Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2014 - 2 StR 637/13

bei uns veröffentlicht am23.01.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 637/13
vom
23. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Januar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juli 2013 im Ausspruch über die besondere Schwere der Schuld aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Zudem hat es ausgesprochen, dass die in Monaco erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1 : 1 angerechnet wird. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat nur zum Ausspruch über die besondere Schuldschwere Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen trat der in Monaco lebende Angeklagte seit dem 14. März 2012 mehrfach über eine Internetplattform an den Autohändler D. heran, um Fahrzeuge der Luxusklasse von ihm zu erwerben. Da der Angeklagte nicht über die dafür erforderlichen finanziellen Mittel verfügte, wollte er seine Zahlungsfähigkeit vorspiegeln, um die Fahrzeuge dann - gegebenenfalls auch gewaltsam - ohne Zahlung des Kaufpreises zu erhalten. Mehrere Anbahnungen eines konkreten Verkaufsgeschäfts scheiterten jedoch daran, dass der Geschädigte D. auf Barzahlung bei Übergabe der Fahrzeuge bestand.
3
Am 15. April 2012 reiste der Angeklagte unter Mitführung eines Revolvers nach Deutschland und einigte sich mit dem Geschädigten über den Ankauf von vier Fahrzeugen. Der Angeklagte beabsichtigte den Verkauf soweit voranzutreiben, dass der Geschädigte schließlich der Übergabe der Fahrzeuge ohne Barzahlung zustimmen würde. Während am Morgen des 18. April 2012 drei der vier Fahrzeuge verladen wurden, warteten der Angeklagte und der Geschädigte in dessen Büro auf die Ankunft des vom Angeklagten wiederholt angekündigten Geldbotens. Der Geschädigte wies schließlich die Fahrer des Fahrzeugtransporters an, mit drei der vier Fahrzeuge loszufahren. Als der Angeklagte erkannte, dass es ihm nicht gelingen werde, den Geschädigten dazu zu bringen, ihm die Fahrzeugschlüssel und -papiere sowie das vierte Fahrzeug vor Zahlung des Kaufpreises auszuhändigen, trat er unter einem Vorwand von hinten an den Geschädigten heran und schoss ihm in den Hinterkopf. Sodann floh er mit dem vierten Fahrzeug unter Mitnahme aller Papiere und Schlüssel sowie von mehreren im Büro deponierten hochwertigen Uhren. Der Geschädigte verstarb alsbald an den Folgen des Schusses.
4
2. Das Landgericht ist von der Verwirklichung der Mordmerkmale der Heimtücke und der Habgier sowie der tateinheitlichen Begehung eines (besonders ) schweren Raubs mit Todesfolge ausgegangen. Neben der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe gemäß § 211 StGB hat es unter „zusammenfassender Würdigung der einzelnen Taten (§ 57b StGB)“ und der Persönlichkeit des Angeklagten die besondere Schwere der Schuld gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB festgestellt.

II.

5
1. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
6
Eine solche Feststellung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen so sehr abweicht, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unangemessen wäre (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - 4 StR 560/92, BGHSt 39, 121, 125; vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - GSSt 2/94, BGHSt 40, 360, 370). Ein solches über die Erfüllung des Mordtatbestands wesentlich hinausgehendes Maß von Tatschuld ist nach den bisherigen Feststellungen auch unter Berücksichtigung eines nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs nicht rechtsfehlerfrei begründet.
7
Zwar hat das Landgerecht zu Recht auf den besonders gewichtigen und schulderschwerenden Umstand abgestellt, dass der Angeklagte neben dem Mordmerkmal der Habgier auch das der Heimtücke verwirklicht hat. Das Zusammentreffen zweier Mordmerkmale führt aber für sich genommen nicht ohne weiteres zur Bejahung der besonderen Schuldschwere, und zwar auch dann nicht, wenn die Mordmerkmale - wie hier - auf materiell verschiedenen schulderhöhenden Umständen beruhen; erforderlich ist auch in diesem Fall eine Gesamtwürdigung anhand der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1993 - 4 StR 153/93 - NJW 1993, 1999, 2000; Urteil vom 12. März 1998 - 1 StR 708/98, StV 1998, 420, 421; Urteil vom 8. September 2005 - 1 StR 159/05, NStZ-RR 2006, 236, 237).
8
Soweit das Landgericht ausdrücklich den tateinheitlich begangenen Raub mit Todesfolge schulderhöhend berücksichtigt, hat es jedoch nicht bedacht , dass bei dem Zusammentreffen von Raub mit Todesfolge und Mord aus Habgier der Unrechtskern beider Tatbestände sich weitgehend überschneidet (vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - 4 StR 354/08, NStZ 2009, 203, 204). Aus dem Umstand, dass der Angeklagte sein Ziel, sich auf Kosten des Geschädigten zu bereichern, über einen Zeitraum von mehr als einem Monat zielstrebig verfolgt und dabei ab dem Zeitpunkt seiner Anreise auch den Einsatz von Gewalt einkalkuliert hat, lässt sich der Vorwurf besonders großer krimineller Energie nicht ohne Weiteres ableiten.
9
Demgegenüber hat das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten lediglich seine geständige Einlassung berücksichtigt. Es fehlt eine umfassende Auseinandersetzung mit der Täterpersönlichkeit; insbesondere die bisherige Unbestraftheit des Angeklagten hat das Landgericht nicht erkennbar in seine Würdigung einbezogen.
10
Ungeachtet dessen, dass schon die Bezugnahme des Landgerichts auf den hier nicht einschlägigen § 57b StGB die Besorgnis begründen könnte, dass es seiner Entscheidung nicht den richtigen Maßstab zu Grunde gelegt hat, kann daher der Senat nicht ausschließen, dass die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht. Die Sache bedarf daher insoweit erneuter Entscheidung. Eine Aufhebung der Feststellungen war nicht erforderlich, weil diese von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind. Ergänzende Feststellungen bleiben zulässig.
11
2. Im Übrigen erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat. Insbesondere ist die Beweiswürdigung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2014 - 2 StR 637/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2014 - 2 StR 637/13

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Strafgesetzbuch - StGB | § 57b Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe


Ist auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt, so werden bei der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2014 - 2 StR 637/13 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Strafgesetzbuch - StGB | § 57b Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe


Ist auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt, so werden bei der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2014 - 2 StR 637/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2005 - 1 StR 159/05

bei uns veröffentlicht am 08.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 159/05 vom 8. September 2005 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. September 2005, an der teilgenommen haben: Vorsitzender

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2008 - 4 StR 354/08

bei uns veröffentlicht am 09.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 354/08 vom 9. Oktober 2008 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Oktober 2008, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richt
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2014 - 2 StR 637/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2015 - 2 StR 422/14

bei uns veröffentlicht am 03.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 S t R 4 2 2 / 1 4 vom 3. Juni 2015 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Juni 2015, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Ric

Referenzen

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Ist auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt, so werden bei der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 159/05
vom
8. September 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. September
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 21. Dezember 2004 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen eines heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen begangenen Mordes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderen Urteil zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Sie erstrebt die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und das Bejahen des weiteren Mordmerkmals "grausam". Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: 1. Die Mitangeklagten G. , D. G. der und Angeklagte kamenüberein, K. , von dem sie wussten, dass er an Diabetes litt, durch eine Überdosis Insulin zu töten. Die Initiative ging von der damals
17-jährigen Go. aus. K. hatte sich um sie als Partnerin bemüht und sie daher finanziell unterstützt. Als er die finanziellen Zuwendungen sperrte, wollte sie sich des für sie nutzlos und lästig gewordenen K. entledigen. Der 25-Jährige, mit einem IQ von 78 unterdurchschnittlich intelligente Angeklagte stimmte dem Tötungsvorschlag der intellektuell weit überlegenen Go. zu, um einen Nebenbuhler auszuschalten, sie durch das Geheimnis um eine schwere Straftat an sich zu binden und den Kontakt zu dem vermeintlich gemeinsamen Sohn zu sichern. Der 18-jährigeD. G. der , Neffe des Angeklagten, der sich dem Müßiggang hingab, bei seinem Onkel wohnte und von diesem ernährt wurde, sagte seine Mitwirkung an einer gemeinsamen Tötung zu, weil er im Falle der Weigerung fürchtete, seinen bequemen Lebensstil zu verlieren. 2. Am 8. Juli 2003 zwischen 18.00 und 19.00 Uhr überfielen die männlichen Angeklagten in der Wohnung der auch anwesenden Go. den völlig ahnungslosen K. hinterrücks und brachten ihn zu Boden. Go. versetzte ihm mindestens eine Insulin-Injektion, danach D. G. mindestens eine weitere. K. verfiel in einen Zustand des Unterzuckers. Er verlor seine Kräfte und begann zu schwitzen. Da K. nach einer gewissen Zeit noch lebte, waren sich die Angeklagten unsicher, ob die Injektionen für den Tod ausreichend waren. Der Angeklagte holte aus der Wohnung des Opfers weiteres Insulin, womit ihm mindestens eine weitere Injektion gewaltsam gesetzt wurde. Nach den Injektionen äußerte K. , er brauche dringend Zuckerwasser, sonst werde er sterben (UA S. 63, 64). Die Angeklagten warteten nun auf den Tod ihres Opfers. Nachdem sie sich drei Portionen Pizza beschafft und verzehrt hatten, sorgten sie dafür, dass das zwar stark geschwächte, aber noch handlungsfähige Opfer nicht entkom-
men konnte.K. wäre im Laufe der Nacht in der Lage gewesen, aus eigener Kraft das Haus zu verlassen. Sie versperrten daher die Wohnungstüre. In der Nacht schliefen Go. und einer der männlichen Angeklagten mit K. im Wohnzimmer, der andere lag vor der Zimmertüre, so dass K. den Raum nicht unbemerkt verlassen konnte. 3. Am nächsten Morgen, dem 9. Juli 2003, war K. leicht benommen, geschwächt und schwitzte, lebte aber noch. Den Angeklagten war klar, dass die bei dem zuckerkranken Opfer kaum nachweisbare Tötung durch Insulinvergiftung fehlgeschlagen war. Sie entschlossen sich auf ihren ursprünglichen Plan, der Tötung durch Erschlagen, zurückzugreifen. Zu diesem Zweck hatte Go. "K. s Todeslatte" gebaut und auch so beschriftet. Dabei handelte es sich um eine 1,16 m lange Holzlatte, an deren einem Ende ein sackartiger Gegenstand, gefüllt mit Kieselsteinen, Nägeln, Nadeln, Schrauben und einer 2,1 kg schweren Eisenkugel befestigt war. Die Angeklagten führten ihr Opfer in einen Pkw und verstauten die "Todeslatte". Bei einem notwendigen Zwischenstopp an einer Tankstelle verließ K. unbemerkt das Fahrzeug und begab sich in ein nahe gelegenes Wirtshaus. Als D. G. sein Fehlen bemerkte, ging er hinterher und fuhr ihn in den Gasträumen an, er wolle doch nicht etwa telefonieren. K. erwiderte "Nein, nein, passt schon" und ging mit ihm zum Auto zurück. Nach anschließender Weiterfahrt in ein Waldstück töteten die Angeklagten ihr Opfer dort gemeinsam. D. G. zerrte K. hierzu aus dem Pkw. Go. schlug mindestens zweimal mit der "Todeslatte" auf seinen Kopf, bis das sackartige Gebilde abriss. Dann schlug D. G. mit der Eisenkugel aus dem Sack mindestens dreimal gegen den Kopf des nun am Boden liegenden Opfers und T. G. zog schließlich den Gürtel des Opfers um dessen Hals so lange zu, bis K. kein Lebenszeichen mehr von sich gab.
Das sachverständig beratene Landgericht konnte nicht ausschließen, dass das Opfer bereits durch den ersten Schlag mit der "Todeslatte" das Bewusstsein verloren hatte. Infolge der Schädelzertrümmerung wäre der Tod in jedem Fall binnen maximal einer halben Stunde eingetreten. Welche der Handlungen den Tod herbeigeführt hat, konnte nicht festgestellt werden.

II.

1. Das Landgericht hat das Mordmerkmal "grausam" verneint, weil der Wille der Angeklagten nicht darauf gerichtet gewesen sei, K. bewusst und geplant außergewöhnliche körperliche und seelische Qualen zuzufügen. Die Länge des gesamten Tötungsgeschehens sei nicht beabsichtigt gewesen. Beim Transport in den Wald habeK. selbst nicht definitiv gewusst, dass er auf jeden Fall getötet werden sollte, was sich aus seiner Rückkehr aus dem Gasthaus zum Auto ergebe. Durch die mögliche Bewusstlosigkeit beim ersten Schlag scheide auch objektiv die Zufügung besonders starker Schmerzen aus. 2. Der Tatrichter hat unter Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände eine besondere Schwere der Schuld nicht festgestellt.

III.

Die Revision ist nach deren Begründung zulässig darauf beschränkt, das Landgericht habe zu Unrecht die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und ein weiteres Mordmerkmal verneint (BGHSt 41, 57). Die Verneinung der besonderen Schuldschwere begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken (§§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 57b StGB).
1. Zum Mordmerkmal der Grausamkeit: "Grausam" tötet, wer dem Opfer aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung , Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Grausam 1 m.w.N.). Die Grausamkeit muss nicht notwendig in der eigentlichen Ausführungshandlung im engeren Sinne und den durch diese verursachten Leiden liegen; sie kann sich auch aus den Umständen ergeben, unter denen die Tötung eingeleitet und vollzogen wird. Das grausame Verhalten muss vor Abschluss der den tödlichen Erfolg herbeiführenden Handlung auftreten und vom Tötungsvorsatz umfasst sein (vgl. BGHSt 37, 40 m.w.N.). Das Landgericht hat bei seinen Erwägungen zur Grausamkeit auf die Dauer des gesamten zweiaktigen Tötungsgeschehens abgestellt. Diese war durch den Wechsel der Tatmittel bedingt und - wie das Landgericht zutreffend ausführt - von den Angeklagten nicht beabsichtigt. Die Schlussfolgerung der Kammer aus der Rückkehr des Opfers vom Gasthaus zum Auto, dieses habe beim Transport nicht definitiv gewusst, dass es auf jeden Fall getötet werden sollte, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zum Zustand des K. während der Nacht, als die Angeklagten auf dessen Tod infolge Insulinvergiftung warteten, stellt das Urteil jedoch lediglich fest, dass ihr Opfer stark geschwächt, aber noch handlungsfähig war und aus eigener Kraft hätte entkommen können. Weitere Feststellungen zum körperlichen und seelischen Zustand des K. während des Verlaufs der Nacht finden sich nicht. Dass er einschlief, ist dem Urteil nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen. Durch die Äußerung, er brauche dringend Zuckerwasser, sonst werde er sterben, war den Angeklagten seine Todesangst
bekannt. Dass diese während der Nacht andauerte, liegt nahe, konnte indes vom Landgericht nicht näher aufgeklärt werden. In dem Verhalten der Angeklagten während dieser ersten Tatphase, die von abends 18.00 bzw. 19.00 Uhr bis zum nächsten Morgen andauerte, könnte ein bewusstes Zufügen seelischer und körperlicher Qualen liegen, welches wegen dieses langen Zuwartens als grausam zu bewerten wäre. 2. Das Bejahen des Mordmerkmals der Grausamkeit wäre hier jedoch nicht geeignet, die Schwere der Schuld zu erhöhen. Die Entscheidung über die Frage, ob die besondere Schuldschwere im Sinne von § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu bejahen ist, hat der Tatrichter ohne Bindung an begriffliche Vorgaben im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit zu treffen, wobei ein Bejahen nur möglich ist, wenn Umstände von Gewicht vorliegen. Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der Entscheidung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt; es hat lediglich zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und abgewogen hat, ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Wertung zu setzen (BGHSt 40, 360, 370). Eine an diesen Maßstäben orientierte Gesamtwürdigung enthält das angefochtene Urteil. Der Tatrichter hat dabei keine gegen den Angeklagten sprechenden Umstände von Gewicht übersehen. Er hat die Verwirklichung von zwei Mordmerkmalen ausdrücklich hervorgehoben. Die Tatausführung hat er außerdem als verwerfliches Handeln mit einem hohen Maß an Brutalität bewertet. Der Senat kann daher ausschließen, dass er das lange Zuwarten in der Nacht nicht bedacht und in seine Überlegungen einbezogen hat, selbst wenn er die
nahe liegende Subsumtion unter das Mordmerkmal der Grausamkeit nicht vorgenommen hat. Auf ein bloßes Zusammenzählen von Mordmerkmalen kommt es im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht an (vgl. BGHSt 41, 57, 63). Gegen eine schematische Bewertung von einzelnen Umständen spricht hier gerade die Täterpersönlichkeit. Insoweit hebt der Tatrichter hervor, dass der unterdurchschnittlich intelligente Angeklagte seinen jugendlichen bzw. heranwachsenden Mittätern intellektuell unterlegen, nicht der Motor und Verursacher des Mordkomplotts war und von selbst nicht auf die Idee der Tötung gekommen wäre. Diese Abwägung ist rechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn eine andere Bewertung möglich gewesen wäre. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Elf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 354/08
vom
9. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 6. Dezember 2007 aufgehoben, soweit das Landgericht die besondere Schwere der Schuld (§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) verneint hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin M. M. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge, wegen Diebstahls in neun Fällen und wegen versuchten Diebstahls zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet; im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit ihrer ebenfalls auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision nur insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne von § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB verneint hat.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die des Angeklagten dagegen nicht.

I.

2
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erkannte der unter anderem bereits zweimal wegen Totschlags zu langjährigen Haftstrafen verurteilte Angeklagte im Jahr 2006, dass er den Lebensstandard, den er insbesondere seiner Lebensgefährtin bieten wollte, mit seinem Einkommen nicht halten konnte. Zur Aufbesserung seiner desolaten finanziellen Situation beging er in der Zeit von August bis November 2006 zehn Einbruchsdiebstähle in Filialen der Firma D. , wobei es in einem Fall beim Versuch blieb. Mit Hilfe von Nachschlüsseln verschaffte er sich Zutritt zu den Filialen und erbeutete in acht Fällen unter Aufhebeln der Tresore die Tageseinnahmen von insgesamt etwa 16.000 Euro; in einem Fall entwendete er ein technisches Gerät.
3
Wegen der wiederholten Diebstahlstaten änderte die geschädigte Firma die Anweisungen über die Aufbewahrung der Tageseinnahmen, so dass der Angeklagte zweimal keinen Zugriff auf das Geld hatte. Deswegen nahm er vor der nächsten, für die Nacht vom 9. zum 10. Dezember 2006 geplanten Tat vor Ladenschluss Kontakt zu der letzten Mitarbeiterin in der Essener Filiale auf, um den Ablageort der Tageseinnahmen auszukundschaften. Bei dem Gespräch mit S. M. , die ihn als "Hausmeister" des Unternehmens kannte und daher kein Misstrauen hegte, erfuhr er, dass sie entsprechend der ihr erteilten Weisung das Geld mit nach Hause nehmen wollte, um es am nächsten Tag bei der Bank einzuzahlen. Da der Angeklagte die Tageseinnahmen um jeden Preis an sich bringen wollte, strangulierte er S. M. mit einem Drosselwerkzeug bis der Tod eintrat. Nachdem er den Leichnam in den Keller gebracht und Spu- ren verwischt hatte, entfernte er sich mit den Tageseinnahmen von rund 3.040 Euro.
4
Hinsichtlich der Tat zum Nachteil von S. M. hat das Landgericht einen Mord aus Habgier und tateinheitlich einen Raub mit Todesfolge bejaht , das Mordmerkmal der Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht hat es dagegen nicht angenommen. Bei neun der Diebstahlstaten hat es festgestellt, dass der Angeklagte die Taten jeweils unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen hat, wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist; in einem weiteren Fall hat es nur die Voraussetzungen des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB angenommen.

II.

5
Die Revision des Angeklagten erweist sich als unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat. Insbesondere ist die Beweiswürdigung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

III.

6
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die, auch wenn die Bejahung eines weiteren Mordmerkmals in Betracht kommt, zulässig auf die Frage der Schuldschwere beschränkt ist (vgl. BGHSt 41, 57, 61; BGH, Urteil vom 12. Februar 1998 - 4 StR 617/97 = NStZ 1998, 352 f.), hat dagegen Erfolg. Die Ablehnung der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat der Tatrichter unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt ; insbesondere ist es gehindert, seine Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Es hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat (vgl. BGHSt 40, 360, 370). Dieser Prüfung hält die von der Revisionsführerin beanstandete tatrichterliche Entscheidung nicht stand.
8
Bei der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe sind nach § 57 b StGB Anknüpfungspunkt für die Prüfung der besonderen Schuldschwere regelmäßig sämtliche der Gesamtstrafe zu Grunde liegenden Taten (vgl. BGH NStZ 1997, 277 mit Anm. Stree; NStZ 1998, 352 f.; BGH, Urteil vom 8. August 2001 - 3 StR 162/01). Diesen rechtlichen Ansatz hat das Landgericht verkannt, indem es bei der Entscheidung über die Schuldschwere allein eine zusammenfassende Würdigung der Tat zum Nachteil von S. M. , nicht aber eine Gesamtwürdigung im Hinblick auf alle der Gesamtstrafe zugrunde liegenden Straftaten vorgenommen hat. Der Senat vermag nicht auszuschließen , dass sich die unterbliebene Gesamtwürdigung auf die Beurteilung der Schuldschwere durch das Landgericht ausgewirkt hat. Dies wäre beispielsweise dann auszuschließen, wenn es sich bei den weiteren Straftaten um solche handeln würde, die der leichten Kriminalität zuzurechnen wären; solche Taten sind regelmäßig für die Entscheidung über die besondere Schwere der Schuld ohne Bedeutung (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 137 zu einem Verstoß gegen das Ausländergesetz). Um derartige Taten handelt es sich hier aber nicht, denn es wurden immerhin Einzelstrafen von viermal einem Jahr, einmal zehn Monaten und fünfmal acht Monaten verhängt. Sie stehen zudem mit dem ausgeurteilten Mord in einem inneren Zusammenhang. Ein weiterer Rechtsfehler liegt darin, dass das Landgericht den Umstand, dass der Angeklagte zur Tatzeit unter Bewährung stand, nicht erkennbar in seine Gesamtwürdigung einbezogen hat.
9
Entgegen der Ansicht der Revisionsführerin ist dagegen rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht auf den Standpunkt gestellt hat, auch das Vorliegen eines weiteren Mordmerkmals - Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht - würde im vorliegenden Fall nicht zur Annahme der besonderen Schwere der Schuld führen. Das Zusammentreffen zweier Mordmerkmale führt nicht schematisch zur Bejahung der besonderen Schuldschwere, sondern nur dann, wenn das weitere Merkmal im konkreten Fall schulderhöhende Umstände aufzeigt. Bei einem Raubmord kann die regelmäßig gleichzeitige Verwirklichung der Mordmerkmale der Habgier und des Ermöglichen einer Straftat der Tat nicht ohne weiteres ein besonders schulderhöhendes Gewicht geben (vgl. BGHR StGB § 57 a Abs. 1 Schuldschwere 16, 18).
10
Dass das Landgericht nicht ausdrücklich auf den tateinheitlich begangenen Raub mit Todesfolge eingegangen ist, stellt ebenfalls keinen Rechtsfehler dar, denn beim Zusammentreffen von Raub mit Todesfolge und Mord aus Habgier ist das Unrecht, das in der Herbeiführung des Todes liegt, bereits Gegenstand des Schuldspruchs nach § 211 StGB (vgl. BGHR StGB § 57 a Abs. 1 Schuldschwere 10; insoweit nicht in BGHSt 39, 208 f. abgedruckt).
11
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Verneinung der besonderen Schwere der Schuld auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht. Die Sache bedarf daher insoweit erneuter Entscheidung. Eine Aufhebung der Feststellungen war nicht erforderlich, weil diese von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind. Ergänzende Feststellungen bleiben zulässig. Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann

Ist auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt, so werden bei der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.