Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2014 - 2 StR 128/14

bei uns veröffentlicht am13.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR128/14
vom
13. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. August 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 3. Dezember 2013 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in 20 Fällen unter Auflösung einer Gesamtfreiheitsstrafe und Einbeziehung mehrerer Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
3
1. Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift vom 13. Mai 2013 wurde dem Angeklagten u.a. zur Last gelegt, im Zeitraum vom 29. Juni 2011 bis zum 11. September 2011 täglich - in 75 Fällen - mit der minderjährigen Geschädigten gegen deren Willen den vaginalen Geschlechtsverkehr durchgeführt zu haben.
4
Das Landgericht hat festgestellt, dass es "in mindestens 20 Fällen" zum vaginalen Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Geschädigten kam. Dabei ist es davon ausgegangen, dass es innerhalb des angeklagten Tatzeitraums dreimal wöchentlich, jedenfalls aber in mindestens 20 Fällen zu den abgeurteilten Straftaten kam.
5
Hinsichtlich der weiteren angeklagten 55 Fälle hat die Strafkammer das Verfahren mit in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, "um auch jedem Restzweifel im Hinblick auf die Anzahl der Übergriffe Rechnung zu tragen".
6
2. Diese Verfahrensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden; Entscheidungen des 4. Strafsenats stehen - anders als der Generalbundesanwalt meint - nicht entgegen.
7
Ausweislich des Beschlusses des 4. Strafsenats vom 29. Juli 2008 (4 StR 210/08) hatte das landgerichtliche Urteil keinen Bestand, weil sich die ursprünglich angeklagten sechs Betäubungsmitteltaten bereits hinsichtlich der Art und Menge der unerlaubt eingeführten Betäubungsmittel unterschieden und der landgerichtliche Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO - nicht näher konkretisierte - vier Taten umfasste. Danach war schon zweifelhaft, welche der angeklagten (unterschiedlichen) Taten eingestellt und welche abgeurteilt waren.
8
Im Beschluss des 4. Strafsenats vom 13. April 2011 (4 StR 7/11) ist entscheidend gewesen, dass das Landgericht der Verurteilung einen Tatzeitraum zu Grunde gelegt hat, dem es schon an einem hinreichend bestimmten Endzeitpunkt - und für einen Teil der abgeurteilten Straftaten zudem an einem Anfangszeitpunkt - fehlte, und der zudem gegenüber dem der Anklage zu Grunde liegenden Tatzeitraum verkürzt war, ohne dass die Gründe für die Verkürzung des Tatzeitraums dem Urteil zu entnehmen waren.
9
Entsprechendes gilt für den Beschluss des 4. Strafsenats vom 3. Dezember 2013 (4 StR 461/13); nach Teileinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO bezog sich auch dort die Verurteilung hinsichtlich der übrigen Fälle auf einen gegenüber der Anklage nicht nachvollziehbar verkürzten Tatzeitraum.
10
Anders liegt der Fall hier: Das Landgericht hat hinsichtlich sämtlicher - gleichförmiger - nicht weiter konkretisierbarer Taten den gesamten angeklagten Tatzeitraum zu Grunde gelegt und diesen mit Verurteilung und Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO vollständig ausgeschöpft. Somit bleiben keinerlei Zweifel über den Umfang sowohl der abgeurteilten als auch der eingestellten Taten.
11
Wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, ist es nicht nachvollziehbar, an die Unterscheidbarkeit von gleichförmigen Serientaten bei Einstellungsentscheidungen gemäß § 154 Abs. 2 StPO höhere Anforderungen zu stellen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2011 - 1 StR 321/11, NStZ-RR 2012, 50, 51; Urteil vom 26. Oktober 2006 - 5 StR 290/06, BGHR StPO § 154 Abs. 5 Wiederaufnahme 3) als bei Tatkonkretisierungen in Anklageschriften (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 - 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 46; Schneider in KK-StPO, 7. Aufl., § 200 Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 200 Rn. 9, jeweils mwN), im Verurteilungsfall in den Urteilsgründen (vgl. Kuckein in KK-StPO, aaO, § 267 Rn. 9a; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 267 Rn. 6a, jeweils mwN) oder bei Verurteilungen nebst Teilfreisprüchen , falls die Anzahl der festgestellten Taten die Anzahl der angeklagten Taten unterschreitet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 1994 - 5 StR 239/94, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 10 und vom 13. Dezember 2000 - 5 StR 540/00, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 13).
12
Eine bei gleichförmigen Serientaten vorzunehmende genaue zeitliche Eingrenzung aller Einzelfälle und deren Individualisierung und Differenzierung ist schon regelmäßig weder in der Anklage noch in den Urteilsfeststellungen möglich (vgl. Schneider, aaO mwN). Die Anzahl der - gegebenenfalls nach tatrichterlicher Schätzung - festgestellten Taten kann demnach nur der Gesamtzahl der angeklagten Taten gegenüber gestellt und eine Differenz - wie hier - ermittelt werden, die dann in der Einstellungsentscheidung gemäß § 154 Abs. 2 StPO zum Ausdruck kommt. Eine solche Verfahrensweise lässt auch keinen Zweifel darüber, in welchem Umfang Gesetzesverletzungen nicht weiterverfolgt werden sollen (vgl. Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. § 154a Rn. 8).
Appl Schmitt Eschelbach
Ott Zeng

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2014 - 2 StR 128/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2014 - 2 StR 128/14

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, gena
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2014 - 2 StR 128/14 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 210/08
vom
29. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Juli 2008 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 5. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Urteil hat keinen Bestand, weil unklar ist, welche der angeklagten Taten Gegenstand der Verurteilung sind.
3
1. Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 2. März 2007 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, im Zeitraum von März bis Dezember 2005 in H. und anderen Orten durch sechs selbständige Handlungen tateinheitlich Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt eingeführt und mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben zu haben. Nach dem Anklagesatz transportierte der anderweitig Verfolgte Dieter Oswald K. im Auftrag des Angeklagten mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen , mindestens fünfmal wenigstens 5 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland. Bei einer dieser Kurierfahrten führte er gleichzeitig 8 kg Haschisch ein. Entsprechend der Weisung des Angeklagten übergab er die eingeschmuggelten Betäubungsmittel nach seiner jeweiligen Rückkehr aus den Niederlanden dem anderweitig Verfolgten Thorsten W. , der sie auf Anordnung des Angeklagten bei sich in seiner Wohnung in H. "bunkerte", umpackte und an ihm per Handy mitgeteilte Abnehmer aushändigte. Die letzte Lieferung von “10.0164“ Gramm Marihuana wurde bei der Festnahme des K. sichergestellt, bevor sie an W. übergeben werden konnte. Bei der Durchsuchung der Wohnung des W. wurden erhebliche Mengen an Betäubungsmitteln sichergestellt, die W. im Auftrag des Angeklagten von anderen Lieferanten als K. im Oktober 2005 erhalten hatte.
4
Danach werden dem Angeklagten die Beteiligung an drei Einfuhrfahrten des K. mit mindestens 5 kg Marihuana, an einer mit mindestens 5 kg Marihuana und 8 kg Haschisch und an einer mit ca. 10 kg Marihuana und außerdem die Lagerung einer weiteren, nicht von K. gelieferten, bei W. sichergestellten Betäubungsmittel-Handelsmenge zur Last gelegt.
5
2. Im Hauptverhandlungstermin vom 5. Februar 2008 wurde - auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft - durch Beschluss der Strafkammer "das Verfahren ... gem. § 154 II StPO vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten mehr als 2 Taten zur Last gelegt worden sind".
6
3. In dem angefochtenen Urteil ist zum Gegenstand der Verurteilung des - geständigen - Angeklagten ausgeführt:
7
Der Angeklagte hatte Verbindung zu dem "Drogenhändler O. aus Holland" und stellte diesem den Dieter Oswald K. als "Fahrer für Drogengeschäfte" vor. K. sollte etwa alle zwei Wochen eine Fahrt durchführen. Der Angeklagte erhielt für die Vermittlung des K. 500 Euro. Sodann vermittelte der Angeklagte für O. den Thorsten W. als "Lagerhalter". Der Angeklagte sollte O. jeweils informieren, wenn sich keine Drogen mehr in der Wohnung des W. befanden und eine neue Lieferung zu erfolgen hatte. Für jede durchgeführte Fahrt sollte der Angeklagte 200 Euro erhalten.
8
Der Angeklagte informierte zweimal zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten den O. , dass sich keine Drogen mehr in der Wohnung des W. befanden und veranlasste dadurch zwei zwischen März und Dezember 2005 durchgeführte Drogentransporte des K. . Dieser holte in den beiden Fällen Marihuana mit einem Gewicht von jeweils mindestens 3,5 kg mit seinem Pkw in den Niederlanden ab und gab es dann an W. weiter, was der Angeklagte wusste. Für jede der beiden Fahrten erhielt der Angeklagte auf Veranlassung des O. 200 Euro. Insgesamt transportierte K. mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen , in der Zeit zwischen März und Dezember 2005 mindestens fünfmal wenigstens 3,5 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland. Bei einer dieser Kurierfahrten führte er gleichzeitig 8 kg Haschisch ein. Nach seiner Rückkehr in Deutschland übergab er die eingeführten Betäubungsmittel an W. , der sie in seiner Wohnung in H. "bunkerte" und an ihm per Handy mitgeteilte Abnehmer aushändigte. Eine letzte Lieferung des K. von 10.164 kg Marihuana wurde von der Polizei sichergestellt, bevor sie von ihm weitergegeben werden konnte. In einem Fall zahlte der Angeklagte dem K. 750 Euro für den Drogentransport, die der Angeklagte von O. zurückerhielt.
9
In der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Urteils ist ausgeführt, dass der Angeklagte sowohl den Fahrer K. als auch den "Lagerhalter" W. vermittelt und in zwei Fällen die Hintermänner in Holland telefonisch in Kenntnis gesetzt habe, dass kein Rauschgift mehr vorhanden sei und neues benötigt werde. Auf diese Weise habe er den erneuten Transport von Marihuana zum Zwecke des Verkaufs veranlasst. Er habe weiterhin in einem Fall dem Fahrer K. 750 Euro übergeben. Seine Tätigkeit sei eigennützig gewesen, da er dies getan habe, um für jede Fahrt die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zu erhalten und um ebenso für die Vermittlung des Fahrers Geld zu bekommen.
10
4. Danach ist nicht zweifelsfrei, welche der angeklagten Taten eingestellt und welche abgeurteilt wurden. In Verbindung mit den Urteilsfeststellungen könnte allenfalls davon ausgegangen werden, dass das Verfahren jedenfalls im Hinblick auf die im Urteil nicht erwähnte sechste der angeklagten Taten (bei W. sichergestellte Betäubungsmittel, die dieser im Auftrag des Angeklagten von anderen Lieferanten als K. erhalten hatte) (vorläufig) eingestellt werden sollte. Dies ist aber aus dem Einstellungsbeschluss, der die Taten, hinsichtlich derer das Verfahren eingestellt werden soll, konkret bezeichnen muss (vgl. BGH NStZ 1997, 249, 250; Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 154 Rdn. 43), auch in Verbindung mit der Anklageschrift und dem Einstellungsantrag der Staatsanwaltschaft, nicht zu ersehen. Er entfaltete daher keine Sperrwirkung (vgl. BGH NStZ 1981, 23; Beulke aaO § 154 Rdn. 52).

II.


11
Die Sache muss deshalb im gesamten angeklagten Umfang erneut verhandelt und entschieden werden. Dabei gilt das Verschlechterungsverbot zwar nur im Hinblick auf zwei (abgeurteilte) Taten (vgl. Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 331 Rdn. 11; Hanack in Löwe/Rosenberg aaO § 358 Rdn. 18, 22). Das durch die - unwirksame - teilweise Einstellung des Verfahrens möglicherweise begründete Vertrauen des Angeklagten, dass weitere angeklagte Taten nicht verfolgt werden, wird aber bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHSt 37, 10, 14). Falls in der neuen Hauptverhandlung - möglicherweise aus Gründen der Fairness (vgl. BGH NStZ 2001, 656, 657) - (wiederum) die teilweise Einstellung des Verfahrens in Betracht kommen sollte, müssen die eingestellten Taten eindeutig bezeichnet werden. Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob der Angeklagte ggf. als Täter oder ob er als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) zu verurteilen ist.
12
Im Hinblick auf die in dem angefochtenen Urteil festgestellte, der Justiz anzulastende Verfahrensverzögerung, die das Landgericht durch Verhängung niedrigerer Einzelstrafen berücksichtigt hat, weist der Senat auf die zur Kompensation derartiger Verzögerungen geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin (vgl. BGH NStZ 2008, 234).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 7/11
vom
13. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der Strafkammer des Landgerichts Bochum bei dem Amtsgericht Recklinghausen vom 21. September 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 200 Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 100 Fällen verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und im Maßregelausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 200 Fällen und schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 100 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollstrecken ist.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision; er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Den Verfahrensrügen, mit denen der Beschwerdeführer die Verletzung von § 244 Abs. 3 StPO beanstandet, bleibt aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 25. Februar 2011 der Erfolg versagt.

II.


4
Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes zum Nachteil der Nebenklägerin A. M. verurteilt hat (UA 6/7), hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht ergeben.
5
Die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 200 Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 100 Fällen wegen der Taten zum Nachteil seiner Tochter C. S. begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
6
1. Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
7
a) Spätestens ab dem 24. September 1997 (Vollendung des siebten Lebensjahres ) kam es bis Ende 2000 zu einer Vielzahl von sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf seine Tochter C. . Er suchte sie, in der Regel in alkoholisiertem Zustand, mindestens zweimal wöchentlich abends in dem Kinderzimmer auf, in dem sie und ihre Schwester J. schliefen, während seine Ehefrau entweder überhaupt nicht anwesend war oder, was häufig vorkam, im Wohnzimmer nächtigte. Er legte sich zu dem Kind ins Bett, zog es aus und berührte es am ganzen Körper, auch im Brust- und Genitalbereich. Ferner veranlasste er die Nebenklägerin, ihn ihrerseits im Genitalbereich anzufassen. Mindestens dreimal führte er in diesem Tatzeitraum auch den Finger in ihre Scheide ein. Im Jahr 2000 kam es dazu, dass der Angeklagte mehrfach wöchentlich entweder mit einem Finger in der Scheide seiner Tochter manipulierte oder diese veranlasste, seinen Penis in ihren Mund zu nehmen und an seinen Hoden zu lecken.
8
b) Der Angeklagte, zu dessen Gunsten das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nicht ausschließen konnte, hat die ihm zur Last gelegten Tatvorwürfe bestritten. Die Strafkammer hat ihren Feststellungen die Angaben der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung zu Grunde gelegt, die, so die Urteilsgründe, "weitestgehend" den Aussagen der Geschädigten bei der Polizei und bei ihrer richterlichen Vernehmung entsprachen. Soweit der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden ist, hat das Landgericht einen Tatzeitraum vom 24. September 1997 bis 2000 zu Grunde gelegt und die Strafverfolgung durch Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO auf 200 Fälle in diesem Zeitraum beschränkt. Im Hinblick auf die drei Taten , in denen der Angeklagte, wie bereits dargelegt, auch seinen Finger in die Scheide der Nebenklägerin einführte, ist das Landgericht ebenfalls gemäß § 154 Abs. 2 StPO verfahren.
9
2. Die vom Landgericht zum Tatzeitraum getroffenen Feststellungen genügen nicht den Anforderungen, die gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO an die Urteilsgründe zu stellen sind.
10
In Fällen, in denen dem Angeklagten eine Vielzahl sexueller Übergriffe zur Last gelegt wird, die erst nach Jahren aufgedeckt werden, dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermeidung gewichtiger Strafbarkeitslücken an die Individualisierung der einzelnen Missbrauchshandlungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. März 1994 - 3 StR 18/94, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Mindestfeststellungen 5; Senatsbeschluss vom 6. September 1994 - 4 StR 485/94, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 9). So ist es grundsätzlich methodisch zulässig, wenn der Tatrichter, ausgehend vom Gesamtbild des Geschehensablaufs, für einen festliegenden Zeitraum die sichere Überzeugung von einer Mindestzahl nicht notwendig durch individuelle Merkmale voneinander unterscheidbarer Einzeltaten gewinnt (Senatsbeschluss aaO mwN).
11
Danach ist es im vorliegenden Fall im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht auf der Grundlage der in tatrichterlicher Verantwortung geprüften und für sich genommen rechtsfehlerfrei bejahten Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten vor dem Hintergrund eines regelmäßig wiederkehrenden Geschehens im Kinderzimmer von einer bestimmten Anzahl an Einzeltaten überzeugt hat. Die Ausführungen zum Tatzeitraum begegnen indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Vor allem fehlt es an einem hinreichend bestimmten Endzeitraum. Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass es spätestens ab dem 24. September 1997, dem Tag der Vollendung des siebten Lebensjahres der Geschädigten, bis "Ende 2000" zu einer Vielzahl sexueller Übergriffe kam. Sind damit ersichtlich zusammenfassend sämtliche sexuellen Übergriffe zum Nachteil der Geschädigten C. S. gemeint, beziehen sich die nachfolgenden Urteilsfeststellungen zunächst auf die 200 Fälle des sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Sodann stellt das Landgericht für den Zeitpunkt "im Jahr 2000" ohne genauere Bestimmung eines Anfangs- und eines Endzeitpunktes fest, dass sich weitere 100 Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs anschlossen. Diese Ausführungen genügen schon für sich genommen nicht den Anforderungen an die hinreichend präzise Feststellung eines Tatzeitraums; der Angeklagte ist dadurch in seinen Verteidigungsmöglichkeiten gegenüber den einzelnen Tatvorwürfen unangemessen beschränkt. Es kommt im vorliegenden Fall aber noch hinzu, dass der Tatzeitraum in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage, die der Senat von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen hat, auf die "Zeit vom 24.09.1997 bis zum 08.03.2001" festgelegt worden ist. Die Gründe für die Verkürzung des Tatzeitraums sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Ob sie von der vom Landgericht in den Urteilsgründen erwähnten Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154 Abs. 2 StPO gedeckt ist, kann der Senat in Ermangelung einer genaueren Begründung für die Einstellung nicht nachprüfen.
12
Wegen des Wegfalls der insoweit verhängten Einzelstrafen ist auch über die Höhe der Gesamtstrafe neu zu befinden.
13
3. Der Senat hebt zugleich den Ausspruch über die Maßregel auf.
14
a) Auf der Grundlage der zum Werdegang, zu den Vorstrafen und zu den abgeurteilten Taten getroffenen Feststellungen hat das Landgericht, sachverständig beraten, den gemäß § 64 Satz 1 StGB erforderlichen Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, ebenso rechtsfehlerfrei bejaht wie den symptomatischen Zusammenhang zwischen Hang und Tat. Auch die Prognoseentscheidung der Strafkammer ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Indessen sind die Voraussetzungen für die gemäß § 64 Satz 2 StGB geforderte hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht dargetan.
15
b) Zwar steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Tatsache , dass ein Täter bereits eine Therapie absolviert hat und rückfällig geworden ist, der Erfolgsaussicht einer neuen Therapie regelmäßig nicht entgegen (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 1996 - 4 StR 473/96, NStZ-RR 1997, 131). Es kann dahin stehen, ob bei einem mehrfachen Therapieabbruch oder einem Rückfall nach jeweils erfolgreicher Absolvierung mehrerer Therapien in der Regel eine andere rechtliche Bewertung veranlasst ist (vgl. dazu Senat aaO). Jedenfalls im vorliegenden Fall durfte sich das Landgericht nicht auf die bloße Mitteilung des Ergebnisses der Bewertung des Sachverständigen beschränken, es bestehe trotz der bisher erfolglosen Behandlungen die "hinreichende Aussicht , die Abhängigkeit des Angeklagten zu heilen". Der Beschwerdeführer hat über einen Zeitraum von nahezu zehn Jahren hinweg neben stationären Aufenthalten zur Behandlung psychischer Erkrankungen eine außergewöhnlich hohe Zahl stationärer Entwöhnungstherapien von unterschiedlicher Dauer ohne durchgreifenden Erfolg absolviert. Die gleichwohl für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sprechenden Gesichtspunkte, zu denen auch der - vom Landgericht nicht erörterte - Grad der Therapiewilligkeit des Angeklagten gehört (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2009 - 3 StR 516/09, NStZ-RR 2010, 141), hätten daher einer eingehenderen Darlegung in den Urteilsgründen bedurft.

III.


16
Für die neue Verhandlung und Entscheidung bemerkt der Senat:
17
1. Wenn die eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs tragenden Feststellungen, wie regelmäßig und auch im vorliegenden Fall, im Wesentlichen auf den Angaben des Tatopfers aus Anlass verschiedener Vernehmungen im Ermittlungsverfahren sowie auf der Einvernahme als Zeugin in der Hauptverhandlung beruhen, kann eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Aussagen etwa bei der polizeilichen Vernehmung und vor dem Ermittlungsrichter zweckmäßig sein, um dem Revisionsgericht eine nähere Überprüfung der Beweiswürdigung zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2000 - 1 StR 156/00, NStZ 2000, 496). Die Urteilsgründe müssen in solchen Fällen auch erkennen lassen, ob und in welchem Umfang von der rechnerisch ermittelten Gesamtzahl der Taten nach den besonderen Umständen des jeweiligen Falles Abzüge vorgenommen werden müssen (Senatsbeschluss vom 6. September 1994 aaO).
18
2. Sollte die zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Strafkammer wiederum zur Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) kommen, wird bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs nach § 67 Abs. 2 Satz 2, 3 StGB zu beachten sein, dass eine Kürzung der Dauer des Vorwegvollzugs um die Dauer der erlittenen Untersuchungshaft nicht zulässig ist (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09, NStZ-RR 2010, 171).
Ernemann RinBGH Solin-Stojanović befindet Roggenbuck sich im Ruhestand und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 461/13
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 2. Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und den Verfall von 6.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift wird dem Angeklagten zur Last gelegt, "in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 20.06.2011 … wöchentlich, mithin in mindestens 25 Fällen, jeweils eine Tüte mit mindestens 500 Gramm Marihuana … in die Wohnung des Zeugen B. " gebracht und von dort aus - hinsichtlich der letzten Betäubungsmittelmenge allerdings nur teilweise - verkauft zu haben.
3
In der Hauptverhandlung vom 2. Juli 2013 beantragte der Staatsanwalt, "die Strafbarkeit auf 15 Taten im Tatzeitraum der Anklage mit Blick auf die Strafbarkeit im Übrigen gemäß § 154 II StPO zu beschränken". Dem kam die Strafkammer nach; sie beschloss, dass "das Verfahren … betreffend 10 vorgeworfener Taten im Tatzeitraum gem. § 154 II StPO" eingestellt wird.
4
Nach den im Urteil mitgeteilten Feststellungen erwarb der Angeklagte zwischen 1. Januar und 31. Mai 2011 "mindestens dreimal im Monat, mithin in mindestens 15 Fällen, jeweils 500 Gramm Marihuana" und verbrachte die jeweiligen Betäubungsmittelmengen in die Wohnung des Zeugen B. , der hierfür jeweils etwa 35 Gramm Marihuana erhielt; die Restmengen verkaufte der Angeklagte bis auf einen Teil der Mailieferung.
5
2. Danach kann dem Einstellungsbeschluss auch in Verbindung mit der Anklageschrift und dem Antrag der Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei entnommen werden, welche der angeklagten Taten eingestellt und welche abgeurteilt wurden. Dies hat den - vorläufigen - Erfolg des Rechtsmittels zur Folge (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung: BGH, Beschluss vom 29. Juli 2008 - 4 StR 210/08 mwN).
6
Denn bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO darf kein Zweifel daran bestehen, auf welche Taten sie sich bezieht. Daher sind sowohl bei der Beschränkung nach § 154 Abs. 1 bzw. § 154a Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft , als auch bei solchen Einstellungen durch das Gericht die ausgeschiedenen Taten, Tatteile oder Strafbestimmungen konkret ("positiv") zu bezeichnen (vgl. zur Einstellung durch die Staatsanwaltschaft: BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2011 - 1 StR 321/11, NStZ-RR 2012, 50, 51; vom 16. Juli 1980 - 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23; zur Einstellung durch das Gericht: BGH, Be- schlüsse vom 23. März 1996 - 1 StR 685/95, NStZ 1997, 249, 250; vom 29. Juli 2008 - 4 StR 210/08 mwN). Dies war hier nicht der Fall.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 321/11
vom
7. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das AufenthG u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2011 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 30. September 2010, soweit es ihn betrifft, aufgehoben

a) soweit er wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde (Fall 38
der Urteilsgründe),

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Die weitergehende Revision wird verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
1. Die Strafkammer hat festgestellt:
2
a) Der Angeklagte hat einmal gleichzeitig sieben und einmal einem illegal eingereisten Vietnamesen ein Unterkommen geboten.
3
b) Der Angeklagte hatte die Beschaffung eines gefälschten niederländischen Reisepasses und eines gefälschten niederländischen Führerscheins mit zwei (unter anderem) wegen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilten, hier als „Kontaktpersonen und Zwischenverkäufer“ be- zeichneten Mitangeklagten (in nicht näher gekennzeichneter Weise) „organi- siert“; die Falsifikate waren für N. bestimmt. Der Angeklagte sollte die Mitangeklagten bezahlen (ob dies geschah, bleibt offen). Nachdem er die Falsifikate „von der Aufenthaltsanschrift“ dieser Mitangeklagten abgeholt hatte, wurden sie bei einer Kontrolle seines Fahrzeugs sichergestellt. Konkret ist nicht festgestellt, was das Ziel des Transports war.
4
2. Deshalb wurde der Angeklagte wegen zwei Fällen der Beihilfe zum Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Einzelstrafe je vier Monate) und wegen Urkundenfälschung (Einzelstrafe sechs Monate) zu zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, die wegen mehrerer Vorstrafen und Bewährungsbruchs nicht zur Bewährung ausgesetzt wurden.
5
3. Seine auf die unausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat zum Teil Erfolg.
6
a) Schuldsprüche wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das AufenthG
7
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten sind nicht ersichtlich. Es beschwert ihn nicht, dass er wegen des gleichzeitig sieben illegal eingereisten Vietnamesen gewährten Unterkommens nicht wegen Beihilfe in sieben tateinheitlichen Fällen verurteilt wurde. Die Annahme der Strafkammer, dass (außer einem anderen Mitangeklagten) “alle Angeklagten bezüglich der Schleusungstaten Bandenmitglieder waren“, widersprichtnicht der Feststellung, der Ange- klagte habe „nicht zur Schleuserbande“ gehört, da er nicht wegen Einschleu- sens von Ausländern (§ 96 AufenthG) verurteilt wurde.
8
b) Schuldspruch wegen Urkundenfälschung
9
Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte unechte Urkunden hergestellt , echte Urkunden verfälscht hätte oder hieran beteiligt gewesen wäre. Auch hat er die Falsifikate nicht gebraucht, sondern er wollte dies dem N. ermöglichen. Da dieser sie aber auch noch nicht gebraucht hat, sie noch nicht einmal im Besitz hatte, liegt auch keine strafbare Beihilfe zum Gebrauch vor („Akzessorietät der Teilnahme“,vgl. zusammenfassend Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 27 Rn. 8, 9 mwN).
10
4. Der Generalbundesanwalt hat im Hinblick auf eine Verfahrensbeschränkung durch die Staatsanwaltschaft beantragt, hinsichtlich der als Urkundenfälschung abgeurteilten Tat gemäß § 154a Abs. 3 StPO den Vorwurf der Verschaffung falscher amtlicher Ausweise (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB) wieder einzubeziehen und den Schuldspruch demgemäß (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO) abzuändern. Der Senat kann dem nicht folgen.
11
a) Die Verfahrensbeschränkung durch die Staatsanwaltschaft geht da- hin, dass hinsichtlich der Tatvorwürfe, „die nicht Gegenstand der Anklage sind, … das Verfahren gemäß §§ 154, 154a StPO … eingestellt“ wird. Zusätzliches ist auch nicht in der Anklage ausgeführt (vgl. demgegenüber Nr. 101a Abs. 3 RiStBV), die zwölf Angeschuldigten bei wechselnder Beteiligung 44 Taten (Fälle ) zur Last legt. Regelmäßig sind aber ausgeschiedene Tatteile oder Strafbestimmungen konkret („positiv“) zu bezeichnen, die Feststellung, das Verfahren werde gemäß § 154 StPO und/oder § 154a StPO im Sinne der Anklage beschränkt , entspricht als zu ungenau nicht dem Gesetz (fehlende Rechtssicherheit ) und ist daher unwirksam (BGH, Beschluss vom 16. Juli 1980 - 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23; tendenziell ebenso BGH, Urteil vom 4. April 2002 - 3 StR 405/01, NStZ 2002, 489; Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 154a Rn. 8, 20; Beukelmann in Graf, StPO, § 154a Rn. 7; Plöd in KMR, StPO, § 154a Rn. 13; Schoreit in KK, StPO, 6. Aufl., § 154a Rn. 12; Weßlau in SK-StPO, § 154a Rn. 21). Ein Fall, in dem wegen Eindeutigkeit des ausgeschiedenen Verfahrensstoffes der Hinweis auf die Anklage doch ausreichte (vgl. Beulke, aaO, Rn. 8; Weßlau, aaO), liegt schon wegen der zahlreichen im Einzelnen vielfach unterschiedlichen Taten und der hieran unterschiedlich beteiligten Angeklagten nicht vor. Daher ist auch § 154a Abs. 3 StPO hier nicht anwendbar.
12
b) „Sich oder einem anderen verschaffen“ i.S.d. § 276 StGB bedeutet, dass der Täter das Tatobjekt in seinen Gewahrsam bringt, Zugriff hierauf hat und darüber nach Belieben verfügen kann, oder es in den Gewahrsam eines anderen bringt und ihm dadurch diese Möglichkeiten vermittelt (vgl. Zieschang in LK-StGB, 12. Aufl., § 276 Rn. 11; Puppe in NK-StGB, 3. Aufl., § 276 Rn. 3, § 149 Rn. 11). Dass dies hier (schon) vorgelegen hätte, ergeben die Feststellungen (vgl. oben 1.) nicht eindeutig. Wäre der Angeklagte ein „Verteilungsge- hilfe“, hätte er, sofern „verschaffen“ nicht vorläge, wie jeder unmittelbare Besitzer die Alternative „verwahren“ erfüllt (Puppe, aaO, § 149 Rn. 11). Im Ergebnis sprechen also die Feststellungen dafür, dass § 276 StGB vorliegt, die Alternative ist aber ohne dem Tatrichter vorbehaltene zusätzliche Feststellungen und/ oder Würdigungen unklar. Daher sieht der Senat von einer Schuldspruchänderung ab (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, StV 2010, 685 mwN).
13
5. Die Verurteilung wegen Urkundenfälschung war daher aufzuheben, zugleich entfällt die Gesamtstrafe. Sämtliche Feststellungen bleiben jedoch bestehen , da sie rechtsfehlerfrei getroffen und von dem aufgezeigten Mangel nicht berührt sind. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen Feststel- lungen nicht in Widerspruch stehen, sind jedoch möglich. Auch die (trotz unterschiedlichen Schuldumfangs undifferenzierten) sehr maßvollen übrigen Einzelstrafen sind rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben.
14
6. Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt, dass noch eine mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) mit den Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Leipzig vom 12. Mai 2010 zu prüfen sein wird.
15
7. Dem Antrag, die Sache gemäß § 354 Abs. 3 StPO an das Amtsgericht (Strafrichter) zurückzuverweisen, folgt der Senat nicht. Außer im (seltenen) Fall einer Urteilsaufhebung wegen willkürlicher Anklage zum Landgericht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1997 - 1 StR 701/96, BGHSt 43, 53, 55 f. mwN), ist auch unter den Voraussetzungen des § 354 Abs. 3 StPO eine Zurückverweisung an ein Gericht niedererer Ordnung nicht zwingend, sondern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Revisionsgerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 1980 - 3 StR 32/80, BGHSt 29, 341, 350; BGH, Beschluss vom 25. November 1986 - 1 StR 613/86, BGH NJW 1987, 1092 f.; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 359/08, BGH StraFo 2009, 33 f.; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 354 Rn. 64; Kuckein in KK StPO, 6. Aufl., § 354 Rn. 39; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 354 Rn. 42 jew. mwN; a.A. Dehne-Niemann, StraFo 2009, 34 ff. § 354 abs. 3 stpo kann verfassungsgebot sein>). In diesem Zusammenhang maßgebend können etwa Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie und/oder -beschleunigung sein (Momsen in KMR, § 354 Rn. 48; dort auch weitere mögliche Ermessenskriterien ). Gründe des Einzelfalls, wonach ein neuer Instanzenzug mit einer Berufungsinstanz und dem Oberlandesgericht (Kammergericht) als Revisionsinstanz hier sachgerecht erschiene, sind nicht erkennbar.
Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

5 StR 540/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2000

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Mai 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) dahin ergänzt, daß der Angeklagte im übrigen – auf die Kosten der Staatskasse, die auch seine insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat – freigesprochen wird,
b) soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Ergänzung eines gebotenen Teilfreispruchs und zur Aufhebung der Verurteilung.
1. Der Angeklagte war wegen einer Höchstzahl serienmäßig begangener gleichgelagerter Taten des sexuellen Mißbrauchs der Tochter seiner Lebensgefährtin angeklagt (vgl. BGHSt 40, 44). Der Tatrichter hat ihn – ohne insoweit von § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht zu haben – wegen einer die angeklagte Höchtszahl unterschreitenden Anzahl von Taten verurteilt. Konsequent mußte er den Angeklagten im übrigen freisprechen (vgl. BGHSt 40, 44, 48; BGHR StPO § 260 Abs. 1 – Teilfreispruch 10 und 11). Das holt der Senat nach.
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Feststellungen beruhen auf einer zwischen den Einzelfällen ungewöhnlich wenig differenzierenden, eher detailarmen Darstellung der im wesentlichen gleich gelagerten Taten durch die Nebenklägerin. Dies gestattete nicht eine die Richtigkeit ihrer Aussage stützende Wertung des Landgerichts , sie habe sich „schon im Hinblick auf ihr Alter“ – die Nebenklägerin war bei Tatbegehung 14, zur Zeit der Hauptverhandlung 15 Jahre alt – „die geschilderten Details nicht ausdenken und vor allem über eine so lange Zeit auch konstant beibehalten“ können, „wenn diese Schilderungen nicht auf realem Erleben beruhten“ (UA S. 10). Das Landgericht durfte sich danach auch in anderem Zusammenhang nicht ergänzend auf eine „detailreiche“ Schilderung der Taten stützen (UA S. 12 f.).

b) Für den Tatrichter war ein weiterer „entscheidender Gesichtspunkt“ für seine Überzeugungsbildung zur Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage der Nebenklägerin der Umstand, daß „kein plausibles Motiv für die Offenbarung der Geschehnisse erkennbar“ sei, „wenn nicht die sexuellen Verfehlungen des Angeklagten an der Geschädigten tatsächlich stattgefunden“ hätten (UA S. 10). Diese Erwägung bleibt ohne tatsächlichen Beleg, da es im Urteil an jeglichen näheren Feststellungen zu Anlaß und Umständen der Tatoffenbarung fehlt. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erschließt sich insoweit nichts.
Offen bleibt auch, weshalb die Geschädigte nach Beginn einer Serie von Vergewaltigungen nicht versucht hat, ihre Mutter oder ihre Brüder zu alarmieren , und warum sie sich der Mutter offenbar erst nach Auszug aus der Wohnung des Angeklagten anvertraut hat.
3. Der Senat merkt folgendes an:
a) Jedenfalls bei Fehlen detaillierterer Angaben der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren oder einer markanten und unverdächtigten Offenbarungssituation – das Urteil enthält zu beiden Punkten keine Hinweise – erschiene die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens hier naheliegend. Mangels vollständiger Mitteilung der in diesem Zusammenhang relevanten Verfahrenstatsachen ist die deshalb erhobene, auf den Vortrag entsprechender Anträge und ihrer Ablehnung durch das Landgericht beschränkte Verfahrensrüge allerdings nicht zulässig begründet worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

b) Sämtliche Anträge, deren Ablehnung als Beweisanträge mit der Revision beanstandet werden, erfüllten in Ermangelung hinreichend konkreter Beweisbehauptungen nicht die Voraussetzungen von Beweisanträgen (vgl. nur die Rechtsprechungsnachweise bei Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 46). Wäre indes die behauptete Ä ußerung der Nebenklägerin gegenüber einem Frauenarzt im Tatzeitraum erfolgt – was nicht explizit behauptet worden ist –, so hätte dies nach einer Wahrunterstellung jedenfalls näherer Erklärung im Urteil bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2000 – 1 StR 303/00 –).

c) Nach dem nachgeholten Teilfreispruch darf der neue Tatrichter den Angeklagten auch für den Fall entsprechender weitergehender Feststellungen nicht wegen mehr als fünf Taten zum Nachteil der Nebenklägerin im Tatzeitraum verurteilen. Sollte er entsprechende sexuelle Handlungen feststellen , sich indes bei manchen oder auch allen Taten nicht vom bewußten Ein- satz eines Nötigungsmittels im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB durch den Angeklagten überzeugen können und erneut nicht zur Feststellung eines Verhältnisses im Sinne des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB gelangen, wird er die Taten auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 182 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu prüfen haben.
Harms Basdorf Tepperwien Gerhardt Brause

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.