Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2015 - 3 StR 194/15

bei uns veröffentlicht am23.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 9 4 / 1 5
vom
23. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Juli 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 13. Januar 2015 im Adhäsionsausspruch aufgehoben; von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren wird abgesehen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
4. Die dem Beschwerdeführer im Adhäsionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Adhäsionskläger, die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Im Übrigen findet eine Auslagenerstattung nicht statt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Daneben hat es ihn verurteilt, an den Adhäsionskläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Die auf die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge durchgeführte umfassende Überprüfung des Urteils hat - wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend dargelegt hat - zum Schuld- und Strafausspruch im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Adhäsionsentscheidung hat hingegen keinen Bestand.
4
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Dem Adhäsionsausspruch liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 (GA II, Bl. 156 ff.) beantragte die Vertreterin des Nebenklägers, diesem unter ihrer Beiordnung 'Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Adhäsionsverfahrens' zu bewilligen und stellte 'für den Fall der Bewilligung der Prozesskostenhilfe' Zahlungs- und Feststellungsanträge. (…) In der Sitzung vom 6. Januar 2015 gewährte das Landgericht dem Nebenkläger Prozesskostenhilfe 'nach Maßgabe der gestellten Anträge, aber für einen Schmerzensgeldbetrag von nur 4.000 Euro' und ordnete ihm seine Vertreterin für das Adhäsionsverfahren bei; außerdem gewährte es dem Angeklagten (…) 'Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung im Adhäsionsverfahren' (PB Bl. 15). Im Hauptverhandlungstermin vom 13. Januar 2015 beantragte die Vertreterin des Nebenklägers nach dem (wiederholten) Schlussvortrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag ein 'angemessenes Schmerzensgeld, Höhe im Ermessen des Gerichts' und (die Auferlegung der) 'Kosten des Adhäsionsantrages' (PB Bl. 18).
Gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO war - was von Amts wegen festzustellen ist - die mündliche Antragstellung in der Hauptverhandlung vom 13. Januar 2015 verspätet, weil sie erst nach dem (wiederholten) Schlussvortrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft erfolgt ist. Ein Adhäsionsantrag ist deshalb vor Beginn der Schlussvorträge zu stellen, weil (auch) der Vertreter der Staatsanwaltschaft Gelegenheit haben muss, zu Schadensersatzansprüchen Stellung zu nehmen (BGH NStZ 2009, 566 f.; NStZ-RR 2014, 90). Das Prozesskostenhilfeverfahren einschließlich der Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat weder zur Rechtshängigkeit der Anträge aus dem Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 geführt noch die Fristenregelung in § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO gegenstandslos gemacht (BGH, Beschluss vom 9. August 1988 - 4 StR 342/88, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 1; BGH, Beschluss vom 14. November 1989 - 5 StR 522/89, BGHR StPO § 405 Satz 2 Nichteignung 2; BGH, Beschluss vom 27. September 2007 - 4 StR 324/07; Zabeck in KK-StPO, 7. Aufl., § 404 Rn. 1, 3). Eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung allein wegen ihres zivilrechtlichen Teils kommt nicht in Betracht; vielmehr ist nach § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO insoweit von einer Entscheidung abzusehen (Senat, Beschluss vom 20. März 2014 - 3 StR 20/14)."
5
Dem stimmt der Senat zu.
6
Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten, § 473 Abs. 4 StPO. Die Entscheidung über die ausscheidbaren Auslagen für das Adhäsionsverfahren folgt aus § 472a Abs. 2 StPO.
Becker RiBGH Pfister und RiBGH Dr. Schäfer befinden sich im Urlaub und sind daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2015 - 3 StR 194/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2015 - 3 StR 194/15

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 406 Entscheidung über den Antrag im Strafurteil; Absehen von einer Entscheidung


(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die
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Strafprozeßordnung - StPO | § 406 Entscheidung über den Antrag im Strafurteil; Absehen von einer Entscheidung


(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des

Strafprozeßordnung - StPO | § 472a Kosten und notwendige Auslagen bei Adhäsionsverfahren


(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tr

Strafprozeßordnung - StPO | § 405 Vergleich


(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz 1 Genannten einen Vergleichsvorschlag unterbreiten.

(2) Für die Entscheidung über Einwendungen gegen die Rechtswirksamkeit des Vergleichs ist das Gericht der bürgerlichen Rechtspflege zuständig, in dessen Bezirk das Strafgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 324/07
vom
27. September 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag bzw. nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
27. September 2007 gemäß §§ 349 Abs. 2, 406 a Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 28. Februar 2007 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte im Hinblick auf das der Nebenklägerin zuerkannte Schmerzensgeld Zinsen erst ab dem 22. Januar 2007 zu zahlen hat. 2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch, die verhängte Freiheitsstrafe und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wendet. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts begegnet auch die Entscheidung über die Entschädigung der Verletzten (§ 406 StPO) - bis auf einen geringen Zinsausspruch - keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere wurde der Adhäsionsantrag rechtswirksam gestellt:
2
Der Vertreter der Nebenklägerin hat mit Schriftsatz vom 25. September 2006, beim Landgericht eingegangen am 26. September 2006, beantragt, der Geschädigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr den Nebenklägervertreter für das Adhäsionsverfahren beizuordnen. Nach Bewilligung der Prozesskos- tenhilfe werde er beantragen, den Angeklagten zu verurteilen, an die Antragstellerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen und die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Bd. II Bl. 78 f. d.A.). Dieser Antrag wurde dem Verteidiger zur Stellungnahme zugeleitet; er ist dem Adhäsionsantrag entgegengetreten (Bd. II Bl. 79 R, 80 d.A.).
3
Mit Beschluss vom 8. November 2006 wurde die Nebenklage zugelassen , der Nebenklägerin für das Adhäsionsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr der Nebenklägervertreter beigeordnet (Bd. II Bl. 81 f. d.A.). Im Hauptverhandlungstermin vom 22. Januar 2007 überreichte der Vertreter der Nebenklägerin dem Gericht eine (weitere) Begründung des Adhäsionsantrags, von der der Verteidiger eine Kopie erhielt (Prot. Bd. S. 11, 16 f.). Der Vertreter der Nebenklägerin verlas sodann - noch in diesem Termin - den (angekündigten) Adhäsionsantrag vom 25. September 2006 samt der weiteren Begründung; der Verteidiger stellte im Hauptverhandlungstermin vom 29. Januar 2007 den Antrag , den Adhäsionsantrag zurückzuweisen (Prot. Bd. S. 20, 23 f.).
4
Damit sind die formellen Voraussetzungen zur rechtswirksamen Stellung des Adhäsionsantrags erfüllt (§ 404 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StPO).
5
Wie im Urteil (UA 35) rechtsfehlerfrei ausgeführt ist, sind der Hauptanspruch (Schmerzensgeld) und der Zinsanspruch begründet. Allerdings sind Zinsen nicht schon ab dem Eingang des Schriftsatzes vom 25. September 2006 beim Landgericht (am 26. September 2006), sondern erst ab der mündlichen Antragstellung in der Hauptverhandlung (22. Januar 2007) zu zahlen (vgl. Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 404 Rdn. 6). Der Senat ändert den Urteilstenor entsprechend ab. Er ist nicht gehindert, wegen der Zubilligung der Entschädi- gung abweichend vom Antrag des Generalbundesanwalts zu entscheiden (vgl. BGH NStZ 1999, 260, 261; Meyer-Goßner aaO § 349 Rdn. 22 aE).
6
Eine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO kommt angesichts des nur geringen Erfolgs des Rechtsmittels nicht in Betracht. Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 0 / 1 4
vom
20. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. März 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. September 2013 aufgehoben, soweit das Landgericht eine Adhäsionsentscheidung getroffen hat. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag des Nebenklägers wird abgesehen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren erkannt. Daneben hat es den Angeklagten verurteilt, an den Nebenklä- ger 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunktenüber dem Basis- zinssatz seit dem 28. August 2013 zu zahlen und festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, dem Nebenkläger jeden materiellen sowie jeden weiteren immateriellen auf der abgeurteilten Tat beruhenden Schaden zu ersetzen. Die Revision des Angeklagten, mit der dieser die nicht ausgeführte Formal- sowie die Sachrüge erhebt, ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Demgegenüber kann die Adhäsionsentscheidung nicht bestehen bleiben.
2
Das Landgericht hat zur Begründung der Höhe des Schmerzensgeldanspruchs lediglich in einem Satz pauschal auf die Schwere der Verletzungen des Nebenklägers und die sonstigen Tatfolgen verwiesen. Derartige rudimentäre, formelhafte Erwägungen genügen den Anforderungen an die Begründungspflicht , die auch für die im Strafurteil getroffene Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche gilt, grundsätzlich nicht. Die Verurteilung zu Schmerzensgeld erfordert regelmäßig zumindest auch die ausdrückliche Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse von Schädiger und Geschädigtem (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 3 StR 326/11, juris Rn. 13 mwN).
3
Eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung allein wegen ihres zivilrechtlichen Teils kommt nicht in Betracht; vielmehr ist nach § 406 Abs. 3 Satz 3, 4 StPO insoweit von einer Entscheidung abzusehen (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 406a Rn. 5 mwN).
4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, § 472a Abs. 2 StPO.

Becker Hubert Schäfer
Mayer Spaniol

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tragen.

(2) Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem Antragsteller nicht zuerkannt oder nimmt dieser den Antrag zurück, so entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wer die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit den Beteiligten erwachsenden notwendigen Auslagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.