Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2016 - 4 StR 100/16

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:101016B4STR100.16.0
published on 10/10/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2016 - 4 StR 100/16
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 100/16
vom
10. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:101016B4STR100.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 10. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 31. Juli 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Schutzbefohlenen, unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Essen-Borbeck vom 21. März 2011 und 11. Mai 2011 und unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Essen-Borbeck vom 24. April 2012 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt ist. 2. Die Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts vom 10. März 2016 ist die Urteilsformel jedoch zu berichtigen, weil das Landgericht nicht nur – wie geboten – die im vorliegenden Verfahren abgeurteilten Taten, sondern auch die Schuldsprüche der früheren Urteile, deren Einzelstrafen zur Bildung der Gesamtstrafe herangezogen worden sind, in den Urteilstenor aufgenommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 1999 – 4 StR 626/98, wistra 1999, 185, 186). Bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB werden zudem – im Unterschied zu § 31 Abs. 2 JGG – nur Strafen, nicht aber Urteile einbezogen.
2
Ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts ist hinsichtlich der Verfahrensrügen anzumerken:
3
Die im Zusammenhang mit der Beschaffenheit des Hochbettes erhobenen Verfahrensrügen sind nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die in den Beweisanträgen jeweils in Bezug genommene und als Anlage beigefügte Abbildung von der Revision nicht vorgelegt wird. Des Weiteren teilt die Revisionsbegründung den Inhalt des Beweisantrags vom 2. Juli 2015, auf den in dem Beweisantrag auf Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens verwiesen worden ist, nicht mit. Der zu dem Beweisantrag vom 2. Juli 2015 ergangene Beschluss der Strafkammer vom 10. Juli 2015 ist in der am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist per Telefax übermittelten Fassung der Revisionsbegründung wegen der vom Absender vorgenommenen Verkleinerung von zehn Seiten auf eine Telefaxseite nicht lesbar. Eine Verfahrensrüge bezüglich des sich auf den Zeitpunkt des Umzugs beziehenden Beweisantrags auf Vernehmung der Zeugin F. ist der Revisionsbegründung nicht zu entnehmen.
4
Die einen Belehrungsmangel im Zusammenhang mit der Untersuchung des Nebenklägers im Rahmen der aussagepsychologischen Begutachtung geltend machende Verfahrensbeanstandung dringt nicht durch. Soweit die unter- bliebene Einholung des Einverständnisses des gesetzlichen Vertreters beanstandet wird, ist die Rüge mangels Vorbringens zur Verstandesreife des Nebenklägers bereits unzulässig. Soweit geltend gemacht wird, dass die für die Verwertbarkeit des Gutachtens erforderliche Belehrung des Nebenklägers über sein Recht, die Mitwirkung an der Begutachtung verweigern zu können, nicht durch die hierfür zuständige Staatsanwaltschaft erfolgt ist, ist die Verfahrensbeschwerde unbegründet. Denn der Senat kann nach Aktenlage sicher ausschließen , dass der Nebenkläger bei einer formell ordnungsgemäß erfolgten Belehrung entsprechend § 81c Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO von seinem Untersuchungsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1994 – 1 StR 461/94, BGHSt 40, 336, 339; Beschlüsse vom 18. Januar 1995 – 3 StR 596/94; vom 23. September 2003 – 1 StR 323/03, BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Verletzung 7). Der Nebenkläger, dessen Strafanzeige dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, war jeweils nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht sowohl bei der Polizei als auch in der Hauptverhandlung uneingeschränkt aussagebereit. Vor seiner Mitwirkung bei der Untersuchung durch den Sachverständigen wurde er vom Sachverständigen auf sein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich seiner Mutter und auf die Freiwilligkeit einer Teilnahme an der Begutachtung hingewiesen, so dass der Nebenkläger in der Sache in vollem Umfang über seine Rechte informiert war.
5
Eine Auslagenentscheidung zugunsten des Nebenklägers kommt nicht in Betracht, da die Anschlusserklärung des minderjährigen Nebenklägers wegen dessen Prozessunfähigkeit unwirksam ist (vgl. KG, NStZ-RR 2011, 22 ff. mwN; Senge in KK-StPO, 7. Aufl., vor § 395 Rn. 2).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
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published on 13/01/2000 00:00

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.

(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.

(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.