Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2019 - 3 StR 86/19

bei uns veröffentlicht am03.05.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 86/19
vom
3. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:030519B3STR86.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 1. November 2018 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte anstelle der Verbreitung kinderpornographischer Schriften der Verbreitung kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften schuldig ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 6. Dezember 2017 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen, Verbreitung kinderpornographischer Schriften, Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften, Betruges in acht Fällen sowie Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat das Urteil mit Beschluss vom 14. Juni 2018 (3 StR 180/18) - unter Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften und wegen Besitzes kinderpor- nographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften verurteilt worden war (Fälle II. 3. und II. 4. der Gründe des Ersturteils), sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten - über den bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen, Betruges in acht Fällen sowie Urkundenfälschung hinaus - der Verbreitung kinderpornographischer Schriften schuldig gesprochen und auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und fünf Monaten erkannt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Jedoch besteht Anlass zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung.
3
1. Das Landgericht hat - erneut (vgl. Fall II. 3. des Ersturteils) - festgestellt , dass (jedenfalls) zwischen dem 25. und dem 31. August 2013 auf zwei Notebooks des Angeklagten 614 Video- und Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt in zum Herunterladen über das Filesharing-Programm "eMule" freigegebenen Ordnern gespeichert waren, sodass die Dateien mit Wissen und Wollen des Angeklagten anderen Nutzern dieser Internettauschbörse zur Verfügung standen. Zu weiteren 314 Video- und Bilddateien mit kinder- und jugendpornographischem Inhalt, die nach den Feststellungen des teilaufgehobenen Urteils (vgl. Fall II. 4. des Ersturteils) bei der Wohnungsdurchsuchung am 28. September 2015 auf denselben Notebooks gesichert wurden, verhält sich das angefochtene Urteil nicht mehr. Allerdings ergibt sich aus der Beweiswürdigung die Überzeugung der Jugendkammer, dass zum Durchsuchungszeitpunkt die abgeurteilten 614 Dateien, auf die andere Nutzer hatten zugreifen können, nach wie vor auf den beiden Rechnern "vorhanden waren" (UA S. 21 f.).
4
Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, es habe nur noch über den Fall II. 3. des Ersturteils zu entscheiden (s. UA S. 11). Gemäß dem teilaufhebenden Beschluss des Senats vom 14. Juni 2018 sei nicht davon auszugehen , dass die Verbreitung und der Besitz kinderpornographischer Schriften in Tatmehrheit zueinander stünden; vielmehr werde die Tathandlungsvariante des Besitzes durch diejenige der Verbreitung "konkurrenzrechtlich verdrängt" (UA S. 24).
5
2. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils hat keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
6
a) Allerdings belegen die Urteilsgründe neben der Strafbarkeit des Angeklagten wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB in der bis zum 26. Januar 2015 gültigen Fassung) eine hiermit idealkonkurrierende (§ 52 StGB) Strafbarkeit wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 3 Alternative 2 StGB nF i.V.m. § 2 Abs. 2 StGB). Die Jugendkammer hat sich, wenngleich die 614 Video- und Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt auf den beiden Notebooks des Angeklagten ununterbrochen bis zum 28. September 2015 gespeichert waren, nicht davon überzeugt, dass sie über den 31. August 2013 hinaus anderen Internetnutzern zugänglich waren. Infolgedessen verdrängt die Verbreitung hier den Besitz nicht, weil dieser das öffentliche Zugänglichmachen überdauerte; vielmehr verwirklichte der Angeklagte die beiden Tathandlungsvarianten tateinheitlich (s. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 14. Juni 2018 - 3 StR 180/18, juris Rn. 13, 15).
7
Der Senat hat den Schuldspruch dementsprechend umgestellt. Die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert die Schuldspruchverschärfung nicht (s. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 3 StR 224/13, StV 2014, 617, 618; KK-Gericke, StPO, 8. Aufl., § 358 Rn. 18 mwN).
8
b) Da der Besitz der 614 Dateien mit kinderpornographischem Inhalt über den 31. August 2013 hinaus bis zur Wohnungsdurchsuchung andauerte, ist es unschädlich, dass das angefochtene Urteil nicht mitteilt, ob die Bewährungsstrafe von zehn Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Haßfurt vom 28. Oktober 2013 mittlerweile erlassen oder anderweitig erledigt ist. Denn eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit dieser Strafe und eine damit einhergehende Zäsurwirkung der Vorverurteilung kommen schon deswegen nicht in Betracht , weil die materielle Beendigung der gegenständlichen Tat - wie dargelegt - auf den 28. September 2015 fiel und damit erst nach der Vorverurteilung eintrat (s. BGH, Urteile vom 11. Februar 1999 - 4 StR 594/98, NJW 1999, 1344, 1346; vom 2. Dezember 2003 - 1 StR 102/03, NJW 2004, 865, 867; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 55 Rn. 7 mwN).
9
c) Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht angenommen hat, es habe - trotz der Teilaufhebung der Verurteilung im Fall II. 4. des Ersturteils - keine Feststellungen mehr zu einem etwaigen Besitz von weiteren 314 Video- und Bilddateien mit kinder- und jugendpornographischem Inhalt am 28. September 2015 zu treffen. Hätte sich die Jugendkammer hiervon überzeugt , läge insoweit ein weiterer in Tateinheit begangener Gesetzesverstoß (§ 184b Abs. 3 Alternative 2, § 184c Abs. 3 Alternative 2 StGB nF) vor (s. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 14. Juni 2018 - 3 StR 180/18, juris Rn. 13, 16). Eine entsprechende Schuldspruchänderung scheidet freilich aus.
Schäfer Gericke Spaniol Berg Hoch

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2019 - 3 StR 86/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2019 - 3 StR 86/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte
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Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafgesetzbuch - StGB | § 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte


(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum

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13
c) Die Verurteilung im Fall II. 4. hat ebenso wenig Bestand; auch sie wird von dem oben zu Fall II. 3. aufgezeigten Rechtsfehler erfasst. Denn der Angeklagte hat in diesen beiden Fällen sämtliche Straftatbestände tateinheitlich (§ 52 StGB) verwirklicht.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

13
c) Die Verurteilung im Fall II. 4. hat ebenso wenig Bestand; auch sie wird von dem oben zu Fall II. 3. aufgezeigten Rechtsfehler erfasst. Denn der Angeklagte hat in diesen beiden Fällen sämtliche Straftatbestände tateinheitlich (§ 52 StGB) verwirklicht.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 224/13
vom
15. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
alias:
2.
wegen zu 1.: bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
zu 2.: bewaffneten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 4. auf dessen Antrag - am
15. Oktober 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 21. März 2013, soweit es ihn betrifft , aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen II. 1.-25. der Urteilsgründe; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur Übergabe einer Schusswaffe "Browning Baby" durch den Angeklagten an die gesondert Verfolgte Sch. aufrecht erhalten;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten K. wird verworfen.
3. Auf die Revision der Angeklagten S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, im Ausspruch über den erweiterten Wertersatzverfall aufgehoben; die Anordnung entfällt.
4. Die weitergehende Revision der Angeklagten S. wird verworfen.
Diese Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit "mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe und zugleich von anderen Schusswaffen", wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 26 Fällen sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte S. hat es wegen bewaffneten und bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit "mit tatsächlicher Gewaltausübung über eine Kriegswaffe, Besitz einer vollautomatischen Schusswaffe / einer - Pistolengriff - Vorderschaftrepetierflinte , von einer halbautomatischen Kurzwaffe und zugleich von Schusswaffen und Munition" eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt, Einziehungsentscheidungen getroffen, Wertersatzverfall in Höhe von 35.000 € und erweiterten Wertersatzverfall in Höhe von 14.000 € an- geordnet. Dagegen richten sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Beschwerdeführer.
2
I. Die Revision des Angeklagten K. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Im Fall II. 25. der Urteilsgründe hält der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit "mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe und zugleich von anderen Schusswaffen" sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
a) Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen: Zwischen August 2011 und dem 7. April 2012 arbeitete der Angeklagte mit der gesondert verfolgten und wegen ihrer Tatbeteiligung insoweit bereits rechtskräftig verurteilten Sch. zusammen, die von ihm in mindestens 24 Fällen jeweils 500 Gramm anderweitig erworbenes Marihuana übernahm, und diese als sein "Taxi" nach seinen Weisungen an Abnehmer in Essen, Oberhausen und anderen Städten auslieferte (Fälle II. 1.-24. der Urteilsgründe). Der Angeklagte , der mit den Abnehmern den Preis ausgehandelt hatte, verkaufte die Betäubungsmittel an diese, kassierte die fälligen Beträge und behielt den Gewinn für sich; die gesondert Verfolgte Sch. nahm lediglich in zwei Fällen den Kaufpreis von den Empfängern entgegen. Der Angeklagte vergütete ihre Tätigkeit dergestalt, dass er ihr gestattete, ihren Eigenbedarf aus den übernommenen Betäubungsmitteln zu decken bzw. diese im Einzelfall zum Einkaufspreis zu erwerben. In einem weiteren Fall zwischen Oktober 2011 und dem 7. April 2012 erwarb der Angeklagte einmalig 3,5 Kilogramm Marihuana. Diese Betäubungsmittel übernahm Sch. ebenfalls von dem Angeklagten, lagerte sie in ihrer Wohnung zwischen und portionierte sie dort nach den Anweisungen des Angeklagten, bevor sie sie wie dargestellt auslieferte (Fall II. 25. der Urteilsgründe). In unmittelbarer Nähe zu diesen Betäubungsmitteln lagerte sie in ihrem Schlafzimmer entsprechend den Weisungen des Angeklagten griffbereit in einer Plastiktüte versteckt eine Schusswaffe mitsamt 10 Patronen passender Munition. Diese Waffe hatte ihr der Angeklagte zuvor "gemeinsam mit Betäubungsmitteln" übergeben.
5
b) Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch im Fall II. 25. der Urteilsgründe nicht:
6
aa) Die Bewaffnung der gesondert Verfolgten Sch. bei der Lagerung und Portionierung der Betäubungsmittel in ihrer Wohnung führt bei dem Angeklagten, den die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Täter des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angesehen hat, nicht zur Anwendung des Qualifikationstatbestandes des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Zwar stellt die Bewaffnung im Sinne dieser Vorschrift ein tatbezogenes Merkmal dar, so dass nicht nur derjenige, der unmittelbaren Zugriff etwa auf eine Schusswaffe hat, Täter eines Verbrechens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sein kann; vielmehr kann die vom gemeinsamen Tatplan umfasste Bewaffnung eines Mittäters den anderen Tätern nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 1/02, BGHSt 48, 189). Nach dem Wortlaut der Norm, nach dem "der Täter" die Waffe mit sich führen muss, ist die Bewaffnung eines Teilnehmers hingegen nicht ausreichend; das Mitsichführen einer Waffe durch den Gehilfen des Rauschgifthändlers führt demnach grundsätzlich weder bei diesem noch beim Haupttäter zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG (BGH aaO, S. 194; Körner/Patzak, BtMG, 7. Aufl., § 30a Rn. 103 mwN).
7
Vorliegend ist die gesondert Verfolgte Sch. nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen - ungeachtet ihrer Bezeichnung als "Tatgenossin" und der nicht durch Tatsachen unterlegten Wertung, dass sie und der Angeklagte nach einem gemeinsamen Tatplan arbeitsteilig vorgingen - nicht als seine Mittäterin anzusehen: Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert , sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg , der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. September 2012 - 3 StR 337/12, NStZ-RR 2013, 46, und vom 22. Dezember 2011 - 3 StR 371/11, NStZ-RR 2012, 120). Nach diesen Grundsätzen belegen die Feststellungen allein eine Beihilfe der gesondert Verfolgten Sch. zu den Betäubungsmitteldelikten des Angeklagten: Er war derjenige, der sowohl die Betäubungsmittel beschaffte, als auch die Abnehmer fand, denen er sie gewinnbringend veräußerte und in aller Regel den Kaufpreis vereinnahmte. Er behielt den Gewinn aus den Geschäften für sich. Die gesondert Verfolgte Sch. lieferte die Drogen hingegen lediglich nach seinen Weisungen aus bzw. lagerte und portionierte sie vorher weisungsgemäß. Mit Blick auf das eigentliche Umsatzgeschäft war der Umfang ihrer Tatbeteiligung daher gering, die Tatherrschaft besaß der Angeklagte. Auch der Grad ihres Tatinteresses spricht angesichts der geringen Vergütung, die ihr der Angeklagte in Gestalt von kostenlosen oder kostenreduzierten Betäubungsmitteln gewährte, für ihre Gehilfenstellung, die sich nicht zuletzt auch darin widerspiegelt, dass der Angeklagte sie als sein "Taxi" bezeichnete.
8
bb) Der Schuldspruch im Fall II. 25. der Urteilsgründe kann auch nicht deshalb Bestand haben, weil der Angeklagte selbst bei einem Handlungsteil dieses Falles des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bewaffnet gewesen wäre. Zwar hat die Strafkammer ausgeführt, dass er der gesondert Verfolgten Sch. die Schusswaffe "gemeinsam mit Betäubungsmitteln" übergeben hatte; dass dies aber bei der Übergabe der 3,5 Kilogramm Marihuana im Fall II. 25. der Urteilsgründe geschehen wäre, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Angesichts des Umstandes, dass sich die Tathandlungen der Fälle II. 1.-24. (Tatzeit: August 2011 bis 7. April 2012) und II. 25. (Tatzeit: Oktober 2011 bis 7. April 2012) der Urteilsgründe zeitlich überschneiden und durch die gesondert Verfolgte Sch. eine Zuordnung der Übergabe der Schusswaffe zu einer bestimmten Betäubungsmittelmenge nicht vorgenommen worden ist, ist es nach den bisher getroffenen Feststellungen in gleichem Maße wahrscheinlich , dass Sch. die Waffe bei einer der Übergaben von 500 Gramm Marihuana in den Fällen II. 1.-24. der Urteilsgründe von dem Angeklagten übernahm und der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG deshalb in einem Fall mit wesentlich geringerem Schuldumfang erfüllt wurde.
9
2. Da somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Angeklagte in einem der Fälle II. 1.-24. der Urteilsgründe wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig zu sprechen ist, waren die Schuldsprüche auch insoweit aufzuheben. Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO schließt die dadurch gegebenenfalls eintretende Verschärfung des Schuldspruchs in einem dieser Fälle nicht aus (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 1 StR 227/05, NStZ 2006, 34, 35). Allerdings wird es - sollte das neue Tatgericht die Übergabe der Waffe einem der Fälle der Lieferung von 500 Gramm Marihuana zuordnen - bei Festsetzung der entsprechenden Einzel- sowie der Gesamtstrafe zu berücksichtigen sein.
10
3. Die Feststellungen zu den Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten , bei denen er die gesondert Verfolgte Sch. zum Lagern, Portionieren und Ausliefern der von ihm beschafften und veräußerten Betäubungsmittel einsetzte , sind rechtsfehlerfrei getroffen, so dass sie - mit Ausnahme derjenigen zur Übergabe der Waffe - bestehen bleiben können.
11
4. Der Strafausspruch kann auch in den Fällen II. 26.-27. und III. der Urteilsgründe , die von der Schuldspruchaufhebung nicht betroffen sind, keinen Bestand haben, weil das Landgericht eine Strafrahmenverschiebung nach § 31 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB mit unzureichender Begründung abgelehnt hat.
12
Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte dadurch, dass er im Fall II. 26. der Urteilsgründe seinen Abnehmer benannte - in diesem Fall lieferte der Angeklagte die Handelsmenge von fünf Kilogramm Marihuana selbst aus -, die Voraussetzungen des § 31 BtMG erfüllt habe, ohne dass dies allerdings näher ausgeführt wird. In den Erwägungen zur Strafzumessung in den Fällen II. 1.-24. und 26.-27. der Urteilsgründe hat sie die Annahme minder schwerer Fälle mit Blick auf die Menge der gelieferten Betäubungsmittel - insgesamt und in jedem Einzelfall - abgelehnt. Erschwerend käme die strafrechtliche Vorbelastung des Angeklagten hinzu. Sodann hat die Strafkammer ausgeführt , dass schon aufgrund dieser Umstände trotz der geleisteten Aufklärungshilfe eine Strafrahmenmilderung "nach einer Gesamtabwägung" nicht in Betracht komme.
13
Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern: Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar angenommen, dass es sich bei der Entscheidung über eine Strafrahmenmilderung nach § 31 BtMG um eine Ermessensentscheidung des Gerichts handelt, die nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Falles zu treffen ist. Die Ablehnung der Strafrahmenverschiebung hat es dann aber im Wesentlichen mit der großen Menge der Betäubungsmittel und der Vielzahl der Taten begründet, ohne - wie es geboten gewesen wäre - die Bedeutung und das Gewicht des Aufklärungserfolges erkennbar zu berücksichtigen (Körner/Patzak, aaO, § 31 Rn. 71 mwN). Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich die Urteilsgründe zur Bedeutung des Aufklärungserfolges - immerhin benannte der Angeklagte den Abnehmer von fünf Kilogramm Marihuana - nicht verhalten. Sollte die Strafkammer - was der Senat aufgrund des Darstellungsmangels nicht abschließend beurteilen kann - letztlich von einer unwesentlichen Aufklärungshilfe ausgegangen sein, hätte sie auch dies in den Urteilsgründen näher darlegen müssen (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2010 - 5 StR 42/10, NStZ-RR 2010, 319).
14
5. Die Aufhebung der Anordnung von Wertersatzverfall gegen den Angeklagten folgt schon aus der weitgehenden Aufhebung der Schuldsprüche, weil das Landgericht das aus den Taten Erlangte keiner bestimmten Straftat zugeordnet hat. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Anordnung auch deshalb rechtsfehlerhaft war, weil die Strafkammer keine Tatsachen mitgeteilt hat, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte überhaupt etwas - und wenn mindestens 5.000 € - aus den Straftaten erlangt hat. Der Umstand, dass es naheliegend sein mag, dass ein Betäubungsmittelhändler bei Geschäften im festgestellten Umfang Einnahmen in dieser Höhe erzielt, enthebt das Tatgericht nicht entsprechender Feststellungen oder zumindest der Angabe einer nachvollziehbaren Schätzgrundlage. Ob sich eine solche für das Landgericht aus den Angaben eines vernommenen Polizisten ergeben hat, kann der Senat nicht beurteilen, weil diese in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt werden.
15
II. Die auf die allgemein erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten S. führt lediglich zur Aufhebung der Anordnung des erweiterten Wertersatzverfalls; die Überprüfung des Urteils hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieser Angeklagten ergeben.
16
Das Landgericht hat hinsichtlich eines Betrags in Höhe von 14.000 € auf den erweiterten Verfall von Wertersatz erkannt, weil die Angeklagte in dieser Höhe von dem gesondert Verfolgten Ka. für Kuriertätigkeiten in sechs Fällen, in denen sie insgesamt 34 Kilogramm Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland einführte, entlohnt worden sei.
17
Dies vermag die Anordnung des erweiterten Verfalls von Wertersatz nicht zu rechtfertigen: Die Vorschrift des § 73d StGB stellt eine Ausnahmeregelung dar, weil sie eine Verfallsanordnung nicht nur dann zulässt, wenn in dem dafür vorgesehenen strafprozessualen Verfahren ordnungsgemäß zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist, dass der Täter aus der konkreten Tat etwas erlangt hat, sondern bereits dann, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen , der Täter oder Teilnehmer einer auf § 73d StGB verweisenden Anlasstat habe aus oder für sonstige rechtwidrige Taten etwas erlangt. Wegen dieses Ausnahmecharakters ist § 73d StGB gegenüber § 73 StGB subsidiär und kann erst dann zur Anwendung gelangen, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 8. August 2013 - 3 StR 226/13 mwN). Dies schließt es aus, in Verfahren wie dem vorliegenden Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die die Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind (BGH, aaO Rn. 8; zu den Voraussetzungen einer möglichen "wahlweisen" Anordnung von [Wertersatz-]Verfall und erweitertem Verfall s. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3 sowie BGH aaO Rn. 9).
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 102/03
vom
2. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
BGHR: ja
BGHSt: ja zu A. II. 2.
Veröffentlichung: ja
__________________________
Ein erkennender Richter ist nicht "in der Sache" als Staatsanwalt tätig gewesen und
deshalb von der Mitwirkung ausgeschlossen, weil er in seinem früheren Amt als
Staatsanwalt im Rahmen von Todesermittlungen die Obduktion der Leiche eines vor
der Hauptverhandlung verstorbenen Zeugen und Tatgeschädigten angeordnet hat.
Das gilt auch dann, wenn vor der Obduktion für den Fall einer bei dieser feststellbaren
Fremdverursachung hypothetische Erwägungen über eine etwaige Verantwortung
des Angeklagten für den Tod des Zeugen angestellt worden sind, die Obdukti-
on jedoch keinen Anhalt für ein Fremdverschulden erbracht und die Todesermittlungen
ohne weiteres eingestellt worden sind.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003 - 1 StR 102/03 - LG Augsburg
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Dezember
2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Die Strafverfolgung wird in den Fällen zum Nachteil der Geschädigten E. und H. (B. II. 2.a. und 3.a. der Gründe des Urteils des Landgerichts Augsburg vom 25. Juli 2002) mit Zustimmung des Generalbundesanwalts dahin beschränkt, daß von der Ahndung wegen Zuhälterei abgesehen wird (§ 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO). II. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 25. Juli 2002 wie folgt im Schuldspruch geändert und im Rechtsfolgenausspruch berichtigt:
a) Der Angeklagte ist im Komplex I ("Taten vor der Zäsur", erste Gesamtstrafe) schuldig - der Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und mit Körperverletzung in zwei Fällen, - der Nötigung in drei Fällen, - der gewerbsmäßigen unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 30 Fällen, - des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 112 Fällen. Er ist deswegen unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Neuburg/Donau vom 13. August 1998 und aus dem Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 6. Juli 1999 sowie unter Auflösung der mit Beschluß des Amtsgerichts Augsburg vom 25. November 1999 gebildeten Gesamtstrafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Einzelstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei sowie der damit in Tateinheit stehenden Delikte zum Nachteil D. , Ha. , E. und H. entfällt.
b) Der Angeklagte ist im Komplex II ("Taten nach der Zäsur", zweite Gesamtstrafe) schuldig - der Zuhälterei in zwei tateinheitlichen Fällen, in weiterer Tateinheit mit Ausbeutung von Prostituierten in vier Fällen und mit elf Fällen der Körperverletzung, davon in je einem Fall in Tateinheit mit Nötigung und mit Bedrohung, - der Nötigung in zwei Fällen, - der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit zwei Fällen der Körperverletzung, - der räuberischen Erpressung, - der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung , - der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, - der versuchten Nötigung, - des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, - des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 138 Fällen. Er ist deswegen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt.
c) Gegen den Angeklagten ist der erweiterte Verfall von Wertersatz in Höhe von 150.000 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen. III. 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil wird dieses mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung anzuordnen. 2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen zahlreicher Straftaten - unter anderem Zuhälterei, Förderung der Prostitution , Körperverletzung, Handeltreiben mit und Abgabe von Betäubungsmitteln , Vergewaltigung, Nötigung und räuberischer Erpressung - unter Einbeziehung der Strafen aus zwei anderen Urteilen zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren und neun Monaten sowie von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Überdies hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 150.000 angeordnet, die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung indes entgegen einem von der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gestellten Antrag abgelehnt. Die Revision des Angeklagten macht das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung geltend; sie erhebt mehrere Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde. Die Revision der Staatsanwaltschaft rügt eine Verletzung der Aufklärungspflicht und beanstandet die Anwendung des sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten führt auf die Sachrüge hin zu einer Änderung des Schuldspruchs, zum Wegfall einer Einzelstrafe und zu einer geringfügigen Berichtigung des Rechtsfolgenausspruchs. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist zum Rechtsfolgenausspruch insoweit begründet, als das Landgericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat. Im übrigen bleiben beide Revisionen ohne Erfolg. Gegenstand des Verfahrens sind mehrere Straftaten, die der Angeklagte als Betreiber eines Bordells vornehmlich zum Nachteil von dort tätigen Prostituierten begangen hat.
A. Die Revision des Angeklagten I. An der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklage fehlt es entgegen der Auffassung der Revision nicht. Die zugelassene und verlesene Anklage wird ersichtlich ihrer Informations- und Umgrenzungsfunktion gerecht (§ 200 StPO). Der Anklagesatz enthält auch keine Beweiswürdigung (vgl. dazu BGHR StPO § 200 Abs. 1 - Anklagesatz 1). Die umfangreiche Sachverhaltsschilderung geht auf die Vielzahl der angeklagten Straftaten und zum Teil auf die Natur der Tatbestände zurück. II. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. 1. Der Angeklagte ist seinem gesetzlichen Richter nicht dadurch entzogen worden, daß das Präsidium des Landgerichts die Sache – neben anderen noch nicht terminierten Verfahren - nach Eingang der Anklage bei der 1. großen Strafkammer wegen deren Überlastung durch geschäftsverteilungsplanändernden Beschluß der 3. großen Strafkammer übertragen hat, die den Angeklagten dann schließlich verurteilt hat (§ 338 Nr. 1 StPO, § 21e Abs. 3 GVG). In dem Nachtrag zum Geschäftsverteilungsplan, den das Präsidium des Landgerichts am 23. Mai 2001 beschloß, liegt keine unzulässige Durchbrechung des sog. Jährlichkeitsprinzips (§ 21e Abs. 3 GVG) und auch keine unzulässige Einzelfallzuweisung. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß eine Änderung der Geschäftsverteilung im laufenden Geschäftsjahr, wenn sie sachlich veranlaßt ist, auch bereits anhängige Verfahren erfassen darf (BVerfGE 95, 322, 332; BGHSt 30, 371; 44, 161, 165 m.w.N., hierzu Nichtannahmebeschlüsse des BVerfG vom 11. August 1998 – 2 BvR 1493, 1615, 1616/98). Das folgt bereits aus der Verpflichtung zur zügigen Förderung von Haftsachen und zur Vermeidung justitiell zu verantwortender Verfahrensverzö-
gerungen. Der Inhalt der - auf Veranlassung des Landgerichtspräsidenten ü- berprüften - Überlastungsanzeige des Vorsitzenden der 1. Strafkammer vom 15. Mai 2001 sowie die Belastung der 3. Strafkammer zu jenem Zeitpunkt (vgl. dazu den Vermerk des Vorsitzenden der 3. Strafkammer vom 10. August 2001) tragen den von der Revision beanstandeten Präsidiumsbeschluß ohne weiteres und weisen diesen als sachgerecht aus. Der Vorsitzende der 1. Strafkammer hatte auf 24 dort anhängige Verfahren hingewiesen, wovon 13 Haftsachen waren. Bei der 3. Strafkammer waren zum maßgeblichen Zeitpunkt nur zwei Verfahren anhängig. Auch die Revision macht nicht geltend, die Änderung sei in der Sache nicht vertretbar oder sonst ermessensfehlerhaft gewesen (zum Prüfungsmaßstab insoweit vgl. BGHSt 22, 237, 239 f.; 27, 397, 398; MeyerGoßner StPO 46. Aufl. § 21e GVG Rdn. 25). Rechtliche Bedenken gegen den Präsidiumsbeschluß sind nicht dadurch begründet, daß die Verfahren den Mitgliedern des Präsidiums zum Teil hinsichtlich ihres Gegenstandes und der vollständigen Namen der Angeklagten bekannt waren. Eine solche Kenntnisnahme von Gegenstand und Umfang der betroffenen Sachen und auch weiteren Einzelheiten ist vielfach unvermeidbar, mitunter sogar geboten, weil sonst das Maß der Belastung der einzelnen Strafkammern und der erforderlichen Entlastung nicht sachgerecht festgestellt werden kann (vgl. BGHSt 44, 161, 168). Soweit die Revision meint, die Überlastung der 1. Strafkammer habe vom Präsidium bereits vor Beginn des entsprechenden Geschäftsjahres berücksichtigt werden müssen, vermag das keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Ob dies so lag, kann auf sich beruhen. Es könnte jedenfalls nicht dazu führen, daß dem Präsidium die sachlich gebotenen Übertragungen später versagt wären, wenn die Folgen der änderungsbedürftigen Geschäftsverteilung
zunehmend Gewicht erlangen und zu größeren Unzuträglichkeiten führen. Anderenfalls müßten vermeidbare Verfahrensverzögerungen, zumal in Haftsachen hingenommen werden, weil eine mögliche frühzeitigere Umverteilung – zu Jahresbeginn - unterblieben ist. Es liegt auf der Hand, daß die Garantie des gesetzlichen Richters solches nicht gebietet. Eine in Durchbrechung des Jährlichkeitsprinzips erfolgende Änderung bleibt auch dann „nötig“ im Sinne des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG. Der Präsidiumsbeschluß ist schließlich nicht deshalb von Rechts wegen zu beanstanden, weil die Vorsitzenden der beiden betroffenen Strafkammern sich im Vorfeld der Änderung der Geschäftsverteilung untereinander über eine ihnen geeignet erscheinende Lösung verständigt hatten. Das konnte die autonome Entschließung des zur Entscheidung berufenen Gremiums ersichtlich nicht in unzulässiger Weise beeinflussen. 2. Die erkennende 3. Strafkammer des Landgerichts war richtig besetzt, Richterin am Landgericht He. nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 338 Nr. 2, § 22 Nr. 4 StPO).
a) Nach § 22 Nr. 4 StPO ist ein Richter u. a. dann von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen, wenn er "in der Sache" Beamter der Staatsanwaltschaft gewesen ist. Unter "der Sache" ist grundsätzlich dasjenige Verfahren zu verstehen, welches die strafrechtliche Verfolgung einer bestimmten Straftat zum Gegenstand hat. Es kommt also in erster Linie auf die Identität des historischen Ereignisses an, um dessen Aufklärung es zu der Zeit ging, als der Richter in nicht-richterlicher Funktion tätig war. Der Annahme einer solchen Identität steht auch das Vorliegen mehrerer selbständiger Taten im Sinne des § 264 StPO nicht entgegen. Vielmehr entscheidet in solchen Fällen regelmäßig die Einheit der Hauptverhandlung; sie kann auch solche Vorgänge, die bei na-
türlicher Betrachtung als verschiedene historische Ereignisse erscheinen, zu einer Einheit zusammenfassen (vgl. zu alldem BGHSt 28, 262, 263 ff. mit zahlr. weiteren Nachweisen). Der Verdacht der Parteilichkeit, den die in Rede stehende Bestimmung (§ 22 Nr. 4 StPO) vermeiden will, kann schließlich bei weiter Auslegung der Norm auch bei mehreren für eine einheitliche Behandlung in Betracht zu ziehenden Verfahren aufkommen, wenn zumindest ein enger und für die zu treffende Entscheidung bedeutsamer Zusammenhang besteht (vgl. BGHSt 9, 193; 28, 264, 267).
b) Eine „Einheit der Sache“ in diesem Sinne ist hier nicht gegeben. Der Angeklagte ist mit dem angefochtenen Urteil auch wegen Straftaten verurteilt worden, die er zum Nachteil der vor Beginn der Hauptverhandlung verstorbenen Ha. begangen hat. Richterin am Landgericht He. hatte in ihrem früheren Amt als Staatsanwältin mit Formularverfügung und als Vertreterin des zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft Augsburg die Obduktion der Leiche von Ha. sowie deren anschließende Freigabe zur Bestattung verfügt, nachdem Ha. am 13. Januar 2000 in Friedberg (Hessen) tot aufgefunden worden war. Ha. war eine derjenigen geschädigten Prostituierten, die im vorliegenden Verfahren während der Ermittlungen als Zeugin vernommen worden waren. Sie hatte am 2. Juli und 6. Juli 1999 bei der Polizei und schließlich am 9. Juli 1999 vor dem Ermittlungsrichter ausgesagt und den Angeklagten belastet. Sie wurde deshalb vorübergehend im Zeugenschutzprogramm geführt. Nachdem sie im Hessischen tot aufgefunden worden war, leitete die Staatsanwaltschaft Augsburg von sich aus Todesfallermittlungen ein und ersuchte die für den Auffindeort der Leiche zuständige Staatsanwaltschaft Gießen, das bei dieser anhängige Verfahren wegen des Todesfalles an sie abzugeben. Dies geschah. Bei der Obduktion der
Leiche ergab sich - wie das von der Revision vorgelegte vorläufige Gutachten des Rechtsmediziners belegt - keine pathologisch-anatomisch nachweisbare Todesursache. Hinweise für eine todesursächliche mechanische Gewalteinwirkung von dritter Hand fehlten. Als wahrscheinliche Todesursache wurde eine Überdosierung zentral wirksamer Substanzen in Betracht gezogen. Die Strafkammer hat in ihrem angegriffenen Urteil festgestellt, Ha. sei an einer Überdosis Methadon verstorben. Das Todesermittlungsverfahren wurde eingestellt. Unter diesen Umständen war die beisitzende Richterin in ihrer früheren Aufgabe als Staatsanwältin nicht in derselben Sache tätig. Die durch sie erfolgte Anordnung der Obduktion und die Freigabe der Leiche im Todesermittlungsverfahren erweisen sich für die Entscheidung der Strafkammer im gegenständlichen Verfahren nicht als Maßnahmen, die die Annahme eines "bedeutsamen Sachzusammenhanges" rechtfertigen. Für das vorliegende Verfahren war der Tod Ha. s lediglich insoweit von Bedeutung, als diese infolge dessen als Zeugin in der Hauptverhandlung nicht mehr zur Verfügung stand und es um die Voraussetzungen der Einführung ihrer im Ermittlungsverfahren getätigten Aussagen ging. Irgendwelche materiell-strafrechtlichen Auswirkungen für den Angeklagten waren mit den Todesermittlungen nicht verbunden. Hinzu kommt, daß die Ermittlungen im Falle eines unnatürlichen Todes (siehe § 159 i.V.m. § 87 StPO; sog. "Leichensachen") nach einhelliger Auffassung in der Literatur kein Ermittlungsverfahren im Sinne des § 160 StPO sind (so Krehl in HK-StPO 3. Aufl. § 159 Rdn. 1; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 159 Rdn. 1; KK-Wache 5. Aufl. § 159 Rdn. 1; zur Abgrenzung der Leichenöffnung bei bereits begründetem Verdacht einer Straftat - § 87 i.V.m. § 160 Abs. 1 StPO – von der bei sog. Todesfallermittlungen - § 87 i.V.m. § 159 Abs. 2
StPO – siehe Krause in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 87 Rdn. 5 f.). Die von der damaligen Staatsanwältin getroffene Anordnung diente ihrer Natur nach zunächst lediglich der Klärung der Todesursache. Nur wenn dabei Hinweise auf ein strafbares Verhalten Dritter angefallen wären, hätte diese Maßnahme Eingang in ein Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten gefunden. Irgendwelche Anhaltspunkte in Richtung auf ein Verschulden, zumal gerade des Angeklagten, am Tod der Ha. haben sich aber ersichtlich auch später nicht ergeben; im Blick auf das Ergebnis der Obduktion sind weitere Strafverfolgungsmaßnahmen nicht entfaltet worden, schon gar nicht solche gegen den Angeklagten. Das trägt auch die Revision nicht vor. Es bleibt mithin allein der Umstand, daß die Richterin He. früher als Staatsanwältin bei der Klärung der Todesursache einer Person tätig geworden ist, die in gänzlich anderem Zusammenhang Zeugin in einem gegen den Angeklagten geführten Strafverfahren war.
c) Aus den von der Revision vorgelegten Vermerken der Kriminalpolizei ergibt sich keine andere Beurteilung: In dem Vermerk des Kriminalbeamten S. von der Kriminalpolizei Augsburg vom 14. Januar 2000 wird zunächst hervorgehoben, "nach Sachlage" habe Aspiration als Folge eines Drogenabusus zum Tode der 20jährigen Frau geführt. In diesem Vermerk ist ebenso wie im Schriftwechsel der Staatsanwaltschaften und in den Betreffangaben ausnahmslos von "Todesermittlungen" und von Ermittlungen aus Anlaß des Todes von Ha. die Rede. Unter diesen Umständen ist es rechtlich unerheblich , daß im Vermerk des Kriminalbeamten S. für den Fall einer Fremdeinwirkung auf Ha. Vermutungen zu einem etwaigen Verdacht gegen den Angeklagten angestellt wurden. Dort ist ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß dieser "in irgendeiner Form mit dem Tode der Ha. in Verbindung gebracht werden" könne und "ein Anfangsver-
dacht auf ein mögliches Tötungsdelikt nicht völlig unbegründet" sei. Damit verband der Kriminalbeamte seine Anregung an die Staatsanwaltschaft, die "weiteren Ermittlungen" im "Ablebensfall" nach Augsburg zu übernehmen. Entscheidend ist, daß es in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Augsburg an die Staatsanwaltschaft Gießen vom 14. Januar 2000 heißt: "Sofern ein Fremdverschulden am Tode der Ha. in Betracht kommt, ist davon auszugehen , daß etwaige Verantwortliche aus dem hiesigen Zuständigkeitsbereich kommen." Damit war klar, daß jedwede weitere Strafverfolgungsmaßnahme gegen irgendeinen Beschuldigten zunächst vom Ergebnis der Obduktion abhing , namentlich davon, ob sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für "ein Fremdverschulden am Tode der Ha. " ergeben würden. Das war indes nicht der Fall. Damit erwiesen sich alle damals angestellten Überlegungen zu einem etwaigen Motiv eines – vorstellbar - aus dem Umfeld des zu jenem Zeitpunkt bereits inhaftierten Angeklagten kommenden Täters als Spekulationen , allenfalls als Hypothesen für den Fall sich ergebender Verdachtsmomente für eine Fremdeinwirkung, denen aber die notwendige Verknüpfung mit den objektiven Obduktionsbefunden fehlte. Tatsächlich sind konkrete Ermittlungsmaßnahmen gerade gegen den Angeklagten wegen des Todes der Ha. auch nach dem Vortrag der Revision zu keinem Zeitpunkt ergriffen worden. Die Todesfallermittlungen als solche haben insoweit außer Betracht zu bleiben. Das gilt auch für die in deren Rahmen angestellten hypothetischen Erwägungen, die zur Übernahme des Todesermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Augsburg geführt haben.
d) Darüber hinaus lag zum Zeitpunkt der Anordnung der Obduktion durch die damalige Staatsanwältin He. bereits eine polizeiliche Aussage der Inhaberin der Wohnung vor, in der Ha. verstorben war, die die Revision jedoch nicht mitgeteilt hat (vgl. § 344 Abs.2 Satz 2 StPO; Ermittlungsver-
merk der Polizeidirektion Friedberg vom 13. Januar 2000). Schon die dort ge- schilderten Umstände des Todes von Frau Ha. sprachen deutlich gegen ein Fremdverschulden an ihrem Tod. Die in jener Sache vernommene Zeugin B. hatte bekundet, Frau Ha. habe mit ihr gemeinsam die Nacht in ihrer, B. s, Wohnung verbracht, habe morgens beim Versuch des Aufweckens geröchelt und Sekret sei aus ihrem Mund gelaufen. Die Erstbefragung des Notarztes ist dort mit „verm. ... Rauschgift-Tote“ festgehalten. Der ebenfalls per Fax an die Staatsanwaltschaft und an die Kriminalpolizei Augsburg übermittelte Leichenschauschein des Notarztes enthält unter der Rubrik „Todesursache /klinischer Befund“ die Angaben „respiratorische Insuffizienz“, „Aspriration“ , „Bewußtlosigkeit“ und „Drogenabusus ...“. Aus der protokollierten Vernehmung der Zeugin B. , die der Kriminalpolizei Augsburg am 17. Januar 2000, dem Tag der Anordnung der Obduktion, zuging, ergibt sich weiter, daß Dritte nicht in ihrer Wohnung gewesen seien (Todesermittlungsakte Ha. , Bl. 41, Vernehmungsprotokoll vom 14. Januar 2001). All das schlägt sich auch eingangs des Vermerks des Augsburger Kriminalbeamten S. vom 14. Januar 2000 nieder („Folge eines Drogenabusus“). Unter diesen zusätzlichen Umständen besteht um so weniger Grund zu der Wertung, das Todesermittlungsverfahren habe später eine „einheitliche Behandlung“ mit dem gegenständlichen Verfahren gegen den Angeklagten erfahren ; es bestehe ein enger, bedeutsamer Zusammenhang mit der von der Strafkammer im Verfahren gegen den Angeklagten zu treffenden Entscheidung. Für den Nachweis der Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich der Taten zum Nachteil Ha. kam es auf die Todesumstände der Zeugin ersichtlich nicht an. Auch die Strafzumessung ist davon erkennbar nicht beeinflußt. Das kam schon wegen des zeitlichen Abstandes zwischen den Taten und dem Tod der Zeugin nicht in Betracht. Daß die Todesermittlungsakte zu den Akten des ge-
genständlichen Verfahrens beigezogen wurde, vermag an dieser Beurteilung ebensowenig etwas zu ändern wie die möglicherweise nicht in jeder Hinsicht tragfähig begründbare Übernahme des Todesermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Augsburg. 3. Die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens sind nicht verletzt (§ 338 Nr. 6 StPO, § 171b GVG). Das Landgericht hat durch Beschluß die Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung der Zeugin D. ausgeschlossen. Soweit die Revision die der Ausschlußentscheidung nach § 171b Abs. 1 Satz 1 GVG zugrunde liegende Abwägung beanstandet, verkennt sie, daß der Beschluß nicht anfechtbar und damit auch der revisionsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich entzogen ist (§ 171b Abs. 3 GVG, § 336 Satz 2 StPO). Anhaltspunkte für eine willkürliche Begründung zeigt die Revision nicht auf (BGHR GVG § 171b Abs. 1 Dauer 5 m.w.N.). Der Ausschließungsbeschluß mußte schließlich nicht deshalb erneuert werden, weil die Vernehmung der Zeugin D. unterbrochen, vorübergehend auch öffentlich weiterverhandelt und schließlich die Vernehmung fortgesetzt worden war. Der Ausschließungsbeschluß deckt den Ausschluß der Öffentlichkeit für die gesamte Dauer der Vernehmung eines Zeugen, auch wenn diese unterbrochen wird (BGH NStZ 1992, 447). Daß der Vorsitzende während des Ausschlusses der Öffentlichkeit auch noch die Abladung eines anderen Zeugen bekannt gegeben, die Hauptverhandlung selbst unterbrochen und Termin zur Fortsetzung der Vernehmung der Zeugin D. bestimmt hat, verletzt den Öffentlichkeitsgrundsatz ebensowenig. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß Maßnahmen, die auch außerhalb der Hauptverhandlung erfolgen können, vom Schutz des Öffentlichkeitsgrundsatzes nicht erfaßt werden (BGH NStZ 1984,
134, 135). Das gilt namentlich für die Bestimmung eines Fortsetzungstermines, der etwa auch außerhalb der Hauptverhandlung verlegt werden kann. Auf der Unterbrechung der Hauptverhandlung in nicht öffentlicher Sitzung kann schließlich schon denkgesetzlich das Urteil nicht beruhen (vgl. BGH, Beschl. vom 15. April 2003 – 1 StR 64/03 – BA S. 4 f.; Meyer-Goßner aaO § 338 Rdn. 2, 50b). 4. Die Ablehnungsrügen sind unbegründet (§ 338 Nr. 3, § 24 StPO). Soweit ein Ablehnungsantrag auf die Anordnung der Verlesung des Anklagesatzes gestützt war, ist dessen Zurückweisung schon deshalb nicht zu beanstanden , weil die Verlesung rechtens war (siehe oben unter A.I.). Die Äußerung des Vorsitzenden der Strafkammer, der der Verteidigung bei fortgeschrittener Hauptverhandlung vorgehalten hatte "wohl langsam den Überblick über die gestellten Beweisanträge verloren" zu haben, vermag ersichtlich das Vertrauen des Angeklagten in die Unparteilichkeit des Richters nicht zu berühren (vgl. zu Spannungen zwischen einem Richter und dem Verteidiger: BGH NStZ 1997,

19).

5. Die weiteren verfahrensrechtlichen Beanstandungen, namentlich die Geltendmachung eines Verstoßes gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 265 StPO), bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 23. April 2003 aufgeführten Gründen, auf die er sich in der Revisionshauptverhandlung bezogen hat, ohne Erfolg. III. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils führt in einem Teilbereich lediglich zu einer anderen Würdigung der Konkurrenzverhältnisse , deckt im übrigen jedoch keinen durchgreifenden rechtlichen Mangel auf.
1. Bei der Beweiswürdigung hat die Strafkammer nicht verkannt, daß es bei einer Reihe von Taten im wesentlichen auf die Aussage der jeweils geschädigten Zeuginnen ankam. Sie hat bei ihrer gründlichen und ausführlichen Würdigung der Angaben der geschädigten Prostituierten die dafür geltenden Maßstäbe ersichtlich beachtet. Soweit die Revision die Annahme unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln beanstandet, wendet sie sich im Kern lediglich gegen die zugrunde liegende Beweiswürdigung der Strafkammer und versucht ihre eigene an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Damit vermag sie nicht durchzudringen. 2. Die Aufspaltung der Zuhälterei zum Nachteil D. und Ha. sowie der Förderung der Prostitution (richtig: der Ausbeutung von Prostituierten) zum Nachteil D. , Ha. , E. und H. in zwei selbständige Taten aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten anderweitigen Verurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß es sich bei diesen Delikten um Dauerstraftaten handelt , die erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes enden. Eine solche Tat ist nur dann vor einer anderweitigen, früheren Verurteilung im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB begangen, wenn sie zuvor beendet war (vgl. BGH NJW 1999, 1344, 1346; siehe auch Laufhütte in LK 11. Aufl. vor § 174 Rdn. 20). Die Beendigung der in Rede stehenden Taten lag indessen erst nach dem anderweitigen Urteil vom 13. August 1998, dem Zäsurwirkung zukommt (UA S. 194). Dies hat zur Folge, daß die Verurteilung wegen Zuhälterei in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit "Förderung der Prostitution" in vier tateinheitlichen Fällen im ersten Komplex (zuerst gebildete Gesamtstrafe) entfallen muß. Die tateinheitlich mit diesen Dauerdelikten verwirklichten drei Körperver-
letzungstaten zum Nachteil D. stehen damit ebenfalls in Tateinheit mit der dem zweiten Komplex zuzuschlagenden Zuhälterei und "Förderung der Prostitution" , die beide den gesamten Tatzeitraum umfassen, zur Straffindung indessen im zweiten Komplex zu berücksichtigen sind. Der Schuldspruch ist entsprechend zu ändern. Im ersten Komplex entfällt mithin die insoweit verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Auswirkungen auf die Höhe der ersten Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten schließt der Senat angesichts der Einsatzstrafe von sechs Jahren Freiheitsstrafe, der Vielzahl der auch insoweit abgeurteilten Taten und des außergewöhnlich straffen Zusammenzuges der Einzelstrafen aus. Dadurch, daß wegen der nun ausgesprochenen tateinheitlichen Verbindung die Einzelstrafe wegen der Fälle der Ausbeutung von Prostituierten im zweiten Komplex angesichts des gesteigerten Unwertgehalts unbeschadet des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) höher ausfallen dürfte (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12), ist der Angeklagte nicht beschwert. 3. Der Senat berichtigt zugleich einen Fassungsmangel in der Urteilsformel des Landgerichts: Die Strafkammer hat, wie sie in den Urteilsgründen selbst ausführt, die Überwachung und Steuerung der vier Geschädigten E. , H. , Ha. und D. als "Ausbeutung von Prostituierten" (§ 180a StGB nF) gewertet (UA S. 197 f.), in der Urteilsformel indessen versehentlich die Bezeichnung der früheren Fassung des Tatbestandes "Förderung der Prostitution" verwendet. Neben diesem Tenorierungsfehler ist ebenso ein offensichtliches Schreibversehen in der Urteilsformel hinsichtlich des Datums des Urteils des Amtsgerichts Augsburg vom 6. Juli 1999 zu berichtigen, dessen Strafen einbezogen worden sind.
4. Darüber hinaus ist die Bezeichnung der Verfallsanordnung in der Urteilsformel zu ergänzen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, daß die Strafkammer den erweiterten Verfall angeordnet hat (UA S. 264; § 73d StGB). 5. Die weitergehende sachlichrechtliche Prüfung fördert einen den Bestand des Urteils gefährdenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht zutage.
B. Die Revision der Staatsanwaltschaft I. Die Revision der Staatsanwaltschaft deckt zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen den Angeklagten begünstigenden rechtlichen Mangel auf. Soweit sie zugleich auch zugunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO) ist die insoweit gebotene Änderung des Schuldspruchs bereits auf die Revision des Angeklagten hin erfolgt (siehe oben). Soweit die Beschwerdeführerin meint, der Angeklagte habe wegen der Taten zum Nachteil der Prostituierten E. und H. auch wegen tateinheitlich begangener ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei verurteilt werden müssen (§ 181a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB), muß der Senat hierauf nach der Beschränkung der Strafverfolgung nicht eingehen (vgl. Urteilsformel unter I.). Eine etwaige Verurteilung auch wegen dieser Delikte zum Nachteil der beiden Frauen würde für die zu bildende Einzelstrafe, aber auch aufs Ganze gesehen nicht beträchtlich ins Gewicht fallen können (§ 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO). II. Die Strafzumessung ist aus den vom Generalbundesanwalt in seinem Terminsantrag vom 23. April 2003 ausgeführten Gründen, auf die er sich in der
Hauptverhandlung bezogen hat, von Rechts wegen nicht zu beanstanden (aaO S. 4). III. Die Ablehnung der Unterbringung des Angeklagten in der Siche- rungsverwahrung nach der Ermessensvorschrift des § 66 Abs. 2 (in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Nr. 3) StGB begegnet durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken; auf die insoweit erhobene Aufklärungsrüge kommt es deshalb nicht an. 1. Die Strafkammer ist bei der Beurteilung, ob der Angeklagte einen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten hat, dem hinzugezogenen nervenfachärztlichen Sachverständigen nicht gefolgt. Sie hat einen solchen Hang vielmehr verneint und sich dabei mit dem Gutachten im einzelnen auseinandergesetzt. Unter den Gründen, aus denen sie meinte, dem Sachverständigen nicht folgen zu sollen, hat sie ausgeführt, es "verwundere", daß dieser die Art und die Schwere der in Zukunft vom Angeklagten zu erwartenden Taten allein mit dem "Spektrum der bereits begangenen Taten" umschrieben und die Bejahung eines Hanges ausdrücklich von dem Nachweis der angeklagten Taten abhängig gemacht habe. Damit sei der Sachverständige scheinbar „dem Zirkelschluß verfallen“, aus den begangenen Straftaten auf den Hang schließen zu wollen und die zu erwartenden Straftaten wiederum aus dem Hang herzuleiten (UA S. 271). Das ist rechtsfehlerhaft. Die Prüfung der materiellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung muß gerade die begangenen Taten mit in den Blick nehmen, und zwar sowohl für die Frage des Hanges als auch für die Gefährlichkeitsprognose. Das Sachverständigengutachten unter anderem auch deshalb für nicht tragfähig zu erachten, weil gerade dies geschehen ist, verkennt
die rechtlichen Grundlagen der anzuwendenden Norm. Schon das allein führt zur Aufhebung des Urteils in dem hier in Rede stehenden Umfang. Soweit die Strafkammer im Anschluß an die Auseinandersetzung mit dem eingeholten Gutachten lediglich noch ausführt, sie habe sich trotz der Vielzahl der Vorahndungen und der nunmehr abgeurteilten Taten nicht in der Lage gesehen, bei dem Angeklagten das Vorliegen eines Hanges mit hinreichender Sicherheit festzustellen (UA S. 274), genügt auch das im vorliegenden Falle nicht den von Rechts wegen zu stellenden Anforderungen. Die Würdigung erweist sich insoweit als lückenhaft. Es hätte der näheren Auseinandersetzung mit den Vorahndungen bedurft, insbesondere mit den Körperverletzungstaten und der einschlägigen Vorverurteilung wegen Förderung der Prostitution. Zudem wäre die Entwicklung des Angeklagten in den letzten Jahren, namentlich die Intensität und die Vielfalt der gegenständlichen, auch von wiederkehrender Gewaltanwendung gekennzeichneten Taten zu erörtern gewesen , die zum Teil auch von ausgeprägter Brutalität gegenüber den Prostituierten geprägt waren. 2. Die Strafkammer hat im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens einerseits angenommen, daß der Angeklagte gefährlich im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 66 Abs. 2 StGB ist. Sie hat andererseits dann aber hervorgehoben , die verhängte Strafe sei so hoch, daß erwartet werden könne, der Angeklagte werde sich "die Strafverbüßung hinreichend zur Warnung dienen lassen" (UA S. 275). Sie hat zudem ihre Erwartung angeführt, der Angeklagte werde die lange Vollzugsdauer nutzen, um mittels seiner „kognitiven Fähigkeiten“ seine Verhaltensmuster zu überdenken (UA S. 276). Dies läßt besorgen, daß die Strafkammer nicht in jeder Hinsicht von zutreffenden Maßstäben für die Gefährlichkeitsprognose und die Ermessensaus-
übung ausgegangen sein könnte. Für die Gefährlichkeitsprognose ist nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – auch bei einer Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGB - grundsätzlich der Zeitpunkt der Aburteilung maßgeblich (BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 6; vgl. BGHSt 25, 59, 61; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 3; BGH NStZ 2002, 535). Die Frage, ob die Gefährlichkeit zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft noch vorhanden sein wird, muß grundsätzlich einer Überprüfung nach § 67c Abs. 1 StGB vor Ende des Vollzuges der Strafe vorbehalten bleiben. Zwar darf der Tatrichter bei seiner Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGB dem Alter des Angeklagten und den Wirkungen eines langjährigen Strafvollzuges auch Bedeutung beimessen; diese Umstände sind aber nur beachtlich , wenn sie – nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung – eine Haltungsänderung des Angeklagten erwarten lassen (BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 6; siehe auch BGH NStZ 2002, 30, 31). Die Kammer spricht in diesem Zusammenhang jedoch lediglich von ihrer "begründeten Erwartung" (UA S. 276 oben), daß der Angeklagte in der Lage sei, seine Verhaltensmuster zu überdenken und zu ändern. Eine vertiefte Auseinandersetzung , aus welchem Grunde eine Haltungsänderung angesichts des bisherigen Weges des Angeklagten erwartbar sein könnte, findet nicht statt. Der Sache nach meint die Kammer lediglich, daß dem Angeklagten das Potential eigen sei, sich zu ändern. Allein das langjährige Bedenken der eigenen Situation im Strafvollzug vermag aber – zumal aufgrund des Ergebnisses der Hauptverhandlung – auch bei vorhandenem Änderungspotential noch nicht die substantielle Erwartung einer Haltungsänderung zum Zeitpunkt der Strafverbüßung zu begründen.
Soweit die Strafkammer darüber hinaus darauf abstellt, der Angeklagte habe in der Vergangenheit gezeigt, daß er in der Lage sei, aus Sanktionen zu lernen (UA S. 275 unten), ist dies nicht tragfähig belegt. Sein bisheriger Lebensweg sowie die Zahl und die Intensität der im Tatzeitraum begangenen Delikte deuten eher auf das Gegenteil hin. So hat es im Ergebnis auch der Sachverständige gesehen (UA S. 275 unten). Auch im Blick darauf hätte die Wertung der Kammer näherer Begründung bedurft. 3. Über die Anordnung von Sicherungsverwahrung muß nach alledem neu befunden werden. Der Ausspruch über die verhängten Gesamtstrafen wird davon nicht berührt. Die Strafkammer hat zwar im Zusammenhang mit ihrer Ermessensausübung in der Frage der Sicherungsverwahrung die Höhe der Strafen hervorgehoben. Dies läßt angesichts der Besonderheiten des Falles jedoch nicht besorgen, daß umgekehrt die Höhe der Strafen von der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung beeinflußt sein kann und daß im Falle der Anordnung von Sicherungsverwahrung niedrigere Strafen in Betracht gekommen wären. Der Senat schließt das aus; denn die Einsatzstrafen zur Bildung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen sind im einen Falle nur geringfügig, im anderen Falle ersichtlich sehr maßvoll erhöht worden, obgleich eine Vielzahl von Einzelstrafen in beachtlicher Höhe einzubeziehen waren. Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf
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c) Die Verurteilung im Fall II. 4. hat ebenso wenig Bestand; auch sie wird von dem oben zu Fall II. 3. aufgezeigten Rechtsfehler erfasst. Denn der Angeklagte hat in diesen beiden Fällen sämtliche Straftatbestände tateinheitlich (§ 52 StGB) verwirklicht.