Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 2 StR 266/18

bei uns veröffentlicht am20.11.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 266/18
vom
20. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln entgegen
ECLI:DE:BGH:2019:201119B2STR266.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. November 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 1. März 2018 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen die Apothekenpflicht in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Inverkehrbringen von Arzneimitteln entgegen § 8 Abs. 2 AMG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Darüber hinaus hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Im Adhäsionsverfahren wurde der Angeklagte entsprechend seinem Anerkenntnis zur Unterlassung des Vertriebs näher ausgeführter Arzneimittel verurteilt. Außerdem wurde er dem Grunde nach verurteilt, der Adhäsionsklägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr „durch die hier abgeurteilten Verkäufe von Arzneimitteln unter ‚Cialis‘ oder ‚Cialis-Generika‘ in Deutschland vom 10. Juni 2015 bis 8. Juni 2017 entstanden ist“. Weiter wurde er verurteilt, der Adhäsionskläge- rin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang er Arzneimittel unter der Bezeichnung „Cialis“ und/oder „Cialis-Generika“ in Deutschland eingeführt, angeboten, in den Verkehr gebracht und besessen hat. Im Übrigen wurde von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen.
2
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die unausgeführte Verfahrensrüge ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), die Sachrüge bleibt ohne Erfolg.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts vertrieb der nichtrevidierende Mitangeklagte E. zwischen dem 10. Juni 2015 und dem 8. Juni 2017 im Online-Handel verschreibungspflichtige Potenzmittel mit den Wirkstoffen Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil. Die aus Großbritannien eingeführten Arzneimittel lagerte er in Räumen in F. und M. . Der Angeklagte erklärte sich bereit, E. gegen Entlohnung beim Vertrieb der Arzneimittel zu unterstützen und übernahm in der Folge deren Verpackung und Versand. Darüber hinaus eröffnete er zur Zahlungsabwicklung der Bestellungen drei Konten, deren Führung er dem Mitangeklagten überließ. Im Tatzeitraum erfolgten mindestens 3.953 Arzneimittelverkäufe, woraus Einnahmen von insgesamt 473.968,19 € resultierten. Am 8. Juni 2017 verfügte der Mitangeklagte E. in den angemieteten Lagerstätten über insgesamt 77.479 Stück verschreibungspflichtige Arzneimittel, darunter 1.544 Stück gefälschte „Cialis“-Tabletten.
4
2. Die Revision des Angeklagten ist nicht auf den Adhäsionsausspruch beschränkt.
5
Zwar begehrt der Beschwerdeführer mit seinem ausdrücklich formulierten Revisionsantrag die Aufhebung des angefochtenen Urteils lediglich im Adhäsionsausspruch. Die Einzelausführungen zur Revisionsbegründung lassen jedoch erkennen, dass mit dem Rechtsmittel auch die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen angegriffen werden. Der nicht auflösbare Widerspruch zwischen ausdrücklichem Revisionsantrag und erkennbar verfolgtem Rechtsschutzziel hat zur Folge, dass die Revision im Wege der Auslegung mangels eines eindeutig zum Ausdruck gebrachten Beschränkungswillens als unbeschränkt zu behandeln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 ‒ 4 StR 528/13, NJW 2014, 871; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10 mwN).
6
3. Auf der Grundlage der ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen erweist sich die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen die Apothekenpflicht in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Inverkehrbringen von Arzneimitteln entgegen § 8 Abs. 2 AMG als rechtsfehlerfrei.
7
a) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts lässt sich dem Gesamtinhalt der Urteilsgründe die Feststellung entnehmen, dass gefälschte „Cialis“-Tabletten in den Verkauf gelangt sind. Zwar finden sich im Urteil an drei Stellen Formulierungen zu einem nur geplanten Vertrieb (UA S. 143, 144, 150). Jedoch nimmt der oben genannte Tenor der Adhäsionsentscheidung ausdrücklich auf die „hier abgeurteilten Verkäufe“ der gefälschten Arzneimittel Bezug. Dementsprechend sind die gefälschten Mittel mit dem (auch in „Cialis“-Tabletten enthaltenen)Wirkstoff Tadalafil in der Aufzählung der Medi- kamente enthalten, die im Tatzeitraum „über den Onlinehandel vertrieben“ wur- den (UA S. 5). Auch aus den Feststellungen zum Vorsatz desMitangeklagten E. wird deutlich, dass das Landgericht auf den Vertrieb gefälschter Produkte abgestellt hat (UA S. 133 f.). Schließlich ergibt die Erwägung der Strafkammer zur Begründung des nur dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzanspruchs , man könne aus der Zahl der am 8. Juni 2017 aufgefundenen gefälschten Tabletten keine Rückschlüsse auf die Zahl der im Tatzeitraum versandten Tabletten ziehen, nur einen Sinn, wenn nach ihrer Überzeugung überhaupt Fälschungen vertrieben wurden (UA S. 151).
8
b) Auch die auf eine Gesamtschau der Tatbeiträge gestützte Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe hinsichtlich der Tatsache, dass ein Teil der für den Verkauf vorgesehenen Arzneimittel gefälscht war, mit bedingtem Vorsatz gehandelt, wird (noch) von den Feststellungen getragen.
9
4. Die Adhäsionsentscheidung hat entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ebenfalls Bestand.
10
Da das Landgericht – wie oben ausgeführt – den Vertrieb gefälschter „Cialis“-Tablettenfestgestellt hat, sind die Voraussetzungen der von der Strafkammer angewendeten Anspruchsgrundlagen für den Schadensersatzanspruch und den Auskunftsanspruch erfüllt.
11
Der Senat kann ungeachtet des Antrags des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 StPO verfahren: Ist nur über die Zubilligung einer Entschädigung zu befinden, kann das Rechtsmittelgericht dies nach § 406a Abs. 2 Satz 2 StPO ohne Hauptverhandlung tun. Dies erfordert, auch dann eine Entscheidung im Beschlusswege zuzulassen, wenn im Übrigen – wie hier – wegen der Schuld- und Straffrage die Voraussetzungen des § 349 Abs. 2 StPO vorliegen , da der Gesetzgeber vermeiden wollte, dass allein wegen der Adhäsions- entscheidung eine Hauptverhandlung stattfindet (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2014 – 3 StR 346/14, juris Rn. 3 mwN).
Franke RiBGH Dr. Appl ist Zeng urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Franke RiBGH Schmidt ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Grube Franke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 2 StR 266/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 2 StR 266/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 406a Rechtsmittel


(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschl

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 8 Verbote zum Schutz vor Täuschung


(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die 1. durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder1a. (weggefallen)2. mit irreführ
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 2 StR 266/18 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 406a Rechtsmittel


(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschl

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 8 Verbote zum Schutz vor Täuschung


(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die 1. durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder1a. (weggefallen)2. mit irreführ

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 2 StR 266/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 2 StR 266/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 4 StR 528/13

bei uns veröffentlicht am 28.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 S t R 5 2 8 / 1 3 vom 28. Januar 2014 in der Strafsache gegen wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers a

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Sept. 2014 - 3 StR 346/14

bei uns veröffentlicht am 02.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 3 4 6 / 1 4 vom 2. September 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am

Referenzen

(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die

1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder
1a.
(weggefallen)
2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben,
b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.

(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.

(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die

1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder
1a.
(weggefallen)
2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben,
b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.

(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.

(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 5 2 8 / 1 3
vom
28. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. Januar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 21. August 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl, Urkundenfälschung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls zugleich mit Urkundenfälschung , wegen schwerer räuberischer Erpressung und wegen Urkundenfälschung zugleich mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Maßregelentscheidung nach §§ 69, 69a StGB getroffen. Hiergegen richtet sich die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Revision des Angeklagten ist nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Zwar begehrt der Beschwerdeführer mit seinem ausdrücklich formulierten Revisionsantrag die Aufhebung des angefochtenen Urteils lediglich im Rechtsfolgenausspruch. Die Einzelausführungen zur Revisionsbegründung lassen jedoch erkennen, dass mit dem Rechtsmittel auch die dem Schuldspruch zugrunde liegende Beurteilung des materiell-rechtlichen Konkurrenzverhältnisses angegriffen wird. Der nicht auflösbare Widerspruch zwischen ausdrücklichem Revisionsantrag und erkennbar verfolgtem Rechtsschutzziel hat zur Folge , dass die Revision im Wege der Auslegung mangels eines eindeutig zum Ausdruck gebrachten Beschränkungswillens als unbeschränkt zu behandeln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 1984 – 2 StR 725/83, bei Pfeiffer/ Miebach, NStZ 1985, 13, 17; Urteil vom 10. April 1959 – 4 StR 56/59, VRS 17, 47; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10 mwN).
3
2. Die Annahme mehrerer selbständiger, real konkurrierender Taten durch die Strafkammer hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte spätestens am Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug dazu, einen Banküberfall zu begehen. Zur Verwirklichung seines Tatvorhabens entwendete er die amtlichen Kennzeichen eines geparkten Pkws und brachte diese an seinem nicht zugelassenen Fahrzeug an. Mit dem so präparierten Fahrzeug fuhr der Angeklagte zur Filiale der Raiffeisenbank in B. , wo er unter Vorhalt einer nicht ausschließbar ungeladenen Softair-Pistole die Übergabe von Bargeld in Höhe von 800 € erzwang. Anschließend verließ er die Bankfiliale, stieg in sein unmittelbar vor dem Gebäude abgestelltes Fahrzeug und flüchtete vom Tatort. Als er im Zuge der eingeleiteten Fahndung von der Besatzung eines Polizeifahrzeugs auf der Bundesautobahn A 3 gesichtet wurde, setzte er, um sich der Verfolgung durch die Polizei zu entziehen, seine Fahrt mit hoher Geschwindigkeit fort, bis er auf der Bundesstraße B 505 im Bereich einer unübersichtlichen Baustelle auf Grund stark überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit der Zugmaschine eines Sattelzugs kollidierte. Infolge des Unfalls erlitt der Angeklagte lebensgefährliche Verbrennungen, die dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen und Entstellungen zur Folge haben.
5
b) In der Nutzung des mit falschen amtlichen Kennzeichen versehenen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr, durch die den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglicht wurde (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR 613/88, BGHSt 36, 64, 65), liegt ein einheitliches Gebrauchmachen von einer unechten zusammengesetzten Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 71; RGSt 72, 369, 370), das nicht nur die Fahrten zu und von der Bankfiliale, sondern auch das kurzzeitige Abstellen des Fahrzeugs vor dem Bankgebäude umfasste. Da diese Nutzung des Fahrzeugs dem vom Angeklagten bereits beim Anbringen der falschen Kennzeichen verfolgten Tatvorhaben entsprach, bilden das durch das Anbringen der Kennzeichen verwirklichte Herstellen der unechten Urkunde und deren nachfolgender Gebrauch als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, StV 2009, 589, 590).
6
Die Urkundenfälschung steht nicht nur mit der vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung sowie im Wege der natürlichen Handlungseinheit mit dem Diebstahl der Kennzeichen, sondern auch mit der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit. Die schwere räuberische Erpressung war, als der Angeklagte mit seinem unmittelbar vor dem Bankgebäude abgestellten Fahrzeug die Flucht antrat, vollendet aber nicht beendet, weil der Angeklagte bis dahin noch keinen gesicherten Gewahrsam an der erpressten Tatbeute erlangt hatte. Die anschließende Fahrt mit am Fahrzeug angebrachten falschen amtlichen Kennzeichen zielte gerade auch auf die Sicherung der Beute ab. Handlungen, die nach der rechtlichen Vollendung einer (schweren) räuberischen Erpressung, aber vor deren tatsächlichen Beendigung vorgenommen werden, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Tateinheit, wenn sie der Verwirklichung der tatbestandsmäßig vorausgesetzten Absicht dienen und zugleich weitere Strafgesetze verletzen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2003 – 2 StR 294/03, NStZ 2004, 329; Urteil vom 6. November 1974 – 3 StR 200/74, BGHSt 26, 24, 27).
7
Das jeweils tateinheitliche Zusammentreffen der übrigen Delikte mit der einheitlichen Urkundenfälschung hat schließlich zur Folge, dass sämtliche Gesetzesverstöße zu einer Tat im materiell-rechtlichen Sinne verklammert werden (vgl. Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 28 ff. mwN). Dass eines der von der Zusammenfassung betroffenen Delikte – die schwere räuberische Erpressung – einen höheren Unrechtsgehalt als das die Verbindung begründende Delikt – die Urkundenfälschung – aufweist, steht einer Verklammerung nicht entgegen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013, 158; Urteil vom 14. Juli 1992 – 1 StR 243/92, NStZ 1993, 39, 40; Beschluss vom 26. März 1982 – 2 StR 700/81, BGHSt 31, 29).
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Der rechtsfehlerfreie Maßregelausspruch bleibt hiervon unberührt.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die

1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder
1a.
(weggefallen)
2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben,
b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.

(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.

(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschließende Entscheidung ergangen ist. Im Übrigen steht dem Antragsteller ein Rechtsmittel nicht zu.

(2) Soweit das Gericht dem Antrag stattgibt, kann der Angeklagte die Entscheidung auch ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zulässigen Rechtsmittel anfechten. In diesem Falle kann über das Rechtsmittel durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden. Ist das zulässige Rechtsmittel die Berufung, findet auf Antrag des Angeklagten oder des Antragstellers eine mündliche Anhörung der Beteiligten statt.

(3) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung ist aufzuheben, wenn der Angeklagte unter Aufhebung der Verurteilung wegen der Straftat, auf welche die Entscheidung über den Antrag gestützt worden ist, weder schuldig gesprochen noch gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Dies gilt auch, wenn das Urteil insoweit nicht angefochten ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

3
Der Senat kann ungeachtet des Antrags des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 StPO verfahren: Ist nur über die Zubilligung einer Entschädigung zu befinden, kann das Rechtsmittelgericht dies nach § 406a Abs. 2 Satz 2 StPO ohne Hauptverhandlung tun. Dies erfordert, auch dann eine Entscheidung im Beschlusswege zuzulassen, wenn im Übrigen - wie hier - wegen der Schuld- und Straffrage die Voraussetzungen des § 349 Abs. 2 StPO vorliegen, da der Gesetzgeber vermeiden wollte, dass allein wegen der Adhäsionsentscheidung eine Hauptverhandlung stattfindet (BGH, Beschlüsse vom 5. Januar 1999 - 3 StR 602/98, NJW 1999, 1123, 1124 und vom 3. April 2007 - 3 StR 92/07, juris Rn. 5).