Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2014 - 2 StR 269/14

bei uns veröffentlicht am11.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 2 6 9 / 1 4
vom
11. September 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 4. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 11. September 2014 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des
Landgerichts Darmstadt vom 22. Januar 2014, auch soweit es
die nicht revidierenden Angeklagten S. und L.
betrifft,

a) im Schuldspruch im Fall II.1. der Urteilsgründe dahin abgeändert
, dass die Angeklagten des besonders schweren Raubes
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig
sind,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafen im Fall II.1. der Urteilsgründe
und

c) im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das vorgenannte
Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen
aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision des Angeklagten B. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. und den Nichtrevidenten S. jeweils wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei Fällen verurteilt, den Nichtrevidenten L. wegen einer solchen Tat. Gegen den Angeklagten B. hat das Landgericht unter Einbeziehung der Strafen aus zwei früheren Urteilen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten, gegen den Nichtrevidenten S. unter Einbeziehung von Strafen aus zwei früheren Urteilen eine solche von elf Jahren und sechs Monaten und gegen den Nichtrevidenten L. unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verhängt. Den Angeklagten A. hat es wegen Beihilfe zum schweren Raub zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Das Landgericht hat hinsichtlich aller Angeklagten eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt. Zugunsten des Angeklagten A. hat es deshalb angeordnet, dass ein Monat der verhängten Freiheitsstrafe als vollsteckt gilt.
3
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten B. und A. mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel des Angeklagten B. führt zu einer Änderung des Schuldspruchs zu Fall II.1. der Urteilsgründe dahin, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung entfällt, ferner zur Aufhebung der dafür verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe. Insoweit ist die Urteilsaufhebung auf die Nichtrevidenten zu erstrecken. Die Re- vision des Angeklagten A. führt zur Aufhebung des Urteils, soweit es ihn betrifft.

I.

4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. In der Nacht vom 12. zum 13. September 2010 überfielen die maskierten und mit Reizstoffsprühgeräten sowie mit einer Spielzeugpistole ausgerüsteten Angeklagten B. , S. und L. die Angestellten des Bowling-Center in Be. . Der Angeklagte S. bedrohte die Zeuginnen Sch. und O. mit der Pistole, die Angeklagten B. und L. jeweils mit Reizstoffsprühgeräten, die sie im Anschlag hielten. Die Angeklagten fesselten die Zeuginnen so mit Kabelbindern, dass sie schmerzhafte Einschnürungen an den Handgelenken erlitten. Der Angeklagte B. zog die Zeugin Sch. an den Haaren und schüttelte sie, bis sie dazu bereit war, die Kasse zu öffnen. Aus der Kasse nahmen die Täter 155 Euro Wechselgeld weg, ferner entnahmen sie den Portemonnaies der Zeuginnen deren Bargeld von 150 Euro. Dann entfernten sie sich vom Tatort. Nachdem sie festgestellt hatten, dass sie ein Reizstoffsprühgerät am Tatort vergessen hatten, drang der Angeklagte B. durch ein Fenster nochmals in das Gebäude ein, um das Gerät zu holen. Die Zeuginnen hatten sich unter der Ladeneinrichtung versteckt , wurden vom Angeklagten B. nicht mehr entdeckt und dieser nahm an, dass sie in der Zwischenzeit geflohen seien.
6
2. Am 13. Dezember 2010 überfielen die Angeklagten B. und S. ein Bekleidungsgeschäft in M. . Der Angeklagte B. führte dabei eine funktionsfähige Softairpistole als Drohmittel mit. Die maskierten Täter überwältigten und fesselten die Zeuginnen K. und Ba. an Händen und Füßen. Mit Hilfe eines Schlüssels der Zeugin K. öffnete der Angeklagte B. einen Tresor, in dem sich der Schlüssel zu einem zweiten Tresor befand. Daraus nahmen die Täter rund 32.000 Euro weg.
7
Hinweise auf die Öffnungszeiten des Geschäfts, das Personal, die Tresorschlüssel und eine Alarmvorrichtung hatte der Angeklagte A. als Angestellter des Modegeschäfts in früheren Gesprächen mit dem Angeklagten B. erteilt. Der Angeklagte B. hatte A. "berichtet, dass er eine Pistole habe, die er einsetzen wollte, um jede Gegenwehr zu unterbinden und somit an die Tresorbestände zu gelangen". Auch wenn der Angeklagte A. "nicht von einer echten und damit 'scharfen' Waffe ausging, war er sich darüber im Klaren, dass seine Kolleginnen hiermit in Todesangst versetzt werden sollten".
8
3. Das Landgericht hat die Angeklagten B. , S. und L. im Fall II.1. der Urteilsgründe wegen Verwendens der Reizstoffsprühgeräte als Drohmittel, die Angeklagten B. und S. auch im Fall II.2. wegen Verwendens einer funktionsfähigen Gasdruckpistole des besonders schweren Raubes gemäß §§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB und in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. Dem Angeklagten A. als Gehilfen hat es nach dessen Vorstellung im Fall II.2. die Verwendung einer Pistole als Scheinwaffe zugerechnet und ihn deshalb wegen Beihilfe zum schweren Raub im Sinne der §§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1b, 27 StGB verurteilt.

II.

9
Die Revision des Angeklagten B. ist begründet, soweit im Fall II.1. tateinheitlich eine Freiheitsberaubung angenommen wurde. Wird das Opfer eines Raubüberfalls nur an den Händen gefesselt, liegt darin noch keine Freiheitsberaubung , weil diese Fesselung nicht die Fortbewegungsfreiheit aufhebt.
Soweit das Opfer während des Raubüberfalls daran gehindert wird, diesen Ort zu verlassen, tritt der Tatbestand der Freiheitsberaubung im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter den Tatbestand des Raubes zurück, da die Freiheitsberaubung insoweit nur das Mittel zur Begehung des Raubes ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2007 - 4 StR 470/07).
10
Nach den Feststellungen lag im Fall II.1. keine Aufhebung der Fortbewegungsfreiheit vor, weil die Zeuginnen sich unter der Ladeneinrichtung verstecken konnten, so dass der Angeklagte B. auch glaubte, sie seien geflohen. Anders als im Fall II.2. ist eine Fesselung an den Füßen nicht festgestellt.
11
Der Senat ändert den Schuldspruch dahin, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung entfällt. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen.
12
Die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II.1., weil das Landgericht die tateinheitliche Verwirklichung einer Freiheitsberaubung als Strafschärfungsgrund hervorgehoben hat. Der Wegfall der Einzelstrafe führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
13
Eine Aufhebung von Feststellungen ist nicht erforderlich.
14
Die Kompensationsentscheidung weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten B. auf.

III.

15
Der genannte Rechtsfehler im Fall II.1. der Urteilsgründe betrifft in gleicher Weise die Angeklagten S. und L. , die keine Revision eingelegt haben. Daher ist die Erstreckung der Urteilsaufhebung auf sie gemäß § 357 StPO geboten.

IV.

16
Die Verurteilung des Angeklagten A. wegen Beihilfe zum schweren Raub hat keinen Bestand, weil die Feststellung, der Angeklagte A. sei über den Einsatz einer Pistole unterrichtet worden und habe daher den Gehilfenvorsatz zur Begehung eines schweren Raubes durch die Angeklagten B. und S. unter Verwendung einer Scheinwaffe gehabt, nicht rechtsfehlerfrei belegt wurde.
17
Der Einlassung des Angeklagten B. war nicht zu entnehmen, dass er dem Angeklagten A. gesagt hatte, er werde eine Pistole mitführen und als Drohmittel verwenden. Auch der Angeklagte A. hat eine solche Äußerung nicht eingeräumt. Das Landgericht hat gleichwohl angenommen, dass er über die wesentlichen Umstände des geplanten Tatablaufs im Bilde gewesen sei. Dies habe die Tatsache eingeschlossen, dass zumindest ein Gegenstand, der einer echten Schusswaffe ähnlich sehen sollte, als Drohmittel vorgesehen war. Es sei nach Bemerkungen des Angeklagten A. in seiner Einlassung darum gegangen, den Angestellten des Modegeschäfts Angst zu machen. Schon dies deute darauf hin, dass die Verwendung einer Scheinwaffe vorgesehen war, "da es sich hierbei um ein äußerst naheliegendes Mittel handelt, die Überfallopfer in Angst - nämlich um das eigene Leben - zu versetzen". Zudem dränge sich angesichts der sonstigen Informationen der Schluss auf, dass der Angeklagte B. von sich aus oder auf Nachfrage des Angeklagten A. von dem geplanten Einsatz einer Pistole gesprochen habe. Zu seinen Gunsten sei allerdings davon auszugehen, dass dabei keine Angabe zur Funktionsfähigkeit der Softairpistole gemacht wurde.
18
Diese Überlegung ist widersprüchlich. Die Feststellung, der Angeklagte B. habe den Pistoleneinsatz ausdrücklich erwähnt, wird von dem Hauptar- gument der Strafkammer in ihren Beweisgründen, angesichts des Tatplans den Angestellten "Angst" zu machen, habe der Angeklagte A. darauf geschlossen , es solle eine Pistole als Drohmittel eingesetzt werden, widerlegt. Eine solche Schlussfolgerung des Angeklagten A. wäre entbehrlich gewesen, wenn der Angeklagte B. den Einsatz der Pistole ausdrücklich angekündigt hätte.
19
Die anschließende Hilfsüberlegung der Strafkammer, angesichts der sonst besprochenen Tatumstände sei es nahe liegend gewesen auch zu besprechen , womit die Haupttäter den Raubopfern "Angst machen" wollten, rechtfertigt nicht die Feststellung der Hilfstatsache für den Gehilfenvorsatz zum schweren Raub, dass der Angeklagte B. das Mitführen der Pistole ausdrücklich erwähnt habe. Dies gilt besonders deshalb, weil die Strafkammer zugleich Zweifel an der Bezeichnung der Qualität der Pistole nicht überwinden konnte.
20
Ist demnach der Qualifikationstatbestand nicht ausreichend belegt, muss der Schuldspruch im Ganzen aufgehoben werden. Fischer Appl Krehl Eschelbach Ott

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2014 - 2 StR 269/14

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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

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(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
2.
durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.

(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 470/07
vom
30. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Oktober 2007 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 16. Februar 2007 dahin abgeändert , dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung im Fall II. 2. der Urteilsgründe entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Die Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Raubgeschehen zum Nachteil der Frieda S. ) hat keinen Bestand. Soweit das Tatopfer während des Überfalls an den Händen gefesselt worden ist, liegt tatbestandlich eine Freiheitsberaubung schon deshalb nicht vor, weil das Opfer hierdurch in seiner persönlichen Fortbewegungsfreiheit, das heißt in seiner Fähigkeit, aufgrund eigener Willensentschließung seinen Aufenthalt zu verändern (vgl. BGHSt 14, 314, 316; 32, 183, 188), nicht beeinträchtigt war. Soweit das Tatopfer während des eigentlichen Raubgeschehens infolge der Bedrohungssituation an einer Flucht gehindert war, ist zwar der Tatbestand des § 239 StGB erfüllt; dieser tritt jedoch im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter § 249 StGB zurück, da die Freiheitsbe- raubung hier nur das tatbestandsmäßige Mittel zur Begehung des Raubes war (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 239 Rd. 18).
2
Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht im Fall II. 2. der Urteilsgründe ohne die tateinheitliche Verurteilung wegen Freiheitsberaubung auf eine mildere Einzelstrafe erkannt hätte.
3
Der nur geringfügige Erfolg der Revision gibt keinen Anlass zu einer Billigkeitsentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO.
Tepperwien Kuckein Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.