dem Hintergrund dieser Abmachung durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein vertraglicher Anspruch der Nürburgring GmbH auf Rücküberweisung in der verabredeten Höhe entstanden sein sollte, könnte der Vermögensnachteil durch den vertraglichen Gegenanspruch teilweise kompensiert worden sein.
69
2. Auch der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) kann nicht bestehen bleiben.
70
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seiner Stellung als Finanzminister und der hiermit einhergehenden, unter anderem aus § 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. 2009/2010 folgenden Befugnisse als gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vermögensbetreuungspflichtig angesehen. Mit der Übernahme von Landesbürgschaften in voller Höhe der jeweils von der ISB GmbH der RIM GmbH gewährten Darlehen habe er gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz , § 7 Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz [im Folgenden : LHO]) verstoßen, weil die Bürgschaftsübernahmen erklärt worden waren , obwohl sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO im Rahmen der eingegangenen stillen Beteiligung bei der Med. GmbH keinen angemessenen Einfluss gesichert habe, die Beteiligungsgelder ohne vorherige Bestellung wirksamer grundpfandrechtlicher Sicherheiten gezahlt worden seien und auch ansonsten keine ausreichende Besicherung gegeben gewesen sei. Die Med. GmbH sei auch niemals in der Lage gewesen, die Beteiligungsgelder fristgerecht zurückzuzahlen. Aufgrund der hieraus folgenden Ausfallgefährdungen habe jeweils die "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Eintritt des Bürgschaftsfalls bestanden. Aufgrund dessen sei das Landesvermögen bereits mit der Bürgschaftsübernahme schadensgleich gefährdet gewesen. Soweit in den Einzelfällen zugunsten der RIM GmbH nach diesem Zeitpunkt Grundschulden bestellt worden seien, um die jeweiligen Ansprüche auf Rückzahlung der Beteiligungsgelder abzusichern, sei von deren vollen Werthaltigkeit auszugehen. Im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe habe die Vermögensgefährdung daher mit dem Eingang des jeweiligen Antrags auf Eintragung der Briefgrundschuld geendet, in den Fällen bestellter Eigentümergrundschulden (Fälle IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe) sei dies mit Eingang des Grundschuldbriefes bei der RIM GmbH anzunehmen. Im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mangels eingetretenen Vermögensnachteils freigesprochen, da die Beteiligungssumme an dem Tag ausgezahlt wurde, an dem die Anträge auf Eintragung der Grundschulden bei den Grundbuchämtern eingingen.
71
b) Die Feststellungen tragen eine Strafbarkeitvon D. wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz bereits deshalb nicht, weil die Strafkammer ihre Annahme, mit der Übernahme der Bürgschaften sei das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz schadensgleich gefährdet worden, nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
72
aa) Die Übernahme einer Bürgschaft stellt einen den Bürgen verpflichtenden Rechtsakt dar. Mangels eines unmittelbaren Zahlungsabflusses liegt in der Bürgschaft zunächst nur eine abstrakt wirkende Belastung, die die Gefahr der späteren Inanspruchnahme in sich trägt. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nur dann, wenn sich die künftige Verlustgefahr aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles schon zu diesem Zeitpunkt so weit verdichtet hat, dass sie als schadensgleich zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378 mwN). Wie bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe ausgeführt ist dies eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren. Mit der vollen Höhe der Bürgschaftssumme kann ein Gefährdungsschaden nur angesetzt werden, wenn mit einer Inanspruchnahme von vornherein zu rechnen ist oder es sich bei dem durch die Bürgschaft ermöglichten Vorhaben um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelt (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378).
73
bb) Nach diesen Maßstäben belegt das angefochtene Urteil einen Vermögensnachteil nicht. Eine an den Maßstäben des Wirtschaftslebens ausgerichtete Darstellung und Bezifferung des Vermögensnachteils ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Rückzahlungsansprüche der ISB GmbH gegen die RIM GmbH "höchst ausfallgefährdet" waren und die Vermögensgefährdung mit den jeweiligen Bürgschaftssummen gleichzusetzen wäre; denn dieser Schluss wird von den Feststellungen nicht getragen.
74
(1) In den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe hat sich die Strafkammer zutreffend mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit der Bestellung der jeweiligen Grundpfandrechte eine Sicherung der RIM GmbH in Höhe der jeweils geleisteten stillen Einlagen eingetreten war. Die Annahme, die Grundschulden seien in sämtlichen Fällen ausreichend werthaltig gewesen, um im Falle einer Verwertung die RIM GmbH in Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche zu befriedigen, widerspricht jedoch der Bewertung der Bürgschaften als "höchst ausfallgefährdet". Das Landgericht hat hierbei insbesondere unberücksichtigt gelassen, dass der Ausfall der durch die Bürgschaft abgesicherten Hauptforderung gemäß Ziff. 7 der jeweils zugrundeliegenden globalen Bürgschaftserklä- rungen daran geknüpft war, dass die RIM GmbH als Darlehensnehmerin mit ihrer Rückzahlungsverpflichtung länger als drei Monate in Verzug war und aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten war. Da der längste Zeitraum zwischen Auszahlung der stillen Beteiligung und Bestellung der Grundschuld nur rund vier Monate betrug (Fall IV.9 g) der Urteilsgründe), die Rückzahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen aber erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, war innerhalb dieses kurzen "ungesicherten" Zeitraums mit einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu rechnen. Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die stillen Beteiligungen ausgezahlt wurden, bevor die Anträge auf Bestellung der Grundschulden bei den jeweiligen Grundbuchämtern eingegangen waren. Dies wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prognose nur dann bedeutsam, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu der Bestellung nicht kommen würde. Dies hat das Landgericht jedoch weder ausdrücklich festgestellt noch geben die getroffenen Feststellungen in ihrem Zusammenhang hierfür einen Anhalt.
75
Aufgrund der Annahme des Landgerichts, die bestellten Grundschulden seien im Zeitpunkt ihrer Bestellung hinsichtlich der abgesicherten Forderungen werthaltig gewesen, ist die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen IV.9 a) und c) der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Die Validität der Grundschulden hing maßgeblich von der Rentabilität des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" und der auf den belasteten Grundstücken errichteten Anlagen ab. Von diesen Faktoren war gleichermaßen auch die Wirtschaftskraft der Med. GmbH und der MS. GmbH abhängig, so dass die positive Bewertung der bestellten Sicherheiten für die Annahme spricht, dass die Beteiligungsgelder seitens der Med. GmbH bei deren Fälligkeit bzw. im Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz - ge- mäß der jeweiligen Sicherungsabrede frühestens drei Monate nach Verzug der RIM GmbH - hätten bedient werden können.
76
(2) Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bürgschaften eine Einstandspflicht des Landes Rheinland-Pfalz zu erwarten gewesen sei, zudem im Wesentlichen auf die Darstellung der Vermögensverhältnisse der Med. GmbH als Vertragspartnerin der Hauptschuldnerin RIM GmbH beschränkt. Da die Bürgschaften im Zeitpunkt ihrer Vergabe nach dem Vertragswerk frühestens drei Monate nach Zahlungsverzug der RIM GmbH in Anspruch genommen werden konnten, hätte die erforderliche Ausfallprognose auf diesen Zeitpunkt bezogen werden müssen. Insoweit war auch zu belegen, ob bzw. in welchem Umfange davon auszugehen war, dass die MS. GmbH die ihrerseits von der Med. GmbH erhaltenen Darlehen nicht zurückzahlen werde. Dass die Strafkammer die seitens der Med. GmbH an die RIM GmbH verpfändeten Geschäftsanteile an der MS. GmbH als wertlos angesehen hat, führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis ; die Begründung, die MS. GmbH sei vollständig fremdfinanziert gewesen und als Gegenwert für die zur Verfügung gestellten Gelder habe lediglich eine unvollendete Baustelle gegenübergestanden, lässt besorgen, dass das Landgericht den Wert der Anteile lediglich bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Verpfändung bewertet hat. Der bloße Umstand der Fremdfinanzierung besagt als solcher aber noch nichts über die im Tatzeitpunkt zu erwartende Unrentabilität der geförderten Bauvorhaben. Diese liegt im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe auch nicht nahe; hiergegen spricht, dass die in diesem Fall eingegangenen stillen Beteiligungen der RIM GmbH dazu dienten, eine Kreditvergabe der BTV in Höhe von 26 Mio. € zu ermöglichen, was schließlich auch gelang, wobei die BTV ihr Engagement naheliegend erst nach eigener umfassender Prüfung und Bewertung des Projektes eingegangen war.

77
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zu diesen Anklagepunkten auf Folgendes hin:
78
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass D. schon angesichts der in den jeweiligen Landeshaushaltsgesetzen eingeräumten weiten Befugnisse, über das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz zu verfügen und dieses zu verpflichten (vgl. etwa §§ 9, 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 und Landeshaushaltsgesetz 2009/2010), eine hervorgehobene Verantwortung gegenüber dem Land und dessen Vermögen zukam, er mithin vermögensbetreuungspflichtig war.
79
Durch die jeweils hundertprozentige Absicherung der von der ISB GmbH gewährten Darlehen könnte er gegen die Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) verstoßen haben. Gemäß § 39 Ziff. 5 Satz 2 VVLHO dürfen Bürgschaften nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Landes zu rechnen ist. Gemäß Satz 3 sind in diesem Fall Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen (§ 23 LHO) erforderlich (vgl. hierzu Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 1275; Nebel in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 47. EL, § 39 BHO Rn. 1 f.; Graf in: Heuer, KHR, Rn. 3 zu § 39 BHO). Der Regelung in § 39 Ziff. 5 Sätze 2 und 3 VV-LHO kommt eine die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers schützende Bedeutung zu, da die Differenzierung nach der Gewissheit der späteren Inanspruchnahme der hierdurch einhergehenden Beschränkung des künftigen Haushaltsgesetzgebers Rechnung trägt.
80
Sollte ein Verstoß gegen § 39 Ziff. 5 Satz 2 VV-LHO vorliegen, könnte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob D. zusätzlich pflichtwidrig den aus § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2008/2009 folgenden Parlamentsvorbehalt umging, wonach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen einer institutionellen Förderung unter den dort genannten Voraussetzungen gesperrt waren und die Aufhebung der Sperre einer Einwilligung des Landtages bedurfte, wenn - wie hier - die Zuwendung den Betrag von 150.000 € überschritt. In Bezug auf die der ISB GmbH ermöglichten Darlehensvergabe bzw. der der RIM GmbH ermöglichten Beteiligungen an der Med. GmbH handelte es sich zwar um eine Projektförderung (vgl. hierzu Dommach in: Heuer, KHR, Rn. 5 zu § 26 BHO; Heller, Haushaltsgrundsätze, 2. Aufl., Rn. 1398 ff.), weil die - dies unterstellt - nach § 39 Ziff. 5 Satz 3 VV-LHO als Zuwendung zu veranschlagenden Landesbürgschaften der Deckung von Ausgaben für ein einzeln abgegrenztes, genau bestimmtes Vorhaben der RIM GmbH dienten. Eine (mittelbare) globale Förderung im Sinne einer institutionellen Förderung gemäß § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 lag aber in den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe gegenüber der MS. GmbH vor; denn insoweit wurden die Gelder jeweils zur Begleichung nicht näher dargestellter Forderungen transferiert, bei deren Nichtbegleichung ein Baustopp gedroht hätte.
81
bb) Soweit die Strafkammer demgegenüber eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch einen Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) angenommen hat, ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher grundsätzlich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 89; vgl. auch BVerfG, Be- schluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 217 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 236; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 261; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b, 44; aA Munz, Haushaltsuntreue, S. 162 ff.). Die getroffenen Feststellungen belegen einen derartigen Verstoß indes nicht. Hierzu gilt:
82
(1) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen (Ziff. 1 VV-LHO zu § 7; v.Lewinski/Burbat, BHO, § 7 Rn. 3). Er bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 16 zu § 7 BHO [Teil 1]; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll (Ziff. 1.2 zu § 7 VV-LHO) und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 1 ff. zu § 7 BHO [Teil 2]; Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 711; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Inhaltliche Aufgabenprioritäten lassen sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch nicht ableiten; dieses trifft - anders als der Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO) - keine Aussage über das verfolgte Ziel (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 110 Rn. 154; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144; aA Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 49. EL, § 7 Rn. 3 [der Grundsatz der Notwendigkeit als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots]); es ist mithin zwar eine Verfahrensmaxime, aber kein Maßstab, der an das politischgestalterische Ziel anzulegen ist (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Schließlich stellt das Gebot - nicht zuletzt auch deswegen, weil sich Maximal- und Minimalprinzip im Einzelfall gegenseitig ausschließen können - nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84 mwN; vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 88).
83
(2) Bei ihrer Erwägung, der Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei darin begründet, dass sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO keine hinreichenden Kontrollbefugnisse und damit keinen angemessenen Einfluss bei der Med. GmbH gesichert habe, hat die Strafkammer verkannt, dass sich das Land Rheinland-Pfalz nicht unmittelbar an der Med. GmbH beteiligte. Vielmehr lag - vermittelt über ISB GmbH und RIM GmbH - nur ein Fall der sog. mittelbaren Beteiligung vor. Für diese gilt die Vorgabe des § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO gemäß § 65 Abs. 3 Sätze 1 und 3 LHO jedoch nur, wenn eine Beteiligung von mehr als 25% erworben wird (Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 46. EL, § 65 Rn. 13; vgl. auch Ziff. 2.3 zu § 65 VV-LHO). Ein Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Med. GmbH war mit den stillen Beteiligungen der RIM GmbH nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht verbunden.
84
In den Fällen IV.9 b), e) bis j) der Urteilsgründe ist eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch nicht darin begründet , dass die Bürgschaften bereits vor der Bestellung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten übernommen wurden. Zwar lässt sich am Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich messen, ob durch ein kurzfristiges Handeln vermeidbare finanzielle Nachteile entstehen. Dass D. allein durch die zeitliche Komponente seines Handelns den ihm zuzubilligenden Gestaltungsspiel- raum überschritt, belegen die Urteilsgründe jedoch nicht: Diesen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass die spätere Bestellung der Grundpfandrechte ernsthaft in Zweifel hätte gezogen werden müssen. Einer Inanspruchnahme des Landes vor diesem Zeitpunkt standen bereits die in den globalen Bürgschaftserklärungen enthaltenen Fälligkeitsbestimmungen entgegen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass ein Baustopp unabhängig von politischen Erwägungen nachteilige Konsequenzen für das Bauprojekt und insbesondere die Geschäftsbeziehung mit den die Bauarbeiten ausführenden Firmen bis hin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hätte nach sich ziehen können.
85
Schließlich belegen die getroffenen Feststellungen auch nicht, dass aus anderen Gründen durch die gewählte Konstruktion mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr vereinbare finanzielle Nachteile entstanden, etwa durch hohe Transaktionskosten, die bei einer unmittelbaren Darlehensvergabe der ISB GmbH an die MS. GmbH und einer entsprechenden Landesbürgschaft nicht angefallen wären.
86
cc) Soweit die Strafkammer angenommen hat, dass in dem von den Beteiligten gewählten Vorgehen ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen (Art. 107 ff. AEUV) lag (vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 - IP/14/1067), ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass dies keine untreuerelevante Pflichtverletzung darstellte. Nicht jeder Verstoß gegen die Rechtsordnung begründet zugleich eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB relevante Pflichtverletzung. Der erforderliche untreuespezifische Zusammenhang liegt vielmehr nur dann vor, wenn der unmittelbar verletzten Rechtsnorm selbst vermögensschützender Charakter zukommt (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91 f.). Dies ist bei den europäischen Beihilfevorschriften , deren Zweck im Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen liegt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755, 757; G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, AEUV, Art. 107 Rn. 10; Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3550 f.), nicht der Fall.
87
In der Nichtbeachtung der Art. 107 ff. AEUV lag auch nicht deshalbein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit , weil eine europarechtswidrige Ausgabe nicht geleistet werden dürfe und damit zwangsläufig haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verletze. Die Gegenmeinung (vgl. Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3551) stützt sich auf die Erwägung, die eine Ausgabe zur Beihilfe qualifizierende Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setze voraus, dass das Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, marktübliche Gegenleistung erlange und sich damit aus Sicht des "market economy investors" als unwirtschaftlich darstelle. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine EUbeihilferechtswidrige Leistung verletze zugleich haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Die Unwirtschaftlichkeit einer Maßnahme der öffentlichen Hand verstößt nicht zwangsläufig gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil dieses nur eine relative Betrachtung gemessen am selbst nicht zu bewertenden, mit der Leistung verfolgten Zweck verlangt (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102); sie bewirkt auch nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen den Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO). Aus diesem Grunde stehen beide Haushaltsgebote - was die Gegenmeinung nicht in Frage stellt - auch nicht der Gewährung von mit dem EU-Recht vereinbaren Beihilfen (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV) entgegen, die ebenfalls an die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV anknüpfen (G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, Art. 107 Rn. 16 f.; von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 107 Rn. 196, 212).
88
dd) Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung der Höhe des eingetretenen Vermögensnachteils gilt:
89
(1) Sollte das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich auf die Bürgschaften bzw. auf die diese im Rahmen des Umschuldungskonzeptes ersetzende Garantie- und Freistellungserklärung finanzielle Leistungen erbracht haben, käme es in dieser Höhe auf die exakte Bezifferung des Gefährdungsschadens im Tatzeitpunkt nicht mehr an. In diesem Fall hätte sich der ursprüngliche Eingehungsschaden in einem Erfüllungsschaden materialisiert und würde sich nach dessen Wert bemessen (vgl. insoweit zur Schadensbestimmung im Rahmen von § 263 StGB: BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341).
90
(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, in einer Bürgschaftsvergabe liege mangels Unmittelbarkeit zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil dann keine Untreue, wenn - wie hier - der Eintritt des Bürgschaftsfalls den Verzug des Schuldners über einen längeren Zeitraum voraussetze (vgl. Schneider, wistra 2015, 369, 374). Zutreffend ist zwar, dass die Tathandlung im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB den Vermögensnachteil unmittelbar bewirken muss (vgl. BGH, Urteile vom 7. September 2011 - 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529; vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115 f.; umfassend SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 84, 62 mwN; aA Rübenstahl /Wasserburg NStZ 2004, 521, 526). Besteht dieser im Tatzeitpunkt aber schon aufgrund der durch die Rahmenumstände gegebenen sicheren Erwartung , dass der Bürgschaftsfall eintreten wird, so ist die aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit schon durch Eingehen der Verbindlichkeit bewirkte Vermögensminderung in diesem Sinne unmittelbar. Unerheblich ist dann, ob der Erfüllungsschaden isoliert betrachtet eine derartige sachliche und zeitliche Nähe zu der Pflichtverletzung aufweist, dass er dem Unmittelbarkeitserfordernis genügen könnte.
91
(3) Die Haftung der RIM GmbH gegenüber der ISB GmbH war nach den jeweiligen Darlehensverträgen begrenzt auf die Geldeingänge aus der refinanzierten Beteiligung sowie auf die Erlöse der für diese Beteiligung bestellten Sicherheiten , wobei nach weiterer Vereinbarung die Haftungsfreistellung einer Inanspruchnahme des Bürgen durch die ISB GmbH nicht entgegenstehen durfte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB wird gegebenenfalls zu erörtern sein, ob - was naheliegend erscheint - in den ausgegebenen globalen Bürgschaftserklärungen oder den Schreiben, mit denen D. die Bürgschaft auf die volle Darlehenssumme erstrecken ließ, diesbezügliche Erklärungen des Landes enthalten waren (zur Abdingbarkeit von § 768 vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278, 288 f.; MüKoBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 3) oder ob entsprechende Einschränkungen sonst aus der Sicherungsabrede folgten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, 1352; Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 7).
92
(4) Von seiner Annahme ausgehend, dass bereits in dem Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung lag, hat sich das Landgericht konsequent mit der den Schuldgehalt der Tat betreffenden Frage befasst, ob die angenommene Vermögensgefährdung durch spätere Umstände entfallen war. Soweit es den "Gefährdungszeitraum" im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe allerdings - D. insoweit nicht beschwerend - auf den "Zeitraum der zugelassenen Anklage" begrenzt hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Mit dem erstmaligen Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, ist das Delikt der Untreue vollendet (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00, NStZ 2001, 650; vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Spätere Entwicklungen, die den Schaden vertiefen oder entfallen lassen, wirken sich allerdings auf das Maß der Schuld aus. Sie sind daher für die Beurteilung von Tat und Täter von Bedeutung und vom Gericht - im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) - zu ermitteln. Der Grundsatz , dass sich Untersuchung und Entscheidung auf die in der Anklage bezeichnete Tat beschränken (§§ 155, 264 StPO), steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99 mwN).
93
ee) Das neue Tatgericht wird auch zu prüfen haben, ob sich D. wegen Anstiftung zur Untreue durch die Mitangeklagten M. und/oder W. strafbar gemacht hat. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt , dass gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßende Rechtsgeschäfte gemäß § 134 BGB unwirksam sein können (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755 ff. mwN), wird zu prüfen sein, inwieweit bewusst Leistungen rechtsgrundlos oder ohne rechtswirksame Absicherung erbracht wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403).
94
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.8, 9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen , mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil, von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen bleiben möglich. In den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe hebt der Senat die Feststellungen über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus vollständig auf, da der Angeklagte im Hinblick auf die vom Senat erteilten Hinweise noch keine Möglichkeit der Verteidigung hatte und um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
95
4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils in den Fällen IV.9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe auf die Mitangeklagten M. und W. zu erstrecken.
96
5. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil von D. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
97
a) Es kann auch in den Fällen IV.5, 6, 7 und 10 der Urteilsgründe offen bleiben, ob D. als faktischer Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zu qualifizieren ist, da sich dessen Vermögensbetreuungspflicht - wie zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargelegt - jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats ergab.
98
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe lagen schon die Vereinbarungen zu den einzelnen Zahlungen - wie das Landgericht hinsichtlich Fall IV.6 der Urteilsgründe zutreffend ergänzend dargelegt hat - außerhalb des der Geschäftsführung zuzubilligenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums, da die Zahlungen nicht im Unternehmenswohl der Nürburgring GmbH lagen:
99
Im Fall IV.5 der Urteilsgründe entstanden der Nürburgring GmbH durch die Übernahme der Gründungskosten für die G. AG nach den getroffenen Feststellungen keine auch nur im Ansatz erkennbaren Vorteile. Deren Gründung kam ausschließlich B. und Me. entgegen, die sich hierdurch steuerliche Vorteile versprachen. Auch in den Fällen IV.6 und 7 der Urteilsgründe widersprachen die Zahlungen den Unternehmensinteressen. Sie waren nicht durch den Vorvertrag vom 27. März 2007 bzw. dessen Nachträge gedeckt; zudem hatten weder die I. -GmbH noch die P. GmbH "wie auch immer geartete Leistungen" oder "abrechnungsfähige Aufwendungen" erbracht. Bei dieser Sachlage besteht nach den bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargestellten Maßstäben die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit von D. darin, dass er gemeinsam mit L. (Fall IV.6) bzw. in dessen Anwesenheit (Fälle IV.5 und 7) den Entschluss zur jeweiligen Zahlung fasste und diese hierdurch veranlasste. Es bedarf damit keiner näheren Betrachtung, ob - wie vom Landgericht angenommen - mit der Zahlung auch deshalb eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde, weil dieser kein wirksamer Rechtsgrund zugrunde lag. Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen stellen zwar jedenfalls dann eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes dar, wenn das den Rechtsgrund bildende Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 402). Angesichts der den § 125 Satz 2, § 134 BGB zugrundeliegenden unterschiedlichen Normzwecke ist jedoch zweifelhaft, ob dies in gleicher Weise generell auch dann anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgrundes aus einem Verstoß gegen ein - wie hier - rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis folgt.
100
c) Die Verurteilung im Fall IV.11 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) erweist sich aus den vom Landgericht in seinem Urteil dargelegten Gründen als rechtsfehlerfrei. Diesen wird auch nicht deshalb die Grundlage entzogen, weil das Urteil im Fall IV.8 der Urteilsgründe aufzuheben ist. Zwar knüpft die Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage inhaltlich an die dortigen Vorkommnisse an. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind jedoch weitgehend rechtsfehlerfrei getroffen und können in dem bereits dargelegten Umfang bestehen bleiben. Soweit die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe in Bezug auf die Bestimmung des Vermögensnachteils und hinsichtlich der subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind, ist dies ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die von D. am 2. Juli 2010 vor dem Untersuchungsausschuss getätigte Aussage falsch war und dieser vorsätzlich handelte.
101
6. Zu den erhobenen Verfahrensrügen gilt das Folgende:
102
a) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen unbegründet.
103
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO, weil das Landgericht der Verteidigung die Akteneinsicht in rechtlich bedenklicher Weise erschwert habe, indem es eine Spiegelung sichergestellter Datenträger abgelehnt und Einblick in diese lediglich in den Räumen der Staatsanwaltschaft gewährt habe, ist unzulässig. Dabei kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den Datenträgern um Beweismittel oder Aktenbestandteile handelte, nicht an. Selbst wenn die von der Revision vertretene Einstufung als Aktenbestandteil zutreffen sollte, betreffen die mit der Rüge angegriffenen Entscheidungen des Vorsitzenden und der Strafkammer lediglich die Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht. Diese Entscheidung ist gemäß § 336 Satz 2, § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht revisibel (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 336 Rn. 18). Ob für die Fälle einer willkürlichen Beschneidung des Einsichts- und Besichtigungsrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2011 - 2 BvR 449/11, NJW 2012, 141, 142) etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Ein sachfremdes Handeln hat die Revision nicht dargelegt; insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus den angegriffenen Entscheidungen.
104
c) Auf die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kommt es nicht an. Sie betrifft ausschließlich die Beweiswürdigung zu den Fällen IV.9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe; insoweit ist der Schuldspruch mit den dazugehörigen Feststellungen schon auf die Sachrüge aufzuheben.
105
7. Durch die Teilaufhebung des Urteils ist die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde von D. gegenstandslos, da bereits die Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang der Kostenentscheidung die Grundlage entzieht (KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 464 Rn. 20, LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn. 42)
106
III. Revision des Angeklagten K.
107
1. Der Schuldspruch kann im Fall IV.2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat sich K. keiner Untreue schuldig gemacht; insoweit ist er freizusprechen. Im Einzelnen:
108
a) Das Landgericht ist der Auffassung, die Entscheidung von K. zur Übernahme der Kosten für die Gründung der P. S.A. sei nicht mehr von der ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gedeckt gewesen. Er habe auch Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats verletzt, weil es sich um eine nach § 7 Abs. 1 GesV zustimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe. Soweit der Aufsichtsrat die Geschäftsführung bereits mit Beschluss vom 1. Juli 2008 zu Vertragsabschlüssen im Rahmen der Finanzierung von "Nürburgring 2009" ermächtigt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss sei auf Grundlage der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV ergangen, die dahin ausgelegt werden müsse, dass eine im Vorfeld erteilte Zustimmung nur dann zulässig sei, wenn der Aufsichtsrat diese an bestimmte Auflagen binde. Dies folge daraus, dass sich der Aufsichtsrat nach der Gesamtkonstruktion des § 7 GesV nicht jeglicher Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Geschäftsführung begeben dürfe. An entsprechenden Auflagen habe es in dem Beschluss vom 1. Juli 2008 gefehlt. Überdies sei die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. auch nicht "notwendig" im Sinne des Aufsichtsratsbeschlusses gewesen.
109
b) Dies hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass K. als Geschäftsführer der Nürburgring GmbH vermögensbetreuungspflichtig war (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 274). In dem von der Strafkammer festgestellten Verhalten von K. lag jedoch keine Verletzung einer das Vermögen der Nürburgring GmbH schützenden Pflicht; weder überschritt er den ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraum noch umging er Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
110
aa) Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. lag innerhalb des K. als Geschäftsführer eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessensspielraums.
111
Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, liegt eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Im Rahmen des der unternehmerischen Entscheidung vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozesses sind die möglichen negativen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen , wie etwa ein Ansehensverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit, ebenso in die Überlegungen einzustellen wie die mit imagepflegenden Maßnahmen einhergehenden positiven Folgen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 231,

233).


112
Gemessen hieran bewegte sich K. mit seiner Entscheidung, die Kosten für die Gründung der P. S.A. zu übernehmen, noch innerhalb des ihm zustehenden weiten Ermessensspielraums. Hinsichtlich der Verbindung der I. S.A. zu einem mexikanischen Drogenkartell lag aufgrund der im luxemburgischen Handelsregister enthaltenen Eintragungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ein verifizierbarer und nicht lediglich vager oder offensichtlich haltloser Verdacht vor. Angesichts dessen war es aus unternehmenspolitischen Gründen - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung des Ausbauprojekts auch im Bereich II noch nicht sichergestellt war und dort Privatinvestoren gesucht wurden - im Interesse der Gesellschaft, diesen Schein einer Verbindung kurzfristig zu beseitigen. Dass die I. S.A. oder die hinter ihr stehenden B. und Me. hierzu vertraglich verpflichtet waren, belegen die Urteilsgründe auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht. Allein der Umstand, dass eine gute Reputation naheliegend auch im eigenen Interesse der I. S.A. lag, begründete einen vertraglichen Anspruch nicht. Die Höhe der mit der Neugründung der P. S.A. verbundenen Kosten, war zwar in die Abwägung der insoweit gegenläufigen Unternehmensinteressen einzustellen ; dieser Gesichtspunkt wurde allerdings dadurch relativert, dass die Kosten bei erfolgreichem Zustandekommen der Finanzierung auf den dann fälligen Provisionsanspruch angerechnet werden konnten. Bei dieser Sachlage ist ein strafrechtlicher Vorwurf auch nicht deshalb begründet, weil K. seine Entscheidung traf, bevor die Angaben von Me. zum Erwerb der I. S.A. - die sich nur zehn Tage nach Vertragsschluss als zutreffend herausstellten - überprüft worden waren. Denn der durch die Registerlage hervorgerufene Schein blieb bestehen; Dritte hätten weiterhin den Schluss auf eine Verbindung zur mexikanischen Drogenmafia ziehen und mit den etwaigen negativen Folgen für das Ansehen der Nürburgring GmbH bzw. das Ausbauprojekt öffentlich machen können. Dass es sich hierbei nicht nur um ein fernliegendes Szenario handelte, zeigt sich daran, dass auch D. bei seinen eigenen Recherchen im Internet bereits auf entsprechende Gerüchte gestoßen war.
113
bb) K. verstieß mit seiner Entscheidung zur vertraglichen Kostenübernahme und deren Umsetzung auch nicht gegen seine Pflicht zur Einbeziehung des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs. 1 GesV.
114
(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Maßnahme grundsätzlich zustimmungsbedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 GesV war. Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A zählte angesichts des Ausnahmecharakters des Geschäfts sowie seiner finanziellen und unternehmenspolitischen Tragweite im Sinne der Satzung nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
115
Die Satzungsbestimmung war auch wirksam und verstieß nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bei einer GmbH bestellt, so gilt gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend, wonach die Satzung bestimmte Arten von Geschäften einem Zustimmungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat unterwerfen kann. Soweit in der Kommentarliteratur zu § 52 GmbHG unter Rückgriff auf aktienrechtliche Grundsätze die Auffassung vertreten wird, satzungsmäßig bestimmte Zustimmungsvorbehalte seien aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig, wenn sie - wie hier - generalklauselartig ausgestaltet sind (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229 mwN; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361, 369, 371; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110), ist dem jedenfalls für die hier zu bewertende Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nicht zu folgen. Die zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten aktienrechtlichen Grundsät- ze sind auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nicht ohne weiteres übertragbar , da § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gemäß § 52 Abs.1 GmbHG nur anzuwenden ist, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag anderes bestimmt ist (sog. Satzungsautonomie , vgl. etwa Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 52 Rn. 24; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 16; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 9 ff.). Es ist daher anerkannt, dass die Satzung im Fall des fakultativen Aufsichtsrats die aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Pflichten sowohl einschränken als auch ausweiten kann (BeckHdbGmbH/Müller, 5. Aufl., § 6 Rn. 52; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 13; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 378; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110). Angesichts des im Recht der GmbH bestehenden Satzungsvorrangs kann der Ausschluss generalklauselartiger Zustimmungsvorbehalte somit nicht auf den Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ("bestimmte Arten von Geschäften") gestützt werden (so aber Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229). Angesichts der unterschiedlichen Strukturen von GmbH und AG, wonach dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Einflusses der Gesellschaftsversammlung als oberstem Organ eine schwächere Stellung in der Gesellschaft zukommt als dem Vorstand einer AG (vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 19), bestehen gegen eine generelle Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung keine Bedenken; unerheblich ist, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nach aktienrechtlichen Maßstäben als unwirksam zu qualifizieren wäre (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 111 Rn. 66; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 85; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 123 f.; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, § 111 Rn. 46). Die hier zu bewertende, nur Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfassende Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV beschneidet die Kompetenzen der Geschäftsführung auch nicht derart, dass deren Führungsbefugnis im Kernbereich betroffen ist (vgl. zu dieser Grenze MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 368). Da der Terminus des "gewöhnlichen" Geschäftsverkehrs zudem in handelsrechtlichen Bestimmungen über die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis verwendet wird (vgl. etwa § 54 Abs. 1, § 116 Abs. 1 HGB), schafft dieser ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff für den Geschäftsführer auch keinen Zustand untragbarer Rechtsunsicherheit (vgl. zu diesem Aspekt MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361).
116
(2) K. verstieß jedoch nicht gegen § 7 Abs. 1 GesV, weil sein Vorgehen durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 gedeckt war und es damit einer weiteren Einbeziehung des Aufsichtsrats nicht mehr bedurfte.
117
(a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch im Fall der satzungsmäßig bestimmten Zustimmungsvorbehalte im Vorfeld erteilte Globalbeschlüsse (auch "Generalzustimmung", "Rahmenzustimmung", "Vorwegeinwilligung" ) des Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig sind, wenn die Satzung solche - wie hier in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV - zulässt (vgl. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 203; Hopt/Roth in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 111 Rn. 665 f.; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 109; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 126). Rechtsfehlerhaft ist allerdings der von der Strafkammer gezogene Schluss, der Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 sei unwirksam, da eine im Vorfeld erteilte generelle Zustimmung zwingend mit Auflagen hätte verbunden werden müssen.
118
Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV lässt sich die Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung ausdrücklich mit Auflagen zu verbinden , nicht entnehmen. Systematisch bezieht sich die Regelung auf die "zustimmungspflichtigen Geschäfte" und erfasst damit sowohl die in § 7 Abs. 2 GesV konkretisierten als auch alle anderen unter die Generalklausel des Abs. 1 fallenden Geschäfte. Könnte der Aufsichtsrat seine Zustimmung einschränkungslos und spiegelbildlich zur Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV allgemein zu sämtlichen von Abs. 1 erfassten Geschäften erteilen, bestünde die Gefahr, dass er die ihm vom Satzungsgeber zugewiesene Funktion als Kontrollorgan unterliefe. Dies bedingt - wie das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat -, dass er den Umfang und die Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert. Weitergehende Beschränkungen - auch in inhaltlicher Sicht - folgen hieraus für die Ausgestaltung des Zustimmungsbeschlusses allerdings nicht: Dass der Aufsichtsrat mit jeder Rahmenzustimmung die Kontrolle über die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Geschäfte in einem gewissen Maße verliert , liegt in der Natur solcher Rahmenbeschlüsse; dies wird jedoch insbesondere dadurch kompensiert, dass es dem Aufsichtsrat jederzeit möglich ist, die Geschäftsführung zur Berichtserteilung anzuhalten (vgl. hierzu Koppensteiner /Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Rn. 32) und seine Generalzustimmung zu widerrufen. Schließlich verlangen weder die aus der Satzung folgende Funktion des Aufsichtsrats noch sonstige Gesichtspunkte , dass der Aufsichtsrat die für die Zulässigkeit einer Vorwegeinwilligung erforderlichen Konkretisierungen an die Geschäftsführung ausdrücklich als "Auflage" bezeichnet.
119
Nach diesen Maßstäben bestehen an der Wirksamkeit des Aufsichtsratsbeschlusses vom 1. Juli 2008 keine Bedenken. Die von der Zustimmung des Aufsichtsrats erfassten Geschäfte waren dadurch in dem erforderlichen Maße präzisiert, dass der sachliche Bezug der bewilligten Geschäfte zur Finanzierung des Ausbauprojektes hergestellt war und abzuschließenden Vereinbarungen unter der Voraussetzung eines "notwendigen" funktionalen Zusammenhangs standen.
120
(b) Die mit der Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" eng verbundene Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. war schließlich auch von dem Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 umfasst. Insbesondere handelte es sich um eine im Sinne des - von der Strafkammer insoweit nicht näher ausgelegten - Aufsichtsratsbeschlusses zur Finanzierung des Projektes "notwendige" Vereinbarung.
121
Bei verständiger Würdigung beschränkte der Aufsichtsrat seine Zustimmung hiermit nicht auf den Abschluss solcher Verträge und Vereinbarungen, ohne die das Finanzierungskonzept objektiv nicht umsetzbar gewesen wäre, insbesondere die vor der Beschlussfassung seitens der Geschäftsführung vorgelegten Entwürfe des Nießbrauchs-, Generalübernehmer-, Miet- und Optionsvertrages. Vielmehr umfasste die Zustimmung auch solche Vereinbarungen, die - wie hier - in Zusammenhang mit der Finanzierung des Bereichs I standen und seitens der Geschäftsführung in vertretbarer Weise als erforderlich angesehen wurden. Dies folgt daraus, dass der Aufsichtsrat im Beschlusszeitpunkt über die Einzelheiten des verfolgten Finanzierungskonzeptes unterrichtet war und dieses umgesetzt wissen wollte; hätte er der Geschäftsführung hierbei keinen eigenen Gestaltungsspielraum einräumen oder seine Zustimmung auf die ihm vor der Entscheidung vorgelegten Vertragsentwürfe beschränken wollen, hätte es nahegelegen, entweder die Vertragsentwürfe ausdrücklich im Beschluss zu benennen oder von vornherein auf eine Generalzustimmung zu verzichten. In der stattdessen verwendeten Formulierung "Verträge und sonstigen Vereinbarun- gen" kommt die im Beschlusszeitpunkt bestehende Ungewissheit über den Umfang und die Art der für die Umsetzung der Finanzierung erforderlichen Geschäfte deutlich zum Ausdruck.
122
Die von D. befürchteten negativen Folgen auf die - zu diesem Zeitpunkt nicht sichergestellte - Finanzierung des Ausbauprojekts für den Fall, dass sich die Gerüchte um die Verbindung der I. S.A. zur mexikanischen Drogenmafia ausbreiten sollten, lagen nahe und waren von einer sachlichen Grundlage getragen. Dass K. dies anders beurteilt und aus sachfremden Erwägungen heraus gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war es im Sinne der dargelegten Maßstäbe vertretbar, die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. als für die weitere Durchführung des Projektes notwendig anzusehen.
123
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung von K. wegen Untreue zu tragen vermögen. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
124
2. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die getroffenen Feststellungen aus den bereits zur Revision von D. dargelegten Gründen nicht den Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH.
125
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall IV.8 der Urteilsgründe entzieht der insoweit verhängten Einzelstrafe die Grundlage; dies und der durch den Freispruch im Fall IV.2 der Urteilsgründe bedingte Wegfall der in diesem Fall festgesetzten Einzelstrafe führen zur Aufhebung des Gesamtstrafenaus- spruchs. Die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe können allerdings in dem zur Revision von D. dargelegten Umfang bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
126
4. Weitere zum Nachteil von K. wirkende Rechtsfehler hat die auf die Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung nicht ergeben. Über die in der Begründungsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Juni 2015 dargelegten Gründe hinaus bedarf nur Folgendes der näheren Erörterung:
127
a) Im Fall IV.3 der Urteilsgründe überschritt K. mit der von ihm veranlassten Zahlung den ihm zukommenden unternehmerischen Entscheidungsfreiraum. Die Maßnahme lag nicht im Unternehmenswohl: Nach der - durch die Nachträge modifizierten - Vertragslage zum Vorvertrag vom 27. März 2007 bestand keine Verpflichtung der Nürburgring GmbH zum Aufwendungsersatz über September 2008 hinaus. Es war auch nicht erkennbar, dass die I. GmbH im Oktober 2008 noch wesentliche Leistungen im Hinblick auf die angestrebte Umsetzung des mit Ba. angestrebten Finanzierungskonzeptes erbringen musste; die für die Anlage der von Ba. geforderten Bareinlage erforderlichen Voraussetzungen waren bereits geschaffen. Bereits am 24. September 2008 - nur zwei Tage nach der Rechnungsstellung - wurde der Betrag von 80 Mio. € absprachegemäß angelegt; die weiteren Schritte waren von Ba. zu erbringen. Weder für die Zahlung noch für eine etwaige mündliche Vereinbarung hierüber - für deren Vorliegen die Urteilsgründe überdies keine konkreten Anhaltspunkte geben; insb. bezog sich die gegenständliche Rechnung auf § 2 des "geschlossenen Vorvertrag[s]" - bestand damit eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Da die Maßnahme mithin außerhalb des unternehmerischen Gestaltungsspielraums lag, handelte es sich um eine Pflichtverletzung , ohne dass es auf weitere Wertungen noch ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN). Ob K. aufgrund einer Umgehung des Aufsichtsrats zusätzlich noch ein Verstoß gegen die Satzung der Nürburgring GmbH vorzuwerfen ist, bedarf keiner weitergehenden Betrachtung. Ebenso kann offen bleiben, ob Zahlungen auf eine formunwirksame Forderung stets untreuerelevant sind.
128
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe liegt die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch K. ebenfalls darin, dass die gegenständlichen Zahlungen - wie im Rahmen der Revision von D. ausgeführt - unter keinem Gesichtspunkt im Unternehmenswohl und damit außerhalb des dem Geschäftsführer einzuräumenden freien Gestaltungsspielraums lagen.
129
5. Die auf Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrügen bleiben aus den zur Revision von D. dargelegten Gründen ohne Erfolg.
130
IV. Revision des Angeklagten N.
131
1. Der Schuldspruch wegen Untreue im Fall IV.7 der Urteilsgründe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die getroffenen Feststellungen belegen kein täterschaftliches Handeln des Angeklagten N. , da sich aus ihnen weder die konkrete Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht noch die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft (§ 25 StGB) ergeben.
132
a) Täter der Untreue kann aufgrund des Sonderdeliktscharakters nur derjenige sein, dem eine in Bezug auf das geschädigte Vermögen bestehende Betreuungspflicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472, 473). Der Schluss des Landgerichts, dass N. einer derartigen Pflicht zuwider handelte, wird von den Urteilsgründen nicht getragen.
133
aa) Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellt, auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, NJW 2013, 1615). Nicht jede vermögensmindernde Pflichtverletzung eines Vermögensbetreuungspflichtigen ist demnach bereits untreuerelevant, sondern nur der Verstoß gegen eine Pflicht, die gerade spezifisch dem Vermögensschutz dient (MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 40; ders. in Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201, 204). Maßgebend für die Abgrenzung sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

22).


134
bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Angeklagten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses eine im vorstehenden Sinne qualifizierte Stellung hinsichtlich des Vermögens der Nürburgring GmbH zukam. Diese folgte aus seiner Verpflichtungs- und Freigabebefugnis für Forderungen gegen die Nürburgring GmbH bis zu maximal 20.000 € und aus seiner Aufgabe, eingehende Rechnungen auf ihre inhaltliche und sachliche Richtigkeit zu prüfen, sowie der hiermit einhergehenden Möglichkeit, auf deren Auszahlung wesentlichen Einfluss zu nehmen.
135
Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass N. im Fall IV.7 der Urteilsgründe in diesem Pflichtenkreis tätig wurde: In die mit Me. getroffene Vereinbarung über die Erstattung des Aufwendungsersatzes, war N. nicht eingebunden. Soweit der Angeklagte im Rahmen der Zahlung des Betrages von 150.000 € involviert war, belegen die - missverständlich formulierten - Fest- stellungen lediglich, dass er diese vorbereiten ließ; freigegeben wurde die Auszahlung durch K. , der die auf Veranlassung von N. erstellte Auszahlungsanordnung unterschrieb. Dass N. über eine möglicherweise nur im Innenverhältnis zur Nürburgring GmbH wirkende Beschränkung die Zahlung von Beträgen über 20.000 € wirksam anweisen konnte, belegen die Urteilsgründe nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang N. Handlungsvollmacht eingeräumt war; denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen , dass der Angeklagte mit der "Anweisung" gegenüber De. , den Geldbetrag "zu überweisen", in dem ihm hierdurch eröffneten Aufgabenbereich agierte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass N. Leiter der von ihm aufgebauten Controlling-Abteilung der Nürburgring GmbH war; die Feststellungen lassen offen, welche konkreten Aufgaben und Entscheidungsspielräume sich für den Angeklagten hierdurch ergaben.

136
Da die inhaltlich unrichtige Rechnung der I. GmbH vom 15. Juni 2009 erst nach der Überweisung bei der Nürburgring GmbH einging, kann schließlich auch eine inhaltliche Bestätigung der Rechnung durch N. - ungeachtet der hierzu fehlenden Feststellungen - nicht ursächlich für die Auszahlung geworden sein; da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und ggf. durch wen die Rechnung vom 15. Juni 2009 inhaltlich und sachlich bestätigt worden war, ergibt sich schon deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer von N. (mit)bewirkten falschen Buchführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, NJW 2010, 3458, 3460 mwN; BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00, BGHSt 47, 8, 11 mwN; Urteil vom 7. Dezember 1965 - 5 StR 312/65, BGHSt 20, 304; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 191, 227) keine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
137
b) Die getroffenen Feststellungen belegen darüber hinaus auch nicht die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft.
138
aa) Auch wenn man annimmt, N. habe in dem seine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Pflichtenkreis gehandelt, verwirklichte er die Tat nicht im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB selbst. Soweit er De. zu der sog. Blitzüberweisung aufforderte, lag hierin keine Aufforderung, die Überweisung unmittelbar auszuführen. Diese setzte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vielmehr das Vorhandensein einer unterschriebenen Auszahlungsanordnung voraus. Dass De. diese Unterschrift leisten konnte oder nach der Vorstellung von N. hätte leisten sollen, zeigen die Urteilsgründe nicht auf; hiergegen spricht auch, dass angesichts der Höhe der Zahlung auch der De. in der Hierarchie übergeordnete N. zur Unterschrift weder befugt noch willens war. Mit der bloßen Aufforderung an De. , die Überweisung vorzubereiten, war die Wahrscheinlichkeit einer späteren Auszahlung indes noch nicht in einem Maße gestiegen, dass hierin bereits eine tatbestandliche schadensgleiche Vermögensgefährdung gesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die spätere Vorlage der Auszahlungsanordnung von N. an K. zur Unterschrift, zumal N. hierbei noch explizit auf seine Bedenken gegen den Vorgang hinwies und gegenüber seinem Vorgesetzten die Auszahlung zu verhindern suchte. Dass N. nach der Vorlage der Auszahlungsanordnung noch an dem weiteren Geschehen beteiligt war, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach alledem erschöpfte sich der eigene Beitrag von N. in bloßen Unterstützungshandlungen.
139
bb) Auch eine Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von N. wird von den Urteilsgründen nicht belegt. Ein mittäterschaftliches Handeln ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14, BGHR VStGB § 6 Mittäter 1; vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
140
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein seine Kenntnis von der Tatbegehung durch D. und K. kann eine Mittäterschaft nicht begründen. Die festgestellten Tatbeiträge bestanden ausschließlich in Unterstützungshandlungen, welche L. oder K. ohne weiteres selbst hätten vornehmen können. Schließlich ist in den Blick zu nehmen , dass N. ersichtlich kein eigenes Interesse am Taterfolg verfolgte; denn er stellte sich von Beginn an gegen die Forderung von Me. und tat dies sowohl seinem Vorgesetzen L. als auch dem in der Unternehmenshierarchie an der Spitze stehenden K. unter Darstellung seiner Bedenken kund. Selbst wenn N. eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen haben sollte, führt dies weder allein (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, 10. Aufl., § 45 Rn. 21; MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 186; SK-StGB/Hoyer, 32. EL, § 25 Rn. 21 ff.; aA Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 355 ff.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 39 ff., 43 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor § 25 Rn. 82; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 107) noch in der Zusammenschau mit den weiteren seine Beteiligung kennzeichnenden Umstände zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurtei- lungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
141
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass trotz des Charakters der Untreue als Sonderdelikt nicht offenbleiben können wird, ob einer täterschaftlichen Verurteilung von N. bereits die allgemeinen Voraussetzungen der (Mit-)Täterschaft oder auch seine im konkreten Fall möglicherweise fehlende qualifizierte Stellung zum Vermögen der Nürburgring GmbH entgegenstehen. Die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 - 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53); ihr Fehlen begründet einen zwingenden Strafmilderungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten , wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein darauf beruht, dass das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, wistra 2015, 146; vom 6. März 2013 - 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
142
2. Auch im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Untreue nicht, weil sie weder eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung von N. noch einen hierdurch eingetretenen Vermögensnachteil belegen. Hinsichtlich des von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegten Vermögensnachteils gelten die insoweit zur Revision von D. dargelegten Gründe entsprechend. Zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gilt Folgendes:
143
Wie bereits ausgeführt, liegt eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur vor, wenn dem Täter eine zum Schutz des Vermögens des Geschädigten hervorgehobene Stellung zukommt und die von ihm konkret verletzte Pflicht auf den Pflichtenkreis zurückgeht, der diese Stellung begründet. Letzteres lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese teilen nicht mit, aufgrund welcher Umstände N. überhaupt an der Zahlungsvereinbarung beteiligt war. Ihnen ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem Grunde N. mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, die Nürburgring GmbH durch die Zahlungsvereinbarung zu verpflichten. Dies könnte aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Fall gewesen sein, ebenso könnte er durch eine einzelfallbezogene Entscheidung seiner Vorgesetzten hinzugezogen und ihm (ggf. konkludent ) Einzelvollmacht erteilt worden sein. Hinsichtlich der bestehenden Handlungsvollmacht bleibt jedoch in den Urteilsgründen offen, ob der Abschluss der Zahlungsvereinbarung von dieser überhaupt umfasst sein konnte. Der Begriff der Handlungsvollmacht ist inhaltlich offen und enthält keinen aus sich heraus bestimmbaren Umfang der Vollmacht. Dieser wird alleine vom Vollmachtgeber festgelegt. Auch § 54 HGB kodifiziert lediglich eine speziell geregelte Rechtsscheinhaftung (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 9; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 1), deren Umfang indes vom Inhalt der erteilten Vollmacht abhängt (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 10), und unterscheidet drei typisierte, in ihrem Umfang wesentlich differierende Varianten der Handlungsvollmacht (Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 10 ff.). Nähere Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Sie lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen und ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass N. mit seiner Unterschrift unter die Zahlungsvereinbarung "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH" der Vereinbarung zustimmte. Sollte N. hingegen aufgrund einer (konkludent) erteilten Einzelvollmacht tätig geworden sein, belegt auch dies angesichts des Zusammenwirkens mit L. als seinem Vorgesetzten noch nicht ohne weiteres den im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB erforderlichen eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum.
144
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe bedingt den Wegfall der verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es im Fall IV.8 der Urteilsgründe über den sich aus den Revisionen von D. und K. ergebenden Umfang hinaus auch im Hinblick auf die Umstände, welche die Vermögensbetreuungspflicht von N. begründen.
145
4. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene sachlichrechtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil von N. ergeben. Über die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründe hinaus bedarf es lediglich im Fall IV.3 der Urteilsgründe des im Rahmen der Revision von K. näher ausgeführten Hinweises, dass die Begleichung der Rechnung der I. GmbH vom 22. September 2008 und damit auch deren sachliche und inhaltliche Bestätigung bereits außerhalb des einem Geschäftsführer einzuräumenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums lag. Auf die Frage, ob N. bewusst war, dass der Aufsichtsrat bei der Entscheidung übergangen worden war, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
Becker RiBGH Pfister ist in den Schäfer Ruhestand getreten und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 616/10
vom
14. April 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung.
BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10 - LG Köln
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zusammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte Ende der 1990er Jahre die Idee, durch den "Verkauf von Aktien" Geld für einen von ihm geplanten Windkraftpark zu gewinnen. Zu diesem Zweck erwarb er im Jahre 2001 die nicht börsennotierte, vermögenslose L. AG als Alleinak- tionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat der L. AG berief er ab und ersetzte ihn durch ihm nahe stehende Personen. Auf Anraten eines Rechtsanwalts verschaffte sich der auf dem Gebiet des Aktiengeschäfts völlig unerfahrene Angeklagte in der Folgezeit Geld von Anlegern, indem er mehrfach das Grundkapital der L. AG gegen Bareinlage im Wege der Ausgabe von Vorzugsaktien, teils auch Inhaberaktien, erhöhte bzw. zu erhöhen vorgab.
3
Die Aktien ließ er in der Zeit vom 28. Januar 2002 bis 3. Januar 2005 zu jeweils unterschiedlichen Preisen durch Telefonverkäufer an Privatanleger vertreiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Zeichnung von Aktien durch 17 Anleger, denen in 78 Fällen Aktien veräußert wurden. Hierbei vereinnahmte die L. AG 8,258 Mio. €. Während des Tatzeitraums und danach entnahm der Angeklagte in seiner Funktion als Vorstand der L. AGhiervon 7,74 Mio. €. Damit finanzierte er seinen eigenen Lebensunterhalt als Ausgleich für seine Vorstandstätigkeit und zahlte an die Telefonverkäufer Provisionen in Höhe von 12 % der jeweiligen Anlagesumme. Die meisten Anleger erhielten vor allem zu Beginn Dividendenzahlungen in zwei- bis fünfstelliger Höhe.
4
b) Den Kapitalerhöhungen lagen nur am Anfang entsprechende Beschlüsse der Hauptversammlung zugrunde (Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 7. November 2001, 8. März 2002 und 22. November 2002). Für zwei weitere Kapitalerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 fehlten die notwendigen Kapitalerhöhungsbeschlüsse. Lediglich die Durchführung der ersten Kapitalerhöhung vom 7. November 2001 wurde am 24. September 2002 mit einem Betrag von 1,547 Mio. € in das Handelsregister eingetragen. Die handelsrechtliche Eintragung weiterer Kapitalerhöhungen unterblieb, da - was hierfür erforderlich gewesen wäre - die an die L. AG geleisteten Einlagezahlungen der Anleger dem Handelsregister aufgrund der Entnahmen des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnten.
5
c) Der Angeklagte ließ in seiner Funktion als Vorstand einen umfangreichen Emissionsprospekt anfertigen, in dem er nicht nur die L. AG als junges, im Aufbau befindliches Immobilienunternehmen darstellte, sondern auch auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hinwies. Mit dem Emissionsprospekt bzw. einem entsprechenden Kurzexposé warb der Angeklagte über die Telefonverkäufer für den Kauf von Vorzugsaktien der L. AG, deren Börsengang er für die Jahre 2004/05 in Aussicht stellte. Den Emissionsprospekt passte der Angeklagte bei den jeweiligen Kapitalerhöhungen inhaltlich an.
6
Ein operatives Geschäft entfaltete der Angeklagte zunächst nicht. Aufgrund gegen ihn gerichteter polizeilicher Ermittlungen im Mai 2002 erkannte er jedoch die Notwendigkeit, gewisse Bemühungen hinsichtlich des prospektierten Börsengangs und des Immobilienerwerbs gegenüber den Anlegern darstellen zu können. Pläne des Angeklagten, den "Börsenmantel" der K. AG, die nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren von allen Verbindlichkeiten bereinigt war, zu übernehmen, scheiterten. Ende Dezember 2002 kam es zum einzigen Immobilienerwerb der L. AG im Tatzeitraum, als diese 90 % der Anteile der Fa. A. T. GmbH, die Eigentümerin dreier M. -Hotels war, übernahm. Den ratenweise zu zahlenden Kaufpreis von 3,1 Mio. € erbrachte die L. AG nur unvollständig, so dass die C. R. E. AG (ehemals K. AG) im Oktober 2004 die von der L. AG gehaltenen Anteile an der A. T. GmbH erwarb.
7
d) Nach Ablauf der Eintragungsfrist für die zweite Kapitalerhöhung vom 8. März 2002 war die L. AG am 31. März 2003 außerstande, den erforderlichen Bareinlagebetrag nachzuweisen. Infolge dessen entfiel die Wirkung der Zeichnungserklärungen der Anleger, denen deshalb Rückzahlungsansprüche gegen die L. AG in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlungen zustanden.
Hierdurch wurde die L. AG zahlungsunfähig. Um eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, ließ der Angeklagte gleichwohl den Vertrieb von Vorzugsaktien fortsetzen. In den Zeichnungsscheinen der Anleger ließ er mit fiktiven Daten zwei weitere Kapitalerhöhungsbeschlüsse ausweisen, die tatsächlich nie gefasst worden waren.
8
e) In der Folge unterbreitete die Mehrheitseignerin der C. R. E. AG der L. AG ein bedingtes Übernahmeangebot, das letztlich nicht zustande kam. Gleichwohl ließ der Angeklagte weiterhin Anleger mit einer unmittelbar bevorstehenden Übernahme durch die C. R. E. AG werben. Erst am 3. Januar 2005 stellte er schließlich den telefonischen Aktienverkauf ein.
9
f) Am 2. Juni 2005 kam es zu einer Informationsveranstaltung, bei der den Anlegern ein Tausch von L. -Aktien in Aktien einer Tochtergesellschaft der C. R. E. AG in Aussicht gestellt wurde. Tatsächlich wurde ihnen Mitte des Jahres 2006 gegen Rückgabe von L. -Vorzugsaktien im Verhältnis 3:2 Vorzugsaktien der amerikanischen Gesellschaft D.S. I. (DSI) angeboten. Im Gegenzug sollten mit der Übertragung der Aktien sämtliche Ansprüche gegen die L. AG abgegolten sein. Nähere Feststellungen zum wirtschaftlichen Hintergrund dieses Tauschangebots hat das Landgericht nicht getroffen. Nahezu alle Anleger, die sich verpflichten mussten, die Aktien der DSI mindestens 12 Monate zu halten, nahmen das Angebot an. Zum Übertragungszeitpunkt betrug der Kurswert der DSI-Aktie 8,50 €, nach Ablauf der Haltefrist 2,50 €. Zwei Anleger erhielten im Vergleichsweg einen erheblichen Anteil der geleisteten Anlagesummen zurück.
10
2. Das Landgericht hat - ohne dies näher zu erläutern - Betrug in 78 rechtlich zusammentreffenden Fällen angenommen. Hierbei hat es dem Ange- klagten die von den Telefonverkäufern vorgenommenen Täuschungshandlungen mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) zugerechnet. Hinsichtlich des Vermögensschadens hat das Landgericht - auch ohne weitere Darlegung - zu Beginn des Tatzeitraums einen nicht näher bezifferten Vermögensgefährdungsschaden , nach dem Scheitern des Ankaufs der A. T. -Anteile und Einzahlungen der Anleger auf tatsächlich nicht gefasste Kapitalerhöhungsbeschlüsse einen tatsächlichen Vermögensschaden angenommen.

II.

11
Die Verurteilung wegen Betrugs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an der hinreichenden Feststellung eines Vermögensschadens.
12
1. a) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGHSt 30, 388 f.; BGH wistra 1993, 265; wistra 1995, 222; NStZ 1999, 353, 354; BGHSt 53, 199, 201). Bei der - hier vorliegenden - Konstellation eines Betruges durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 10). Ein Schaden liegt demnach vor, wenn die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten (BGHSt 30, 388, 390). Zu be- rücksichtigen ist beim Eingehen von Risikogeschäften dabei auch eine täuschungs - und irrtumsbedingte Verlustgefahr, die über die vertraglich zugrunde gelegte hinausgeht. Ein darin liegender Minderwert des im Synallagma Erlangten ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bewerten (vgl. BGHSt 53, 198, 202 f.; zur Frage der Entbehrlichkeit des Begriffs des Gefährdungsschadens vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 157 f.). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des 2. Senats - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220) ist dieser Minderwert konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern. Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung dieses Risikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen , um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10).
13
b) Gemessen daran ist nach den landgerichtlichen Feststellungen ein Vermögensschaden für Zeichnungen bis März 2003 (anders ab April 2003; s. unten II.1.d) nicht hinreichend nachgewiesen. Für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe bei Abschluss der Zeichnungsverträge ein Schaden eingetreten ist, ist der Wert der erworbenen Vorzugsaktien der L. AG - zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt - maßgebend und dem jeweils zu zahlenden Kaufpreis gegenüberzustellen. Entsprach der Aktienwert dem Gegenwert des Kaufprei- ses, liegt kein Schaden vor. Ob und ggf. in welcher Höhe die gezeichneten Aktien zum Zeitpunkt der jeweiligen Zeichnung tatsächlich einen wirtschaftlichen Wert hatten, lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Senat vermag daher nicht festzustellen, ob das Landgericht zutreffend von einem Schaden ausgegangen ist.
14
Ein Schaden in Höhe der jeweiligen Anlagesumme - wovon das Landgericht trotz Annahme eines Vermögensgefährdungsschadens offenbar ausgeht - besteht nur dann, wenn die Aktie zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt wertlos war. Zu Beginn des Tatzeitraums (Januar 2002) könnte dies der Fall gewesen sein, da die L. AG zunächst kein operatives Geschäft betrieb und die Dividendenzahlungen in erster Linie als Anreiz für den Erwerb weiterer Aktienpakete dienten. Ob zu dieser Zeit unter Berücksichtigung der Angaben im Emissionsprospekt ein Ertragswert des Unternehmens und damit eine sich daraus ergebende Werthaltigkeit der Aktie festgestellt werden kann, erscheint deshalb zweifelhaft. Soweit aufgrund der dauernden Einzahlung von Anlagegeldern, die dem Handelsregister bei der Eintragung auch noch in Höhe von 1,547 Mio. € im Jahr 2002 nachgewiesen werden konnten, Barvermögen der Gesellschaft vorhanden war, könnte dies freilich gegen die vollständige Wertlosigkeit der gezeichneten Aktien sprechen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die durch Täuschung veranlasste Zeichnung von Aktien zur Anfangszeit mit den Fällen sog. Schneeball-Systeme vergleichbar sein könnte, bei denen Neu-Anlagen zumindest auch verwendet werden, um früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Hier nimmt die Rechtsprechung ohne weitere Differenzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten eingezahlten Kapitals an, da ihre Chance sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stütze und ihre Gewinnerwartung daher von vornherein wertlos sei (vgl. BGHSt 53, 199, 204 f.; kritisch hierzu Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 130).
15
Der Senat braucht dies hier nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls ab Mai 2002 ist die Annahme einer vollständigen Wertlosigkeit der Anlage zumindest zweifelhaft. Zu diesem Zeitpunkt begann die L. AG - orientiert an den Planvorgaben des Emissionsprospekts - mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebs , in dessen Folge es im Dezember 2002 zum Erwerb der Anteile an der A. T. GmbH kam. Daneben zahlte die L. AG im August 2002 125.000 € an Do. I. , im September 2002 1,3 Mio. € an F. C. zum Zwecke der (letztlich allerdings gescheiterten) Übernahme des "Börsenmantels" der K. AG und erwarb im November 2002 Aktien der K. AG im Wert von 185.000 €. Hinzu kommt, dass die L. AG für die (vorübergehende ) Übernahme der A. T. -Anteile jedenfalls größere Teile des ratenweise zu zahlenden Kaufpreises aufgebracht hat. Schließlich weisen die spätere Veräußerung der A. T. -GmbH-Anteile und die wirtschaftlich nicht näher nachzuvollziehende Übernahme von werthaltigen DSI-Aktien mit dem darauf erfolgten Tausch von L. -Vorzugsaktien in DSI-Aktien darauf hin, dass die L. AG offenbar nicht ohne Wert war. Dies legt - auch wenn es sich dabei um nach der Zeichnung der Aktien liegende Umstände handelt - nahe, dass jedenfalls ein vollständiger Wertverlust der L. -Aktie ab Mai 2002 nicht gegeben war.
16
Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das - täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte - Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl.
Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen - wie vorliegend der Fall - nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen , unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.
17
c) Die Feststellungen tragen für die Zeit bis März 2003 auch hinsichtlich der Zahlung der Anlagegelder nicht die Annahme eines Vermögensschadens. Zwar ist es ab der 2. Kapitalerhöhung vom 8. März 2002, für die die Eintragungsfrist am 31. März 2003 ablief, nicht mehr zu einer Eintragung in das Handelsregister gekommen, so dass die Anleger keine Aktien erwarben. Erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht bis zum Ende der Eintragungsfrist, entfällt entsprechend § 158 Abs. 2 BGB die Wirkung der Zeichnung (BGH NJW 1999, 1252, 1253; Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 14; Peifer in MüKo AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 25) mit der Folge, dass die Anleger keine Aktionärstellung erlangen und bereits gezahlte Anlagegelder zurückzugewähren sind. Hätte der Angeklagte bereits bei der jeweiligen Zeichnung der Aktien durch die Anleger die Vorstellung gehabt, dass es mangels fehlenden Nachweises gegenüber dem Registergericht nicht zur Eintragung in das Handelsregister kommen könnte, wäre mit der täuschungsbedingten Zahlung der Anlagegelder angesichts eines in Kauf genommenen Entfallens der Gegenleis- tung ein Schaden anzunehmen. Dahingehende Feststellungen lassen sich dem Urteil des Landgerichts jedoch nicht entnehmen.
18
d) Dagegen dürfte die Annahme eines Schadens für die ab April 2003 gezeichneten Anlagen, bei denen der Angeklagte Kapitalerhöhungen vortäuschte , denen kein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung zugrunde lag, im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Es kann dahinstehen, ob die Zeichnungserklärungen der Anleger und die Annahme durch die L. AG vor diesem Hintergrund überhaupt zu wirksamen wechselseitigen Verpflichtungen geführt haben (vgl. hierzu Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 27; Lutter in Kölner Kommentar AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 36; Peifer in MüKo AktG 3. Aufl. § 185 Rn. 62), die im Rahmen der Schadensfeststellung zu saldieren wären. Da der Angeklagte in den Zeichnungsscheinen fiktive Kapitalerhöhungsbeschlüsse angegeben hat und damit erkennbar von Anfang an nicht die Absicht hatte, wirksame Kapitalerhöhungen durchzuführen, ist den Anlegern spätestens mit Erbringung der Zahlungen in dieser Höhe ein endgültiger Schaden entstanden. Sie hatten keine Aussicht, Aktionär zu werden, so dass ein Schaden in Höhe der jeweiligen Zeichnungssumme vorlag. Der den Anlegern zustehende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Einlagen stellt insoweit keine unmittelbare Schadenskompensation, sondern lediglich einen möglichen Schadensausgleich dar, der die Annahme eines Schadens unberührt lässt.
19
Aufgrund der landgerichtlichen Annahme tateinheitlicher Verknüpfung sämtlicher Betrugstaten unterliegt das Urteil jedoch insgesamt der Aufhebung.
20
2. Der Senat weist darauf hin, dass die Verurteilung wegen einer Tat in 78 tateinheitlich zusammen treffenden Betrugsfällen rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat übersehen, dass für jeden Beteiligten von Straftaten selbständig zu ermitteln ist, ob Handlungseinheit oder -mehrheit gegeben ist. Maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrages oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten einer Deliktsserie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag , so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGH NStZ 2010, 103). Erbringt der Täter dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr., vgl. BGHSt 49, 177, 182 ff.).
21
Gemessen daran belegen die Feststellungen jedenfalls keine 78 Straftaten des Betrugs. Der Angeklagte hat nicht mit jeder einzelnen Anlagevermittlung durch die Telefonverkäufer, von der er im Zweifel keine Kenntnis hatte, eine selbständige Tat begangen, sondern mit jedem neuen Entschluss zur täuschenden Werbung von Anlegern, die er durch sein Verhalten gegenüber den Telefonverkäufern initiierte. Nach den bisherigen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte jedenfalls mit jeder neuen Kapitalerhöhung, womöglich aber auch mit weiteren von ihm veranlassten, auf Irreführung ausgelegten Werbungsmaßnahmen, auch äußerlich einen neuen Entschluss fasste, durch Täuschungen mittels des - den einzelnen Kapitalerhöhungen jeweils angepassten - Emissionsprospekts Anleger neu zu werben. Die aufgrund der einzelnen Täuschungsentschlüsse durch die Vermittlung der Telefonverkäufer zustande gekommenen Anlagegeschäfte werden dabei zu einer Tat verbunden. Für eine Verknüpfung dieser selbständigen Taten zu lediglich einer einzigen Tat, etwa im Sinne eines "uneigentlichen Organisationsdelikts", ist kein Raum. Es handelt sich hinsichtlich des als Mittäter agierenden Angeklagten nicht um bloße Handlungen "zur Errichtung, zur Aufrechterhaltung und zum Ablauf eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebes", sondern um solche, die über die Einschaltung von Telefonverkäufern unmittelbar auf den betrügerischen Vertrieb von Aktien gerichtet waren.
22
3. Der neue Tatrichter wird bei der Bemessung der Strafe die erfolgten Schadenskompensationen genauer als bisher erfolgt zu berücksichtigen haben. Neben den gezahlten Dividenden fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, dass die Anleger für ihre L. -Aktien im Tausch Aktien der DSI erhalten haben, deren Wert jedenfalls zum Zeitpunkt des Tauschs (8,50 €/Aktie) im Verhältnis 3:2 regelmäßig über den Anlagebeträgen der Geschädigten lag.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 616/10
vom
14. April 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung.
BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10 - LG Köln
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zusammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte Ende der 1990er Jahre die Idee, durch den "Verkauf von Aktien" Geld für einen von ihm geplanten Windkraftpark zu gewinnen. Zu diesem Zweck erwarb er im Jahre 2001 die nicht börsennotierte, vermögenslose L. AG als Alleinak- tionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat der L. AG berief er ab und ersetzte ihn durch ihm nahe stehende Personen. Auf Anraten eines Rechtsanwalts verschaffte sich der auf dem Gebiet des Aktiengeschäfts völlig unerfahrene Angeklagte in der Folgezeit Geld von Anlegern, indem er mehrfach das Grundkapital der L. AG gegen Bareinlage im Wege der Ausgabe von Vorzugsaktien, teils auch Inhaberaktien, erhöhte bzw. zu erhöhen vorgab.
3
Die Aktien ließ er in der Zeit vom 28. Januar 2002 bis 3. Januar 2005 zu jeweils unterschiedlichen Preisen durch Telefonverkäufer an Privatanleger vertreiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Zeichnung von Aktien durch 17 Anleger, denen in 78 Fällen Aktien veräußert wurden. Hierbei vereinnahmte die L. AG 8,258 Mio. €. Während des Tatzeitraums und danach entnahm der Angeklagte in seiner Funktion als Vorstand der L. AGhiervon 7,74 Mio. €. Damit finanzierte er seinen eigenen Lebensunterhalt als Ausgleich für seine Vorstandstätigkeit und zahlte an die Telefonverkäufer Provisionen in Höhe von 12 % der jeweiligen Anlagesumme. Die meisten Anleger erhielten vor allem zu Beginn Dividendenzahlungen in zwei- bis fünfstelliger Höhe.
4
b) Den Kapitalerhöhungen lagen nur am Anfang entsprechende Beschlüsse der Hauptversammlung zugrunde (Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 7. November 2001, 8. März 2002 und 22. November 2002). Für zwei weitere Kapitalerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 fehlten die notwendigen Kapitalerhöhungsbeschlüsse. Lediglich die Durchführung der ersten Kapitalerhöhung vom 7. November 2001 wurde am 24. September 2002 mit einem Betrag von 1,547 Mio. € in das Handelsregister eingetragen. Die handelsrechtliche Eintragung weiterer Kapitalerhöhungen unterblieb, da - was hierfür erforderlich gewesen wäre - die an die L. AG geleisteten Einlagezahlungen der Anleger dem Handelsregister aufgrund der Entnahmen des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnten.
5
c) Der Angeklagte ließ in seiner Funktion als Vorstand einen umfangreichen Emissionsprospekt anfertigen, in dem er nicht nur die L. AG als junges, im Aufbau befindliches Immobilienunternehmen darstellte, sondern auch auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hinwies. Mit dem Emissionsprospekt bzw. einem entsprechenden Kurzexposé warb der Angeklagte über die Telefonverkäufer für den Kauf von Vorzugsaktien der L. AG, deren Börsengang er für die Jahre 2004/05 in Aussicht stellte. Den Emissionsprospekt passte der Angeklagte bei den jeweiligen Kapitalerhöhungen inhaltlich an.
6
Ein operatives Geschäft entfaltete der Angeklagte zunächst nicht. Aufgrund gegen ihn gerichteter polizeilicher Ermittlungen im Mai 2002 erkannte er jedoch die Notwendigkeit, gewisse Bemühungen hinsichtlich des prospektierten Börsengangs und des Immobilienerwerbs gegenüber den Anlegern darstellen zu können. Pläne des Angeklagten, den "Börsenmantel" der K. AG, die nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren von allen Verbindlichkeiten bereinigt war, zu übernehmen, scheiterten. Ende Dezember 2002 kam es zum einzigen Immobilienerwerb der L. AG im Tatzeitraum, als diese 90 % der Anteile der Fa. A. T. GmbH, die Eigentümerin dreier M. -Hotels war, übernahm. Den ratenweise zu zahlenden Kaufpreis von 3,1 Mio. € erbrachte die L. AG nur unvollständig, so dass die C. R. E. AG (ehemals K. AG) im Oktober 2004 die von der L. AG gehaltenen Anteile an der A. T. GmbH erwarb.
7
d) Nach Ablauf der Eintragungsfrist für die zweite Kapitalerhöhung vom 8. März 2002 war die L. AG am 31. März 2003 außerstande, den erforderlichen Bareinlagebetrag nachzuweisen. Infolge dessen entfiel die Wirkung der Zeichnungserklärungen der Anleger, denen deshalb Rückzahlungsansprüche gegen die L. AG in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlungen zustanden.
Hierdurch wurde die L. AG zahlungsunfähig. Um eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, ließ der Angeklagte gleichwohl den Vertrieb von Vorzugsaktien fortsetzen. In den Zeichnungsscheinen der Anleger ließ er mit fiktiven Daten zwei weitere Kapitalerhöhungsbeschlüsse ausweisen, die tatsächlich nie gefasst worden waren.
8
e) In der Folge unterbreitete die Mehrheitseignerin der C. R. E. AG der L. AG ein bedingtes Übernahmeangebot, das letztlich nicht zustande kam. Gleichwohl ließ der Angeklagte weiterhin Anleger mit einer unmittelbar bevorstehenden Übernahme durch die C. R. E. AG werben. Erst am 3. Januar 2005 stellte er schließlich den telefonischen Aktienverkauf ein.
9
f) Am 2. Juni 2005 kam es zu einer Informationsveranstaltung, bei der den Anlegern ein Tausch von L. -Aktien in Aktien einer Tochtergesellschaft der C. R. E. AG in Aussicht gestellt wurde. Tatsächlich wurde ihnen Mitte des Jahres 2006 gegen Rückgabe von L. -Vorzugsaktien im Verhältnis 3:2 Vorzugsaktien der amerikanischen Gesellschaft D.S. I. (DSI) angeboten. Im Gegenzug sollten mit der Übertragung der Aktien sämtliche Ansprüche gegen die L. AG abgegolten sein. Nähere Feststellungen zum wirtschaftlichen Hintergrund dieses Tauschangebots hat das Landgericht nicht getroffen. Nahezu alle Anleger, die sich verpflichten mussten, die Aktien der DSI mindestens 12 Monate zu halten, nahmen das Angebot an. Zum Übertragungszeitpunkt betrug der Kurswert der DSI-Aktie 8,50 €, nach Ablauf der Haltefrist 2,50 €. Zwei Anleger erhielten im Vergleichsweg einen erheblichen Anteil der geleisteten Anlagesummen zurück.
10
2. Das Landgericht hat - ohne dies näher zu erläutern - Betrug in 78 rechtlich zusammentreffenden Fällen angenommen. Hierbei hat es dem Ange- klagten die von den Telefonverkäufern vorgenommenen Täuschungshandlungen mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) zugerechnet. Hinsichtlich des Vermögensschadens hat das Landgericht - auch ohne weitere Darlegung - zu Beginn des Tatzeitraums einen nicht näher bezifferten Vermögensgefährdungsschaden , nach dem Scheitern des Ankaufs der A. T. -Anteile und Einzahlungen der Anleger auf tatsächlich nicht gefasste Kapitalerhöhungsbeschlüsse einen tatsächlichen Vermögensschaden angenommen.

II.

11
Die Verurteilung wegen Betrugs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an der hinreichenden Feststellung eines Vermögensschadens.
12
1. a) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGHSt 30, 388 f.; BGH wistra 1993, 265; wistra 1995, 222; NStZ 1999, 353, 354; BGHSt 53, 199, 201). Bei der - hier vorliegenden - Konstellation eines Betruges durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 10). Ein Schaden liegt demnach vor, wenn die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten (BGHSt 30, 388, 390). Zu be- rücksichtigen ist beim Eingehen von Risikogeschäften dabei auch eine täuschungs - und irrtumsbedingte Verlustgefahr, die über die vertraglich zugrunde gelegte hinausgeht. Ein darin liegender Minderwert des im Synallagma Erlangten ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bewerten (vgl. BGHSt 53, 198, 202 f.; zur Frage der Entbehrlichkeit des Begriffs des Gefährdungsschadens vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 157 f.). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des 2. Senats - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220) ist dieser Minderwert konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern. Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung dieses Risikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen , um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10).
13
b) Gemessen daran ist nach den landgerichtlichen Feststellungen ein Vermögensschaden für Zeichnungen bis März 2003 (anders ab April 2003; s. unten II.1.d) nicht hinreichend nachgewiesen. Für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe bei Abschluss der Zeichnungsverträge ein Schaden eingetreten ist, ist der Wert der erworbenen Vorzugsaktien der L. AG - zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt - maßgebend und dem jeweils zu zahlenden Kaufpreis gegenüberzustellen. Entsprach der Aktienwert dem Gegenwert des Kaufprei- ses, liegt kein Schaden vor. Ob und ggf. in welcher Höhe die gezeichneten Aktien zum Zeitpunkt der jeweiligen Zeichnung tatsächlich einen wirtschaftlichen Wert hatten, lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Senat vermag daher nicht festzustellen, ob das Landgericht zutreffend von einem Schaden ausgegangen ist.
14
Ein Schaden in Höhe der jeweiligen Anlagesumme - wovon das Landgericht trotz Annahme eines Vermögensgefährdungsschadens offenbar ausgeht - besteht nur dann, wenn die Aktie zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt wertlos war. Zu Beginn des Tatzeitraums (Januar 2002) könnte dies der Fall gewesen sein, da die L. AG zunächst kein operatives Geschäft betrieb und die Dividendenzahlungen in erster Linie als Anreiz für den Erwerb weiterer Aktienpakete dienten. Ob zu dieser Zeit unter Berücksichtigung der Angaben im Emissionsprospekt ein Ertragswert des Unternehmens und damit eine sich daraus ergebende Werthaltigkeit der Aktie festgestellt werden kann, erscheint deshalb zweifelhaft. Soweit aufgrund der dauernden Einzahlung von Anlagegeldern, die dem Handelsregister bei der Eintragung auch noch in Höhe von 1,547 Mio. € im Jahr 2002 nachgewiesen werden konnten, Barvermögen der Gesellschaft vorhanden war, könnte dies freilich gegen die vollständige Wertlosigkeit der gezeichneten Aktien sprechen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die durch Täuschung veranlasste Zeichnung von Aktien zur Anfangszeit mit den Fällen sog. Schneeball-Systeme vergleichbar sein könnte, bei denen Neu-Anlagen zumindest auch verwendet werden, um früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Hier nimmt die Rechtsprechung ohne weitere Differenzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten eingezahlten Kapitals an, da ihre Chance sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stütze und ihre Gewinnerwartung daher von vornherein wertlos sei (vgl. BGHSt 53, 199, 204 f.; kritisch hierzu Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 130).
15
Der Senat braucht dies hier nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls ab Mai 2002 ist die Annahme einer vollständigen Wertlosigkeit der Anlage zumindest zweifelhaft. Zu diesem Zeitpunkt begann die L. AG - orientiert an den Planvorgaben des Emissionsprospekts - mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebs , in dessen Folge es im Dezember 2002 zum Erwerb der Anteile an der A. T. GmbH kam. Daneben zahlte die L. AG im August 2002 125.000 € an Do. I. , im September 2002 1,3 Mio. € an F. C. zum Zwecke der (letztlich allerdings gescheiterten) Übernahme des "Börsenmantels" der K. AG und erwarb im November 2002 Aktien der K. AG im Wert von 185.000 €. Hinzu kommt, dass die L. AG für die (vorübergehende ) Übernahme der A. T. -Anteile jedenfalls größere Teile des ratenweise zu zahlenden Kaufpreises aufgebracht hat. Schließlich weisen die spätere Veräußerung der A. T. -GmbH-Anteile und die wirtschaftlich nicht näher nachzuvollziehende Übernahme von werthaltigen DSI-Aktien mit dem darauf erfolgten Tausch von L. -Vorzugsaktien in DSI-Aktien darauf hin, dass die L. AG offenbar nicht ohne Wert war. Dies legt - auch wenn es sich dabei um nach der Zeichnung der Aktien liegende Umstände handelt - nahe, dass jedenfalls ein vollständiger Wertverlust der L. -Aktie ab Mai 2002 nicht gegeben war.
16
Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das - täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte - Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl.
Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen - wie vorliegend der Fall - nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen , unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.
17
c) Die Feststellungen tragen für die Zeit bis März 2003 auch hinsichtlich der Zahlung der Anlagegelder nicht die Annahme eines Vermögensschadens. Zwar ist es ab der 2. Kapitalerhöhung vom 8. März 2002, für die die Eintragungsfrist am 31. März 2003 ablief, nicht mehr zu einer Eintragung in das Handelsregister gekommen, so dass die Anleger keine Aktien erwarben. Erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht bis zum Ende der Eintragungsfrist, entfällt entsprechend § 158 Abs. 2 BGB die Wirkung der Zeichnung (BGH NJW 1999, 1252, 1253; Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 14; Peifer in MüKo AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 25) mit der Folge, dass die Anleger keine Aktionärstellung erlangen und bereits gezahlte Anlagegelder zurückzugewähren sind. Hätte der Angeklagte bereits bei der jeweiligen Zeichnung der Aktien durch die Anleger die Vorstellung gehabt, dass es mangels fehlenden Nachweises gegenüber dem Registergericht nicht zur Eintragung in das Handelsregister kommen könnte, wäre mit der täuschungsbedingten Zahlung der Anlagegelder angesichts eines in Kauf genommenen Entfallens der Gegenleis- tung ein Schaden anzunehmen. Dahingehende Feststellungen lassen sich dem Urteil des Landgerichts jedoch nicht entnehmen.
18
d) Dagegen dürfte die Annahme eines Schadens für die ab April 2003 gezeichneten Anlagen, bei denen der Angeklagte Kapitalerhöhungen vortäuschte , denen kein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung zugrunde lag, im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Es kann dahinstehen, ob die Zeichnungserklärungen der Anleger und die Annahme durch die L. AG vor diesem Hintergrund überhaupt zu wirksamen wechselseitigen Verpflichtungen geführt haben (vgl. hierzu Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 27; Lutter in Kölner Kommentar AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 36; Peifer in MüKo AktG 3. Aufl. § 185 Rn. 62), die im Rahmen der Schadensfeststellung zu saldieren wären. Da der Angeklagte in den Zeichnungsscheinen fiktive Kapitalerhöhungsbeschlüsse angegeben hat und damit erkennbar von Anfang an nicht die Absicht hatte, wirksame Kapitalerhöhungen durchzuführen, ist den Anlegern spätestens mit Erbringung der Zahlungen in dieser Höhe ein endgültiger Schaden entstanden. Sie hatten keine Aussicht, Aktionär zu werden, so dass ein Schaden in Höhe der jeweiligen Zeichnungssumme vorlag. Der den Anlegern zustehende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Einlagen stellt insoweit keine unmittelbare Schadenskompensation, sondern lediglich einen möglichen Schadensausgleich dar, der die Annahme eines Schadens unberührt lässt.
19
Aufgrund der landgerichtlichen Annahme tateinheitlicher Verknüpfung sämtlicher Betrugstaten unterliegt das Urteil jedoch insgesamt der Aufhebung.
20
2. Der Senat weist darauf hin, dass die Verurteilung wegen einer Tat in 78 tateinheitlich zusammen treffenden Betrugsfällen rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat übersehen, dass für jeden Beteiligten von Straftaten selbständig zu ermitteln ist, ob Handlungseinheit oder -mehrheit gegeben ist. Maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrages oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten einer Deliktsserie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag , so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGH NStZ 2010, 103). Erbringt der Täter dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr., vgl. BGHSt 49, 177, 182 ff.).
21
Gemessen daran belegen die Feststellungen jedenfalls keine 78 Straftaten des Betrugs. Der Angeklagte hat nicht mit jeder einzelnen Anlagevermittlung durch die Telefonverkäufer, von der er im Zweifel keine Kenntnis hatte, eine selbständige Tat begangen, sondern mit jedem neuen Entschluss zur täuschenden Werbung von Anlegern, die er durch sein Verhalten gegenüber den Telefonverkäufern initiierte. Nach den bisherigen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte jedenfalls mit jeder neuen Kapitalerhöhung, womöglich aber auch mit weiteren von ihm veranlassten, auf Irreführung ausgelegten Werbungsmaßnahmen, auch äußerlich einen neuen Entschluss fasste, durch Täuschungen mittels des - den einzelnen Kapitalerhöhungen jeweils angepassten - Emissionsprospekts Anleger neu zu werben. Die aufgrund der einzelnen Täuschungsentschlüsse durch die Vermittlung der Telefonverkäufer zustande gekommenen Anlagegeschäfte werden dabei zu einer Tat verbunden. Für eine Verknüpfung dieser selbständigen Taten zu lediglich einer einzigen Tat, etwa im Sinne eines "uneigentlichen Organisationsdelikts", ist kein Raum. Es handelt sich hinsichtlich des als Mittäter agierenden Angeklagten nicht um bloße Handlungen "zur Errichtung, zur Aufrechterhaltung und zum Ablauf eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebes", sondern um solche, die über die Einschaltung von Telefonverkäufern unmittelbar auf den betrügerischen Vertrieb von Aktien gerichtet waren.
22
3. Der neue Tatrichter wird bei der Bemessung der Strafe die erfolgten Schadenskompensationen genauer als bisher erfolgt zu berücksichtigen haben. Neben den gezahlten Dividenden fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, dass die Anleger für ihre L. -Aktien im Tausch Aktien der DSI erhalten haben, deren Wert jedenfalls zum Zeitpunkt des Tauschs (8,50 €/Aktie) im Verhältnis 3:2 regelmäßig über den Anlagebeträgen der Geschädigten lag.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/06
vom
17. August 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. September 2005 in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) mit den Feststellungen aufgehoben. II. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. wird das vorgenannte Urteil im Hinblick auf die beiden Fälle II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift

)

1. dahin geändert, dass die Angeklagten B. und Sch. jeweils einer Untreue schuldig sind, 2. in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben. III. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten B. und Sch. werden verworfen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. und Sch. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in vier Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagten J. und N. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten B. , J. und N. beanstanden zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die nur die Fälle II. 2 a und b der Urteilsgründe betreffenden Verfahrensrügen nicht bedarf. Die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. sind im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) wegen gemeinschaftlicher Untreue in zwei Fällen schuldig gesprochen hat, vermögen die getroffenen Feststellungen die Annahme der Strafkammer nicht zu belegen, dass der Wohnungsbaugenossenschaft e.G. (im Folgenden: WBG) durch das Verhalten der Angeklagten ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt worden ist.
4
1. Nach den Feststellungen waren die Angeklagten B. undSch. Vorstandsmitglieder, der Angeklagte J. war Aufsichtsratsvorsitzender und der Angeklagte N. Mitglied des Aufsichtsrats der WBG, die zu 51 % an dem Stammkapital der Wohn- und Baugesellschaft mbH (im Folgenden : WuB) beteiligt war. Die übrigen 49 % des Stammkapitals hielt die N. Verwaltungs GmbH, an der alle Angeklagten als stille Gesellschafter beteiligt waren. Auf Sitzungen am 10. Oktober und 5. November 1996 kamen die Angeklagten überein, dass die WuB ein Wohnbebauungsprojekt durchführen solle, das Investitionen in Höhe von (mindestens) 6,7 Millionen DM erfordern würde (UA 14). Um die hierzu benötigten Darlehen zu erhalten, sollte die WBG entsprechende Bürgschaftserklärungen gegenüber Kreditinstituten abgeben. Absprachegemäß gingen die Angeklagten B. und Sch. als vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder der WBG, ohne zuvor den erforderlichen (§ 49 GenG, § 34 Abs. 1 Buchst. n der Satzung der WBG) zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung der WBG eingeholt zu haben, am 5. Mai 1997 gegenüber der A. -Bank eine selbstschuldnerische, unbefristete und einredefreie Höchstbetragsbürgschaft über 6,642 Millionen DM zu Lasten der WBG ein. Hierauf gewährte die Bank der WuB ein Darlehen über 5,535 Millionen DM. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der WuB wurde die WBG im Jahre 2000 aus der Bürgschaft in Höhe von zwei Millionen DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 a der Urteilsgründe).
5
Um eine Ausweitung der Kredite der Stadtsparkasse an die WuB um 900.000 DM zu erreichen, schlossen die Angeklagten B. und Sch. , wiederum für die WBG handelnd und wiederum ohne zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung, nach Absprache mit den Angeklagten N. und J. am 16. September bzw. 6. November 1997 einen Bürgschaftsvertrag mit der Sparkasse, in der eine bereits bestehende selbstschuld- nerische Bürgschaft über 631.000 DM auf 1.531.000 DM erweitert wurde. Aus dieser Bürgschaft wurde die WBG in der Folgezeit in Höhe von 900.000 DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 b der Urteilsgründe).
6
2. Das Landgericht ist hinsichtlich des Falles II. 2 a der Urteilsgründe von einer Vermögensgefährdung der WBG in voller Bürgschaftshöhe ausgegangen (UA 31). Die Behauptung der Angeklagten, dass das mit dem Darlehen finanzierte Bauprojekt der WuB "realistisch und kaufmännisch ordnungsgemäß kalkuliert" worden war, "so dass aus damaliger Sicht gar nicht die Gefahr bestanden habe, dass die Bürgschaft der WBG in Anspruch genommen werde", hat die Strafkammer lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob das Verhalten der Angeklagten pflichtwidrig war, erörtert und hier als rechtlich bedeutungslos angesehen, da die Pflichtwidrigkeit bereits aus dem Fehlen der Zustimmung der Vertreterversammlung zur Eingehung der Bürgschaft folge (UA 32). Dabei hat das Landgericht verkannt, dass die Einlassung der Angeklagten für die Frage, ob die WBG infolge der Übernahme der Bürgschaft im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geschädigt wurde, von Relevanz ist. Ob nämlich ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen ex-ante vorzunehmenden Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHSt 47, 295, 301 f.; BGH wistra 2000, 384, 386; NStZ-RR 2001, 241, 242). An einem Nachteil fehlt es regelmäßig, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren, zu denen auch Gewinnerwartungen zählen können (BGH NStZ 1996, 191), sich gegenseitig aufheben.
7
Durch die Bürgschaftsverpflichtung wurde das Vermögen der WBG belastet , wobei wirtschaftlich gesehen die Höhe der Belastung von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Bürgschaft abhing (vgl. Hoyos/M. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. § 249 HGB Rdn. 100). Da die Bürgschaft zur Finanzierung eines Bauprojekts der WuB diente, an der die WBG zu 51 % beteiligt war, sie deshalb an der Wertschöpfung durch das Bauvorhaben teilhatte, muss geklärt werden, ob der Vermögenseinbuße durch die Bürgschaftsgewährung damals ein diese ausgleichender Vermögenszuwachs durch das in Aussicht genommene Bauprojekt gegenüber stand. Der vom Landgericht angenommene Gefährdungsschaden mit der vollen Bürgschaftssumme wäre nur dann zutreffend, wenn - was nicht festgestellt ist - das Bauprojekt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre oder es sich um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelte (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1236; GA 1977, 342, 343; NStZ 1996, 191).
8
Hinsichtlich des Falles II. 2 b der Urteilsgründe ist dem Urteil schon nicht zu entnehmen, welchem Zweck die Kreditausweitung bei der Sparkasse gedient hat. Es liegt aber nahe, dass auch sie im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der WuB erfolgt ist (vgl. UA 14, 15 f.), so dass zu der Frage eines Vermögensschadens der WBG aus den oben dargelegten Gründen weitere Feststellungen erforderlich sind.

II.


9
Soweit das Landgericht die Angeklagten B. und Sch. in den beiden Fällen II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift) jeweils wegen gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass nur eine Untreue vorliegt.
10
1. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen schlossen die Angeklagten B. und Sch. , für die WBG handelnd, mit der als Maklerin nicht besonders qualifizierten (vgl. UA 21) Lebensgefährtin eines Gesellschafters der N. Verwaltungs GmbH, Petra H. , am 10. Juni 1996 einen Maklervertrag , in dem sie diese mit dem Nachweis von Kaufinteressenten und/oder der Vermittlung eines Kaufvertragsabschlusses im Hinblick auf das im Eigentum der WBG stehende Anwesen Z. beauftragten. Die Provision von 8 % sollte entweder auf den Verkaufspreis aufgeschlagen und der Maklerin ausgezahlt oder im Direktgeschäft zwischen Maklerin und Käufer erzielt – also in jedem Fall letztlich vom Käufer entrichtet – werden (UA 23, 34). Am 27. August 1996 wurde der Maklervertrag u.a. auf das ebenfalls zu verkaufende Objekt R. erweitert, wobei die Provision auf 4 % herabgesetzt wurde. Noch am selben Tag wurde auf Veranlassung von Frau H. in einem den Maklervertrag ergänzenden "Protokoll" mit der WBG, diese vertreten durch die Angeklagten B. und Sch. , in Abänderung der vorgenannten Vereinbarung festgehalten, dass die Provision in jedem Falle von der WBG bezahlt werden solle; der bisher vertraglich vorgesehene Aufschlag der Provision auf den Verkaufspreis oder die direkte Bezahlung der Maklerin durch den Käufer wurden gestrichen. Zugleich wurde der Begriff der "Vermittlung" als Herstellung von Erstkontakten mit Kaufinteressenten oder alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten wie u.a. die Übergabe von Unterlagen definiert, selbst wenn der Erstkontakt nicht von der Maklerin, sondern über die WBG oder Dritte hergestellt worden war. Die Angeklagten beabsichtigten damit, der Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit den Provisionsanspruch gegen die WBG zu sichern, ohne dass die Genossenschaft hieran ein wirtschaftliches Interesse haben konnte. Ihnen war bewusst, dass sie mit der Regelung Frau H. "für ihren Provisionsanspruch einen 'Blanko-Scheck' ausstellten" (UA 23).
11
Auf Grund der Vereinbarung zahlte die WBG jeweils auf Veranlassung der Angeklagten B. und Sch. an die Maklerin nach Verkauf des Objektes Z. am 4. November 1997 181.240 DM und nach Verkauf des Anwesens R. am 23. April 1998 weitere 193.200 DM, wobei ein Provisionsanspruch jeweils nur auf der Grundlage des "Protokolls" bestand (UA 24, 35).
12
2. Das Landgericht hat zwei Untreuehandlungen der Angeklagten B. und Sch. zum Nachteil der WBG darin gesehen, dass die Angeklagten mit der Maklerin durch das "Protokoll" eine Vereinbarung trafen, die - abweichend von der damals geltenden Vertragslage - die WBG dazu zwang, die Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit aus eigenem Vermögen zu vergüten, sie dadurch das Vermögen der WBG “missbräuchlich gefährdet(en)“ (UA 35) und sie auf der Grundlage des "Protokolls" schließlich die beiden Maklerprovisionen auszahlen ließen (UA 34).
13
Diese Würdigung hält insoweit rechtlicher Prüfung nicht stand, als - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nur ein Fall der Untreue vorliegt; denn bereits mit der nunmehr die WBG als Zahlungspflichtige bestimmenden Vereinbarung in dem Protokoll trat ein - zur Vollendung des Tatbestands ausreichender (vgl. BGH NStZ 2001, 650) - konkreter Gefährdungsschaden zum Nachteil der WBG ein, der durch die späteren, auf Grund des "Protokolls" erfolgten Auszahlungen der Maklerprovisionen nur vertieft wurde (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 81).
14
Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher hätten verteidigen können.
15
Mit der Schuldspruchänderung entfallen auch die für den Fall II. 3 der Urteilsgründe erkannten beiden Einzelstrafen; der neue Tatrichter wird insoweit eine Strafe festzusetzen haben.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien und Maatz Kuckein Ri'inBGH Solin-Stojanović sind infolge urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert zu unterschreiben. Maatz Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 17/15
vom
26. November 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz
2
1. Ein Mitglied des Aufsichtsrats einer GmbH trifft die Pflicht im Sinne des Untreuetatbestands
, das Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Es verletzt
diese Pflicht u.a. dann, wenn es mit einem leitenden Angestellten der Gesellschaft
bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden, die Grenzen
der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschreitenden Fehlverhalten
zusammenwirkt.
2. § 39 Ziff. 5 Satz 2 der Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung
Rheinland-Pfalz schützt die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers.
3. Zu der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem Eintritt eines
Vermögensnachteils bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen für
ein Bundesland durch dessen Finanzminister.
4. Ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von
Beihilfen begründet keine Pflichtverletzung im Sinne des UntreuetatbestanECLI
:DE:BGH:2015:261115B3STR17.15.0
des; denn diese Regelungen dienen nicht dem Schutz des Vermögens des
Beihilfegebers, sondern dem des europäischen Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen.
5. Zu den Darlegungsanforderungen bezüglich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
, wenn dem Angeklagten eine Handlungsvollmacht für die
Gesellschaft erteilt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Untreue u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten D. , K. und N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - mit Ausnahme der Aufhebung des Urteils
in den Fällen IV.2 und 7 der Urteilsgründe auf dessen Antrag - am
26. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. April 2014 aufgehoben
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.8 und 9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
b) soweit es den Angeklagten K. betrifft, aa) im Fall IV.2 der Urteilsgründe und der Angeklagte insoweit freigesprochen; die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe ; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
c) soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und zum Vermögensnachteil aufrecht erhalten;
d) soweit es die Mitangeklagten M. und W. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe. Im Umfang der Aufhebung - mit Ausnahme des Teilfreispruchs des Angeklagten K. - wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten K. und N. hat die Strafkammer wegen Untreue in sieben ( K. ) bzw. vier (N. ) Fällen Bewährungsstrafen verhängt und sie im Übrigen freigesprochen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und W. hat das Landgericht jeweils unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in neun Fällen verwarnt und die Verurteilung von Geldstrafen vorbehalten. Mit ihren Revisionen wenden sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten D. und K. beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen waren die revidierenden Angeklagten im Tatzeitraum in unterschiedlicher Funktion bei der Nürburgring GmbH tätig. Der Angeklagte K. war deren Geschäftsführer; der Angeklagte D. war damals Finanzminister des Landes Rheinland -Pfalz und seit dem Jahr 2006 Vorsitzender des satzungsmäßig eingerichteten Aufsichtsrats. Der Angeklagte N. war Leiter der Controlling-Abteilung. Er war direkt dem gesondert verfolgten Finanzdirektor und Prokuristen L. unterstellt sowie selbst Vorgesetzter unter anderem des Zeugen De. . Ihm war "Handlungsvollmacht nach § 54 HGB" erteilt. Nach internen Regelungen durfte er Verpflichtungen - mit entsprechender Befugnis zur Freigabe - bis zu einem Umfang von 20.000 € eingehen, bei Beträgen über 5.000 € allerdings nur ge- meinsam mit einem Direktor wie etwa L. . Zu seinem Aufgabenkreis gehörte es weiter, die inhaltliche und sachliche Richtigkeit von eingehenden Rechnungen zu überprüfen. Die Geschäftsanteile an der Nürburgring GmbH hielten zu 90% das Land Rheinland-Pfalz und zu 10% der Landkreis Ahrweiler. Den Verurteilungen liegen Vorgänge zugrunde, die sich im Rahmen des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" zutrugen:
3
1. Der Nürburgring ist eine traditionsreiche, in einer strukturschwachen Region des Landes Rheinland-Pfalz gelegene Rennstrecke, die von der Nürburgring GmbH verwaltet wird. Bereits seit Jahrzehnten wurde versucht, das Angebot am Nürburgring um andere Freizeitmöglichkeiten neben dem Rennbetrieb zu erweitern. Aus diesen Bestrebungen entstand das Ausbauprojekt "Nürburgring 2009", mit dem der Nürburgring zu einem Freizeit-, Business- und Erlebniszentrum mit ganzjährigen, wetterunabhängigen Angeboten entwickelt werden sollte. Das Ausbauprojekt gliederte sich in zwei Bereiche: Bereich I umfasste die Bauprojekte "ringBoulevard", "Warsteiner-Event Center", "ringWerk" und "ringArena"; das Teilprojekt Bereich II betraf den Ausbau der Hotel- und Gastronomieanlagen. Finanziert werden sollte das Vorhaben durch private Investoren , wobei sich die geschätzten Investitionskosten zunächst auf 135 Mio. € für Bereich I und auf 95 Mio. € für den Bereich II beliefen. Die Suche nach Privatinvestoren gestaltete sich allerdings für beide Teilprojekte schwierig.
4
Mitte des Jahre 2006 stellten die Zeugen B. und Me. ein Finanzierungskonzept für den Bereich I des Ausbauprojektes vor. Dieses hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die von den Zeugen gehaltene I. (I. ) S.A. (im Folgenden: I. S.A.) zahlt an die Nürburg- ring GmbH 135 Mio. €. Im Gegenzug wird der I. E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der I. S.A., ein Nießbrauchsrecht an den bebauten Grundstücken und Betriebseinrichtungen eingeräumt, welche sie sodann an die Nürburgring GmbH rückvermietet. Der Mietvertrag läuft über 27 Jahre; die Grundmiete beträgt pro Jahr 5 Mio. €, so dass die Investitionssumme am Ende der Gesamtlaufzeit den Grundmieteinnahmen entspricht. Eine Kündigung durch die Nürburgring GmbH ist frühestens nach elf Jahren möglich, wobei in diesem Fall eine "Optionsgebühr" und auf Grundlage einer festgelegten Formel eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Wesentlichen der noch offe- nen Mietzinszahlung für die verbleibende Laufzeit entspricht. Der wirtschaftliche Vorteil dieses Konzepts lag für die Nürburgring GmbH darin, dass ihr die Investitionssumme zinsfrei zur Verfügung gestellt würde. Rein rechnerisch ergab sich bereits bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung nach elf Jahren ein Zinsvorteil von 33 Mio. €. Zusätzlich garantierte die I. S.A.auf die im Falle einer vorzeitigen Kündigung zu leistenden Entschädigung einen festen Abzugs- betrag in Höhe von 30 Mio. €. Wirtschaftlich betrachtet wären der I. S.A.da- mit im Fall einer Kündigung nach elf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 33 Mio. € entgangen und zusätzlich ein Verlust von 30 Mio. € entstanden.
5
Die I. S.A. bzw. die hinter dieser stehenden B. und Me. wollten ihre Gewinne durch eine Refinanzierung des Investitionskapitals erwirtschaften. Hierzu planten sie, nach dem sog. Senior-Life-Settlements-Modell auf dem USMarkt in einem Volumen von 1,2 Mrd. US-Dollar notleidend gewordene Lebensversicherungen zu einem Bruchteil von deren Nominalablaufwert aufzukaufen. Nach US-amerikanischem Versicherungsrecht erhält der Versicherungsnehmer bei einer Einstellung der Prämienzahlungen keine Leistungen aus dem Vertrag, weshalb es bei drohendem Zahlungsausfall günstiger ist, die Versicherung an einen Aufkäufer zu übertragen, der die restlichen Prämienzahlungen übernimmt. Da der Ausfall der Prämienzahlung seitens der Versicherungen bereits in die Prämienhöhe einkalkuliert wird, erlangt der Investor bei erfolgreicher Durchführung einen im Verhältnis zur Prämienzahlung relativ hohen Betrag. Allerdings sahen die US-amerikanischen Bestimmungen vor, dass ein Aufkauf derartiger Lebensversicherungspolicen durch NichtVersicherungsunternehmen wie der I. S.A. nur in Verbindung mit einem Immobiliengeschäft rechtlich zulässig war. Als ein solches werteten B. und Me. die Beteiligung am Ausbauprojekt "Nürburgring 2009". Da die I. S.A.
die Investitionssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar nicht aufbringen konnte, benötigte sie ihrerseits einen Investor, der bereit war, das Projekt zu finanzieren.
6
Im August 2006 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. einen Projektfinanzierungs- und Entwicklungsvertrag, dessen Gegenstand unter anderem die Vermittlung eines Investors durch die I. S.A. war. Dies gelang B. und Me. zunächst allerdings nicht. Im weiteren Verlauf schlossen die Nürburgring GmbH und die I. Gesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), eine Tochtergesellschaft der I. S.A., am 27. März 2007 einen Vorvertrag. Hierin verpflichtete sich die Nürburgring GmbH zur pauschalen Erstattung von Vorlaufkosten, die der I. GmbH durch die Suche nach einem Investor bzw. durch die Vermittlung der Finanzierung entstehen würden. Der Vertrag sah monatliche Pauschalzahlungen in Höhe von 20.000 € vor und war zunächst bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In der Folgezeit wurde er durch vier Nachträge bis zum 30. September 2008 verlängert , wobei die monatliche Zahlungsverpflichtung zuletzt 40.000 € betrug. Am 2. September 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. zudem eine Provisionsvereinbarung, wonach die I. S.A. für die erfolgreiche Vermittlung der Projektfinanzierung ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 Mio. € erhalten sollte. Der Vertrag sah u.a. vor, dass die erste Rate in Höhe von 1 Mio. € des Erfolgshonorars erst nach dem tatsächlichen Eingang der ersten Finanzierungsrate fällig war; die aufgrund des Vorvertrages vom 27. März 2007 von der Nürburgring GmbH erbrachten Zahlungen sollten auf die Provision angerechnet werden.
7
Im Jahr 2008 zeigte sich der gesondert verfolgte Ba. , der in der Folgezeit unter seiner Firma B&B (im Folgenden: B&B ) handelte, an einem Engagement in dem Teilprojekt Bereich I interessiert und unterbreitete verschiedene Finanzierungsangebote. Das dritte Finanzierungsangebot war gerichtet an die I. S.A. und sah eine Investition über 1,2 Mrd. US-Dollar vor, die unter der Bedingung stand, dass die I. S.A. eine Einlage über 10% der Finanzierungssumme - mithin 120 Mio. US-Dollar - für eine Laufzeit von 14 Monaten erbringt. Dieses Finanzierungskonzept verfolgten die Beteiligten weiter, wobei die von der I. S.A. zu leistende Bareinlage schließlich 80 Mio. € betragen sollte. Im Juni 2008 unterrichtete D. den Auf- sichtsrat umfassend über das geplante Finanzierungskonzept. Ende Juni 2008 übermittelte die Geschäftsführung den Aufsichtsratsmitgliedern Entwürfe eines Nießbrauchsvertrages, eines Generalübernehmervertrages, eines Mietvertrages und eines Optionsvertrages; hiermit verbunden war der Antrag auf Zustimmung zum Abschluss des Vertragswerks. Am 1. Juli 2008 fasste der Aufsichtsrat folgenden Beschluss: "Der Aufsichtsrat beauftragt und ermächtigt die Geschäftsführung, alle notwendigen Verträge und sonstigen Vereinbarungen mit der I. , deren Vertretern oder mit der I. verbundenen Gesellschaften abzuschließen, um eine Finanzierung des Projektes Nürburgring 2009 zu realisieren…"
8
Grundlage des Beschlusses war § 7 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH (im Folgenden: GesV). § 7 GesV lautete: "§ 7 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Abs. 1: Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinaus gehenden Handlungen ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen.

Abs. 2: Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen in jedem Fall: … Abs. 3: Der Aufsichtsrat kann sich die vorherige Zustimmung zu bestimmten anderen Arten von Geschäften vorbehalten. Er kann widerruflich seine Einwilligung zu Geschäften, die seiner Zustimmung bedürfen , allgemein unter der Voraussetzung erteilen, dass die von ihm gemachten Auflagen erfüllt sind."
9
Am 31. Juli 2008 entschied D. im Rahmen eines Gesprächs im Finanzministerium mit weiteren an der Finanzierung beteiligten Personen , dass die nach den bisherigen Verträgen von der I. S.A. zu leistende Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € von der Nürburgring GmbH erbracht werden sollte, da die I. S.A. hierzu finanziell nicht in der Lage war; die mit der erforderlichen Darlehensaufnahme verbundenen Zinsen sowie die mit der Anlage der Bareinlage verbundenen Bankspesen sollten nach seiner Entscheidung ebenfalls von der Nürburgring GmbH übernommen werden. Den für die Zahlung der Bareinlage erforderlichen Betrag sollte die Nürburgring GmbH darlehensweise aus Landesmitteln über den sog. Liquiditätspool erhalten, der bei dem Kreditreferat des Ministeriums für Finanzen eingerichtet war; diesbezüglich gab D. einem Mitarbeiter des Finanzministeriums vor, dass die Zahlung aus dem Liquiditätspool "unter Bilanzebene" abgewickelt werden sollte ; dementsprechend fand das Darlehen in der Bilanz der Nürburgring GmbH keine Erwähnung.
10
2. Vor dem geschilderten Hintergrund kam es u.a. zu den folgenden Handlungen:
11
a) In die Vorgänge um die Zahlung der von der I. S.A. geschuldeten, jedoch von der Nürburgring GmbH erbrachten Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € war die Rechtsanwaltskanzlei C. eingebunden. Ende August 2008 regte sie wegen der verschärften Regelungen zur Geldwäsche an, das Landeskriminalamt einzubinden und prüfen zu lassen, ob es Erkenntnisse oder Verdachtsmomente gegen die an der geplanten Anlage des Bardepots über 80 Mio. € Beteiligten gebe. D. bat daraufhin den damaligen Landesinnenminister Br. um eine entsprechende Überprüfung. Zudem stellte er eigene Internetrecherchen an; dabei stieß er auf Gerüchte einer Verbindung zwischen der I. S.A. und einem mexikanischen Drogenkartell. Dies teilte er am Rande einer Aufsichtsratssitzung am 2. September 2008 K. mit. Am Morgen des 8. September 2008 bestätigte Innenminister Br. D. den Verdacht, dass die I. S.A. zum Umfeld eines mexikanischen Drogenkartells gehöre. Hintergrund war, dass im Handelsregister von Luxemburg zwei irische Firmen als Aktionäre der I. S.A. eingetragen waren; beide Firmen waren auch Aktionäre einer Gesellschaft, in der eine zu den wichtigsten Drahtziehern der mexikanischen Drogenmafia zählende Familie ihre Geschäfte bündelte.
12
Es folgte eine Sitzung im Finanzministerium, an der D. , der Zeuge Dr. von der Kanzlei C. und L. teilnahmen. Die Beteiligten kamen überein, dass ein sofortiges Ende der Geschäftsbeziehung zur I. S.A. erforderlich sei, wenn die Gerüchte über deren Beziehung zur mexikanischen Drogenmafia nicht zügig und umfassend widerlegt werden könnten. D. befürchtete bei deren Ausbreitung einen großen Imageschaden für das Land Rheinland-Pfalz und das Projekt "Nürburgring 2009". Konfrontiert mit den Vorwürfen bestritt Me. jedoch eine bestehende Verbindung zu einem Drogenkartell; die beiden irischen Firmen seien - was sich zehn Tage später bestätigte - lediglich Aktionäre des erworbenen Firmenmantels gewesen. Die Forderung, neue und von dem Verdacht unbelastete Gesellschaften zu gründen, die in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge eintreten sollten, lehnte er wegen der entstehenden Gründungskosten ab. Daraufhin fassten K. sowie L. den Entschluss, die Nürburgring GmbH die Kosten der gewünschten Neugründung einer Gesellschaft, der P. S.A., tragen zu lassen.
13
Noch am 8. September 2008 unterschrieb Me. für die I. GmbH einen Vertrag, nach dem die Nürburgring GmbH die Gründungskosten für die "P. S.A." in Höhe von netto 45.000 € tragen sollte. Die Kosten sollten im Falle einer erfolgreichen Vermittlung der Finanzierung auf den Provisionsanspruch aus dem mit der I. S.A. geschlossenen Vertrag vom 2. September 2007 angerechnet werden. Am selben Tage stellte Me. der Nürburgring GmbH für die I. GmbH den Betrag von 53.550 € (45.000 € netto) in Rechnung. Der Betrag wurde ausgezahlt, nachdem K. und L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch richtig" abgezeichnet hatten. Einen Tag später gründeten Me. und B. vereinbarungsgemäß die P. S.A. und darüber hinaus nach deutschem Recht die P. GmbH. Die Gesellschaften traten kurze Zeit später für die I. S.A. und die I. E. GmbH in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge ein (Fall IV.2 der Urteilsgründe).
14
b) Während dieser Vorgänge wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes weiter vorangetrieben. So kündigte N. am 22. September 2008 gegenüber der Schweizer Bank LLB die Überweisung von 80 Mio. € an. Am selben Tag stellte die I. GmbH der Nürburgring GmbH "… gemäß dem ge- schlossenen Vorvertrag" für den Monat Oktober 2008 eine Aufwandsentschä- digung in Höhe von 40.000 € nebst 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Nach Ein- gang der Rechnung am 23. September 2008 fassten K. und N. sowie L. den Entschluss, diese Rechnung durch die Nürburgring GmbH begleichen zu lassen. Ihnen war bewusst, dass keine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten bestand, da der Vorvertrag bis zum Monat September 2008 begrenzt war und auch der vierte Nachtrag zum Vorvertrag eine Aufwandsentschädigung nur bis zum 30. September 2008 vorgesehen hatte. Gleichwohl zeichneten alle drei die Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig ab. In weiterer Ausführung des Tatplans veranlassten K. und L. die Auszahlung der in Rechnung gestellten Aufwandsentschädigung. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst. Erstattungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. bzw. die I. GmbH im Oktober 2008 nicht (Fall IV.3 der Urteilsgründe).
15
c) Obwohl die von Ba. geforderte Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € am 24. September 2008 bei der LLB/Schweiz verbucht und angelegt worden war, kam die Finanzierung nicht zustande: Zunächst hielt Ba. unter anderem eine vertraglich vereinbarte Frist von drei Tagen zum Nachweis eines Investors nicht ein; sodann verschwand er zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 spurlos. Schließlich wurde die erste Finanzierungsrate auch nach seinem Wiederauftauchen trotz mehrfacher Aufforderung nicht gezahlt.
16
Noch im Jahr 2008 präsentierte Ba. jedoch weitere angebliche Investoren , so u.a. die Ölgesellschaft T. und die A. AG. Eine Überprüfung der Gesellschaften durch die RechtsanwaltskanzleiR. ergab jedoch in beiden Fällen Bedenken, weil sich die ermittelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen nicht so wie von Ba. vorge- geben darstellten. Die Bestrebungen zur Finanzierung des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" konkretisierten sich gleichwohl wieder. Dabei forderte Ba. erneut, dass eine Bareinlage in Höhe von nunmehr 95 Mio. € erbracht werden müsse. Diese wurde ebenfalls von der Nürburgring GmbH geleistet , durch die darlehensweise Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanziert und im März 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank angelegt.
17
Ende April 2009 fand eine Telefonkonferenz zwischen D. und N. sowie L. , B. und Me. statt. Hintergrund war eine zuvor durchgeführte Prüfung des Finanzierungskonzeptes durch eine Schweizer Wirtschaftskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierbei hatte sich ergeben, dass der im Rahmen des Finanzierungskonzeptes zwischen der P. S.A. und B&B zu schließende Darlehensvertrag über 165 Mio. € negative ertragssteuerliche Konsequenzen für die P. S.A. gehabt hätte. Me. forderte daraufhin, dass die Ertragssteuer entweder vom Land Rheinland-Pfalz oder der Nürburgring GmbH übernommen werden müsse. Dies lehnte D. ab; er ging aber auf den Vorschlag ein, dass zum Erhalt steuerlicher Vorteile seitens B. und Me. eine Schweizer Aktiengesellschaft gegründet werden sollte. Die Gründungskosten in Höhe von 100.000 € sollte die Nürburgring GmbH tragen. Dabei erklärte D. , dass der Betrag von 100.000 € nicht in Verbindung mit der Gesellschaftsgrün- dung gebracht werden dürfe; auch müsse der Betrag auf das später etwaig zu zahlende Erfolgshonorar angerechnet werden.
18
Unter dem 30. April 2009 ging daraufhin eine Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein, mit der die I. GmbH "für erbrachte Leistungen in den Monaten Juni, Juli und August 2008" ein "Honorar" von netto 100.000 € berechnete. Die Rechnung zeichneten K. und L. entsprechend ih- rem zuvor gefassten gemeinsamen Entschluss als sachlich und rechnerisch richtig ab und gaben sie zur Zahlung frei. Im Juni 2009 gründeten B. und Me. nach schweizerischem Recht die G. AG. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst (Fall IV.5 der Urteilsgründe

).


19
d) Im Mai 2009 sprach Me. anlässlich eines Treffens in der Schweiz L. auf die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 50.000 € an. L. unterrichtete hierüber telefonisch D. ; gemeinsam entschieden beide, dass die Nürburgring GmbH den Betrag zahlen solle. Daraufhin ging am 22. Mai 2009 eine Rechnung der sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Liquidationsstadium befindlichen I. GmbH ein; die Rechnung lautete auf netto 50.000 € und wies als Gegenstand "erbrachte Leistungen in den Monaten September 2008" aus, obwohl die nach dem Vorvertrag geschuldete Aufwandsentschädigung für den Monat September 2008 bereits im August 2008 gezahlt worden war. Gleichwohl zeichneten K. , der in Kenntnis aller Umstände ebenfalls zur Zahlung entschlossen war, sowie L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch geprüft" ab und veranlassten hierdurch die Auszahlung (Fall IV.6 der Urteilsgründe).
20
e) Anfang Juni 2009 hielten sich B. , Me. , L. und N. im Hotel Do. in Z. auf. Im Laufe eines gemeinsamen Gesprächs rief Me. D. an und begehrte unter Hinweis auf nicht näher spezifi- zierte Aufwendungen eine Zahlung in Höhe von 150.000 €. D. stimmte der Zahlung zu. Hierauf machte N. gegenüber L. deutlich, dass der pauschale Aufwendungsersatz aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei, zumal die Nürburgring GmbH bereits bisher angefallene Kosten für Flug, Hotel und Spesen in Höhe von 78.000 € für B. und Me. beglichen habe. L.
reagierte jedoch unwirsch und verwies auf die Zustimmung von D. .
21
Bereits vor Eingang einer Rechnung rief N. darauf den ihm bei der Nürburgring GmbH unterstehenden Zeugen De. an und "wies ihn an, den Betrag per Blitzüberweisung auf das bekannte Konto der I. GmbH zu überweisen". De. ließ daraufhin von der entsprechenden Abteilung die Überweisung zur Unterschrift durch K. vorbereiten. Hiernach legteN. K. die Auszahlungsanordnung zur Unterschrift vor, wies jedoch erneut auf seine Bedenken hin. Dieser unterschrieb gleichwohl die Auszahlungsanordnung und veranlasste hierdurch die Zahlung. Erst danach ging am 20. Juli 2009 die auf den 15. Juni 2009 datierende und auf den Nettobetrag von 150.000 € lautende Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein. Als Gegenstand wurden dort seitens der I. GmbH "erbrachte Leistungen in den Monaten Oktober und November 2008" ausgewiesen. Gesondert abrechnungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. indes nicht gehabt (Fall IV.7 der Urteilsgründe

).


22
f) Nachdem B. und Me. die G. AG gegründet hatten , sollte die Finanzierung mit Ba. umgesetzt werden. Bereits im Mai 2009 hatte Ba. als neuen Investor die amerikanische Gesellschaft G. A. (im Folgenden: GA. ) ins Spiel gebracht und die Kopie eines Kontoauszugs überreicht, wonach die Gesellschaft die Anweisung erteilt hatte, 100 Mio. US-Dollar auf ein mit der Bezeichnung "B&B Nürburgring" geführtes Unter-Konto zu überweisen. Hinter der GA. sollte ein Investor namens Du. stehen. Du. war nach den Angaben Ba. s auch "Geschäftsführer" der M. A. (im Folgenden: MA. ), die im weiteren Verlauf neben der GA. zusätzlich in die Finanzierung einge- bunden würde. Im Zuge der abschließenden Verträge fertigte der von der Nürburgring GmbH beauftragte Rechtsanwalt Lü. eine Zahlungsvereinbarung , mit der die genaue Zahlungshöhe und -weise des durch Ba. zur Verfügung gestellten bzw. beschafften Finanzierungskapitals an die Nürburgring GmbH und die Gesellschaften der I. - bzw. P. -Gruppe geregelt werden sollte. Am 29. Juni 2009 übermittelte Rechtsanwalt Lü. L. per E-Mail einen zweiten Entwurf dieser Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt stand D. unter hohem Zeitdruck, da im Hinblick auf das am 12. Juli 2009 stattfindende Formel-1-Rennen die Eröffnungsfeier für den 9. Juli 2009 vorgesehen und noch kein Privatinvestor gefunden worden war. Zudem hatte ihm der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Be. , eine Frist bis zu diesem Tage gesetzt, um die Finanzierung des Projektes mit Ba. umzusetzen. Im Falle eines Scheiterns sollte das Bardepot über 95 Mio. € wieder abgezogen werden.
23
Noch am 29. Juni 2009 folgte im Hotel Do. in Z. ein Treffen , an dem für die Nürburgring GmbH N. und L. , daneben B. , Me. sowie Ba. teilnahmen. Letzterer übergab dabei einen auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 67 Mio. USDollar , der zugunsten der Nürburgring GmbH ausgestellt war und die ursprünglich vorgesehene Überweisung der ersten Finanzierungsrate ersetzen sollte. Hierauf diskutierten N. , L. , B. und Me. über die Zahlung der nach dem Vertrag vom 2. September 2007 vereinbarten Provision, welche die Nürburgring GmbH für die erfolgreiche Vermittlung der Finanzierung an die - für die I. S.A. in den Vertrag eingetretene - P. S.A. zahlen sollte. B. und Me. vertraten die Auffassung, ihre vertraglichen Pflichten erfüllt zu haben, weshalb die Provision mit der Übergabe des Schecks fällig sei. Auf Forderung des L. änderte N. daraufhin den von Rechtsanwalt L. übermittel- ten Entwurf der Zahlungsvereinbarung dergestalt ab, dass nach Gutschrift des Schecks über 67 Mio. US-Dollar eine Provision in Höhe von 4 Mio. € an die G. AG zu zahlen sei. Weshalb die Beteiligten in Abweichung vom Vertrag vom 2. September 2007 nur über eine Provision in Höhe von 4 Mio. €, statt wie ursprünglich vereinbart 5 Mio. € debattierten, hat die Strafkammer nicht klären können.
24
B. und Me. ging der neue Entwurf jedoch nicht weit genug. Sie forderten eine Zahlung innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, insbesondere N. hielt die Forderung für unangemessen. Im weiteren Verlauf telefonierte Me. mit D. und konfrontierte nun diesen mit seiner Forderung. Vor dem Hintergrund seines Zeitdrucks entschied D. , dem Ansinnen von B. und Me. nachzukommen, wobei ihm bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, binnen der kurzen Zeitspanne von 48 Stunden zu überprüfen, ob der von Ba. übergebene Scheck gedeckt war. Telefonisch vereinbarten D. und Me. weiter, dass ein Teilbetrag von 1,2 Mio. € zur Begleichung von "Vorlaufkosten" unmittelbar an die Nürburgring GmbH zurücküberwiesen werden und weitere 2 Mio. € unangetastet auf dem Konto der G. AG verbleiben sollten; der Restbetrag von 800.000 € sollte zur freien Verfügung der G. AG bzw. B. und Me. stehen.
25
Auf Aufforderung des L. änderte N. am frühen Morgen des 30. Juni 2009 den Entwurf der Zahlungsvereinbarung erneut ab. Dieser mittlerweile vierte Entwurf lautete nun auszugsweise wie folgt: "Präambel: Zwischen den Parteien bestehen verschiedene vertragliche Beziehungen. Diese umfassen u.a. Verträge zwischen P. und NG zur Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" (gemeinsam das "NG/P. Vertragswerk Projekt NG 2009"). … NG zahlt 4 Mio. € an G. /P. alsVorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009. … § 1 Leistung von Zahlungen 1.2. B&B wird im unmittelbaren Anschluss an die Unterzeichnung dieser Zahlungsvereinbarung einen Betrag in Höhe von 67,0 Mio. US$ …zahlen, und zwar durch Übergabe eines Orderschecks… 1.3. NG wird innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks gemäß § 1.2 einen Betrag in Höhe von 4 Mio. € … an G. /P. zahlen und zwar durch Überweisung auf ein von der G. /P. zu benennendes Konto."
26
Der Entwurf sah im Unterschriftsfeld für die Nürburgring GmbH neben der Unterschrift von L. als Prokuristen der Gesellschaft auch diejenige von N. vor. L. , Me. und Ba. unterschrieben diese Zahlungsvereinbarung.
27
N. begab sich daraufhin mit L. auf den Weg nach Mainz, um dort den - tatsächlich nicht gedeckten - Scheck über 67 Mio. US-Dollar bei der Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) einzulösen. Er hatte die Zahlungsvereinbarung noch nicht unterschrieben, weil er diese nach wie vor für unangemessen hielt, und machte gegenüber L. seine Unterschrift von einer entsprechenden Weisung von D. und K. abhängig. In dem darauf folgenden Telefonat forderte D. N. mit dem Bemerken , niemand könne so verrückt sein, einen Scheck in dieser Größenordnung zu unterschreiben, der nicht gedeckt sei, zur Unterschrift auf. Nachdem auch K. N. telefonisch hierzu angewiesen hatte, zeichnete dieser die Zahlungsvereinbarung ab und stimmte "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH dem Inhalt der Vereinbarung" zu.
28
Nach der Scheckeinreichung bei der LBBW flogen N. und L. noch am selben Tage wieder nach Z. . Am Vormittag des 3. Juli 2009 forderte N. den Leiter der Buchhaltung der Nürburgring GmbH, Ke. , auf, die Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu veranlassen, nachdem Me. ihm gegenüber auf der Zahlung bestanden hatte. Ke. informierte hierauf die für die Ausführung der Überweisung zuständige Zeugin La. , die einen Überweisungsauftrag fertigte. Aufgrund vorgebrachter Bedenken des bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Justitiars Pa. hinsichtlich des mit der Zahlung verbundenen Risikos, weil die Deckung des übergebenen Schecks noch unklar war, unterschrieb K. den Überweisungsauftrag allerdings zunächst nicht.
29
Währenddessen hatten sich Ba. , N. und B. gemeinsam zur P. -Bank nach Liechtenstein begeben. Dort sollte Ba. einer vorherigen Absprache entsprechend einen Kontoauszug abholen, der belegte, dass die B&B über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Mio. € verfügte. Vor der Bank teilte er N. und B. dann allerdings für diese überraschend mit, dass die P. -Bank wegen der schlechten Reputation der Nürburgring GmbH keinen von deren Vertretern empfangen wolle und auch keinen Kontoauszug über- reichen werde. Etwa eine Stunde später kam Ba. wieder heraus und er- klärte wahrheitswidrig, dass der Betrag von 100 Mio. € auf dem Konto der B&B als frei verfügbares Guthaben vorhanden sei, die Bank sich aber sowohl geweigert habe, einen entsprechenden Kontoauszug auszuhändigen, als auch, eine Überweisung auf ein Konto der Nürburgring GmbH auszuführen. N. und B. reagierten zunächst empört und äußerten den Verdacht, dass Ba. eine Hinhaltetaktik verfolge. Ba. schlug daraufhin vor, zunächst einen weiteren Scheck über 33 Mio. US-Dollar auszustellen und übergab N. im Laufe des Tages einen erneut auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 33 Mio. €.
30
Am Nachmittag desselben Tages entschloss sich K. , den Auftrag zur Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu erteilen, obwohl ihm bewusst war, dass die Werthaltigkeit des Schecks über 67 Mio. US-Dollar noch nicht überprüft war. Gegen 16:00 Uhr unterschrieb er den Überweisungsträger und übergab ihn der Zeugin La. zur Ausführung. Diese übermittelte um 17:17 Uhr den Überweisungsträger nach vorheriger telefonischer Ankündigung per Telefax mit der Bitte um "schnellstmögliche Ausführung" an die Kreissparkasse Ahrweiler. Kurze Zeit später übermittelte La. einen weiteren Auftrag per Telefax, der eine Umbuchung von 4 Mio. € von einem Tagesgeldkonto der Nür- burgring GmbH zur Deckung des mit der Auslandsüberweisung belasteten Kontos zum Gegenstand hatte. Bei der Kreissparkasse Ahrweiler kamen den Zeugen St. und Ki. jedoch Bedenken, ob die Überweisung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche darstellen könnte, weil der Überweisungsträger als Empfänger nur die Buchstaben-ZahlenKombination "G7 5165" enthielt. Aufgrund dessen führten sie die Überweisung zunächst nicht aus.
31
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die Rechtsanwälte Lü. und Di. K. aufgesucht. Lü. hatte am Vortag von dem gegenüber seinen Vertragsentwürfen geänderten Inhalt der Zahlungsvereinbarung erfahren und bewertete deren Inhalt als Untreue. Im Beisein von L. kam es daraufhin zu einem Telefonat zwischen K. und D. . Letzterer blieb trotz der von Lü. vorgebrachten Bedenken und Hinweise auf die bisherige Unzuverlässigkeit des Ba. bei seiner Auffassung, dass der Betrag von 4 Mio. € gezahlt werden solle. Daraufhin wies L. K. auf dessen persönliche Verantwortung als Geschäftsführer hin, worauf D. erklärte, er könne dem Geschäftsführer als Aufsichtsratsvorsitzender keine Weisungen erteilen; zugleich betonte er aber, dass das Risiko des Scheiterns der Finanzierung dann auch bei der Geschäftsleitung läge. K. erklärte schließlich seiner Sekretärin, dass mit der Überweisung gewartet werden sollte; gegen 18:00 Uhr wurde eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse Ahrweiler per Telefax informiert.
32
Noch am Abend des 3. Juli 2009 unterrichtete ein Mitarbeiter der LBBW das Finanzministerium über Erkenntnisse zu dem von Ba. ausgestellten Scheck. Nach Mitteilung der Wells Fargo Bank in London stimmten die Daten auf dem Scheck nicht mit den Kontodaten überein; das bezeichnete Konto habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Deckung über 67 Mio. € aufgewiesen. An dem sich anschließenden Wochenende traten weitere Ungereimtheiten auf, sodass D. bereits am Sonntag, den 5. Juli 2009, L. den Auftrag erteilte, die Folgen einer Vertragsauflösung zu prüfen. Am Montag, den 6. Juli 2009, übermittelte La. im Auftrag des K. der Kreissparkasse Ahrweiler ein Telefax, mit dem der Überweisungsauftrag vom 3. Juli 2009 endgültig zurückgenommen wurde. Einen Tag später trat D. von sei- nem Amt als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zurück (Fall IV.8 der Urteilsgründe).
33
g) Zeitgleich zu den vorstehend geschilderten Ereignissen um die Finanzierung des Bereichs I von "Nürburgring 2009" wurde der Ausbau des Bereichs II (Hotel- und Gastronomieanlagen) vorangetrieben. Nach den Planungen und den öffentlichen Aussagen der Landesregierung hatte dieser Teil des Ausbauprojektes ausschließlich privat finanziert werden sollen. Weil bis Mitte des Jahres 2007 jedoch trotz Verhandlungen mit zahlreichen Hotelbetreibern kein privater Investor gefunden worden war, wurde schließlich die MS. GmbH als Projektentwicklungsgesellschaft gegründet. 10% ihrer Gesellschaftsanteile hielt die Nürburgring GmbH; 49,5% entfielen auf die später unter dem Namen Med. GmbH firmierende Medi. GmbH. Daneben waren an der MS. GmbH beteiligt die G. & T. GmbH (33,8%) und mit 6,7% die We. -GmbH. Geschäftsführer der MS. GmbH waren die Zeugen Ri. , seinerseits zugleich Geschäftsführer der Med. GmbH, und G. , der Geschäftsführer der G. & T. GmbH.
34
Die M. GmbH betrieb als Bauherrin in der Folgezeit den Ausbau der unter Bereich II fallenden Projekte. Da sie allerdings nicht über die erforderlichen Eigenmittel verfügte, war sie auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Deren Umsetzung gestaltete sich in der Folgezeit schwierig, so dass es u.a. zu folgenden Handlungen kam (Fälle IV.9 a) ff. der Urteilsgründe):
35
Zum Planbereich II gehörte der Bau eines 4-Sterne-Hotels, wegen dessen Finanzierung der Zeuge Ri. Verhandlungen mit der Bank für Tirol und Voralberg (im Folgenden: BTV) führte. Diese war bereit, einen Kredit in Höhe von 26 Mio. € zu gewähren, forderte allerdings, dass die Errichtung des Hotels von einer Gesellschaft betrieben würde, deren einziger Gesellschaftszweck hierin bestand, und daneben einen Eigenkapitalnachweis dieser Gesellschaft in Höhe von6 Mio. €. Die erste Forderung führte zur Gründung der C. M. GmbH (im Folgenden: CM. GmbH). Zur Erbringung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises war die MS. GmbH indes nicht in der Lage. Dieser sollte daher von ihren Gesellschaftern entsprechend der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse aufgebracht werden. Da der Geschäftsführer der We. GmbH allerdings nicht bereit war, sich an dem Projekt finanziell zu beteiligen, sollte deren Anteil von der Med. GmbH übernommen werden; diese hatte somit einen Gesamtanteil von 3,4 Mio. € zu tragen. Hierzu war sie nicht fähig.
36
Anfang Mai 2008 wies Ri. gegenüber D. darauf hin, dass ein Baustopp drohe, falls der Eigenkapitalnachweis nicht geführt werden könne. Dieser empfahl Ri. , sich an die I. und S. bank GmbH (im Folgenden: ISB GmbH) zu wenden. Bei dieser handelt es sich um eine Landesbank, deren alleiniger Gesellschafter das Land Rheinland-Pfalz ist und deren Gesellschaftszweck zu diesem Zeitpunkt insbesondere darin lag, Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz zu fördern. Geschäftsführer der ISB GmbH war der Mitangeklagte M. . Diesen bat D. , die Finanzierung des Bauprojektes zu begleiten.
37
Am 7. Mai 2008 kam es daraufhin zu einem Gespräch in den Räumen der ISB GmbH. An diesem nahmen neben M. der Zeuge Ri. , die Wirtschafts- und Bürgschaftsreferentin des Finanzministeriums Ty. und der Mitangeklagte W. als Geschäftsführer der R.
GmbH (im Folgenden: RIM GmbH) teil. Die RIM GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ISB GmbH; nach ihrem Gesellschaftszweck sollte sie das Land Rheinland-Pfalz in seiner Wirtschafts- und Strukturpolitik im Rahmen der Aufgabenstellung der ISB GmbH unterstützen. Die Überlegung, die Med. GmbH für die Finanzierung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises durch eine Landesbürgschaft zu unterstützen, wurde verworfen, weil hierdurch ein finanzielles Engagement des Landes im Bereich II des Ausbauprojektes öffentlich bekannt geworden wäre. Hieraus entwickelte sich der Vorschlag, dass die RIM GmbH befristet eine stille Beteiligung an der Med. GmbH eingehen und in diesem Rahmen eine stille Einlage in Höhe des benötigten Kapitals zur Verfügung stellen solle. Diese Einlage sollte die Med. GmbH sodann der MS. GmbH als Darlehen weiter reichen. Die RIM GmbH ihrerseits refinanzierte sich über ein Darlehen, welches ihr die ISB GmbH zur Verfügung stellte. Weil der ISB GmbH diese Darlehensgewährung aufgrund geltender Bestimmungen ohne die Absicherung durch entsprechende Bürgschaften nicht möglich gewesen wäre, sollte das Land Rheinland-Pfalz den Kredit in voller Höhe durch eine Landesbürgschaft absichern. Dies bot zugleich den Vorteil, dass die grundsätzlich nach § 18 KWG erforderliche Offenlegung von Kreditunterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4 KWG entfiel. Die Absicherung des Darlehens durch das Land sollte D. als Finanzminister ermöglichen. Dieser entschied, nachdem er über das Konzept informiert worden war, dass in der vorgeschlagenen Weise vorgegangen werde sollte.
38
Am 16. Mai 2008 schlossen die ISB GmbH und die RIM GmbH einen Darlehensvertrag über 3,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2009. Am 19. Mai 2008 erstellte W. eine Beschlussvorlage für die Geschäftsführung der ISB GmbH, in der er u.a. ausführte, dass die nach dem Ver- trag als Sicherheit an die RIM GmbH zu verpfändenden Geschäftsanteile der Med. GmbH an der MS. GmbH nur bedingt werthaltig seien. Gleichwohl stufte er die Med. GmbH in Ratingklasse 1 ein, was der besten Bonität entsprach, obwohl ihm, M. , und D. bekannt war, dass die Med. GmbH tatsächlich keinerlei Finanzkraft aufwies. Sodann schlossen W. und Ri. am 29. Mai 2008 den Vertrag über die stille Beteiligung in Höhe von 3,4 Mio. €, welche zum 30. September 2009 zurückgezahlt werden sollte. Danach wurde die Einlage erbracht.
39
Auch die Nürburgring GmbH konnte den von ihr zu stellenden Eigenkapitalnachweis in Höhe von 600.000 € nicht aufbringen. D. entschied daraufhin, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende stille Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH um diesen Betrag aufgestockt und letztere auch den von der Nürburgring GmbH zu erbringenden Teil des Eigenkapitalnachweises übernehmen sollte. Wie zuvor sollte sich die RIM GmbH über ein Darlehen der ISB GmbH refinanzieren und eine Landesbürgschaft diesen Kredit absichern. Dementsprechend wurden in der Folgezeit Verträge über eine weitere stille Beteiligung zwischen der RIM GmbH und der Med. GmbH (Vertrag vom 26. September 2008) und das Darlehen der ISB GmbH an die RIM GmbH in Höhe von 600.000 € (Vertrag vom 30. September 2008) geschlossen.
40
Schon zuvor - nämlich am 28. August 2008 - hatte D. eine "globale Bürgschaftserklärung" des Landes gegenüber der ISB GmbH über ei- nen Bürgschaftsrahmen von 50 Mio. € unterzeichnet; diese sah unter anderem eine Besicherungsquote von "in der Regel 80% des einzelnen Engagements" vor. Daneben war in Ziff. 7 der Erklärung bestimmt, dass der Ausfall als eingetreten gelte, wenn und soweit die Darlehensnehmerin mit fälligen Leistungen aus den Darlehensverträgen länger als drei Monate seit Fälligkeit in Verzug ist und eine zur Abhilfe bestimmte Frist erfolglos abgelaufen oder aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten ist. Diese Bürgschaftserklärung wurde nunmehr durch D. entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss dahin modifiziert , dass das Land die Bürgschaft in voller Höhe auf die beiden von der ISB GmbH gewährten Darlehen erstreckte. Die entsprechende Erklärung gegenüber der ISB GmbH wurde auf seine Weisung durch Ty. mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 abgegeben.
41
Nachdem die MS. GmbH den Eigenkapitalnachweis erbracht hatte, ge- währte die BTV den zugesagten Kredit in Höhe von 26 Mio. € (Fall IV.9 a) der Urteilsgründe).
42
Anfang November 2008 drohte Ri. erneut mit einem Baustopp, wenn nicht kurzfristig Gelder in Höhe von 10 Mio. € zur Bezahlung der Bauhandwerker zur Verfügung gestellt würden. D. entschied hierauf, dass der Betrag nach dem bereits zuvor praktizierten Modell einer stillen Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH zur Verfügung gestellt werden sollte und das von der ISB GmbH zu vergebende Refinanzierungsdarlehen durch eine Landesbürgschaft zu 100% abgesichert werden sollte. Dementsprechend wurden in der Folgezeit die erforderlichen Verträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH sowie der RIM GmbH und der Med. GmbH geschlossen. Des Weiteren ließ das Finanzministerium auf Weisung von D. erklären, dass die Bürgschaftsquote über die Bestimmungen in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinaus auf 100% erhöht werde. Sodann wurden die 10 Mio. € ausgezahlt, wobei in die Weiterleitung der Gelder von der Med. GmbH an die MS. GmbH in diesem Fall - um die Herkunft der Gel- der aus öffentlichen Mitteln weiter zu verschleiern - noch die P. GmbH zwischengeschaltet war (Fall IV.9 b) der Urteilsgründe).
43
Im November 2008 forderte die Bank für Trient und Bozen im Rahmen von Verhandlungen über deren Beteiligung am Ausbauprojekt, dass die RIM GmbH ihre Beteiligung an der Med. GmbH um 15 Mio. € aufstocken sollte und diese Mittel entsprechend dem Baufortschritt verwendet werden müssten. Auch diese Forderung wurde auf die Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligung umgesetzt; dies schloss - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung vom 28. August 2008 vorgesehene Besicherung von 80% hinaus - die volle Absicherung des Refinanzierungskredites durch das Land ein. Das Gesamtobligo der mittlerweile auch durch die Absicherung anderer Vorhaben ausgeschöpften globalen Bürgschaftserklärung wurde in diesem Rahmen auf 80 Mio. € erhöht. Zu der geplanten Finanzierung durch die Bank für Trient und Bozen kam es indes nicht (Fall IV.9 c) der Urteilsgründe

).


44
Von April bis Juli 2009 meldeten die Geschäftsführer der MS. GmbH in sieben weiteren Fällen jeweils dringenden Liquiditätsbedarf in Höhe von 5,5 Mio. € bis zu 13,63 Mio. €. Die jeweils benötigten Gelder wurden daraufhin auf jeweilige Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligungen von der ISB GmbH finanziert und schließlich als Darlehen von der Med. GmbH an die MS. GmbH weitergereicht (Fälle IV.9 d) bis j) der Urteilsgründe ); in allen Fällen erklärte das Finanzministerium auf Weisung von D. - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinausgehend - die volle Absicherung des von der ISB GmbH bewilligten Refinanzierungskredits. In den Fällen IV.9 b) und IV.9 d) der Urteilsgründe wurden der RIM GmbH zur Absicherung ihres jeweiligen Rückzahlungsan- spruchs Briefgrundschulden an einem Grundstück und einem Erbbaurecht der MS. GmbH bestellt. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurden Eigentümergrundschulden an Grundstücken und Erbbaurechten der MS. GmbH sowie an einem Erbbaurrecht der CM. GmbH bestellt und an die RIM GmbH übertragen. Dass nunmehr Eigentümergrundschulden zur Absicherung dienten, geschah zu Verschleierungszwecken, da zuvor die Eintragung einer Briefgrundschuld über 10 Mio. € bekannt geworden und dadurch der Verdacht aufgekommen war, das Land Rheinland-Pfalz engagiere sich finanziell im privat zu finanzierenden Bereich II des Ausbauprojektes. Aufgrund der Absicherung durch Eigentümergrundschulden war die RIM GmbH als Berechtigte nunmehr nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich. Die Anträge auf Eintragung der Briefgrundschulden gingen im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe nur wenige Wochen nach der Auszahlung der Beteiligungsgelder bei den Grundbuchämtern ein, im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe am Tage der Auszahlung. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurde der jeweils erste Grundschuldbrief spätestens knapp vier Monate nach Zahlung der Beteiligungssumme übergeben. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Grundschulden jeweils in voller Höhe ihres Nominalwertes werthaltig waren, da sie "keine sicheren Feststellungen" über die Werthaltigkeit zum Zeitpunkt ihrer Bestellung, "also während der Bauphase" zu treffen vermochte.
45
Keine der stillen Beteiligungen wurde von der Med. GmbH zurückgezahlt. Daraufhin wurden die stillen Beteiligungen teilweise prolongiert; die Darlehensverträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH liefen im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe ursprünglich bis zum 30. September 2009 und wurden noch vor Ablauf unbefristet verlängert. Die übrigen Refinanzierungsverträge waren von vornherein "bis auf Weiteres" geschlossen worden. Im März 2010 erwarb die Nürburgring GmbH schließlich sämtliche Geschäftsanteile an der MS. GmbH. Sodann wurden die gesamten Verbindlichkeiten der Nürburgring GmbH gegenüber dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz für die Baukosten im Bereich I des Ausbauprojekts sowie der MS. GmbH hinsichtlich der Rückzahlung der Beteiligungsgelder und der CM. GmbH aus deren notleidend gewordenen Kreditverbindlichkeiten gegenüber der BTV in einen Dar- lehensvertrag über 330 Mio. € zusammengefasst. Darlehensgeber war die ISB GmbH, Darlehensnehmerin die Nürburgring GmbH und als weitere Gesamtschuldnerinnen die MS. GmbH sowie die CM. GmbH. Die ISB GmbH wurde abgesichert durch eine "Garantie- und Freistellungserklärung" des Landes Rheinland-Pfalz.
46
3. Am 2. Juli 2010 fand eine Sitzung des im Zusammenhang mit der Nürburgring-Finanzierung durch den Landtag des Landes Rheinland-Pfalz eingesetzten Untersuchungsausschusses statt. Beweisthema dieser Sitzung war der Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 30. Juni 2009 über die Zahlung der Provision in Höhe von 4 Mio. € (vgl. Fall IV.8 der Urteilsgründe). D. sagte hierzu als Zeuge, zuvor über die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage sowie nach § 55 StPO belehrt, aus. Hierbei stellte der Abgeordnete Ey. folgende Frage: "…In Bezug auf die 48-Stunden-Regelung wurde in den Raum gestellt, dass diese 48-Stunden-Regelung im Vorfeld bereits mit Ihnen abgestimmt worden ist. Die Frage ist nur, ob das stimmt und zwar von HerrnMe. und Herrn B. wäre das abgestimmt gewesen mit Ihnen. Die Frage ist, ob Sie das bestätigen können oder nicht." Hierauf antwortete D. : "Kann ich nicht bestätigen. Ich kann nur bestätigen, dass Herr Me. und Herr B. gegenüber Herrn L. häufig behauptet hatten, sie hätten eine bestimmte Sache mit mir besprochen, und wenn Herr L. mich drauf angesprochen hat, habe ich gesagt, stimmt überhaupt nicht. Die haben mir erzählt, was sie gerne hätten. Ich habe mir das angehört, habe aber keineswegs gesagt, ich, Aufsichtsratsvorsitzender D. , habe das zur Kenntnis genommen, kann erledigt werden. Haken drunter. Das habe ich nie gemacht. Aber Me. und B. haben das immer mal versucht."
47
II. Revision des Angeklagten D.
48
1. Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH im Fall IV.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung auf die Sachrüge nicht stand.
49
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seines - im Einzelnen näher dargestellten - Auftretens im Zusammenhang mit der Umsetzung von "Nürburgring 2009" sowie der von ihm in diesem Rahmen getroffenen Entscheidungen als faktischen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH angesehen und hieraus dessen Vermögensbetreuungspflicht gefolgert. Deren Verletzung liege in dem Abschluss der Zahlungsvereinbarung, soweit sich die Nürburgring GmbH dort verpflichtet habe, 4 Mio. € innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar an "G. /P. " zu zahlen. Angesichts der zurückliegenden gescheiterten Finanzierungsversuche im Zusammenhang mit der Einschaltung von Ba. sei es unvertretbar und auch nicht mehr durch den der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum gedeckt gewesen, die Nürburg- ring GmbH hinsichtlich der Zahlung der Provision in einer Höhe von 4 Mio. € in Vorleistung treten zu lassen. Da mit dem Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein einklagbarer Zahlungsanspruch entstanden sei, sei das Vermögen der Nürburgring GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 4 Mio. € gefährdet gewesen. Die Vermögensgefährdung sei mit der Erteilung des Überweisungsauftrages nur noch vertieft worden und habe am 6. Juli 2009 mit der Rücknahme des Überweisungsauftrags geendet.
50
b) Diese Erwägungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Im Ergebnis rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass D. eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Indes genügen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts nicht den an die Darstellung des Vermögensnachteils in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zu stellenden Anforderungen. Im Einzelnen:
51
aa) Es kann offen bleiben, ob die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts tragen, D. habe die Geschäfte der Nürburgring GmbH faktisch geführt. Seine nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen, folgte jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
52
Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52).
53
Die hiernach erforderliche hervorgehobene Stellung von D. ergab sich aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Dessen wesentliche Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG). Hieraus folgt die Pflicht, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Leitungsorgans abzuwenden. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maßnahmen (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 39 f.; Henssler/Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 111 AktG Rn. 9; Krause, NStZ 2011, 57, 58).
54
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, wenn ein Aufsichtsratsmitglied ein strafbares Verhalten des Leitungsorgans feststellt. Aus der jedem Mitglied des Aufsichtsrats obliegenden Verpflichtung, den durch das Verhalten der Geschäftsführung drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden, ergibt sich notwendigerweise die Pflicht, die Geschäftsführung nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die es aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müsste. Eine Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verstoß gegen eine spezifische Treuepflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB dar (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 201 f.). Diese Grundsätze beschränken sich nicht auf Konstellationen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Geschäftsführer zu von ihm abzuwendenen Handlungen bestimmt, sondern gelten gleichermaßen für die sonstige Mitwirkung des Aufsichtsratsmitglieds an entsprechenden Pflichtverletzungen der Geschäftsführung. In den sich aus der Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) ergebenden Pflichtenkanon ist die Prüfung, dass sich der Geschäftsführer nicht in unzulässiger Weise seiner Leitungsfunktion begibt, ebenso eingeschlossen wie die Verpflichtung , Hinweisen auf Fehlverhalten leitender Angestellter nachzugehen und zu ermitteln, ob die Geschäftsführung ihrer Organisations- und Überwachungspflicht nachgekommen ist (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 21, 25 mwN). Eine untreuerelevante Pflichtverletzung liegt daher zumindest auch dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit einem leitenden Angestellten - wie hier K. als Geschäftsführer und L. als Finanzdirektor und Prokurist der Nürburgring GmbH - bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden Fehlverhalten zusammenwirkt.
55
bb) D. hat seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er der Forderung von Me. , die Provision binnen 48 Stunden nach Übergabe des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar auszuzahlen, zustimmte und hierdurch das weitere Verhalten von L. entscheidend beeinflusste, N. aufforderte, die Zahlungsvereinbarung zu unterschreiben, sowie im weiteren Verlauf versuchte, K. zur Überweisung der Provision zu veranlassen.
56
(1) Die getroffene Vereinbarung über die Modalitäten der Provisionszahlung lag außerhalb des freien unternehmerischen Gestaltungsspielraums, der dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zuzubilligen war; damit handelte es sich zugleich um eine L. und N. verwehrte Maßnahme, die D. als Mitglied des Aufsichtsrats zu verhindern hatte.
57
(1.1) Nach den ursprünglich zum Aktienrecht entwickelten (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253) Grundsätzen muss dem Geschäftsführer einer GmbH bei der Leitung der Geschäfte des Unternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes , ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Geschäftsführer einer GmbH (BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284; vgl. auch RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BRDrucks. 3/05, S. 21) und sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336).
58
(1.2) Danach wurden mit dem Abschluss der Vorauszahlungsvereinbarung die Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschritten: Angesichts des bisherigen Verlaufs der Finanzierungsversuche mit Ba. war die Wahrscheinlichkeit evident hoch, dass der von diesem übergebene Scheck nicht gedeckt sein könnte, die Finanzierung erneut nicht zustande kommen würde und damit die von Me. begehrte Erfüllung des Provisionsanspruchs keine Grundlage hatte (zur gesellschaftsrechtlichen Einstufung von Risikogeschäften als pflichtwidrig vgl. etwa Michalski-Haas/Ziemons, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 81).
59
Zutreffend hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abgestellt , dass der vermeintliche Investor Du. nicht offen in Erscheinung getreten war, was nach den Erfahrungen mit den bisher von Ba. vorgestellten Investoren Anlass zur Zurückhaltung hätte geben müssen; darüber hinaus ließ auch das sonstige Verhalten von Ba. an seiner Seriosität zweifeln. Bereits seine wechselnden Forderungen im Rahmen des ersten Versuchs, die Finanzierung umzusetzen, waren auffällig: Während er zunächst die Umsetzung des verfolgten Finanzierungskonzeptes davon abhängig gemacht hatte, dass seitens der I. S.A. eine Bareinlage in Höhe von 120 Mio. US-Dollar erbracht werde, verzichtete er in seiner Kreditzusage vom 15. Mai 2008 auf diese und forderte stattdessen eine Landesbürgschaft in entsprechender Höhe, um nur wenige Tage später die Landesbürgschaft nebst der Bareinlage einzufordern. Deutliche Hinweise auf seine Unredlichkeit ergaben sich weiter, als er im August 2008 gegenüber N. preisgab, aus "Nebengeschäften" mit den Anlagegeldern Zinseinnahmen erwirtschaften zu wollen, weshalb er aufgrund eintretender Zinsnachteile die von D. gewünschte Verkürzung der Anlagefrist von vierzehn auf zwölf Monate ablehnte. Auch hatte Ba. schon während des ersten Finanzierungsversuchs - bei dem der vermeintliche Investor ebenfalls bereits im Hintergrund geblieben war - vereinbarte Fristen nicht eingehalten, so etwa die Verpflichtung, binnen drei Banktagen nach "Einbuchung der Staatsbürgschaft" bzw. nach "Eingang" der Bareinlage bei der Bank eine definitive Finanzierungszusage des Investors nachzuweisen. Dass Ba. in diesem Zusammenhang zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 von der Bildfläche verschwunden war - mithin ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, als die erste Finanzierungsrate gezahlt werden sollte -, stellte seine Zuverlässigkeit zusätzlich in Frage; der von ihm hierzu später genannte Grund, er habe sich in Dubai in Untersuchungshaft befunden, unterstrich diese Zweifel - unabhängig von den verschiedenen von ihm hierzu genannten Hintergründen - ebenso wie der Umstand, dass er schließlich von sich aus gegenüber der P. S.A. die Vertragsbeziehungen gekündigt hatte. Den Beteiligten war ferner bekannt, dass Ba. wiederholt zweifelhafte Investoren ins Spiel gebracht hatte: So hatte die Ölgesellschaft T. nach den Rechercheergebnissen der Rechtsanwaltskanzlei R. nicht über die behaupteten Mittel von 1,2 Mrd. US-Dollar verfügt; auch die Prüfung der A. AG durch die Rechtsanwaltskanzlei R. hatte ergeben, dass deren behauptete Beteiligung an Geothermieprojekten nicht belegbar war und jeglicher Nachweis über die Finanzkraft der Gesellschaft fehlte. Hinsichtlich der T. hatte Ba. im Übrigen erneut eine von ihm in Aussicht gestellte Frist zum Finanzierungsnachweis nicht eingehalten. Schließlich hatte es auch bereits mit dem zuletzt von Ba. präsentierten Investor Du. Ungereimtheiten gegeben, indem etwa zunächst anvisierte Zahlungen des Investors nicht erbracht worden waren.
60
(2) Die Pflichtverletzung stellt sich auch als gravierend im Sinne der zur Ausformung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals der Untreue entwickelten Rechtsprechung dar, da diese Einschränkung der Sache nach nur den - hier wie dargelegt überschrittenen - weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum widerspiegelt , ohne den unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN).
61
cc) Die Urteilsgründe tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, in der Zeit vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2009 sei das Vermögen der Nürburgring GmbH in einer Höhe von 4 Mio. € konkret (schadensgleich) gefährdet gewesen.
62
(1) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Da es sich bei der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens nicht um eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten handelt, sondern auch in diesem Fall die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten sein muss (kritisch daher zur Terminologie BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 224 f.; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331 [zu § 263 StGB]), reicht es nicht aus, lediglich die bloße (konkrete) Gefährdung des Vermögens festzustellen. Dies birgt je nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahr einer Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensschadens; ebenso ist ein solches Vorgehen aufgrund einer undifferenzierten Gleichsetzung von zukünftiger Verlustgefahr und gegenwärtigem Schaden geeignet, die gesetzgeberische Entscheidung, den Versuch der Untreue nicht unter Strafe zu stellen, zu unterlaufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228). Daher dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten auch nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Der Vermögensnachteil ist daher eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228; zu § 263 StGB vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, 458; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331). Voraussetzung ist dabei, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113; BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384 f.), wobei deren Annahme die rechtliche Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung - insbesondere aufgrund des mit der Schaffung der Urkundslage verbundenen erhöh- ten Prozessrisikos (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 f. [zu § 253 StGB]) - nicht zwingend voraussetzt.
63
(2) An einer solchen Darlegung des Vermögensnachteils fehlt es in dem angefochtenen Urteil. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 48 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 StR 302/13, NStZ 2014, 578 [jeweils zu § 263 StGB]); insbesondere ist der durch die Gefährdung eingetretene Vermögensverlust auf Grundlage der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres mit 4 Mio. € anzusetzen.
64
Nicht zu folgen ist der Erwägung der Strafkammer, durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung sei ein einklagbarer Anspruch und aufgrund dessen die "Gefährdungslage" entstanden. Eine vom Zustandekommen der Finanzierung - und damit auch von der Werthaltigkeit des von Ba. übergebenen Schecks - losgelöste Zahlungsverpflichtung wurde durch die 4. Zahlungsvereinbarung nicht begründet. Hiergegen spricht bereits die Bezeichnung der Zahlung als "Vorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009" und damit die Bezugnahme auf den Vertrag vom 2. September 2007. Da die Prüfung des Schecks nach den getroffenen Feststellungen in vierzehn Tagen hätte abgeschlossen sein können - tatsächlich waren die Unstimmigkeiten von den beteiligten Banken sogar schon nach drei Tagen aufgedeckt worden -, wäre selbst bei unmittelbarer Anstrengung eines Urkundsverfahrens (§§ 592 ff. ZPO) seitens B. und Me. davon auszugehen gewesen , dass die Nürburgring GmbH ihre Einwendungen gegen den Provisionsanspruch mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 598 ZPO) hätte geltend machen können.

65
Auch soweit hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensnachteils auf die Übermittlung des Überweisungsauftrags an die Kreissparkasse Ahrweiler abgestellt wird, tragen die Urteilsgründe nicht die Wertung des Landgerichts. Insoweit war - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die die Nürburgring GmbH beratenden Rechtsanwälte Lü. und Di. etwa zeitgleich zur Übersendung des Zahlungsauftrags um 17:17 Uhr K. auf die strafrechtliche Dimension seines Handelns hinwiesen und die Überweisung zu verhindern suchten sowie dass seitens der LBBW gegenüber dem Finanzministerium noch am 3. Juli 2009 um 19:19 Uhr und 20:14 Uhr Zweifel an der Werthaltigkeit des Schecks geäußert worden waren - in die erforderliche Bewertung einzustellen, dass nach seinerzeitiger Rechtslage der Überweisungsauftrag seitens der Nürburgring GmbH bis zu dem Zeitpunkt kündbar war, in dem der Überweisungsbetrag dem Kreditinstitut der G. AG endgültig zur Verfügung gestellt worden wäre (§ 676a Abs. 4 BGB aF).
66
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
67
aa) Entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Januar 2015 wird im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche Bewertung der tatsächlichen Vermögenseinbuße die Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erwägen sein.
68
bb) Sollten sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung belegen lassen, wird bei der erforderlichen Bezifferung des Vermögensnachteils in den Blick zu nehmen sein, dass sich D. mit Me. anlässlich des Telefonats vom 29. Juni 2009 auf eine unmittelbare Rücküberweisung von 1,2 Mio. € an die Nürburgring GmbH verständigt hatte. Soweit hierdurch oder vor dem Hintergrund dieser Abmachung durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein vertraglicher Anspruch der Nürburgring GmbH auf Rücküberweisung in der verabredeten Höhe entstanden sein sollte, könnte der Vermögensnachteil durch den vertraglichen Gegenanspruch teilweise kompensiert worden sein.
69
2. Auch der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) kann nicht bestehen bleiben.
70
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seiner Stellung als Finanzminister und der hiermit einhergehenden, unter anderem aus § 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. 2009/2010 folgenden Befugnisse als gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vermögensbetreuungspflichtig angesehen. Mit der Übernahme von Landesbürgschaften in voller Höhe der jeweils von der ISB GmbH der RIM GmbH gewährten Darlehen habe er gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz , § 7 Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz [im Folgenden : LHO]) verstoßen, weil die Bürgschaftsübernahmen erklärt worden waren , obwohl sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO im Rahmen der eingegangenen stillen Beteiligung bei der Med. GmbH keinen angemessenen Einfluss gesichert habe, die Beteiligungsgelder ohne vorherige Bestellung wirksamer grundpfandrechtlicher Sicherheiten gezahlt worden seien und auch ansonsten keine ausreichende Besicherung gegeben gewesen sei. Die Med. GmbH sei auch niemals in der Lage gewesen, die Beteiligungsgelder fristgerecht zurückzuzahlen. Aufgrund der hieraus folgenden Ausfallgefährdungen habe jeweils die "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Eintritt des Bürgschaftsfalls bestanden. Aufgrund dessen sei das Landesvermögen bereits mit der Bürgschaftsübernahme schadensgleich gefährdet gewesen. Soweit in den Einzelfällen zugunsten der RIM GmbH nach diesem Zeitpunkt Grundschulden bestellt worden seien, um die jeweiligen Ansprüche auf Rückzahlung der Beteiligungsgelder abzusichern, sei von deren vollen Werthaltigkeit auszugehen. Im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe habe die Vermögensgefährdung daher mit dem Eingang des jeweiligen Antrags auf Eintragung der Briefgrundschuld geendet, in den Fällen bestellter Eigentümergrundschulden (Fälle IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe) sei dies mit Eingang des Grundschuldbriefes bei der RIM GmbH anzunehmen. Im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mangels eingetretenen Vermögensnachteils freigesprochen, da die Beteiligungssumme an dem Tag ausgezahlt wurde, an dem die Anträge auf Eintragung der Grundschulden bei den Grundbuchämtern eingingen.
71
b) Die Feststellungen tragen eine Strafbarkeitvon D. wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz bereits deshalb nicht, weil die Strafkammer ihre Annahme, mit der Übernahme der Bürgschaften sei das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz schadensgleich gefährdet worden, nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
72
aa) Die Übernahme einer Bürgschaft stellt einen den Bürgen verpflichtenden Rechtsakt dar. Mangels eines unmittelbaren Zahlungsabflusses liegt in der Bürgschaft zunächst nur eine abstrakt wirkende Belastung, die die Gefahr der späteren Inanspruchnahme in sich trägt. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nur dann, wenn sich die künftige Verlustgefahr aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles schon zu diesem Zeitpunkt so weit verdichtet hat, dass sie als schadensgleich zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378 mwN). Wie bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe ausgeführt ist dies eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren. Mit der vollen Höhe der Bürgschaftssumme kann ein Gefährdungsschaden nur angesetzt werden, wenn mit einer Inanspruchnahme von vornherein zu rechnen ist oder es sich bei dem durch die Bürgschaft ermöglichten Vorhaben um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelt (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378).
73
bb) Nach diesen Maßstäben belegt das angefochtene Urteil einen Vermögensnachteil nicht. Eine an den Maßstäben des Wirtschaftslebens ausgerichtete Darstellung und Bezifferung des Vermögensnachteils ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Rückzahlungsansprüche der ISB GmbH gegen die RIM GmbH "höchst ausfallgefährdet" waren und die Vermögensgefährdung mit den jeweiligen Bürgschaftssummen gleichzusetzen wäre; denn dieser Schluss wird von den Feststellungen nicht getragen.
74
(1) In den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe hat sich die Strafkammer zutreffend mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit der Bestellung der jeweiligen Grundpfandrechte eine Sicherung der RIM GmbH in Höhe der jeweils geleisteten stillen Einlagen eingetreten war. Die Annahme, die Grundschulden seien in sämtlichen Fällen ausreichend werthaltig gewesen, um im Falle einer Verwertung die RIM GmbH in Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche zu befriedigen, widerspricht jedoch der Bewertung der Bürgschaften als "höchst ausfallgefährdet". Das Landgericht hat hierbei insbesondere unberücksichtigt gelassen, dass der Ausfall der durch die Bürgschaft abgesicherten Hauptforderung gemäß Ziff. 7 der jeweils zugrundeliegenden globalen Bürgschaftserklä- rungen daran geknüpft war, dass die RIM GmbH als Darlehensnehmerin mit ihrer Rückzahlungsverpflichtung länger als drei Monate in Verzug war und aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten war. Da der längste Zeitraum zwischen Auszahlung der stillen Beteiligung und Bestellung der Grundschuld nur rund vier Monate betrug (Fall IV.9 g) der Urteilsgründe), die Rückzahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen aber erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, war innerhalb dieses kurzen "ungesicherten" Zeitraums mit einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu rechnen. Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die stillen Beteiligungen ausgezahlt wurden, bevor die Anträge auf Bestellung der Grundschulden bei den jeweiligen Grundbuchämtern eingegangen waren. Dies wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prognose nur dann bedeutsam, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu der Bestellung nicht kommen würde. Dies hat das Landgericht jedoch weder ausdrücklich festgestellt noch geben die getroffenen Feststellungen in ihrem Zusammenhang hierfür einen Anhalt.
75
Aufgrund der Annahme des Landgerichts, die bestellten Grundschulden seien im Zeitpunkt ihrer Bestellung hinsichtlich der abgesicherten Forderungen werthaltig gewesen, ist die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen IV.9 a) und c) der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Die Validität der Grundschulden hing maßgeblich von der Rentabilität des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" und der auf den belasteten Grundstücken errichteten Anlagen ab. Von diesen Faktoren war gleichermaßen auch die Wirtschaftskraft der Med. GmbH und der MS. GmbH abhängig, so dass die positive Bewertung der bestellten Sicherheiten für die Annahme spricht, dass die Beteiligungsgelder seitens der Med. GmbH bei deren Fälligkeit bzw. im Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz - ge- mäß der jeweiligen Sicherungsabrede frühestens drei Monate nach Verzug der RIM GmbH - hätten bedient werden können.
76
(2) Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bürgschaften eine Einstandspflicht des Landes Rheinland-Pfalz zu erwarten gewesen sei, zudem im Wesentlichen auf die Darstellung der Vermögensverhältnisse der Med. GmbH als Vertragspartnerin der Hauptschuldnerin RIM GmbH beschränkt. Da die Bürgschaften im Zeitpunkt ihrer Vergabe nach dem Vertragswerk frühestens drei Monate nach Zahlungsverzug der RIM GmbH in Anspruch genommen werden konnten, hätte die erforderliche Ausfallprognose auf diesen Zeitpunkt bezogen werden müssen. Insoweit war auch zu belegen, ob bzw. in welchem Umfange davon auszugehen war, dass die MS. GmbH die ihrerseits von der Med. GmbH erhaltenen Darlehen nicht zurückzahlen werde. Dass die Strafkammer die seitens der Med. GmbH an die RIM GmbH verpfändeten Geschäftsanteile an der MS. GmbH als wertlos angesehen hat, führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis ; die Begründung, die MS. GmbH sei vollständig fremdfinanziert gewesen und als Gegenwert für die zur Verfügung gestellten Gelder habe lediglich eine unvollendete Baustelle gegenübergestanden, lässt besorgen, dass das Landgericht den Wert der Anteile lediglich bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Verpfändung bewertet hat. Der bloße Umstand der Fremdfinanzierung besagt als solcher aber noch nichts über die im Tatzeitpunkt zu erwartende Unrentabilität der geförderten Bauvorhaben. Diese liegt im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe auch nicht nahe; hiergegen spricht, dass die in diesem Fall eingegangenen stillen Beteiligungen der RIM GmbH dazu dienten, eine Kreditvergabe der BTV in Höhe von 26 Mio. € zu ermöglichen, was schließlich auch gelang, wobei die BTV ihr Engagement naheliegend erst nach eigener umfassender Prüfung und Bewertung des Projektes eingegangen war.

77
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zu diesen Anklagepunkten auf Folgendes hin:
78
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass D. schon angesichts der in den jeweiligen Landeshaushaltsgesetzen eingeräumten weiten Befugnisse, über das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz zu verfügen und dieses zu verpflichten (vgl. etwa §§ 9, 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 und Landeshaushaltsgesetz 2009/2010), eine hervorgehobene Verantwortung gegenüber dem Land und dessen Vermögen zukam, er mithin vermögensbetreuungspflichtig war.
79
Durch die jeweils hundertprozentige Absicherung der von der ISB GmbH gewährten Darlehen könnte er gegen die Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) verstoßen haben. Gemäß § 39 Ziff. 5 Satz 2 VVLHO dürfen Bürgschaften nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Landes zu rechnen ist. Gemäß Satz 3 sind in diesem Fall Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen (§ 23 LHO) erforderlich (vgl. hierzu Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 1275; Nebel in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 47. EL, § 39 BHO Rn. 1 f.; Graf in: Heuer, KHR, Rn. 3 zu § 39 BHO). Der Regelung in § 39 Ziff. 5 Sätze 2 und 3 VV-LHO kommt eine die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers schützende Bedeutung zu, da die Differenzierung nach der Gewissheit der späteren Inanspruchnahme der hierdurch einhergehenden Beschränkung des künftigen Haushaltsgesetzgebers Rechnung trägt.
80
Sollte ein Verstoß gegen § 39 Ziff. 5 Satz 2 VV-LHO vorliegen, könnte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob D. zusätzlich pflichtwidrig den aus § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2008/2009 folgenden Parlamentsvorbehalt umging, wonach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen einer institutionellen Förderung unter den dort genannten Voraussetzungen gesperrt waren und die Aufhebung der Sperre einer Einwilligung des Landtages bedurfte, wenn - wie hier - die Zuwendung den Betrag von 150.000 € überschritt. In Bezug auf die der ISB GmbH ermöglichten Darlehensvergabe bzw. der der RIM GmbH ermöglichten Beteiligungen an der Med. GmbH handelte es sich zwar um eine Projektförderung (vgl. hierzu Dommach in: Heuer, KHR, Rn. 5 zu § 26 BHO; Heller, Haushaltsgrundsätze, 2. Aufl., Rn. 1398 ff.), weil die - dies unterstellt - nach § 39 Ziff. 5 Satz 3 VV-LHO als Zuwendung zu veranschlagenden Landesbürgschaften der Deckung von Ausgaben für ein einzeln abgegrenztes, genau bestimmtes Vorhaben der RIM GmbH dienten. Eine (mittelbare) globale Förderung im Sinne einer institutionellen Förderung gemäß § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 lag aber in den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe gegenüber der MS. GmbH vor; denn insoweit wurden die Gelder jeweils zur Begleichung nicht näher dargestellter Forderungen transferiert, bei deren Nichtbegleichung ein Baustopp gedroht hätte.
81
bb) Soweit die Strafkammer demgegenüber eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch einen Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) angenommen hat, ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher grundsätzlich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 89; vgl. auch BVerfG, Be- schluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 217 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 236; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 261; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b, 44; aA Munz, Haushaltsuntreue, S. 162 ff.). Die getroffenen Feststellungen belegen einen derartigen Verstoß indes nicht. Hierzu gilt:
82
(1) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen (Ziff. 1 VV-LHO zu § 7; v.Lewinski/Burbat, BHO, § 7 Rn. 3). Er bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 16 zu § 7 BHO [Teil 1]; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll (Ziff. 1.2 zu § 7 VV-LHO) und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 1 ff. zu § 7 BHO [Teil 2]; Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 711; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Inhaltliche Aufgabenprioritäten lassen sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch nicht ableiten; dieses trifft - anders als der Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO) - keine Aussage über das verfolgte Ziel (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 110 Rn. 154; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144; aA Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 49. EL, § 7 Rn. 3 [der Grundsatz der Notwendigkeit als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots]); es ist mithin zwar eine Verfahrensmaxime, aber kein Maßstab, der an das politischgestalterische Ziel anzulegen ist (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Schließlich stellt das Gebot - nicht zuletzt auch deswegen, weil sich Maximal- und Minimalprinzip im Einzelfall gegenseitig ausschließen können - nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84 mwN; vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 88).
83
(2) Bei ihrer Erwägung, der Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei darin begründet, dass sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO keine hinreichenden Kontrollbefugnisse und damit keinen angemessenen Einfluss bei der Med. GmbH gesichert habe, hat die Strafkammer verkannt, dass sich das Land Rheinland-Pfalz nicht unmittelbar an der Med. GmbH beteiligte. Vielmehr lag - vermittelt über ISB GmbH und RIM GmbH - nur ein Fall der sog. mittelbaren Beteiligung vor. Für diese gilt die Vorgabe des § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO gemäß § 65 Abs. 3 Sätze 1 und 3 LHO jedoch nur, wenn eine Beteiligung von mehr als 25% erworben wird (Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 46. EL, § 65 Rn. 13; vgl. auch Ziff. 2.3 zu § 65 VV-LHO). Ein Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Med. GmbH war mit den stillen Beteiligungen der RIM GmbH nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht verbunden.
84
In den Fällen IV.9 b), e) bis j) der Urteilsgründe ist eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch nicht darin begründet , dass die Bürgschaften bereits vor der Bestellung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten übernommen wurden. Zwar lässt sich am Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich messen, ob durch ein kurzfristiges Handeln vermeidbare finanzielle Nachteile entstehen. Dass D. allein durch die zeitliche Komponente seines Handelns den ihm zuzubilligenden Gestaltungsspiel- raum überschritt, belegen die Urteilsgründe jedoch nicht: Diesen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass die spätere Bestellung der Grundpfandrechte ernsthaft in Zweifel hätte gezogen werden müssen. Einer Inanspruchnahme des Landes vor diesem Zeitpunkt standen bereits die in den globalen Bürgschaftserklärungen enthaltenen Fälligkeitsbestimmungen entgegen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass ein Baustopp unabhängig von politischen Erwägungen nachteilige Konsequenzen für das Bauprojekt und insbesondere die Geschäftsbeziehung mit den die Bauarbeiten ausführenden Firmen bis hin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hätte nach sich ziehen können.
85
Schließlich belegen die getroffenen Feststellungen auch nicht, dass aus anderen Gründen durch die gewählte Konstruktion mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr vereinbare finanzielle Nachteile entstanden, etwa durch hohe Transaktionskosten, die bei einer unmittelbaren Darlehensvergabe der ISB GmbH an die MS. GmbH und einer entsprechenden Landesbürgschaft nicht angefallen wären.
86
cc) Soweit die Strafkammer angenommen hat, dass in dem von den Beteiligten gewählten Vorgehen ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen (Art. 107 ff. AEUV) lag (vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 - IP/14/1067), ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass dies keine untreuerelevante Pflichtverletzung darstellte. Nicht jeder Verstoß gegen die Rechtsordnung begründet zugleich eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB relevante Pflichtverletzung. Der erforderliche untreuespezifische Zusammenhang liegt vielmehr nur dann vor, wenn der unmittelbar verletzten Rechtsnorm selbst vermögensschützender Charakter zukommt (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91 f.). Dies ist bei den europäischen Beihilfevorschriften , deren Zweck im Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen liegt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755, 757; G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, AEUV, Art. 107 Rn. 10; Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3550 f.), nicht der Fall.
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In der Nichtbeachtung der Art. 107 ff. AEUV lag auch nicht deshalbein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit , weil eine europarechtswidrige Ausgabe nicht geleistet werden dürfe und damit zwangsläufig haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verletze. Die Gegenmeinung (vgl. Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3551) stützt sich auf die Erwägung, die eine Ausgabe zur Beihilfe qualifizierende Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setze voraus, dass das Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, marktübliche Gegenleistung erlange und sich damit aus Sicht des "market economy investors" als unwirtschaftlich darstelle. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine EUbeihilferechtswidrige Leistung verletze zugleich haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Die Unwirtschaftlichkeit einer Maßnahme der öffentlichen Hand verstößt nicht zwangsläufig gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil dieses nur eine relative Betrachtung gemessen am selbst nicht zu bewertenden, mit der Leistung verfolgten Zweck verlangt (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102); sie bewirkt auch nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen den Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO). Aus diesem Grunde stehen beide Haushaltsgebote - was die Gegenmeinung nicht in Frage stellt - auch nicht der Gewährung von mit dem EU-Recht vereinbaren Beihilfen (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV) entgegen, die ebenfalls an die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV anknüpfen (G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, Art. 107 Rn. 16 f.; von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 107 Rn. 196, 212).
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dd) Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung der Höhe des eingetretenen Vermögensnachteils gilt:
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(1) Sollte das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich auf die Bürgschaften bzw. auf die diese im Rahmen des Umschuldungskonzeptes ersetzende Garantie- und Freistellungserklärung finanzielle Leistungen erbracht haben, käme es in dieser Höhe auf die exakte Bezifferung des Gefährdungsschadens im Tatzeitpunkt nicht mehr an. In diesem Fall hätte sich der ursprüngliche Eingehungsschaden in einem Erfüllungsschaden materialisiert und würde sich nach dessen Wert bemessen (vgl. insoweit zur Schadensbestimmung im Rahmen von § 263 StGB: BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341).
90
(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, in einer Bürgschaftsvergabe liege mangels Unmittelbarkeit zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil dann keine Untreue, wenn - wie hier - der Eintritt des Bürgschaftsfalls den Verzug des Schuldners über einen längeren Zeitraum voraussetze (vgl. Schneider, wistra 2015, 369, 374). Zutreffend ist zwar, dass die Tathandlung im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB den Vermögensnachteil unmittelbar bewirken muss (vgl. BGH, Urteile vom 7. September 2011 - 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529; vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115 f.; umfassend SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 84, 62 mwN; aA Rübenstahl /Wasserburg NStZ 2004, 521, 526). Besteht dieser im Tatzeitpunkt aber schon aufgrund der durch die Rahmenumstände gegebenen sicheren Erwartung , dass der Bürgschaftsfall eintreten wird, so ist die aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit schon durch Eingehen der Verbindlichkeit bewirkte Vermögensminderung in diesem Sinne unmittelbar. Unerheblich ist dann, ob der Erfüllungsschaden isoliert betrachtet eine derartige sachliche und zeitliche Nähe zu der Pflichtverletzung aufweist, dass er dem Unmittelbarkeitserfordernis genügen könnte.
91
(3) Die Haftung der RIM GmbH gegenüber der ISB GmbH war nach den jeweiligen Darlehensverträgen begrenzt auf die Geldeingänge aus der refinanzierten Beteiligung sowie auf die Erlöse der für diese Beteiligung bestellten Sicherheiten , wobei nach weiterer Vereinbarung die Haftungsfreistellung einer Inanspruchnahme des Bürgen durch die ISB GmbH nicht entgegenstehen durfte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB wird gegebenenfalls zu erörtern sein, ob - was naheliegend erscheint - in den ausgegebenen globalen Bürgschaftserklärungen oder den Schreiben, mit denen D. die Bürgschaft auf die volle Darlehenssumme erstrecken ließ, diesbezügliche Erklärungen des Landes enthalten waren (zur Abdingbarkeit von § 768 vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278, 288 f.; MüKoBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 3) oder ob entsprechende Einschränkungen sonst aus der Sicherungsabrede folgten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, 1352; Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 7).
92
(4) Von seiner Annahme ausgehend, dass bereits in dem Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung lag, hat sich das Landgericht konsequent mit der den Schuldgehalt der Tat betreffenden Frage befasst, ob die angenommene Vermögensgefährdung durch spätere Umstände entfallen war. Soweit es den "Gefährdungszeitraum" im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe allerdings - D. insoweit nicht beschwerend - auf den "Zeitraum der zugelassenen Anklage" begrenzt hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Mit dem erstmaligen Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, ist das Delikt der Untreue vollendet (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00, NStZ 2001, 650; vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Spätere Entwicklungen, die den Schaden vertiefen oder entfallen lassen, wirken sich allerdings auf das Maß der Schuld aus. Sie sind daher für die Beurteilung von Tat und Täter von Bedeutung und vom Gericht - im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) - zu ermitteln. Der Grundsatz , dass sich Untersuchung und Entscheidung auf die in der Anklage bezeichnete Tat beschränken (§§ 155, 264 StPO), steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99 mwN).
93
ee) Das neue Tatgericht wird auch zu prüfen haben, ob sich D. wegen Anstiftung zur Untreue durch die Mitangeklagten M. und/oder W. strafbar gemacht hat. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt , dass gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßende Rechtsgeschäfte gemäß § 134 BGB unwirksam sein können (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755 ff. mwN), wird zu prüfen sein, inwieweit bewusst Leistungen rechtsgrundlos oder ohne rechtswirksame Absicherung erbracht wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403).
94
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.8, 9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen , mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil, von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen bleiben möglich. In den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe hebt der Senat die Feststellungen über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus vollständig auf, da der Angeklagte im Hinblick auf die vom Senat erteilten Hinweise noch keine Möglichkeit der Verteidigung hatte und um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
95
4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils in den Fällen IV.9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe auf die Mitangeklagten M. und W. zu erstrecken.
96
5. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil von D. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
97
a) Es kann auch in den Fällen IV.5, 6, 7 und 10 der Urteilsgründe offen bleiben, ob D. als faktischer Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zu qualifizieren ist, da sich dessen Vermögensbetreuungspflicht - wie zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargelegt - jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats ergab.
98
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe lagen schon die Vereinbarungen zu den einzelnen Zahlungen - wie das Landgericht hinsichtlich Fall IV.6 der Urteilsgründe zutreffend ergänzend dargelegt hat - außerhalb des der Geschäftsführung zuzubilligenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums, da die Zahlungen nicht im Unternehmenswohl der Nürburgring GmbH lagen:
99
Im Fall IV.5 der Urteilsgründe entstanden der Nürburgring GmbH durch die Übernahme der Gründungskosten für die G. AG nach den getroffenen Feststellungen keine auch nur im Ansatz erkennbaren Vorteile. Deren Gründung kam ausschließlich B. und Me. entgegen, die sich hierdurch steuerliche Vorteile versprachen. Auch in den Fällen IV.6 und 7 der Urteilsgründe widersprachen die Zahlungen den Unternehmensinteressen. Sie waren nicht durch den Vorvertrag vom 27. März 2007 bzw. dessen Nachträge gedeckt; zudem hatten weder die I. -GmbH noch die P. GmbH "wie auch immer geartete Leistungen" oder "abrechnungsfähige Aufwendungen" erbracht. Bei dieser Sachlage besteht nach den bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargestellten Maßstäben die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit von D. darin, dass er gemeinsam mit L. (Fall IV.6) bzw. in dessen Anwesenheit (Fälle IV.5 und 7) den Entschluss zur jeweiligen Zahlung fasste und diese hierdurch veranlasste. Es bedarf damit keiner näheren Betrachtung, ob - wie vom Landgericht angenommen - mit der Zahlung auch deshalb eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde, weil dieser kein wirksamer Rechtsgrund zugrunde lag. Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen stellen zwar jedenfalls dann eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes dar, wenn das den Rechtsgrund bildende Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 402). Angesichts der den § 125 Satz 2, § 134 BGB zugrundeliegenden unterschiedlichen Normzwecke ist jedoch zweifelhaft, ob dies in gleicher Weise generell auch dann anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgrundes aus einem Verstoß gegen ein - wie hier - rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis folgt.
100
c) Die Verurteilung im Fall IV.11 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) erweist sich aus den vom Landgericht in seinem Urteil dargelegten Gründen als rechtsfehlerfrei. Diesen wird auch nicht deshalb die Grundlage entzogen, weil das Urteil im Fall IV.8 der Urteilsgründe aufzuheben ist. Zwar knüpft die Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage inhaltlich an die dortigen Vorkommnisse an. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind jedoch weitgehend rechtsfehlerfrei getroffen und können in dem bereits dargelegten Umfang bestehen bleiben. Soweit die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe in Bezug auf die Bestimmung des Vermögensnachteils und hinsichtlich der subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind, ist dies ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die von D. am 2. Juli 2010 vor dem Untersuchungsausschuss getätigte Aussage falsch war und dieser vorsätzlich handelte.
101
6. Zu den erhobenen Verfahrensrügen gilt das Folgende:
102
a) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen unbegründet.
103
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO, weil das Landgericht der Verteidigung die Akteneinsicht in rechtlich bedenklicher Weise erschwert habe, indem es eine Spiegelung sichergestellter Datenträger abgelehnt und Einblick in diese lediglich in den Räumen der Staatsanwaltschaft gewährt habe, ist unzulässig. Dabei kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den Datenträgern um Beweismittel oder Aktenbestandteile handelte, nicht an. Selbst wenn die von der Revision vertretene Einstufung als Aktenbestandteil zutreffen sollte, betreffen die mit der Rüge angegriffenen Entscheidungen des Vorsitzenden und der Strafkammer lediglich die Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht. Diese Entscheidung ist gemäß § 336 Satz 2, § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht revisibel (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 336 Rn. 18). Ob für die Fälle einer willkürlichen Beschneidung des Einsichts- und Besichtigungsrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2011 - 2 BvR 449/11, NJW 2012, 141, 142) etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Ein sachfremdes Handeln hat die Revision nicht dargelegt; insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus den angegriffenen Entscheidungen.
104
c) Auf die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kommt es nicht an. Sie betrifft ausschließlich die Beweiswürdigung zu den Fällen IV.9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe; insoweit ist der Schuldspruch mit den dazugehörigen Feststellungen schon auf die Sachrüge aufzuheben.
105
7. Durch die Teilaufhebung des Urteils ist die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde von D. gegenstandslos, da bereits die Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang der Kostenentscheidung die Grundlage entzieht (KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 464 Rn. 20, LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn. 42)
106
III. Revision des Angeklagten K.
107
1. Der Schuldspruch kann im Fall IV.2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat sich K. keiner Untreue schuldig gemacht; insoweit ist er freizusprechen. Im Einzelnen:
108
a) Das Landgericht ist der Auffassung, die Entscheidung von K. zur Übernahme der Kosten für die Gründung der P. S.A. sei nicht mehr von der ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gedeckt gewesen. Er habe auch Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats verletzt, weil es sich um eine nach § 7 Abs. 1 GesV zustimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe. Soweit der Aufsichtsrat die Geschäftsführung bereits mit Beschluss vom 1. Juli 2008 zu Vertragsabschlüssen im Rahmen der Finanzierung von "Nürburgring 2009" ermächtigt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss sei auf Grundlage der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV ergangen, die dahin ausgelegt werden müsse, dass eine im Vorfeld erteilte Zustimmung nur dann zulässig sei, wenn der Aufsichtsrat diese an bestimmte Auflagen binde. Dies folge daraus, dass sich der Aufsichtsrat nach der Gesamtkonstruktion des § 7 GesV nicht jeglicher Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Geschäftsführung begeben dürfe. An entsprechenden Auflagen habe es in dem Beschluss vom 1. Juli 2008 gefehlt. Überdies sei die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. auch nicht "notwendig" im Sinne des Aufsichtsratsbeschlusses gewesen.
109
b) Dies hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass K. als Geschäftsführer der Nürburgring GmbH vermögensbetreuungspflichtig war (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 274). In dem von der Strafkammer festgestellten Verhalten von K. lag jedoch keine Verletzung einer das Vermögen der Nürburgring GmbH schützenden Pflicht; weder überschritt er den ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraum noch umging er Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
110
aa) Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. lag innerhalb des K. als Geschäftsführer eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessensspielraums.
111
Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, liegt eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Im Rahmen des der unternehmerischen Entscheidung vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozesses sind die möglichen negativen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen , wie etwa ein Ansehensverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit, ebenso in die Überlegungen einzustellen wie die mit imagepflegenden Maßnahmen einhergehenden positiven Folgen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 231,

233).


112
Gemessen hieran bewegte sich K. mit seiner Entscheidung, die Kosten für die Gründung der P. S.A. zu übernehmen, noch innerhalb des ihm zustehenden weiten Ermessensspielraums. Hinsichtlich der Verbindung der I. S.A. zu einem mexikanischen Drogenkartell lag aufgrund der im luxemburgischen Handelsregister enthaltenen Eintragungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ein verifizierbarer und nicht lediglich vager oder offensichtlich haltloser Verdacht vor. Angesichts dessen war es aus unternehmenspolitischen Gründen - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung des Ausbauprojekts auch im Bereich II noch nicht sichergestellt war und dort Privatinvestoren gesucht wurden - im Interesse der Gesellschaft, diesen Schein einer Verbindung kurzfristig zu beseitigen. Dass die I. S.A. oder die hinter ihr stehenden B. und Me. hierzu vertraglich verpflichtet waren, belegen die Urteilsgründe auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht. Allein der Umstand, dass eine gute Reputation naheliegend auch im eigenen Interesse der I. S.A. lag, begründete einen vertraglichen Anspruch nicht. Die Höhe der mit der Neugründung der P. S.A. verbundenen Kosten, war zwar in die Abwägung der insoweit gegenläufigen Unternehmensinteressen einzustellen ; dieser Gesichtspunkt wurde allerdings dadurch relativert, dass die Kosten bei erfolgreichem Zustandekommen der Finanzierung auf den dann fälligen Provisionsanspruch angerechnet werden konnten. Bei dieser Sachlage ist ein strafrechtlicher Vorwurf auch nicht deshalb begründet, weil K. seine Entscheidung traf, bevor die Angaben von Me. zum Erwerb der I. S.A. - die sich nur zehn Tage nach Vertragsschluss als zutreffend herausstellten - überprüft worden waren. Denn der durch die Registerlage hervorgerufene Schein blieb bestehen; Dritte hätten weiterhin den Schluss auf eine Verbindung zur mexikanischen Drogenmafia ziehen und mit den etwaigen negativen Folgen für das Ansehen der Nürburgring GmbH bzw. das Ausbauprojekt öffentlich machen können. Dass es sich hierbei nicht nur um ein fernliegendes Szenario handelte, zeigt sich daran, dass auch D. bei seinen eigenen Recherchen im Internet bereits auf entsprechende Gerüchte gestoßen war.
113
bb) K. verstieß mit seiner Entscheidung zur vertraglichen Kostenübernahme und deren Umsetzung auch nicht gegen seine Pflicht zur Einbeziehung des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs. 1 GesV.
114
(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Maßnahme grundsätzlich zustimmungsbedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 GesV war. Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A zählte angesichts des Ausnahmecharakters des Geschäfts sowie seiner finanziellen und unternehmenspolitischen Tragweite im Sinne der Satzung nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
115
Die Satzungsbestimmung war auch wirksam und verstieß nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bei einer GmbH bestellt, so gilt gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend, wonach die Satzung bestimmte Arten von Geschäften einem Zustimmungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat unterwerfen kann. Soweit in der Kommentarliteratur zu § 52 GmbHG unter Rückgriff auf aktienrechtliche Grundsätze die Auffassung vertreten wird, satzungsmäßig bestimmte Zustimmungsvorbehalte seien aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig, wenn sie - wie hier - generalklauselartig ausgestaltet sind (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229 mwN; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361, 369, 371; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110), ist dem jedenfalls für die hier zu bewertende Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nicht zu folgen. Die zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten aktienrechtlichen Grundsät- ze sind auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nicht ohne weiteres übertragbar , da § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gemäß § 52 Abs.1 GmbHG nur anzuwenden ist, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag anderes bestimmt ist (sog. Satzungsautonomie , vgl. etwa Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 52 Rn. 24; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 16; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 9 ff.). Es ist daher anerkannt, dass die Satzung im Fall des fakultativen Aufsichtsrats die aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Pflichten sowohl einschränken als auch ausweiten kann (BeckHdbGmbH/Müller, 5. Aufl., § 6 Rn. 52; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 13; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 378; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110). Angesichts des im Recht der GmbH bestehenden Satzungsvorrangs kann der Ausschluss generalklauselartiger Zustimmungsvorbehalte somit nicht auf den Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ("bestimmte Arten von Geschäften") gestützt werden (so aber Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229). Angesichts der unterschiedlichen Strukturen von GmbH und AG, wonach dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Einflusses der Gesellschaftsversammlung als oberstem Organ eine schwächere Stellung in der Gesellschaft zukommt als dem Vorstand einer AG (vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 19), bestehen gegen eine generelle Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung keine Bedenken; unerheblich ist, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nach aktienrechtlichen Maßstäben als unwirksam zu qualifizieren wäre (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 111 Rn. 66; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 85; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 123 f.; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, § 111 Rn. 46). Die hier zu bewertende, nur Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfassende Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV beschneidet die Kompetenzen der Geschäftsführung auch nicht derart, dass deren Führungsbefugnis im Kernbereich betroffen ist (vgl. zu dieser Grenze MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 368). Da der Terminus des "gewöhnlichen" Geschäftsverkehrs zudem in handelsrechtlichen Bestimmungen über die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis verwendet wird (vgl. etwa § 54 Abs. 1, § 116 Abs. 1 HGB), schafft dieser ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff für den Geschäftsführer auch keinen Zustand untragbarer Rechtsunsicherheit (vgl. zu diesem Aspekt MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361).
116
(2) K. verstieß jedoch nicht gegen § 7 Abs. 1 GesV, weil sein Vorgehen durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 gedeckt war und es damit einer weiteren Einbeziehung des Aufsichtsrats nicht mehr bedurfte.
117
(a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch im Fall der satzungsmäßig bestimmten Zustimmungsvorbehalte im Vorfeld erteilte Globalbeschlüsse (auch "Generalzustimmung", "Rahmenzustimmung", "Vorwegeinwilligung" ) des Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig sind, wenn die Satzung solche - wie hier in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV - zulässt (vgl. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 203; Hopt/Roth in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 111 Rn. 665 f.; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 109; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 126). Rechtsfehlerhaft ist allerdings der von der Strafkammer gezogene Schluss, der Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 sei unwirksam, da eine im Vorfeld erteilte generelle Zustimmung zwingend mit Auflagen hätte verbunden werden müssen.
118
Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV lässt sich die Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung ausdrücklich mit Auflagen zu verbinden , nicht entnehmen. Systematisch bezieht sich die Regelung auf die "zustimmungspflichtigen Geschäfte" und erfasst damit sowohl die in § 7 Abs. 2 GesV konkretisierten als auch alle anderen unter die Generalklausel des Abs. 1 fallenden Geschäfte. Könnte der Aufsichtsrat seine Zustimmung einschränkungslos und spiegelbildlich zur Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV allgemein zu sämtlichen von Abs. 1 erfassten Geschäften erteilen, bestünde die Gefahr, dass er die ihm vom Satzungsgeber zugewiesene Funktion als Kontrollorgan unterliefe. Dies bedingt - wie das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat -, dass er den Umfang und die Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert. Weitergehende Beschränkungen - auch in inhaltlicher Sicht - folgen hieraus für die Ausgestaltung des Zustimmungsbeschlusses allerdings nicht: Dass der Aufsichtsrat mit jeder Rahmenzustimmung die Kontrolle über die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Geschäfte in einem gewissen Maße verliert , liegt in der Natur solcher Rahmenbeschlüsse; dies wird jedoch insbesondere dadurch kompensiert, dass es dem Aufsichtsrat jederzeit möglich ist, die Geschäftsführung zur Berichtserteilung anzuhalten (vgl. hierzu Koppensteiner /Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Rn. 32) und seine Generalzustimmung zu widerrufen. Schließlich verlangen weder die aus der Satzung folgende Funktion des Aufsichtsrats noch sonstige Gesichtspunkte , dass der Aufsichtsrat die für die Zulässigkeit einer Vorwegeinwilligung erforderlichen Konkretisierungen an die Geschäftsführung ausdrücklich als "Auflage" bezeichnet.
119
Nach diesen Maßstäben bestehen an der Wirksamkeit des Aufsichtsratsbeschlusses vom 1. Juli 2008 keine Bedenken. Die von der Zustimmung des Aufsichtsrats erfassten Geschäfte waren dadurch in dem erforderlichen Maße präzisiert, dass der sachliche Bezug der bewilligten Geschäfte zur Finanzierung des Ausbauprojektes hergestellt war und abzuschließenden Vereinbarungen unter der Voraussetzung eines "notwendigen" funktionalen Zusammenhangs standen.
120
(b) Die mit der Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" eng verbundene Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. war schließlich auch von dem Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 umfasst. Insbesondere handelte es sich um eine im Sinne des - von der Strafkammer insoweit nicht näher ausgelegten - Aufsichtsratsbeschlusses zur Finanzierung des Projektes "notwendige" Vereinbarung.
121
Bei verständiger Würdigung beschränkte der Aufsichtsrat seine Zustimmung hiermit nicht auf den Abschluss solcher Verträge und Vereinbarungen, ohne die das Finanzierungskonzept objektiv nicht umsetzbar gewesen wäre, insbesondere die vor der Beschlussfassung seitens der Geschäftsführung vorgelegten Entwürfe des Nießbrauchs-, Generalübernehmer-, Miet- und Optionsvertrages. Vielmehr umfasste die Zustimmung auch solche Vereinbarungen, die - wie hier - in Zusammenhang mit der Finanzierung des Bereichs I standen und seitens der Geschäftsführung in vertretbarer Weise als erforderlich angesehen wurden. Dies folgt daraus, dass der Aufsichtsrat im Beschlusszeitpunkt über die Einzelheiten des verfolgten Finanzierungskonzeptes unterrichtet war und dieses umgesetzt wissen wollte; hätte er der Geschäftsführung hierbei keinen eigenen Gestaltungsspielraum einräumen oder seine Zustimmung auf die ihm vor der Entscheidung vorgelegten Vertragsentwürfe beschränken wollen, hätte es nahegelegen, entweder die Vertragsentwürfe ausdrücklich im Beschluss zu benennen oder von vornherein auf eine Generalzustimmung zu verzichten. In der stattdessen verwendeten Formulierung "Verträge und sonstigen Vereinbarun- gen" kommt die im Beschlusszeitpunkt bestehende Ungewissheit über den Umfang und die Art der für die Umsetzung der Finanzierung erforderlichen Geschäfte deutlich zum Ausdruck.
122
Die von D. befürchteten negativen Folgen auf die - zu diesem Zeitpunkt nicht sichergestellte - Finanzierung des Ausbauprojekts für den Fall, dass sich die Gerüchte um die Verbindung der I. S.A. zur mexikanischen Drogenmafia ausbreiten sollten, lagen nahe und waren von einer sachlichen Grundlage getragen. Dass K. dies anders beurteilt und aus sachfremden Erwägungen heraus gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war es im Sinne der dargelegten Maßstäbe vertretbar, die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. als für die weitere Durchführung des Projektes notwendig anzusehen.
123
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung von K. wegen Untreue zu tragen vermögen. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
124
2. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die getroffenen Feststellungen aus den bereits zur Revision von D. dargelegten Gründen nicht den Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH.
125
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall IV.8 der Urteilsgründe entzieht der insoweit verhängten Einzelstrafe die Grundlage; dies und der durch den Freispruch im Fall IV.2 der Urteilsgründe bedingte Wegfall der in diesem Fall festgesetzten Einzelstrafe führen zur Aufhebung des Gesamtstrafenaus- spruchs. Die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe können allerdings in dem zur Revision von D. dargelegten Umfang bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
126
4. Weitere zum Nachteil von K. wirkende Rechtsfehler hat die auf die Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung nicht ergeben. Über die in der Begründungsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Juni 2015 dargelegten Gründe hinaus bedarf nur Folgendes der näheren Erörterung:
127
a) Im Fall IV.3 der Urteilsgründe überschritt K. mit der von ihm veranlassten Zahlung den ihm zukommenden unternehmerischen Entscheidungsfreiraum. Die Maßnahme lag nicht im Unternehmenswohl: Nach der - durch die Nachträge modifizierten - Vertragslage zum Vorvertrag vom 27. März 2007 bestand keine Verpflichtung der Nürburgring GmbH zum Aufwendungsersatz über September 2008 hinaus. Es war auch nicht erkennbar, dass die I. GmbH im Oktober 2008 noch wesentliche Leistungen im Hinblick auf die angestrebte Umsetzung des mit Ba. angestrebten Finanzierungskonzeptes erbringen musste; die für die Anlage der von Ba. geforderten Bareinlage erforderlichen Voraussetzungen waren bereits geschaffen. Bereits am 24. September 2008 - nur zwei Tage nach der Rechnungsstellung - wurde der Betrag von 80 Mio. € absprachegemäß angelegt; die weiteren Schritte waren von Ba. zu erbringen. Weder für die Zahlung noch für eine etwaige mündliche Vereinbarung hierüber - für deren Vorliegen die Urteilsgründe überdies keine konkreten Anhaltspunkte geben; insb. bezog sich die gegenständliche Rechnung auf § 2 des "geschlossenen Vorvertrag[s]" - bestand damit eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Da die Maßnahme mithin außerhalb des unternehmerischen Gestaltungsspielraums lag, handelte es sich um eine Pflichtverletzung , ohne dass es auf weitere Wertungen noch ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN). Ob K. aufgrund einer Umgehung des Aufsichtsrats zusätzlich noch ein Verstoß gegen die Satzung der Nürburgring GmbH vorzuwerfen ist, bedarf keiner weitergehenden Betrachtung. Ebenso kann offen bleiben, ob Zahlungen auf eine formunwirksame Forderung stets untreuerelevant sind.
128
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe liegt die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch K. ebenfalls darin, dass die gegenständlichen Zahlungen - wie im Rahmen der Revision von D. ausgeführt - unter keinem Gesichtspunkt im Unternehmenswohl und damit außerhalb des dem Geschäftsführer einzuräumenden freien Gestaltungsspielraums lagen.
129
5. Die auf Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrügen bleiben aus den zur Revision von D. dargelegten Gründen ohne Erfolg.
130
IV. Revision des Angeklagten N.
131
1. Der Schuldspruch wegen Untreue im Fall IV.7 der Urteilsgründe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die getroffenen Feststellungen belegen kein täterschaftliches Handeln des Angeklagten N. , da sich aus ihnen weder die konkrete Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht noch die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft (§ 25 StGB) ergeben.
132
a) Täter der Untreue kann aufgrund des Sonderdeliktscharakters nur derjenige sein, dem eine in Bezug auf das geschädigte Vermögen bestehende Betreuungspflicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472, 473). Der Schluss des Landgerichts, dass N. einer derartigen Pflicht zuwider handelte, wird von den Urteilsgründen nicht getragen.
133
aa) Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellt, auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, NJW 2013, 1615). Nicht jede vermögensmindernde Pflichtverletzung eines Vermögensbetreuungspflichtigen ist demnach bereits untreuerelevant, sondern nur der Verstoß gegen eine Pflicht, die gerade spezifisch dem Vermögensschutz dient (MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 40; ders. in Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201, 204). Maßgebend für die Abgrenzung sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

22).


134
bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Angeklagten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses eine im vorstehenden Sinne qualifizierte Stellung hinsichtlich des Vermögens der Nürburgring GmbH zukam. Diese folgte aus seiner Verpflichtungs- und Freigabebefugnis für Forderungen gegen die Nürburgring GmbH bis zu maximal 20.000 € und aus seiner Aufgabe, eingehende Rechnungen auf ihre inhaltliche und sachliche Richtigkeit zu prüfen, sowie der hiermit einhergehenden Möglichkeit, auf deren Auszahlung wesentlichen Einfluss zu nehmen.
135
Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass N. im Fall IV.7 der Urteilsgründe in diesem Pflichtenkreis tätig wurde: In die mit Me. getroffene Vereinbarung über die Erstattung des Aufwendungsersatzes, war N. nicht eingebunden. Soweit der Angeklagte im Rahmen der Zahlung des Betrages von 150.000 € involviert war, belegen die - missverständlich formulierten - Fest- stellungen lediglich, dass er diese vorbereiten ließ; freigegeben wurde die Auszahlung durch K. , der die auf Veranlassung von N. erstellte Auszahlungsanordnung unterschrieb. Dass N. über eine möglicherweise nur im Innenverhältnis zur Nürburgring GmbH wirkende Beschränkung die Zahlung von Beträgen über 20.000 € wirksam anweisen konnte, belegen die Urteilsgründe nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang N. Handlungsvollmacht eingeräumt war; denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen , dass der Angeklagte mit der "Anweisung" gegenüber De. , den Geldbetrag "zu überweisen", in dem ihm hierdurch eröffneten Aufgabenbereich agierte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass N. Leiter der von ihm aufgebauten Controlling-Abteilung der Nürburgring GmbH war; die Feststellungen lassen offen, welche konkreten Aufgaben und Entscheidungsspielräume sich für den Angeklagten hierdurch ergaben.

136
Da die inhaltlich unrichtige Rechnung der I. GmbH vom 15. Juni 2009 erst nach der Überweisung bei der Nürburgring GmbH einging, kann schließlich auch eine inhaltliche Bestätigung der Rechnung durch N. - ungeachtet der hierzu fehlenden Feststellungen - nicht ursächlich für die Auszahlung geworden sein; da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und ggf. durch wen die Rechnung vom 15. Juni 2009 inhaltlich und sachlich bestätigt worden war, ergibt sich schon deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer von N. (mit)bewirkten falschen Buchführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, NJW 2010, 3458, 3460 mwN; BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00, BGHSt 47, 8, 11 mwN; Urteil vom 7. Dezember 1965 - 5 StR 312/65, BGHSt 20, 304; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 191, 227) keine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
137
b) Die getroffenen Feststellungen belegen darüber hinaus auch nicht die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft.
138
aa) Auch wenn man annimmt, N. habe in dem seine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Pflichtenkreis gehandelt, verwirklichte er die Tat nicht im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB selbst. Soweit er De. zu der sog. Blitzüberweisung aufforderte, lag hierin keine Aufforderung, die Überweisung unmittelbar auszuführen. Diese setzte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vielmehr das Vorhandensein einer unterschriebenen Auszahlungsanordnung voraus. Dass De. diese Unterschrift leisten konnte oder nach der Vorstellung von N. hätte leisten sollen, zeigen die Urteilsgründe nicht auf; hiergegen spricht auch, dass angesichts der Höhe der Zahlung auch der De. in der Hierarchie übergeordnete N. zur Unterschrift weder befugt noch willens war. Mit der bloßen Aufforderung an De. , die Überweisung vorzubereiten, war die Wahrscheinlichkeit einer späteren Auszahlung indes noch nicht in einem Maße gestiegen, dass hierin bereits eine tatbestandliche schadensgleiche Vermögensgefährdung gesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die spätere Vorlage der Auszahlungsanordnung von N. an K. zur Unterschrift, zumal N. hierbei noch explizit auf seine Bedenken gegen den Vorgang hinwies und gegenüber seinem Vorgesetzten die Auszahlung zu verhindern suchte. Dass N. nach der Vorlage der Auszahlungsanordnung noch an dem weiteren Geschehen beteiligt war, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach alledem erschöpfte sich der eigene Beitrag von N. in bloßen Unterstützungshandlungen.
139
bb) Auch eine Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von N. wird von den Urteilsgründen nicht belegt. Ein mittäterschaftliches Handeln ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14, BGHR VStGB § 6 Mittäter 1; vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
140
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein seine Kenntnis von der Tatbegehung durch D. und K. kann eine Mittäterschaft nicht begründen. Die festgestellten Tatbeiträge bestanden ausschließlich in Unterstützungshandlungen, welche L. oder K. ohne weiteres selbst hätten vornehmen können. Schließlich ist in den Blick zu nehmen , dass N. ersichtlich kein eigenes Interesse am Taterfolg verfolgte; denn er stellte sich von Beginn an gegen die Forderung von Me. und tat dies sowohl seinem Vorgesetzen L. als auch dem in der Unternehmenshierarchie an der Spitze stehenden K. unter Darstellung seiner Bedenken kund. Selbst wenn N. eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen haben sollte, führt dies weder allein (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, 10. Aufl., § 45 Rn. 21; MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 186; SK-StGB/Hoyer, 32. EL, § 25 Rn. 21 ff.; aA Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 355 ff.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 39 ff., 43 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor § 25 Rn. 82; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 107) noch in der Zusammenschau mit den weiteren seine Beteiligung kennzeichnenden Umstände zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurtei- lungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
141
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass trotz des Charakters der Untreue als Sonderdelikt nicht offenbleiben können wird, ob einer täterschaftlichen Verurteilung von N. bereits die allgemeinen Voraussetzungen der (Mit-)Täterschaft oder auch seine im konkreten Fall möglicherweise fehlende qualifizierte Stellung zum Vermögen der Nürburgring GmbH entgegenstehen. Die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 - 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53); ihr Fehlen begründet einen zwingenden Strafmilderungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten , wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein darauf beruht, dass das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, wistra 2015, 146; vom 6. März 2013 - 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
142
2. Auch im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Untreue nicht, weil sie weder eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung von N. noch einen hierdurch eingetretenen Vermögensnachteil belegen. Hinsichtlich des von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegten Vermögensnachteils gelten die insoweit zur Revision von D. dargelegten Gründe entsprechend. Zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gilt Folgendes:
143
Wie bereits ausgeführt, liegt eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur vor, wenn dem Täter eine zum Schutz des Vermögens des Geschädigten hervorgehobene Stellung zukommt und die von ihm konkret verletzte Pflicht auf den Pflichtenkreis zurückgeht, der diese Stellung begründet. Letzteres lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese teilen nicht mit, aufgrund welcher Umstände N. überhaupt an der Zahlungsvereinbarung beteiligt war. Ihnen ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem Grunde N. mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, die Nürburgring GmbH durch die Zahlungsvereinbarung zu verpflichten. Dies könnte aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Fall gewesen sein, ebenso könnte er durch eine einzelfallbezogene Entscheidung seiner Vorgesetzten hinzugezogen und ihm (ggf. konkludent ) Einzelvollmacht erteilt worden sein. Hinsichtlich der bestehenden Handlungsvollmacht bleibt jedoch in den Urteilsgründen offen, ob der Abschluss der Zahlungsvereinbarung von dieser überhaupt umfasst sein konnte. Der Begriff der Handlungsvollmacht ist inhaltlich offen und enthält keinen aus sich heraus bestimmbaren Umfang der Vollmacht. Dieser wird alleine vom Vollmachtgeber festgelegt. Auch § 54 HGB kodifiziert lediglich eine speziell geregelte Rechtsscheinhaftung (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 9; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 1), deren Umfang indes vom Inhalt der erteilten Vollmacht abhängt (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 10), und unterscheidet drei typisierte, in ihrem Umfang wesentlich differierende Varianten der Handlungsvollmacht (Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 10 ff.). Nähere Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Sie lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen und ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass N. mit seiner Unterschrift unter die Zahlungsvereinbarung "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH" der Vereinbarung zustimmte. Sollte N. hingegen aufgrund einer (konkludent) erteilten Einzelvollmacht tätig geworden sein, belegt auch dies angesichts des Zusammenwirkens mit L. als seinem Vorgesetzten noch nicht ohne weiteres den im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB erforderlichen eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum.
144
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe bedingt den Wegfall der verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es im Fall IV.8 der Urteilsgründe über den sich aus den Revisionen von D. und K. ergebenden Umfang hinaus auch im Hinblick auf die Umstände, welche die Vermögensbetreuungspflicht von N. begründen.
145
4. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene sachlichrechtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil von N. ergeben. Über die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründe hinaus bedarf es lediglich im Fall IV.3 der Urteilsgründe des im Rahmen der Revision von K. näher ausgeführten Hinweises, dass die Begleichung der Rechnung der I. GmbH vom 22. September 2008 und damit auch deren sachliche und inhaltliche Bestätigung bereits außerhalb des einem Geschäftsführer einzuräumenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums lag. Auf die Frage, ob N. bewusst war, dass der Aufsichtsrat bei der Entscheidung übergangen worden war, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
Becker RiBGH Pfister ist in den Schäfer Ruhestand getreten und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 616/10
vom
14. April 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung.
BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10 - LG Köln
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zusammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte Ende der 1990er Jahre die Idee, durch den "Verkauf von Aktien" Geld für einen von ihm geplanten Windkraftpark zu gewinnen. Zu diesem Zweck erwarb er im Jahre 2001 die nicht börsennotierte, vermögenslose L. AG als Alleinak- tionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat der L. AG berief er ab und ersetzte ihn durch ihm nahe stehende Personen. Auf Anraten eines Rechtsanwalts verschaffte sich der auf dem Gebiet des Aktiengeschäfts völlig unerfahrene Angeklagte in der Folgezeit Geld von Anlegern, indem er mehrfach das Grundkapital der L. AG gegen Bareinlage im Wege der Ausgabe von Vorzugsaktien, teils auch Inhaberaktien, erhöhte bzw. zu erhöhen vorgab.
3
Die Aktien ließ er in der Zeit vom 28. Januar 2002 bis 3. Januar 2005 zu jeweils unterschiedlichen Preisen durch Telefonverkäufer an Privatanleger vertreiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Zeichnung von Aktien durch 17 Anleger, denen in 78 Fällen Aktien veräußert wurden. Hierbei vereinnahmte die L. AG 8,258 Mio. €. Während des Tatzeitraums und danach entnahm der Angeklagte in seiner Funktion als Vorstand der L. AGhiervon 7,74 Mio. €. Damit finanzierte er seinen eigenen Lebensunterhalt als Ausgleich für seine Vorstandstätigkeit und zahlte an die Telefonverkäufer Provisionen in Höhe von 12 % der jeweiligen Anlagesumme. Die meisten Anleger erhielten vor allem zu Beginn Dividendenzahlungen in zwei- bis fünfstelliger Höhe.
4
b) Den Kapitalerhöhungen lagen nur am Anfang entsprechende Beschlüsse der Hauptversammlung zugrunde (Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 7. November 2001, 8. März 2002 und 22. November 2002). Für zwei weitere Kapitalerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 fehlten die notwendigen Kapitalerhöhungsbeschlüsse. Lediglich die Durchführung der ersten Kapitalerhöhung vom 7. November 2001 wurde am 24. September 2002 mit einem Betrag von 1,547 Mio. € in das Handelsregister eingetragen. Die handelsrechtliche Eintragung weiterer Kapitalerhöhungen unterblieb, da - was hierfür erforderlich gewesen wäre - die an die L. AG geleisteten Einlagezahlungen der Anleger dem Handelsregister aufgrund der Entnahmen des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnten.
5
c) Der Angeklagte ließ in seiner Funktion als Vorstand einen umfangreichen Emissionsprospekt anfertigen, in dem er nicht nur die L. AG als junges, im Aufbau befindliches Immobilienunternehmen darstellte, sondern auch auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hinwies. Mit dem Emissionsprospekt bzw. einem entsprechenden Kurzexposé warb der Angeklagte über die Telefonverkäufer für den Kauf von Vorzugsaktien der L. AG, deren Börsengang er für die Jahre 2004/05 in Aussicht stellte. Den Emissionsprospekt passte der Angeklagte bei den jeweiligen Kapitalerhöhungen inhaltlich an.
6
Ein operatives Geschäft entfaltete der Angeklagte zunächst nicht. Aufgrund gegen ihn gerichteter polizeilicher Ermittlungen im Mai 2002 erkannte er jedoch die Notwendigkeit, gewisse Bemühungen hinsichtlich des prospektierten Börsengangs und des Immobilienerwerbs gegenüber den Anlegern darstellen zu können. Pläne des Angeklagten, den "Börsenmantel" der K. AG, die nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren von allen Verbindlichkeiten bereinigt war, zu übernehmen, scheiterten. Ende Dezember 2002 kam es zum einzigen Immobilienerwerb der L. AG im Tatzeitraum, als diese 90 % der Anteile der Fa. A. T. GmbH, die Eigentümerin dreier M. -Hotels war, übernahm. Den ratenweise zu zahlenden Kaufpreis von 3,1 Mio. € erbrachte die L. AG nur unvollständig, so dass die C. R. E. AG (ehemals K. AG) im Oktober 2004 die von der L. AG gehaltenen Anteile an der A. T. GmbH erwarb.
7
d) Nach Ablauf der Eintragungsfrist für die zweite Kapitalerhöhung vom 8. März 2002 war die L. AG am 31. März 2003 außerstande, den erforderlichen Bareinlagebetrag nachzuweisen. Infolge dessen entfiel die Wirkung der Zeichnungserklärungen der Anleger, denen deshalb Rückzahlungsansprüche gegen die L. AG in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlungen zustanden.
Hierdurch wurde die L. AG zahlungsunfähig. Um eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, ließ der Angeklagte gleichwohl den Vertrieb von Vorzugsaktien fortsetzen. In den Zeichnungsscheinen der Anleger ließ er mit fiktiven Daten zwei weitere Kapitalerhöhungsbeschlüsse ausweisen, die tatsächlich nie gefasst worden waren.
8
e) In der Folge unterbreitete die Mehrheitseignerin der C. R. E. AG der L. AG ein bedingtes Übernahmeangebot, das letztlich nicht zustande kam. Gleichwohl ließ der Angeklagte weiterhin Anleger mit einer unmittelbar bevorstehenden Übernahme durch die C. R. E. AG werben. Erst am 3. Januar 2005 stellte er schließlich den telefonischen Aktienverkauf ein.
9
f) Am 2. Juni 2005 kam es zu einer Informationsveranstaltung, bei der den Anlegern ein Tausch von L. -Aktien in Aktien einer Tochtergesellschaft der C. R. E. AG in Aussicht gestellt wurde. Tatsächlich wurde ihnen Mitte des Jahres 2006 gegen Rückgabe von L. -Vorzugsaktien im Verhältnis 3:2 Vorzugsaktien der amerikanischen Gesellschaft D.S. I. (DSI) angeboten. Im Gegenzug sollten mit der Übertragung der Aktien sämtliche Ansprüche gegen die L. AG abgegolten sein. Nähere Feststellungen zum wirtschaftlichen Hintergrund dieses Tauschangebots hat das Landgericht nicht getroffen. Nahezu alle Anleger, die sich verpflichten mussten, die Aktien der DSI mindestens 12 Monate zu halten, nahmen das Angebot an. Zum Übertragungszeitpunkt betrug der Kurswert der DSI-Aktie 8,50 €, nach Ablauf der Haltefrist 2,50 €. Zwei Anleger erhielten im Vergleichsweg einen erheblichen Anteil der geleisteten Anlagesummen zurück.
10
2. Das Landgericht hat - ohne dies näher zu erläutern - Betrug in 78 rechtlich zusammentreffenden Fällen angenommen. Hierbei hat es dem Ange- klagten die von den Telefonverkäufern vorgenommenen Täuschungshandlungen mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) zugerechnet. Hinsichtlich des Vermögensschadens hat das Landgericht - auch ohne weitere Darlegung - zu Beginn des Tatzeitraums einen nicht näher bezifferten Vermögensgefährdungsschaden , nach dem Scheitern des Ankaufs der A. T. -Anteile und Einzahlungen der Anleger auf tatsächlich nicht gefasste Kapitalerhöhungsbeschlüsse einen tatsächlichen Vermögensschaden angenommen.

II.

11
Die Verurteilung wegen Betrugs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an der hinreichenden Feststellung eines Vermögensschadens.
12
1. a) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGHSt 30, 388 f.; BGH wistra 1993, 265; wistra 1995, 222; NStZ 1999, 353, 354; BGHSt 53, 199, 201). Bei der - hier vorliegenden - Konstellation eines Betruges durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 10). Ein Schaden liegt demnach vor, wenn die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten (BGHSt 30, 388, 390). Zu be- rücksichtigen ist beim Eingehen von Risikogeschäften dabei auch eine täuschungs - und irrtumsbedingte Verlustgefahr, die über die vertraglich zugrunde gelegte hinausgeht. Ein darin liegender Minderwert des im Synallagma Erlangten ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bewerten (vgl. BGHSt 53, 198, 202 f.; zur Frage der Entbehrlichkeit des Begriffs des Gefährdungsschadens vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 157 f.). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des 2. Senats - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220) ist dieser Minderwert konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern. Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung dieses Risikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen , um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10).
13
b) Gemessen daran ist nach den landgerichtlichen Feststellungen ein Vermögensschaden für Zeichnungen bis März 2003 (anders ab April 2003; s. unten II.1.d) nicht hinreichend nachgewiesen. Für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe bei Abschluss der Zeichnungsverträge ein Schaden eingetreten ist, ist der Wert der erworbenen Vorzugsaktien der L. AG - zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt - maßgebend und dem jeweils zu zahlenden Kaufpreis gegenüberzustellen. Entsprach der Aktienwert dem Gegenwert des Kaufprei- ses, liegt kein Schaden vor. Ob und ggf. in welcher Höhe die gezeichneten Aktien zum Zeitpunkt der jeweiligen Zeichnung tatsächlich einen wirtschaftlichen Wert hatten, lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Senat vermag daher nicht festzustellen, ob das Landgericht zutreffend von einem Schaden ausgegangen ist.
14
Ein Schaden in Höhe der jeweiligen Anlagesumme - wovon das Landgericht trotz Annahme eines Vermögensgefährdungsschadens offenbar ausgeht - besteht nur dann, wenn die Aktie zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt wertlos war. Zu Beginn des Tatzeitraums (Januar 2002) könnte dies der Fall gewesen sein, da die L. AG zunächst kein operatives Geschäft betrieb und die Dividendenzahlungen in erster Linie als Anreiz für den Erwerb weiterer Aktienpakete dienten. Ob zu dieser Zeit unter Berücksichtigung der Angaben im Emissionsprospekt ein Ertragswert des Unternehmens und damit eine sich daraus ergebende Werthaltigkeit der Aktie festgestellt werden kann, erscheint deshalb zweifelhaft. Soweit aufgrund der dauernden Einzahlung von Anlagegeldern, die dem Handelsregister bei der Eintragung auch noch in Höhe von 1,547 Mio. € im Jahr 2002 nachgewiesen werden konnten, Barvermögen der Gesellschaft vorhanden war, könnte dies freilich gegen die vollständige Wertlosigkeit der gezeichneten Aktien sprechen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die durch Täuschung veranlasste Zeichnung von Aktien zur Anfangszeit mit den Fällen sog. Schneeball-Systeme vergleichbar sein könnte, bei denen Neu-Anlagen zumindest auch verwendet werden, um früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Hier nimmt die Rechtsprechung ohne weitere Differenzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten eingezahlten Kapitals an, da ihre Chance sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stütze und ihre Gewinnerwartung daher von vornherein wertlos sei (vgl. BGHSt 53, 199, 204 f.; kritisch hierzu Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 130).
15
Der Senat braucht dies hier nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls ab Mai 2002 ist die Annahme einer vollständigen Wertlosigkeit der Anlage zumindest zweifelhaft. Zu diesem Zeitpunkt begann die L. AG - orientiert an den Planvorgaben des Emissionsprospekts - mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebs , in dessen Folge es im Dezember 2002 zum Erwerb der Anteile an der A. T. GmbH kam. Daneben zahlte die L. AG im August 2002 125.000 € an Do. I. , im September 2002 1,3 Mio. € an F. C. zum Zwecke der (letztlich allerdings gescheiterten) Übernahme des "Börsenmantels" der K. AG und erwarb im November 2002 Aktien der K. AG im Wert von 185.000 €. Hinzu kommt, dass die L. AG für die (vorübergehende ) Übernahme der A. T. -Anteile jedenfalls größere Teile des ratenweise zu zahlenden Kaufpreises aufgebracht hat. Schließlich weisen die spätere Veräußerung der A. T. -GmbH-Anteile und die wirtschaftlich nicht näher nachzuvollziehende Übernahme von werthaltigen DSI-Aktien mit dem darauf erfolgten Tausch von L. -Vorzugsaktien in DSI-Aktien darauf hin, dass die L. AG offenbar nicht ohne Wert war. Dies legt - auch wenn es sich dabei um nach der Zeichnung der Aktien liegende Umstände handelt - nahe, dass jedenfalls ein vollständiger Wertverlust der L. -Aktie ab Mai 2002 nicht gegeben war.
16
Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das - täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte - Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl.
Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen - wie vorliegend der Fall - nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen , unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.
17
c) Die Feststellungen tragen für die Zeit bis März 2003 auch hinsichtlich der Zahlung der Anlagegelder nicht die Annahme eines Vermögensschadens. Zwar ist es ab der 2. Kapitalerhöhung vom 8. März 2002, für die die Eintragungsfrist am 31. März 2003 ablief, nicht mehr zu einer Eintragung in das Handelsregister gekommen, so dass die Anleger keine Aktien erwarben. Erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht bis zum Ende der Eintragungsfrist, entfällt entsprechend § 158 Abs. 2 BGB die Wirkung der Zeichnung (BGH NJW 1999, 1252, 1253; Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 14; Peifer in MüKo AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 25) mit der Folge, dass die Anleger keine Aktionärstellung erlangen und bereits gezahlte Anlagegelder zurückzugewähren sind. Hätte der Angeklagte bereits bei der jeweiligen Zeichnung der Aktien durch die Anleger die Vorstellung gehabt, dass es mangels fehlenden Nachweises gegenüber dem Registergericht nicht zur Eintragung in das Handelsregister kommen könnte, wäre mit der täuschungsbedingten Zahlung der Anlagegelder angesichts eines in Kauf genommenen Entfallens der Gegenleis- tung ein Schaden anzunehmen. Dahingehende Feststellungen lassen sich dem Urteil des Landgerichts jedoch nicht entnehmen.
18
d) Dagegen dürfte die Annahme eines Schadens für die ab April 2003 gezeichneten Anlagen, bei denen der Angeklagte Kapitalerhöhungen vortäuschte , denen kein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung zugrunde lag, im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Es kann dahinstehen, ob die Zeichnungserklärungen der Anleger und die Annahme durch die L. AG vor diesem Hintergrund überhaupt zu wirksamen wechselseitigen Verpflichtungen geführt haben (vgl. hierzu Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 27; Lutter in Kölner Kommentar AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 36; Peifer in MüKo AktG 3. Aufl. § 185 Rn. 62), die im Rahmen der Schadensfeststellung zu saldieren wären. Da der Angeklagte in den Zeichnungsscheinen fiktive Kapitalerhöhungsbeschlüsse angegeben hat und damit erkennbar von Anfang an nicht die Absicht hatte, wirksame Kapitalerhöhungen durchzuführen, ist den Anlegern spätestens mit Erbringung der Zahlungen in dieser Höhe ein endgültiger Schaden entstanden. Sie hatten keine Aussicht, Aktionär zu werden, so dass ein Schaden in Höhe der jeweiligen Zeichnungssumme vorlag. Der den Anlegern zustehende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Einlagen stellt insoweit keine unmittelbare Schadenskompensation, sondern lediglich einen möglichen Schadensausgleich dar, der die Annahme eines Schadens unberührt lässt.
19
Aufgrund der landgerichtlichen Annahme tateinheitlicher Verknüpfung sämtlicher Betrugstaten unterliegt das Urteil jedoch insgesamt der Aufhebung.
20
2. Der Senat weist darauf hin, dass die Verurteilung wegen einer Tat in 78 tateinheitlich zusammen treffenden Betrugsfällen rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat übersehen, dass für jeden Beteiligten von Straftaten selbständig zu ermitteln ist, ob Handlungseinheit oder -mehrheit gegeben ist. Maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrages oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten einer Deliktsserie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag , so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGH NStZ 2010, 103). Erbringt der Täter dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr., vgl. BGHSt 49, 177, 182 ff.).
21
Gemessen daran belegen die Feststellungen jedenfalls keine 78 Straftaten des Betrugs. Der Angeklagte hat nicht mit jeder einzelnen Anlagevermittlung durch die Telefonverkäufer, von der er im Zweifel keine Kenntnis hatte, eine selbständige Tat begangen, sondern mit jedem neuen Entschluss zur täuschenden Werbung von Anlegern, die er durch sein Verhalten gegenüber den Telefonverkäufern initiierte. Nach den bisherigen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte jedenfalls mit jeder neuen Kapitalerhöhung, womöglich aber auch mit weiteren von ihm veranlassten, auf Irreführung ausgelegten Werbungsmaßnahmen, auch äußerlich einen neuen Entschluss fasste, durch Täuschungen mittels des - den einzelnen Kapitalerhöhungen jeweils angepassten - Emissionsprospekts Anleger neu zu werben. Die aufgrund der einzelnen Täuschungsentschlüsse durch die Vermittlung der Telefonverkäufer zustande gekommenen Anlagegeschäfte werden dabei zu einer Tat verbunden. Für eine Verknüpfung dieser selbständigen Taten zu lediglich einer einzigen Tat, etwa im Sinne eines "uneigentlichen Organisationsdelikts", ist kein Raum. Es handelt sich hinsichtlich des als Mittäter agierenden Angeklagten nicht um bloße Handlungen "zur Errichtung, zur Aufrechterhaltung und zum Ablauf eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebes", sondern um solche, die über die Einschaltung von Telefonverkäufern unmittelbar auf den betrügerischen Vertrieb von Aktien gerichtet waren.
22
3. Der neue Tatrichter wird bei der Bemessung der Strafe die erfolgten Schadenskompensationen genauer als bisher erfolgt zu berücksichtigen haben. Neben den gezahlten Dividenden fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, dass die Anleger für ihre L. -Aktien im Tausch Aktien der DSI erhalten haben, deren Wert jedenfalls zum Zeitpunkt des Tauschs (8,50 €/Aktie) im Verhältnis 3:2 regelmäßig über den Anlagebeträgen der Geschädigten lag.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 50/16
vom
16. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:160616U1STR50.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 14. Juni 2016 in der Sitzung am 16. Juni 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum
und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Mosbacher, Dr. Bär,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 14. Juni 2016 – als Verteidiger, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 14. Juni 2016 – als Vertreter der Nebenklägerin, Justizobersekretärin – in der Verhandlung vom 14. Juni 2016 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 16. Juni 2016 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 29. September 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) in drei tatmehrheitlichen Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB), aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Die zugelassene Anklage legt dem Angeklagten zur Last, als Adoptivvater die am 22. August 1993 in Kamerun geborene Nebenklägerin C. in drei Fällen sexuell missbraucht und sich dadurch jeweils des sexuel- len Missbrauchs einer Schutzbefohlenen, in einem Fall zudem in Tateinheit mit Vergewaltigung, strafbar gemacht zu haben.
3
a) Im Dezember 2007 sei der Angeklagte mit der damals vierzehnjährigen Nebenklägerin zu deren Großeltern ins Heilbad H. gefahren. Die Mutter und die Geschwister der Nebenklägerin sollten nachkommen. Am Abend des Ankunftstages habe sich der Angeklagte ins Bett der Nebenklägerin gelegt und ihr gesagt, er wolle ihr etwas über ihre leibliche Mutter erzählen. Er habe sie dann zunächst über dem T-Shirt an Rücken und Po gestreichelt, bevor er unter ihr T-Shirt gegriffen und sie über Rücken, Po und Brust gestreichelt habe. Der Angeklagte habe die Nebenklägerin auch aufgefordert, ihn zu streicheln; sie sei aber schockiert gewesen und wie gelähmt liegen geblieben. Er habe dann ihre Schlafhose ausgezogen, sie an der Scheide gestreichelt und ihre Brüste geküsst. Auch habe er die Hand der Nebenklägerin über der Hose auf seinen erigierten Penis geführt. Schließlich habe der dann auf dem Rücken liegende Angeklagte die Nebenklägerin auf sich hinaufgezogen, um dann mit Bewegungen von unten an ihrem Geschlechtsteil zu reiben.
4
b) Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Februar 2008 habe der Angeklagte spät abends die Nebenklägerin in ihrem Zimmer im Dachgeschoss des Familienhauses in F. aufgesucht. Er habe die Nebenklägerin umarmt und sie dabei den Rücken herunter bis zum Po gestreichelt; sodann habe er seine Hand auf ihre Brust gelegt.
5
c) Zu einem ebenfalls nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt „um den“ 20. Mai 2008 sei der Angeklagte wiederum abends in das Zimmer der Nebenklägerin gekommen und habe sich zu ihr ins Bett gelegt. Er habe sie dann am ganzen Körper, auch zwischen den Beinen und an der Brust, gestreichelt. Die Nebenklägerin habe dieses Mal den Entschluss gefasst, sich zu wehren, ihren Körper anzuspannen und die Oberschenkel zusammenzudrücken. Als die Nebenklägerin der Aufforderung des Angeklagten, ihre Beine „auseinanderzuma- chen“, nicht nachgekommen sei, habe er ihre Beine mit der Hand auseinander- gedrückt. Er habe dann in den Slip der Nebenklägerin gegriffen und ihr an das Geschlechtsteil gefasst. Der Angeklagte sei dabei mit einem Finger für einen Zeitraum von zehn bis 30 Sekunden in das Genital der Nebenklägerin eingedrungen. Hierbei habe die Nebenklägerin nicht unerhebliche Schmerzen sowie Angst verspürt. Sodann habe sich der Angeklagte, der seine Unterhose anbehalten habe, auf die Nebenklägerin gelegt und habe mit seinem Becken Aufund Abbewegungen zwischen den Beinen der Nebenklägerin vorgenommen, wodurch diese seine Erektion verspürt habe. Während er auf ihr gelegen habe, habe der Angeklagte versucht, sie zu küssen, was die Nebenklägerin durch Drehen des Kopfes auf die Seite verhindert habe.
6
2. Das Landgericht konnte sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass es zu den angeklagten sexuellen Handlungen gekommen ist. Es hat den Angeklagten deshalb aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

II.


7
Die gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 401 Abs. 1 Satz 1 StPO zulässige Revision der Nebenklägerin hat Erfolg; der Freispruch hält einer sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
1. Die angefochtene Entscheidung unterliegt schon deshalb der Aufhebung , weil sie den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil nicht genügt.
9
a) Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, so müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die der Tatrichter für erwiesen hält. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2014 – 1 StR 722/13; vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 25; vom 3. März 2010 – 2 StR 427/09, NStZ-RR 2010, 182; vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, NStZ 2009, 512, 513 und vom 21. Oktober 2003 – 1 StR 544/02, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 13 mwN). Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlichen bedenkenfreien Erwägungen beruht (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2014 – 1 StR 722/13; vom 5. Februar 2013 – 1 StR 405/12, NStZ 2013, 334; vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 25; vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 236/11; vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4 und vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2).
10
b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn es wird schon nicht zusammenhängend mitgeteilt, welche Feststellungen getroffen werden konnten. Das Landgericht teilt lediglich mit, dass es sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit von den angeklagten Sexualstraftaten überzeugen konnte. Feststellungen dazu, welchen Sachverhalt das Landgericht für erwiesen hält, enthalten die Urteilsgründe – abgesehen von den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und vom Lebenslauf der Nebenklägerin – nicht.
11
c) Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil. Denn die Urteilsgründe ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung, auf welcher tatsächlichen Grundlage das Landgericht den Grundsatz „in dubio pro reo“ angewendet hat. Insbesondere bleibt offen, ob das Landgericht die von der Nebenklägerin erho- benen und detailreich geschilderten Tatvorwürfe insgesamt für erfunden hält oder ob es sich von einem abweichenden Geschehensablauf überzeugt hat, den es lediglich nicht für strafbar hält. Feststellungen hierzu waren schon deshalb nicht entbehrlich, weil der Angeklagte in seiner in den Urteilsgründen wiedergegebenen Einlassung selbst eingeräumt hatte, sich einmal zu der Nebenklägerin ins Bett gelegt zu haben, wenn auch ohne sexuelle Handlungen und lediglich zu dem Zweck, ihr Familienfotos zu zeigen (UA S. 15).
12
Der Umstand, dass der Angeklagte „sich zu einem 14-jährigen Mädchen ins Bett“ gelegt habe, war ausgehend von den Urteilsgründen nach den über- einstimmenden Angaben der Zeuginnen M. , der Adoptivmutter der Nebenklägerin, und der Psychotherapeutin D. auch Gegenstand eines zwischen beiden geführten Gesprächs im Mai 2008 (UA S. 22 f., 28, 29) und führte in Anwesenheit der Zeugin M. zu einer Entschuldigung des Angeklagten bei der Nebenklägerin (UA S. 43). Ob das Landgericht diesen Sachverhalt, der für die weitere Beweiswürdigung von erheblicher Bedeutung ist, für erwiesen hält, lassen die Urteilsgründe offen. Für die Anwendung des Zweifelssatzes bestand daher keine ausreichende Grundlage. Er greift erst nach abgeschlossener Beweiswürdigung ein (vgl. BGH, Urteil vom 2. September 2009 – 2 StR 229/09, NStZ 2010, 102, 103; Meyer-Goßner in MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 261 Rn. 26 mwN).
13
2. Auch im Übrigen hält die Beweiswürdigung revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand.
14
a) Allerdings muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Er- kenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178). Denn es obliegt dem Tatrichter, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 11. November 2015 – 1 StR 235/15, wistra 2016, 78; vom 1. Juli 2008 – 1 StR 654/07 und vom 23. Juli 2007 – 2 StR 150/08, wistra 2008, 398; jeweils mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier indes vor.
15
b) Im Ansatz zutreffend stützt das Landgericht seine Überzeugungsbildung auf eine Gesamtwürdigung der vorliegenden Beweisumstände (UA S. 5, 14). Es berücksichtigt dabei insbesondere, dass es sich bei der Nebenklägerin um die einzige unmittelbare Tatzeugin handelt, deren Angaben es deshalb im Hinblick auf das Bestreiten des Angeklagten einer eingehenden Aussageanalyse unterzieht. Die Umstände, dass die Nebenklägerin die verfahrensgegenständlichen Taten erst im Alter von 19 Jahren während eines streitigen Trennungs - und Ehescheidungsverfahrens des Angeklagten und seiner Ehefrau M. zur Anzeige brachte und dass auch seine Töchter L. und Ma. Ende 2014 bzw. im Mai 2015 detaillierte Tatvorwürfe (UA S. 64) sexueller Übergriffe gegen ihn erhoben, nimmt das Landgericht ebenfalls in den Blick (UA S. 5, 55 ff.).
16
c) Die Beweiswürdigung ist jedoch lückenhaft.
17
Die Urteilsgründe lassen die gebotene inhaltliche Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten vermissen. Das Landgericht beschränkt sich insoweit auf die bloße Wiedergabe seiner Einlassung (UA S. 15 – 17), ohne erkennen zu lassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es dieser Einlassung folgt. Einer näheren Auseinandersetzung mit der Einlassung des die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten hätte es jedoch bedurft. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2014 – 1 StR327/14 Rn. 37, NStZ-RR 2015, 83 mwN). Dies gilt umso mehr, wenn, wie hier, erhebliche Indizien – darunter signifikante Realkennzeichen in der Aussage der Nebenklägerin (UA S. 19, 62 ff.) – für die Richtigkeit der Tatvorwürfe sprechen und zudem der Angeklagte selbst eingeräumt hat, sich einmal zur Nebenklägerin ins Bett gelegt zu haben (UA S. 15).
18
d) Die Beweiswürdigung enthält daneben weitere Rechtsfehler, die besorgen lassen, dass das Landgericht an die Bildung seiner Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten überspannte Anforderungen gestellt hat.
19
aa) Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die von seinen leiblichen Töchtern L. und Ma. gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe, sie sexuell missbraucht zu haben. Das Landgericht erkennt zwar an, dass diese Vorwürfe ein weiteres Indiz für die Erlebnisbasiertheit der Tatschilderungen der Nebenklägerin sind. Es misst diesem Indiz jedoch nur einen geminderten Beweiswert bei, weil seine beiden Töchter vor ihren Angaben gegenüber ihrer Mutter bzw. der Zeugin He. als Verfahrensbeteiligte im Sorgerechtsstreit ihrer Eltern nicht – wie es aber bei einer Einvernahme durch die Polizei oder einen Richter der Fall gewesen wäre – eindringlich über die unbedingte Wahrheitspflicht belehrt worden seien (UA S. 64). Der Schluss des Landgerichts, dass die Angaben der Töchter aus diesem Grund einen geminderten Beweiswert haben, ist indes nicht nachvollziehbar und deshalb rechtsfehlerhaft.
20
bb) Nicht tragfähig begründet ist auch die Wertung des Landgerichts, die Angabe der Tochter des Angeklagten L. , die Bilder von möglichen sexuellen Übergriffen durch den Angeklagten seien ihr erst im Herbst 2014 ganz plötzlich gekommen, sei wenig plausibel und schwer nachvollziehbar (UA S. 65). Das Landgericht hält es in diesem Zusammenhang für „auffällig“, dass L. in der Mitte des Jahres 2013 von der Mutter und den Geschwistern zum Angeklagten nach F. gezogen sei und bei diesem bis zum Oktober 2014 ganz allein gewohnt habe (UA S. 65).
21
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn es ist nicht mit Tatsachen belegt, dass zwischen L. und dem Angeklagten in F. überhaupt enger Kontakt bestanden hat. Vielmehr kam es nach den Feststellungen des Landgerichts ab März 2013 zwischen den Eheleuten wieder zu einer Annäherung, sodass der Angeklagte zum 5. März 2013 in der Wohnung seiner Ehefrau in H. eine Nebenwohnung begründete unter gleichzeitiger Beibehaltung seines Hauptwohnsitzes in F. (UA S. 9, 10). Der Angeklagte gab ausweislich der Darstellung in den Urteilsgründen dazu an, dass er in den eineinhalb Jahren zwischen März 2013 und Ende 2014 mit seiner Ehefrau wieder zusammengelebt habe (UA S. 15). Wo sich der Angeklagte in diesem Zeitraum tatsächlich aufgehalten hat, bleibt offen. Der Umzug in die Wohnung des Angeklagten in F. zur Wahrnehmung einer Ausbildungsstelle in einem Hotel am Münchner Flughafen rechtfertigt für sich allein jeden- falls keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin L.
Raum Graf Jäger Mosbacher Bär

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 532/12
vom
10. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Juni 2013, in der Sitzung am 10. Juli 2013, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 27. Juni 2013 -
als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 27. Juni 2013 -
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf mehrere Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen. Mit auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen beanstandet die Staatsanwaltschaft die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in zwei Fällen.
2
Die Revisionen der Angeklagten führen auf eine Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Die Angeklagten waren im Hochseeschleppergeschäft tätig und betrieben ab dem Jahr 2005 den Bau der drei Hochseeschlepper T. , J. und U. . Eigentümerinnen der Schlepper sollten sog. Einschiffsgesellschaften - jeweils in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG - werden, die als Publikumsgesellschaften konzipiert waren. In Umsetzung dieses Vorhabens erwarben die Angeklagten Vorratsgesellschaften, die aufgrund von Gesellschaftsverträgen vom 4. März 2005 in die T. GmbH & Co. KG sowie vom 26. September 2005 in die J. GmbH & Co. KG bzw. die U. GmbH & Co. KG umfirmiert wurden. Die Angeklagten waren Geschäftsführer und - neben anderen - Mitgesellschafter der am 10. März 2005 gegründeten, in allen drei Einschiffsgesellschaften als Komplementärin fungierenden AHT GmbH und zugleich als Kommanditisten an den Einschiffsgesellschaften beteiligt.
5
Bereits am 5. Januar 2005 - „noch im Gründungsstadium und vor Beitritt weiterer Gesellschafter“- hatte die „ T. GmbH & Co. KG in Gründung“- vertreten durch die H. GmbH, deren Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter die Angeklagten waren - einen Vertrag über den Bau des Hochseeschleppers T. mit einem Konsortium bestehend aus der M. w. GmbH und der M. AG abgeschlossen. Am 10. August 2005 folgten die Vertragsabschlüsse der „ J. GmbH & Co. KG in Gründung“ bzw. der „ U. GmbH & Co. KG in Gründung“ mit dem Konsortium hinsichtlich der Schlepper J. und U. .
6
Den Vertragsabschlüssen waren Ende des Jahres 2004 Gespräche der Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten E. vorausgegangen, der bei der M. AG als Leiter der Abteilung „… “ für den Bau von Hochseeschleppern und Tankern zuständig war. Dabei waren die Angeklagten und E. übereingekommen, dass als Gegenleistung für die Erteilung der Bauaufträge an jeden der beiden Angeklagten 750.000 € je Schiff fließen sollten. E. sollte 500.000 € je Schiff für die organisatorische Umsetzung der Vereinbarung erhalten. Mittels dieser Vereinbarung gelang es E. , die Aufträge über den Bau der Schlepper für das Konsortium zu sichern und potentielle Konkurrenten für die Herstellung der Schiffe auszustechen.
7
Um der Vereinbarung einen unverfänglichen Anstrich zu geben, schlossen die Angeklagten mit dem Konsortium M. w. GmbH / M. AG mehrere „Memoranda of Understanding“, die auf Seiten des Konsortiums von E. unterzeichnet wurden, obwohl er nicht über eine Einzelvertretungsbefugnis für das Konsortium verfügte. Inhalt der „Memoranda of Under- standing“ war zum einen die Verpflichtung desKonsortiums zur Zahlung von 750.000 € je Schiff - deklariert als „owner’s discount“ - an jeden der beiden An- geklagten. Zum anderen sollte die M. w. GmbH nach Abschluss ei- nes „finder’s fee agreement“ 500.000 €je Schiff an ein zwischengeschaltetes Unternehmen zahlen, das den Betrag nach Abzug einer Provision in Höhe von 25.000 € an E. weiterleiten sollte.
8
In Umsetzung der Vereinbarung wurden in die internen Kostenkalkulationen des Konsortiums für die Herstellung der Schlepper Leerpositionen aufgenommen bzw. reale Positionen gezielt zu hoch angesetzt und so der Betrag von 2 Mio. € je Schiff, der an die Angeklagten und E. fließen sollte, auf den von den Einschiffsgesellschaften zu zahlenden Werklohn aufgeschlagen.
9
Bei Errichtung der Gesellschaftsverträge der Einschiffsgesellschaften am 4. März 2005 bzw. 26. September 2005 ließen sich die Angeklagten die zuvor abgeschlossenen Schiffsbauverträge von den (übrigen) Gesellschaftern der jeweiligen Kommanditgesellschaft genehmigen, ohne diesen gegenüber die mit E. getroffene Schmiergeldabrede offengelegt zu haben.
10
Kurz vor Fertigstellung der Schlepper T. im April 2007 sowie J. im Oktober 2007 und U. im April 2008 wurden die vereinbarten Beträge von den Angeklagten bzw. für E. gegenüber der M. w. GmbH in Rechnung gestellt und von dieser auch beglichen.
11
Weder durch die Angeklagten noch durch E. waren Leistungen an die Einschiffsgesellschaften oder an das Konsortium erbracht worden, die diese Zahlungen rechtfertigten. Die Angeklagten verwendeten die ihnen zugeflossenen Beträge zur Leistung ihrer Kommanditeinlagen in die Einschiffsgesellschaften.
12
Der gesamte Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils von 2 Mio. € pro Schiff wurde nach Übergabe der Schlepper im Auftrag der Angeklagten von der jeweiligen Einschiffsgesellschaft an die M. AG zur Auszahlung gebracht.
13
Im Zeitpunkt der Fertigstellung der Schlepper und Zahlung des Werklohns hielten die Angeklagten sowie die von ihnen als Geschäftsführer der Komplementär-GmbHvertretene T. H. GmbH & Co. KG insgesamt 65 % der Kommanditanteile der jeweiligen Einschiffsgesellschaft , die verbleibenden 35 % der Anteile hielten angeworbene Kommanditisten. Die Komplementärin der Einschiffsgesellschaften, die AHT GmbH, deren Geschäftsführer und - neben anderen - Mitgesellschafter die Angeklagten waren, war weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der Einschiffsgesellschaft beteiligt, für die Kommanditisten war eine Gewinn - und Verlustbeteiligung im Verhältnis ihrer Einlage vereinbart.
14
2. Das Landgericht hat das Geschehen als Untreue in drei Fällen gewertet (Fall 3.2.2. T. , Fall 3.2.3. J. , Fall 3.2.4. U. ). Den Vermögensnachteil i.S.v. § 266 StGB hat es darin gesehen, dass die drei Einschiffsgesellschaften auf Veranlassung der Angeklagten den Werklohn für die Schlepper T. , J. und U. jeweils in voller Höhe an das Konsortium auszahlten, obwohl die zugrunde liegenden Verträge im Hinblick auf die Schmiergeldabrede in einem Umfang von 2 Mio. € sittenwidrig i.S.v. § 138 BGB und damit teilnichtig gewesen seien. Einen Vermögensnachteil hat das Landgericht nur angenommen, soweit die Kommanditanteile der angeworbenen Kommanditisten betroffen waren, und hat diesen unter Zugrundelegung der festgestellten Beteiligungsquote von 35 % auf 700.000 € je Schiff beziffert.
15
3. Eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 StGB hat das Landgericht mit der Begründung verneint, die Angeklagten seien zu keinem Zeitpunkt Angestellte oder Beauftragte der jeweiligen Einschiffsgesellschaften oder deren Komplementär-GmbH gewesen und damit als Betriebsinhaber keine tauglichen Täter.

II.

16
Die Revisionen der Angeklagten haben bereits mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
17
Die Angeklagten beanstanden zu Recht, das Landgericht habe in seine Beweiswürdigung eine nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunde einbezogen und damit seine Überzeugung von der Schuld der Angeklagten unter Verstoß gegen § 261 StPO nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft.
18
1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung von dem „Schmiergeldcha- rakter“ der Zahlungenan die Angeklagten, denen keine von den Angeklagten erbrachten vergütungsfähigen Leistungen zugrunde lagen, auch auf den mit dem Finanzamt H. im Zusammenhang mit einem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft geführten Schriftverkehr, der jedoch nur teilweise ordnungsgemäß zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde.
19
Zwar wurde ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls in der Sitzung vom 17. Januar 2012 das Antragsschreiben der Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungsgesellschaft vom 1. Dezember 2005 verlesen (Blatt 1848 der Sachakten). Darin wurde dem Finanzamt H. als Grundlage seiner Entscheidung über die Erteilung der verbindlichen Auskunft u.a. mitgeteilt, dass die Konzeption und die Bauaufsicht des bestellten Schiffs Teil der Bereederungstätigkeit seien, zu der sich die T. H. GmbH & Co. KG vertraglich gegenüber der Einschiffsgesellschaft verpflichtet habe, und dass diese Tätigkeit nach dem Willen der Beteiligten einen Wert von 500.000 € darstelle. Darüber hinaus werde durch die Werft an die Angeklagten als Gesellschafter jeweils ein Betrag von 500.000 € als Provision bezahlt (UA S. 50). In die Beweiswürdigung hat das Landgericht unter auszugsweiser Wiedergabe im Wortlaut und unter Bezugnahme auf die konkrete Aktenfundstelle jedoch auch das Antwortschreiben des Finanzamts H. vom 6. Dezember 2005 einbezogen. Darin unterscheide das Finanzamt entsprechend den Darstellungen im Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zwischen den Themenkomplexen Vergütung für Bauaufsicht und Konzeption an den Vertragsreeder einerseits sowie Provisionszahlungen an die Angeklagten andererseits, für die nach dem Wortlaut des Antwortschreibens „eine Leistung seitens dieser Beteiligten (d.h. der Angeklagten) an die Werft nicht vorliege“ (UA S. 51).
20
2. In der Einbeziehung der Urkunde in die Beweiswürdigung liegt ein Verstoß gegen § 261 StPO, wonach die Überzeugungsbildung des Tatgerichts aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen ist.
21
a) Eine förmliche Verlesung des Antwortschreibens des Finanzamts H. vom 6. Dezember 2005 gemäß § 249 Abs. 1 StPO erfolgte nicht, wie insoweit durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls belegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2000 - 2 StR 190/00, NStZ-RR 2001, 18 f. mwN). Ein Verstoß gegen § 261 StPO wäre ungeachtet dessen aber nur dann bewiesen, wenn auszuschließen wäre, dass der Inhalt des Schriftstücks in anderer zulässiger Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2001 - 2 StR 111/01). Von einem Ausschluss einer anderweitigen Einführung des herangezogenen Beweismittels ist vorliegend auszugehen.
22
b) Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen vorgetragen, der Inhalt der Urkunde sei auch nicht in sonstiger prozessordnungsgemäßer Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 - 3 StR 314/89, BGHR StPO § 344 Abs. 2 S. 2 Urkunden 1; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., NJW 2005, 1999, 2001 f. mwN), und haben sich dabei mit allen naheliegenden Möglichkeiten der Einführung, insbesondere dem Vorhalt an die beiden als Zeugen gehörten Steuerberater, die das Antragsschreiben an das Finanzamt verfasst hatten, auseinandergesetzt.
23
Diesen Vortrag der Angeklagten sieht der Senat als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft ist dem Revisionsvorbringen in ihrer Gegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) nicht entgegengetreten, sondern hat den Revisionsvortrag hinsichtlich des Verfahrensablaufs ausdrücklich als richtig und vollständig bezeichnet. Auch das Tatgericht hat sich zu keiner dienstlichen Erklärung über einen anderen als den mit den Revisionen vorgetragenen Verfahrensablauf veranlasst gesehen. Für den Senat besteht angesichts dieser Umstände keine Veranlassung, die Richtigkeit des Revisionsvorbringens in tatsächlicher Hinsicht durch ihm an sich mögliche freibeweisliche Ermittlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 1998 - 1 StR 67/98, NStZ-RR 1999, 47; Urteil vom 13. Dezember 1967 - 2 StR 544/67, BGHSt 22, 26, 28; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., NJW 2005, 1999, 2003) zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06, NJW 2006, 3362, und vom 22. November 2001 - 1 StR 471/01, NStZ 2002, 275, 276).
24
3. Ein Beruhen des Urteils auf dieser Verletzung des § 261 StPO lässt sich nicht ausschließen. Die Angeklagten haben sich dahingehend eingelassen, die an sie geflossenen Beträge seien als Vergütung für die von ihnen übernommene Bauaufsicht sowie für Leistungen im Bereich von Konzeption und Design der Schlepper gezahlt worden. Das Landgericht hat diese Einlassung aufgrund einer Gesamtwürdigung für widerlegt erachtet und die geflossenen Beträge als Schmiergeldzahlungen angesehen. Dabei hat es als gewichtiges Indiz im Rahmen der Beweiswürdigung gewertet, dass nach der Beurteilung des Finanzamts H. anlässlich der Erteilung einer verbindlichen Auskunft in dem fraglichen Schreiben den Zahlungen an die Angeklagten keine Leistungen zugrunde lagen.
25
4. Dieser Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts. Eines Eingehens auf die weiteren erhobenen Rügen bedarf es daher nicht.

III.

26
Die vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Fälle 3.2.3. (J. ) und 3.2.4. (U. ) der Urteilsgründe beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft , mit denen die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB beanstandet wird, bleiben ohne Erfolg.
27
Obwohl sich die Feststellungen des Tatgerichts zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen bei Abschluss der Werkverträge hinsichtlich der Schlepper J. und U. am 10. August 2005 aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegten Gründen als in Teilen widersprüchlich erweisen, hat das Landgericht dennoch im Ergebnis zu Recht eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB verneint. Denn ungeachtet des sich auf die Bezeichnung der Komplementär-GmbH der in die Vorgänge eingebundenen Kommanditgesellschaften beziehenden Widerspruchs liegen die Voraussetzungen des § 299 Abs. 1 StGB auf der Grundlage der ansonsten umfassenden Feststellungen für die beiden Angeklagten nicht vor.
28
Zwar enthalten die Feststellungen Anhaltspunkte dafür, dass zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb des durch die verfahrensgegenständlichen Taten (§ 264 StPO) erfassten Sachverhalts ein Fordern, Sich-versprechenLassen oder Annehmen eines Vorteils und damit Verhaltensweisen seitens der Angeklagten vorlagen, die an sich als tatbestandsmäßiges Verhalten gemäß § 299 Abs. 1 StGB in Betracht kommen. Auch ist das Konsortium aus M. w. GmbH und M. AG gegenüber anderen Wettbewerbern bei der Vergabe der Aufträge für den Bau der Hochseeschlepper bevorzugt worden. Eine Strafbarkeit der Angeklagten scheidet jedoch aufgrund folgender Erwägungen aus:
29
1. Als die Angeklagten Ende des Jahres 2004 mit dem früheren Mitangeklagten E. die Vereinbarung über die Zahlung von 750.000 € je Schiff als Gegenleistung für die Auftragsvergabe an das Konsortium trafen und damit Vorteile forderten bzw. sich versprechen ließen, waren diese (noch) keine tauglichen Täter i.S.d. § 299 Abs. 1 StGB.
30
Der Tatbestand beschränkt den Täterkreis ausdrücklich auf Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes, so dass die Vorteilsannahme des Betriebsinhabers hinsichtlich seines eigenen Betriebes vom Tatbestand nicht erfasst wird (vgl. BGH, GrS, Beschluss vom 29. März 2012 - GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 211 mwN). Da der Tatbestand bereits mit dem Fordern, Sichversprechen -Lassen oder Annehmen des Vorteils vollendet ist (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 299 Rn. 21), muss die Stellung als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes und damit als tauglicher Täter des Sonderdelikts § 299 Abs. 1 StGB im Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen.
31
Daran fehlt es hier. Als die Angeklagten Ende des Jahres 2004von E. als Gegenleistung für die später geplante Auftragsvergabe an das Konsortium einen Vorteil forderten bzw. sich von ihm versprechen ließen und damit mit diesem der Sache nach eine Unrechtsvereinbarung (dazu Rogall in SK-StGB, 8. Aufl. [Stand: März 2012], § 299 Rn. 56) schlossen, waren sie (noch) keine Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs. Weder die später durch Umfirmierung aus den Vorratsgesellschaften hervorgegangenen Einschiffsgesellschaften noch die später als Komplementär-GmbH fungierende AHT GmbH existierten zu diesem Zeitpunkt. Die Angeklagten waren vielmehr als gemeinsam handelnde Alleingesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Betriebsinhaber (vgl. Fischer, aaO, § 299 Rn. 8a; Dannecker in NK-StGB, 4. Aufl., § 299 Rn. 27; Heine in Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 7) anzusehen.
32
Werden an sich unter die Tathandlungen des Forderns bzw. Sichversprechen -Lassens fassbare Verhaltensweisen vor der Begründung der erforderlichen Tätereigenschaft vorgenommen, handelt es sich nicht um straftatbestandsmäßiges Verhalten (vgl. Fischer, aaO, § 331 Rn. 24b zu der entsprechenden Konstellation bei § 331 StGB).
33
2. Auch unter dem Gesichtspunkt der zeitlich der Unrechtsvereinbarung und der Bevorzugung des Konsortiums durch Auftragsvergabe an dieses nachfolgenden Annahme eines Vorteils durch die Vereinnahmung der 750.000 € im Oktober 2007 für den Schlepper J. bzw. im April 2008 für den Schlepper U. ergibt sich keine Strafbarkeit der Angeklagten aus § 299 Abs. 1 StGB.
34
a) Zwar waren die Angeklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts zum Zeitpunkt der Annahme des Vorteils als Geschäftsführer der Komplementärin AHT GmbH, an der neben den Angeklagten noch weitere Gesellschafter beteiligt waren, taugliche Täter des § 299 Abs. 1 StGB (vgl. Corsten, Einwilligung in die Untreue sowie in die Bestechlichkeit und Bestechung, 2011, S. 330 f.; anders für Fälle des geschäftsführenden Alleingesellschafters der Komplementär-GmbH Fischer, aaO, § 299 Rn. 8a; Heine in Schönke/Schröder, aaO, § 299 Rn. 7; Dannecker in NK-StGB, aaO, § 299 Rn. 21; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 10; Bürger wistra 2003, 130, 132).
35
b) § 299 Abs. 1 StGB setzt jedoch grundsätzlich eine Unrechtsvereinbarung dergestalt voraus, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung angenommen wird (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447). Daran fehlt es hier. Die Unrechtsvereinbarung mit E. schlossen die Angeklagten bereits Ende des Jahres 2004 (oben II.1.). Die Auftragsvergabe an das Konsortium schloss sich im Jahr 2005 an. Die von den Angeklagten im Oktober 2007 bzw. im April 2008 vereinnahmten Zahlungen stellen sich angesichts dieser zeitlichen Abläufe ausschließlich als Belohnung für in der Vergangenheit gewährte Bevorzugungen dar.
36
c) Die Annahme eines Vorteils für derartige in der Vergangenheit liegende Bevorzugungen wird nur dann ausnahmsweise von § 299 Abs. 1 StGB erfasst , wenn diese Bevorzugungen bereits Gegenstand einer Unrechtsvereinbarung waren (Fischer, aaO, § 299 Rn. 13; Rogall, aaO, § 299 Rn. 61; Momsen in Beck-OK/StGB, § 299 Rn. 13; Bannenberg, in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl., 10. Kap. Rn. 100; zu den konkurrenzrechtlichen Verhältnissen vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447, 449; Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 641/93, wistra 1995, 61). Dieser Ausnahmefall verlangt aber, dass die vorangegangene Unrechtsvereinbarung ihrerseits tatbestandsmäßig i.S.v. § 299 Abs. 1 StGB gewesen ist. Dementsprechend muss derjenige, der den Vorteil als Gegenleis- tung für die erfolgte Bevorzugung angenommen hat, bereits zum Zeitpunkt der früheren Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB) sein. Die Unrechtsvereinbarung drückt das im Gesetz angelegte Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der durch den Vorteilsnehmer zu gewährenden Bevorzugung und dem vom Vorteilsgeber zuzuwendenden Vorteil aus. Angesichts der Entscheidung des Gesetzgebers für eine Beschränkung des Kreises gemäß § 299 Abs. 1 StGB tauglicher Täter auf Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes kann auf das Vorliegen der Tätereigenschaft bereits im Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung grundsätzlich nicht verzichtet werden.
37
An der Tätereigenschaft der Angeklagten im Zeitpunkt der mit E. bereits Ende des Jahres 2004 getroffenen Abrede fehlte es jedoch.

IV.

38
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
39
Soweit der neue Tatrichter wiederum zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Zahlungen an die Angeklagten um Schmiergeldzahlungen handelte , denen keine vergütungsfähigen Leistungen der Angeklagten zugrunde lagen und dass dementsprechend der von den Einschiffsgesellschaften zu zahlende Werklohn zur Verschleierung dieser Schmiergeldzahlungen sowie der Zahlungen an E. überhöht angesetzt wurde, gibt der Senat bezüglich des Tatbestandsmerkmals des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB Folgendes zu bedenken:
40
1. In Fällen, in denen die Schmiergeldzahlungen zugunsten der Geschäftsführer durch Erhöhung der Zahlungsverpflichtungen auf die vertretene Gesellschaft verlagert werden, liegt ein strafrechtlich relevanter Vermögens- nachteil i.S.v. § 266 StGB regelmäßig bereits darin, dass der geleisteten Zahlung in Höhe des auf den Preis aufgeschlagenen Betrages, der lediglich der Finanzierung des Schmiergeldes dient, keine Gegenleistung gegenübersteht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 314 mwN; Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 332 f. mwN). Sollte der neue Tatrichter zu der Einordnung der an die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten E. geflossenen Zahlungen als Schmiergelder gelangen, würde nach dem vorstehend Ausgeführten die Vermögensminderung in Gestalt der Begleichung der Werklohnforderungen in ihrer jeweiligen Gesamthöhe seitens der Einschiffsgesellschaften nicht in vollem Umfang durch die Erlangung von Eigentum und Besitz an den Hochseeschleppern wirtschaftlich ausgeglichen.
41
Angesichts dessen käme es auf die zivilrechtliche Teilnichtigkeit der Verträge über die Herstellung der Hochseeschlepper, auf die das erste Tatgericht den Vermögensnachteil unter dem Aspekt des (teilweisen) Ausbleibens der Befreiung der Einschiffsgesellschaften von einer Verbindlichkeit gestützt hat, nicht an. Eine auf Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) gestützte Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit kann zwar eintreten, wenn ein aufgrund einer Schmiergeldabrede zustande gekommener Vertrag gerade wegen dieser Abrede zu einer für den Geschäftsherrn nachteiligen Vertragsgestaltung geführt hat (BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - VII ZR 132/07, BGHZ 141, 357, 361 mwN). Selbst wenn aber von zivilrechtlich wirksamen Verträgen auszugehen wäre, käme ein Vermögensnachteil aus dem im vorstehenden Absatz genannten Grund in Betracht.
42
2. a) Allerdings kann im Rahmen von § 266 StGB eine Schädigung des Vermögens einer Kommanditgesellschaft nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich zu einem straftatbestandsmäßigen Vermögensnachteil führen, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter „be- rührt“ (vgl. zuletzt BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 f. mwN, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733; siehe auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 113; Schünemann in LKStGB , 12. Aufl., § 266 Rn. 262 f. jeweils mwN). Diese in der Strafrechtswissenschaft gelegentlich kritisierte (etwa Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften , 2008, S. 96 ff.; Grunst BB 2001, 1537, 1538; siehe auch Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co. KG, 2010, S. 213 f., 331 f.) Rechtsprechung steht vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften wie der Kommanditgesellschaft einerseits sowie Kapitalgesellschaften als juristische Personen andererseits. Zwar ist die Kommanditgesellschaft eine rechtsfähige Personengesellschaft i.S.v. § 14 Abs. 2 BGB (siehe nur K. Schmidt, in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 2, § 105 Rn. 7; Oetker in Oetker, HGB, 3. Aufl., § 161 Rn. 3; siehe auch BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 347), die gemäß § 124 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Die Rechtsfähigkeit der Kommanditgesellschaft in dem vorgenannten Sinne und die damit einhergehende zivilprozessuale Parteifähigkeit (§ 50 ZPO; siehe auch BGH, aaO, S. 348 ff.) bringen eine Rechtsstellung mit sich, die der Selbstständigkeit einer juristischen Person in weitem Umfang entsprechen mag (Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 124 Rn. 1).
43
Dessen ungeachtet ist die Kommanditgesellschaft - anders als die Kapitalgesellschaften - aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade keine juristische Person (BGH, aaO, S. 347; siehe auch BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127, 128; zustimmend etwa Oetker , aaO, § 161 Rn. 3 mwN; insoweit ebenso Brand, aaO, S. 137 f.; aA etwa Raiser AcP 199 [1999], S. 104 ff.; zum Ganzen auch K. Schmidt, Festschrift Beuthien, 2009, S. 211 ff., 223 f.). An diesen Unterschied knüpft die von den Strafsenaten vorgenommene Auslegung des Vermögensnachteils im Sinne von § 266 StGB bei vermögenschädigendem Verhalten zu Lasten von Kommanditgesellschaften an, wonach auch auf die Auswirkungen des tatbestandsmäßigen Verhaltens auf die Vermögen der Gesellschafter abzustellen ist.
44
b) Dem Letztgenannten entsprechend kommt einem Einverständnis der jeweiligen Gesellschafter mit der Beeinträchtigung des Vermögens Bedeutung für das Vorliegen eines Vermögensnachteils und dessen Höhe zu (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 mwN; und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733, 3735). Der bisherige Tatrichter hat daher, soweit die Gesellschaftsanteile der Angeklagten und der von den Angeklagten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertretenen T. & H. GmbH & Co. KG betroffen sind, zutreffend wegen deren Einverständnis die Annahme eines Vermögensnachteils insoweit ausgeschlossen (BGH, jeweils aaO).
45
c) Bei den verbleibenden Kommanditisten der jeweiligen Einschiffsgesellschaften können dagegen Vermögensnachteile i.S.v. § 266 StGB eingetreten sein. Diese haben sich mit der Zahlung von Schmiergeldern an die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten E. nicht einverstanden erklärt.
46
aa) Angesichts der Anknüpfung des Vermögensnachteils an das Vermögen der das vermögensschädigende Verhalten nicht konsentierenden Gesellschafter kann bei der Bemessung der den Schuldumfang bestimmenden Höhe des Vermögensnachteils grundsätzlich auf deren Gesellschafteranteile im Verhältnis zur Gesamteinlage abgestellt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733, 3735; im rechtlichen Ausgangspunkt ebenso BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86, wistra 1987, 216; Seier in Achenbach/Ransiek, HWSt, 3. Aufl., 5. Teil, 2. Kap., Rn. 351; ausführlicher Soyka, aaO, S. 64 f.). Maßgeblich für die Bestimmung des Vorliegens eines Vermögensnachteils - hier bezogen auf die Vermögen der Kommanditisten abgesehen von den Angeklagten selbst sowie von der T. H. GmbH & Co. KG - ist ein auf den Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung des Täters bezogener Vermögensvergleich (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15; siehe auch BVerfGE 126, 170, 213 mwN). Spätere Entwicklungen, wie etwa Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (BGH, aaO, mwN).
47
bb) Die strafrechtlich auf den Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung i.S.v. § 266 StGB zu beziehende Beurteilung der Herbeiführung eines Vermögensnachteils und dessen Höhe kann, was den relevanten Zeitpunkt betrifft , nicht durch handelsrechtliche Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung innerhalb einer Kommanditgesellschaft (§§ 167 ff. HGB) überlagert werden. Zukünftige Entwicklungen des betroffenen Vermögens im Hinblick auf den Wert der Geschäftsanteile von Gesellschaftern können strafrechtlich lediglich insoweit von Bedeutung sein, als deren Berücksichtigung mit den dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG unterworfenen straftatbestandsmäßigen Anforderungen des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGBzulässig ist (zur Bedeutung von Art. 103 Abs. 2 GG dafür BVerfGE 126, 170, 213 ff.). Von Verfassungs wegen sind die Strafgerichte bei der Auslegung des Merkmals des Vermögensnachteils gemäß § 266 Abs. 1 StGB gehalten, den von ihnen angenommenen Nachteil der Höhe nach zu beziffern und diesen in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise im Urteil darzulegen (BVerfGE 126, 170, 211 und 216).
48
cc) Nach diesen Grundsätzen war es in dem angefochtenen Urteil nicht zu beanstanden, dass der Tatrichter den bei den geschädigten Kommanditisten eingetretenen Vermögensnachteil - ausgehend von einem Schmiergeldanteil an dem gezahlten Werklohn in Höhe von 2 Mio. € je Hochseeschlepper - anhand der Höhe der Einlage der Kommanditisten (§ 167 Abs. 2, § 169 Abs. 1 HGB; zur Terminologie K. Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 3 §§ 171, 172 Rn. 5) in Relation zur Gesamteinlage aller Gesellschafter bestimmt hat. Eine solche Bestimmung der Höhe des Vermögensnachteils bei Schädigungen zu Lasten von Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft ist auch bislang bereits in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs akzeptiert worden (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 40 Rn. 20, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733,3735; siehe auch Soyka, aaO, S. 64 f.). Sie ermöglicht eine Bezifferung des in den Gesellschaftervermögen eingetretenen Nachteils und trägt auch den handelsrechtlichen Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung bei der Kommanditgesellschaft ausreichend Rechnung.
49
(1) Der Bemessung des in den Vermögen der einzelnen Gesellschafter eintretenden Nachteils liegt die Erwägung einer anteiligen Verteilung der in der Höhe feststehenden Schmälerung des Gesellschaftsvermögens - hier in Gestalt der (verborgenen) Schmiergeldzahlungen - auf die Anteilseigner zugrunde. Dies entspricht der grundsätzlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB (vgl. BVerfGE 126, 170, 206). Bei einer (angenommenen) Inhaberschaft des Gesellschaftsvermögens durch die Kommanditgesellschaft selbst bestünde kein Zweifel, dass aus deren Vermögen geleistete Schmiergeldzahlungen in voller Höhe zu einem entsprechenden Nachteil führen. Denn in Höhe des Schmiergeldes ist dem Gesellschaftsvermögen keine wertentsprechende Gegenleistung zugeflossen. Lediglich ein wirk- sames Einverständnis der vermögensdispositionsbefugten Gesellschafter könnte einen solchen Nachteil (bzw. die ihn verursachende Pflichtwidrigkeit der Schädigungshandlung) ausschließen.
50
(2) Der wirtschaftlich nicht ausgeglichene Abfluss von Vermögensbestandteilen aus der Kommanditgesellschaft wirkt sich auf die Vermögen der Kommanditisten aus. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Umfang der Beteiligung des Gesellschafters richtet sich bei den Personenhandelsgesellschaften OHG und Kommanditgesellschaft grundsätzlich an der Höhe der Einlage und damit über den Vermögensanteil, der den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen meint (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 47 III.1.a S. 1381, § 53 III 5.a S. 1544 f.), aus. Die Gewinn- und Verlustverteilung unter den Gesellschaftern bestimmt sich bei der Kommanditgesellschaft nach den §§ 167 ff. HGB i.V.m. § 120 HGB. Grundlage der Gewinn- und Verlustverteilung ist der sog. Kapitalanteil (vgl. § 167 Abs. 2 HGB), bei dem es sich um eine Rechnungsziffer handelt, die den Wert der jeweiligen wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zum Ausdruck bringt (Priester in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 2, § 120 Rn. 84 mwN). Vorbehaltlich der konkreten gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung bestimmt sich der Ausgangswert dieses Kapitalanteils anhand des Wertes der eingebrachten Einlage (vgl. Priester, aaO, § 120 Rn. 94). Der rechnerische Wert der wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters wird durch den Wert des Gesellschaftsvermögens beeinflusst. Gewinne der Gesellschaft werden nach der gesetzlichen Regelung bis zu der von § 167 Abs. 2 HGB bestimmten Höhe seinem Kapitalanteil zugeschrieben. An den Kapitalanteil des Kommanditisten sind regelmäßig seine prozentuale Beteiligung am Gewinn, sein Gewinnbezugsrecht und sein Stimmrecht geknüpft (vgl. Grunewald, in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 3, § 167 Rn. 19 i.V.m. Rn. 14; siehe auch Soyka, aaO, S. 84 f.). Die den Kapitalanteil eines Kommanditisten betreffenden Buchungen werden auf einem Kapitalkonto geführt (Grunewald, aaO). Weist dieses Kapitalkonto zu dem für die Bestimmung des Vermögensnachteils maßgeblichen Zeitpunkt einen positiven Stand auf, sind die Gesellschaftervermögen der Kommanditisten unmittelbar wirtschaftlich nachteilig betroffen, weil die daran geknüpften vermögensrechtlich relevanten Rechte entweder verringert oder - bei Verkürzung des ohne die schädigende Handlung eintretenden Gewinns - nicht erhöht werden (Soyka, aaO, S. 85).
51
Die Bezifferung des auf die betroffenen Kommanditisten entfallenden Vermögensnachteils kann daher - wie durch das bisherige Tatgericht erfolgt - anhand der Höhe der jeweiligen Einlage erfolgen. Wie ausgeführt bestimmen diese die Beteiligung der Gesellschafter u.a. am Gewinn der Kommanditgesellschaft.
52
(3) Der neue Tatrichter wird daher bei der Bestimmung der Höhe der eingetretenen Vermögensnachteile bei den Kommanditisten zu prüfen haben, ob deren Kapitalkonten im Zeitpunkt der schädigenden Handlung einen positiven Stand aufwiesen. Wahl Graf Jäger Cirener Radtke
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Ist durch einen Diebstahl oder eine Unterschlagung ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer verletzt oder lebt der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

19
aa) Begehen durch Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Während bei den Begehungsdelikten die objektive Zurechnung auf der Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht , reicht bei den unechten Unterlassungsdelikten die Tatsache, dass eine mögliche Handlung den Erfolg verhindert hätte, nicht aus, um die Beeinträchtigung des Rechtsguts jedem Handlungsfähigen als von ihm zu verantwortendes Unrecht zur Last legen zu können. Vielmehr muss ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (BGH, Urteile vom 25. Juli 2000 – 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013, 3014, und vom 10. Juli 2012 – VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26, 33; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., S. 620; SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 13 Rn. 15, 18).
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_______________________
Zur Garantenpflicht bei Verkauf eines Grundstücks als Bauland.
BGH, Urt. vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00 - LG Stuttgart

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 162/00
vom
25. Juli 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Juli 2000,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Granderath,
Nack,
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23. Januar 1992 zwei in Sch. gelegene Anwesen zu einem Gesamtpreis von 1.600.000 DM an die Geschädigte als Geschäftsführerin und Gesellschafterin einer Bauträgergesellschaft. Es handelt sich um das Grundstück Stuttgarter Straße 49, das rund 300.000 DM wert war und das 10,86 Ar große Grundstück Christofstraße 10, dessen Wert die Beteiligten mit rund 1.300.000 DM ansetzten und das im hinteren Bereich mit einem Haus mit einer Wohnfläche von ca. 1.000 qm bebaut werden sollte. Dieses Anwesen hatte die Geschädigte, die an damals sehr knappem Bauträgergrund stark interessiert war, erst wenige Tage zuvor - am 18. Januar 1992 - besichtigt. Sie wollte sich noch bei der Gemeindeverwaltung über das Maß der Bebaubarkeit versichern, erreichte aber bis zum Notartermin den Sachbearbeiter nicht. Die erste Kaufpreisrate von 500.000
DM bezahlte sie, wie vereinbart, einige Wochen nach Vertragsschluß. Vor Fälligkeit der zweiten Rate von 1.100.000 DM stellte sich heraus, daß der angestrebten Bebauung baurechtliche Hindernisse entgegenstanden. Die genannte Gemeinde, die schon einige Zeit vor Abschluß des Kaufvertrags in einem noch nicht veröffentlichten städtebaulichen Rahmenplan intern für baurechtliche Entschließungen in diesem Gebiet eine "grüne Lunge" vorgesehen hatte, beschloß die Aufstellung eines Bebauungsplans, der den hinteren Teil des Grundstücks Christofstraße 10 als private Grünfläche auswies, und erließ eine entsprechende Veränderungssperre.
Um dem Angeklagten zu seinem Geld und der Geschädigten zu ihrem Baugrund zu verhelfen, schlossen beide am 7. September 1992 einen schriftlichen Tauschvertrag, nach dem sie, wenn sie nicht innerhalb von zwei Jahren das Anwesen wie gewünscht bebauen kann, von ihm ein geeignetes anderes Baugrundstück erhalten sollte. Daraufhin überwies die Geschädigte den Restkaufpreis. Später berief sich der Angeklagte auf die Formnichtigkeit dieses vom Notar nicht beurkundeten , sondern nur beglaubigten Vertrags.
In diesem Zusammenhang legte die gerichtlich zugelassene Anklage dem Angeklagten zwei Taten zur Last: Bei den Vertragsverhandlungen habe er der Geschädigten vorgespiegelt, das Grundstück Christofstraße 10 dürfe im rückwärtigen Teil bebaut werden; im Vertrauen hierauf habe diese den Betrag von 500.000 DM an ihn bezahlt. Nachdem die Geschädigte erfahren hatte, mit der geplanten Bebauung sei die Gemeinde nicht einverstanden, habe er ihr zum Schein andere Grundstücke zum Austausch angeboten, um sie so zu der Auszahlung des Restbetrages von 1.100.000 DM zu bewegen.
Was den zuletzt genannten Vorwurf angeht, ist das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden. Wegen im ersten Fall begangenen Betrugs hat das Landgericht den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Mit seiner Revision, die sich auf die Sachrüge und eine Aufklärungsrüge zum entstandenen Schaden stützt, erstrebt der Angeklagte seine Freisprechung. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Verfahrensrüge bedarf keiner Erörterung, weil ein sachlich-rechtliches Bedenken der Revision - das der Generalbundesanwalt teilt - durchgreift.

II.


1. Das Landgericht macht dem Angeklagten zum Vorwurf, er habe die Geschädigte getäuscht mittels Unterlassens der Angabe der ihm bekannten wahren Tatsache, "daß auf dem als Bauplatz verkauften Grundstück eine Grünzone geplant war"; dies habe bei einem tatsächlichen Wert des Anwesens von 300.000 DM zu einem Schaden von einer Million DM geführt. Eine entsprechende Garantenpflicht ist jedoch nicht hinreichend dargetan.
Begehen durch Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Während bei den Begehungsdelikten die objektive Zurechnung auf der Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht, reicht bei den unechten Unterlassungsdelikten die Tatsache, daß eine mögliche Handlung den Erfolg verhindert hätte, nicht aus, um die Beeinträchtigung des Rechtsguts jedem Hand-
lungsfähigen als von ihm zu verantwortendes Unrecht zur Last legen zu können. Vielmehr muß ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, daß er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, daß der Täter als "Garant" für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, daß eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und daß sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. S. 620).
Ob eine solche Garantenposition besteht, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Schadensabwendung dem Herbeiführen des Schadens gleichzustellen, ist nicht nach abstrakten Maßstäben zu bestimmen, mögen sich auch in der Rechtsprechung verschiedene Entstehungsgründe für eine Garantenpflicht herausgebildet haben. Die Entscheidung hängt letztlich von den Umständen des Falles ab; dabei bedarf es einer Abwägung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der Beteiligten. Vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften reichen demgemäß nicht ohne weiteres zur Begründung einer strafbewehrten Garantenpflicht aus (BGHSt 39, 392, 399). Das gilt erst recht für vorvertragliche Pflichten in Fällen, in denen das Gesetz wie § 313 Satz 1 BGB den Vertragsabschluß selbst einer besonderen Form unterwirft, die dem Schutz der Beteiligten vor Übereilung dient. Im Rahmen vertraglicher Beziehungen setzt eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht voraus, daß besondere Umstände vorliegen wie etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis oder eine ständige Geschäftsverbindung - Situationen, in denen der eine darauf angewiesen ist, daß ihm der andere die für seine Entschlie-
ßung maßgebenden Umstände offenbart (BGH GA 1967, 94 f.; wistra 1988, 262 f.; ebenso Lackner in LK 10. Aufl. § 263 Rdn. 63 sowie Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 263 Rdn. 22, 23; zur Gefahrerhöhung durch Verschweigen anderweitiger Unfallversicherungen vgl. BGH NJW 1985, 1563 f.).
Die Strafkammer leitet die Pflicht des Angeklagten, die Geschädigte über die eingeschränkte Bebaubarkeit zu informieren, daraus her, daß er der Eigentümer des Grundstücks und Verkäufer von Bauland war. Diese Erwägung genügt hier nicht zur Annahme einer Garantenpflicht in dem vom Senat dargelegten Sinn. Bei der Strafzumessung berücksichtigt das Landgericht zugunsten des Angeklagten, daß "die Geschädigte ein ganz erhebliches Mitverschulden trifft, weil sie, obwohl sie erkannte, daß das Grundstück zusammen mit anderen eine grüne Lunge im Ort bildet, sich nicht - wie andere auch - bei der Gemeinde vergewisserte". Diesen Gesichtspunkt - das von der Geschädigten eingegangene Risiko der Unbebaubarkeit - hätte das Gericht schon bei der nach § 13 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Wertung in seine Betrachtung einbeziehen müssen. In diesem Zusammenhang hätten objektive und subjektive Umstände tatrichterlicher Erörterung bedurft:
Zur Zeit des Vertragsschlusses bestand weder ein Bebauungsplan, der die Bebauung des Kaufgrundstücks im hinteren Teil untersagte, noch eine entsprechende Veränderungssperre. Gemäß § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) wäre das innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gelegene Vorhaben zulässig gewesen, "wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt" und die Erschließung gesichert ist. Diese Merkmale hätten vor Abschluß des Kaufvertrags geklärt werden können. In einem solchen Fall entscheidet über die Zulässigkeit eines Vorhabens die Baugenehmigungsbehörde
"im Einvernehmen mit der Gemeinde" (§ 36 Abs. 1 BauGB); dieses Einvernehmen darf nach § 36 Abs. 2 BauGB nur aus den gesetzlich genannten Gründen versagt werden. Gemäß einem noch nicht veröffentlichten städtebaulichen Rahmenplan war zwar bereits bei Vertragsschluß, wie der Angeklagte wußte, im hinteren Bereich des Kaufgrundstücks eine grüne Freifläche vorgesehen. Dabei handelt es sich indes nur um eine interne Richtlinie für den Gemeinderat bei Entschließungen über das Einvernehmen der Gemeinde, nicht um eine verbindliche Regelung. Die von der Geschädigten ins Auge gefaßte Bebauung war zweifelhaft, aber nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. auch BGH GA 1965, 208).
Als Geschäftsführerin einer Bauträgergesellschaft übte die Geschädigte, worauf die Revision hinweist, eine Tätigkeit aus, für die sie gemäß § 34c Abs. 1 der Gewerbeordnung der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurfte. Von ihr war also eine besondere Sachkunde im Immobiliengeschäft zu erwarten. Es kommt hinzu, daß sie das Anwesen besichtigt hatte, die tatsächlichen Verhältnisse mithin kannte und daß sie es offen übernommen hatte, sich bei der Gemeinde noch über das Maß der möglichen Bebauung zu erkundigen. Obwohl es ihr nicht gelungen war, diese Auskunft einzuholen, schloß sie in Anwesenheit des früheren Mitangeklagten (das gegen diesen gerichtete Verfahren ist gemäß § 153a StPO eingestellt worden) den notariell beurkundeten Kaufvertrag mit dem Angeklagten.
Bei dieser Sachlage kann die Verurteilung des Angeklagten nicht bestehen bleiben.
2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO; vgl. BGH wistra 2000, 257, 258). Es liegt nahe, daß in einer erneuten Hauptver-
handlung Tatsachen festgestellt werden, die eine Verurteilung des Angeklagten zu tragen vermögen.
Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, daß der Angeklagte den hinteren Teil des Anwesens "als Bauland zum entsprechenden Preis verkaufte" und daß der Vertrag "nach dem Willen aller" den Baulandpreis für das gesamte Grundstück enthielt. Angesprochen wird auch eine Verhandlung, bei welcher "bei der Geschädigten mangels eingeholter Auskunft der Gemeinde noch bestehende Zweifel über das Maß der möglichen Bebauung" in Anwesenheit des Angeklagten und eines Beraters zerstreut wurden. All dies gibt Anlaß, in der neuen Verhandlung zu prüfen, ob der Angeklagte ausdrücklich oder zumindest durch schlüssiges Verhalten und damit a k t i v die Geschädigte über die Bebaubarkeit des Anwesens getäuscht hat (zur Abgrenzung von Tun und Unterlassen vgl. Jescheck in LK 11. Aufl. vor § 13 Rdn. 90). Für die vom Landgericht vorgenommenen Wahrunterstellungen wird dabei kaum Raum sein. Bei der neuen Entscheidung wird es sich auch empfehlen, den wesentlichen Inhalt des notariellen Kaufvertrags mitzuteilen und dessen Zweck zu erläutern.
An der Erfüllung des Betrugstatbestands ändert sich im übrigen nichts dadurch , daß die Geschädigte bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Täuschung hätte erkennen können (BGHSt 34, 199, 201).
Schäfer Granderath Nack Wahl Boetticher

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

19
b) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat bei dem Angeklagten zu Recht eine Garantenstellung bejaht.
19
aa) Begehen durch Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Während bei den Begehungsdelikten die objektive Zurechnung auf der Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht , reicht bei den unechten Unterlassungsdelikten die Tatsache, dass eine mögliche Handlung den Erfolg verhindert hätte, nicht aus, um die Beeinträchtigung des Rechtsguts jedem Handlungsfähigen als von ihm zu verantwortendes Unrecht zur Last legen zu können. Vielmehr muss ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (BGH, Urteile vom 25. Juli 2000 – 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013, 3014, und vom 10. Juli 2012 – VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26, 33; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., S. 620; SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 13 Rn. 15, 18).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 523/15
vom
4. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verdachts des Betruges
ECLI:DE:BGH:2016:040816U4STR523.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 23. Juni 2016 in der Sitzung am 4. August 2016, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer, Bender als beisitzende Richter, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -, Staatsanwalt - bei der Verkündung - als Vertreter des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten B. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten A. , Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. April 2015 in den Fällen II. 10 – 15 der Urteilsgründe mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die nach teilweiser Rücknahme der Revisionen verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Soweit die Revisionen der Staatsanwaltschaft zurückgenommen worden sind, trägt die Staatskasse die Kosten der Rechtsmittel und die notwendigen Auslagen der Angeklagten.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in 15 Fällen, des Bankrotts in zwei Fällen sowie der Verletzung der Buchführungspflicht freigesprochen und von einer Entscheidung über Adhäsionsanträge abgesehen.
2
Nach teilweiser Rücknahme der zunächst umfassend eingelegten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft noch gegen die Freisprüche vom Vorwurf des Betruges in den Fällen II. 10 – 15 der Urteilsgründe (Vorstellungsgespräche und Vertragsschlüsse ab November 2006) Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.

I.


3
1. Mit den unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklagen wurde dem Angeklagten B. als Hauptgesellschafter und Geschäftsführer und dem Angeklagten A. als sogenanntem Chief Financial Officer der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH u. a. zur Last gelegt, bei der Anwerbung neuer Partner diese über eine bestehende Liquiditätskrise und drohende Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft getäuscht bzw. diesen Umstand bewusst verschwiegen zu haben. Den neuen Partnern sei durch die vertragsgemäße Zahlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von jeweils 50.000 €eine schadensgleiche Vermögensgefährdung entstanden , die sich infolge der anschließenden Insolvenz der Gesellschaft in einem Vermögensschaden konkretisiert habe.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte B. erwarb 2003 die Geschäftsanteile der B.
5
GmbH und bestellte sich zum Geschäftsführer. Ab dem 22. Januar 2004 firmierte die Gesellschaft unter E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. In der Folgezeit wurden nach und nach bundesweit 34 Niederlassungen mit einem einheitlichen Erscheinungsbild eröffnet. In den Niederlassungen waren jeweils mindestens drei Rechtsanwälte tätig. Der Angeklagte A. war Mitentwickler des Firmenkonzepts und für die ökonomische Planung , das Marketing sowie die Expansion der Gesellschaft verantwortlich. Mit den für sie arbeitenden Rechtsanwälten schloss die Gesellschaft „Partnerschaftsverträge“ , in denen sich der neue Partner jeweils verpflichtete, der Gesellschaft ein gegenüber außenstehenden Gesellschaftsgläubigern nachrangiges Gesellschafterdarlehen – wie es im Vertrag heißt: kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen – in Höhe von 50.000 € zur Verfügung zu stellen. Die Partner waren berechtigt, Entnahmen von bis zu 1.667,67 € monatlich aus dem Gesellschafterdarlehen zu tätigen, solange sie geringere Honorarprovisionen erwirtschafteten. Die Rechtsanwaltsgesellschaft stellte ihrerseits dem Partner eingerichtete Büroräumlichkeiten und eine zentralisierte Verwaltungs - und Mahnabteilung zur Verfügung.
6
Bewerber, die an einer Partnerschaft interessiert waren, erhielten eine Broschüre, in der u.a. darauf hingewiesen wurde, dass es sich um ein echtes unternehmerisches Engagement handele, was die Gefahr eines unternehmerischen Scheiterns und eines Verlustes der an die Gesellschaft erbrachten Leistungen beinhalte. Mit den Interessenten wurden Vorstellungsgespräche geführt, regelmäßig vom Angeklagten A. , der Angeklagte B. kam zumeist später hinzu. Im Rahmen der Vorstellungsgespräche wurde die wirtschaftliche Situation der Rechtsanwaltsgesellschaft in allgemeiner Form positiv dargestellt.
7
Anfang 2006 geriet die Gesellschaft in Liquiditätsprobleme. Im März 2006 wurde den Partnern mitgeteilt, dass eine Auszahlung der Gewinne aus dem Vorjahr für die Gesellschaft nicht tragbar sei; die Auszahlung der Honorare für den laufenden Monat werde sich ähnlich wie bereits im Februar verzögern. Im April 2006 erhöhte die Sparkasse D. die Kreditlinie der Gesellschaft auf insgesamt 400.000 €. Im Juni 2006 erstattete eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Gutachten, wonach im September 2006 eine Überschreitung dieser Kreditlinie zu erwarten sei, und schlug Maßnahmen zur Verbesserung des Liquiditätszuflusses vor. Im September 2006 erhielt die Gesellschaft von der Sparkasse D. zur Stabilisierung der Liquiditätslage zwei weitere Darlehen über insgesamt 500.000 €; für eines der Dar- lehen in Höhe von 250.000 € verbürgte sich der Angeklagte B. .
8
Am 29. November 2006 gingen beim Amtsgericht Dortmund Insolvenzanträge eines Partners ein, die später jedoch nicht weiterverfolgt wurden. Im Frühjahr 2007 wurde eine andere Unternehmensberatung beauftragt, der Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Bewältigung der angespannten Liquiditätssituation beratend zur Seite zu stehen und – aufgrund der Dringlichkeit der Situation – ein Unternehmenskonzept zu erstellen. Ab dem 19. April 2007 gingen beim Amtsgericht Dortmund weitere Insolvenzanträge ein, u. a. am 26. Juni 2007 der Insolvenzantrag des Angeklagten B. . Es eröffnete mit Beschluss vom 1. September 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Rechtsanwaltsgesellschaft.
9
3. Das Landgericht hat die Angeklagten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen freigesprochen. Eine ausdrückliche Täuschung über die finanzielle Situation der Rechtsanwaltsgesellschaft habe nicht festgestellt werden können. Auch liege in keinem der Fälle eine konkludente Täuschung vor. Soweit die Rechtsanwaltsgesellschaft in den Bewerbungsgesprächen als gut gehendes, in schnellem Wachstum befindliches Unternehmen mit guten Zukunftsperspektiven bezeichnet worden sei, sei dies aus dem Empfängerhorizont der juristisch vorgebildeten Bewerber nicht dahin zu verstehen gewesen , dass eine tatsächlich in dieser Form nicht bestehende wirtschaftliche Lage der Rechtsanwaltsgesellschaft konkludent miterklärt worden sei. Den Bewerbern hätte als Volljuristen das wirtschaftliche Risiko der unternehmerischen Beteiligung bekannt sein müssen.
10
Auch eine Täuschung durch Unterlassen komme nicht in Betracht, da keine Pflicht zur Aufklärung über die bestehenden Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft bestanden habe. Die Anbahnung und der Abschluss eines Austauschvertrages begründeten in der Regel keine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die in die Risikosphäre eines Partners fielen. Aufklärungspflichten, die sich aus dem Vertrag als Nebenpflicht ergäben, setzten ein besonderes Vertrauensverhältnis voraus. Hier hätten die Bewerber das unternehmerische Risiko gekannt. Eine Verbindung, die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruhe und nach der Rechtsprechung zu besonderen Offenbarungspflichten führen könne, betreffe in erster Linie langjährige Geschäftsbeziehungen. Eine solche Sachlage sei hier ersichtlich nicht gegeben. Ferner fehle es am Vorsatz. Angesichts der „positiven Beglei- tung“ durch die Sparkasse D. und den von Wirtschaftsprüfungs- bzw. Unternehmensberatungsgesellschaften in Aussicht gestellten günstigen Fort- führungsprognosen hätten die Angeklagten die zweifelsohne bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten als nur vorübergehend beurteilen dürfen.

II.


11
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen im verbleibenden Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Urteils. Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf des Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
1. Soweit das Landgericht keine ausdrücklichen Täuschungshandlungen festzustellen vermocht hat, zeigen die Revisionen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Die Einwendungen der Revisionen gegen die Beweiswürdigung greifen hinsichtlich des Ablaufs der Bewerbungsgespräche nicht durch.
13
2. Demgegenüber begegnen die Ausführungen des Landgerichts jedenfalls zur Täuschung durch Unterlassen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
Sie lassen besorgen, dass das Landgericht bei der Beurteilung der Frage, ob das Verhalten der Angeklagten bei Anbahnung oder Abschluss der Verträge mit den Bewerbern als Betrug durch Unterlassen zu qualifizieren ist, einen zu engen rechtlichen Maßstab angelegt und deshalb nur lückenhafte Feststellungen getroffen hat, die es zudem fehlerhaft gewürdigt hat.
15
a) Das Landgericht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage des Betrugs durch Unterlassen bei Vertragsverhältnissen an sich zutreffend mitgeteilt. Danach ist der Vertragspartner zwar im Allgemeinen nicht ohne weiteres verpflichtet, bei Vertragsschluss unaufgefordert alle für den anderen Teil irgendwie erheblichen Tatsachen zu offenbaren. Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung jedoch außer bei bestehenden Vertrauensverhältnissen auch für die Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtigen Umstände gebieten (vgl. RGSt 70, 151, 155 ff.; BGH, Beschluss vom 22. März 1988 – 1 StR 106/88, wistra 1988, 262, 263; Urteile vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 399 und vom 15. Juni1966 – 4 StR 162/66, GA 1967, 94 mwN; Beschlüsse vom 8. November 2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 203 und vom 2. Februar 2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502). Ein solcher Fall kann nach der jüngeren Rechtsprechung etwa auch bei Vorliegen „besonderer Umstände im zwischen- menschlichen Bereich“ gegeben sein (BGH, Urteil vom 16. November 1993 aaO S. 401).
16
Soweit das Landgericht die „Partnerschaftsverträge“ schlichten Austauschverträgen gleichsetzt und ein wissensmäßiges Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Bewerbern und den Angeklagten verneint, wird es diesem rechtlichen Ansatz nicht gerecht.
17
Das Landgericht lässt bereits nähere Feststellungen zur Ausgestaltung der „Partnerschaftsverträge“ vermissen, so dass der Senat die Annahme , es lägen schlichte Austauschverträge vor, nicht überprüfen kann. Da nach den Urteilsfeststellungen die Rechtsanwälte nicht als Angestellte für die E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig wurden und eine Rechtsanwaltsgesellschaft sich nicht an Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung beteiligen darf (§ 59c Abs. 2 BRAO), liegt es nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht fern, dass die Bewerber Gesellschafter der Rechtsanwaltsgesellschaft werden sollten, wofür auch die Bezeichnung der Einlagen als Gesellschafterdarlehen spricht. Strebten die Bewerber aber die Beteiligung an der Rechtsanwaltsgesellschaft als Gesellschafter an, wäre die Einordnung der geschlossenen Verträge als reine Austauschverträge unter Beteiligten mit gleichem Wissensstand nicht gerechtfertigt. In diesem Falle griffe auch die Argumentation des Landgerichts, eine langjährige Geschäftsbeziehung sei hier ersichtlich nicht gegeben, zu kurz. Sie lässt darüber hinaus außer Acht, dass die Aufklärungspflicht auch bei der Anbahnung besonderer Verbindungen besteht. Eine solche besondere Verbindung , die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruht und auf langjährige Zusammenarbeit angelegt ist, liegt im Regelfall nahe unter den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und erst recht unter den Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die sich in dieser Form zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben. Für die besondere Personenbezogenheit der Verträge spricht im vorliegenden Fall, dass die Partner aus ihrem eigenen Darlehen bezahlt werden sollten, soweit sie keine hinreichenden Honoraransprüche erwirtschafteten, die Darlehen mithin auch der Sicherung ihres eigenen Lebensunterhalts dienten.
18
Das Landgericht hätte deshalb zur Ausgestaltung der mit den Bewerbern geschlossenen Verträge nähere Feststellungen treffen, sich zu deren Auslegung und rechtlichen Einordnung verhalten und sich sodann unter Zu- grundelegung des gefundenen Ergebnisses mit einer möglichen Aufklärungspflicht auseinandersetzen müssen.
19
b) Ausgehend von seinem fehlerhaft verkürzten rechtlichen Ansatz hat das Landgericht auch keine hinreichenden Feststellungen zur wirtschaftlichen Lage der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im noch verfahrensgegenständlichen konkreten Tatzeitraum ab November 2006 getroffen. Sollte ein Liquiditätsengpass im Tatzeitraum dazu geführt haben, dass die fristgemäße Auszahlung der erwirtschafteten Honoraransprüche und die Entnahmen der künftigen Partner aus dem zu gewährenden nachrangigen Gesellschafterdarlehen nicht sicher waren, wäre darin ein aufklärungspflichtiger Umstand zu sehen, da damit für die neuen Partner der – dann verfolgte – Vertragszweck,den eigenen Lebensunterhalt zu erwirt- schaften, nachhaltig gefährdet gewesen wäre. Aus den Feststellungen lässt sich zur wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft lediglich entnehmen, dass es im Februar/März 2006 zur Verzögerung der Auszahlung der Honoraransprüche gekommen ist und auch die Auszahlung der Gewinnanteile aus 2005 nicht möglich war. Ob sich die wirtschaftliche Lage danach bis zum Tatzeitraum wieder verbessert oder verschlechtert hat, ist nicht festgestellt. Die günstige Fortführungsprognose der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. AG vom 30. Juni 2006 lässt keinen Schluss auf eine Verbesserung zu, denn sie stand unter dem Vorbehalt der Durchführung verschiedener Maßnahmen zur Liquiditätssteigerung, die von der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH offenbar nicht konsequent umgesetzt worden sind (UA 30). Auch die Unternehmensberatung R. AG hielt im April 2007 zur finanziellen Stabilisierung der Gesellschaft u. a. einen Mehrum- satz von 2.500 €/Monat je Partner für erforderlich. Mit der Frage, inwieweit die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt realistisch war, befasst sich das Urteil jedoch nicht. Bereits am 26. Juni 2007 stellte der Angeklagte B. selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Weshalb sich die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Rechtsanwaltsgesellschaft aus Sicht des Angeklagten in einem so kurzen Zeitraum so maßgeblich verschlechtert hatte, lassen die Urteilsgründe offen.
20
3. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die Hilfserwägung des Landgerichts, den Angeklagten fehle jedenfalls der erforderliche Betrugsvorsatz, erweist sich aus den vorstehenden nämlichen Gründen als nicht tragfähig.
21
4. Sollten im Tatzeitraum die fristgemäße Auszahlung der erwirtschafteten Honoraransprüche und der vertraglich vereinbarten Entnahme aus dem Gesellschafterdarlehen nicht gesichert gewesen sein, könnte, sofern dieser Umstand bei den Bewerbungsgesprächen nicht offenbart, aber die günstigen Aussichten der Gesellschaft hervorgehoben wurden, auch eine konkludente Täuschung der Bewerber vorliegen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 523/15
vom
4. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verdachts des Betruges
ECLI:DE:BGH:2016:040816U4STR523.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 23. Juni 2016 in der Sitzung am 4. August 2016, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer, Bender als beisitzende Richter, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -, Staatsanwalt - bei der Verkündung - als Vertreter des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten B. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten A. , Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. April 2015 in den Fällen II. 10 – 15 der Urteilsgründe mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die nach teilweiser Rücknahme der Revisionen verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Soweit die Revisionen der Staatsanwaltschaft zurückgenommen worden sind, trägt die Staatskasse die Kosten der Rechtsmittel und die notwendigen Auslagen der Angeklagten.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in 15 Fällen, des Bankrotts in zwei Fällen sowie der Verletzung der Buchführungspflicht freigesprochen und von einer Entscheidung über Adhäsionsanträge abgesehen.
2
Nach teilweiser Rücknahme der zunächst umfassend eingelegten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft noch gegen die Freisprüche vom Vorwurf des Betruges in den Fällen II. 10 – 15 der Urteilsgründe (Vorstellungsgespräche und Vertragsschlüsse ab November 2006) Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.

I.


3
1. Mit den unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklagen wurde dem Angeklagten B. als Hauptgesellschafter und Geschäftsführer und dem Angeklagten A. als sogenanntem Chief Financial Officer der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH u. a. zur Last gelegt, bei der Anwerbung neuer Partner diese über eine bestehende Liquiditätskrise und drohende Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft getäuscht bzw. diesen Umstand bewusst verschwiegen zu haben. Den neuen Partnern sei durch die vertragsgemäße Zahlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von jeweils 50.000 €eine schadensgleiche Vermögensgefährdung entstanden , die sich infolge der anschließenden Insolvenz der Gesellschaft in einem Vermögensschaden konkretisiert habe.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte B. erwarb 2003 die Geschäftsanteile der B.
5
GmbH und bestellte sich zum Geschäftsführer. Ab dem 22. Januar 2004 firmierte die Gesellschaft unter E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. In der Folgezeit wurden nach und nach bundesweit 34 Niederlassungen mit einem einheitlichen Erscheinungsbild eröffnet. In den Niederlassungen waren jeweils mindestens drei Rechtsanwälte tätig. Der Angeklagte A. war Mitentwickler des Firmenkonzepts und für die ökonomische Planung , das Marketing sowie die Expansion der Gesellschaft verantwortlich. Mit den für sie arbeitenden Rechtsanwälten schloss die Gesellschaft „Partnerschaftsverträge“ , in denen sich der neue Partner jeweils verpflichtete, der Gesellschaft ein gegenüber außenstehenden Gesellschaftsgläubigern nachrangiges Gesellschafterdarlehen – wie es im Vertrag heißt: kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen – in Höhe von 50.000 € zur Verfügung zu stellen. Die Partner waren berechtigt, Entnahmen von bis zu 1.667,67 € monatlich aus dem Gesellschafterdarlehen zu tätigen, solange sie geringere Honorarprovisionen erwirtschafteten. Die Rechtsanwaltsgesellschaft stellte ihrerseits dem Partner eingerichtete Büroräumlichkeiten und eine zentralisierte Verwaltungs - und Mahnabteilung zur Verfügung.
6
Bewerber, die an einer Partnerschaft interessiert waren, erhielten eine Broschüre, in der u.a. darauf hingewiesen wurde, dass es sich um ein echtes unternehmerisches Engagement handele, was die Gefahr eines unternehmerischen Scheiterns und eines Verlustes der an die Gesellschaft erbrachten Leistungen beinhalte. Mit den Interessenten wurden Vorstellungsgespräche geführt, regelmäßig vom Angeklagten A. , der Angeklagte B. kam zumeist später hinzu. Im Rahmen der Vorstellungsgespräche wurde die wirtschaftliche Situation der Rechtsanwaltsgesellschaft in allgemeiner Form positiv dargestellt.
7
Anfang 2006 geriet die Gesellschaft in Liquiditätsprobleme. Im März 2006 wurde den Partnern mitgeteilt, dass eine Auszahlung der Gewinne aus dem Vorjahr für die Gesellschaft nicht tragbar sei; die Auszahlung der Honorare für den laufenden Monat werde sich ähnlich wie bereits im Februar verzögern. Im April 2006 erhöhte die Sparkasse D. die Kreditlinie der Gesellschaft auf insgesamt 400.000 €. Im Juni 2006 erstattete eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Gutachten, wonach im September 2006 eine Überschreitung dieser Kreditlinie zu erwarten sei, und schlug Maßnahmen zur Verbesserung des Liquiditätszuflusses vor. Im September 2006 erhielt die Gesellschaft von der Sparkasse D. zur Stabilisierung der Liquiditätslage zwei weitere Darlehen über insgesamt 500.000 €; für eines der Dar- lehen in Höhe von 250.000 € verbürgte sich der Angeklagte B. .
8
Am 29. November 2006 gingen beim Amtsgericht Dortmund Insolvenzanträge eines Partners ein, die später jedoch nicht weiterverfolgt wurden. Im Frühjahr 2007 wurde eine andere Unternehmensberatung beauftragt, der Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Bewältigung der angespannten Liquiditätssituation beratend zur Seite zu stehen und – aufgrund der Dringlichkeit der Situation – ein Unternehmenskonzept zu erstellen. Ab dem 19. April 2007 gingen beim Amtsgericht Dortmund weitere Insolvenzanträge ein, u. a. am 26. Juni 2007 der Insolvenzantrag des Angeklagten B. . Es eröffnete mit Beschluss vom 1. September 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Rechtsanwaltsgesellschaft.
9
3. Das Landgericht hat die Angeklagten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen freigesprochen. Eine ausdrückliche Täuschung über die finanzielle Situation der Rechtsanwaltsgesellschaft habe nicht festgestellt werden können. Auch liege in keinem der Fälle eine konkludente Täuschung vor. Soweit die Rechtsanwaltsgesellschaft in den Bewerbungsgesprächen als gut gehendes, in schnellem Wachstum befindliches Unternehmen mit guten Zukunftsperspektiven bezeichnet worden sei, sei dies aus dem Empfängerhorizont der juristisch vorgebildeten Bewerber nicht dahin zu verstehen gewesen , dass eine tatsächlich in dieser Form nicht bestehende wirtschaftliche Lage der Rechtsanwaltsgesellschaft konkludent miterklärt worden sei. Den Bewerbern hätte als Volljuristen das wirtschaftliche Risiko der unternehmerischen Beteiligung bekannt sein müssen.
10
Auch eine Täuschung durch Unterlassen komme nicht in Betracht, da keine Pflicht zur Aufklärung über die bestehenden Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft bestanden habe. Die Anbahnung und der Abschluss eines Austauschvertrages begründeten in der Regel keine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die in die Risikosphäre eines Partners fielen. Aufklärungspflichten, die sich aus dem Vertrag als Nebenpflicht ergäben, setzten ein besonderes Vertrauensverhältnis voraus. Hier hätten die Bewerber das unternehmerische Risiko gekannt. Eine Verbindung, die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruhe und nach der Rechtsprechung zu besonderen Offenbarungspflichten führen könne, betreffe in erster Linie langjährige Geschäftsbeziehungen. Eine solche Sachlage sei hier ersichtlich nicht gegeben. Ferner fehle es am Vorsatz. Angesichts der „positiven Beglei- tung“ durch die Sparkasse D. und den von Wirtschaftsprüfungs- bzw. Unternehmensberatungsgesellschaften in Aussicht gestellten günstigen Fort- führungsprognosen hätten die Angeklagten die zweifelsohne bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten als nur vorübergehend beurteilen dürfen.

II.


11
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen im verbleibenden Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Urteils. Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf des Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
1. Soweit das Landgericht keine ausdrücklichen Täuschungshandlungen festzustellen vermocht hat, zeigen die Revisionen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Die Einwendungen der Revisionen gegen die Beweiswürdigung greifen hinsichtlich des Ablaufs der Bewerbungsgespräche nicht durch.
13
2. Demgegenüber begegnen die Ausführungen des Landgerichts jedenfalls zur Täuschung durch Unterlassen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
Sie lassen besorgen, dass das Landgericht bei der Beurteilung der Frage, ob das Verhalten der Angeklagten bei Anbahnung oder Abschluss der Verträge mit den Bewerbern als Betrug durch Unterlassen zu qualifizieren ist, einen zu engen rechtlichen Maßstab angelegt und deshalb nur lückenhafte Feststellungen getroffen hat, die es zudem fehlerhaft gewürdigt hat.
15
a) Das Landgericht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage des Betrugs durch Unterlassen bei Vertragsverhältnissen an sich zutreffend mitgeteilt. Danach ist der Vertragspartner zwar im Allgemeinen nicht ohne weiteres verpflichtet, bei Vertragsschluss unaufgefordert alle für den anderen Teil irgendwie erheblichen Tatsachen zu offenbaren. Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung jedoch außer bei bestehenden Vertrauensverhältnissen auch für die Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtigen Umstände gebieten (vgl. RGSt 70, 151, 155 ff.; BGH, Beschluss vom 22. März 1988 – 1 StR 106/88, wistra 1988, 262, 263; Urteile vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 399 und vom 15. Juni1966 – 4 StR 162/66, GA 1967, 94 mwN; Beschlüsse vom 8. November 2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 203 und vom 2. Februar 2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502). Ein solcher Fall kann nach der jüngeren Rechtsprechung etwa auch bei Vorliegen „besonderer Umstände im zwischen- menschlichen Bereich“ gegeben sein (BGH, Urteil vom 16. November 1993 aaO S. 401).
16
Soweit das Landgericht die „Partnerschaftsverträge“ schlichten Austauschverträgen gleichsetzt und ein wissensmäßiges Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Bewerbern und den Angeklagten verneint, wird es diesem rechtlichen Ansatz nicht gerecht.
17
Das Landgericht lässt bereits nähere Feststellungen zur Ausgestaltung der „Partnerschaftsverträge“ vermissen, so dass der Senat die Annahme , es lägen schlichte Austauschverträge vor, nicht überprüfen kann. Da nach den Urteilsfeststellungen die Rechtsanwälte nicht als Angestellte für die E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig wurden und eine Rechtsanwaltsgesellschaft sich nicht an Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung beteiligen darf (§ 59c Abs. 2 BRAO), liegt es nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht fern, dass die Bewerber Gesellschafter der Rechtsanwaltsgesellschaft werden sollten, wofür auch die Bezeichnung der Einlagen als Gesellschafterdarlehen spricht. Strebten die Bewerber aber die Beteiligung an der Rechtsanwaltsgesellschaft als Gesellschafter an, wäre die Einordnung der geschlossenen Verträge als reine Austauschverträge unter Beteiligten mit gleichem Wissensstand nicht gerechtfertigt. In diesem Falle griffe auch die Argumentation des Landgerichts, eine langjährige Geschäftsbeziehung sei hier ersichtlich nicht gegeben, zu kurz. Sie lässt darüber hinaus außer Acht, dass die Aufklärungspflicht auch bei der Anbahnung besonderer Verbindungen besteht. Eine solche besondere Verbindung , die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruht und auf langjährige Zusammenarbeit angelegt ist, liegt im Regelfall nahe unter den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und erst recht unter den Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die sich in dieser Form zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben. Für die besondere Personenbezogenheit der Verträge spricht im vorliegenden Fall, dass die Partner aus ihrem eigenen Darlehen bezahlt werden sollten, soweit sie keine hinreichenden Honoraransprüche erwirtschafteten, die Darlehen mithin auch der Sicherung ihres eigenen Lebensunterhalts dienten.
18
Das Landgericht hätte deshalb zur Ausgestaltung der mit den Bewerbern geschlossenen Verträge nähere Feststellungen treffen, sich zu deren Auslegung und rechtlichen Einordnung verhalten und sich sodann unter Zu- grundelegung des gefundenen Ergebnisses mit einer möglichen Aufklärungspflicht auseinandersetzen müssen.
19
b) Ausgehend von seinem fehlerhaft verkürzten rechtlichen Ansatz hat das Landgericht auch keine hinreichenden Feststellungen zur wirtschaftlichen Lage der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im noch verfahrensgegenständlichen konkreten Tatzeitraum ab November 2006 getroffen. Sollte ein Liquiditätsengpass im Tatzeitraum dazu geführt haben, dass die fristgemäße Auszahlung der erwirtschafteten Honoraransprüche und die Entnahmen der künftigen Partner aus dem zu gewährenden nachrangigen Gesellschafterdarlehen nicht sicher waren, wäre darin ein aufklärungspflichtiger Umstand zu sehen, da damit für die neuen Partner der – dann verfolgte – Vertragszweck,den eigenen Lebensunterhalt zu erwirt- schaften, nachhaltig gefährdet gewesen wäre. Aus den Feststellungen lässt sich zur wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft lediglich entnehmen, dass es im Februar/März 2006 zur Verzögerung der Auszahlung der Honoraransprüche gekommen ist und auch die Auszahlung der Gewinnanteile aus 2005 nicht möglich war. Ob sich die wirtschaftliche Lage danach bis zum Tatzeitraum wieder verbessert oder verschlechtert hat, ist nicht festgestellt. Die günstige Fortführungsprognose der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. AG vom 30. Juni 2006 lässt keinen Schluss auf eine Verbesserung zu, denn sie stand unter dem Vorbehalt der Durchführung verschiedener Maßnahmen zur Liquiditätssteigerung, die von der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH offenbar nicht konsequent umgesetzt worden sind (UA 30). Auch die Unternehmensberatung R. AG hielt im April 2007 zur finanziellen Stabilisierung der Gesellschaft u. a. einen Mehrum- satz von 2.500 €/Monat je Partner für erforderlich. Mit der Frage, inwieweit die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt realistisch war, befasst sich das Urteil jedoch nicht. Bereits am 26. Juni 2007 stellte der Angeklagte B. selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Weshalb sich die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Rechtsanwaltsgesellschaft aus Sicht des Angeklagten in einem so kurzen Zeitraum so maßgeblich verschlechtert hatte, lassen die Urteilsgründe offen.
20
3. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die Hilfserwägung des Landgerichts, den Angeklagten fehle jedenfalls der erforderliche Betrugsvorsatz, erweist sich aus den vorstehenden nämlichen Gründen als nicht tragfähig.
21
4. Sollten im Tatzeitraum die fristgemäße Auszahlung der erwirtschafteten Honoraransprüche und der vertraglich vereinbarten Entnahme aus dem Gesellschafterdarlehen nicht gesichert gewesen sein, könnte, sofern dieser Umstand bei den Bewerbungsgesprächen nicht offenbart, aber die günstigen Aussichten der Gesellschaft hervorgehoben wurden, auch eine konkludente Täuschung der Bewerber vorliegen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 19/11 Verkündet am:
9. Mai 2012
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die
Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai
2012

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat, vom 21. Dezember 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, welche Verbraucher- und Lebensmittelsupermärkte betreibt, fordert eine Versicherungsleistung in Höhe von 500.000 € aus einer Vertrauensschadenversicherung, der Allgemeine Bedingungen der Beklagten (zuletzt AVB-Vertrauensschaden 2006, im Folgenden AVB) zugrunde liegen. Der Versicherungsschutz des bereits seit 1999 bestehenden Versicherungsverhältnisses wurde beginnend ab dem 1. Januar 2006 gemäß § 2 1. e) AVB auf Schäden erweitert, "die dem Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Versicherungsvertrages als Täuschungsschäden von außenstehenden Dritten durch jede Form von Betrug, Urkundenfälschung oder Urkundenunterdrückung in der Absicht , sich selbst oder einen Dritten rechtswidrig zu berei- chern, zugefügt werden …"
2
Für solche während eines Versicherungsjahres entdeckte Schäden ist der Versicherungsschutz gemäß § 10 Nr. 4 AVB auf insgesamt höchstens 1.000.000 € begrenzt; im Versicherungsschein ist eine Selbstbeteiligung der Klägerin in Höhe von 500.000 € vereinbart
3
Seit Ende 1986 hatte die Klägerin die Bargeldentsorgung ihrer Filialen von Unternehmen der mit Geld- und Werttransporten befassten HEROS-Gruppe durchführen lassen. Diese hatten es übernommen, Geld bei den Filialen der Klägerin abzuholen, auszuzählen und auf ein von der Klägerin benanntes Kontos einzuzahlen. Ihrer Verpflichtung kamen die HEROS-Unternehmen seit Mitte der 1990er Jahre wegen beginnender finanzieller Schwierigkeiten nur noch eingeschränkt nach. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, wurden zunehmend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offen stehender Forderungen, zuletzt auch für Privatentnahmen der HEROS-Verantwortlichen, verwendet. Der Ausgleich für die dadurch zunächst geschädigten Auftraggeber erfolgte zeitverzögert durch entsprechende Zugriffe auf spätere Geldtransporte, so dass die Auskehrung der Gelder sich zwar - meist nur um einen Tag - verzögerte, die Fehlbeträge im Übrigen aber lange Zeit nicht auffielen. Daraus entwickelte sich eine vielfach als "Schneeballsystem" bezeichnete Dynamik wachsender Finanzierungslücken (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 25. Mai 2011 - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918).
4
Im Februar 2006 kam es zum Zusammenbruch der HEROS-Gruppe und zur Verhaftung ihrer führenden Mitarbeiter. Im nachfolgenden Strafverfahren wurde der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der HEROS-Unternehmen vom Landgericht Hildesheim mit Urteil vom 23. Mai 2007 wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Auch drei weitere leitende HEROS-Verantwortliche erhielten hohe Haftstrafen. Das Urteil ist rechtskräftig (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427).
5
Zahlreiche Auftraggeber erlitten im Zuge des Zusammenbruchs der HEROS-Gruppe Verluste. Bei der Klägerin wurden die zuletzt am 17. und 18. Februar 2006 von HEROS-Mitarbeitern abgeholten Filialeinnahmen von 3.001.860 € und 3.260.250 € nicht mehr dem vorgesehenen Konto gutgebracht. Nach späteren Zahlungen des Insolvenzverwalters der HEROS-Gruppe in Höhe von 3.317.619,97 € verblieb ein Schaden von 2.944.490,03 €.
6
Erstmals mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 forderte die Klägerin eine Versicherungsleistung von der Beklagten. Diese hält sich für leistungsfrei, weil ein bedingungsgemäßer Betrugsschaden nicht vorliege , die Klägerin den Schaden entgegen § 12 1. AVB nicht unverzüglich angezeigt und im Übrigen durch ihre Mitarbeiter grob fahrlässig mitverursacht habe; schließlich sei jedenfalls Verjährung eingetreten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht meint, auch wenn die Untreue, wegen der die Verantwortlichen der HEROS-Gruppe strafrechtlich verurteilt worden sind, nicht als Betrugshandlung im Sinne von § 2 1. e) AVB gelten könne , komme es darauf im Ergebnis nicht an, weil ein bedingungsgemäßer, durch Betrug verursachter Täuschungsschaden vorliege. Das von der HEROS-Gruppe praktizierte Schneeballsystem habe Täuschungselemente enthalten. Diese seien insbesondere in den zahlreichen Schreiben der zur HEROS-Gruppe gehörenden NordCash Geldbearbeitungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Firma Nordcash) zu finden, welche wiederholt Zahlungsverzögerungen mit wahrheitswidrigen Erklärungen entschuldigt und damit zugleich über die Redlichkeit des Geschäftspartners getäuscht habe. Der so hervorgerufene Irrtum der Klägerin habe zur Fortsetzung ihrer Vertragsbeziehung mit der HEROS-Gruppe geführt. Da das letzte Entschuldigungsschreiben vom 4. Januar 2006 datiere, sei der hier in Rede stehende Schaden durch eine nach dem 1. Januar 2006 verübte Täuschung und mithin in versicherter Zeit herbeigeführt worden. Ein schon vorher einsetzender, gedehnter Versicherungsfall liege nicht vor. Der Verlust der Tageseinnahmen vom 17. und 18. Februar 2006 stelle vielmehr einen neuen Versicherungsfall dar. Ob - was zweifelhaft sei - allein schon in der jeweiligen Abholung des Geldes eine konkludente Täuschungshandlung der HEROS-Verantwortlichen liege, könne dabei offen bleiben.
10
Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beginne gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. erst, wenn die Leistung verlangt werden könne, mithin fällig sei. Das sei nach § 16 AVB erst der Fall, wenn die Leistungspflicht des Versicherers nach Grund und Höhe nachgewiesen sei, was hier nicht vor Abschluss des gegen die HEROSVerantwortlichen gerichteten Strafverfahrens habe angenommen werden können.
11
Eine grob fahrlässige Mitverursachung des Schadens durch Vertrauenspersonen der Klägerin liege nicht vor. Auch die objektive Verletzung der Obliegenheit, den Schaden unverzüglich anzuzeigen (§ 12 1. AVB), führe nicht zur Leistungsfreiheit, weil die Klägerin plausibel dargelegt habe, dass ihr der erstmals zum 1. Januar 2006 erweiterte Versicherungsschutz auf von außenstehenden Dritten verursachte Schäden erst spät bewusst geworden sei. Scheide deshalb die Annahme einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung aus, sei die Beklagte nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. nicht leistungsfrei, weil die verspätete Anzeige keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder des Leistungsumfangs gehabt habe.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
13
Das Berufungsgericht hat der Klägerin die Versicherungsleistung in Höhe von 500.000 € nach § 2 1. e) AVB zu Recht zugesprochen.
14
1. Für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden ist Versicherungsschutz nach § 2 1. e) AVB vereinbart.
15
a) Die Unternehmen der HEROS-Gruppe waren außerhalb des Versicherungsvertrages stehende Dritte. Sie haben der Klägerin mit der nicht ordnungsgemäßen Verbuchung der am 17. und 18. Februar 2006 abgeholten Filialeinnahmen einen Schaden von zunächst 6.262.110 € verursacht, der inzwischen durch Ausgleichszahlungen des HEROSInsolvenzverwalters auf 2.944.490,03 € verringert worden ist.
16
b) Dabei handelt es sich um einen bedingungsgemäßen durch Betrug verursachten Täuschungsschaden. Die Klausel, nach der "jede Form von Betrug" erfasst werden soll, gilt aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der bei Versicherungsverträgen der in Rede stehenden Art geschäftserfahren ist, jedenfalls auch für die in § 263 Abs. 1 StGB definierte Straftat. Ein solcher Betrug liegt hier vor.
17
aa) Die Klägerin ist durch die HEROS-Verantwortlichen getäuscht worden.
18
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, deren Schneeballsystem habe Täuschungselemente enthalten. Wie auch die Revision nicht in Abrede nimmt, bedingte dieses System laufende vertragswidrige Zugriffe auf transportiertes Geld, um auf diese Weise den Ausgleich jeweils zuvor geschaffener Defizite zu ermöglichen. Nur so ließ sich der Geschäftsbetrieb der HEROS-Gruppe aufrechterhalten. Damit Kunden weiterhin bereit waren, dieser große Bargeldmengen zum Transport anzuvertrauen , war es aus Sicht der HEROS-Verantwortlichen unabdingbar , die laufenden Vertragsverstöße vor den Kunden zu verbergen. Das geschah zum einen durch Verschweigen der Geschäftspraktiken, zum anderen durch Beschwichtigung der Kunden, falls deren Misstrauen im Einzelfall durch verzögerte Einzahlungen geweckt zu werden drohte. Beide Verhaltensweisen erfüllen den Tatbestand einer Täuschung im Sinne von § 263 StGB und § 2 1. e) AVB.
19
(1) Schon das Verschweigen des Schneeballsystems stellt eine Täuschung durch Unterlassen dar. Die HEROS-Gruppe traf dabei kraft der vertraglich übernommenen besonderen Vertrauensstellung eine Garantenpflicht , der zufolge sie offenlegen musste, dass transportiertes Geld anders verbucht wurde als vertraglich geschuldet.
20
Ein Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und die Untätigkeit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch aktives Tun entspricht. Für die objektive Zurechnung reicht es nicht aus, dass eine mögliche Handlung diesen Erfolg verhindert hätte. Vielmehr setzt die Gleichstellung des Unterlassens mit aktivem Handeln weiter voraus , dass der Täter als "Garant" für die Abwendung des strafbewehrten Erfolgs einzustehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00, wistra 2000, 419 unter II 1).
21
Zur Ermittlung einer solchen Garantenstellung bedarf es einer Abwägung der Fallumstände unter Berücksichtigung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der Beteiligten. Vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften genügen dafür nicht ohne weiteres (BGH aaO m.w.N.). Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten. Diese können in einem besonderen Vertrauensverhältnis oder einer ständigen Geschäftsverbindung begründet sein.

22
So liegt der Fall hier. Kraft des Transportvertrages hatte es die HEROS-Gruppe übernommen, große Geldmengen für ihre Auftraggeber zu transportieren. Diese Dienste wurden - auch von der Klägerin - gerade zu dem Zweck beansprucht und bezahlt, sich angesichts der mit dem Transport großer Geldsummen einhergehenden Gefahren vor Verlusten zu schützen. Das bedingt ein besonderes Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien , weil die Zusage des Werttransportunternehmens, das Transportgut unter Einsatz besonderer Sachkunde und Mittel vor Verlust zu schützen, ein gesteigertes Vertrauen der Klägerin darauf erforderte und rechtfertigte, dass das Werttransportunternehmen mit dem ihm anvertrauten Geld vereinbarungsgemäß verfuhr. Die Klägerin lief anderenfalls Gefahr, nicht allein die bezahlte Transportleistung, sondern vor allem das ihrem Vertragspartner anvertraute Geld zu verlieren, welches den wirtschaftlichen Wert der vertraglich vereinbarten Dienstleistung regelmäßig um ein Vielfaches überstieg.
23
(2) Zu Recht hat das Berufungsgericht zudem in den zahlreichen Schreiben der Firma Nordcash, die der Vertuschung der wahren Ursachen für Einzahlungsverzögerungen dienten, bedingungsgemäße Täuschungshandlungen gesehen.
24
bb) Die vorgenannten Täuschungen haben bei den zuständigen Mitarbeitern der Klägerin einen Irrtum über die Geschäftspraktiken der HEROS-Gruppe hervorgerufen bzw. aufrechterhalten.
25
cc) In der Übergabe der Filialeinnahmen vom 17. und 18. Februar 2006 an die jeweils mit der Geldentsorgung beauftragten HEROS- Angestellten liegt eine Vermögensverfügung, die das Vermögen der Klägerin i.S. von § 263 Abs. 1 StGB geschädigt hat.
26
Ein solcher Schaden kann auch schon durch die konkrete Gefährdung des Vermögens eintreten, wenn diese nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage bedeutet. Das ist der Fall, wenn die Gefahr des endgültigen Verlustes eines Vermögensbestandteils bereits im Zeitpunkt der Verfügung so groß ist, dass sie eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395; BGH, Urteil vom 5. November 2003 - 1 StR 287/03, NStZ 2004, 264). Eine derartige konkrete Gefährdung wird von der Rechtsprechung jedenfalls dann angenommen, wenn der Betrogene ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 1966 - 2 StR 188/66, BGHSt 21, 112, 113). Dem steht auch nicht die - in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevante (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, wistra 2011, 387 Rn. 7) - neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vermögensnachteil i.S. des § 266 StGB (BVerfGE 126, 170, 205 ff.) entgegen, soweit sich der Gefährdungsschaden hinreichend konkret beziffern lässt (BVerfG aaO 211 f.).
27
Das ist hier der Fall. Da das von der HEROS-Gruppe etablierte System der vertragswidrigen Verwendung von transportiertem Geld gerade darauf gerichtet war, Kundengelder nach Bedarf eigenmächtig zu verwenden und zu verschieben, da weiter am 17. und 18. Februar 2006 der wirtschaftliche Zusammenbruch der HEROS-Gruppe infolge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unmittelbar bevorstand, begründete schon die Hingabe des Transportguts für die Klägerin die konkrete Ge- fahr des vollständigen Verlustes. Die späteren Ausgleichszahlungen des Insolvenzverwalters der HEROS-Gruppe konnten lediglich den zuvor schon entstandenen Schaden teilweise ersetzen.
28
dd) Die dargelegten Täuschungen waren ursächlich für die Verfügungen der Klägerinund die daraus folgenden Vermögensgefährdungen. Zu Unrecht meint die Revision, die Verfügungen seien nicht unmittelbare Folge der Täuschungen gewesen. Das wäre nur dann anzunehmen, wenn zwischen Täuschung und Verfügung Umstände getreten wären, die die Annahme rechtfertigten, die Klägerin hätte den HEROS-Unternehmen das Transportgut auch bei Kenntnis des Schneeballsystems anvertraut. Solche Umstände sind nicht ersichtlich, sie werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Es liegt auf der Hand, dass die in der Übergabe von Millionenbeträgen liegenden Vermögensverfügungen unterblieben wären, wenn die für die Transportaufträge zuständigen Mitarbeiter der Klägerin die tatsächliche Handhabung der Einzahlungen durch die HEROS-Unternehmen gekannt hätten. Allein die Tatsache, dass zwischen dem letzten Schreiben der Firma Nordcash vom 4. Januar 2006 und den Geldtransporten vom 17. und 18. Februar 2006 ein Zeitraum von etwa sechs Wochen lag, in dem die Klägerin - möglicherweise auch infolge des seinerzeit noch funktionierenden Schneeballsystems - trotz zahlreicher Transporte keine Schäden bemerkte, lässt die Kausalität der Täuschung für die Vermögensverfügung nicht entfallen.
29
ee) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der subjektive Betrugstatbestand sei erfüllt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
30
(1) Die für den Geschäftsbetrieb der HEROS-Unternehmen Verantwortlichen handelten in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Ver- mögensvorteil zu verschaffen. Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, wurden im Rahmen des Schneeballsystems "frisch" zu Transportzwecken vereinnahmte Gelder regelmäßig dazu genutzt , eigene Verbindlichkeiten der HEROS-Unternehmen zu tilgen und die auf anderen Kundenkonten zuvor verursachten Fehlbeträge auszugleichen. Darin liegt ein rechtswidriger Vermögensvorteil, denn die Transportaufträge berechtigten die HEROS-Gruppe nicht dazu, in dieser Weise mit dem ihr allein zu Transportzwecken anvertrauten Geld zu verfahren.
31
(2) Auch im Übrigen sind die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines Betruges erfüllt. Das Berufungsgericht durfte aus dem objektiven Tatgeschehen folgern, die HEROS-Verantwortlichen hätten gewusst , dass sie das Schneeballsystem vor ihren Auftraggebern verheimlichten. Auch die Annahme, sie seien davon ausgegangen, im Falle einer Offenlegung keine Transportaufträge und mithin kein Transportgeld mehr zu erhalten, und hätten mit ihren Täuschungen die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bezweckt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision darzulegen versucht, insbesondere die Entschuldigungsschreiben der Firma Nordcash hätten ausschließlich dem Zweck gedient, vorangegangene Untreuehandlungen zu verschleiern, zeigt diese revisionsrechtlich unbehelfliche eigene Würdigung der Tatumstände keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf.
32
Soweit die Revision abweichend von den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf verweist, es sei der HEROS-Geschäftsleitung ausweislich der strafrichterlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Hildesheim unmittelbar vor ihrer Festnahme nur noch darum gegangen, das Schneeballsystem zu beenden und nach Möglichkeit mit den letzten Transportgeldern vorwiegend Fehlbeträge bei von Insolvenz bedrohten Kleinkunden auszugleichen, schließt dies einen Betrugsvorsatz nicht aus. Jede eigenmächtige Verteilung anvertrauten Geldes stellt die Nutzung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils dar, mag sie auch von dem behaupteten sozialen Anliegen geleitet sein.
33
c) Der Annahme eines versicherten Täuschungsschadens durch Betrug steht nicht entgegen, dass die Verantwortlichen der HEROSGruppe allein wegen zahlreicher rechtlich zusammentreffender Fälle der Untreue i.S. von § 266 StGB verurteilt worden sind. Der Versicherungsnehmer einer Vertrauensschadenversicherung wird bei Lektüre des § 2 1. e) AVB erkennen, dass der dortige Rückgriff auf den Betrugstatbestand allein dazu dient, das versicherte Geschehen zu beschreiben und von anderen, nicht versicherten Sachverhalten abzugrenzen. In diesem Verständnis kann er sich dadurch bestärkt fühlen, dass die Klausel nicht auf die Strafbarkeit oder Bestrafung des Schädigers wegen Betruges, sondern allein darauf abstellt, ob das schädigende Verhalten eine "Form des Betruges" darstellt. Der Versicherungsnehmer wird deshalb auch nicht auf den Gedanken kommen, der Versicherungsschutz solle entfallen , wenn das Verhalten des Schädigers zugleich weitere Tatbestände des Strafgesetzbuches erfüllt, die möglicherweise sogar eine Bestrafung des Schädigers wegen Betruges aus Konkurrenzgründen verhindern. Die strafrechtliche Konkurrenzlehre kennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht. Sie dient überdies allein dem Zweck, bei Verwirklichung mehrerer Strafnormen diejenigen Bestimmungen zu ermitteln, deren Strafdrohung die konkrete Strafe zu entnehmen ist. Das ist jedoch für die Beschreibung des Versicherungsfalles ohne Belang. Deswegen kann offen bleiben, ob eine Untreue i.S. des § 266 Abs. 1 StGB für sich ge- nommen auch als eine "Form des Betruges" i.S. des § 2 1. e) AVB anzusehen wäre.
34
d) Der Täuschungsschaden ist der Klägerin in versicherter Zeit zugefügt worden.
35
Allerdings besteht Versicherungsschutz nach § 2 1. e) AVB erst seit dem 1. Januar 2006 und bestimmt die Anschlussklausel in Nr. 9 der Police vom 14. Februar 2006, dass auf bis zur Umstellung des Versicherungsschutzes verursachte Schäden die zuvor geltenden Versicherungsbedingungen anzuwenden sind.
36
aa) Die hier in Rede stehenden Schäden sind aber nach dem 1. Januar 2006 verursacht worden. Ihr Eintritt hatte jeweils durch Täuschung verursachte Vermögensverfügungen zur Voraussetzung, die die Klägerin am 17. und 18. Februar 2006 vorgenommen hat. Ob die vorgenannte Anschlussklausel Leistungsfreiheit der Beklagten zur Folge hätte, wenn die ursächliche Täuschungshandlung vor der Vertragsumstellung begangen worden wäre, kann offen bleiben, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die mit Schreiben der Firma Nordcash vom 4. Januar 2006 verübte Täuschung mitursächlich für den eingetretenen Schaden war. Weiter bestand auch im Jahre 2006 die oben erörterte Pflicht der HEROS-Verantwortlichen zur Offenlegung ihrer Geschäftspraktiken fort. Schon die Mitursächlichkeit jeder der beiden in die versicherte Zeit fallenden Täuschungen für die Schäden genügt, um den Eintritt der Versicherungsfälle im Jahre 2006 zu begründen.
37
bb) Auch wenn den Auftraggebern der HEROS-Gruppe deren Geschäftsgebaren über einen langen Zeitraum verschwiegen worden ist, liegt ein gedehnter - bereits in vorversicherter Zeit begonnener - Versicherungsfall nicht vor. Wesensmerkmal eines gedehnten Versicherungsfalles ist nicht sein schrittweises Eintreten, sondern die Fortdauer des bereits mit seinem Eintritt geschaffenen Zustandes über einen - mehr oder weniger langen - Zeitraum, sofern diese Fortdauer nicht nur bestimmend ist für die Pflicht des Versicherers zur Erbringung einer einmaligen Versicherungsleistung, sondern deren Umfang im Einzelfall erst bestimmt. Gedehnte Versicherungsfälle sind beispielsweise in der Krankheitskosten -, der Unfall-, der Berufsunfähigkeits- oder der Betriebsunterbrechungsversicherung anerkannt (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1989 - IVa ZR 21/88, BGHZ 107, 170, 173; vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 63/82, VersR 1984, 630 unter III; vom 14. November 1957 - II ZR 176/56, VersR 1957, 781 unter I; vom 3. Juni 1981 - IVa ZR 121/80, VersR 1981, 875). Die hier in Rede stehende Versicherung von Täuschungsschäden kennt demgegenüber typischerweise keine gedehnten Versicherungsfälle , weil die Versicherungsleistung nach § 2 1. e) AVB für jeden eingetretenen Täuschungsschaden jeweils nur eine Ausgleichzahlung vorsieht, die sich nicht durch bloßen Zeitablauf erhöht. Versicherungsfall ist mithin nicht die fortlaufende Täuschung der Versicherungsnehmerin, sondern erst jeder infolge einer täuschungsbedingten Verfügung eintretende Vermögensschaden.
38
cc) Aus dem Senatsurteil vom 23. Januar 1991 (IV ZR 173/90, VersR 1991, 417 unter II) ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der Senat dort angenommen, der in 56 Teilakten verübte rechtswidrige Zugriff eines Sparkassenmitarbeiters auf Kundenkonten stelle einen einheitlichen Versicherungsfall der dort zugrundeliegenden Eigenschadenversicherung dar. In den dortigen Versicherungsbedingungen war aber - anders als hier - ausdrücklich geregelt, mehrfaches auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen gelte als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stünden.
39
2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, die Täuschungsschäden seien von Vertrauenspersonen der Klägerin nicht grob fahrlässig mitverursacht worden (§ 14 5. a) AVB). Die Revisionsführerin versucht lediglich, ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen. Deshalb kann offen bleiben, ob § 14 5. a) AVB einer Klauselkontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB standhielte.
40
3. Soweit das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der Obliegenheit aus § 12 1. AVB, den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen nicht festgestellt hat, steht dies im Einklang mit der Senatsrechtsprechung , der zufolge ein allgemeiner Erfahrungssatz besteht, dass sich kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigeobliegenheit Rechtsnachteile in seinem Deckungsverhältnis zum Versicherer zuziehen will (vgl. Senatsurteil vom 3. Oktober 1979 - IV ZR 45/78, VersR 1979, 1117 unter II 5). Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht dargelegt, die erstmals im Dezember 2008 erhobene und mithin objektiv verspätete Schadenanzeige habe keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder die Feststellung oder den Umfang der Versicherungsleistung gehabt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F.).
41
4. Der Leistungsanspruch ist nicht verjährt.
42
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäß dem hier noch maßgeblichen § 12 Abs. 1 VVG a.F. in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muss also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2 m.w.N.).
43
a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäß § 11 Abs. 1 VVG a.F. mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift wird von § 16 1. AVB in zulässiger Weise (§ 15 a VVG a.F.) modifiziert (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO unter 2 a). Danach wird die Entschädigung geleistet, sobald die Leistungspflicht dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen ist.
44
Letzteres wird der bei Verträgen der vorliegenden Art geschäftserfahrene durchschnittliche Versicherungsnehmer dahin verstehen, dass der geforderte Nachweis gegenüber dem Versicherer und nicht lediglich anderweitig erbracht sein muss. Das ergibt sich schon aus § 11 VVG a.F., der für die Fälligkeit der Versicherungsleistung auf den Abschluss der Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalles und seiner Leistungspflicht abstellt. Weiter bestimmt § 16 1. Abs. 2 AVB, dass lediglich Teilbeträge auszuzahlen sind, wenn nur für sie die Leistungspflicht festgestellt ist. Da die Leistungspflicht des Versicherers vorgerichtlich nur durch diesen selbst festgestellt werden kann, wird der Versicherungsnehmer nicht annehmen, dass bereits die anderweitig - etwa im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens - getroffene Feststellung, der Versicherungsnehmer sei durch Täuschung geschädigt worden, die Fälligkeit der Versicherungsleistungbegründet.

45
b) Hat der Versicherer die Leistung nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt endgültig und umfassend abgelehnt (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00, VersR 2002, 472 unter 1 b),hängt der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn von der Mitwirkung des Anspruchstellers, insbesondere seiner Schadenanzeige und der Vorlage der zum Nachweis des Versicherungsfalles erforderlichen Unterlagen ab. Unterbleibt diese Mitwirkung, ergibt sich weder aus den hier vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften ein früherer Verjährungsbeginn. Die Verjährung kann mithin grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden. Einen allgemeinen Grundsatz, dass bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann, gibt es nicht (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO unter II 2 a m.w.N.).
46
aa) Für die Auffassung der Revision, es komme darauf an, wann die Klägerin die Versicherungsleistung mit Blick auf die Beweislage in dem gegen die HEROS-Verantwortlichen geführten Ermittlungsverfahren oder infolge der Erkenntnisse aus dem Insolvenzverfahren der HEROS-Unternehmen hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage. Es bliebe im Übrigen unklar, wonach sich der hierfür maßgebliche Zeitpunkt bestimmen sollte. Ebenso wenig kann die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der bloßen Möglichkeit beginnen, die erforderlichen Un- terlagen einzureichen. Dies würde bei zögernden Anspruchstellern den Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegen (vgl. Senatsurteile vom 13. März 2002 aaO; vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86, VersR 1987, 1235 unter 3).
47
Schließlich kann auch nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden. Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts ebenfalls nicht verlässlich genug ermöglichte (Senatsurteile vom 13. März 2002 und 4. November 1987 aaO m.w.N.). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch Verweigerung seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstößt (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rn. 11). Die Darlegungs- und Beweislast für einen derartigen Verstoß trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO). Für eine solche Treuwidrigkeit der Klägerin ist hier aber nichts ersichtlich.
48
bb) Da die Klägerin die Versicherungsleistung erstmals mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 geltend gemacht hat und die Beklagte damit erst zum Ende des Jahres 2008 in die Lage versetzt war, mit ihren Erhebungen zur Prüfung ihrer Leistungspflicht zu beginnen, konnte die zweijährige Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG keinesfalls vor Ablauf des Jahres 2008 einsetzen. Somit ist die der Beklagten am 25. Januar 2010 zugestellte Klage in unverjährter Zeit erhoben.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.06.2010 - 418 O 16/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.12.2010- 9 U 126/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 523/15
vom
4. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verdachts des Betruges
ECLI:DE:BGH:2016:040816U4STR523.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 23. Juni 2016 in der Sitzung am 4. August 2016, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer, Bender als beisitzende Richter, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -, Staatsanwalt - bei der Verkündung - als Vertreter des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten B. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten A. , Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. April 2015 in den Fällen II. 10 – 15 der Urteilsgründe mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die nach teilweiser Rücknahme der Revisionen verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Soweit die Revisionen der Staatsanwaltschaft zurückgenommen worden sind, trägt die Staatskasse die Kosten der Rechtsmittel und die notwendigen Auslagen der Angeklagten.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in 15 Fällen, des Bankrotts in zwei Fällen sowie der Verletzung der Buchführungspflicht freigesprochen und von einer Entscheidung über Adhäsionsanträge abgesehen.
2
Nach teilweiser Rücknahme der zunächst umfassend eingelegten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft noch gegen die Freisprüche vom Vorwurf des Betruges in den Fällen II. 10 – 15 der Urteilsgründe (Vorstellungsgespräche und Vertragsschlüsse ab November 2006) Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.

I.


3
1. Mit den unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklagen wurde dem Angeklagten B. als Hauptgesellschafter und Geschäftsführer und dem Angeklagten A. als sogenanntem Chief Financial Officer der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH u. a. zur Last gelegt, bei der Anwerbung neuer Partner diese über eine bestehende Liquiditätskrise und drohende Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft getäuscht bzw. diesen Umstand bewusst verschwiegen zu haben. Den neuen Partnern sei durch die vertragsgemäße Zahlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von jeweils 50.000 €eine schadensgleiche Vermögensgefährdung entstanden , die sich infolge der anschließenden Insolvenz der Gesellschaft in einem Vermögensschaden konkretisiert habe.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte B. erwarb 2003 die Geschäftsanteile der B.
5
GmbH und bestellte sich zum Geschäftsführer. Ab dem 22. Januar 2004 firmierte die Gesellschaft unter E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. In der Folgezeit wurden nach und nach bundesweit 34 Niederlassungen mit einem einheitlichen Erscheinungsbild eröffnet. In den Niederlassungen waren jeweils mindestens drei Rechtsanwälte tätig. Der Angeklagte A. war Mitentwickler des Firmenkonzepts und für die ökonomische Planung , das Marketing sowie die Expansion der Gesellschaft verantwortlich. Mit den für sie arbeitenden Rechtsanwälten schloss die Gesellschaft „Partnerschaftsverträge“ , in denen sich der neue Partner jeweils verpflichtete, der Gesellschaft ein gegenüber außenstehenden Gesellschaftsgläubigern nachrangiges Gesellschafterdarlehen – wie es im Vertrag heißt: kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen – in Höhe von 50.000 € zur Verfügung zu stellen. Die Partner waren berechtigt, Entnahmen von bis zu 1.667,67 € monatlich aus dem Gesellschafterdarlehen zu tätigen, solange sie geringere Honorarprovisionen erwirtschafteten. Die Rechtsanwaltsgesellschaft stellte ihrerseits dem Partner eingerichtete Büroräumlichkeiten und eine zentralisierte Verwaltungs - und Mahnabteilung zur Verfügung.
6
Bewerber, die an einer Partnerschaft interessiert waren, erhielten eine Broschüre, in der u.a. darauf hingewiesen wurde, dass es sich um ein echtes unternehmerisches Engagement handele, was die Gefahr eines unternehmerischen Scheiterns und eines Verlustes der an die Gesellschaft erbrachten Leistungen beinhalte. Mit den Interessenten wurden Vorstellungsgespräche geführt, regelmäßig vom Angeklagten A. , der Angeklagte B. kam zumeist später hinzu. Im Rahmen der Vorstellungsgespräche wurde die wirtschaftliche Situation der Rechtsanwaltsgesellschaft in allgemeiner Form positiv dargestellt.
7
Anfang 2006 geriet die Gesellschaft in Liquiditätsprobleme. Im März 2006 wurde den Partnern mitgeteilt, dass eine Auszahlung der Gewinne aus dem Vorjahr für die Gesellschaft nicht tragbar sei; die Auszahlung der Honorare für den laufenden Monat werde sich ähnlich wie bereits im Februar verzögern. Im April 2006 erhöhte die Sparkasse D. die Kreditlinie der Gesellschaft auf insgesamt 400.000 €. Im Juni 2006 erstattete eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Gutachten, wonach im September 2006 eine Überschreitung dieser Kreditlinie zu erwarten sei, und schlug Maßnahmen zur Verbesserung des Liquiditätszuflusses vor. Im September 2006 erhielt die Gesellschaft von der Sparkasse D. zur Stabilisierung der Liquiditätslage zwei weitere Darlehen über insgesamt 500.000 €; für eines der Dar- lehen in Höhe von 250.000 € verbürgte sich der Angeklagte B. .
8
Am 29. November 2006 gingen beim Amtsgericht Dortmund Insolvenzanträge eines Partners ein, die später jedoch nicht weiterverfolgt wurden. Im Frühjahr 2007 wurde eine andere Unternehmensberatung beauftragt, der Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Bewältigung der angespannten Liquiditätssituation beratend zur Seite zu stehen und – aufgrund der Dringlichkeit der Situation – ein Unternehmenskonzept zu erstellen. Ab dem 19. April 2007 gingen beim Amtsgericht Dortmund weitere Insolvenzanträge ein, u. a. am 26. Juni 2007 der Insolvenzantrag des Angeklagten B. . Es eröffnete mit Beschluss vom 1. September 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Rechtsanwaltsgesellschaft.
9
3. Das Landgericht hat die Angeklagten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen freigesprochen. Eine ausdrückliche Täuschung über die finanzielle Situation der Rechtsanwaltsgesellschaft habe nicht festgestellt werden können. Auch liege in keinem der Fälle eine konkludente Täuschung vor. Soweit die Rechtsanwaltsgesellschaft in den Bewerbungsgesprächen als gut gehendes, in schnellem Wachstum befindliches Unternehmen mit guten Zukunftsperspektiven bezeichnet worden sei, sei dies aus dem Empfängerhorizont der juristisch vorgebildeten Bewerber nicht dahin zu verstehen gewesen , dass eine tatsächlich in dieser Form nicht bestehende wirtschaftliche Lage der Rechtsanwaltsgesellschaft konkludent miterklärt worden sei. Den Bewerbern hätte als Volljuristen das wirtschaftliche Risiko der unternehmerischen Beteiligung bekannt sein müssen.
10
Auch eine Täuschung durch Unterlassen komme nicht in Betracht, da keine Pflicht zur Aufklärung über die bestehenden Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft bestanden habe. Die Anbahnung und der Abschluss eines Austauschvertrages begründeten in der Regel keine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die in die Risikosphäre eines Partners fielen. Aufklärungspflichten, die sich aus dem Vertrag als Nebenpflicht ergäben, setzten ein besonderes Vertrauensverhältnis voraus. Hier hätten die Bewerber das unternehmerische Risiko gekannt. Eine Verbindung, die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruhe und nach der Rechtsprechung zu besonderen Offenbarungspflichten führen könne, betreffe in erster Linie langjährige Geschäftsbeziehungen. Eine solche Sachlage sei hier ersichtlich nicht gegeben. Ferner fehle es am Vorsatz. Angesichts der „positiven Beglei- tung“ durch die Sparkasse D. und den von Wirtschaftsprüfungs- bzw. Unternehmensberatungsgesellschaften in Aussicht gestellten günstigen Fort- führungsprognosen hätten die Angeklagten die zweifelsohne bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten als nur vorübergehend beurteilen dürfen.

II.


11
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen im verbleibenden Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Urteils. Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf des Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
1. Soweit das Landgericht keine ausdrücklichen Täuschungshandlungen festzustellen vermocht hat, zeigen die Revisionen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Die Einwendungen der Revisionen gegen die Beweiswürdigung greifen hinsichtlich des Ablaufs der Bewerbungsgespräche nicht durch.
13
2. Demgegenüber begegnen die Ausführungen des Landgerichts jedenfalls zur Täuschung durch Unterlassen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
Sie lassen besorgen, dass das Landgericht bei der Beurteilung der Frage, ob das Verhalten der Angeklagten bei Anbahnung oder Abschluss der Verträge mit den Bewerbern als Betrug durch Unterlassen zu qualifizieren ist, einen zu engen rechtlichen Maßstab angelegt und deshalb nur lückenhafte Feststellungen getroffen hat, die es zudem fehlerhaft gewürdigt hat.
15
a) Das Landgericht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage des Betrugs durch Unterlassen bei Vertragsverhältnissen an sich zutreffend mitgeteilt. Danach ist der Vertragspartner zwar im Allgemeinen nicht ohne weiteres verpflichtet, bei Vertragsschluss unaufgefordert alle für den anderen Teil irgendwie erheblichen Tatsachen zu offenbaren. Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung jedoch außer bei bestehenden Vertrauensverhältnissen auch für die Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtigen Umstände gebieten (vgl. RGSt 70, 151, 155 ff.; BGH, Beschluss vom 22. März 1988 – 1 StR 106/88, wistra 1988, 262, 263; Urteile vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 399 und vom 15. Juni1966 – 4 StR 162/66, GA 1967, 94 mwN; Beschlüsse vom 8. November 2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 203 und vom 2. Februar 2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502). Ein solcher Fall kann nach der jüngeren Rechtsprechung etwa auch bei Vorliegen „besonderer Umstände im zwischen- menschlichen Bereich“ gegeben sein (BGH, Urteil vom 16. November 1993 aaO S. 401).
16
Soweit das Landgericht die „Partnerschaftsverträge“ schlichten Austauschverträgen gleichsetzt und ein wissensmäßiges Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Bewerbern und den Angeklagten verneint, wird es diesem rechtlichen Ansatz nicht gerecht.
17
Das Landgericht lässt bereits nähere Feststellungen zur Ausgestaltung der „Partnerschaftsverträge“ vermissen, so dass der Senat die Annahme , es lägen schlichte Austauschverträge vor, nicht überprüfen kann. Da nach den Urteilsfeststellungen die Rechtsanwälte nicht als Angestellte für die E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig wurden und eine Rechtsanwaltsgesellschaft sich nicht an Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung beteiligen darf (§ 59c Abs. 2 BRAO), liegt es nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht fern, dass die Bewerber Gesellschafter der Rechtsanwaltsgesellschaft werden sollten, wofür auch die Bezeichnung der Einlagen als Gesellschafterdarlehen spricht. Strebten die Bewerber aber die Beteiligung an der Rechtsanwaltsgesellschaft als Gesellschafter an, wäre die Einordnung der geschlossenen Verträge als reine Austauschverträge unter Beteiligten mit gleichem Wissensstand nicht gerechtfertigt. In diesem Falle griffe auch die Argumentation des Landgerichts, eine langjährige Geschäftsbeziehung sei hier ersichtlich nicht gegeben, zu kurz. Sie lässt darüber hinaus außer Acht, dass die Aufklärungspflicht auch bei der Anbahnung besonderer Verbindungen besteht. Eine solche besondere Verbindung , die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruht und auf langjährige Zusammenarbeit angelegt ist, liegt im Regelfall nahe unter den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und erst recht unter den Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die sich in dieser Form zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben. Für die besondere Personenbezogenheit der Verträge spricht im vorliegenden Fall, dass die Partner aus ihrem eigenen Darlehen bezahlt werden sollten, soweit sie keine hinreichenden Honoraransprüche erwirtschafteten, die Darlehen mithin auch der Sicherung ihres eigenen Lebensunterhalts dienten.
18
Das Landgericht hätte deshalb zur Ausgestaltung der mit den Bewerbern geschlossenen Verträge nähere Feststellungen treffen, sich zu deren Auslegung und rechtlichen Einordnung verhalten und sich sodann unter Zu- grundelegung des gefundenen Ergebnisses mit einer möglichen Aufklärungspflicht auseinandersetzen müssen.
19
b) Ausgehend von seinem fehlerhaft verkürzten rechtlichen Ansatz hat das Landgericht auch keine hinreichenden Feststellungen zur wirtschaftlichen Lage der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im noch verfahrensgegenständlichen konkreten Tatzeitraum ab November 2006 getroffen. Sollte ein Liquiditätsengpass im Tatzeitraum dazu geführt haben, dass die fristgemäße Auszahlung der erwirtschafteten Honoraransprüche und die Entnahmen der künftigen Partner aus dem zu gewährenden nachrangigen Gesellschafterdarlehen nicht sicher waren, wäre darin ein aufklärungspflichtiger Umstand zu sehen, da damit für die neuen Partner der – dann verfolgte – Vertragszweck,den eigenen Lebensunterhalt zu erwirt- schaften, nachhaltig gefährdet gewesen wäre. Aus den Feststellungen lässt sich zur wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft lediglich entnehmen, dass es im Februar/März 2006 zur Verzögerung der Auszahlung der Honoraransprüche gekommen ist und auch die Auszahlung der Gewinnanteile aus 2005 nicht möglich war. Ob sich die wirtschaftliche Lage danach bis zum Tatzeitraum wieder verbessert oder verschlechtert hat, ist nicht festgestellt. Die günstige Fortführungsprognose der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. AG vom 30. Juni 2006 lässt keinen Schluss auf eine Verbesserung zu, denn sie stand unter dem Vorbehalt der Durchführung verschiedener Maßnahmen zur Liquiditätssteigerung, die von der E. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH offenbar nicht konsequent umgesetzt worden sind (UA 30). Auch die Unternehmensberatung R. AG hielt im April 2007 zur finanziellen Stabilisierung der Gesellschaft u. a. einen Mehrum- satz von 2.500 €/Monat je Partner für erforderlich. Mit der Frage, inwieweit die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt realistisch war, befasst sich das Urteil jedoch nicht. Bereits am 26. Juni 2007 stellte der Angeklagte B. selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Weshalb sich die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Rechtsanwaltsgesellschaft aus Sicht des Angeklagten in einem so kurzen Zeitraum so maßgeblich verschlechtert hatte, lassen die Urteilsgründe offen.
20
3. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die Hilfserwägung des Landgerichts, den Angeklagten fehle jedenfalls der erforderliche Betrugsvorsatz, erweist sich aus den vorstehenden nämlichen Gründen als nicht tragfähig.
21
4. Sollten im Tatzeitraum die fristgemäße Auszahlung der erwirtschafteten Honoraransprüche und der vertraglich vereinbarten Entnahme aus dem Gesellschafterdarlehen nicht gesichert gewesen sein, könnte, sofern dieser Umstand bei den Bewerbungsgesprächen nicht offenbart, aber die günstigen Aussichten der Gesellschaft hervorgehoben wurden, auch eine konkludente Täuschung der Bewerber vorliegen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 19/11 Verkündet am:
9. Mai 2012
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die
Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai
2012

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat, vom 21. Dezember 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, welche Verbraucher- und Lebensmittelsupermärkte betreibt, fordert eine Versicherungsleistung in Höhe von 500.000 € aus einer Vertrauensschadenversicherung, der Allgemeine Bedingungen der Beklagten (zuletzt AVB-Vertrauensschaden 2006, im Folgenden AVB) zugrunde liegen. Der Versicherungsschutz des bereits seit 1999 bestehenden Versicherungsverhältnisses wurde beginnend ab dem 1. Januar 2006 gemäß § 2 1. e) AVB auf Schäden erweitert, "die dem Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Versicherungsvertrages als Täuschungsschäden von außenstehenden Dritten durch jede Form von Betrug, Urkundenfälschung oder Urkundenunterdrückung in der Absicht , sich selbst oder einen Dritten rechtswidrig zu berei- chern, zugefügt werden …"
2
Für solche während eines Versicherungsjahres entdeckte Schäden ist der Versicherungsschutz gemäß § 10 Nr. 4 AVB auf insgesamt höchstens 1.000.000 € begrenzt; im Versicherungsschein ist eine Selbstbeteiligung der Klägerin in Höhe von 500.000 € vereinbart
3
Seit Ende 1986 hatte die Klägerin die Bargeldentsorgung ihrer Filialen von Unternehmen der mit Geld- und Werttransporten befassten HEROS-Gruppe durchführen lassen. Diese hatten es übernommen, Geld bei den Filialen der Klägerin abzuholen, auszuzählen und auf ein von der Klägerin benanntes Kontos einzuzahlen. Ihrer Verpflichtung kamen die HEROS-Unternehmen seit Mitte der 1990er Jahre wegen beginnender finanzieller Schwierigkeiten nur noch eingeschränkt nach. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, wurden zunehmend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offen stehender Forderungen, zuletzt auch für Privatentnahmen der HEROS-Verantwortlichen, verwendet. Der Ausgleich für die dadurch zunächst geschädigten Auftraggeber erfolgte zeitverzögert durch entsprechende Zugriffe auf spätere Geldtransporte, so dass die Auskehrung der Gelder sich zwar - meist nur um einen Tag - verzögerte, die Fehlbeträge im Übrigen aber lange Zeit nicht auffielen. Daraus entwickelte sich eine vielfach als "Schneeballsystem" bezeichnete Dynamik wachsender Finanzierungslücken (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 25. Mai 2011 - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918).
4
Im Februar 2006 kam es zum Zusammenbruch der HEROS-Gruppe und zur Verhaftung ihrer führenden Mitarbeiter. Im nachfolgenden Strafverfahren wurde der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der HEROS-Unternehmen vom Landgericht Hildesheim mit Urteil vom 23. Mai 2007 wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Auch drei weitere leitende HEROS-Verantwortliche erhielten hohe Haftstrafen. Das Urteil ist rechtskräftig (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427).
5
Zahlreiche Auftraggeber erlitten im Zuge des Zusammenbruchs der HEROS-Gruppe Verluste. Bei der Klägerin wurden die zuletzt am 17. und 18. Februar 2006 von HEROS-Mitarbeitern abgeholten Filialeinnahmen von 3.001.860 € und 3.260.250 € nicht mehr dem vorgesehenen Konto gutgebracht. Nach späteren Zahlungen des Insolvenzverwalters der HEROS-Gruppe in Höhe von 3.317.619,97 € verblieb ein Schaden von 2.944.490,03 €.
6
Erstmals mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 forderte die Klägerin eine Versicherungsleistung von der Beklagten. Diese hält sich für leistungsfrei, weil ein bedingungsgemäßer Betrugsschaden nicht vorliege , die Klägerin den Schaden entgegen § 12 1. AVB nicht unverzüglich angezeigt und im Übrigen durch ihre Mitarbeiter grob fahrlässig mitverursacht habe; schließlich sei jedenfalls Verjährung eingetreten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht meint, auch wenn die Untreue, wegen der die Verantwortlichen der HEROS-Gruppe strafrechtlich verurteilt worden sind, nicht als Betrugshandlung im Sinne von § 2 1. e) AVB gelten könne , komme es darauf im Ergebnis nicht an, weil ein bedingungsgemäßer, durch Betrug verursachter Täuschungsschaden vorliege. Das von der HEROS-Gruppe praktizierte Schneeballsystem habe Täuschungselemente enthalten. Diese seien insbesondere in den zahlreichen Schreiben der zur HEROS-Gruppe gehörenden NordCash Geldbearbeitungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Firma Nordcash) zu finden, welche wiederholt Zahlungsverzögerungen mit wahrheitswidrigen Erklärungen entschuldigt und damit zugleich über die Redlichkeit des Geschäftspartners getäuscht habe. Der so hervorgerufene Irrtum der Klägerin habe zur Fortsetzung ihrer Vertragsbeziehung mit der HEROS-Gruppe geführt. Da das letzte Entschuldigungsschreiben vom 4. Januar 2006 datiere, sei der hier in Rede stehende Schaden durch eine nach dem 1. Januar 2006 verübte Täuschung und mithin in versicherter Zeit herbeigeführt worden. Ein schon vorher einsetzender, gedehnter Versicherungsfall liege nicht vor. Der Verlust der Tageseinnahmen vom 17. und 18. Februar 2006 stelle vielmehr einen neuen Versicherungsfall dar. Ob - was zweifelhaft sei - allein schon in der jeweiligen Abholung des Geldes eine konkludente Täuschungshandlung der HEROS-Verantwortlichen liege, könne dabei offen bleiben.
10
Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beginne gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. erst, wenn die Leistung verlangt werden könne, mithin fällig sei. Das sei nach § 16 AVB erst der Fall, wenn die Leistungspflicht des Versicherers nach Grund und Höhe nachgewiesen sei, was hier nicht vor Abschluss des gegen die HEROSVerantwortlichen gerichteten Strafverfahrens habe angenommen werden können.
11
Eine grob fahrlässige Mitverursachung des Schadens durch Vertrauenspersonen der Klägerin liege nicht vor. Auch die objektive Verletzung der Obliegenheit, den Schaden unverzüglich anzuzeigen (§ 12 1. AVB), führe nicht zur Leistungsfreiheit, weil die Klägerin plausibel dargelegt habe, dass ihr der erstmals zum 1. Januar 2006 erweiterte Versicherungsschutz auf von außenstehenden Dritten verursachte Schäden erst spät bewusst geworden sei. Scheide deshalb die Annahme einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung aus, sei die Beklagte nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. nicht leistungsfrei, weil die verspätete Anzeige keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder des Leistungsumfangs gehabt habe.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
13
Das Berufungsgericht hat der Klägerin die Versicherungsleistung in Höhe von 500.000 € nach § 2 1. e) AVB zu Recht zugesprochen.
14
1. Für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden ist Versicherungsschutz nach § 2 1. e) AVB vereinbart.
15
a) Die Unternehmen der HEROS-Gruppe waren außerhalb des Versicherungsvertrages stehende Dritte. Sie haben der Klägerin mit der nicht ordnungsgemäßen Verbuchung der am 17. und 18. Februar 2006 abgeholten Filialeinnahmen einen Schaden von zunächst 6.262.110 € verursacht, der inzwischen durch Ausgleichszahlungen des HEROSInsolvenzverwalters auf 2.944.490,03 € verringert worden ist.
16
b) Dabei handelt es sich um einen bedingungsgemäßen durch Betrug verursachten Täuschungsschaden. Die Klausel, nach der "jede Form von Betrug" erfasst werden soll, gilt aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der bei Versicherungsverträgen der in Rede stehenden Art geschäftserfahren ist, jedenfalls auch für die in § 263 Abs. 1 StGB definierte Straftat. Ein solcher Betrug liegt hier vor.
17
aa) Die Klägerin ist durch die HEROS-Verantwortlichen getäuscht worden.
18
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, deren Schneeballsystem habe Täuschungselemente enthalten. Wie auch die Revision nicht in Abrede nimmt, bedingte dieses System laufende vertragswidrige Zugriffe auf transportiertes Geld, um auf diese Weise den Ausgleich jeweils zuvor geschaffener Defizite zu ermöglichen. Nur so ließ sich der Geschäftsbetrieb der HEROS-Gruppe aufrechterhalten. Damit Kunden weiterhin bereit waren, dieser große Bargeldmengen zum Transport anzuvertrauen , war es aus Sicht der HEROS-Verantwortlichen unabdingbar , die laufenden Vertragsverstöße vor den Kunden zu verbergen. Das geschah zum einen durch Verschweigen der Geschäftspraktiken, zum anderen durch Beschwichtigung der Kunden, falls deren Misstrauen im Einzelfall durch verzögerte Einzahlungen geweckt zu werden drohte. Beide Verhaltensweisen erfüllen den Tatbestand einer Täuschung im Sinne von § 263 StGB und § 2 1. e) AVB.
19
(1) Schon das Verschweigen des Schneeballsystems stellt eine Täuschung durch Unterlassen dar. Die HEROS-Gruppe traf dabei kraft der vertraglich übernommenen besonderen Vertrauensstellung eine Garantenpflicht , der zufolge sie offenlegen musste, dass transportiertes Geld anders verbucht wurde als vertraglich geschuldet.
20
Ein Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und die Untätigkeit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch aktives Tun entspricht. Für die objektive Zurechnung reicht es nicht aus, dass eine mögliche Handlung diesen Erfolg verhindert hätte. Vielmehr setzt die Gleichstellung des Unterlassens mit aktivem Handeln weiter voraus , dass der Täter als "Garant" für die Abwendung des strafbewehrten Erfolgs einzustehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00, wistra 2000, 419 unter II 1).
21
Zur Ermittlung einer solchen Garantenstellung bedarf es einer Abwägung der Fallumstände unter Berücksichtigung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der Beteiligten. Vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften genügen dafür nicht ohne weiteres (BGH aaO m.w.N.). Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten. Diese können in einem besonderen Vertrauensverhältnis oder einer ständigen Geschäftsverbindung begründet sein.

22
So liegt der Fall hier. Kraft des Transportvertrages hatte es die HEROS-Gruppe übernommen, große Geldmengen für ihre Auftraggeber zu transportieren. Diese Dienste wurden - auch von der Klägerin - gerade zu dem Zweck beansprucht und bezahlt, sich angesichts der mit dem Transport großer Geldsummen einhergehenden Gefahren vor Verlusten zu schützen. Das bedingt ein besonderes Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien , weil die Zusage des Werttransportunternehmens, das Transportgut unter Einsatz besonderer Sachkunde und Mittel vor Verlust zu schützen, ein gesteigertes Vertrauen der Klägerin darauf erforderte und rechtfertigte, dass das Werttransportunternehmen mit dem ihm anvertrauten Geld vereinbarungsgemäß verfuhr. Die Klägerin lief anderenfalls Gefahr, nicht allein die bezahlte Transportleistung, sondern vor allem das ihrem Vertragspartner anvertraute Geld zu verlieren, welches den wirtschaftlichen Wert der vertraglich vereinbarten Dienstleistung regelmäßig um ein Vielfaches überstieg.
23
(2) Zu Recht hat das Berufungsgericht zudem in den zahlreichen Schreiben der Firma Nordcash, die der Vertuschung der wahren Ursachen für Einzahlungsverzögerungen dienten, bedingungsgemäße Täuschungshandlungen gesehen.
24
bb) Die vorgenannten Täuschungen haben bei den zuständigen Mitarbeitern der Klägerin einen Irrtum über die Geschäftspraktiken der HEROS-Gruppe hervorgerufen bzw. aufrechterhalten.
25
cc) In der Übergabe der Filialeinnahmen vom 17. und 18. Februar 2006 an die jeweils mit der Geldentsorgung beauftragten HEROS- Angestellten liegt eine Vermögensverfügung, die das Vermögen der Klägerin i.S. von § 263 Abs. 1 StGB geschädigt hat.
26
Ein solcher Schaden kann auch schon durch die konkrete Gefährdung des Vermögens eintreten, wenn diese nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage bedeutet. Das ist der Fall, wenn die Gefahr des endgültigen Verlustes eines Vermögensbestandteils bereits im Zeitpunkt der Verfügung so groß ist, dass sie eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395; BGH, Urteil vom 5. November 2003 - 1 StR 287/03, NStZ 2004, 264). Eine derartige konkrete Gefährdung wird von der Rechtsprechung jedenfalls dann angenommen, wenn der Betrogene ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 1966 - 2 StR 188/66, BGHSt 21, 112, 113). Dem steht auch nicht die - in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevante (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, wistra 2011, 387 Rn. 7) - neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vermögensnachteil i.S. des § 266 StGB (BVerfGE 126, 170, 205 ff.) entgegen, soweit sich der Gefährdungsschaden hinreichend konkret beziffern lässt (BVerfG aaO 211 f.).
27
Das ist hier der Fall. Da das von der HEROS-Gruppe etablierte System der vertragswidrigen Verwendung von transportiertem Geld gerade darauf gerichtet war, Kundengelder nach Bedarf eigenmächtig zu verwenden und zu verschieben, da weiter am 17. und 18. Februar 2006 der wirtschaftliche Zusammenbruch der HEROS-Gruppe infolge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unmittelbar bevorstand, begründete schon die Hingabe des Transportguts für die Klägerin die konkrete Ge- fahr des vollständigen Verlustes. Die späteren Ausgleichszahlungen des Insolvenzverwalters der HEROS-Gruppe konnten lediglich den zuvor schon entstandenen Schaden teilweise ersetzen.
28
dd) Die dargelegten Täuschungen waren ursächlich für die Verfügungen der Klägerinund die daraus folgenden Vermögensgefährdungen. Zu Unrecht meint die Revision, die Verfügungen seien nicht unmittelbare Folge der Täuschungen gewesen. Das wäre nur dann anzunehmen, wenn zwischen Täuschung und Verfügung Umstände getreten wären, die die Annahme rechtfertigten, die Klägerin hätte den HEROS-Unternehmen das Transportgut auch bei Kenntnis des Schneeballsystems anvertraut. Solche Umstände sind nicht ersichtlich, sie werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Es liegt auf der Hand, dass die in der Übergabe von Millionenbeträgen liegenden Vermögensverfügungen unterblieben wären, wenn die für die Transportaufträge zuständigen Mitarbeiter der Klägerin die tatsächliche Handhabung der Einzahlungen durch die HEROS-Unternehmen gekannt hätten. Allein die Tatsache, dass zwischen dem letzten Schreiben der Firma Nordcash vom 4. Januar 2006 und den Geldtransporten vom 17. und 18. Februar 2006 ein Zeitraum von etwa sechs Wochen lag, in dem die Klägerin - möglicherweise auch infolge des seinerzeit noch funktionierenden Schneeballsystems - trotz zahlreicher Transporte keine Schäden bemerkte, lässt die Kausalität der Täuschung für die Vermögensverfügung nicht entfallen.
29
ee) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der subjektive Betrugstatbestand sei erfüllt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
30
(1) Die für den Geschäftsbetrieb der HEROS-Unternehmen Verantwortlichen handelten in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Ver- mögensvorteil zu verschaffen. Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, wurden im Rahmen des Schneeballsystems "frisch" zu Transportzwecken vereinnahmte Gelder regelmäßig dazu genutzt , eigene Verbindlichkeiten der HEROS-Unternehmen zu tilgen und die auf anderen Kundenkonten zuvor verursachten Fehlbeträge auszugleichen. Darin liegt ein rechtswidriger Vermögensvorteil, denn die Transportaufträge berechtigten die HEROS-Gruppe nicht dazu, in dieser Weise mit dem ihr allein zu Transportzwecken anvertrauten Geld zu verfahren.
31
(2) Auch im Übrigen sind die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines Betruges erfüllt. Das Berufungsgericht durfte aus dem objektiven Tatgeschehen folgern, die HEROS-Verantwortlichen hätten gewusst , dass sie das Schneeballsystem vor ihren Auftraggebern verheimlichten. Auch die Annahme, sie seien davon ausgegangen, im Falle einer Offenlegung keine Transportaufträge und mithin kein Transportgeld mehr zu erhalten, und hätten mit ihren Täuschungen die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bezweckt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision darzulegen versucht, insbesondere die Entschuldigungsschreiben der Firma Nordcash hätten ausschließlich dem Zweck gedient, vorangegangene Untreuehandlungen zu verschleiern, zeigt diese revisionsrechtlich unbehelfliche eigene Würdigung der Tatumstände keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf.
32
Soweit die Revision abweichend von den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf verweist, es sei der HEROS-Geschäftsleitung ausweislich der strafrichterlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Hildesheim unmittelbar vor ihrer Festnahme nur noch darum gegangen, das Schneeballsystem zu beenden und nach Möglichkeit mit den letzten Transportgeldern vorwiegend Fehlbeträge bei von Insolvenz bedrohten Kleinkunden auszugleichen, schließt dies einen Betrugsvorsatz nicht aus. Jede eigenmächtige Verteilung anvertrauten Geldes stellt die Nutzung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils dar, mag sie auch von dem behaupteten sozialen Anliegen geleitet sein.
33
c) Der Annahme eines versicherten Täuschungsschadens durch Betrug steht nicht entgegen, dass die Verantwortlichen der HEROSGruppe allein wegen zahlreicher rechtlich zusammentreffender Fälle der Untreue i.S. von § 266 StGB verurteilt worden sind. Der Versicherungsnehmer einer Vertrauensschadenversicherung wird bei Lektüre des § 2 1. e) AVB erkennen, dass der dortige Rückgriff auf den Betrugstatbestand allein dazu dient, das versicherte Geschehen zu beschreiben und von anderen, nicht versicherten Sachverhalten abzugrenzen. In diesem Verständnis kann er sich dadurch bestärkt fühlen, dass die Klausel nicht auf die Strafbarkeit oder Bestrafung des Schädigers wegen Betruges, sondern allein darauf abstellt, ob das schädigende Verhalten eine "Form des Betruges" darstellt. Der Versicherungsnehmer wird deshalb auch nicht auf den Gedanken kommen, der Versicherungsschutz solle entfallen , wenn das Verhalten des Schädigers zugleich weitere Tatbestände des Strafgesetzbuches erfüllt, die möglicherweise sogar eine Bestrafung des Schädigers wegen Betruges aus Konkurrenzgründen verhindern. Die strafrechtliche Konkurrenzlehre kennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht. Sie dient überdies allein dem Zweck, bei Verwirklichung mehrerer Strafnormen diejenigen Bestimmungen zu ermitteln, deren Strafdrohung die konkrete Strafe zu entnehmen ist. Das ist jedoch für die Beschreibung des Versicherungsfalles ohne Belang. Deswegen kann offen bleiben, ob eine Untreue i.S. des § 266 Abs. 1 StGB für sich ge- nommen auch als eine "Form des Betruges" i.S. des § 2 1. e) AVB anzusehen wäre.
34
d) Der Täuschungsschaden ist der Klägerin in versicherter Zeit zugefügt worden.
35
Allerdings besteht Versicherungsschutz nach § 2 1. e) AVB erst seit dem 1. Januar 2006 und bestimmt die Anschlussklausel in Nr. 9 der Police vom 14. Februar 2006, dass auf bis zur Umstellung des Versicherungsschutzes verursachte Schäden die zuvor geltenden Versicherungsbedingungen anzuwenden sind.
36
aa) Die hier in Rede stehenden Schäden sind aber nach dem 1. Januar 2006 verursacht worden. Ihr Eintritt hatte jeweils durch Täuschung verursachte Vermögensverfügungen zur Voraussetzung, die die Klägerin am 17. und 18. Februar 2006 vorgenommen hat. Ob die vorgenannte Anschlussklausel Leistungsfreiheit der Beklagten zur Folge hätte, wenn die ursächliche Täuschungshandlung vor der Vertragsumstellung begangen worden wäre, kann offen bleiben, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die mit Schreiben der Firma Nordcash vom 4. Januar 2006 verübte Täuschung mitursächlich für den eingetretenen Schaden war. Weiter bestand auch im Jahre 2006 die oben erörterte Pflicht der HEROS-Verantwortlichen zur Offenlegung ihrer Geschäftspraktiken fort. Schon die Mitursächlichkeit jeder der beiden in die versicherte Zeit fallenden Täuschungen für die Schäden genügt, um den Eintritt der Versicherungsfälle im Jahre 2006 zu begründen.
37
bb) Auch wenn den Auftraggebern der HEROS-Gruppe deren Geschäftsgebaren über einen langen Zeitraum verschwiegen worden ist, liegt ein gedehnter - bereits in vorversicherter Zeit begonnener - Versicherungsfall nicht vor. Wesensmerkmal eines gedehnten Versicherungsfalles ist nicht sein schrittweises Eintreten, sondern die Fortdauer des bereits mit seinem Eintritt geschaffenen Zustandes über einen - mehr oder weniger langen - Zeitraum, sofern diese Fortdauer nicht nur bestimmend ist für die Pflicht des Versicherers zur Erbringung einer einmaligen Versicherungsleistung, sondern deren Umfang im Einzelfall erst bestimmt. Gedehnte Versicherungsfälle sind beispielsweise in der Krankheitskosten -, der Unfall-, der Berufsunfähigkeits- oder der Betriebsunterbrechungsversicherung anerkannt (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1989 - IVa ZR 21/88, BGHZ 107, 170, 173; vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 63/82, VersR 1984, 630 unter III; vom 14. November 1957 - II ZR 176/56, VersR 1957, 781 unter I; vom 3. Juni 1981 - IVa ZR 121/80, VersR 1981, 875). Die hier in Rede stehende Versicherung von Täuschungsschäden kennt demgegenüber typischerweise keine gedehnten Versicherungsfälle , weil die Versicherungsleistung nach § 2 1. e) AVB für jeden eingetretenen Täuschungsschaden jeweils nur eine Ausgleichzahlung vorsieht, die sich nicht durch bloßen Zeitablauf erhöht. Versicherungsfall ist mithin nicht die fortlaufende Täuschung der Versicherungsnehmerin, sondern erst jeder infolge einer täuschungsbedingten Verfügung eintretende Vermögensschaden.
38
cc) Aus dem Senatsurteil vom 23. Januar 1991 (IV ZR 173/90, VersR 1991, 417 unter II) ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der Senat dort angenommen, der in 56 Teilakten verübte rechtswidrige Zugriff eines Sparkassenmitarbeiters auf Kundenkonten stelle einen einheitlichen Versicherungsfall der dort zugrundeliegenden Eigenschadenversicherung dar. In den dortigen Versicherungsbedingungen war aber - anders als hier - ausdrücklich geregelt, mehrfaches auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen gelte als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stünden.
39
2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, die Täuschungsschäden seien von Vertrauenspersonen der Klägerin nicht grob fahrlässig mitverursacht worden (§ 14 5. a) AVB). Die Revisionsführerin versucht lediglich, ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen. Deshalb kann offen bleiben, ob § 14 5. a) AVB einer Klauselkontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB standhielte.
40
3. Soweit das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der Obliegenheit aus § 12 1. AVB, den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen nicht festgestellt hat, steht dies im Einklang mit der Senatsrechtsprechung , der zufolge ein allgemeiner Erfahrungssatz besteht, dass sich kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigeobliegenheit Rechtsnachteile in seinem Deckungsverhältnis zum Versicherer zuziehen will (vgl. Senatsurteil vom 3. Oktober 1979 - IV ZR 45/78, VersR 1979, 1117 unter II 5). Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht dargelegt, die erstmals im Dezember 2008 erhobene und mithin objektiv verspätete Schadenanzeige habe keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder die Feststellung oder den Umfang der Versicherungsleistung gehabt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F.).
41
4. Der Leistungsanspruch ist nicht verjährt.
42
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäß dem hier noch maßgeblichen § 12 Abs. 1 VVG a.F. in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muss also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2 m.w.N.).
43
a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäß § 11 Abs. 1 VVG a.F. mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift wird von § 16 1. AVB in zulässiger Weise (§ 15 a VVG a.F.) modifiziert (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO unter 2 a). Danach wird die Entschädigung geleistet, sobald die Leistungspflicht dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen ist.
44
Letzteres wird der bei Verträgen der vorliegenden Art geschäftserfahrene durchschnittliche Versicherungsnehmer dahin verstehen, dass der geforderte Nachweis gegenüber dem Versicherer und nicht lediglich anderweitig erbracht sein muss. Das ergibt sich schon aus § 11 VVG a.F., der für die Fälligkeit der Versicherungsleistung auf den Abschluss der Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalles und seiner Leistungspflicht abstellt. Weiter bestimmt § 16 1. Abs. 2 AVB, dass lediglich Teilbeträge auszuzahlen sind, wenn nur für sie die Leistungspflicht festgestellt ist. Da die Leistungspflicht des Versicherers vorgerichtlich nur durch diesen selbst festgestellt werden kann, wird der Versicherungsnehmer nicht annehmen, dass bereits die anderweitig - etwa im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens - getroffene Feststellung, der Versicherungsnehmer sei durch Täuschung geschädigt worden, die Fälligkeit der Versicherungsleistungbegründet.

45
b) Hat der Versicherer die Leistung nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt endgültig und umfassend abgelehnt (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00, VersR 2002, 472 unter 1 b),hängt der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn von der Mitwirkung des Anspruchstellers, insbesondere seiner Schadenanzeige und der Vorlage der zum Nachweis des Versicherungsfalles erforderlichen Unterlagen ab. Unterbleibt diese Mitwirkung, ergibt sich weder aus den hier vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften ein früherer Verjährungsbeginn. Die Verjährung kann mithin grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden. Einen allgemeinen Grundsatz, dass bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann, gibt es nicht (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO unter II 2 a m.w.N.).
46
aa) Für die Auffassung der Revision, es komme darauf an, wann die Klägerin die Versicherungsleistung mit Blick auf die Beweislage in dem gegen die HEROS-Verantwortlichen geführten Ermittlungsverfahren oder infolge der Erkenntnisse aus dem Insolvenzverfahren der HEROS-Unternehmen hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage. Es bliebe im Übrigen unklar, wonach sich der hierfür maßgebliche Zeitpunkt bestimmen sollte. Ebenso wenig kann die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der bloßen Möglichkeit beginnen, die erforderlichen Un- terlagen einzureichen. Dies würde bei zögernden Anspruchstellern den Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegen (vgl. Senatsurteile vom 13. März 2002 aaO; vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86, VersR 1987, 1235 unter 3).
47
Schließlich kann auch nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden. Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts ebenfalls nicht verlässlich genug ermöglichte (Senatsurteile vom 13. März 2002 und 4. November 1987 aaO m.w.N.). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch Verweigerung seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstößt (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rn. 11). Die Darlegungs- und Beweislast für einen derartigen Verstoß trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO). Für eine solche Treuwidrigkeit der Klägerin ist hier aber nichts ersichtlich.
48
bb) Da die Klägerin die Versicherungsleistung erstmals mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 geltend gemacht hat und die Beklagte damit erst zum Ende des Jahres 2008 in die Lage versetzt war, mit ihren Erhebungen zur Prüfung ihrer Leistungspflicht zu beginnen, konnte die zweijährige Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG keinesfalls vor Ablauf des Jahres 2008 einsetzen. Somit ist die der Beklagten am 25. Januar 2010 zugestellte Klage in unverjährter Zeit erhoben.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.06.2010 - 418 O 16/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.12.2010- 9 U 126/10 -

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 466/16
vom
8. März 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Vorangegangenes gefährliches Tun (Ingerenz) kann eine Aufklärungspflicht
nicht nur bei Vorverhalten mit objektivem Täuschungscharakter begründen.
Werden durch das Vorverhalten diejenigen vermögensrelevanten Umstände
verändert, deren Fortbestehen Grundlage weiterer Vermögensverfügungen des
Getäuschten ist, kann dies ebenfalls eine Aufklärungspflicht begründen, die bei
Nichterfüllung zu einer Täuschung durch Unterlassen führt.
BGH, Beschluss vom 8. März 2017 - 1 StR 466/16 - LG Würzburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
ECLI:DE:BGH:2017:080317B1STR466.16.1

3.



wegen Betrugs u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 8. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 22. März 2016 werden verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Untreue in mehreren Fällen sowie wegen Betrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten M. ebenfalls wegen mehrerer Untreuetaten, von denen er einige als Täter, andere als Anstifter und wieder andere als Gehilfe verwirklicht hat, und gleichfalls wegen Betrugs in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Angeklagte T. ist teils wegen Anstiftung teils wegen Beihilfe zu mehreren Untreuetaten sowie wegen Betrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Bezüglich aller Angeklagter hat das Landgericht festgestellt, dass diese jeweils näher bezifferte Vermögenswerte aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt haben, Verfall aber wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter nicht angeordnet werden kann.
2
Die auf Sachrügen gestützten Rechtsmittel der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten in mehreren Fällen, bei unterschiedlicher Form strafbarer Beteiligung, Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten der Vermögen von Fondsgesellschaften und deren Anteilseignern begangen. Eine der hauptsächlich betroffenen Gesellschaften war die D. GmbH (nachfolgend: D. ), weitere die C. A. 4 GmbH & Co. KG (nachfolgend: C. 4) und die C. A. 5 GmbH & Co. KG (nachfolgend: C. 5). An den Fondsgesellschaften waren Privatanleger entweder in der Form einer atypischen stillen Beteiligung oder als Treuhandkommanditisten beteiligt. Die Anleger hatten ihren Beitritt zu den jeweiligen Fondsgesellschaften bereits vor dem im Jahr 2009 beginnenden Tatzeitraum vollzogen. Allerdings erbrachten zahlreiche Anleger nach dem Beitritt ihre Beteiligungsbeiträge ganz oder wenigstens zum Teil durch ratenweise Zahlungen in das Gesellschaftsvermögen. Die Zahlungen wurden auch nach der Begehung der verfahrensgegenständlichen Untreuetaten fortgesetzt, teilweise bis zur Verhaftung der Angeklagten im Dezember 2014.
4
In der Phase des Vertriebs der jeweiligen Beteiligungen war insbesondere in den entsprechenden Emissionsprospekten mit der Eignung der Anlageformen zum Zweck der Altersvorsorge und eines langfristigen Vermögensaufbaus geworben worden. Dadurch wurden entsprechende Erwartungen der Anleger geweckt. Die in Aussicht gestellten Renditen sollten durch Investitionen der eingezahlten Einlagen in verschiedenen Geschäftsfeldern, u.a. den Erwerb von Immobilien und Firmenbeteiligungen, realisiert werden.

II.


5
Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung sowohl in den Schuld- und Rechtsfolgenaussprüchen als auch in den Entscheidungen zur Vermögensabschöpfung stand.
6
1. Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Verurteilungen der Angeklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) bzw. Teilnahme daran und die dafür verhängten Strafen.
7
a) Der Angeklagte S. war in den Fällen C.I.1.a) und C.I.1.b) als Geschäftsführer der R. P. GmbH (nachfolgend: R. ), einer 100-prozentigen Tochter der D. , in den Fällen C.II.1.a) und C.II.1.b) als Geschäftsführer der C. A. V. GmbH (nachfolgend : C. V. ), der Komplementärin der C. 4 und der C. 5, sowie im Fall C.II.1.c) der Urteilsgründe in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der B. GmbH, die ihrerseits Komplementärin der B. GmbH & Co. KG war, aufgrund dieser Stellung sowohl betreuungspflichtig gegenüber den Vermögen der Gesellschaften als auch gegenüber den Vermögen der Gesellschafter (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 14). Gleiches gilt für den Angeklagten M. in den Fällen C.I.1.a) und C.I.1.b) als Geschäftsführer der D. sowie im Fall C.I.1.c) als Geschäftsführer der R. , nachdem er den Angeklagten S. in dieser Position abgelöst hatte.
8
b) Für die Bestimmung des Umfangs der jeweils durch näher festgestelltes pflichtwidriges Verhalten der vorgenannten Angeklagten bewirkten Vermögensnachteile hat das Landgericht zutreffend auf die Zeitpunkte der Vornahme der Schädigungshandlungen abgestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199; vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 und vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15). Maßgeblich ist der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den pflichtwidrigen Verhaltensweisen zu Lasten des bzw. der betroffenen Vermögen (vgl. BGH jeweils aaO). Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus hat das Landgericht auf der Grundlage beweiswürdigend rechtsfehlerfreier Schlüsse jeweils näher ausgeführt, dass und in welchem Umfang die durch die Angeklagten S. und M. veranlassten Zahlungen aus den ihnen anvertrauten Vermögen nicht durch den wirtschaftlichen Wert der rechtlich erworbenen Gegenansprüche – regelmäßig – der Fondsgesellschaften ausgeglichen worden sind. Damit genügt das angefochtene Urteil den aus Art. 103 Abs. 2 GG resultierenden verfassungsrechtlichen Vorgaben, den Vermögensnachteil der Höhe nach zu beziffern und dessen Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise darzulegen (dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211). Soweit im Fall C.II.1.a) der Urteilsgründe bezüglich des Erwerbs einer nur eingeschränkt werthaltigen Immobilie der Vermögensnachteil der C. 5 und ihrer Kommanditisten nicht mit 3,2 Millionen Euro, sondern aus Gründen des subjektiven Tatbestands lediglich mit 1,9 Millionen Euro dem Schuldumfang zugrunde gelegt worden ist, hat sich dies ersichtlich nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt.
9
c) Es bedurfte vorliegend auch in den verfahrensgegenständlichen Fällen , in denen dem Vermögen als Kommanditgesellschaft verfasster Gesellschaften und ihrer Gesellschafter Nachteile zugefügt worden sind, weder für den Schuldspruch noch für den strafzumessungsrelevanten Schuldumfang näherer Feststellungen zu der Anzahl der jeweils betroffenen Gesellschafter und dem Umfang ihrer jeweiligen Beteiligung an den Gesellschaftsvermögen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar die Schädi- gung des Vermögens einer Kommanditgesellschaft lediglich zu einem gemäß § 266 StGB straftatbestandsmäßigen Vermögensnachteil führen, wenn sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter „berührt“ (siehe nur BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 f. Rn. 10; Urteil vom 10. Juli 2013 – 1 StR 532/12, NJW 2013, 3590, 3593 jeweils mit Nachw. auch zu Gegenauffassungen; aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive siehe näher Karsten Schmidt, JZ 2014, 878 ff.). Nach den getroffenen Feststellungen ist für alle zur Verurteilung führenden Fälle aber ausgeschlossen, dass die jeweils nicht wertentsprechend ausgeglichenen Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen sich nicht auch nachteilig auf die Vermögen der Gesellschafter ausgewirkt haben. Denn nach dem Anlagekonzept der betroffenen Fondsgesellschaften hing der Wert der Beteiligung daran von der Höhe des Gesellschaftsvermögens ab.
10
Auch für die jeweiligen Strafaussprüche waren keine weitergehenden Ausführungen zu dem Grad der Auswirkungen der Nachteilshandlungen auf das Vermögen der einzelnen Anleger als Kommanditisten oder sonst an den Gesellschaften (soweit Personengesellschaften) Beteiligten erforderlich. Der Gesamtumfang der den betroffenen Anlegern zugefügten Vermögensnachteile stimmt vorliegend jeweils mit der Höhe des Nachteils für die fragliche Fondsgesellschaft überein. Anders als in der dem Urteil des Senats vom 10. Juli 2013 (1 StR 532/12, NJW 2013, 3590 ff.) zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltung sind hier keine Zustimmungserklärungen von Gesellschaftern zu berücksichtigen , die sich auf die Höhe des verursachten Vermögensnachteils auswirken. Und abweichend von der für den Beschluss des Senats vom 23. Februar 2012 (1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 ff.) maßgeblichen Konstellation wurden vorliegend ersichtlich keine Gesellschafter geschädigt, hinsichtlich derer ein das Antragserfordernis aus § 266 Abs. 2, § 247 StGB auslösendes Angehörigen- verhältnis zu den Angeklagten bestand. Von den damit rechtsfehlerfrei festgestellten Gesamthöhen des jeweiligen Vermögensnachteils für die Gesellschafter der betroffenen Fondsgesellschaften ausgehend, hat das Landgericht seine weiteren, sehr umfangreichen und sorgfältigen Strafzumessungserwägungen zu den Einzelstrafen wegen der Verurteilungen zu Untreue gemäß § 266 StGB und strafbarer Beteiligung daran entwickelt. Die Angeklagten benachteiligende Rechtsfehler enthalten diese nicht.
11
2. Die Verurteilung aller drei Angeklagten jeweils wegen Betrugs durch Unterlassen (§§ 263, 13 Abs. 1 StGB) in drei Fällen zu Lasten der Anleger der Fondsgesellschaften D. , C. 4 und C. 5 ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.
12
a) Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils in eigener Person für verpflichtet gehalten, nach Abschluss der verfahrensgegenständlichen Untreuetaten zu Lasten der genannten Fondsgesellschaften und ihrer Anleger (C.I.1. und C.II.1. der Urteilsgründe), Letztere über die eingetretenen Vermögensnachteile zu informieren. Die entsprechende Pflicht im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB finde für alle Angeklagten ihre Grundlage in dem vorangegangenen vermögensschädigenden Verhalten. Für die Angeklagten S. und M. trete als Quelle der Garantenpflicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hinzu.Als Geschäftsführer der D. (betreffend den Angeklagten M. ) sowie der C. V. (betreffend den Angeklagten S. ) als Komplementärin von C. 4 und C. 5 seien diese gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Erfüllung der Pflichten der Gesellschaften im Verhältnis zu den Anlegern verpflichtet gewesen.
13
Bei auf verschiedene – vom Landgericht näher dargestellte – Weisen möglicher Information der Anleger über die Vermögensschädigungen zu Lasten der Fondsgesellschaften wären diejenigen Anleger, die die Entgelte für ihre Beteiligung ratenweise entrichteten, dazu veranlasst worden, nicht weiter an die Fondsgesellschaften zu zahlen. Die Minderung des Vermögens der Anleger durch fortgesetzte Zahlungen nach den Untreuehandlungen ist nach Ansicht des Landgerichts nicht durch die „Erweiterung“ ihrer Beteiligungsrechte an den Fondsgesellschaften wirtschaftlich ausgeglichen worden. Denn nach den erheblichen Untreuehandlungen zu Lasten der Fondsgesellschaften erwarben die Anleger vor dem Hintergrund der mit den Anlagen erstrebten Zwecke der Altersvorsorge und des langfristigen Vermögensaufbaus etwas anderes, als sie mit der Beteiligung an den Gesellschaften vertragsgemäß erreichen wollten. Die Höhe der Leistungen periodisch einzahlender Anleger nach dem jeweiligen Abschluss der Untreuehandlungen hat das Landgericht – bei Reduktion der Einnahmesummen um 20 % als Sicherheitsabschlag – bezüglich der D. - Anleger mit gut 5,3 Millionen Euro, bezüglich der C. 4 mit gut 458.000 Euro und der C. 5 mit gut 4,7 Millionen Euro festgestellt.
14
b) Die Erwägungen des Landgerichts halten rechtlicher Überprüfung stand.
15
aa) Es ist im Ergebnis ohne Rechtsfehler von einer Täuschung der Anleger durch Unterbleiben ihrer Aufklärung über die den Gesellschafts- und den Gesellschaftervermögen in der Vergangenheit seitens der Angeklagten zugefügten erheblichen Vermögensnachteile ausgegangen. Zu einer solchen Aufklärung waren die Angeklagten aber im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB rechtlich verpflichtet. Sie haben daher die Betrugstaten zu Lasten der Anleger durch Unterlassen verwirklicht.
16
(1) Diese Form der Verwirklichung eines Straftatbestandes ist gemäß § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Zur Begründung der Strafbarkeit aus einem unechten Unterlassungsdelikt muss ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, dass der Täter als „Ga- rant“ für die Abwendung des tatbestandlichen Erfolges einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (BGH, Urteil vom 25. September 2014 – 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318, 323 Rn. 19 mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 – 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013, 3014).
17
(2) Auf der Grundlage dieser für sämtliche unechten Unterlassungsdelikte geltenden Anforderungen ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs durch Unterlassen entweder als Täter oder als Teilnehmer für alle Personen in Frage kommt, die eine von § 13 Abs. 1 StGB erfasste Pflicht zur Aufklärung anderer über vermögensrelevante Tatsachen haben (etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44, 46 ff. Rn. 19 ff.; vom 25. September 2014 – 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318, 323 ff. Rn. 19 ff. und vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff.; siehe auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 38; Satzger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 263 Rn. 81 jeweils mwN; ausführlich etwa Frisch, Festschrift für Herzberg, 2008, S. 729, 744 ff.). Die strafbarkeitsbegründende Pflicht zur Aufklärung eines Dritten über vermögensrelevante Umstände kann dabei aus verschiedenen Gründen herrühren (vgl.
dazu Frisch aaO S. 729, 744 f.; Satzger aaO § 263 Rn. 85; Hefendehl in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 161 jeweils mwN). Unabhängig vom Entstehungsgrund muss die Pflicht stets darauf gerichtet sein, unrichtigen oder unvollständigen Vorstellungen des Getäuschten über Tatsachen, die zu einer Vermögensschädigung führen können, durch aktive Aufklärung entgegenzuwirken (Satzger aaO § 263 Rn. 84; in der Sache ebenso Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 19).
18
(a) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht im Ergebnis ohne Rechtsfehler eine Pflicht jedes Angeklagten angenommen, die ihre Beteiligung ratenweise bedienenden Gesellschafter der Fondsgesellschaften über die im Umfang erheblichen Veruntreuungen zu informieren.
19
(aa) Diese Pflicht findet für den Angeklagten S. gegenüber den Anlegern der C. 4 und C. 5 ihre Grundlage in den gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften und ihren Gesellschaftern. Gleiches gilt für den Angeklagten M. im Verhältnis zu den Anlegern der D. . Darauf hat das Landgericht in der Sache abgestellt, auch wenn es – unterVerweis auf die vertraglichen Pflichten der Fondsgesellschaften – der Formulierung nach unmittelbar auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rekurriert hat (UA S. 110).
20
Der Bundesgerichtshof nimmt eine auf vertragliche Beziehungen gestützte Aufklärungspflicht bezüglich vermögensrelevanter Tatsachen sowohl bei bestehenden Vertrauensverhältnissen als auch bei der Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen an, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtiger Umstände gebieten (etwa BGH, Urteil vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 399; Beschlüsse vom 8. November 2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 203 und vom 2. Februar 2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502; Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff. mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 9. Mai 2012 – IVZR 19/11, VersR 2013, 1042 ff. und Hebenstreit in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl., § 47 Rn. 25 mwN). In der Strafrechtswissenschaft sind aus vertraglichen Beziehungen resultierende Vertrauensbeziehungen ebenfalls weithin als Quelle einer Aufklärungs- bzw. Informationspflicht anerkannt (Hefendehl aaO § 263 Rn. 161-168, Rn. 190 f.; Perron aaO § 263 Rn. 19 und 22 jeweils mwN); insbesondere bei Gesellschaftsverhältnissen (einschließlich stiller Beteiligungen) und bei Verträgen über Vermögensangelegenheiten (Hefendehl aaO § 263 Rn. 190; Perron aaO § 263 Rn. 22; Satzger aaO § 263 Rn. 107 jeweils mwN; vgl. auch Hebenstreit aaO). Dementsprechend hat die Strafrechtsprechung bei der Begründung gesellschaftsrechtlicher Rechtsverhältnisse eine Aufklärungspflicht über dafür vermögensrelevante Umstände angenommen (RG, Urteil vom 30. Januar 1931 - I 1387/30, RGSt 65, 106, 107; BGH, Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff.).
21
Unter den vom Landgericht festgestellten Verhältnissen der Fondsgesellschaften bestand eine in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen gründende Aufklärungspflicht über den erfolgten Entzug von Gesellschaftsvermögen für die Angeklagten S. und M. jeweils gegenüber den Anlegern der genannten Fondsgesellschaften. Das hier maßgebliche besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Anlegern als an den Fondsgesellschaften Beteiligten und den Gesellschaften ergibt sich – wie das Landgericht rechtlich zutreffend angenommen hat – aus dem Konzept des sog. „blind pools“. Den Anlegern war weder bei Eingehen der Beteiligung noch während der Zeiträume der Erbringung der Anlagebeiträge bekannt, in welcher konkreten Weise die Anlagemittel durch die jeweils für die Fondsgesellschaften handelnden Perso- nen eingesetzt werden würden. Sie waren daher in besonderer Weise darauf angewiesen und normativ berechtigt, darauf zu vertrauen, dass die für die Fondsgesellschaften Handelnden die angelegten Gelder lediglich im Rahmen der mit dem Beitritt zu den Gesellschaften verfolgten, in den Emissionsprospekten benannten Zwecke der Altersvorsorge und des langfristigen Vermögensaufbaus einsetzen würden. Insoweit wohnt den gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der hier fraglichen Formen auch ein Beratungselement inne, bei dem der einzelne Anleger den Sachverstand der das Anlageprojekt auflegenden und verwaltenden (natürlichen) Personen in Anspruch nimmt. Verträge mit Beratungscharakter sind als Grundlage von betrugsstrafrechtlich bedeutsamen Aufklärungspflichten akzeptiert (siehe nur Hefendehl aaO § 263 Rn. 190; Satzger aaO § 263 Rn. 107).
22
Die Angeklagten S. und M. waren in eigener Person aufgrund ihrer Stellung als Vertretungsorgan der Fondsgesellschaft selbst (betreffend M. als Geschäftsführer der D. ) oder als Vertretungsorgan der die Gesellschaft vertretenden juristischen Person (betreffend S. als Geschäftsführer der C. V. als Komplementärin von C. 4 und C. 5) aufklärungspflichtig. Als natürliche Personen standen sie zwar in keiner unmittelbaren (gesellschafts)vertraglichen Beziehung zu den Anlegern der Fondsgesellschaften. Ihre Garantenstellung und ihre daraus folgende Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern findet ihre Grundlage aber in der tatsächlichen Übernahme der Stellung als Vertretungsorgan der Fondsgesellschaften selbst. In dieser Position waren sie für die Vornahme der Investitionsentscheidungen über das Fondsvermögen verantwortlich, auf die sich das berechtigte Vertrauen der Anleger in eine den Gesellschaftszwecken entsprechende Mittelverwendung bezog. Der Heranziehung von § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, auf den das Landgericht insoweit abstellt, bedarf es nicht. Die Vorschrift ist auf unechte Un- terlassungsdelikte nicht anwendbar (zu den Gründen siehe Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl., § 14 Rn. 41 mwN). Die wie vorliegend begründete Aufklärungspflicht steht nicht in Widerspruch zu den Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 StGB (vgl. zum Problem Seelmann, NJW 1981, 2132; Perron aaO § 263 Rn. 19 jeweils mwN). Denn die Angeklagten waren aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung gegenüber den Vermögen der Anleger als an den Gesellschaften Beteiligte ohnehin betreuungspflichtig.
23
Die Aufklärungspflicht bestand während des gesamten Zeitraums der gesellschaftsvertraglichen Bindung der Anleger als an den Fondsgesellschaften Beteiligte und nicht nur im Zeitpunkt der Anlageentscheidung. Jedenfalls unter den vorliegenden konkreten Verhältnissen von Fondskonzepten mit fortlaufenden Einzahlungen der Anleger in das Gesellschaftsvermögen blieb die im Gesellschaftsrechtsverhältnis wurzelnde Vertrauensbeziehung aufrechterhalten. Treten während des Zeitraums der Beteiligung Änderungen derjenigen tatsächlichen Umstände ein, die vermögensbezogen für die Anlageentscheidung maßgeblich waren, müssen die Anleger darüber informiert werden, um ihnen wegen der weiterhin periodisch erfolgenden Zahlungen auch zukünftig eine aufgeklärte Disposition über ihr Vermögen zu ermöglichen. Zu diesen Umständen gehören jedenfalls Schädigungen der Gesellschaftsvermögen, die – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – dazu führen, dass die Beteiligung an der Fondsgesellschaft nicht mehr die bei Aufnahme der Beteiligung versprochenen Zwecke des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge erreichen kann.
24
Für das besondere Vertrauensverhältnis zwischen einem Geldtransportunternehmen und seinen Geldtransporte beauftragenden Kunden hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine gemäß §§ 263, 13 Abs. 1 StGB strafbewehrte Aufklärungspflicht der für das Unternehmen Handelnden während laufender Geschäftsbeziehung begangener Veruntreuungen von transportierten Geldern angenommen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2012 – IV ZR 19/11, VersR 2013, 1042 ff.). Das entspricht im rechtlichen Ausgangspunkt dem vorstehend Ausgeführten.
25
(bb) Soweit die Angeklagten S. und M. auch wegen Betrugs der Anleger solcher Fondsgesellschaften verurteilt worden sind, für die sie nicht oder nicht in allen verfahrensgegenständlichen Zeiträumen als Vertretungsorgan gehandelt haben, gründet sich ihre Aufklärungspflicht vorliegend auf ihr vorangegangenes gefährdendes Tun (Ingerenz) in Gestalt der Begehung von Untreuetaten (§ 266 StGB) zum Nachteil der Fondsgesellschaften und ihrer Anleger bzw. der strafbaren Teilnahme an diesen Taten. Gleiches gilt für den Angeklagten T. , der bei keiner der nachteilig betroffenen Gesellschaften gesetzlicher Vertreter oder Angehöriger des Vertretungsorgans war.
26
Ein pflichtwidriges Vorverhalten führt allerdings nur dann zu einer Garantenstellung aus Ingerenz, wenn dadurch die naheliegende Gefahr des Eintritts eines konkreten tatbestandsmäßigen Erfolgs verursacht worden ist (BGH, Urteile vom 23. September 1997 – 1 StR 430/97, BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 14 und vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44, 47 Rn. 21; Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 70 Rn. 7; siehe auch Dannecker/Dannecker JZ 2010, 981, 982). Der durch das Vorverhalten herbeigeführte Zustand muss so beschaffen sein, dass es zum Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs kommt oder ein bereits eingetretener Schaden vertieft wird (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1989 – 1 StR 372/89, BGHSt 36, 255, 258; Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 70 Rn. 7 mwN).
27
Eine auf pflichtwidrigem Vorverhalten beruhende Pflicht zur Aufklärung über vermögensrelevante Umstände wird auch in Teilen der Strafrechtswissenschaft im Grundsatz akzeptiert (etwa Kindhäuser in Nomos Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 263 Rn. 155; Perron aaO § 263 Rn. 20; Satzger aaO § 263 Rn. 100 jeweils mwN), meist aber an über das Vorgenannte hinausgehende Voraussetzungen geknüpft (Hefendehl aaO § 263 Rn. 165; Satzger aaO § 263 Rn. 101–103). Eine aus Ingerenz herrührende Aufklärungspflicht erfordere eine zuvor geschaffene Irrtumsgefahr (Kindhäuser aaO § 263 Rn. 155; Satzger aaO § 263 Rn. 100 aE; Hefendehl aaO § 263 Rn. 165; Dannecker/Dannecker JZ 2010, 981, 985). Diese soll in Betracht kommen, wenn der Täter vorgehend unvorsätzlich eine unrichtige Tatsache behauptet hat, nach Erkennen der Unrichtigkeit aber die Richtigstellung unterbleibt oder er vorgehend vorsätzlich Unrichtiges noch ohne Schädigungsvorsatz behauptet hat, den dadurch bewirkten Irrtum beim Erklärungsempfänger aber später nunmehr mit Schädigungsvorsatz ausnutzt (Kindhäuser und Satzger jeweils aaO; vgl. auch Perron aaO § 263 Rn. 20). Die Aufklärungspflicht aufgrund Ingerenz soll, wie betrugsstrafrechtlich relevante Aufklärungspflichten überhaupt, auf ein Vertrauenselement zurückgeführt werden. Das sei gegeben, wenn das pflichtbegründende Vorver- halten „den Charakter einer objektiven Täuschung in sich trägt“ und die Aufklä- rungspflicht gerade dem Vermögensschutz der Opfer dient (Satzger aaO § 263 Rn. 102 mwN).
28
Diese Voraussetzungen einer auf lngerenz gestützten Aufklärungspflicht sind insoweit zu eng, als sie relevantes Vorverhalten ausschließlich auf solches beschränken, das selbst objektiv Täuschungscharakter aufweist. Jedenfalls für die hier vorliegende Fallgestaltung trägt eine solche Restriktion dem hinter den Aufklärungspflichten zugunsten eines Vermögensinhabers stehenden Vertrauensgedanken nicht ausreichend Rechnung. Die in der Strafrechtswissenschaft erörterten, im vorstehenden Absatz dargestellten Konstellationen sind dadurch gekennzeichnet, dass durch objektiv täuschendes Verhalten des (möglichen) Täters der deshalb irrende Verfügende zu einem unbewusst selbstschädigenden Verhalten veranlasst wird. Der Getäuschte soll durch die nachträgliche Aufklärung über die Unrichtigkeit der für seine Vermögensdisposition bedeutsamen Information in die Lage versetzt werden, nunmehr auf informierter Grundlage über die weitere Verwendung seines Vermögens entscheiden zu können. Die Verantwortung des Täters für die Aufklärung rührt aus der Veranlassung des vermögensrelevanten Irrtums her. Wegen dieser Verantwortung für die Entstehung des Irrtums darf der Vermögensinhaber auf eine nachträgliche Richtigstellung seitens des zunächst objektiv Täuschenden vertrauen.
29
Jedenfalls in Fallgestaltungen wie den vorliegenden mit einer Entscheidung der betroffenen Vermögensinhaber für eine Geldanlage, bei der über einen langen Zeitraum periodisch wiederkehrend Einlagen in die Anlageform zu erbringen sind, werden die für die Anlageentscheidung maßgeblichen Umstände , wie etwa die Eignung zur Altersvorsorge und zum langfristigen Vermögensaufbau , aber nicht allein durch vorausgehendes objektiv täuschendes Verhalten beeinflusst. Vielmehr können sich die für eine Anlageentscheidung erheblichen tatsächlichen Umstände auch durch andere Verhaltensweisen in relevanter Weise verändern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs täuschen die Betreiber eines Anlagemodells die (späteren) Anleger, wenn in den Emissionsprospekten eine sichere Anlage mit erheblichen Renditen in Aussicht gestellt wird, die Betreiber aber von Anfang an nicht vorhaben, diese Ziele zu erreichen, sondern stattdessen entschlossen sind, dem jeweiligen Fondsvermögen eigennützig Kapital in erheblichem Umfang zu entziehen (sie- he etwa BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10 ff.; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 ff.; vgl. auch Dannecker in G/J/W, 2. Aufl., § 263 Rn. 305). Es liegt in solchen Konstellationen eine Täuschung der Anleger über die Art, den Zweck und die Qualität der Anlageform schlechthin vor (BGH aaO BGHSt 51, 10, 14 Rn. 14).
30
Erfolgt eine solche Täuschung durch die Betreiber des Anlagemodells nicht bereits vor der Anlageentscheidung, sondern entschließen sich diese erst nach dem Zeichnen der Beteiligung durch die Anleger dazu, dem Fondsvermögen Kapital in erheblichem Umfang zu eigenen Zwecken zu entziehen und heben damit die bisherigen Zwecke der Anlageform auf, stellt sich für die betroffenen Anleger jedenfalls dann keine andere Situation als vor der ursprünglichen Anlageentscheidung dar, wenn sie durch die ratenweise Erbringung immer wieder auf der Grundlage vermeintlich unveränderter, für das Verbleiben in der Anlage relevanter Umstände Vermögensverfügungen treffen. Die Pflicht zur Erteilung von Informationen über die in den Veruntreuungen zu Lasten des Fondsvermögens liegenden, veränderten Umständen trifft zumindest bei der hier vorliegenden Fallgestaltung diejenigen, die die Veränderung in ihnen zurechenbarer Weise herbeigeführt haben. Dies entspricht der dargestellten Wertung bei der Verantwortlichkeit für eine Garantenpflicht aus Ingerenz aufgrund objektiv täuschenden Vorverhaltens.
31
(b) Die so ausgelöste Garantenpflicht zur Aufklärung der Anleger trifft alle drei Angeklagten als an den Untreuetaten strafbar Beteiligte, soweit sie nicht ohnehin als Vertretungsorgane der betroffenen Fondsgesellschaften einer Aufklärungspflicht unterlagen.
32
(3) Soweit es hinsichtlich Betrugs durch Unterlassen bei auf Ingerenz gestützter Garantenstellung und daraus resultierender Aufklärungspflicht einer näheren Begründung der Gleichwertigkeit von Tun und Unterlassen (Modalitätenäquivalenz , § 13 Abs. 1 letzter Halbs. StGB) bedarf (dazu näher Maaß, Betrug verübt durch Schweigen, 1982, S. 32 ff.; Hefendehl aaO § 263 Rn. 226; Satzger aaO, § 263 Rn. 114), ist diese gegeben. Die Pflicht zur Information der Anleger bezog sich gerade auf solche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände, bezüglich deren Vorliegen im Zeitpunkt der Zeichnung der Fondsanteile eine Täuschung der Anleger durch positives Tun infolge unrichtiger Inhalte in den jeweiligen Emissionsprospekten (vor allem Eignung zur Altersvorsorge und zum langfristigen Vermögensaufbau) erfolgt wäre.
33
bb) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei von einem Irrtum sämtlicher betroffener Anleger der Fondsgesellschaften D. , C. 4 und C. 5 darüber überzeugt, dass ihre Beteiligungen während des gesamten Zeitraums ihrer periodischen Einzahlungen in das Gesellschaftsvermögen noch der Konzeption entsprachen, die ihnen bei Zeichnung der Beteiligung versprochen worden war. Beweiswürdigend genügte dafür die Vernehmung von neun Anlegern , um aus ihren den Irrtum bestätigenden Angaben auf einen solchen bei sämtlichen Anlegern schließen zu dürfen (zu den Anforderungen siehe nur BGH, Beschlüsse vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 99 f. und vom 1. Oktober 2015 – 3 StR 102/15, NStZ-RR 2016, 12, jeweils mwN).
34
cc) Die Überzeugung des Landgerichts, bei Information der Anleger über das dem Vermögen der Fondsgesellschaften nachteilige Verhalten entweder durch direktes Anschreiben unter Rückgriff auf die bei den Gesellschaften geführten Datenbanken, durch Information über das Internet oder durch Strafanzeige , wären weitere Vermögensverfügungen der Anleger durch fortlaufende Einzahlungen mit Sicherheit unterblieben, beruht ebenfalls auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
35
dd) Es ist rechtlich auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Landgericht die mit den Einzahlungen der Anleger nach Abschluss der Untreuehandlungen einhergehenden Ansprüche der Gesellschafter wirtschaftlich als völlig wertlos betrachtet hat. Dies entspricht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen der Fondsgesellschaften nach den Schädigungshandlungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bezifferung des Vermögensschadens bei – phänomenologisch – Anlagebetrügereien (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15 ff. Rn. 17 ff.; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 ff. Rn. 8 ff.).
36
ee) Die Annahme des Landgerichts, die Aufklärung der Anleger über die von den Angeklagten zu verantwortenden Schädigungen des Vermögens der Fondsgesellschaften und deren Anteilseigner sei den Angeklagten rechtlich zumutbar gewesen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes, den strafrechtlich missbilligten Erfolg abwendendes Verhalten zumutbar ist, muss grundsätzlich von dem dazu berufenen Tatrichter im Rahmen einer wertenden Gesamtwürdigung des Einzelfalles getroffen werden, in die einerseits die widerstreitenden Interessen der Beteiligten und andererseits die Gefahr für das bedrohte Rechtsgut einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 398 f.; siehe auch bereits Urteil vom 20. Dezember 1983 – 1 StR 746/83, NStZ 1984, 164; Kudlich in Satzger/Schluckebier/Widmaier aaO § 13 Rn. 44; Wohlers/Gaede in Nomos Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 13 Rn. 18). Ist mit der Vornahme der rechtlich gebotenen Handlung die Gefahr der Aufdeckung eigener Straftaten des Garanten verbunden, steht dies der Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens gerade wegen des eigenen rechtswidrigen Verhaltens im Vorfeld regelmäßig nicht entgegen (BGH, Urteile vom 1. April 1958 – 1 StR 24/58, BGHSt 11, 353, 355 f. und vom 19. Dezember 1997 – 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 399; vgl.
auch Urteil vom 6. Mai 1960 – 4 StR 117/60, BGHSt 14, 282, 286 f.; Weigend in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 13 Rn. 69; Kudlich aaO § 13 Rn. 44; Wohlers/Gaede aaO § 13 Rn. 18). Auch aus dem Verfassungsrecht lässt sich nicht ableiten, dass Selbstbegünstigung als Ausfluss persönlicher Freiheit stets straflos oder darüber hinausgehend sogar erlaubt sein müsse (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1963 – 2 BvR 161/63, BVerfGE 16, 191, 194). Ebenso wenig schließt das Verfassungsrecht aus, Selbstbegünstigungshandlungen unter Strafe zu stellen, wenn durch diese strafrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG aaO BVerfGE 16, 191, 194; siehe auch BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14, BGHSt 60, 198, 204 f. Rn. 35 f.).
37
Bei Anlegen dieser Maßstäbe hat es das Landgericht rechtsfehlerfrei für die Angeklagten als zumutbar erachtet, die Anleger über die erheblichen Schädigungen der Vermögen der Fondsgesellschaften zu informieren. Im Rahmen der geforderten Abwägung sind die Interessen der zahlreichen Anleger, nicht weiter „wertlose" Einzahlungen in die Fondsgesellschaften zu leisten, höher gewichtet worden als die Interessen der Angeklagten daran, sich nicht der Gefahr eigener Strafverfolgung auszusetzen. Diese Wertung ist nicht zu beanstanden. Ob anderes zu gelten hätte, wenn die rechtlich gebotene Handlung während eines laufenden Strafverfahrens notwendig mit einem Geständnis einherginge (dazu Wohlers/Gaede aaO § 13 Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Situation war vorliegend nicht gegeben.
38
ff) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht die Angeklagten jeweils als Täter der Unterlassungstaten verurteilt hat (vgl. zu den Kriterien BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 – 4 StR 488/08, NStZ 2009, 321 f. mwN).
39
c) Die Zumessung der Strafen für die Betrugstaten ist rechtsfehlerfrei.
40
3. Gleiches gilt für die Entscheidungen über die Vermögensabschöpfung. Das Landgericht hat im Rahmen der gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB erfolgten Feststellungen zu dem durch die Angeklagten aus den Taten Erlangten auch die Voraussetzungen der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei erörtert. Graf Jäger Bellay Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR314/14
vom
4. September 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 16. Oktober 2013 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: Den Angeklagten A. wegen Betruges in sechs tatmehrheitlichen Fällen sowie versuchten Betruges in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten M. wegen versuchten Betruges sowie zweier Fälle der Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Hiergegen wenden sich die jeweils mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts organisierte der Angeklagte A. unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes verschiedene „An- rufwellen“ durch Call-Center, wobei eine erhebliche Anzahl der Angerufenen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht wurde, gegen Nachnahmezahlungen zwischen 75 und 97 Euro ein „Widerrufsschreiben“ zu erwerben , das der Abwehr von Ansprüchen ihrerseits betrügerisch agierender Gewinnspieleintragungsdienste und der Rückforderung bereits an diese gezahlter Geldbeträge dienen sollte. Zudem sorgte der Angeklagte A. dafür, dass an viele der durch die Anrufe zum telefonischen Vertragsschluss gebrachten Geschädigten weitere Schreiben gesandt wurden, in denen diese unter Vortäuschung offener Forderungen aus dem angeblich weiter bestehenden Vertragsverhältnis („2. Rechnung“, „Letzte Zahlungsaufforderung“ etc.) zur Zahlung von Beträgen in Höhe zwischen 59,95 und 91,80 Euro aufgefordert wurden. Zahlreiche der angeschriebenen Personen überwiesen die jeweils geforderten Beträge. Sämtliche Geldbeträge gingen auf Konten ein, über die der Angeklagte A. unmittelbar oder über Mittelsmänner verfügen konnte. Der Angeklagte M. beteiligte sich an zweien dieser Projekte (Beihilfefälle) und organisierte in einem Fall ohne den Angeklagten A. selbst eine Anrufaktion.
3
Im Einzelnen kam es auf die beschriebene Art und Weise zu folgenden Taten:
4
a) Im Rahmen des „Projekts Verbraucherangriff“ zahlten nach telefoni- scher Anwerbung für ein „Widerrufsschreiben“ 1.036 Personen per Nachnahme insgesamt 79.756 Euro. An 853 Personen wurde anschließend ein inhaltlich unzutreffendes Schreiben „2. Rechnung“ gesandt, woraufhin 152 Personen insgesamt 12.075 Euro zahlten. Auf ein weiteres Schreiben „Letzte Zahlungsaufforderung“ , das an 719 Personen verschickt wurde, zahlten 119 der Angeschriebenen insgesamt 10.924,20 Euro. An 671 Personen wurde im Rahmen dieses „Projekts“ noch eine unzutreffende „Rechnung 1.7.2011 – 31.12.2011“ versandt, woraufhin 62 Personen insgesamt 5.170 Euro überwiesen.
5
b) Bei dem „Projekt Deutsche Verbraucherberatung“ kam es 2010 nach der durchgeführten Anrufaktion zur Zahlung von insgesamt 12.192 Euro durch 140 telefonisch kontaktierte Personen für ein „Widerrufsschreiben“ per Nach- nahme. Im Jahr 2011 zahlten nach einer vom Angeklagten M. durchgeführten Telefonaktion 461 Personen insgesamt 41.029 Euro.
6
c) Im Rahmen des „Projekts Kundenschutz24“ erhielten 6.380 Personen, deren Daten sich der Angeklagte A. zuvor von dritter Seite beschafft hatte, ein inhaltlich unzutreffendes Schreiben „2. Rechnung“, woraufhin 1.147 Personen insgesamt 68.762,65 Euro überwiesen. Unter der Überschrift „Kundenschutz24 , Rechnung 1.7.2011 – 31.12.2011“ wurden zudem 10.062 Personen angeschrieben und zur Zahlung aufgefordert, woraufhin 648 Personen insgesamt 38.847,60 Euro zahlten.
7
2. Die Feststellungen zum Tatgeschehen hat das Landgericht insbesondere auf ein Teilgeständnis der Angeklagten, die Angaben weiterer nichtrevidierender Mitangeklagter, die Angaben des als Zeugen gehörten Mittäters K. , zahlreiche E-Mails und andere Urkunden, die Inhalte von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation der Beteiligten, die Angaben von „Mitarbeitern“ aus den Callcentern sowie auf die zeugenschaftlichen Äußerungen von angerufenen Kunden gestützt.
8
Ohne insoweit einen Zeugen gehört zu haben, hat sich das Landgericht davon überzeugt, dass bei den übersandten falschen Rechnungen jeweils mindestens ein Kunde den geforderten Betrag überwiesen habe, weil er aufgrund der Rechnung irrig davon ausgegangen sei, er sei zur Zahlung verpflichtet. Hierfür hat das Landgericht folgende Gründe genannt: Es bestehe nach aller Lebenserfahrung ein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, dass eine Person , der gegenüber eine Rechnung gestellt wird und die diese bezahlt, dies grundsätzlich nicht täte, wenn sie davon ausginge, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein. Zwar sei es durchaus möglich, dass im Einzelfall eine Person eine Rechnung nur bezahle, „um ihre Ruhe zu haben“, auch wenn sie davon ausge- he, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein. Es sei aber ausgeschlossen, dass jeweils alle Kunden aus diesem Grund gezahlt hätten, zumal die Rechnungs-/ Mahnschreiben nicht in hoher Frequenz zugesandt worden seien. Weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass zumindest vereinzelt Kunden die Rechnung gezahlt hätten, obwohl sie davon ausgingen, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass alle Kunden irrtumsbedingt gezahlt hätten.
9
Auf den diesbezüglichen Vorsatz und die betrügerischen Absichten der Angeklagten hat das Landgericht aus dem äußeren Geschehensablauf, dem Auftreten unter Aliasnamen und aus dem Inhalt von überwachter Telekommunikation geschlossen.
10
3. Ausgehend hiervon hat das Landgericht die Organisation der „Anruf- wellen“ über Call-Center als drei Betrugsversuche des Angeklagten A. und einen Betrugsversuch des Angeklagten M. (in Form eines uneinheitlichen Organisationsdelikts) gewertet. Bezüglich der Versendung unzutreffender Rechnungen oder Mahnungen hat das Landgericht pro Aktion einen Fall des vollendeten Betruges angenommen, weil jeweils mindestens ein Kunde irrtumsbedingt gezahlt habe. Als Vollendungsschaden wurde in diesen Fällen nur ein geringer Betrag angesehen, im Rahmen der Strafzumessung indes negativ ge- wertet, dass sich der Vorsatz der Angeklagten auf hohe Schadensbeträge bezogen habe.

II.


11
Den Revisionen der Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
12
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 25. Juni 2014 ohne Erfolg. Der weitergehenden Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
13
a) Die Angeklagten beanstanden u.a. die Ablehnung mehrerer Beweisanträge als rechtsfehlerhaft, mit denen insbesondere beantragt worden war, sämt- liche Zeugen, „deren Namen und ladungsfähige Anschriften sich aus den Akten Sonderband Mail Boxes 0023 Band I Blatt 257 – 287 ergeben“ bzw. „deren Namen und ladungsfähige Anschriften sich aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Würzburg – Liste nach Seite 18 ergeben“ zu laden und in der Hauptverhandlung als Zeugen zu hören. Beweisthema war der Inhalt der jeweiligen Telefonate. Aus den Aussagen der Zeugen sollte sich ergeben, dass diese am Telefon wahrheitsgemäß informiert worden seien. Das Landgericht hat diese Anträge abgelehnt, indem Beweistatsachen teils als wahr unterstellt, teils als bedeutungslos angesehen wurden, teils wurde dem Antrag die Qualität als Be- weisantrag abgesprochen, weil der Beweisantrag „aufs Geratewohl“ gestellt worden sei oder es an der notwendigen Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel fehle. Ein weiterer, ergänzter Beweisantrag ähnlichen Inhalts wurde zudem wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt.
14
b) Die genannten Rügen entsprechen schon nicht den Formerfordernissen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind deshalb unzulässig. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Dies hat so vollständig und genau zu geschehen , dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären. Dabei genügt es nicht, Fundstellen in den Akten in Bezug zu nehmen , auch wenn es – wie hier – im Wortlaut eines Antrags geschieht. Vielmehr müssen solche Stellen, wenn sie für die Beurteilung der Rüge von Bedeutung sein können, in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben werden (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 5). Da für die Prüfung des Revisionsgerichts , ob ein formgerechter Beweisantrag vorliegt, die in den Anträgen in Bezug genommenen Aktenstellen entscheidend sind, in denen die Zeugen nach dem Beweisantrag mit Namen und ladungsfähiger Anschrift genannt sind, muss deren Inhalt im Rahmen der Beweisantragsrüge umfassend vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 5 StR 191/09, NStZ 2009, 649, 650; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2003 – 5 StR 120/03, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).
15
c) Der Senat kann deshalb offenlassen, ob den Anträgen schon die Qualität als Beweisantrag fehlt, weil die Beweismittel durch einen Verweis auf andere Aktenstellen nicht hinreichend bezeichnet sein könnten. Grundsätzlich bedarf es bei Zeugen der Benennung von Name und ladungsfähiger Anschrift, wenn der Antragsteller – wie hier – dazu in der Lage ist (vgl. Becker in LöweRosenberg , 26. Aufl., § 244 Rn. 105; Dallmeyer in Alsberg, Der Beweisantrag im Strafprozess, 6. Aufl., Rn. 106 ff., jeweils mwN). Indes hat die Rechtsprechung von diesem Grundsatz eine Ausnahme zugelassen, wenn alle Individua- lisierungsfaktoren dem Tatgericht eindeutig bekannt sind, etwa aus der Anklageschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 5 StR 191/09, NStZ 2009, 649 f.). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem für das Tatgericht kein Zweifel über die Identität der benannten Beweismittel bestand, könnte es als bloße „Förmelei“ erscheinen, wenn man von dem Antragsteller über die konkre- te Benennung der Aktenstelle, aus der sich die Namen einer Vielzahl von Zeugen mit ladungsfähiger Anschrift eindeutig ergibt, das Kopieren zahlreicher Seiten und das Einfügen dieser Kopien in den Beweisantrag fordern würde.
16
2. Auch die jeweils erhobenen Sachrügen decken keine die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes :
17
a) Die Beweiswürdigung ist – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat – entgegen der Auffassung der Revisionsführer rechtsfehlerfrei. Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellungen, die das Landgericht zu Irrtum und irrtumsbedingter Vermögensverfügung der angeschriebenen Geschädigten in den Fällen des vollendeten Betruges getroffen hat.
18
aa) Der Bundesgerichtshof hat sich in den letzten Jahren in einer Reihe von Fällen mit der Frage beschäftigt, wie in (Massen-)Betrugsverfahren in tragfähiger Weise Feststellungen zum inneren Vorstellungsbild der getäuschten Personen getroffen werden können (vgl. aus sachlich-rechtlicher Perspektive BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198; Urteil vom 9. Juni 2009 – 5 StR 394/08, NStZ 2009, 697; Beschluss vom 22. Januar 2012 – 3 StR 285/11, wistra 2012, 315; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595; Urteil vom 27. März 2014 – 3 StR 342/13, NJW 2014, 2054; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459; Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13; vgl. aus verfahrensrechtlicher Perspektive BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434 [insoweit in BGHSt 54, 44 nicht ab- gedruckt]; Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 3 StR 154/13, NStZ 2014, 111 m. Anm. Allgayer; vgl. zur Beschränkung gemäß § 154a StPO auf den Vorwurf des nur versuchten Betruges in vergleichbaren Fällen BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, 122; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459).
19
Für die Beweiswürdigung in derartigen Fällen gilt: Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist. In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvor- stellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen, wobei er dies im Urteil darzulegen hat (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215 f.).
20
bb) Dies hat das Landgericht im vorliegenden Fall getan. Es hat aus einer Reihe von Indizien den Schluss gezogen, dass mindestens einer der je- weils Angeschriebenen auf die inhaltlich unzutreffenden, als „Rechnung“ oder „Zahlungsaufforderung“ bezeichneten Schreiben in der irrigen Vorstellung ge- zahlt hat, er sei zur Zahlung des geforderten Geldbetrages aufgrund des (konkludent ) vorgespiegelten Vertragsinhalts verpflichtet. Vor dem Hintergrund, dass die Forderungen eine nicht unerhebliche Summe (deutlich über der Geringwertigkeitsgrenze von 25 Euro, vgl. Fischer, 61. Aufl., § 243 Rn. 25 mwN) betrafen und bei derartigen Beträgen jedenfalls grundsätzlich davon auszugehen ist, dass niemand eine so hohe angebliche Forderung bezahlt, von der er weiß, dass sie zu Unrecht erhoben wird, konnte die Strafkammer aus den erfolgten Zahlungen insgesamt den Schluss ziehen, dass mindestens eine von über 50 Personen irrtumsbedingt gezahlt hat. Die Schlussfolgerung des Landgerichts , dass jedenfalls nicht alle Geschädigten nur deshalb gezahlt haben, „um ihre Ruhe zu haben“, ist lebensnah und nachvollziehbarund deshalb vom Revisionsgericht nicht zu beanstanden. Die Erwägung eines solchen Zahlungsmotivs gewinnt bei unberechtigt übersandten Rechnungen und Mahnschreiben zwar an Gewicht, je niedriger der angeforderte Zahlbetrag und je stärker die Mahnfrequenz und Mahnintensität – und damit die nötigungsnahe Lästigkeit – ist. Bei Fällen wie dem vorliegenden (Zahlbetrag deutlich über 25 Euro, jeweils über 50 Geschädigte, keine hohe Aufforderungsfrequenz und -intensität) lässt die Annahme, mindestens eine dieser Personen habe irrtumsbedingt und nicht lästigkeitsbedingt verfügt, Rechtsfehler nicht erkennen.
21
cc) Ein Rechtsfehler liegt auch nicht darin, dass sich das Gericht zur Feststellung dieses Irrtums nicht auf die Aussage eines oder mehrerer Zeugen, sondern auf äußere Umstände und allgemeine Erfahrungssätze gestützt hat.
22
Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Gericht in der Regel – vor allen Dingen bei einem normativ geprägten Vorstellungsbild der Geschädigten – auch lediglich aus Indizien auf einen Irrtum schließen kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216 mwN). Die Feststellung des Vorstellungsbildes geschädigter Personen beim Betrug folgt dabei keinen anderen Regeln als die Feststellung sonstiger innerer Tatsachen wie etwa des Vorsatzes beim Angeklagten. Auch dort ist der Schluss von äußeren Umständen auf eine innere Einstellung regelmäßig möglich und teilweise auch geboten (vgl. nur zum Tötungsvorsatz bei objektiv äußerst gefährlichen Gewalthandlungen BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186). Feste Beweisregeln für die Feststellung innerer Sachverhalte kennt das Gesetz weder hinsichtlich des Angeklagten noch hinsichtlich möglicher Geschädigter. Es gilt vielmehr – unabhängig vom Tatbestand – der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO).
23
Soweit in einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anklingt, Feststellungen zum Irrtum seien beim Betrug in aller Regel nur möglich, wenn die irrende Person oder bei Massenbetrugsfällen jedenfalls einige der Geschädigten ermittelt und als Zeugen in der Hauptverhandlung vernommen würden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459 f.), könnte der Senat dem nicht ohne weiteres folgen. Denn gerade bei einem normativ geprägten Vorstellungsbild wird der Schluss auf einen Irrtum des Verfügenden häufig allein auf tragfähige Indizien gestützt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216). Grundlage eines solchen Indizschlusses können auch äußere Umstände sein, die der Angeklagte glaubhaft gestanden hat, weshalb es keinen Rechtssatz des Inhalts gibt, Feststellungen zu einem Irrtum beim Betrug könnten nicht auf der Grundlage eines Geständnisses des Angeklagten getroffen werden (in diese Richtung aber wohl BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; vgl. zu dieser Problematik auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460).
24
dd) In Massenbetrugsverfahren kann sich das Gericht seine Überzeugung von einem Irrtum vieler Geschädigter auch dadurch verschaffen, dass es einige der Geschädigten als Zeugen vernimmt (oder deren Aussagen auf andere Art und Weise in die Hauptverhandlung einführt) und aus deren Angaben zum Vorliegen eines Irrtums indiziell auf einen Irrtum bei anderen Geschädigten schließt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595; Urteil vom 27. März 2014 – 3 StR 342/13, NJW 2014, 2054; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459).
25
b) Soweit es danach nahe gelegen hätte, die Angeklagten auch in den Fällen der Organisation einer „Anrufwelle“ jeweils wegen vollendeten Betruges zu verurteilen, sind sie durch die wenig nachvollziehbare Annahme bloßen Versuchs nicht beschwert.
26
c) Die Strafzumessung des Landgerichts ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es hat in den Vollendungsfällen jeweils zu Gunsten der Angeklagten gewürdigt , dass der Vollendungsschaden nur sehr gering war, zu ihren Lasten aber die Höhe des erstrebten unrechtmäßigen Vermögensvorteils. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 179). Weil in derartigen Fällen regelmäßig ein gegenüber dem Erfolgsunrecht besonders gesteigertes Handlungsunrecht vorliegt, ist es für die Strafzumessung nicht immer von entscheidender Bedeutung, ob es bei (einzelnen) Betrugstaten zur Vollendung kommt oder mangels Irrtums des Getäuschten oder wegen fehlender Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung beim Versuch bleibt. Wenn die Taten eine derartige Nähe zur Tatvollendung aufweisen, dass es vom bloßen Zu- fall abhängt, ob die Tatvollendung letztlich doch noch am fehlenden Irrtum des Tatopfers scheitert, kann das Tatgericht unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters und der Tatumstände des konkreten Einzelfalls zum Ergebnis gelangen, dass jedenfalls die fakultative Strafmilderung gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu versagen ist (Senat, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 424).
Raum Rothfuß Graf
Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 102/15
vom
1. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten S. und D.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
1. Oktober 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S. und D. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. September 2014
a) soweit es den Angeklagten S. betrifft, aa) im Schuldspruch zu Fall II.2. der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist, bb) hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II.3. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex II.3.a) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre") aufrecht erhalten , cc) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über das Absehen von einer Verfallsanordnung;
b) soweit es den Angeklagten D. betrifft, aa) im Schuldspruch zu Fall II.6. der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist, bb) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex II.3.a) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre" ) und zur Einbindung des Angeklagten in das Tatgeschehen im Komplex II.4.e) der Urteilsgründe ("Werbestop" ) aufrecht erhalten, cc) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) soweit es die Mitangeklagten F. und M. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die jeweilige Gesamtstrafe;
d) soweit es die Mitangeklagte K. betrifft, aa) hinsichtlich der Einzelstrafe zu Fall II.3. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex II.3.a) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre") aufrecht erhalten , bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über das Absehen von einer Verfallsanordnung, soweit der von der Strafkammer fest- gestellte Betrag 159.301 € übersteigt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen "gewerbsmäßigen" Betruges und gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und festge- stellt, dass gegen ihn wegen eines Betrages in Höhe von 1.002.706,80 € des- halb nicht auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Den Angeklagten D. hat es des gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen und des "gewerbsmäßigen" Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verhängt. Die nicht revidierenden Mitangeklag- ten F. , M. und K. hat das Landgericht wegen deren jeweiliger Beteiligung an diesen Fällen zu Bewährungsstrafen verurteilt; hinsichtlich der Mitangeklagten K. hat es zusätzlich festgestellt, dass einer Verfallsanordnung Ansprüche Verletzter entgegenstehen, jedoch an sich ein Betrag von 351.699 € dem Verfall von Wertersatz unterliegt. Die Revisionsfüh- rer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der allgemeinen Sachrüge und beanstanden das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Revision des Angeklagten S.
3
1. Aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten zutreffenden Gründen fehlt es nicht an der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklage und ist die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge nicht begründet.
4
2. Der Schuldspruch im Fall II.5. der Urteilsgründe ("Forderungsmanagement" ) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Weder tragen die Feststellungen die Annahme eines vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 5 StGB) noch sind diese ausreichend belegt. Im Einzelnen:
5
a) Nach den diesbezüglichen Feststellungen fasste der Angeklagte zusammen mit dem Angeklagten D. und der Mitangeklagten K. den Entschluss, gemeinsam sogenanntes Forderungsmanagement zu betreiben. Über die Firmen MS und SK schlossen sie Verträge mit anderen Unternehmen, den sog. Produktgebern, ab, für die sie Forderungen gegenüber den ihnen genannten Personen geltend ma- chen sollten. Die einzuziehenden Forderungen sollten aus dem telefonischen Vertrieb von Gewinnspieleintragungsdiensten und Zeitschriftenabonnements resultieren. 50% der generierten Einnahmen sollten an die jeweiligen Produktgeber zurückfließen, den Rest sollten die Angeklagten S. , D. und K. vereinnahmen.
6
Auf dieser Grundlage versendeten die Angeklagten Schreiben an die von ihren Vertragspartnern mitgeteilten Kunden, mit denen sie die Zahlung der ihnen genannten Ansprüche anmahnten. In den Fällen der Forderungen, die mit dem Vertrieb des Lotterieeintragungsdienstes "Gewinnerzentrale 49" in Zusammenhang standen, wurden die Kunden in den von den Angeklagten ver- sendeten Schreiben aufgefordert, einen Betrag in Höhe von 99 € zur Vertrags- beendigung zu zahlen. Die Geschädigten wurden zum Teil durch die in den Mahnschreiben aufgeführte Drohung, dass rechtliche Schritte eingeleitet würden bzw. dass im Falle von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen höhere Kosten entstünden, zu Zahlungen veranlasst, obwohl weitere Maßnahmen gar nicht geplant waren. In einigen Fällen wurde bei den überwiegend älteren Adressaten der Eindruck hervorgerufen, dass sie tatsächlich einen Vertrag geschlossen hatten und damit ein entsprechender Irrtum erregt. Insgesamt erwirkten die An- geklagten auf diese Weise Zahlungen in Höhe von 192.398 €.
7
Hinsichtlich der aus dem Gewinnspieleintragungsdienst "Gewinnerzentrale 49" geltend gemachten Ansprüche sah der Angeklagte die Möglichkeit, dass es sich um nicht bestehende Forderungen handelte, und billigte dies (UA S. 58). Bezüglich der Forderungen aus den vertriebenen Zeitschriftenabonnements sowie einem Teil der anderen Gewinnspieleintragungsdienste wusste der Angeklagte S. , "dass diese Forderungen tatsächlich nicht berechtigt waren, d.h. dass entweder gar keine Forderungen bestanden oder aber dass entsprechende Verträge aufgrund von Betrugshandlungen zustande gekommen waren" (UA S. 58 f.). Hinsichtlich des verbleibenden Teils der Gewinnspieleintragungsdienste , aus denen die angemahnten Zahlungsansprüche resultierten ("ProWin 59", "Euromillions", "SmartWin" und "WinTotal 24"), wusste er zumindest, "dass derartige Gewinnspiele unter falschen Versprechungen vertrieben wurden, was hinsichtlich dieser Gewinnspiele auch tatsächlich der Fall war" (UA S. 59).
8
b) Diese Feststellungen genügen nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO, wonach im Urteil die für erwiesen erachteten Tatsachen anzugeben sind, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der Tatrichter die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - 3 StR 473/04, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13). Rechtsbegriffe müssen durch die ihnen zugrunde liegenden Vorgänge aufgelöst werden, sofern sie nicht allgemein geläufig sind oder sich die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen aus dem Urteilszusammenhang ergänzen lassen (KK-Kuckein, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 9; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 38 jeweils mwN).
9
Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens (§ 263 Abs. 1 StPO) nicht hinreichend. Ein solcher scheidet aus, wenn durch die täuschungsbedingt erwirkte Zahlung eine entsprechende Zahlungspflicht des Getäuschten erlischt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - 5 StR 468/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 80). Dies kommt vorliegend in den Fällen in Betracht, in denen die angeschriebenen Kunden zunächst tatsächlich einen Vertrag mit den Produktgebern geschlossen hatten. Dass die Befreiung von der vertraglichen Zahlungspflicht keinen kompensationsfähigen Vorteil begründete, weil es sich um nach § 123 BGB anfechtbare Verträge handelte (vgl. BGH aaO), lässt sich anhand der Urteilsfeststellungen nicht nachvollziehen. Allein die pauschale, nicht näher ausgeführte Feststellung, die Verträge seien aufgrund von Betrugshandlungen oder falschen Versprechungen zustande gekommen, zeigt die Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts nach § 123 BGB oder anderer auf Vertragsaufhebung gerichteter Rechte der Kunden nicht auf; der Rechtsbegriff des Betrugs ist ebenso ausfüllungsbedürftig wie die Deutungsspielräume zulassende Wendung "falsche Versprechungen". Insbesondere wird nicht ersichtlich , dass die Kunden über den Wert der erworbenen Gegenleistung getäuscht worden waren. Mangels näherer Feststellungen zu den vertriebenen Gewinnspieleintragungsdiensten und Zeitschriftenabonnements lässt sich deren Wert nicht in Beziehung zu den jeweils geltend gemachten Forderungen setzen; dass die Teilnahme an Gewinnspieleintragungsdienste oder erworbene Zeitschriftenabonnements per se wertlos sind, versteht sich nicht von selbst.
10
Schon aus diesem Grund bedarf der Schuldspruch der Aufhebung. Die Urteilsgründe lassen offen, ob die bei der Bestimmung des Vermögensschadens berücksichtigten Einzelzahlungen der Geschädigten auch auf Fälle zurückgingen , in denen gar kein Vertragsschluss zwischen den Kunden und den Produktgebern zustande gekommen war. Die in den Urteilsgründen enthaltene tabellarische Auflistung differenziert insoweit - was für sich genommen allerdings noch keinen Rechtsfehler begründet - nicht.
11
c) Daneben besteht ein durchgreifender Rechtsfehler darin, dass das Landgericht seinen Schluss, die in die Bestimmung des Vermögensschadens eingestellten Zahlungen seien ausschließlich auf Fälle zurückgegangen, in de- nen zuvor mit den angeschriebenen Kunden entweder gar kein Vertrag zustande gekommen oder ein solcher aufgrund von Betrugshandlungen bzw. unter falschen Versprechungen erwirkt worden war, nicht auf eine tragfähige Beweisgrundlage gestützt hat. Auch der Beweiswürdigung zum Vorsatz des Angeklagten S. lässt sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände die Strafkammer die Überzeugung gewonnen hat, dass die - für sich betrachtet rechtsfehlerfrei begründeten - subjektiven Vorstellungen des Angeklagten auch in objektiver Hinsicht zutrafen. Dies gilt insbesondere auch für die anhand der Beweiswürdigung nicht nachvollziehbare Differenzierung, wonach den hinsichtlich der Produkte "ProWin 59", "Euromillions", "SmartWin" und "WinTotal 24" geltend gemachten Zahlungsansprüchen sämtlich zunächst zustande gekommene Vertragsabschlüsse zugrunde lagen, die jedoch auf falsche Versprechungen zurückgingen (UA S. 59), hinsichtlich der übrigen Gewinnspieleintragungsdienste und Zeitschriftenabonnements jedoch entweder gar keine Forderungen bestanden oder solche aufgrund von Betrugshandlungen zustande gekommen waren (UA S. 58).
12
Darüber hinaus entbehrt die Annahme des Landgerichts, sämtliche festgestellten Zahlungen seien irrtumsbedingt geleistet worden, einer sie tragenden Beweiswürdigung. Dem Urteil lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang - nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände sich die Strafkammer hiervon überzeugt hat. Dass ein Teil der Adressaten auf die Mahnschreiben und Angebote zur Vertragsaufhebung in Kenntnis der Rechtslage und unbeeinflusst von der Drohung, es würden andernfalls rechtliche Schritte eingeleitet, nur deshalb zahlten, weil sie mit der Angelegenheit nicht weiter belästigt werden wollten, liegt im Hinblick darauf, dass sich der festgestellte Gesamtschaden aus mehreren hundert Einzelzahlungen zusammensetzt, nicht derart fern, dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigten (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2015 - 1 StR 243/15 juris Rn. 4; vom 7. August 2014 - 3 StR 105/14, juris Rn. 3).
13
3. Im Fall II.3. der Urteilsgründe ("Verbraucherschutz") tragen bereits die - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen zum Komplex "Der Verbraucherberater" (II.3.b) der Urteilsgründe) den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, weil nicht auszuschließen ist, dass die Strafkammer im Komplex "Aktion Privatsphäre" (II.3.a) der Urteilsgründe) den Vermögensschaden fehlerhaft bestimmt hat und damit für Tat II.3. der Urteilsgründe von einem unzutreffenden Schuldumfang ausgegangen ist.
14
a) Nach den zum Komplex "Aktion Privatsphäre" getroffenen Feststellungen erbrachte der Angeklagte S. ab dem Jahr 2010 unter dem Produktnamen "Aktion Privatsphäre" - später auch "Meine Privatsphäre" - Leistungen auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes. Gegen Zahlung eines Jahresbeitrags bot er insbesondere Hilfestellungen bei unerwünschten Vertragsschlüssen an. Diese Leistungen bestanden in der Weiterleitung von Widerrufs- und Kündigungsschreiben, der Ausgabe von Gutscheinen hinsichtlich der Beratung durch qualifizierte Rechtsbeistände sowie der Einrichtung einer Kundenhotline. Im Jahr 2011 agierte der Angeklagte hierbei über die von ihm geleitete Firma GB , deren eingetragene Geschäftsführerin seine Lebensgefährtin war. Nachdem die Gesellschaft im Laufe des Jahres 2011 zunehmend in immer größere finanzielle Schwierigkeiten geraten war, übernahm die neu gegründete MS , deren Geschäftsführer der Angeklagte D. war, ca. 13.000 Bestandskunden der "Aktion Privatsphäre/Meine Privatsphäre". Die Angeklagten S. , D. und K. fassten dabei den Entschluss, den Mitarbeiterstab und das Leis- tungsprogramm erheblich einzuschränken. So wurden die Kundenhotline eingestellt und - mangels finanzieller Mittel - Gutscheine für die anwaltliche Beratung von Kunden nicht mehr zur Verfügung gestellt. Die Kunden unterrichteten sie hierüber nicht, stattdessen mahnten sie den nächsten Jahresbeitrag in Hö- he von 69 € an und unterbreiteten Angebote zur Vertragsbeendigung für Beträge zwischen 39 € bis 89 €. Hierdurch wurde den Kunden in allen Fällen der fal- sche Eindruck vermittelt, der ursprüngliche Leistungsumfang könne noch erbracht werden bzw. eine Vertragsaufhebung sei nur einvernehmlich möglich und nicht auch wegen der tatsächlich eingetretenen Leistungsunfähigkeit. Die daraufhin zahlenden Kunden hätten ihre Zahlungen nicht erbracht, wenn sie um die mangelnde Leistungsfähigkeit der MS (richtig: MS ) gewusst hätten. Dies war den Angeklagten S. , D. und K. auch bewusst, wobei sie dies billigten. In der Zeit vom 1. September 2011 bis 30. April 2012 kam es hierdurch zu Zahlungen der Kunden in einer Gesamthöhe von 109.171 €.
15
b) Die Annahme der Strafkammer, die in die Berechnung des Vermögensschaden eingestellten Zahlungen gingen sämtlich auf täuschungsbedingte Irrtümer der angeschriebenen Kunden zurück, ist nicht ausreichend belegt. Der Schluss des Landgerichts beruht ausschließlich auf der Erwägung, es widerspreche der Lebenserfahrung, dass Kunden für allenfalls noch rudimentäre Leistungen einen vollen Jahresbeitrag zahlen oder noch Zahlungen für die vorzeitige Beendigung eines Vertrages erbringen, aus dem ihnen ohnehin keine nennenswerten Gegenleistungen mehr zufließen (UA S. 69). Dabei begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten , ob das Landgericht seinen Schluss auch aus der Vernehmung (eines Teils) der Geschädigten gewonnen hat. Die Strafkammer konnte ihren Schluss auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung der Verfügenden insoweit auch auf Indizien stützen (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; Beschluss vom 4. September 2014 - 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 100 mwN). Allerdings hat sie sich nicht mit der Möglichkeit auseinandergesetzt , dass die Kunden jedenfalls teilweise - insbesondere auf die Angebote zur Vertragsbeendigung hin - unbeeinflusst von Gedanken zur Leistungsfähigkeit bzw. -willigkeit der Angeklagten in dem Bestreben, nicht weiter belästigt zu werden, gezahlt haben könnten. Angesichts des Umstandes, dass sich der insoweit festgestellte Gesamtschaden aus über 1.600 Einzelzahlungen zusammensetzte , liegt es nicht fern, dass zumindest bei einigen Zahlenden eine solche Motivation handlungsleitend war.
16
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der Einzelstrafe auf dem Rechtsfehler beruht. Auch wenn angesichts der Erwägung des Landgerichts nahe liegt, dass dem Großteil der festgestellten Einzelzahlungen täuschungsbedingte Irrtümer zugrunde lagen und diese zur Bestimmung des Vermögensschadens heranzuziehen sind, obliegt die Prüfung und Entscheidung , ob und in welchem - gegebenenfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes im Wege der Schätzung zu ermittelnden (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 125) - Maß dies der Fall war, dem Tatrichter. In diesem Umfang sind die ansonsten rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO).
17
4. Die Feststellung bezüglich des Absehens von der Verfallsanordnung nach § 111i Abs. 2 StPO erweist sich bereits aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler im Fall II.5. der Urteilsgründe, die sich auf die Bestimmung des aus der Tat Erlangten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erstrecken, als rechtsfehlerhaft. Die rechtsfehlerhafte Bestimmung des Vermögensschadens im Fall II.3. der Urteilsgründe wirkt sich demgegenüber nicht aus, weil mit Blick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB - entgegengesetzt zu der Interessenlage des Angeklagten bei der Frage nach der Vollendung des Betruges - davon auszugehen ist, dass die jeweiligen Geschädigten irrtumsbedingt gezahlt haben (vgl. hierzu und zur Anwendung des § 73 StGB in der Konstellation des Versuchs BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 267/13, juris Rn. 27 f.).
18
Allerdings ist die vom Landgericht getroffene Feststellung nach § 111a Abs. 2 StPO darüber hinaus vollständig aufzuheben, weil die Strafkammer nicht geprüft hat, ob bereits aufgrund der Härtevorschrift des § 73c StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen wäre. Hierzu hätte es sich angesichts der Feststellungen gedrängt sehen müssen, denn es ist fraglich, in welchem Umfang die aus den Straftaten erlangten Vermögensvorteile im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden waren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, wistra 2015, 70, 71).
19
Das neue Tatgericht wird zu beachten haben, dass der einem Auffangsrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegende Zahlungsanspruch den Angeklagten als Gesamtschuldner treffen könnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 17. September 2013 - 5 StR 258/13, wistra 2013, 474, 475; Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 ff.).
20
5. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
21
Im Fall II.2. ("Lichtenheimer") wird der Schuldspruch durch die rechtsfehlerfrei begründete Feststellung getragen, dass den auf die Entgegennahme der versendeten Nachnahmeschreiben erbrachten Zahlungen täuschungsbedingte Irrtümer der zahlenden Kunden zugrunde lagen. Dass daneben auch sämtliche auf die Versendung von Mahnschreiben und Vertragsauflösungsangeboten geleisteten Zahlungen irrtumsbedingt waren, hat das Landgericht indes nicht ausreichend belegt; der Senat nimmt insoweit auf die zu den Fällen II.5. und II.3. der Urteilsgründe dargelegten Gründe Bezug. Es ist allerdings auszuschließen, dass sich der Rechtsfehler bei der Bestimmung des Schuldumfangs zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. In die Schadensberechnung eingestellt hat die Strafkammer ausschließlich eingegangene Zahlungen in Höhe von 57 € und 59 €. Angesichts der im Urteil genannten, von dem Angeklagten in den ver- schiedenen Schreiben geltend gemachten Beträge ist jedoch ersichtlich, dass diesen Zahlungen ausschließlich Nachnahmesendungen zugrunde lagen, so dass die Strafkammer mit Blick auf deren im Vergleich zu Mahnschreiben oder Vertragsauflösungsangeboten unterschiedlichen Bedeutungsgehalt ohne Rechtsfehler von einem entsprechenden Irrtum der Kunden hat ausgehen können.
22
Der Schuldspruch war hinsichtlich des Falles II.2. der Urteilsgründe allerdings neu zu fassen. Die Verwirklichung des Regelbeispiels gewerbsmäßigen Handelns gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB wird nicht in die Urteilsformel aufgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2006 - 2 StR 183/06, juris Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).
23
II. Revision des Angeklagten D.
24
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
25
2. Die Verurteilung des Angeklagten D. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges (§ 263 Abs. 5 StGB) im Fall II.5. der Urteilsgründe hält aus den zur Revision des Angeklagten S. dargestellten Gründen sachlichrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
26
3. In den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe weist der Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, da der Schuldumfang in diesen Fällen jeweils rechtsfehlerhaft bestimmt ist. Hierzu gilt:
27
a) Wie bereits zur Revision des Angeklagten S. ausgeführt tragen die Feststellungen zum Komplex II.3.b) der Urteilsgründe ("Der Verbraucherberater" ) den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges (§ 263 Abs. 5 StGB) im Fall 3. der Urteilsgründe. Für den dortigen Teilabschnitt II.3.a) ("Aktion Privatsphäre") ist der festgestellte Vermögensschaden jedoch nicht rechtsfehlerfrei belegt. Der Senat nimmt insoweit ebenfalls Bezug auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten S. . Die Feststellungen unterliegen in demselben Umfang der Aufhebung.
28
b) Im Fall II.4. der Urteilsgründe tragen die dort unter II.4.a) und b) rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges.
29
Allerdings ist das Landgericht auch im Komplex II.4.e) der Urteilsgründe ("Werbestop") von einem mittäterschaftlichen Zusammenwirken der Angeklagten D. und S. ausgegangen und hat die insoweit erwirkten Zahlungen zur Bestimmung des Vermögensschadens herangezogen (UA S. 45). Den Schluss, dass der Angeklagte D. auch in dieser Tatphase mittäterschaftlich mit dem Angeklagten S. agierte, tragen die Feststellungen jedoch nicht. Tatbeiträge, die der Angeklagte D. in diesem Abschnitt leistete, werden in den Urteilsgründen nicht geschildert; auch dem Gesamtzusammenhang des Urteils lassen sich solche nicht entnehmen. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass der Angeklagte D. eingetragener Geschäftsführer der MS war, die in dem vorangegangenen Geschehen (II.4.b) der Urteilsgründe) in die Tat eingebunden war. Dass der Angeklagte S. über diese Firma auch im Komplex "Werbestop" agierte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Hiergegen spricht überdies, dass die insoweit zur Bestimmung des Vermögensschadens vom Landgericht berücksichtigten Zahlungen der Geschädigten auf dem Geschäftskonto der der Angeklagten K. zuzurechnenden Firma SK eingingen. Auch die von der Strafkammer in der Beweiswürdigung als Beleg für ihre Feststellungen herangezogene und für glaubhaft erachtete Einlassung des Angeklagten S. zeigt die Beteiligung des Angeklagten D. nicht auf. Hieraus folgt lediglich, dass dieser im Fall II.4. der Urteilsgründe "als Geschäftsführer der MS- … involviert gewesen" war (UA S. 80). Eine Einbindung des Angeklagten D. während der Phase "Werbestop" im Jahr 2012 folgt hieraus ebenso wenig wie aus seiner Einlassung, wonach er "Kenntnis von sporadischen Nachnahmesendungen in 2012 für den Angeklagten F. … gehabt, aber nicht den genauen Umfang gekannt" habe (UA S. 86).
30
Auch wenn die im Komplex "Werbestop" eingegangenen Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.770 € im Verhältnis zu dem unter Fall II.4.b) der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei festgestellten Vermögensschaden (30.640 €) deutlich geringer ausfallen, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Bemessung der für Fall II.4. der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe von einem Jahr auf dem Rechtsfehler beruht. Der Aufhebung bedürfen die Feststellungen allerdings nur, soweit die Einbindung des Angeklagten D. in das im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte Geschehen unter II.4.e) der Urteilsgründe betroffen ist (§ 353 Abs. 2 StPO).
31
4. Hinsichtlich der verbleibenden Verurteilung im Fall II.6. der Urteilsgründe weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Jedoch war der Schuldspruch neu zu fassen, da die Begehung des Betruges als gewerbsmäßig (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) - wie bereits zur Revision des Angeklagten S. dargelegt - nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist.
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5. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht bei Bildung der Gesamtstrafe die Vorverurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 9. November 2012 entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 20. März 2015 zu berücksichtigen haben wird. Sollten in der neuen Hauptverhandlung keine Feststellungen bezüglich einer strafbaren Beteiligung des Angeklagten D. im Komplex II.4.e) der Urteilsgründe ("Werbestop") möglich sein, wäre allerdings auch die für Fall II.4. der Urteilsgründe neu festzusetzende Einzelstrafe mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 9. November 2012 gesamtstrafenfähig.
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III. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils wie folgt auf die Nichtrevidenten zu erstrecken:
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1. Die Aufhebung des Urteils auf die Revision des Angeklagten S. im Fall II.5. ("Forderungsmanagement") der Urteilsgründe erfasst aufgrund der materiell-rechtlichen Akzessorietät der Teilnahme auch die jeweilige Verurteilung der Mitangeklagten F. und M. wegen Beihilfe zum "gewerbsmäßigen" Betrug.
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2. Hinsichtlich der Mitangeklagten K. ist deren Verurteilung im Fall II.5. der Urteilsgründe ("Forderungsmanagement") wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs sowie der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.3. der Urteilsgründe aufzuheben. Beides entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Der Aufhebung unterliegt ferner die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO, soweit das Landgericht in die Bestimmung des aus der Tat Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB auch die im Rahmen der Tat II.5. der Urteilsgründe zugeflossenen Beträge (192.398 €) eingerechnet hat. Insoweit beruht das Urteil auf demselben sachlichrechtlichen Mangel, was zur Anwendung von § 357 StPO auf die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO führt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, wistra 2015, 70, 71 mwN). Ausgehend von der von der Strafkammer festgestellten Gesamt- summe von 351.699 €, in deren HöheAnsprüche Verletzter einer Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StPO entgegenstehen, verbleibt ein nicht von der Erstreckung erfasster Betrag in Höhe von 159.301 €. Darüber hinaus kommt eine Aufhebung wegen der Nichterörterung der Vorschrift des § 73c StGB nicht in Betracht (vgl. BGH aaO). Jedoch wird das neue Tatgericht - auch hinsichtlich des bestehenbleibenden Betrags von 159.301 €- darüber zu entscheiden haben, ob die Mitangeklagte hinsichtlich des dem Auffangrechtser- werb unterliegenden Zahlungsanspruchs des Staates (§ 111i Abs. 5 StPO) nur als Gesamtschuldnerin haftet.
Becker Hubert Schäfer
Gericke Spaniol
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2. Die Täuschung der Anleger über den tatsächlichen Inhalt der Anlagemodelle begründet einen Schaden im Umfang der gesamten vertraglichen Bindung und Leistung. Die Bewertung des Landgerichtes, wonach als Gefährdungsschaden die von den Anlegern gezeichneten Anteile und als tatsächlich entstandener Schaden die geleisteten Zahlungen anzusehen sind, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
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(3) Die Auslegung von § 164 StGB nach dem Wortlaut, derSystematik - der Gesetzgeber hat für die falsche Verdächtigung anders als in § 258 Abs. 1 und Abs. 5 StGB kein Selbstbegünstigungsprivileg vorgesehen - und dem Schutzzweck spricht gegen eine Einschränkung des Tatbestandes in Konstellationen wie der hier vorliegenden. Mit der durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz (43. StrÄndG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2288) erfolgten Einführung von § 164 Abs. 3 StGB hat der Gesetzgeber möglichen Missbräuchen der in § 46b StGB und § 31 BtMG enthaltenen Strafmilderungsmöglichkeiten bei Aufklärungshilfe durch in einem Strafverfahren Beschuldigte entgegen wirken wollen (BT-Drucks. 16/6268 S. 15 re. Sp.). Dabei hat er zugrunde gelegt, dass vielfach Falschangaben durch einen Beschuldigten in dem gegen ihn gerichteten Verfahren zum Zwecke der Erlangung von Strafmilderung den Tatbeständen aus § 164 StGB und § 145d StGB unterfallen, deren Strafandrohungen gravierende Fälle aber nur unzureichend erfassen (BT-Drucks. aaO). Die Entstehungsgeschichte von § 164 Abs. 3 StGB spricht damit ebenfalls gegen eine Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung bei Falschbezichtigung Dritter durch Beschuldigte oder Angeklagte in gegen sie geführten Strafverfahren.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.