Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2014 - 3 StR 7/14

bei uns veröffentlicht am17.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 7 / 1 4
vom
17. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. und 3. auf dessen Antrag - am
17. Februar 2014 gemäß §§ 46, 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg
vom 27. Mai 2013 wird auf seine Kosten als unzulässig
verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil
in den Einzelstrafaussprüchen der Fälle B. I. 2., 3. und 4.
der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben
; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Der Wiedereinsetzungsantrag, den der Angeklagte selbst mit dem Ziel der Erhebung verfahrensrechtlicher Beanstandungen zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht hat, nachdem seine Verteidiger die Revision fristgemäß mit der Sachrüge begründet hatten, ist aus den vom Generalbundesanwalt in dessen Antragsschrift ausgeführten Gründen unzulässig.
3
II. Der Schuldspruch, die Einzelstrafaussprüche in den Fällen B. I. 1. und 5. der Urteilsgründe sowie die Einziehungsentscheidung halten materiellrechtlicher Überprüfung stand. Demgegenüber können die Einzelstrafaussprüche in den Fällen B. I. 2., 3. und 4. nicht bestehen bleiben; dies entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
4
1. In den Fällen B. I. 2. und 3. der Urteilsgründe hat das Landgericht gegen den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung bzw. versuchter räuberischer Erpressung jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe festgesetzt. Dabei hat es minder schwere Fälle gemäß § 250 Abs. 3 StGB bzw. § 249 Abs. 2 StGB angenommen, ohne den vertypten Milderungsgrund des Versuchs zu berücksichtigen. Eine weitere Milderung der Strafrah- men gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat die Strafkammer ohne hinreichende Begründung abgelehnt.
5
a) Die Strafrahmenwahl bei einem Versuch ist unter Berücksichtigung aller schuldrelevanten Umstände vorzunehmen. Dabei hat das Tatgericht neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei vor allem die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, namentlich die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die eingesetzte kriminelle Energie in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 261/10, wistra 2011, 18, 19 mwN). Hieran fehlt es.
6
Die Strafkammer hat lediglich ausgeführt, die Taten hätten nahe vor ihrer Vollendung gestanden; die kriminelle Energie des Angeklagten habe nicht nachgelassen, die Versuche seien vielmehr fehlgeschlagen. Somit hat es die Persönlichkeit des Täters überhaupt nicht und die konkreten Tatumstände nur teilweise in den Blick genommen. Bei der Bewertung der kriminellen Energie des Angeklagten hat es etwa nicht bedacht, dass dieser allein aufgrund der Bekundungen der potentiellen Opfer, diese hätten kein Geld, von der weiteren Ausführung der Taten Abstand nahm und im Fall B. I. 3. der Urteilsgründe keine konkrete Drohung aussprach.
7
b) Den Urteilsgründen lässt sich daneben nicht entnehmen, weshalb die Strafkammer in den beiden genannten Fällen auf dieselbe Einzelstrafe erkannt hat, obwohl der Angeklagte nur im Fall B. I. 2. der Urteilsgründe die Schreckschusspistole verwendete und die Strafrahmen der § 250 Abs. 3 StGB und § 249 Abs. 2 StGB deutlich voneinander abweichen.
8
2. Im Fall B. I. 4. der Urteilsgründe hat das Landgericht auf eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. Zur Begründung hat es allein angegeben, diese Strafe dem Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB entnommen zu haben. Dies ist mit Blick auf die in § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO gesetzlich geregelten Anforderungen an die Gründe eines Strafurteils betreffend die Zumessung der Strafe ungenügend (vgl. etwa Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 267 Rn. 18 ff. mwN).
9
III. Eine Entscheidung des Senats gemäß § 354 Abs. 1a StPO kam nicht in Betracht; die Sache bedarf vielmehr im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei festgestellten Strafzumessungstatsachen können bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Becker Pfister Schäfer
Gericke Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2014 - 3 StR 7/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2014 - 3 StR 7/14

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


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Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 249 Raub


(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2010 - 3 StR 261/10

bei uns veröffentlicht am 28.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 261/10 vom 28. September 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: versuchten Betruges zu 2.: Beihilfe zum versuchten Betrug Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2014 - 3 StR 7/14.

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2017 - 3 StR 517/16

bei uns veröffentlicht am 07.03.2017

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Referenzen

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 261/10
vom
28. September 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchten Betruges
zu 2.: Beihilfe zum versuchten Betrug
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
28. September 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 1. Dezember 2009, soweit es sie betrifft , im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen versuchten Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; den Angeklagten K. hat es der Beihilfe zum versuchten Betrug schuldig gesprochen und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen. Sie beanstanden die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte G. rügt darüber hinaus auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg ; im Übrigen sind sie unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Zur Rüge des Angeklagten G. , § 265 StPO sei verletzt, weil das Landgericht in mehreren in der Hauptverhandlung erteilten rechtlichen Hinweisen keine Tatsachen angegeben habe, auf die sich die von der Anklage abweichende rechtliche Beurteilung stütze, bemerkt der Senat: Dem Angeklagten wurde in Ziffer I. 2. der Anklageschrift u.a. ein versuchter Betrug nach § 263 Abs. 1, 2, 3 Nr. 5, §§ 22, 23 StGB zum Nachteil der Fahrlehrerversicherung zur Last gelegt. Wegen dieses Delikts ist er vom Landgericht auch verurteilt worden. Eines rechtlichen Hinweises nach § 265 StPO bedurfte es hierfür nicht. Die ihm in der Hauptverhandlung erteilten Hinweise betrafen nicht das abgeurteilte Delikt, sondern verschiedene Alternativen der Brandstiftung nach §§ 306 ff. StGB sowie des Versicherungsmissbrauchs nach § 265 StGB; ob diese Hinweise den Anforderungen des § 265 StPO genügten, ist deshalb unerheblich.
3
2. Der Strafausspruch hält bei beiden Angeklagten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB, bei dem Angeklagten K. gemildert nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB, entnommen. Eine - bei dem Angeklagten K. weitere - Milderung wegen Versuchs nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat es abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, in diesem Zusammenhang sei eine "Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände" vorzunehmen; lediglich solche hat es sodann erwogen. Dies genügt den Anforderungen an die Strafrahmenwahl bei einem Versuch nicht. Dabei hat das Tatgericht neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei vor allem die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, namentlich insbesondere die Nähe der Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die eingesetzte kriminelle Energie, in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen (BGH, Beschluss vom 17. März 1988 - 1 StR 104/88, BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 4; Urteil vom 23. September 1993 - 3 StR 430/93, BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 12; Beschluss vom 27. Oktober 2000 - 2 StR 381/00, BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 13; Beschluss vom 6. November 2002 - 5 StR 361/02, NStZ-RR 2003, 72; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 23 Rn. 4). Hieran fehlt es.
4
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden durch den Wertungsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen; diese dürfen indes den bisherigen nicht widersprechen.
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.