Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2014 - 4 StR 184/14

bei uns veröffentlicht am28.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR184/14
vom
28. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. August 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog und § 154 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 15. November 2013 wird
a) das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 16 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen schuldig ist; bb) im Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 12 bis 15 der Urteilsgründe je- weils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in vier Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Teileinstellung, einer Abänderung des Schuldspruchs und zu einer Neufestsetzung von Einzelstrafen ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte in der Zeit von September 2012 bis zum 9. April 2013 Kokainzubereitung von dem anderweitig verfolgten T. und verkaufte diese anschließend in Teilmengen mit Gewinn an verschiedene Abnehmer weiter, um sich dadurch eine dauerhafte Erwerbsquelle zu erschließen. Dabei kam es in der Zeit von September 2012 bis zum 7. Januar 2013 zu acht Ankäufen von jeweils 10 Gramm (Fälle 1 bis 8 der Urteilsgründe ) und in der Zeit vom 8. Januar 2013 bis zum 9. April 2013 zu drei Ankäufen von jeweils 20 Gramm (8. Januar 2013, 23. Februar 2013 und 4. März 2013; Fälle 9 bis 11 der Urteilsgründe) sowie vier zeitlich nicht näher eingrenzbaren Ankäufen von jeweils 10 Gramm (Fälle 12 bis 15 der Urteilsgründe ). Der Wirkstoffanteil lag in allen Fällen knapp unter 50 Prozent. Nachdem der Angeklagte am 9. April 2013 von T. weitere 10 Gramm Kokainzubereitung mit einem Anteil von 5,4 Gramm Kokainhydrochlorid übernommen hatte, wurde er festgenommen (Fall 16 der Urteilsgründe). Am 8. Januar, 16. und 28. Februar, sowie am 1., 4., 7., 10. und 22. März 2013 veranlasste der Angeklagte seinen am 23. April 1997 geborenen Sohn H. dazu, ihm beim Abverkauf von Kokain behilflich zu sein und Abnehmern vorbereitete Teilmengen auszuhändigen oder vereinbartes Kaufgeld entgegenzunehmen.
3
2. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 16 der Urteilsgründe (Ankauf von 10 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffanteil von 5,4 Gramm Kokainhydrochlorid am 9. April 2013) verurteilt worden ist.
4
3. Der Schuldspruch war – wie aus der Beschlussformel ersichtlich – abzuändern , weil Fall 16 infolge der Teileinstellung weggefallen ist und dem Landgericht bei der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Fälle 9 bis 15 (Tatzeitraum : 8. Januar 2013 bis zum 9. April 2013) ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
5
a) Das Landgericht hat sowohl den drei zeitlich genau bestimmten Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (jeweils 20 Gramm Kokainzubereitung), als auch den vier zeitlich nicht näher einzugrenzenden Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (jeweils 10 Gramm Kokainzubereitung) jeweils einen der von ihm festgestellten Fälle des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zugeordnet. Diese Bewertung wird von den Feststellungen nicht getragen.
6
Den Urteilsgründen kann – von einzelnen zeitlichen Überschneidungen am 8. Januar und 4. März 2013 abgesehen – nicht entnommen werden, auf welche Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) die einzelnen Fälle des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bezogen sind. Da bei der Feststellung des Schuldumfangs zu Gunsten des Angeklagten von der für ihn günstigsten Fallgestaltung auszugehen ist (BGH, Beschluss vom 15. April 1987 – 3 StR 138/87, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1; Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 4; Beschluss vom 19. November 1996 – 1 StR 572/96, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7), ist unter diesen Umständen anzunehmen, dass sich die festgestellten Taten nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG jeweils nur auf den Absatz von Teilmengen aus dem nächsten zeitlich davor liegenden Ankauf von 20 Gramm Kokainzubereitung bezogen haben, sodass der Angeklagte lediglich in den drei Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vom 8. Januar 2013, 23. Februar 2013 und 4. März 2013 (Fälle 9 bis 11 der Urteilsgründe) auch tateinheitlich des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in jeweils mehreren insoweit in gleichartiger Tateinheit zueinander stehenden Fällen) schuldig ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. April 2013 – 3 StR 61/13, NStZ 2014, 161; Beschluss vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42 f.; Beschluss vom 18. Juni 2003 – 1 StR 184/03). In den vier Fällen des Ankaufs von 10 Gramm Kokainzubereitung mit einem Kokainhydrochlorid-Anteil von weniger als fünf Gramm (Fälle 12 bis 15 der Urteilsgründe) hat sich der Angeklagte danach nur des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht.
7
b) Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit in den Fällen 9 bis 11 der Urteilsgründe entsprechend ab (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 6; Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, Rn. 17, NStZ 1996, 493 f.). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
8
4. Für die vier Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Ankauf von jeweils 10 Gramm Kokainzubereitung) in der Zeit vom 8. Januar 2013 bis zum 9. April 2013 (Fälle 12 bis 15 der Urteilsgründe) setzt der Senat in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren und neun Monaten auf ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe herab. Diese Strafen entsprechen den Einzelstrafen , die das Landgericht für die acht Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit 10 Gramm Kokainzubereitung in der Zeit von September 2012 bis zum 9. April 2013 (Fälle 1 bis 8 der Urteilsgründe) festgesetzt hat. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht mit Blick auf die in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen und die dafür "bestimmenden" Umstände (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) in den Fällen 12 bis 15 der Urteilsgründe auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 – 4 StR 113/01, NStZ-RR 2002, 103).
9
Die Gesamtstrafe bleibt davon unberührt. Die Ermäßigung der Einzelstrafen beruht auf einer Korrektur der Konkurrenzverhältnisse und hat keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 7 mwN). Durch die Teileinstellung des Verfahrens kommt lediglich eine Einzelstrafe in Wegfall. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei den verbleibenden Einzelstrafen von drei Mal zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe und zwölf Mal einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf eine noch niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.
Sost-Scheible Cierniak Franke
RiBGH Dr. Mutzbauer ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Sost-Scheible Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2014 - 4 StR 184/14

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2014 - 4 StR 184/14 zitiert 10 §§.

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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen , nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641 m. Anm. Kämpfer; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146, 147; Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.). Lässt sich nicht feststellen, durch wie viele Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB der Angeklagte die festgestell- ten Taten gefördert hat, so ist im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen , dass er nur eine Handlung begangen hat (BGH, Beschluss vom 19. November 1996 – 1 StR 572/96, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7; vgl. Beschluss vom 15. April 1987 – 3 StR 138/87, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 61/13
vom
3. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. April
2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 9. November 2012 im Schuldspruch dahin
abgeändert, dass der Angeklagte
- des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
zwei Fällen,
- des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18
Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln,
- des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln,
- des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Einfuhr
von Betäubungsmitteln und
- des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in acht Fällen
schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, - bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, - Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Einfuhr von Betäubungsmitteln und - Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Berichtigung des Schuldspruchs.
2
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG - Fall II. 5 der Urteilsgründe) und tatmehrheitlich hierzu des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG - Fall II. 7 der Urteilsgründe) schuldig gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Vielmehr stehen die beiden vom Angeklagten insoweit verwirklichten Tatbestände zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB).
3
a) Nach den Feststellungen betrieben der Angeklagte und der Mitangeklagte gemeinsam eine Cannabisplantage, die sie im März 2012 abernteten. Die gewonnenen 500 g Marihuana, Wirkstoffgehalt 5 % THC, teilten sie absprachegemäß hälftig untereinander auf, um jeweils ein Drittel der erhaltenen Menge selbst zu konsumieren und zwei Drittel hiervon in eigener Zuständigkeit und auf eigene Rechnung gewinnbringend zu veräußern. 60 g aus der von ihm zum Verkauf bestimmten Menge übergab der Angeklagte einer Minderjährigen mit dem Auftrag, die Droge für ihn auf Kommissionsbasis zu veräußern, was in der Folge auch geschah.
4
Danach stellt sich die Weitergabe eines Teils des gewonnenen Marihuanas im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts lediglich als ein unselbständiger Teilakt des Handeltreibens des Angeklagten mit der von ihm hierfür vorgesehenen Gesamtmenge dar, denn alle Einzelhandlungen des Täters, gerichtet auf jeweils teilweisen Umsatz einer zur Veräußerung bestimmten einheitlichen Erntemenge , sind miteinander in einer Bewertungseinheit verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 3 StR 6/09, NStZ 2009, 648). Bestimmt der Täter indes bei seinem auf den Umsatz von Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) gerichteten Handeln zugleich eine Person unter 18 Jahren dazu, mit diesen Betäubungsmitteln - wie hier - selbst Handel zu treiben oder das Handeltreiben des Täters zu fördern, so stehen § 29a Abs. 1 Nr. 2 und § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG wegen ihres verschiedenartigen Unrechtsgehalts in Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2007 - 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42).
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn der Angeklagte hätte sich bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht wirksamer verteidigen können.
6
b) Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der verhängten Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (II. 5 der Urteilsgründe) und von zwei Jahren für das Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (II. 7 der Urteilsgründe). Gemäß § 354 Abs. 1 StPO setzt der Senat für die einheitliche Tat eine neue Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren fest, denn er schließt aus, dass das Landgericht diese milder bemessen hätte als diejenige, die es - für sich gesehen rechtsfehlerfrei - allein schon für das Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als angemessen erachtet hatte.
7
c) Der Gesamtstrafenausspruch hat gleichwohl Bestand. Vor dem Hintergrund der nach alledem verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen - unter anderem drei Jahre und sechs Monate, zweimal zwei Jahre und sechs Monate, dreimal zwei Jahre - schließt der Senat aus, dass das Landgericht die Gesamtstrafe ohne die Verhängung einer weiteren Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten milder als geschehen zugemessen hätte.
8
2. Dagegen hat es im Falle II. 8 der Urteilsgründe beim Schuldspruch wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Einfuhr von Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG) zu verbleiben. Der Ansicht des Generalbundesanwalts , das Bestimmen zur Einfuhr trete nach dieser Vorschrift nicht nur hinter dasjenige zum Handeltreiben, sondern auch hinter dasjenige zur Förderung des Handeltreibens zurück, vermag sich der Senat nicht anzuschließen , denn im Bestimmen zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln liegt lediglich die - wenn auch zur Täterschaft erhobene - Veranlassung einer Beihilfehandlung. Ein Schuldspruch nur deswegen würde dem Unrechtsgehalt der Tat insgesamt nicht gerecht. Soweit tateinheitlich zum Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur Einfuhr von Betäubungsmitteln auch das Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie ein - eigenes - Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in Betracht kommen, hat das Landgericht die Strafverfolgung in der Hauptverhandlung am 9. November 2012 gemäß § 154a StPO auf den rechtlichen Gesichtspunkt des Bestimmens zur Einfuhr beschränkt.
9
Der Senat verwirft die Revision des Angeklagten deshalb auch insoweit nach § 349 Abs. 2 StPO. Der auf Abänderung allein des Schuldspruchs, im Ergebnis aber auf die Verwerfung der Revision gerichtete Antrag des Generalbundesanwalts steht einer Entscheidung durch Beschluss nicht entgegen (Senatsbeschluss vom 12. März 2012 - 3 StR 436/11).
10
3. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Schäfer Pfister Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 569/06
vom
23. Mai 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens eines Minderjährigen, mit Betäubungsmitteln
Handel zu treiben u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Mai 2007 gemäß §§ 154
Abs. 2, 154 a Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 14. August 2006 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall III 7 wegen versuchter räuberischer Erpressung zu der Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde. Insoweit hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
b) der Schuldspruch im Fall III 2 dahin geändert, dass der Angeklagte schuldig ist - des Bestimmens eines Minderjährigen, mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, - der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
c) das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben - soweit der Angeklagte im Fall III 8 verurteilt wurde sowie - im gesamten Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 24 Fällen, Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in neun Fällen, Versuchs, einen Minderjährigen zu bestimmen, mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben sowie wegen versuchter räuberischer Erpressung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall III 7 wegen versuchter räuberischer Erpressung verurteilt wurde. Soweit bei weiterer Aufklärung des Sachverhalts Tateinheit mit dem fünften Verkauf von 50 g Haschisch an den Zeugen B. in Betracht kommt (Fall III 6, Tat 5) wird die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln beschränkt.
3
2. Im Fall III 2 ist der Schuldspruch auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts dahin zu ändern, dass der Angeklagte schuldig ist - des Bestimmens eines Minderjährigen, mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, - der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
4
a) Der Angeklagte hat nicht nur versucht, den 16-jährigen Zeugen S. zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu bestimmen. Vielmehr hat er die Tat (§ 30 a Abs. 2 Nr. 1 BtMG) vollendet.
5
Das Landgericht hat hierzu festgestellt (UA S. 6): Der Angeklagte zeigte dem Zeugen Anfang 2005 ein Bündel Geldscheine und sagte, soviel Geld könne er auch verdienen, wenn er für ihn Haschisch verkaufe. S. ging auf den Vorschlag des Angeklagten ein, ohne dass es einer Überredung bedurft hätte, da er schon zuvor bereit war, Haschisch weiterzugeben. S. legte mit Bekannten Geld zusammen und traf sich erneut mit dem Angeklagten. Bei diesem Treffen erhielt S. von dem Angeklagten 50 g Haschisch für 150 € auf Kommission. Nach dem ersten Quartal 2005 kam es zu einem weiteren Verkauf von 50 g Haschisch für 150 €. Bei dem zweiten Verkauf zahlte S. auch die noch ausstehenden 150 € aus dem ersten Geschäft. Schließlich kam es im ersten Quartal 2005 noch zu einem dritten Verkauf von 50 g Haschisch für 150 € an S.. Für den Angeklagten waren die Verkäufe gewinnbringend.
6
Unter diesen Umständen war es rechtsfehlerhaft, das Verhalten des Angeklagten lediglich als versuchtes Bestimmen des Zeugen S. zu werten (UA S. 38). Auch für den Begriff "Bestimmen" in § 30 a Abs. 2 Nr. 1 BtMG gelten die allgemeinen, zu § 26 StGB entwickelten Grundsätze (vgl. dazu im Einzelnen BGHSt 45, 373; BGH NStZ 2001, 41, 42; 1994, 29, 30; StV 2001, 406; Körner, BtMG 5. Aufl. § 30 a Rdn. 25; Franke in Franke/Wienroeder, BtMG 2. Aufl. § 30 a Rdn. 7; zu § 26 vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. Rdn. 3). Danach ist es gleich, in welcher Form und durch welches Mittel die Einflussnahme auf den Willen des anderen erfolgt. Die Willensbeeinflussung muss auch nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des anderen sein, vielmehr genügt bloße Mitursächlichkeit (BGHSt aaO S. 374). Der Angeklagte hat das Tatinteresse und die Tatbereitschaft des Zeugen S. dadurch gefördert, dass er ihm ein Bündel Geldscheine zeigte und damit die Verdienstmöglichkeiten aufzeigte, falls S. für ihn Haschisch verkaufe. Der Zeuge S. war zwar allgemein bereit, Haschisch zu verkaufen. Seine Tatbereitschaft hatte sich aber noch nicht auf ein bestimmtes Geschäft konkretisiert. Das geschah erst, nachdem der Angeklagte dem Zeugen S. auf die Verdienstmöglichkeiten beim Haschischverkauf für ihn aufmerksam machte. Erst daraufhin begann der Zeuge, mit Bekannten zur Finanzierung eines Haschischgeschäfts Geld zusammenzulegen. Konkrete Gestalt nahm dieses Geschäft an, als der Angeklagte dem Zeugen 50 g Haschisch für 150 € auf Kommission zum Weiterverkauf übergab. Erst durch die Einflussnahme auf den Willen des Zeugen kam es somit dazu, dass S. von dem Angeklagten nacheinander dreimal 50 g Haschisch zum Weiterverkauf übernahm. Das Verhalten des Angeklagten war danach neben der allgemeinen Tatbereitschaft des Zeugen zumindest mitursächlich für dessen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Der Tatvorsatz des Angeklagten ist hinreichend festgestellt. Dass der Zeuge die drei Haschischlieferungen weiterverkauft hat, lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend entnehmen.
7
b) Das Landgericht hat zudem übersehen, dass der Angeklagte bei dem ersten Geschäft über 50 g Haschisch zu 150 € tateinheitlich mit dem Bestim- men des Zeugen S. zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auch gewerbsmäßig Betäubungsmittel an einen Minderjährigen abgegeben und mit diesem Betäubungsmittel (gewerbsmäßig) Handel getrieben hat. Das Landgericht hat bei allen Verkäufen des Angeklagten an Erwachsene gewerbsmäßiges Handeln angenommen. Es bestehen unter den festgestellten Umständen daher keine Zweifel, dass der Angeklagte auch bei der Abgabe von Haschisch an den minderjährigen Zeugen S. gewerbsmäßig gehandelt hat und dadurch den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt hat. Tateinheitlich hierzu hat der Angeklagte mit dem Betäubungsmittel auch (gewerbsmäßig) Handel getrieben. Insoweit ist daher der Schuldspruch zu ändern.
8
Im Übrigen weist der Generalbundesanwalt in dem ergänzenden Antrag vom 17. April 2007 zutreffend darauf hin, dass zwischen dem Bestimmen des Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und der ersten gewerbsmäßigen Abgabe von Haschisch an den Minderjährigen einerseits und der zweiten gewerbsmäßigen Abgabe von Haschisch an den Minderjährigen andererseits entgegen seiner ersten Zuschrift keine tateinheitliche Verknüpfung besteht, weil das Vergehen des gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln , das hier allein für ein teilweises Zusammentreffen der tatbestandsrelevanten Handlungen in Betracht kommt, nicht die durch beide Verkäufe jeweils verwirklichten schwerer wiegenden Verbrechen der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige zur Tateinheit verklammern kann. Eine Sonderkonstellation, wie sie der Senat in BGHSt 33, 4 zu beurteilen hatte (Verknüpfung zweier minder schwerer Fälle des Verbrechens der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch einen Fall des gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln) liegt hier nicht vor, sodass dahingestellt bleiben kann, ob an der damaligen Beurteilung der Konkurrenzfrage noch festgehalten werden könnte. Diese die Annahme von Tateinheit ausschließende Begrenzung der Klammerwirkung des gewerbsmäßigen Handel- treibens bleibt auch bestehen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht rechtsfehlerhaft zunächst nur wegen eines milderen Straftatbestands (§ 29 a Abs. 1 Nr. 1) erfolgt ist.
9
c) § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte auch nach einem Hinweis nicht erfolgreicher hätte verteidigen können.
10
3. Die Feststellungen, die das Landgericht im Fall III 8 zu den beiden Verkäufen an den Zeugen Sch. getroffen hat, lassen eine abschließende Beurteilung der Konkurrenzfrage, ob es sich materiell-rechtlich um eine oder zwei Taten handelt, nicht zu.
11
Das Landgericht hat hierzu festgestellt: Der Angeklagte verkaufte dem 16-jährigen Sch. im Mai 2005 20 g Haschisch. Da Sch. nicht bezahlten konnte, bat er den Angeklagten, ihm mehr Haschisch zu besorgen, damit er dies verkaufen und die geschuldeten 165 € bezahlen könne.
12
Etwa zwei Wochen später erhielt Sch. daher von dem Angeklagten eine 100 g-Platte Haschisch. Sch. konsumierte aber sowohl die 20 g als auch einen Großteil der 100 g-Platte, zum Teil mit Freunden, und verkaufte nur für 10 € Haschisch an einen Mitschüler. Erst bei der zweiten Lieferung wusste der Angeklagte , dass Sch. noch nicht 18 Jahre alt war.
13
Da in diesem Fall eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 29 a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG für den ersten Verkauf wegen Fehlens der Kenntnis vom Alter des Zeugen Sch. ausscheidet, kommt - anders als im Fall III 2 - hier ein tateinheitliches Zusammentreffen der beiden Haschischverkäufe in Betracht. Der Angeklagte hat sich in beiden Fällen wegen (gewerbsmäßigen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht. Der Zeuge Sch. gab vor, er wolle mit dem Verkaufserlös für die 100 g-Platte auch die Schulden aus dem ersten Kauf von 20 g Haschisch bezahlen. Wäre dies so geschehen, könnten beide Geschäfte bei der einheitlichen Zahlung des Kaufpreises für beide Verkäufe teilweise zusammentreffen, weil auch die Bezahlung einer Betäubungsmittellieferung tatbestandsmäßiger Teil des Handeltreibens ist (vgl. BGHSt 43, 158, 162 m.w.N.; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; § 29 Strafzumessung 29; a.A. BGH NStZ 1999, 411). Dass der Angeklagte mit dem zweiten Verkauf nach Kenntnis des Alters des Käufers auch ein Verbrechen der gewerbsmäßigen Abgabe an Minderjährige begangen hat, schließt hier die tateinheitliche Verknüpfung nicht aus, da es nicht um die Verklammerung zweier Verbrechen durch ein Vergehen geht, sondern um die mögliche Anbindung zweier zum Teil tateinheitlich zusammentreffender Vergehen an ein Verbrechen.
14
Aus den bisher getroffenen Feststellungen ergibt sich aber nicht, ob und in welcher Höhe der Zeuge Sch. Zahlungen an den Angeklagten geleistet hat, sodass auch eine tatbestandliche Verknüpfung nicht belegt ist. Hierfür genügt es nicht, dass der Zeuge Sch. vorgab und möglicherweise beabsichtigte, mit dem Verkaufsgewinn aus der 100 g-Platte zugleich auch die ersten 20 g Haschisch zu bezahlen. Die mögliche tateinheitliche Verknüpfung entsteht nicht durch die bloße Absicht, sondern nur dann, wenn tatbestandsrelevante Handlungen tatsächlich teilweise zusammentreffen (vgl. Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 19 f.). Ob das hier der Fall war, bedarf weiterer tatrichterlicher Aufklärung. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Feststellungen hierzu möglich sind.
15
4. Der Strafausspruch hält insgesamt der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand.
16
In den Fällen des Verkaufs geringer Mengen Haschisch ergibt sich ein von der Revision und dem Generalbundesanwalt zu Recht gerügter Wertungswiderspruch zwischen den Fällen des Verkaufs an erwachsene Abnehmer und den Fällen des Verkaufs an Minderjährige. Die Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige soll nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich strenger geahndet werden und ist im Vergleich zu den von § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG erfassten Fällen mit einer höheren Strafdrohung bewehrt (vgl. § 29 a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Im vorliegenden Fall wendet das Landgericht aber beim Verkauf von Haschisch-Kleinmengen bis 5 g an minderjährige Abnehmer einen milderen Strafrahmen an (§ 29 a Abs. 2 BtMG) und spricht mit sechs Monaten Freiheitsstrafe auch mildere Einzelstrafen aus als in den Fällen des Verkaufs an Erwachsene (Fälle III 4 und 5, § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG), die mit jeweils einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden. Für eine derartige, der Systematik des Gesetzes entgegengesetzte Behandlung dieser Fälle, die sich im Übrigen in den wesentlichen Tatmodalitäten nicht unterscheiden, ergeben sich aus dem Urteil keine tragfähigen Gründe.
17
Zudem hat das Landgericht in den Fällen des Verkaufs an Erwachsene keine Überlegungen zu einer Milderung des Strafrahmens angestellt, zu denen es sich in den Fällen des Verkaufs an Minderjährige veranlasst sieht, sodass es bei den fünf Verkäufen an Minderjährige im Fall III 1 sogar minder schwere Fälle angenommen hat. Insoweit ist deshalb ein Fehler in der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten nicht auszuschließen.
18
Um dem neuen Tatrichter in den Grenzen des Verschlechterungsverbots eine insgesamt abgewogene und den Vorgaben des Gesetzes entsprechende Strafzumessung zu ermöglichen, hat der Senat den Strafausspruch insgesamt aufgehoben. Bode Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 184/03
vom
18. Juni 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2003 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land- gerichts München II vom 27. Dezember 2002 wird
a) das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts im Fall II. 1. (2.) der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last;
b) das genannte Urteil im Schuldspruch I. 1. dahin abgeändert, daß der Angeklagte in drei Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit dem Bestimmen einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten im Schuldspruch I. 1. in vier Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit dem Bestimmen einer Person unter 18 Jahren
als Person über 21 Jahre zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln für schuldig befunden. Der Senat hat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1. (2.) der Urteilsgründe wegen eines solchen Verbrechens verurteilt worden ist. Denn das Bestimmen zum Verkauf und das tateinheitliche Handeltreiben ist in diesem Fall mit dem Fall II. 1. (1.) im Sinne einer Bewertungseinheit verbunden, so daß eine einheitliche Tat vorliegt. Von einer Bewertungseinheit ist dann auszugehen, wenn der Täter eine Gesamtmenge eines Betäubungsmittels erwirbt , um es in einer Mehrzahl von Einzelakten zu verkaufen (BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 18). Beide Teilmengen stammen nach den Urteilsfeststellungen aus der ersten Erwerbsmenge. Auch beabsichtigte der Angeklagte in allen Fällen von vornherein sich durch den Ankauf von Drogen und deren anschließende gewinnbringende Veräußerung eine dauerhafte Einkommensquelle zu erschließen. Die Einstellung führt zur Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt davon unberührt. Denn bei unverändertem Unrechts- und Schuldgehalt kann die unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses kein maßgebliches Kriterium für die Strafzumessung sein (BGHSt 41, 368, 373; BGH NStZ 1997, 233; BGH, Beschluß vom 28. Januar 2003 - 4 StR 521/02).
Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen , nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641 m. Anm. Kämpfer; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146, 147; Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.). Lässt sich nicht feststellen, durch wie viele Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB der Angeklagte die festgestell- ten Taten gefördert hat, so ist im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen , dass er nur eine Handlung begangen hat (BGH, Beschluss vom 19. November 1996 – 1 StR 572/96, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7; vgl. Beschluss vom 15. April 1987 – 3 StR 138/87, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1).

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

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b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen , nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641 m. Anm. Kämpfer; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146, 147; Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.). Lässt sich nicht feststellen, durch wie viele Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB der Angeklagte die festgestell- ten Taten gefördert hat, so ist im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen , dass er nur eine Handlung begangen hat (BGH, Beschluss vom 19. November 1996 – 1 StR 572/96, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7; vgl. Beschluss vom 15. April 1987 – 3 StR 138/87, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1).