Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2016 - 2 StR 41/16

bei uns veröffentlicht am27.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 41/16
vom
27. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:270916B2STR41.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 28. Oktober 2015 im Einzelstrafausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Besitz sowie Abgabe von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung von zwei in früheren Urteilen verhängten Einzelstrafen (20 Tagessätze zu je 40 Euro sowie Freiheitsstrafe von drei Monaten ) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verurteilung in den Fällen II.2 und 4 der Urteilsgründe, den Gesamtstrafen- ausspruch und die Unterbringungsanordnung beschränkte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg ; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Während die Schuldsprüche und die Maßregelanordnung keine Rechtsfehler aufweisen, ist die Einzelstrafe im Fall II.2 der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft zugemessen. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte in Tschechien 14,56 Gramm Methamfetamin (Crystal) mit einem Wirkstoffanteil von 10,63 Gramm Methamfetaminbase zum Eigengebrauch erworben und in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt.
3
Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer die Annahme eines minder schweren Falles nach § 30 Abs. 2 BtMG u.a. mit der Erwägung abgelehnt, zu Lasten des Angeklagten wirke sich aus, dass die Wirkstoffmenge den Grenzwert der nicht geringen Menge um das Zweifache überschritten habe. Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Bereits wiederholt hat der Senat entschieden , dass eine geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge ein Strafmilderungsgrund ist. Das Zweifache der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln ist auch noch derart gering, dass dies jedenfalls nicht als bestimmender Strafschärfungsgrund gewertet werden kann (vgl. für das 2,5-fache Senatsbeschluss vom 25. Februar 2016 - 2 StR 39/16, NStZ-RR 2016, 141 sowie für das 2,6-fache Senatsbeschluss vom 30. Juni 2016 - 2 StR 476/15).
4
2. Die Aufhebung der Einsatzstrafe entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe ihre Grundlage.
5
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es sich bei der Sicherstellung des eingeführten Rauschgifts einerseits und bei den Vorstrafen des Angeklagten sowie der Gefährlichkeit von Crystal andererseits um Umstände handelt, die bereits bei Prüfung des minder schweren Falles und nicht erst ausschließlich bei der Strafzumessung im engeren Sinne Berücksichtigung finden müssen. Zudem ist, wenn frühere Einzelstrafen in eine zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen werden, deren Vollstreckungsstand mitzuteilen.
Fischer Appl Krehl
Eschelbach Bartel

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2016 - 2 StR 41/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2016 - 2 StR 41/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2016 - 2 StR 41/16 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2016 - 2 StR 41/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 2 StR 476/15

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 476/15 vom 30. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:300616B2STR476.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2016 - 2 StR 39/16

bei uns veröffentlicht am 25.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 39/16 vom 25. Februar 2016 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2016:250216B2STR39.16.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2016 - 2 StR 41/16.

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2017 - 4 StR 580/16

bei uns veröffentlicht am 14.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 580/16 vom 14. Februar 2017 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2017:140217B4STR580.16.0 Der 4. Strafsenat des Bun

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2016 - 1 StR 492/15

bei uns veröffentlicht am 08.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 492/15 vom 8. November 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu 2.: unerlaubter Einfuhr von Betäubun

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 39/16
vom
25. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2016:250216B2STR39.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 9. Oktober 2015
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten nach einer Verfahrensbeschrän1 kung wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin- ger Menge, wobei er sonstige Gegenstände mit sich führte, die ihrer Art nach
zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind,“ zu einer Freiheits- strafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, bei der die Nichtanordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vom Rechtsmittelangriff ausgenommen wurde. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchte der Angeklagte
2
am 21. November 2014 eine Teilmenge von 200 g aus einem im Übrigen für den Eigenkonsum bestimmten Vorrat von 385,15 g Amphetamingemisch mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von 49,1 g Amphetaminbase an einen unbekannten Abnehmer zu verkaufen. Dabei führte er zwei Dolche, ein Jagdmesser, ein Bajonett und eine Machete sowie einen nicht funktionstüchtigen Revolver mit sich, die er an eine andere Person verkaufen wollte. Bei der Strafzumessung ist das Landgericht vom Vorliegen eines min3 der schweren Falls im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BtMG ausgegangen. Dabei und bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat es zulasten des Angeklagten gewertet, dass sich das Handeltreiben auf Amphetamin be- zog, welches „rund das 2,5-fache der nicht geringen Menge“ umfasste. Ferner hat es ihm angelastet, dass „er während des laufenden Verfahrens weiter – wenn auch reduziert – Betäubungsmittel konsumiert hat.“

II.

1. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen
4
den Schuldspruch richtet. Dieser ist zur Klarstellung neu zu fassen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 353/10). 2. Die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts begegnet
5
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Eine geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen
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Menge ist ein Strafmilderungsgrund (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2012 – 2 StR166/12, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 39). Das Zweieinhalbfache der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln ist auch noch derart gering, dass dies jedenfalls nicht als bestimmender Strafschärfungsgrund gewertet werden kann.
b) Die weitere Bemerkung des Landgerichts, dass auch die Fortsetzung
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des Betäubungsmittelkonsums als Strafschärfungsgrund bewertet wurde, ist ebenfalls rechtsfehlerhaft. Nach den Feststellungen „raucht der Angeklagte gelegentlich Joints und konsumierte jedenfalls zweimal Amphetamin“, seit er aus der Untersuchungshaft wegen der vorliegenden Tat entlassen wurde. Um den Marihuanakonsum zu vermeiden, nimmt er zudem Beruhigungsmittel. Bei dieser Sachlage ist der für sich genommen straflose Eigenkonsum von (zuletzt nur noch weichen) Drogen als Nachtatverhalten kein bestimmender Strafschär- fungsgrund. Die Urteilsgründe lassen auch nicht erkennen, aus welchem strafzumessungsrechtlichen Gesichtspunkt – der Schuld (§ 46 Abs. 1 Satz 1), der Spezialprävention (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB) oder der Generalprävention – das Landgericht diesen Aspekt hervorgehoben hat. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 476/15
vom
30. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:300616B2STR476.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 24. Juni 2015 im Schuldspruch berichtigt, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen schuldig ist. 2. Die Einzelstrafaussprüche in den Fällen II.1-4 der Urteilsgründe sowie die Gesamtstrafe und die Verfallsentscheidung werden aufgehoben; der Einzelstrafausspruch im Fall II.1 der Urteilsgründe entfällt. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer anderen Entscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Anordnung über Wertersatzverfall getroffen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor befindlichen Antrag Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen zu den Taten II.1 und II.2/3 hatte der Angeklagte zum einen zwischen Juli und September 2013 ca. 100 g Kokain und zum anderen im Februar 2014 500 g bzw. 3 kg Marihuana erworben und in der Folge in mehreren Einzelakten an Abnehmer gewinnbringend weiterverkauft. Dieses Verhalten hat das Landgericht als drei zueinander in Tatmehrheit stehende Bewertungseinheiten angesehen.
3
Die Annahme von Tatmehrheit ist zwar insofern nicht zu beanstanden, als der Besitz verschiedener von vornherein zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel, die niemals zu einem Depot verbunden worden sind, nicht bereits aufgrund zeitlicher Überschneidung eine Bewertungseinheit zu begründen vermag (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). Das Landgericht hat aber die bestehende Besonderheit übersehen, dass der Angeklagte am 29. Juli 2014 an einen nicht offen ermittelnden Polizeibeamten im Rahmen eines Geschäfts gleichzeitig Kokain aus dem ersten Geschäft und Marihuana aus dem zweiten oder dritten Geschäft verkauft hat. Wegen der damit gegebenen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlung bestand somit zwischen den Taten II.1 und II.2 oder II.3 richtigerweise Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98). Dies führt zum Entfallen einer Straftat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
4
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil nicht ersichtlich ist, wie der Angeklagte sich hätte anders verteidigen können.
5
2. a) Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafe im Fall II.1 der Urteilsgründe. Die an sich beanstandungsfreien Einzelstrafen in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe sind aufzuheben und müssen unter Berücksichtigung des Tatunrechts aus dem Fall II.1 der Urteilsgründe, das entweder zum Fall II.2 oder Fall II.3 der Urteilsgründe gehört, neu bemessen werden.
6
Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) steht einer höheren als der bisherigen Einzelstrafe nicht grundsätzlich entgegen. Eine vom Landgericht als selbständig erachtete Tat ist als solche entfallen (mit der zugehörigen Einzelstrafe); sie ist jetzt mit einer anderen Tat zur Tateinheit verbunden. Der Unrechtsgehalt dieser nun zur Tateinheit zusammen gefassten Tat ist damit erhöht. Das Verschlechterungsverbot, welches grundsätzlich auch für Einzelstrafen gilt, gebietet bei dieser Sachlage deshalb nur, dass die Summe der jeweils betroffenen bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der jeweils neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird. Überdies darf auch die neue Gesamtstrafe nicht höher als bisher ausfallen (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 3, 7).
7
b) Die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts im Fall II.4 der Urteilsgründe begegnet rechtlichen Bedenken.
8
Eine geringe Unterschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge ist ein Strafmilderungsgrund. Das 2,6-fache der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln ist auch noch derart gering, dass dies jedenfalls nicht als bestimmender Strafschärfungsgrund gewertet werden kann (BGH NStZ-RR 2016, 141).
9
c) Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe ihre Grundlage.
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3. Die Entscheidung über die Anordnung von Wertersatzverfall hat keinen Bestand. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen dargelegt hat, hätte die Strafkammer die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB erörtern und bei deren Vorliegen das ihr nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen ausüben müssen. Fischer Krehl Eschelbach Zeng RinBGH Dr. Bartel ist wegen Urlaubs verhindert. Fischer